BERICHT über das Grünbuch über Finanzdienstleistungen für Privatkunden im Binnenmarkt

15.5.2008 - (2007/2287(INI))

Ausschuss für Wirtschaft und Währung
Berichterstatter: Othmar Karas
Verfasser der Stellungnahme (*):
Olle Schmidt, Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz
(*) Verfahren mit assoziierten Ausschüssen – Artikel 47 der Geschäftsordnung

Verfahren : 2007/2287(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A6-0187/2008
Eingereichte Texte :
A6-0187/2008
Angenommene Texte :

ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zum Grünbuch über Finanzdienstleistungen für Privatkunden im Binnenmarkt

(2007/2287(INI))

Das Europäische Parlament,

- in Kenntnis des Grünbuchs der Kommission zu Finanzdienstleistungen für Privatkunden im Binnenmarkt (KOM(2007)0226)

- in Kenntnis der Mitteilung der Kommission zur Untersuchung des Retail-Bankgeschäfts gemäß Artikel 17 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (Abschlussbericht) (KOM(2007)0033),

- in Kenntnis der Mitteilung der Kommission zur Untersuchung der Unternehmensversicherungen gemäß Artikel 17 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (Abschlussbericht) (KOM(2007)0556),

- in Kenntnis der Mitteilung der Kommission "Ein Binnenmarkt für das Europa des 21. Jahrhunderts" (KOM(2007)0724), und insbesondere des dazugehörigen Arbeitsdokuments der Kommissionsdienststellen zu Initiativen im Bereich der Finanzdienstleistungen für Privatkunden (SEC(2007)1520),

- in Kenntnis der Verordnung (EG) Nr. 358/2003 der Kommission vom 27. Februar 2003 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag auf Gruppen von Vereinbarungen, Beschlüssen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Versicherungssektor[1],

- unter Hinweis auf seinen in zweiter Lesung festgelegten Standpunkt im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates[2]

- unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Dezember 2007 zum Europäischen Vertragsrecht[3],

- unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. Juli 2007 zu der Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005-2010 - Weißbuch[4],

- unter Hinweis auf seine Entschließung vom 4. Juli 2006 zur weiteren Konsolidierung der Finanzdienstleistungsindustrie[5],

- gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,

–    in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Währung sowie der Stellungnahme des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (A6‑0187/2008),

A. in der Erwägung, dass die Zustimmung der Bürger zur Europäischen Integration von den konkreten Vorteilen abhängt, die sie aus dieser ziehen; in der Erwägung, dass daher alle Bürger zu gerechten Teilen in den Genuss der Vorzüge des Binnenmarktes kommen müssen,

B. in der Erwägung, dass das Retail-Bankgeschäft für die ordnungsgemäße Weitergabe der währungspolitischen Voraussetzungen an den Markt, insbesondere an KMU und die Verbraucher, von entscheidender Bedeutung ist,

C. in der Erwägung, dass gemäß dem Vertrag von Lissabon das europäische Ordnungsmodell die nachhaltige soziale Marktwirtschaft ist,

D. in der Erwägung, dass die Integration des Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen für größere Firmenkunden in den letzten Jahren erfreulich zügig vorangeschritten ist, der Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen für Privatkunden und kleine und mittlere Unternehmen (KMU) hingegen noch ausbaufähig ist,

1. begrüßt das genannte Grünbuch der Kommission über Finanzdienstleistungen für Privatkunden im Binnenmarkt einschließlich Bank-, Versicherungs- und Pensionsprodukte sowie dessen Ziele, nämlich konkrete Vorteile für die Verbraucher durch mehr Auswahl und niedrigere Preise, die Verbesserung des Verbrauchervertrauens sowie die Stärkung der Verbraucher;

Allgemein

2. stellt fest, dass nicht nur Privatkunden, sondern auch kleine und mittlere Betriebe grenzüberschreitende Finanzdienstleistungen weniger annehmen; unterstreicht die Notwendigkeit, die Vorteile des Finanzbinnenmarktes auch KMU zugute kommen zu lassen; weist jedoch darauf hin, dass dieses nicht bedingt, dass die verbraucherschutzrechtlichen Bestimmungen auf KMU ausgeweitet werden; betont ferner, dass eine umfassende Privatkunden-Strategie eine ganze Palette von Maßnahmen umfasst, wobei verbraucherschutzrechtliche Bestimmungen nur Teil hiervon sind;

3. geht davon aus, dass vor allem auf der Nachfrageseite die Erbringung von Finanzdienstleistungen für Privatkunden und KMU aufgrund sprachlicher und kultureller Faktoren sowie der Bevorzugung persönlicher Kontakte größtenteils ein lokales Geschäft darstellt; anerkennt gleichzeitig die Möglichkeiten, die sich durch die Erleichterung des Zugangs zum Retail-Markt auf der Angebotsseite ergeben; ermutigt deshalb private Kunden und KMU, die Vorteile des Wettbewerbs und des Angebots, den grenzüberschreitende Finanzdienstleistungen bieten können, zu nutzen;

4. unterstreicht, dass ein Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen für Verbraucher nur durch Maßnahmen geschaffen werden kann, die in ausgewogener Art und Weise sowohl der Nachfrage- als auch der Angebotsseite ein sicheres Umfeld bieten, auch hinsichtlich der Bedingungen für Rechtsbehelfe; hält es für wesentlich, dass derartige Maßnahmen so gestaltet sind, dass sie den Weg für neue Produkte, neue Dienstleistungen und neue Marktteilnehmer ebnen würden;

5. unterstreicht die Notwendigkeit der Prüfung und Festlegung eines Rahmens und nationaler Mandate für die Zusammenarbeit zwischen den einzelstaatlichen Überwachungsbehörden, um innerhalb kurzer Zeit eine praktische Lösung für die Überwachung grenzüberschreitender Finanzgruppen für Privatkunden zu ermöglichen; befürwortet Kollegien von Überwachungsstellen, die sich mit Finanzkonglomeraten befassen, die mehreren Rechtsprechungen unterliegen;

Bessere Rechtsetzung

6. unterstützt die Kommission in ihrem Ansatz, nur solche Initiativen zu verfolgen, die nachweislich konkrete Vorteile für die Bürger bieten, die durch sorgfältig durchgeführte Kosten-Nutzen-Analysen solide begründet sind und die ordnungsgemäß durchgeführten Impaktstudien unterzogen wurden; teilt die Auffassung, dass grenzüberschreitende Tätigkeiten zur Steigerung des Wettbewerbs von wesentlicher Bedeutung sind, da hierdurch üblicherweise mehr Auswahl, niedrigere Kosten und eine dynamischere Entwicklung gewährleistet werden;

7. erinnert, dass eine solide Auswirkungsstudie u. a. immer auch eine korrekte Feststellung der ursprünglichen Marktbedingungen enthalten muss; betont, dass die Bewertung der Integration und des Wettbewerbs eines Marktes sowie die Auswirkungen einer Initiative nicht nur anhand eines einzigen Indikators, sondern anhand einer möglichst breiten Zahl an Messwerten zu ermitteln ist; fordert die Kommission auf, neben Preis und Umfang des Marktangebots auch die Qualität der Leistungen sowie den sozialen und kulturellen Rahmen zu berücksichtigen;

8. stellt fest, dass unter den derzeit zur Verfügung stehenden legislativen Ansätzen die gezielte vollständige Harmonisierung, die eine umfassende Harmonisierung der für wesentlich erachteten Kernelemente umfasst, der geeignete Ansatz für die Entwicklung grenzüberschreitender Geschäftstätigkeit und für grenzüberschreitenden Verbraucherschutz ist, und damit auch für die Integration des Retail-Markts; vertritt die Auffassung, dass für jene Elemente, bei denen eine Harmonisierung nicht möglich ist, eine gegenseitige Anerkennung in Bezug auf unterschiedliche einzelstaatliche Rechtsvorschriften gelten sollte;

9. ist sich der Tatsache bewusst, dass das Konzept eines 28. Rechtsrahmens wie dem Gemeinsamen Rechtsrahmen als ein möglicher neuer Ansatz für eine europäische Regulierung ins Feld geführt worden ist, um grenzüberschreitenden Nutzern den Zugang zu europaweiten Finanzprodukten mit einem einheitlich hohen Verbraucherschutzstandard zu bieten; fordert die Kommission auf, einen Zeitrahmen für eine sorgfältige Prüfung der Frage vorzulegen, inwieweit ein 28. Rechtsrahmen durchführbar sein kann, inwieweit es für einen solchen Rechtsrahmen auf Seiten der Finanzdienstleistungsindustrie und auf Verbraucherseite eine Nachfrage gibt und inwieweit ein solcher Rechtsrahmen zu positiven Ergebnissen führen könnte; weist nachdrücklich darauf hin, dass ein 28. Rechtsrahmen auf keinen Fall eine Behinderung für neue Dienstleistungen und Produkte sein darf;

10. bekundet seine kritische Haltung gegenüber der Idee einer Standardisierung von Produkten mit Hilfe von Rechtsvorschriften, wenn dadurch das Ziel einer größeren Produktvielfalt untergraben wird; vertritt die Auffassung, dass der richtige Weg zur Verbesserung der Vergleichbarkeit von miteinander in Wettbewerb stehenden Finanzprodukten in der rechtlichen Harmonisierung beispielsweise von informations- oder aufsichtsrechtlichen Erfordernissen besteht;

11. vertritt die Auffassung, dass in einigen Fällen die Selbstregulierung der Finanzdienstleistungsindustrie effizient sein kann; betont, dass insbesondere in diesen besonderen Fällen die Selbstregulierung gefördert und ihre Umsetzung sorgfältig überwacht werden sollte; fordert die Finanzdienstleistungsindustrie auf, den Zielen des genannten Grünbuchs durch Selbstregulierung gezielt zuzuarbeiten und damit die Notwendigkeit verbindlicher Rechtsakte zu verringern;

Mehr Angebot und niedrigere Preise für Verbraucher und KMU

12. betont, dass im Hinblick auf die Schaffung eines Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen für Privatkunden und KMU der Aufbau eines europaweiten Wettbewerbs und die grenzüberschreitende Bereitstellung von Finanzdienstleistungen zu den wesentlichen Voraussetzungen gehören; weist darauf hin, dass niedrigere Preise, eine größere Auswahl und eine verbesserte Qualität das wesentliche Resultat eines gesunden Wettbewerbs zwischen Finanzdienstleistungsanbietern darstellen; betont ferner, dass Finanzdienstleistungsrichtlinien zugunsten von KMU nur dann gewinnbringend sind, wenn es zwischen den Finanzdienstleistungsanbietern im Retail-Geschäft auch einen wirklichen Wettbewerb gibt;

13. begrüßt die Initiative der Zahlungsverkehrsindustrie zur Schaffung eines Einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums, betont jedoch, dass ein solches System zu größerer Transparenz, insbesondere bezüglich der Interbankenentgelte, führen sollte;

14. erinnert die Kommission daran, dass der wirkliche Wettbewerb zwischen Finanzdienstleistungsanbietern dadurch gewährleistet wird, dass es eine große Zahl von Marktteilnehmern gibt, die unter gleichen Voraussetzungen miteinander konkurrieren, und dadurch, dass ein ständiger verbraucherrelevanter Informationsfluss gewährleistet bleibt; erinnert an seine Entschließung zur Konsolidierung der Finanzdienstleistungsindustrie, in der es feststellt, dass die pluralistische Struktur des europäischen Bankenmarktes, auf dem Finanzinstitute nach Maßgabe ihrer jeweiligen unterschiedlichen Geschäftsziele unterschiedliche Rechtsformen annehmen können, einen großen Vorteil für die europäische soziale Marktwirtschaft, für die Verbraucher und für die Stabilität des Finanzmarktes darstellt;

15. nimmt die wichtige Rolle zur Kenntnis, die Versicherungsgesellschaften auf Gegenseitigkeit auf dem europäischen Versicherungsmarkt, mit 68  % Versicherungsunternehmen und 25 % Marktanteil, die mehr als 230 Millionen europäische Bürger als Kunden haben, spielen; betont, dass die derzeitigen Instrumente für die Entwicklung des Geschäfts im Binnenmarkt mit der Struktur von auf Gegenseitigkeit beruhenden genossenschaftlichen Unternehmen nicht vereinbar sind;

16. weist darauf hin, dass ein Statut für eine Europäische Gesellschaft wechselseitiger Versicherungsunternehmen den Versicherungsgesellschaften auf Gegenseitigkeit die Möglichkeit bieten würde, unter denselben Voraussetzungen tätig zu sein wie andere Versicherungsunternehmen, insbesondere in einer grenzüberschreitenden Situation, wodurch sich das Angebot an Versicherungsprodukten erhöhen würde; betont, dass Organisationen auf Gegenseitigkeit mit ihrer Governance, die ihre Kunden unmittelbar einbezieht, dazu beitragen, das Vertrauen des Verbrauchers in die EU-Finanzmärkte insgesamt zu stärken; ist der festen Überzeugung, dass das demokratische Konzept der Governance in Organisationen auf Gegenseitigkeit die Möglichkeit bietet, das Bewusstsein des Kunden für die Finanzmärkte und ihre Beteiligung daran zu verstärken;

17. stellt fest, dass ein echter und fairer Wettbewerb nur unter gleichen Wettbewerbsbedingungen entstehen kann; folgert daraus, dass jede Maßnahme dem Grundsatz „gleiche Risiken, gleiche Bestimmungen“ folgen muss; weist jedoch darauf hin, dass im Bereich der Finanzdienstleistungen die Ausgestaltung von Produkten in besonderer Weise vom Regelungsumfeld beeinflusst wird und dass ein unterschiedsloser Allerweltsansatz die Unterschiedlichkeit der Produkte im Gegenteil beeinträchtigen würde; betont daher die Wichtigkeit einer Differenzierung je nach Produktart; bekundet allerdings seine Überzeugung, dass vergleichbare Transparenz- und Offenlegungserfordernisse für miteinander konkurrierende Investmentprodukte insbesondere am Verkaufspunkt erforderlich sind; bedauert, dass die Frage der komplexen Finanzprodukte bislang noch nicht ordnungsgemäß angegangen worden ist; fordert deshalb die Kommission auf, sich eingehend mit nicht gerechtfertigten Widersprüchen und anderen Schwachstellen des betreffenden Regelungsrahmens zu befassen;

18. fordert die Kommission dringend auf, Vorschläge zur Straffung der ordnungsrechtlichen Auflagen im Hinblick auf Vertrieb und Organisation von vergleichbaren Produkten für Privatkunden und einschlägigen Informationen vorzulegen; ist außerdem der Ansicht, dass entsprechende Vorschläge sich auf die Grundsätze der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente(„MiFid-Richtlinie“[6]) wie „bestmögliche Beratung“ und Erstellung von Kundenprofilen („know your customer“) stützen sollten;

19. bedauert, dass die unterschiedlichen Vorschriften und die unterschiedliche Praxis der nationalen Aufsichtsbehörden für grenzüberschreitende Anbieter von Finanzdienstleistungen zu Rechtsunsicherheit und hohen Unkosten führen; fordert die Lamfalussy-Ausschüsse dazu auf, ihre Arbeiten an einheitlichen europäischen Standards zu intensivieren; befürwortet insbesondere eine Einigung auf einfache und praktische Formblätter für die Melde- und Genehmigungsverfahren;

20. weist darauf hin, dass der Ausbau der Internetdienste die Möglichkeiten für die europäischen Finanzmärkte verändert und die Gelegenheit bietet, bei der Entwicklung von Retaildiensten die Führung zu übernehmen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, den E-commerce und die elektronische Unterschrift weiter zu fördern; fordert sie ferner auf, die Geldwäscherichtlinie[7] daraufhin zu untersuchen, ob sie Ferndienstleistungen behindert und wie hierbei Abhilfe geschaffen werden kann;

21. anerkennt die große Bedeutung der Vermittler von Finanzdienstleistungen, d. h. Agenten und Broker gleichermaßen, bei der Bereitstellung von Finanzdienstleistungen aus anderen Mitgliedstaaten für Privatkunden und KMU; fordert die Kommission auf, einen Rahmen zu gewährleisten, mit dem dieser Industriebereich gestärkt wird; bekräftigt, dass jeder Rahmen für diesen Bereich dem Grundsatz „gleiches Geschäft, gleiche Risiken, gleiche Bestimmungen“ unterliegen, und dass ein unpräziser Allerweltsansatz vermieden werden muss; betont, dass Bestimmungen über Vermittler Rechtssicherheit für Agenten und Broker sowie den Schutz der Verbraucher beispielsweise gegen zweifelhafte Verkaufspraktiken gewährleisten müssen; betont ferner, dass auch in Bezug auf die Ausbildung von Vermittlern von Finanzdienstleistungen sowie von Werbe- und Verkaufsberatern Bestimmungen festgelegt werden sollten;

22. erinnert daran, dass es wichtig ist, die Vermittlung von Finanzwissen als Ergänzung zu einem angemessenen Verbraucherschutz weiterzuentwickeln; fordert die Mitgliedstaaten und alle Akteure auf, Maßnahmen zu treffen und zu koordinieren, um das Finanzwissen unter den Bürgern – einschließlich Kindern, Jugendlichen, Erwerbstätigen und Rentnern – zu verbessern und so die Verbraucher in die Lage zu versetzen und dafür zu schulen, sich um bessere, billigere und geeignetere Produkte und Dienstleistungen, Förderung des Wettbewerbs, Qualität und Innovation innerhalb der Industrie sowie Aufbau von Verbraucherorganisationen mit gutem Finanzwissen, die im Zuge der Vorbereitung der Vorschriften ein Gegengewicht zur Geschäftswelt bilden können, zu bemühen; erinnert daran, dass Bürger, die Vertrauen in Investitionen haben, den Kapitalmärkten zusätzliche Liquidität verschaffen können;

23. erinnert, dass Unterschiede im Steuerrecht eines der größten Hindernisse für den Finanzbinnenmarkt darstellen; erinnert die Mitgliedstaaten an ihre in diesem Bereich besonders große Verantwortung;

24. zieht seine Lehren aus bestimmten Fällen von Turbulenzen, die in jüngster Zeit im Retail-Bankensektor zu verzeichnen waren (Northern Rock, IKB, Sachsen LB, Société Générale), und erkennt an, dass die Vergütungssysteme in den Banken auf der Grundlage von langfristigen Zielen und von Leitlinien von Überwachungsbehörden neu gestaltet werden sollten, um das moralisch gefährliche Phänomen effizienter zu bekämpfen und die Bedeutung umsichtiger Risikomanagementsysteme zu stärken;

Banken

25. betont nachdrücklich, wie wichtig es ist, dass Kreditinstitute und Kreditdatenvermittler in die Lage versetzt werden, einen diskriminierungsfreien grenzüberschreitenden Zugang zu Kredit- und Betrugsdatenregistern zu erhalten; ermutigt die Banken, die verfügbaren Informationen über Kreditdaten insbesondere im Hinblick auf eine Erleichterung der Kundenmobilität zu nutzen, was seinerseits einen gesunden Wettbewerb begünstigen würde; betont jedoch, dass gleichzeitig ein optimaler Schutz der Verbraucherdaten ebenso wie das Recht der Verbraucher, ihre persönlichen Daten einzusehen und nötigenfalls zu korrigieren, gewährleistet sein müssen;

26. fordert die Kommission mit Nachdruck auf, den Rechtsstatus und den Überwachungsrahmen von Verbraucherkreditgebern außerhalb des Bankensektors wie z.B. jenen, die ihre Kredite nur über das Internet und/oder per SMS vergeben, eindeutig zu klären;

27. betont die Bedeutung verlässlicher Daten für die Gewährung von Krediten durch Banken, wobei die Kredite auf der Grundlage fairer und transparenter Kriterien bewilligt werden sollten;

Versicherungen

28. ermahnt die Kommission, eine den Marktzugang fördernde Zusammenarbeit der Versicherungswirtschaft zu unterstützen; fordert sie auf, die Verordnung (EG) Nr. 358/2003 über 2010 hinaus zu verlängern;

29. ist der Auffassung, dass die Anforderung zur Benennung eines steuerlichen Vertreters bei Tätigwerden in einem anderen Mitgliedstaat nur abgeschafft werden kann, wenn der Rechtsrahmen, der die Überwachungsbefugnisse und die Haftung für grenzüberschreitende Geschäfte definiert, vorhanden ist;

30. unterstützt die Kommission in ihrem Bestreben, alle nationalen verbindlichen Vorschriften von allgemeinem Interesse auf ihre Konformität mit dem Gemeinschaftsrecht hin zu untersuchen;

31. fordert die Kommission auf, ihre Arbeit an einem Statut für eine Europäische Gegenseitigkeitsgesellschaft wieder aufzunehmen und dazu eine Durchführbarkeitsstudie für dieses Legislativvorhaben durchzuführen;

Förderung des Verbrauchervertrauens und Stärkung der Verbraucher

32. betont, dass zwar gefordert wird, dass die EU-Rechtsvorschriften über Finanzdienstleistungen für Privatkunden immer auf sehr hohe Standards für den Verbraucherschutz abzielen, dass sich aber alle Marktteilnehmer, auch Verbraucher und Investoren, voll und ganz des grundlegenden Finanzmarktprinzips bewusst sein müssen, demzufolge jede Möglichkeit auf höheren Gewinn einhergeht mit einem höheren Risiko und dass das Risiko unverzichtbarer Bestandteil eines funktionierenden Finanzmarkts ist; betont ferner, dass ein guter Ausgleich zwischen einem hohen Grad an Verbraucherschutz und einem einwandfreien Funktionieren der Binnenmarkt-Mechanismen anzustreben ist; vertritt die Auffassung, dass die Kommission die Entwicklung von nationalen Initiativen im Bereich der Vermittlung von Finanzwissen fördern müsste, die auf ein korrektes Verständnis des Grundsatzes des „Risikoertrags“ und der spezifischen Merkmale der Finanzinstrumente gerichtet sind;

33. erkennt an, dass die Nachfrage nach Finanzdienstleistungen für Privatkunden derzeit zwar in erster Linie auf die Inlandsmärkte beschränkt ist, dass aber Internet und E-Banking entscheidende Instrumente für die Verbraucher geworden sind, die grenzübergreifende Retail-Finanztätigkeiten durchführen möchten, und fordert daher alle beteiligten Parteien auf, die Entwicklung derartiger Dienstleistungen zu fördern und gleichzeitig die Sicherheit des elektronischen Schriftverkehrs vor allem im Hinblick auf die Verbraucher zu gewährleisten;

34. betont jedoch, dass jene Verbraucher, die keinen Zugang zu diesen Technologien haben oder etwa aufgrund ihres Alters mit ihnen nicht so gut umgehen können, nicht vergessen werden sollten;

35. ist der Ansicht, dass die Vereinfachung von Finanzdienstleistungsvorschriften und der Abbau von Schranken für die Kundenmobilität nicht zu einer Verschlechterung der Verbraucherschutzniveaus in den Mitgliedstaaten führen sollte;

36. verweist auf seine Entschließung vom 11. Juli 2007 zu der Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005-2010 – Weißbuch, insbesondere die darin enthaltene Empfehlung zur Schaffung einer „Haushaltslinie im EU-Haushalt zur Finanzierung des Aufbaus von Fachwissen über die Finanzmärkte in den Verbraucher- und KMU-Organisationen“;

37. bekundet seine Zustimmung dazu, dass Verbraucher, die die Anbieter von Finanzdienstleistungen wechseln möchten, dies jederzeit bei minimalen rechtlichen Hemmnissen und Kosten müssen tun können und dass Vertragsklauseln, die einen derartigen Wechsel eines Anbieters regeln, transparent und leicht verständlich formuliert und den Verbrauchern explizit zur Kenntnis gebracht werden müssen;

38. unterstützt die Initiative der Kommission zur Ausweitung der Kenntnisse in Finanzfragen und erkennt die Notwendigkeit einschlägiger Maßnahmen an, sieht jedoch auch das schwierige Gleichgewicht zwischen Informationsüberlastung und Vermittlung ausreichender Informationen an die Verbraucher; gibt Qualität den Vorzug vor Quantität; fordert die Kommission daher auf, Verbraucherverbände zu konsultieren, um festzustellen, welche Informationen für Verbraucher im Hinblick auf eine richtige Entscheidung wesentlich sind; betont, dass klar zwischen Information und Beratung unterschieden werden sollte;

39. betont, dass Verbraucher Vertrauen und adäquate Kenntnisse benötigen, um die richtige Auswahl an Finanzprodukten zu treffen; betont ferner, dass daher koordinierte Maßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene notwendig sind, um das Niveau an Finanzwissen in allen Mitgliedstaaten zu verbessern;

40. verlangt, dass Verbraucher Zugang zu außergerichtlichen alternativen Schlichtungsverfahren (ADR) zur Regelung von Streitigkeiten in Bezug auf Finanzdienstleistungen für Privatkunden sowohl auf nationaler als auch auf grenzüberschreitender Ebene erhalten; fordert die Kommission auf, im Bereich der Schlichtungsverfahren die bewährtesten Praktiken zu fördern;

41. fordert die Mitgliedstaaten auf, Bewusstsein und Wissen der Verbraucher in Bezug auf FIN-NET zu fördern; betont, dass FIN-NET eine entscheidende Rolle bei der Koordinierung öffentlicher Informationen über den Zugang zu Rechtsbehelfen und Schlichtungsverfahren in allen Mitgliedstaaten insbesondere in Bezug auf grenzübergreifende Finanzdienstleistungen übernehmen sollte;

42. verweist darauf, dass herkömmliche Gerichtsverfahren auch weiterhin wichtige Schlichtungsmechanismen bleiben werden; fordert die Kommission deshalb auf, die Wirkung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen auf grenzüberschreitende Finanzdienstleistungen für Privatkunden[8] zu prüfen;

43. unterstützt die Suche nach einer kohärenten Lösung auf europäischer Ebene, die Verbrauchern zu ausgewogenen neuen kollektiven Rechtsbehelfen zur Regelung grenzübergreifender Klagen in Bezug auf Finanzprodukte für Privatkunden verhilft; regt an, die Auswirkungen der in jüngster Zeit auf nationaler Ebene eingeführten Systeme zu bewerten;

44. betont, dass alle interessierten Parteien Zugang zu Finanzdienstleistungen haben müssen; fordert deshalb die Anbieter von Finanzdienstleistungen eindringlich auf, interessierten Verbrauchern zumindest ein Girokonto auf Habenbasis anzubieten;

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45. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Ausschuss der Europäischen Bankenaufsichtsbehörden (CEBS), dem Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (CEIOPS), dem Ausschuss der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden (CESR), der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

  • [1]  ABl. L 53 vom 28.2.2003, S. 8.
  • [2]  Angenommene Texte: P6_TA(2008)0011.
  • [3]  Angenommene Texte: P6_TA(2007)0615.
  • [4]  Angenommene Texte : P6_TA(2007)0338.
  • [5]  ABl. C 303E vom 13.12.2006, S. 110.
  • [6]  ABl. L 145 vom 30.4.2004, S. 1.
  • [7]  Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und Finanzierung von Terrorismus (ABl. L 309 vom 25.11.2005, S. 15).
  • [8]  ABl. L 12 vom 16.1.2001, S. 1.

BEGRÜNDUNG

I. Hintergrund

1. Der Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen für Privatkunden

Finanzdienstleistungen für Privatkunden sind makroökonomisch von Bedeutung. Mit dem Retail-Geschäft der Banken werden jährlich 2% des EU-BIP erwirtschaftet. Weiters erhöht die Alterung der Bevölkerung den Bedarf an privater und betrieblicher Alters-, Gesundheits- und Krankenvorsorge. Das ist eine Erklärung für die wachsende wirtschaftliche Bedeutung der Sektoren Versicherungen und Investmentfonds. Ende 2004 erreichten die Anlagen von Primärversicherern 6 Billionen EUR und private Pensionskassen in der EU verwalteten ein Anlagevermögen von 2,5 Billionen EUR. OGAW-Fonds sind mit über 5,7 Billionen EUR kapitalisiert, was über 50% des EU-BIP darstellt. Die Lebensversicherungsprämien allein belaufen sich auf 5% des EU-BIP.

Allerdings ist der grenzübergreifende Retail-Handel, mit Ausnahme von OGAW, begrenzt. Nach Erhebungen der Kommission erwerben derzeit lediglich 1% der EU-Verbraucher Finanzdienstleistungen grenzübergreifend über Fernkommunikationsmittel, im Inland sind es dagegen 26%. Ebenso entfallen in der Versicherungsbranche auf den meisten Märkten über 90% des gesamten Prämienaufkommens auf inländische Versicherungsgeschäfte.

Ohne weitere Bemühungen werden die europäischen Finanzdienstleistungsmärkte für Privatkunden relativ fragmentiert bleiben.

2. Das Grünbuch über Finanzdienstleistungen für Privatkunden im Binnenmarkt

In Ihrem Grünbuch KOM (2007)0226 untersucht die Kommission Wege und Mittel, um die Integration des Retail-Marktes für Finanzdienstleistungen weiter voranzutreiben. Sie schlägt dabei drei große Strategien vor: "Mehr Auswahl und niedrigere Preise", "Verbrauchervertrauen" sowie "Stärkung der Verbraucher". Nach Eingang der Stellungnahmen aller betroffenen Kreise hat sie ihre Schlussfolgerungen in einem Anhang SEC(2007)1520 zur Mitteilung "Ein Binnenmarkt für das Europa des 21. Jahrhunderts" (KOM (2007)0724) veröffentlicht.

Neben dem Grünbuch beachtet dieser Bericht, wo relevant, auch die Sektorenuntersuchungen KOM (2007)0033 des Retail-Banking sowie die Untersuchung KOM (2007)0556 der Unternehmensversicherung.

3. Verfahren

Dieser Bericht ist ein Dokument des ECON-Ausschusses. Allerdings wird er gemäß Artikel 47 der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments in verstärkter Zusammenarbeit mit dem IMCO verfasst. Beide Ausschüsse sind bemüht, überschneidendes Arbeiten zu vermeiden, weshalb sich der ECON-Bericht auf die bessere Gesetzgebung, die Angebotsseite sowie allgemeine Fragen beschränkt und dem IMCO den Vortritt bei allen nachfrageseitigen Themen, Verbraucherschutz etc., lässt.

II. Inhalt

1. Allgemein

Ein Markt bedarf zu gleichen Teilen des Angebots und der Nachfrage. In Folge müssen zur Erreichung eines Binnenmarktes für Retail-Finanzdienstleistungen sowohl die Anbieter der Leistungen, z.B. Banken, Versicherungen oder Fondsgesellschaften, als auch die Empfänger, z.B. Verbraucher, gestärkt werden. Die einseitige Unterstützung eines dieser beiden Teile wäre weniger effektiv oder aber der Integration des Marktes abträglich.

Weiters sind es nicht nur Privatkunden, die Probleme mit grenzüberschreitenden Finanzdienstleitungen haben. Auch KMU stehen vor ähnlichen Schwierigkeiten. Die Schaffung eines Retail-Marktes für Finanzdienstleistungen betrifft daher nicht nur Verbraucher, sondern auch an die 98% aller europäischen Unternehmen. Von einer Weiterentwicklung des Verbraucherschutzrechts würden diese nicht profitieren. Es sind daher Maßnahmen und Initiativen begrüßenswert, die allen Akteuren zu Gute kommen.

Zuletzt ist anzumerken, dass das Retail-Geschäft aufgrund seiner Natur - hohe Bedeutung kultureller und sprachlicher Faktoren, sowie des Bedürfnisses nach persönlichem Kontakt - zu einem großen Teil lokales Geschäft bleiben wird. Große Fortschritte werden sich vermutlich nur in Grenzregionen und bei einfachen Geschäften - z.B. Konten, Sparkonten etc. - erzielen lassen. Der Erwerb komplizierter Produkte - wie z.B. Lebensversicherungen - wird in absehbarer Zeit nur selten über große Distanzen abgewickelt werden.

2. Bessere Gesetzgebung

Die Kommission ist verpflichtet, alle verbindlichen Vorschläge vor Veröffentlichung einer Auswirkungsstudie zu unterziehen. Hier gilt es zu betonen, dass solch eine Studie zuerst eine korrekte Analyse des "status quo" enthalten muss. Diese Lagebeurteilung kann aber nur korrekt sein, wenn sie eine möglichst große Zahl von Faktoren berücksichtigt. So ist es zum Beispiel fehlerhaft, allein aus den unterschiedlichen Versicherungsprämien der Kfz-Schadensversicherung auf eine Fragmentierung des Marktes zu schließen. Unterschiede in der nationalen Infrastruktur, der Fahrkultur etc. können unterschiedliche Prämien rechtfertigen. Preisvergleiche alleine sind unzureichend um die Integration des Marktes zu beurteilen.

Derzeit stehen der Gemeinschaft zwei Harmonisierungsansätze zur Verfügung: der der Vollharmonisierung sowie der der Mindestharmonisierung. Dabei stehen beide Ansätze in einem Spannungsverhältnis, das sich aus dem teilweisen Widerspruch dahinter liegender Interessen ergibt: Zum einem ist die Vollharmonisierung der effizienteste Weg, um den grenzüberschreitenden Geschäftverkehr zu fördern. Je weniger Unterschiede, desto einfacher der Gang in einen anderen Mitgliedstaat. Zum anderen ist die Gemeinschaft dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet. Die nationalen Traditionen und Gewohnheiten, auch in der Art und Weise, eine Rechtsmaterie zu regeln, müssen gewahrt bleiben. Ist Verbraucherschutzrecht betroffen, ist das Beharren der Mitgliedstaaten auf ihre Tradition verständlicher Weise noch stärker. Es bleibt also ein Drahtseilakt, sich durch gezielte Harmonisierung auf das Wesentliche zu beschränken, wobei sich über die Definition des Wesentlichen trefflich streiten lässt.

Die Arbeiten an einem optionalen 28. Rechtsrahmen könnten hier einen Ausweg aufzeigen. Hätten beide Vertragspartner die Möglichkeit für ein gegebenes Geschäft, z.B. Versicherungsvertrag, ein rein Europäisches Recht zu wählen, würden die bei grenzüberschreitenden Geschäften stets anfallenden Adaptierungskosten entfallen. Derzeit kann ein Verbraucher sich zwar für das Recht eines anderen MS entscheiden, der zwingenden Verbraucherschutzbestimmungen seines Heimatstaates kann er sich aber nicht entledigen. Ein 28. Rechtsrahmen würde aber nur auf Akzeptanz stoßen, wenn er die höchsten Anforderungen des Verbraucherschutzes erfüllte. Es scheint jedenfalls lohnenswert, weiter in diese Richtung zu arbeiten. Die Frage nach der zuständigen Aufsichtsbehörde sollte, wenngleich nicht zwingend damit verbunden, parallel mitbehandelt werden.

Der Standardisierung von Produkten muss eine klare Absage erteilt werden. Die Kommission selbst zielt darauf ab, den Verbrauchern und anderen Empfängern von Retail-Finanzdienstleistungen eine größere Auswahl zukommen zu lassen. Die Vereinheitlichung von Produkten steht dem diametral entgegen. Hierbei ist allerdings zwischen Rechts- und Produktvereinheitlichung zu unterscheiden.

3. Niedrigere Preise sowie mehr Angebot für Verbraucher und KMU

Günstigere Produkte und mehr Auswahl sind nur bei realem Wettbewerb möglich. Der Wettbewerb selbst setzt eine hohe Anzahl von Marktteilnehmern voraus. Eine Beschränkung des Marktes auf wenige große Anbieter würde dieses Ziel hintertreiben. Aus demselben Grund ist die Pluralität der Rechtsformen (Aktiengesellschaft, Genossenschaft, Sparkassen und Vereine auf Gegenseitigkeit) zu fördern.

Wettbewerb erfordert darüber hinaus gleiche Wettbewerbsbedingungen. Gemäß dem Grundsatz "Gleiches Risiko, gleiche Regulierung" müssen inhaltlich gleiche Rechtgeschäfte gleich behandelt werden. Z.B sind Verbraucher bei Geschäften, die für sie die gleichen Risken enthalten, in gleicher Weise zu informieren. Dies ist insbesondere bei Substituten ("substitute products") von Bedeutung.

Allerdings werden Finanzdienstleistungen besonders stark von ihrem regulativen Umfeld geformt. Es scheint daher ebenso wichtig, nur gleiche Sach- bzw. Risikoverhalte gleich zu behandeln. Unterschiede, wie zum Beispiel das Vorhandensein einer Garantie und ob eine solche vom Anbieter selbst oder einem unabhängigen Dritten gegeben wird, rechtfertigen eine unterschiedliche Handhabung. Die Kunst muss also darin bestehen, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandelt.

In Folge werden im Bericht konkrete Maßnahmen zur Unterstützung der Angebotsseite vorgeschlagen. Unter anderem folgende:

· Zum einem sollte der Erwerb von Finanzdienstleistungen über Fernkommunikationsmittel weiter gefördert werden. In diesem Sinne gilt es auch die Geldwäscherichtlinie zu untersuchen. Manche ihrer Bestimmungen sollen Geldwäsche unterbinden, erschweren aber Geschäfte wie z.B. Kontoeröffnung im Fernabsatz. Ziel wären somit Bestimmungen, die Geldwäsche weiterhin erschweren, aber legale Geschäfte nicht behindern. Die elektronische Signatur kann hier Verbesserungen bringen.

· Ein weiteres Hindernis für die Erbringung grenzüberschreitender Finanzdienstleistungen stellen die unterschiedlichen Steuersysteme der Mitgliedstaaten sowie deren geringe Interoperabilität dar. Insbesondere dort, wo bestimmte Finanzprodukte steuerlich gefördert werden - wie z.B. Pensionsversicherungen, Pensionsfonds, etc. - ist es für Produkte aus Drittstaaten oftmals schwer auch in den Genuss der nationalen Begünstigung zu kommen. Aufgrund der Einstimmigkeit im Rat obliegt es hier einer besonderen Verantwortung der Mitgliedstaaten, Fortschritte zu erzielen.

· Für die erfolgreiche Abwicklung von Kreditgeschäften im weitesten Sinne ist der Zugang zu Kreditdatenregistern unerlässlich. Die Verbraucherkreditrichtlinie enthält diesbezüglich schon eine Regelung. Dabei ist diese Regelung noch sehr unbestimmt, schweigt zum Verhältnis von öffentlichen und privaten Registern sowie zu negativen und positiven Kreditdaten. Der Zugang zu Kreditdaten ist auch für Kunden von großer Bedeutung, da sie sonst bei Wechsel ihres (Wohn-)Sitzes ihre Kreditgeschichte verlieren und eventuell Probleme bekommen, einen Kredit zu erhalten. Freilich muss den Kunden das Recht auf Einsicht und Korrektur ihrer Daten gewährt werden. Datenschutzbestimmungen sind zu beachten.

· Aus ähnlichem Grund scheint die Verlängerung der Gruppenfreistellungsverordnung 358/2003 für den Versicherungsmarkt begrüßenswert: In dieser erklärt die Kommission bestimmte Arten von Zusammenarbeit für wettbewerbsrechtskonform: Das gemeinsame Sammeln und Auswerten von nationalen Risikodaten, das Entwickeln nationaler AGB sowie die einheitliche Bewertung von Sicherheitsmaßnahmen sind Kooperationen, die Versicherern den Eintritt in einen neuen Markt erleichtern, ohne den Wettbewerb zu behindern.

· Die Notwendigkeit für einen Versicherer, in jedem Tätigkeitsstaat einen ständigen Vertreter zu ernennen, erscheint heute fragwürdig. Es müsste der Gemeinschaft möglich sein, verhältnismäßigere Instrumente zu entwickeln, um dem Tätigkeitsstaat die Durchsetzung seiner Steueransprüche zu ermöglichen.

· Die Initiative der Kommission, die nationalen "Vorschriften des allgemeinen Interesses" zu untersuchen, ist sehr zu begrüßen, da diese Vorschriften die Grundfreiheiten einschränken. Es sollten daher nur diese Vorschriften bestehen bleiben, die der Rechtsprechung des EuGH folgen, d.h. die nicht-diskriminierend, wirksam und verhältnismäßig sind, sowie einem Interesse dienen, das der EuGH zulässt.

STELLUNGNAHME des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (*) (2.4.2008)

für den Ausschuss für Wirtschaft und Währung

zu dem Grünbuch über Finanzdienstleistungen für Privatkunden im Binnenmarkt
(2007/2287(INI))

Verfasser der Stellungnahme (*): Olle Schmidt

(*) Verfahren mit assoziierten Ausschüssen – Artikel 47 der Geschäftsordnung

VORSCHLÄGE

Der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz ersucht den federführenden Ausschuss für Wirtschaft und Währung, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:

1.  betont, dass zwar gefordert wird, dass die EU-Rechtsvorschriften über Finanzdienstleistungen für Privatkunden immer auf sehr hohe Standards für den Verbraucherschutz abzielen, dass sich aber alle Marktteilnehmer, auch Verbraucher und Investoren, voll und ganz des grundlegenden Finanzmarktprinzips bewusst sein müssen, dass jede Möglichkeit auf höheren Gewinn einhergeht mit höherem Risiko und dass Risiko ein unerlässliches Element eines funktionierenden Finanzmarkts ist; betont ferner, dass ein guter Ausgleich zwischen einem hohen Grad an Verbraucherschutz und einem einwandfreien Funktionieren der Binnenmarkt-Mechanismen anzustreben ist; vertritt die Auffassung, dass die Kommission die Entwicklung von nationalen Initiativen im Bereich der Vermittlung von Finanzwissen fördern müsste, die auf ein korrektes Verständnis des Grundsatzes des „Risikoertrags“ und der spezifischen Merkmale der Finanzinstrumente gerichtet sind;

2.  erkennt an, dass die Nachfrage nach Finanzdienstleistungen für Privatkunden derzeit zwar in erster Linie auf die Inlandsmärkte beschränkt ist, dass allerdings Internet und E-Banking entscheidende Instrumente für die Verbraucher geworden sind, die grenzübergreifende Finanztätigkeiten für Privatkunden durchführen möchten, und fordert daher alle beteiligten Parteien auf, die Entwicklung derartiger Dienstleistungen zu fördern und gleichzeitig die Sicherheit des elektronischen Schriftverkehrs zu gewährleisten, insbesondere was die Verbraucher betrifft;

3.  betont aber, dass nicht jene Verbraucher vergessen werden sollten, die keinen Zugang zu diesen Technologien haben bzw. mit diesen Technologien zum Beispiel aufgrund ihres Alters nicht so gut umgehen können;

4.  ist der Ansicht, dass die Vereinfachung von Finanzdienstleistungsvorschriften und der Abbau von Barrieren für die Kundenmobilität nicht zu einer Verschlechterung der Verbraucherschutzniveaus in den Mitgliedstaaten führen sollte;

5.  verweist auf seine Entschließung vom 11. Juli 2007 zu der Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005-2010 – Weißbuch[1], insbesondere die darin enthaltene Empfehlung zur Schaffung einer „Haushaltslinie im EU-Haushalt zur Finanzierung des Aufbaus von Fachwissen über die Finanzmärkte in den Verbraucher- und KMU-Organisationen“;

6.  stimmt zu, dass Verbraucher, die die Anbieter von Finanzdienstleistungen wechseln möchten, dies jederzeit bei minimalen rechtlichen Hemmnissen und Kosten tun können müssen und dass Vertragsklauseln, die den derartigen Wechsel eines Anbieters regeln, transparent und leicht verständlich formuliert und den Verbrauchern explizit zur Kenntnis gebracht werden müssen;

7.  vertritt die Auffassung, dass Produktinnovation zwar entscheidend ist, wenn dem Verbraucher eine breitere Auswahl geboten werden soll, wenn er nach den geeignetsten Finanzprodukten zum wettbewerbsfähigsten Preis sucht, dass alle Finanzprodukte aber klar, objektiv und korrekt vorgestellt werden sollten; fordert die Kommission dringend auf, Vorschläge zur Straffung der ordnungsrechtlichen Auflagen im Hinblick auf Vertrieb und Organisation von vergleichbaren Produkten für Privatkunden und einschlägigen Informationen vorzulegen; ist außerdem der Ansicht, dass entsprechende Vorschläge sich auf die Grundsätze der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente[2] („MiFid-Rrichtlinie") wie „bestmögliche Beratung“ und Aufstellung von Kundenprofilen („know your customer“) stützen sollten;

8.  unterstützt die Initiative der Kommission zur Ausweitung der Kenntnisse in Finanzfragen und erkennt die Notwendigkeit einschlägiger Maßnahmen an, sieht jedoch auch das schwierige Gleichgewicht zwischen Informationsüberlastung und Vermittlung ausreichender Informationen an die Verbraucher; gibt Qualität den Vorzug vor Quantität; fordert die Kommission daher auf, Verbraucherverbände zu konsultieren, um festzustellen, welche Informationen für Verbraucher wesentlich sind, um richtig zu entscheiden; betont, dass klar zwischen Information und Beratung unterschieden werden sollte;

9.  betont, dass Verbraucher Vertrauen und adäquate Kenntnisse benötigen, um die richtige Auswahl an Finanzprodukten zu treffen; unterstreicht außerdem, dass daher koordinierte Maßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene notwendig sind, um die finanzielle Allgemeinbildung in allen Mitgliedstaaten zu verbessern;

10. fordert, dass Verbraucher Zutritt zu außergerichtlichen alternativen Streitbeilegungsverfahren (ADR) zur Regelung von Streitigkeiten in Bezug auf Finanzdienstleistungen für Privatkunden sowohl auf nationaler als auch auf grenzüberschreitender Ebene haben; fordert die Kommission auf, bezüglich solcher Streitbeilegungsverfahren die bewährtesten Praktiken zu fördern;

11. fordert die Mitgliedstaaten auf, Bewusstsein und Wissen der Verbraucher in Bezug auf FIN-NET zu fördern; betont, dass FIN-NET eine entscheidende Rolle bei der Koordinierung öffentlicher Informationen über den Zugang zu Rechtsbehelfen und Streitbeilegungsverfahren in allen Mitgliedstaaten, insbesondere in Bezug auf grenzübergreifende Finanzdienstleistungen übernehmen sollte;

12. verweist darauf, dass streitige Gerichtsverfahren konventionellen Typs wichtige Streitbeilegungsmechanismen bleiben werden; fordert die Kommission deshalb auf, die Wirkung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen auf grenzüberschreitende Finanzdienstleistungen für Privatkunden[3] zu prüfen;

13. unterstützt die Vorgabe einer kohärenten Lösung auf europäischer Ebene, die Verbrauchern zu ausgewogenen neuen kollektiven Rechtsbehelfen zur Regelung grenzübergreifender Klagen in Bezug auf Finanzprodukte für Privatkunden verhilft; regt an, die Auswirkungen der unlängst auf nationaler Ebene eingeführten Systeme zu bewerten;

14. unterstreicht die Notwendigkeit, dass ein Zugang zu Finanzdienstleistungen für alle interessierten Personen möglich ist; ermutigt daher die Finanzdienstleister, interessierten Verbrauchern zumindest ein Girokonto auf Habenbasis anzubieten.

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

2.4.2008

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

38

3

0

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Godfrey Bloom, Cristian Silviu Buşoi, Mogens Camre, Gabriela Creţu, Mia De Vits, Janelly Fourtou, Vicente Miguel Garcés Ramón, Evelyne Gebhardt, Malcolm Harbour, Anna Hedh, Edit Herczog, Iliana Malinova Iotova, Pierre Jonckheer, Alexander Lambsdorff, Kurt Lechner, Lasse Lehtinen, Toine Manders, Arlene McCarthy, Nickolay Mladenov, Catherine Neris, Zita Pleštinská, Zuzana Roithová, Heide Rühle, Leopold Józef Rutowicz, Christel Schaldemose, Andreas Schwab, Eva-Britt Svensson, Marianne Thyssen, Jacques Toubon, Bernadette Vergnaud, Barbara Weiler, Marian Zlotea

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Emmanouil Angelakas, André Brie, Colm Burke, Brigitte Fouré, Joel Hasse Ferreira, Filip Kaczmarek, Othmar Karas, Manuel Medina Ortega, José Javier Pomés Ruiz, José Ribeiro e Castro, Olle Schmidt, Ieke van den Burg, Anja Weisgerber

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

6.5.2008

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

43

1

0

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Mariela Velichkova Baeva, Zsolt László Becsey, Pervenche Berès, Sharon Bowles, Udo Bullmann, Manuel António dos Santos, Jonathan Evans, Elisa Ferreira, Jean-Paul Gauzès, Robert Goebbels, Donata Gottardi, Benoît Hamon, Gunnar Hökmark, Karsten Friedrich Hoppenstedt, Sophia in ‘t Veld, Othmar Karas, Piia-Noora Kauppi, Wolf Klinz, Christoph Konrad, Guntars Krasts, Kurt Joachim Lauk, Andrea Losco, Astrid Lulling, Florencio Luque Aguilar, Gay Mitchell, John Purvis, Alexander Radwan, Bernhard Rapkay, Antolín Sánchez Presedo, Margarita Starkevičiūtė, Ivo Strejček, Ieke van den Burg, Cornelis Visser

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Katerina Batzeli, Jorgo Chatzimarkakis, Valdis Dombrovskis, Harald Ettl, Salvador Garriga Polledo, Ján Hudacký, Alain Lipietz, Diamanto Manolakou, Gianni Pittella, Bilyana Ilieva Raeva, Andreas Schwab