BERICHT „Gemeinsam für die Gesundheit: ein strategischer Ansatz der EU für 2008–2013“

16.9.2008 - (2008/2115(INI))

Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit
Berichterstatter: Alojz Peterle

Verfahren : 2008/2115(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A6-0350/2008

ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zu dem Weißbuch mit dem Titel „Gemeinsam für die Gesundheit: ein strategischer Ansatz der EU für 2008–2013“

(2008/2115(INI))

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf die Artikel 152 und 163 bis 173 des EG-Vertrags,

–   in Kenntnis des Weißbuches der Kommission „Gemeinsam für die Gesundheit: ein strategischer Ansatz der EU für 2008-2013“ (KOM(2007)0630),

–   unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates zu diesem Weißbuch,

–   unter Hinweis auf die Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu diesem Weißbuch,

–   unter Hinweis auf den Beschluss Nr. 1350/2007/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über ein zweites Aktionsprogramm der Gemeinschaft im Bereich der Gesundheit (2008–2013)[1],

–   unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates zum Thema Gemeinsame Werte und Prinzipien in den Gesundheitssystemen der Europäischen Union[2],

–   unter Hinweis auf den Beschluss des Rates vom 2. Juni 2004 über den Abschluss des Rahmenübereinkommens der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Eindämmung des Tabakkonsums[3],

–   unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates über die Gesundheit bei Frauen[4],

–   unter Hinweis auf das Siebte Rahmenprogramm der Europäischen Gemeinschaft für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration (2007–2013),

–   unter Hinweis auf das Weißbuch „Ernährung, Übergewicht, Adipositas: Eine Strategie für Europa“ (KOM(2007)0279),

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. Juli 2006 zum Schutz der in Europa im Gesundheitsbereich tätigen Arbeitnehmer vor durch Blut übertragbaren Infektionen aufgrund von Verletzungen mit Injektionsnadeln[5],

–   unter Hinweis auf die WHO-Leitlinien in der Rahmenstrategie „Gesundheit für alle im 21.  Jahrhundert“,

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 22. April 2008 zu Organspende und ‑transplantation: Maßnahmen auf EU-Ebene[6],

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. April 2008 zur Bekämpfung von Krebs in der erweiterten Europäischen Union[7],

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Januar 2008 zu der Gemeinschaftsstrategie für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz 2007–2012[8],

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Juli 2007 zu Maßnahmen zur Bekämpfung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen[9],

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. September 2006 zur Verbesserung der psychischen Gesundheit der Bevölkerung – Entwicklung einer Strategie für die Förderung der psychischen Gesundheit in der Europäischen Union[10],

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. Februar 2005 zu dem Europäischen Aktionsplan Umwelt und Gesundheit 2004–2010[11],

–   unter Hinweis auf seine Erklärung vom 27. April 2006 zu Diabetes[12],

–   gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit sowie der Stellungnahmen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten und des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (A6-0350/2008),

A. in der Erwägung, dass die Gesundheit ein überaus hohes Gut ist, Gesundheit für alle angestrebt werden muss und ein hohes Gesundheitsniveau zu gewährleisten ist,

B.  in der Erwägung, dass es in Artikel 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union[13] heißt, dass Diskriminierungen unter anderem wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, und der ethnischen oder sozialen Herkunft verboten sind, und dass es in Artikel 35 heißt, dass jede Person das Recht auf Zugang zur Gesundheitsvorsorge und auf ärztliche Versorgung hat und das ein hohes Gesundheitsschutzniveau sicherzustellen ist,

C. unter Hinweis darauf, dass die positive Folge von Entwicklungen im Gesundheitsbereich darin besteht, dass immer mehr Menschen immer länger leben,

D. in der Erwägung, dass die Gesundheit in der Europäischen Union und in der Welt immer stärker bedroht wird, weil Krebserkrankungen, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, rheumatische Erkrankungen, psychische Krankheiten, Übergewicht, Adipositas, Mangelernährung, unangemessene Essgewohnheiten und HIV/AIDS zunehmen, sich die Umweltqualität verschlechtert, bestimmte mit der wachsenden sozialen Ungleichheit verbundene Krankheiten wieder auftreten und neue Herausforderungen ebenfalls eine Bedrohung für sie darstellen, wodurch die Notwendigkeit der Vorbeugung von Krankheiten und der Bedarf an formeller und informeller Gesundheits- und Pflegeversorgung und an Rehabilitationsmaßnahmen nach Krankheiten zunehmen,

E.  in der Erwägung, dass neben der Verstärkung bereits existierender Risikofaktoren wie der Umweltverschmutzung mögliche neue Gefährdungen der Gesundheit, die nicht vor Grenzen halt machen, drohen, wie z. B. Pandemien, neue Verbreitungsmuster übertragbarer Krankheiten, Tropenkrankheiten, biologischer Terrorismus sowie die Auswirkungen des Klimawandels und der Globalisierung, insbesondere im Zusammenhang mit dem Zugang zu Wasser und Nahrungsmitteln sowie der Zunahme der Armut und der Migration,

F.  in der Erwägung, dass die solidarischen Gesundheitssysteme ein wesentlicher Faktor des europäischen Sozialmodells sind und dass sie als Sozial- und Gesundheitsdienste einen Auftrag von allgemeinem Interesse erfüllen und dadurch einen wichtigen Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit und zum sozialen Zusammenhalt leisten,

G. in der Erwägung, dass sich wegen der Alterung der Gesellschaft die Krankheitsmuster ändern, wodurch der Bedarf an formeller und informeller Gesundheits- und Pflegeversorgung ansteigt und die Zukunftsfähigkeit der Gesundheitssysteme erheblichen Belastungen ausgesetzt ist, dass deshalb die öffentlichen und privaten Akteure der Förderung von Forschung und Innovation einen hohen Stellenwert einräumen müssen und dass insbesondere in einigen Mitgliedstaaten tragfähige politische Fördermaßnahmen für die ersten Lebensphasen gefordert sind,

H. in der Erwägung, dass bei der Gesundheitsversorgung große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten und innerhalb der einzelnen Staaten bestehen,

I.   in der Erwägung, dass die Bürger verstärkt gemeinsam durchgeführte und wirksame Maßnahmen im Gesundheitsbereich erwarten,

J.   in der Erwägung, dass gleichzeitig unter strenger Wahrung des Subsidiaritätsprinzips die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten im Gesundheitsbereich und ihre Entscheidungsfreiheit bezüglich der Gesundheitsdienste, deren Erbringung sie für angemessen erachten, geachtet werden müssen, genauso wie die verschiedenen Managementsysteme und spezifischen Strategien, für die sich die Mitgliedstaaten im Rahmen der Integration der öffentlichen und privaten Bereitstellung von Gesundheitsdiensten entschieden haben,

K. in der Erwägung, dass es im Fall von Bedenken aus ethischen Gründen nach wie vor den Mitgliedstaaten obliegt zu entscheiden, ob ein bestimmter Dienst als Gesundheitsdienst eingestuft wird,

L.  in der Erwägung, dass es Bereiche gibt, in denen die einzelnen Mitgliedstaaten alleine nicht wirksam handeln können, und dass die EU einer gemeinsamen Gesundheitspolitik verpflichtet ist, mit der sie einen zusätzlichen Nutzen erzielen kann (z. B. durch den Austausch von Informationen und bewährten Verfahren),

M. in der Erwägung, dass Investitionen in den Gesundheitsbereich für die Entwicklung der Menschheit von grundlegender Bedeutung sind und auch mittelbare Auswirkungen auf die verschiedenen Wirtschaftszweige haben,

N. in der Erwägung, dass die Möglichkeiten der Vorbeugung von Krankheiten keineswegs erschöpft sind,

O. in der Erwägung, dass die Einnahme von Antibiotika aufgrund der steigenden Antibiotikaresistenz zunehmend sinnlos wird, dass die Resistenzraten innerhalb der EU variieren, was auf unterschiedliche Gepflogenheiten bei der Anwendung und Kontrolle von Antibiotika zurückzuführen ist (in einigen Mitgliedstaaten ist der Antibiotikaverbrauch drei bis vier Mal höher als in anderen), dass die Antibiotikaresistenz ein europäisches Problem ist, weil die Menschen sehr mobil sind, auch im Rahmen von Urlaubsreisen, wodurch die Gefahr der Ausbreitung resistenter Bakterien ansteigt, und dass das Europäische Zentrum für die Prävention und Bekämpfung von Seuchen (ECDC) die geeignete Stelle zur Koordinierung der in diesem Zusammenhang stehenden Aktivitäten ist,

P.  in der Erwägung, dass 40 % der Gesundheitsausgaben auf eine ungesunde Lebensweise zurückzuführen sind (sie entstehen beispielsweise durch Alkoholkonsum, Rauchen, fehlende körperliche Bewegung und falsche Ernährung),

Q. in der Erwägung, dass durch einen wirksamen Schutz von Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz Arbeitsunfälle vermieden werden können, das Auftreten von Berufskrankheiten begrenzt und die Zahl der Personen, die berufsbedingt auf Dauer behindert sind, gesenkt werden kann,

R.  in der Erwägung, dass aufgrund von Mangelernährung, von der eine erhebliche Anzahl von EU-Bürgern betroffen ist, so auch 40 % der Krankenhauspatienten und zwischen 40 und 80 % der in Pflegeheimen untergebrachten älteren Menschen, für die Gesundheitssysteme ähnlich hohe Kosten anfallen wie im Fall von Adipositas und Übergewicht,

S.  in der Erwägung, dass die Gesundheit nicht nur durch Alkoholkonsum, Rauchen, fehlende körperliche Bewegung, falsche Ernährung und ähnliche externe Faktoren beeinflusst wird und dass deshalb den psychosomatischen Aspekten zahlreicher Krankheiten und den tieferen Ursachen für die steigende Anzahl von Menschen mit Depressionen und anderen psychischen Störungen mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte,

T.  in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten weiterhin Hilfsmaßnahmen für Menschen, die unter einer chronischen Krankheit und/oder einer Behinderung leiden, fördern sollten, damit ihre größtmögliche gesellschaftliche Integration erleichtert wird,

U. in der Erwägung, dass die steigende Nachfrage nach Leistungen der Gesundheitsversorgung in vielen Mitgliedstaaten es dringend notwendig macht, dass aktiv etwas unternommen wird, um Mitarbeiter im Gesundheitswesen einzustellen und diese auch zu halten, und Dienste zur Unterstützung von Verwandten und Freunden anzubieten, die unentgeltlich pflegebedürftige Personen betreuen,

V. in der Erwägung, dass in der Gesundheitsstrategie der EU die Langzeitpflege mithilfe der neuen Technologien, die Pflege von Personen mit chronischen Krankheiten, die häusliche Pflege von älteren Menschen und von Menschen mit körperlichen oder geistigen Behinderungen und die Dienste für diejenigen, die sie pflegen, mehr Beachtung finden sollten und in diesem Zusammenhang Synergien zwischen Gesundheitsdiensten und Sozialdiensten angestrebt werden sollten,

1.  begrüßt das erwähnte Weißbuch der Kommission „Gemeinsam für die Gesundheit: ein strategischer Ansatz der EU für 2008–2013“ und unterstützt die darin enthaltenen Wertvorstellungen, Grundsätze, strategischen Zielvorgaben und spezifischen Maßnahmen;

2.  ist der Auffassung, dass es angesichts der neuen Gefahren für die Gesundheit erforderlich ist, das Thema Gesundheit im Sinne der Strategie von Lissabon als zentrale politische Frage zu behandeln, wozu auch gehört, dass die Bürger Zugang zu einer angemessenen Gesundheitsfürsorge von höchstmöglicher Qualität erhalten, damit gesunde und wettbewerbsfähige Arbeitskräfte zur Verfügung stehen;

3.  nimmt mit Bedauern zur Kenntnis, dass das Weißbuch keine konkreten, quantifizierbaren und messbaren Ziele festlegt, deren Verwirklichung greifbare Ergebnisse zeitigen könnte, und schlägt die Festlegung solcher Ziele vor;

4.  betont, dass die Gesundheitsfürsorge in allen Politikbereichen und auf allen Ebenen in den Mitgliedstaaten und in der EU (Berücksichtigung von Gesundheitsfragen in allen Politikbereichen) sowie auf der ganzen Welt wirksam unterstützt werden muss;

5.  betont, dass das Recht von Männern und Frauen auf größere Mitsprache in Fragen, die ihre Gesundheit und die medizinische Versorgung betreffen, sowie das Recht von Kindern auf uneingeschränkten Schutz ihrer Gesundheit gemäß den allgemeinen Werten der Universalität, der Gleichheit und der Solidarität unbedingt anerkannt werden müssen;

6.  betont, dass laut WHO chronische Krankheiten und insbesondere Schlaganfälle und Herzerkrankungen gegenüber Infektionskrankheiten immer mehr zunehmen;

7.  empfiehlt die umfassende Einführung von Gesundheitsfolgenabschätzungen zum Zweck der Vorbeugung gegen Krankheiten, weil die Auswirkungen der Entscheidungen der beschlussfassenden Gremien auf verschiedenen Ebenen, einschließlich der lokalen und regionalen Körperschaften und der nationalen Parlamente, auf die Gesundheit der Menschen messbar sind;

8.  betont, dass in den Aktionsplänen insbesondere die Ursachen für das Auftreten bestimmter Krankheiten und die Bekämpfung der Epidemien und Pandemien sowie deren Vorbeugung im Vordergrund stehen müssen; betont außerdem, dass es auch geschlechtsspezifische Probleme gibt, wie z. B. Prostatakrebs bei Männern und Gebärmutterhalskrebs bei Frauen, und dass in diesem Zusammenhang spezifische Maßnahmen ausgearbeitet werden sollten;

9.  empfiehlt die Ausweitung des Mandats des ECDC auf nichtübertragbare Krankheiten;

10. schlägt vor, dass die Kommission als vorrangige Zielvorgabe festlegt, im Gesundheitsbereich die vermeidbaren Ungleichheiten und Unbilligkeiten zwischen den Mitgliedstaaten, innerhalb der einzelnen Staaten und zwischen den verschiedenen sozialen Schichten und Bevölkerungsgruppen, und bei Männern und Menschen mit psychischen Problemen, zu verringern; fordert darüber hinaus die Mitgliedstaaten auf, Rechtvorschriften der Gemeinschaft wie z. B. die Transparenzrichtlinie (89/105/EWG) in vollem Umfang umzusetzen;

11. betont, dass die Maßnahmen zur Verringerung der Ungleichheiten im Gesundheitsbereich auch gezielte Kampagnen zur Aufklärung der Bürger und Programme zur Prävention umfassen sollten;

12. ist der Ansicht, dass die Anstrengungen im Zusammenhang mit der Vorbeugung von Krankheiten und – sofern es wirksame Impfstoffe gibt – Impfkampagnen erheblich verstärkt werden müssen; fordert deshalb die Kommission dringend auf, für den gesamten Zeitraum von fünf Jahren einen ehrgeizigen Plan für Vorsorgemaßnahmen zu erarbeiten; ist der Ansicht, dass die Ausgaben für die Gesundheit, vor allem wenn es sich um Mittel zur Vorbeugung und frühzeitigen Diagnose von Krankheiten handelt, nicht nur Kosten sind, sondern auch Investitionen, die als „zu erwartende gesunde Lebensjahre“ als Strukturindikator im Rahmen der Lissabon-Strategie bewertet werden könnten;

13. betont die Tatsache, dass Gesundheit ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur des Freiseins von Krankheit oder Gebrechen ist;

14. betont, dass der Zugang zu zuverlässigen, unabhängigen und vergleichbaren Informationen über gesunde Verhaltensweisen, Krankheiten und Behandlungsmöglichkeiten Voraussetzung für eine wirksame Strategie zur Vorbeugung von Krankheiten ist;

15. betont, dass der Wunsch nach Vorbeugung von Krankheiten nicht zu einem gesellschaftlichen Klima führen darf, in dem die Geburt von Kindern mit einer chronischen Krankheit oder einer Behinderung verhindert wird; fordert die Kommission auf, Hilfsmaßnahmen für Eltern von Kindern mit einer chronischen Krankheit und/oder einer Behinderung konkret zu fördern;

16. betont, dass Anreize für Investitionen im Gesundheitsbereich nur geschaffen werden können, wenn die Wirksamkeit der bisher durchgeführten Investitionen bewertet wird und die Ergebnisse dieser Bewertung öffentlich zugänglich gemacht werden;

17. hält es für wichtig, gut organisierte, umfassende und wirkungsvolle Vorsorgeuntersuchungen durchzuführen, um die Früherkennung und die unverzügliche Therapie von Krankheiten zu erleichtern und dadurch die Häufigkeit entsprechender Todesfälle und Erkrankungen zu verringern;

18. ist der Auffassung, dass hierbei die Rechte der Bürger auf Zugang zur Gesundheitsfürsorge und ihre Verantwortung für ihre eigene Gesundheit während des gesamten Lebens als Richtschnur gelten müssen, und zwar im Rahmen einer Europäischen Union, die strikte Normen in den Bereichen Gesundheit und Lebensmittelsicherheit erlässt, und fordert weitere Investitionen in die Erforschung der Gesundheitskompetenz, damit die am besten geeigneten Strategien ermittelt werden, um dieses Anliegen für die verschiedenen Bevölkerungsgruppen in Angriff nehmen zu können; hält alle Bevölkerungsgruppen dazu an, eine gesunde Lebensweise zu führen;

19. betont, dass das Konzept einer gesunden Lebensweise (d. h. gesunde Ernährung, kein Drogenmissbrauch und hinreichende körperliche Bewegung) durch psychosoziale Aspekte ergänzt werden muss (z. B. ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Berufs- und Familienleben); ist der Auffassung, dass zu einer gesunden Lebensweise auch eine gute psychische und physische Gesundheit gehört und dass dies ein wichtiger Faktor für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft ist;

20. erwartet, dass sich die Kommission insbesondere mit der Frage der Zukunftsfähigkeit der Gesundheitssysteme und in diesem Zusammenhang mit der Rolle und der Verantwortung der pharmazeutischen Industrie befassen wird;

21. begrüßt die Absicht der Kommission, grundlegende Gesundheitswertvorstellungen für ein System von Gesundheitsindikatoren festzulegen (auf nationaler Ebene und darunter) und Programme für mehr Gesundheitskompetenz und für die Vorbeugung von Krankheiten zu fördern;

22. betont, dass das in Artikel 3 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union angeführte Verbot, den menschlichen Körper und Teile davon als solche zur Erzielung von Gewinnen zu nutzen, als Richtschnur im Gesundheitsbereich gelten sollte, insbesondere im Bereich der Spende und Transplantation von Zellen, Gewebe und Organen;

23. begrüßt im Sinne des Grundsatzes „Gesundheit für alle“ die Absicht der Kommission, die Gesundheit und die Vorbeugung von Krankheiten in allen Altersgruppen zu fördern; betont, dass die wichtigsten Themen im Gesundheitsbereich, wie Ernährung, Adipositas, Mangelernährung, körperliche Bewegung, Alkohol-, Drogen- und Tabakkonsum sowie Umweltgefahren wie z.B. die Luftverschmutzung, am Arbeitsplatz oder am Wohnort, unter Einhaltung des Grundsatzes der Gleichheit von Männern und Frauen in den Mittelpunkt gerückt werden müssen, wobei den Menschen beim gesunden Älterwerden geholfen werden muss und die von chronischen Krankheiten verursachten Belastungen zu verringern sind;

24. fordert die Kommission auf, im Ernährungsbereich einen verstärkt ganzheitlich ausgerichteten Ansatz zu verfolgen und in der Gesundheitspolitik neben der Adipositas vor allem der Mangelernährung Vorrang einzuräumen und dieses Thema soweit wie möglich in EU-finanzierte Initiativen und die partnerschaftliche Zusammenarbeit auf EU-Ebene in den Bereichen Forschung, Bildung und Gesundheitsförderung einzubeziehen;

25. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, im Rahmen der EU-Strategie für die Gesundheit auf die Entwicklung von Leitlinien für eine gemeinsame Definition von Invalidität hinzuarbeiten, die Menschen mit chronischen Krankheiten oder Krebs einschließen kann, und fordert in der Zwischenzeit die Mitgliedstaaten auf, die das noch nicht getan haben, diese Menschen so rasch wie möglich in ihre einzelstaatlichen Definitionen von Invalidität einzubeziehen;

26. verlangt außerdem, dass vorrangig dafür gesorgt werden muss, dass Menschen mit Behinderungen gleichen Zugang zur Gesundheitsfürsorge erhalten und Mittel zu diesem Zweck bereitgestellt werden;

27. fordert, dass wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz ergriffen werden, wozu auch Maßnahmen zählen, aufgrund deren Antibiotika nur auf ärztliche Verschreibung abgegeben werden dürfen, dass Leitlinien erstellt werden, damit die Verschreibung von Antibiotika zurückgeht und sich auf Fälle beschränkt, in denen die Anwendung von Antibiotika tatsächlich erforderlich ist, dass Anstrengungen zur Verbesserung der Markertests unternommen werden, um eine umsichtigere Anwendung von Antibiotika zu fördern und dass gegebenenfalls Hygiene-Kodizes beschlossen werden; fordert, dass den methicillinresistenten Staphylococcus-aureus-Bakterien (MRSA-Bakterien) besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden muss; betont, dass das ECDC die Anwendung der Leitlinien und Kodizes überwachen und bewerten sollte;

28. weist die Kommission und die Mitgliedstaaten darauf hin, dass die Erforschung chronischer Krankheiten gefördert und günstige Voraussetzungen für die Vorbeugung, die Früherkennung und die angemessene Therapie dieser Krankheiten geschaffen werden müssen, um für das Wohlergehen und die Lebensqualität der betroffenen Patienten zu sorgen;

29. erkennt die maßgebliche Rolle von Pflegekräften im Gesundheitswesen und bei der Gesundheitsversorgung an und fordert daher, dass Maßnahmen in den Vordergrund gerückt werden müssen, mit denen die Pflegekräfte unterstützt werden und ihre Gesundheit – neben der Gesundheit der von ihnen gepflegten Personen – gefördert wird;

30. stellt fest, dass zur Erleichterung der Mobilität der Beschäftigten im Gesundheitswesen und zur Sicherstellung der Patientensicherheit in der gesamten EU der Austausch von Informationen zwischen den Mitgliedstaaten und ihren Regulierungsgremien für medizinisches Personal unerlässlich ist;

31. fordert im Rahmen der gesundheitspolitischen Strategie der EU einen wirksameren Austausch bewährter Verfahren innerhalb der EU in allen Bereichen der Gesundheitsversorgung, insbesondere mit Bezug auf Screening-Programme und die Diagnose und Therapie schwerer Krankheiten wie Krebs;

32. ist der Ansicht, dass die EU weitere Schritte unternehmen sollte, um die Beschäftigten des Gesundheitsbereichs gegen Unfälle und Verletzungen am Arbeitsplatz zu schützen, wenn dies wissenschaftlich oder medizinisch nachweislich notwendig ist;

33. ist der Ansicht, dass die mangelhafte Anwendung der gemeinschaftlichen Umweltschutzvorschriften auch negative Auswirkungen auf die Gesundheit der EU-Bürger hat;

34. betont, dass sich die EU-Bürger in bestimmten Situationen mit Gefahren für die Gesundheit konfrontiert sehen, wie z. B. der Luftverschmutzung, die für die menschliche Gesundheit eine erhebliche Bedrohung darstellt, wodurch eine normale Entwicklung von Kindern beeinträchtigt und die Lebenserwartung in der EU verkürzt wird[14];

35. ist der Auffassung, dass für eine erfolgreiche Vorbeugung von Krankheiten und eine gute psychische Gesundheit Maßnahmen zur Förderung einer gesunden Lebensweise in der Familie, in der Schule, in Krankenhäusern, in Pflegeheimen, am Arbeitsplatz und an Orten der Freizeitgestaltung wesentlich sind; betont, dass die Familie für die Erlernung einer gesunden Lebensweise ausschlaggebend ist, worauf im späteren Leben häufig zurückgegriffen werden kann;

36. macht die Kommission und die Mitgliedstaaten auf Artikel 3 der UN-Konvention über die Rechte des Kindes aufmerksam, der von den Gesetzgebungsorganen verlangt, das Wohl des Kindes vorrangig zu berücksichtigen, u. a. dadurch, dass die notwendigen Vorkehrungen für Mutterschaftsurlaub und Elternurlaub, Gesundheitsschutz und Zugang zur medizinischen Versorgung während der Mutterschaft unter besonderer Berücksichtigung der Wirkung, die sowohl die Anwesenheit und die Zuwendung der Eltern als auch das Stillen auf die geistige und körperliche Entwicklung eines Säuglings haben, getroffen werden;

37. betont, dass die Gesundheitsversorgung und die Information schwangerer und stillender Frauen über die Gefahren des Alkohol-, Drogen- und Tabakkonsums während der Schwangerschaft und der Stillzeit verbessert werden müssen,

38. betont, dass das Bewusstsein der Öffentlichkeit für reproduktive und sexuelle Gesundheit unbedingt geschärft werden muss, um unerwünschte Schwangerschaften und die Ausbreitung sexuell übertragener Krankheiten zu verhüten und die durch Unfruchtbarkeit verursachten sozialen und gesundheitlichen Probleme zu verringern;

39. unterstützt Maßnahmen zur Bekämpfung spezifischer Krankheiten und ist der Auffassung, dass es für die Steigerung der Effektivität erforderlich wäre, angemessene Arbeitsmethoden und Organisationsformen zu finden, mit denen die interinstitutionelle Zusammenarbeit verbessert werden kann;

40. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, zu bedenken, dass integrierte sozial- und gesundheitspolitische Maßnahmen (sozialpolitisch relevante Gesundheitsleistungen), zu einem modernen Ansatz zur Förderung und zum Schutz der Gesundheit beitragen können, insbesondere für die schwächsten Bevölkerungsgruppen, wie Kinder und auf fremde Hilfe angewiesene Menschen;

41. ist der Auffassung, dass die EU ihre Bemühungen im Zusammenhang mit ihren Forschungsprogrammen zunehmend auf wichtige, aber häufig vernachlässigte Patientengruppen, wie z. B. Menschen mit psychologischen Problemen und Männer, ausrichten sollte;

42. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, im Rahmen der EU-Strategie die Synergien zwischen wissenschaftlicher und technologischer Forschung, insbesondere neuen Forschungsrichtungen in bisher unterfinanzierten Gebieten der Medizin, einerseits und der Entstehung neuer medizinischer Sektoren und Therapien andererseits zu erkunden, um jedem den Zugang zu diesen Therapien zu ermöglichen, da diese einen sehr positiven Einfluss auf den Gesundheitszustand der EU-Bürger und die Steigerung der Effizienz des Systems haben können;

43. begrüßt die von der Kommission vorgeschlagenen Leitlinien zur wirksamen Bekämpfung der Fälschung von Arzneimitteln und hält die Kommission dazu an, die Ausarbeitung eines internationalen Übereinkommens zu diesem Thema oder die Aufnahme eines Zusatzprotokolls in das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität (Übereinkommen von Palermo) zu fördern;

44. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, in die Einrichtung von Spitzenforschungszentren für jede wichtige Gruppe von Krankheiten zu investieren, die als Referenzzentren, Informations- und Beratungsstellen u. a. für Patienten und ihre Familien, Ärzte, im Gesundheitswesen tätige Arbeitnehmer und Unternehmen dienen sollten;

45. weist darauf hin, dass die regionalen und lokalen Gesundheitsbehörden in vielen Mitgliedstaaten häufig für die Planung, Verwaltung, Gestaltung und Entwicklung des Gesundheitssektors zuständig sind, die finanzielle Verantwortung in diesem Sektor tragen, den Gesundheitsbereich genau kennen und verstehen und ein unverzichtbarer Partner bei der Gestaltung und Durchführung der Gesundheitspolitik sind;

46. schlägt der Kommission und den Mitgliedstaaten vor, zur Förderung der Genesung und zur Erhaltung der Gesundheit der Menschen Thermalkuren in Betracht zu ziehen, die anerkanntermaßen eine gesundheitsfördernde Wirkung haben;

47. fordert die Kommission auf, die Entwicklung der Gesundheitsfürsorge via Internet, neue Technologien im Bereich der Gesundheitsfürsorge und anwendungsorientierte Innovationen bei medizinischen Geräten zu fördern;

48. begrüßt den Vorschlag der Kommission, auf EU-Ebene einen Mechanismus der strukturierten Zusammenarbeit einzurichten und mit interessierten Kreisen enger zusammenzuarbeiten und dabei auch die Zivilgesellschaft einzubeziehen; betont, dass auch Organisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer in die partnerschaftliche Zusammenarbeit eingebunden werden müssen;

49. fordert die Mitgliedstaaten, aber auch die regionalen und lokalen Behörden auf, den Kooperationsmechanismus anzuwenden, um den Austausch bewährter Verfahren zu verbessern; fordert die Kommission auf, sich aktiv für die Ausarbeitung von Leitlinien und Empfehlungen einzusetzen, die auf solchen bewährten Verfahren beruhen;

50. ist der Auffassung, dass die Maßnahmen der Strategie bis zum Auslaufen des derzeitigen Finanzrahmens (2007–2013) mit den bestehenden Finanzinstrumenten unterstützt werden müssen, und zwar ohne zusätzliche finanzielle Aufwendungen;

51. fordert die Kommission auf, den Mitgliedstaaten zu empfehlen, bei der Ausarbeitung einer nationalen Gesundheitsstrategie auch Prioritäten mit aufzunehmen, denen in anderen – nicht nur im Bereich der öffentlichen Gesundheit angesiedelten – Projekten Geltung verschafft werden muss;

52. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

  • [1]  ABl. L 301 vom 20.11.2007, S. 3.
  • [2]  ABl. C 146 vom 22.6.2006, S. 1.
  • [3]  ABl. L 213 vom 15.6.2004, S. 8.
  • [4]  ABl. C 146 vom 22.6.2006, S. 4.
  • [5]  ABl. C 303 E vom 13.12.2006, S. 754.
  • [6]  Angenommene Texte, P6_TA(2008)0130.
  • [7]  Angenommene Texte, P6_TA(2008)0121.
  • [8]  Angenommene Texte, P6_TA(2008)0009.
  • [9]  ABl. C 175 E vom 10.7.2008, S. 561.
  • [10]  ABl. C 305 E vom 14.12.2005, S. 148.
  • [11]  ABl. C 304 E vom 1.12.2005, S. 264.
  • [12]  ABl. C 296 E vom 6.12.2006, S. 273.
  • [13]  ABl. C 364 vom 18.12.2000, S. 1.
  • [14]  Bericht der Europäischen Umweltschutzagentur: Die Umwelt in Europa, 4. Überprüfung, Zusammenfassung (10. Oktober 2007).

BEGRÜNDUNG

Ende 2007 hat die Kommission eine EU-Strategie für den Gesundheitsbereich mit dem Titel „Gemeinsam für die Gesundheit: ein strategischer Ansatz der EU für 2008-2013“ vorgelegt. Diese Strategie beruht auf der Verpflichtung der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft, die der Gesundheitspolitik zugrundeliegenden gemeinsamen Wertvorstellungen und Prinzipien zu achten, die Rahmenbedingungen für die Wahrung der Rechte und der Verantwortung der Bürger bei der lebenslangen Sorge für die eigene Gesundheit zu gewährleisten, die Bürger in die Prozesse der Entscheidungsfindung und in die Anpassung der Gesundheitsfürsorge an die Bedürfnisse der Patienten einzubinden, bei der Gesundheitsversorgung die Ungleichheiten zwischen den einzelnen sozialen Schichten, den Mitgliedstaaten und den Regionen zu verringern, die Investitionen in den Gesundheitsbereich als Voraussetzung für wirtschaftliche Entwicklung zu betrachten und das Thema Gesundheit stets in sämtliche Politikbereiche auf allen Ebenen einzubeziehen.

Die Gesundheit zählt zu den wichtigsten Werten im Leben der Menschen und wird immer stärker bedroht, da die derzeitigen Gesundheitstrends trotz der im Bereich der medizinischen Behandlung erzielten Fortschritte eine besorgniserregende Entwicklung genommen haben, wie die Zunahme der Krebserkrankungen, der Herz-Kreislauf-Erkrankungen, der Diabetes und der Adipositas zeigt.

Außerdem sind neue Herausforderungen, wie z. B. die Überalterung der Bevölkerung, der Klimawandel und die Globalisierung, hinzugekommen. Manche sprechen auch von der Möglichkeit von Pandemien und Bioterrorismus. Die WHO rechnet mit einer drastischen Zunahme der Krebserkrankungen in den nächsten Jahren. Gleichzeitig wird immer öfter eine größere Mobilität der Patienten und des Fachpersonals im Gesundheitswesen gefordert.

Die Gesundheitssysteme und ihre Finanzierungsgrundlagen sind einem immer stärkeren Druck ausgesetzt. In den letzten Jahren sind die Ausgaben für Arzneimittel schneller gestiegen als die Gesamtausgaben im Gesundheitsbereich, was bei den Bürgern Besorgnisse hinsichtlich der Gleichbehandlung bei der Gesundheitsversorgung und der Zukunftsfähigkeit der Gesundheitssysteme ausgelöst hat. In den Mitgliedstaaten werden zahlreiche Versuche unternommen, die Gesundheitssysteme zu reformieren.

In der EU bestehen bei der Gesundheitsversorgung erhebliche Ungleichheiten zwischen den Mitgliedstaaten und auch innerhalb der einzelnen Staaten. So sind bei den Überlebenschancen im Falle einer Krebserkrankung die Unterschiede zwischen den neuen und den alten Mitgliedstaaten so gravierend, dass man von einem „Eisernen Vorhang im Gesundheitsbereich“ sprechen kann. Nach Angaben von Eurostat unterscheidet sich trotz einer allgemeinen Alterung der Gesellschaft die Lebenserwartung zwischen den Mitgliedstaaten bei Frauen um bis zu 9 Jahre und bei Männern um bis zu 13 Jahre. Bei der Kindersterblichkeit sind Unterschiede in sechsfacher Größenordnung zu verzeichnen. In diesen Bereichen muss die EU ihre Maßnahmen zur Verringerung der Ungleichheiten verstärken, insbesondere durch einen Austausch bewährter Verfahren in verschiedenen Bereichen sowie eine gezielte Sensibilisierung der Bürger für eine bessere Gesundheitsvorsorge und entsprechende Aufklärungsmaßnahmen.

Das Thema Gesundheit wurde bereits in den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl aufgenommen und erhielt in den folgenden Verträgen einen immer größeren Stellenwert. Auch wenn die Gesundheit gemäß Artikel 152 des Vertrags von Amsterdam in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten fällt, bemüht sich die EU mithilfe der gemeinschaftlichen und intergouvernementalen Methode in denjenigen Bereichen um eine effektive Politik, in denen die Mitgliedstaaten alleine nicht effektiv handeln können. Die Achtung des Grundsatzes der Subsidiarität sollte einer der Ausgangspunkte für gemeinsame Maßnahmen sein und nicht als Vorwand für deren Ablehnung dienen.

Es steht außer Frage, dass im Gesundheitsbereich ein langfristig angelegter umfassender strategischer Ansatz verfolgt werden muss, der einer aufeinander abgestimmten Zusammenarbeit zwischen den wichtigsten Akteuren in den Mitgliedstaaten und auf EU-Ebene bedarf. Um die Zusammenarbeit zu verbessern, müssen die Formen der interinstitutionellen Zusammenarbeit festgelegt werden, mit denen die Effizienz der gemeinsamen Anstrengungen erhöht werden kann.

Im Bereich der Vorbeugung von Krankheiten muss ein entscheidender strategischer Durchbruch gelingen. Obgleich seit vielen Jahren auf den Stellenwert der Vorbeugung von Krankheiten hingewiesen wird, entfallen auf diesen Bereich lediglich 3 % der Gesundheitsausgaben. Gleichzeitig ist aber bekannt, dass mit einer Präventionspolitik erheblich bessere Ergebnisse erzielt werden könnten, weil 40 % der Erkrankungen durch eine ungesunde Lebensweise verursacht werden und ein Drittel der Krebserkrankungen vermeidbar sind.

In der Strategie von Lissabon wird eindeutig klargestellt, dass die Gesundheit ein sehr wichtiger wirtschaftlicher Faktor ist. Die Gesundheitsausgaben dürfen nicht nur als Kostenfaktor betrachtet werden, sondern sind wesentlicher Bestandteil der Investitionen in die Qualität des Humankapitals.

Vor diesem Hintergrund muss die Gesundheit als eine der zentralen sozialen und politischen Aufgaben gelten, von der die Zukunft der EU abhängt. Um die allgemeine Situation im Gesundheitsbereich zu verbessern, ist es erforderlich, so rasch wie möglich eine kohärente und sektorübergreifende Gesundheitspolitik auf allen Ebenen zu verfolgen (Gesundheitsfragen in allen Politikbereichen). Dies bedeutet, dass die Gesundheitspolitik vor allem in die reformierte Gemeinsame Agrarpolitik (mit Schwerpunkt auf der Herstellung gesunder Lebensmittel), die Umweltschutzpolitik, die Industriepolitik, die Verkehrspolitik, die Entwicklungspolitik und in die Politik in den Bereichen Entwicklung, Forschung, technologische Innovation, Bildung, Sport und soziale Absicherung einbezogen werden muss.

Mit dieser Politik muss das Ziel „Gesundheit für alle“ erreicht werden, wobei die Bürger die Möglichkeit haben sollten, selbst zu entscheiden, wie sie ihre Gesundheit verbessern können.

In diesem Zusammenhang bieten das Weißbuch der Kommission und die Schlussfolgerungen des Rates vom Dezember 2007 eine angemessene Grundlage für mehr gemeinsame Maßnahmen, mit denen die Gesundheitspolitik effektiv weiterentwickelt werden kann. Es ist notwendig, die grundlegenden Werte im Gesundheitsbereich zu bestimmen, ein System von Gesundheitsindikatoren der EU auszuarbeiten, die Maßnahmen zur Verringerung der Ungleichheiten im Gesundheitswesen festzulegen, ein Programm mit analytischen Studien über den Zusammenhang zwischen Gesundheitszustand, Investitionen im Gesundheitsbereich und Wachstum und Entwicklung im Wirtschaftsbereich zu erstellen, Maßnahmen zur Förderung der Gesundheit in allen Altersstufen anzunehmen und Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Tabakkonsum, der Ernährung, dem Alkoholgenuss, der psychischen Gesundheit und anderen Faktoren, die sich auf die Gesundheit auswirken, zu beschließen. Außerdem müssen die Mechanismen zur Überwachung und Bekämpfung der Gefahren für die Gesundheit gestärkt, Innovationen in den Gesundheitssystemen gefördert und Mechanismen zur Umsetzung der strukturierten Zusammenarbeit zwischen den EU-Organen vorgeschlagen werden.

STELLUNGNAHME des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (26.6.2008)

für den Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit

Gemeinsam für die Gesundheit: Ein strategischer Ansatz der EU für 2008-2013
(2008/2115(INI))

Verfasser der Stellungnahme: Milan Cabrnoch

VORSCHLÄGE

Der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten ersucht den federführenden Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:

A. in der Erwägung, dass die solidarischen Gesundheitssysteme ein wesentlicher Faktor des europäischen Sozialmodells sind und dass sie als Sozial– und Gesundheitsdienste einen Auftrag von allgemeinem Interesse erfüllen und dadurch einen wichtigen Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit und zum sozialen Zusammenhalt leisten,

B.  in der Erwägung, dass der Zugang zur Gesundheitsversorgung ein Grundrecht nach Artikel 35 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist und dass die Ermöglichung eines gleichberechtigten Zugangs zu einer hochwertigen Gesundheitsversorgung für alle eine zentrale Aufgabe der öffentlichen Behörden der Mitgliedstaaten ist,

C. in der Erwägung, dass gemäß dem Subsidiaritätsprinzip und nach Artikel 152 Absatz 5 des EG-Vertrags die Mitgliedstaaten für die Organisation des Gesundheitswesens zuständig sind,

D. in der Erwägung, dass jeder Unionsbürger ein Recht auf medizinische Versorgung hat,

E.  in der Erwägung, dass eine gute Gesundheit und ein hohes Gesundheitsschutzniveau eine positive Wirkung auf die Beschäftigungssicherheit und das Wohlergehen der Bürger haben und zu einer höheren Produktivität und besseren Wettbewerbsfähigkeit auf nationaler und EU-Ebene beitragen,

F.  in der Erwägung, dass der Gesundheitssektor angesichts seines derzeit hohen Beschäftigungsniveaus, der Möglichkeiten für die Schaffung einer großen Anzahl neuer Arbeitsplätze und des damit verbundenen erheblichen Wachstumspotenzials für die Volkswirtschaften von strategischer Bedeutung ist,

G. in der Erwägung, dass die Gesundheitsversorgung an die sich verändernden Bedürfnisse und Besonderheiten der Bevölkerung der EU angepasst werden und auf den Grundsätzen der Vorbeugung, des Gesundheitsschutzes sowie der Förderung einer guten Gesundheit – sowohl körperlich als auch psychisch – und einer gesunden Lebensweise von frühester Jugend an beruhen sollte,

H. in der Erwägung, dass durch einen wirksamen Schutz von Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz Arbeitsunfälle vermieden werden können, das Auftreten von Berufskrankheiten begrenzt und die Zahl der Personen, die berufsbedingt auf Dauer behindert sind, gesenkt werden kann,

I.   in der Erwägung, dass in der Gesundheitsstrategie der EU die Langzeitpflege unter Nutzung der neuen Technologien, die Pflege von Personen mit chronischen Krankheiten, die häusliche Pflege von älteren Menschen und von Menschen mit körperlichen oder geistigen Behinderungen und die Dienste für diejenigen, die sie pflegen, mehr Beachtung finden sollten und in diesem Zusammenhang Synergien zwischen Gesundheitsdiensten und Sozialdiensten angestrebt werden sollten,

J.   in der Erwägung, dass Pflegende einen unverzichtbaren, aber weitgehend nicht anerkannten Teil unserer Gesundheitssysteme und unserer Gesellschaft bilden,

K. in der Erwägung, dass die Gesundheitsstrategie der EU und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Gesundheitssektor zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission auf politischer, verwaltungstechnischer, medizinischer, bildungspolitischer, technischer und wissenschaftlicher Ebene nicht dazu führen darf, dass die Solidaritätssysteme und der öffentliche Versorgungsauftrag in der Gesundheitsversorgung finanziell oder organisatorisch ausgehöhlt werden,

L.  in der Erwägung, dass die steigende Nachfrage nach Leistungen der Gesundheitsversorgung in vielen Mitgliedstaaten es dringend notwendig macht, aktive Schritte für die Einstellung und Bindung von Mitarbeitern im Gesundheitswesen zu unternehmen und Dienste zur Unterstützung von Verwandten und Freunden anzubieten, die unbezahlte Betreuung pflegebedürftiger Personen leisten,

1.  schließt sich der Auffassung der Kommission an, dass die EU in einer Reihe von grenzüberschreitenden Bereichen ergänzend wirken kann, wie etwa bei der Mobilität von Beschäftigten des Gesundheitswesens, der Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Trägern und beim freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen und Patienten;

2.  stellt jedoch fest, dass zur Erleichterung der Mobilität der Beschäftigten im Gesundheitswesen und zur Sicherstellung der Patientensicherheit in der gesamten Europäischen Union der Austausch von Informationen zwischen den Mitgliedstaaten und ihren Regulierungsgremien für medizinisches Personal unerlässlich ist;

3.  ist überzeugt davon, dass die Rechte von Patienten gestärkt werden müssen und in Verbindung damit Informationsstrategien entwickelt werden sollten, um die Patienten angemessen über ihre Rechte und Pflichten aufzuklären, darunter über ihr Recht auf Freizügigkeit im Zusammenhang mit der medizinischen Versorgung, wobei die Standards dieser Versorgung im Rahmen der EU und die Vereinbarkeit mit den nationalen Gesundheitsversorgungssystemen garantiert werden müssen, so dass sie statt einer rein passiven Rolle zunehmend eine aktive Rolle in der Gesundheitsversorgung spielen können; dies fördert die persönliche Reife und versetzt Teile der Bevölkerung in die Lage, eigenständig auf bestimmte gesundheitliche Bedürfnisse zu reagieren und aktiv Verantwortung hierfür zu übernehmen;

4.  fordert die Kommission auf, die Rolle, die Pflegende in der Gesellschaft spielen, nicht zu übersehen, und fordert sie ebenfalls auf, angemessene Maßnahmen zu ergreifen, damit Pflegende in die zukünftige Formulierung der Politik einbezogen werden;

5.  stellt fest, dass zur Unterstützung der Pflegenden in zukünftigen politischen Initiativen aktuelle Daten und Statistiken durch die Kommission zusammengestellt werden müssen;

6.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, im Rahmen der EU-Strategie für die Gesundheitsversorgung auf die Entwicklung von Leitlinien für eine gemeinsame Definition der Invalidität hinzuarbeiten, die Menschen mit chronischen Krankheiten oder Krebs einschließen kann, und fordert in der Zwischenzeit die Mitgliedstaaten auf, die das noch nicht getan haben, diese Menschen so rasch wie möglich in ihre einzelstaatlichen Definitionen der Invalidität einzubeziehen;

7.  ist der Auffassung, dass die Ausbildung der Beschäftigten im Gesundheitswesen an die Dynamik der Gesundheitsversorgung angepasst werden sollte, dass dies die Förderung des lebensbegleitenden Lernens der Beschäftigten des Gesundheitswesens umfasst, damit sie Entwicklungen in der Informations‑ und Kommunikationstechnologie sowie die neuen medizinischen, wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungen in vollem Umfang nutzen können, was auch den Aufbau stabiler Ausbildungsstrukturen zur Ermöglichung eines solchen lebensbegleitenden Lernens mit der Aussicht auf europaweite Anerkennung einschließt; misst besondere Aufmerksamkeit den Initiativen von Institutionen und Universitäten bei, die maßgebliche Ausbildungsmaßnahmen mit Beiträgen verschiedener Experten durchgeführt haben mit dem Ziel, eine Methode der Integration der Gesundheitsmaßnahmen insbesondere im Hinblick auf langfristige gesundheitliche Bedürfnisse zu entwickeln; weist ferner darauf hin, dass der Arbeits- und Gesundheitsschutz und die Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen verbessert werden müssen;

8.  ersucht die Mitgliedstaaten, den Patienten den Zugang zu lebensrettenden, möglicherweise teuren Arzneimitteln zu gewährleisten, um das Recht aller Menschen auf Gesundheit zu garantieren;

9.  fordert die Mitgliedstaaten auf, im Rahmen der EU-Strategie ein System von Gesundheits- und sozialen Dienstleistungen zu schaffen, die für im Gesundheitsbereich Tätige und für informelle Pflegende zugänglich sind, da Unterstützung für sie zu einem höheren Qualitätsniveau in der Pflege führen wird;

10. ist der Ansicht, dass die Europäische Union weitere Schritte unternehmen sollte, um die Beschäftigten des Gesundheitsbereichs gegen Unfälle und Verletzungen am Arbeitsplatz zu schützen, wo ein wissenschaftlicher oder medizinischer Nachweis der Notwendigkeit vorliegt; begrüßt die Absicht der Kommission, bis Ende 2008 einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2000/54/EG über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit vorzuschlagen, um sicherzustellen, dass die im Gesundheitsbereich Tätigen vor Infektionen durch Verletzungen mit Injektionsnadeln oder anderen scharfen medizinischen Geräten geschützt werden;

11. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, im Rahmen der EU-Strategie durch einen verbesserten Informationsaustausch über bewährte Methoden, die Einführung effektiver Screening-Programme und die obligatorische Isolierung infizierter Patienten und Mitarbeiter mehr zur Verringerung der schwerwiegenden Bedrohung der im Gesundheitsbereich Tätigen und der Patienten durch im Krankenhaus erworbene Infektionen wie MRSA zu tun;

12. fordert im Rahmen der EU-Strategie einen wirksameren Austausch bewährter Verfahren innerhalb der Europäischen Union in allen Bereichen der Gesundheitsversorgung, insbesondere mit Bezug auf Screening-Programme und die Diagnose und Therapie schwerer Krankheiten wie Krebs, aber auch im Hinblick auf bewährte Verfahren, mit denen Mitgliedstaaten Gesundheits- und Sozialdienste erfolgreich integriert haben, so dass andere Mitgliedstaaten davon lernen können;

13. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, im Rahmen der EU-Strategie die Synergien zwischen wissenschaftlicher und technologischer Forschung, insbesondere neuen Forschungsrichtungen in bisher unterfinanzierten Gebieten der Medizin, einerseits und der Entstehung neuer medizinischer Sektoren und Therapien andererseits zu erkunden, um jedem den Zugang zu diesen Therapien zu ermöglichen, da diese einen sehr positiven Einfluss auf den Gesundheitszustand der EU-Bürger und die Steigerung der Effizienz des Systems haben können;

14. betont, dass jede Gemeinschaftsmaßnahme im Gesundheitsbereich dem Grundsatz der Solidarität, der die Basis der Gesundheitssysteme bildet und die Gleichbehandlung der Patienten gewährleistet, entsprechen muss; ist der Auffassung, dass der Zugang zur medizinischen Versorgung durch eine angemessene Rückerstattung im Wege einer Risikoversicherung auf Gegenseitigkeit garantiert werden muss.

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

25.6.2008

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

35

4

3

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Jan Andersson, Edit Bauer, Iles Braghetto, Philip Bushill-Matthews, Alejandro Cercas, Derek Roland Clark, Luigi Cocilovo, Jean Louis Cottigny, Jan Cremers, Proinsias De Rossa, Richard Falbr, Carlo Fatuzzo, Ilda Figueiredo, Roger Helmer, Karin Jöns, Ona Juknevičienė, Jean Lambert, Raymond Langendries, Bernard Lehideux, Elizabeth Lynne, Thomas Mann, Maria Matsouka, Elisabeth Morin, Juan Andrés Naranjo Escobar, Csaba Őry, Marie Panayotopoulos-Cassiotou, Pier Antonio Panzeri, Elisabeth Schroedter, José Albino Silva Peneda, Jean Spautz, Gabriele Stauner, Ewa Tomaszewska, Gabriele Zimmer

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende(r) Stellvertreter(-in/-innen)

Jean Marie Beaupuy, Petru Filip, Donata Gottardi, Marian Harkin, Rumiana Jeleva, Sepp Kusstatscher, Roberto Musacchio, Csaba Sógor, Patrizia Toia, Glenis Willmott

STELLUNGNAHME des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (17.7.2008)

für den Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit

zu dem Weißbuch: „Gemeinsam für die Gesundheit: Ein strategischer Ansatz der EU für 2008-2013“
(2008/2115(INI))

Verfasserin der Stellungnahme: Siiri Oviir

VORSCHLÄGE

Der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter ersucht den federführenden Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:

A. in der Erwägung, dass es in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union[1] heißt, dass Diskriminierungen wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, und der ethnischen oder sozialen Herkunft verboten sind (Artikel 21), dass jede Person das Recht auf Zugang zur Gesundheitsvorsorge und auf ärztliche Versorgung hat und das ein hohes Gesundheitsschutzniveau sicherzustellen ist (Artikel 35),

1.  betont, dass das Recht von Männern und Frauen auf größere Mitsprache in Fragen, die ihre Gesundheit und die medizinische Versorgung betreffen, sowie das Recht von Kindern auf uneingeschränkten Schutz ihrer Gesundheit gemäß den allgemeinen Werten der Universalität, der Gleichheit und der Solidarität unbedingt anerkannt werden müssen;

2.  begrüßt das Weißbuch der Kommission „Gemeinsam für die Gesundheit: Ein strategischer Ansatz der EU für 2008-2013“ (KOM(2007)0630), bedauert jedoch, dass der Gleichstellungsaspekt in dem vorgelegten Vorschlag nicht analysiert wird und im Hinblick auf Grundsätze, Maßnahmen und Ziele nicht in ihn integriert worden ist; fordert die Kommission auf, den Gleichstellungsaspekt in allen Bereichen der zukünftigen Strategie ausdrücklich zu berücksichtigen;

3.  betont, wie notwendig es ist, Themen der öffentlichen Gesundheit in alle EU-Politikfelder einzubeziehen – und auch Instrumente zur Abschätzung und Bewertung der Folgen einzusetzen, so dass sich nicht nur die Information und das Verständnis verbessern, sondern auch eine wirksame Auseinandersetzung mit Gesundheitsthemen auf gemeinschaftlicher Ebene durch die Annahme eines langfristigen Ansatzes gefördert wird – und Gender Mainstreaming in der staatlichen Gesundheitspolitik verstärkt zu berücksichtigen;

4.  bemängelt, dass die Kommission in ihrem Weißbuch Gender Mainstreaming nicht angemessen berücksichtigt hat;

5.  weist darauf hin, dass Gender Mainstreaming dazu beitragen kann, die Unterschiede zwischen Frauen und Männern sowie Mädchen und Jungen festzustellen und zu verdeutlichen und gleichzeitig die Auswirkungen dieser Unterschiede auf den Gesundheitszustand sowie den Zugang zum und die Wechselwirkungen mit dem Gesundheitssystem aufzuzeigen;

6.  weist darauf hin, dass das Geschlecht des Patienten ein entscheidender Faktor für die Wahrnehmung der Symptome, die Erstellung der Diagnose und die medizinische Behandlung durch die Ärzte bzw. das medizinische Personal ist, auch wenn sich die Symptome bei Frauen und Männern absolut nicht unterscheiden und keine biomedizinischen Gründe vorliegen, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen würden;

7.  fordert die Kommission auf, ausgehend von den Empfehlungen der WHO einen Bericht über den Gesundheitszustand von Frauen und Kindern vorzulegen, um dadurch Maßnahmen und Analysen betreffend die Zugänglichkeit von Dienstleistungen und ihre Auswirkungen auf die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen in den einzelnen Regionen unter Berücksichtigung des demographischen Wandels und der Umweltfaktoren zu ermöglichen;

8.  ist überzeugt, dass die Gewährleistung eines guten Gesundheitszustands von Arbeitnehmern, älteren Menschen und Kindern von Frauen und Männern gute Kenntnisse über die Gesundheit und den Erwerb grundlegender Fähigkeiten zum Schutz der Gesundheit durch lebenslanges Lernen verlangt;

9.  fordert, dass Solidarität eine größere Rolle spielen sollte, einschließlich der Unterstützung für diejenigen Frauen und Männer sowie Mädchen und Jungen, deren Gesundheitszustand schlecht ist oder die eine Behinderung haben; fordert die Kommission auf, diesbezüglich weitere Maßnahmen in ihrer Gesundheitsstrategie vorzuschlagen;

10. betont die Tatsache, dass Gesundheit ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur des Freiseins von Krankheit oder Gebrechen ist;

11. betont, dass die Umweltfaktoren, die die Gesundheit von Frauen und Männer sowie Mädchen und Jungen beeinflussen, wie zum Beispiel Luftverschmutzung, gefährliche Chemikalien und giftige Pestizide, stärker ins Bewusstsein gerückt werden müssen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Umweltfaktoren in ihren allgemeinen und gesundheitspolitischen Strategien stärker zu berücksichtigen, um eine hohes Gesundheitsschutzniveau sicherzustellen;

12. macht die Kommission und die Mitgliedstaaten auf Artikel 3 der UN-Konvention über die Rechte des Kindes aufmerksam, der von den Gesetzgebungsorganen verlangt, das Wohl des Kindes vorrangig zu berücksichtigen, wobei die notwendigen Vorkehrungen für Mutterschaftsurlaub und Elternurlaub, Gesundheitsschutz und Zugang zur medizinischen Versorgung während der Mutterschaft unter besonderer Berücksichtigung der Wirkung, die die Anwesenheit und die Zuwendung der Eltern und das Stillen auf die geistige und körperliche Entwicklung eines Säuglings hat, einen Weg darstellen;

13. weist darauf hin, dass in absoluten Zahlen gerechnet deutlich mehr Frauen als Männer im Gesundheitswesen arbeiten, dass jedoch die Frauen in den beschlussfassenden Organen stark unterrepräsentiert sind und dass auch dies in der zukünftigen Strategie aus einer geschlechterspezifischen Perspektive beachtet und analysiert werden muss;

14. bedauert, dass junge Mädchen und Frauen einer immer wirksameren und zielgruppenorientierten Werbung unter anderem für Alkohol ausgesetzt sind;

15. betont, dass das Bewusstsein der Öffentlichkeit für reproduktive und sexuelle Gesundheit unbedingt geschärft werden muss, um unerwünschte Schwangerschaften und die Ausbreitung sexuell übertragener Krankheiten zu verhüten und die durch Unfruchtbarkeit verursachten sozialen und gesundheitlichen Probleme zu verringern;

16. betont die Tatsache, das die Gesundheit gefährdeter Personengruppen, wie schwangerer und stillender Frauen, Kinder und Mädchen, einer besonderen Bedrohung durch gefährliche Umweltfaktoren ausgesetzt sind; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, in ihren allgemeinen und gesundheitspolitischen Strategien ein hohes Gesundheitsschutzniveau für diese gefährdeten Personengruppen sicherzustellen;

17. betont, dass die Gesundheitsversorgung und die Information schwangerer und stillender Frauen über die Gefahren des Alkohol-, Drogen- und Tabakkonsums- während der Schwangerschaft und der Stillzeit verbessert werden müssen,

18. bedauert die Tatsache, dass Risiken bedingt durch das Gesundheitsverhalten von Schwangeren (hohe Quoten von künstlich herbeigeführten und Mehrfach- Abtreibungen, Rauchen während der Schwangerschaft), das Bildungsniveau der Mütter und die Kindersterblichkeit nach dem 28. Tag weiterhin in einem engen Zusammenhang stehen, dass Teenagerschwangerschaften und -geburten immer noch ein größeres Risiko für die Gesundheit der Neugeborenen darstellen und dass Neugeborene immer häufiger ärztlich behandelt werden müssen;

19. ist der Auffassung, dass geschlechtssensible Präventivmaßnahmen, die auf wissenschaftlich belegten Daten beruhen und lokale und altersbedingte Ungleichheiten berücksichtigen sowie der Förderung von Gesundheit und Behandlung dienen, wie auch der Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) beim Zugang zu den Diensten sowie Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz dazu beitragen, das Vorkommen ernsterer Krankheiten und die Sterberaten bei Frauen zu senken und die Lebensqualität in der EU zu verbessern.

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

16.7.2008

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

18

0

14

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Edit Bauer, Emine Bozkurt, Hiltrud Breyer, Edite Estrela, Věra Flasarová, Lissy Gröner, Esther Herranz García, Lívia Járóka, Rodi Kratsa-Tsagaropoulou, Urszula Krupa, Roselyne Lefrançois, Astrid Lulling, Siiri Oviir, Marie Panayotopoulos-Cassiotou, Zita Pleštinská, Anni Podimata, Karin Resetarits, Eva-Britt Svensson, Anne Van Lancker, Corien Wortmann-Kool, Anna Záborská

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Gabriela Creţu, Lena Ek, Iratxe García Pérez, Lidia Joanna Geringer de Oedenberg, Anna Hedh, Christa Klaß, Marusya Ivanova Lyubcheva, Maria Petre, Zuzana Roithová, Heide Rühle

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 178 Abs. 2)

Manolis Mavrommatis

  • [1]  ABl. C 364 vom 18.12.2000, S. 1

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

9.9.2008

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

53

0

2

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Adamos Adamou, Georgs Andrejevs, Liam Aylward, Pilar Ayuso, Johannes Blokland, John Bowis, Frieda Brepoels, Martin Callanan, Dorette Corbey, Chris Davies, Avril Doyle, Mojca Drčar Murko, Anne Ferreira, Karl-Heinz Florenz, Elisabetta Gardini, Matthias Groote, Françoise Grossetête, Satu Hassi, Gyula Hegyi, Jens Holm, Marie Anne Isler Béguin, Caroline Jackson, Christa Klaß, Eija-Riitta Korhola, Holger Krahmer, Urszula Krupa, Aldis Kušķis, Marie-Noëlle Lienemann, Linda McAvan, Roberto Musacchio, Riitta Myller, Péter Olajos, Miroslav Ouzký, Vladko Todorov Panayotov, Vittorio Prodi, Frédérique Ries, Dagmar Roth-Behrendt, Guido Sacconi, Amalia Sartori, Carl Schlyter, Richard Seeber, María Sornosa Martínez, Evangelia Tzampazi, Thomas Ulmer, Anja Weisgerber, Glenis Willmott

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Giovanni Berlinguer, Iles Braghetto, Bairbre de Brún, Duarte Freitas, Genowefa Grabowska, Jutta Haug, Alojz Peterle, Donato Tommaso Veraldi

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 178 Abs. 2)

Armando França