EMPFEHLUNG FÜR DIE ZWEITE LESUNG betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Erfüllung der Flaggenstaatpflichten

18.2.2009 - (14288/2/2008 – C6‑0484/2008 – 2005/0236(COD)) - ***II

Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr
Berichterstatter: Emanuel Jardim Fernandes

Verfahren : 2005/0236(COD)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A6-0069/2009
Eingereichte Texte :
A6-0069/2009
Angenommene Texte :

ENTWURF EINER LEGISLATIVEN ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zu dem Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Erfüllung der Flaggenstaatpflichten

(14288/2/2008 – C6‑0484/2008 – 2005/0236(COD))

(Verfahren der Mitentscheidung: zweite Lesung)

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis des Gemeinsamen Standpunkts des Rates (14288/2/2008 – C6‑0484/2008)[1],

–   unter Hinweis auf die Erklärung der Mitgliedstaaten zur Sicherheit im Seeverkehr (15859/2008),

–   unter Hinweis auf seinen Standpunkt aus erster Lesung[2] zu dem Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (KOM(2005)0586),

–   gestützt auf Artikel 251 Absatz 2 des EG-Vertrags,

–   gestützt auf Artikel 67 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis der Empfehlung des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr für die zweite Lesung (A6‑0069/2009),

1.  billigt den Gemeinsamen Standpunkt;

2.  stellt fest, dass der Rechtsakt entsprechend dem Gemeinsamen Standpunkt erlassen wird;

3.  beauftragt seinen Präsidenten, den Rechtsakt mit dem Präsidenten des Rates gemäß Artikel 254 Absatz 1 des EG-Vertrags zu unterzeichnen;

4.  beauftragt seinen Generalsekretär, den Rechtsakt zu unterzeichnen, nachdem überprüft worden ist, dass alle Verfahren ordnungsgemäß abgeschlossen worden sind, und im Einvernehmen mit dem Generalsekretär des Rates die Veröffentlichung des Rechtsakts im Amtsblatt der Europäischen Union zu veranlassen;

5.  beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

  • [1]  ABl. C 330 E vom 30.12.2008, S. 13.
  • [2]  ABl. C 27 E vom 31.1.2008, S. 140.

BEGRÜNDUNG

24. Februar 2006: Vorschlag der Kommission

Die Kommission hat den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Erfüllung der Flaggenstaatpflichten als Teil des dritten Legislativ-Maßnahmenpakets für die Seeverkehrssicherheit, auch „Erika-III-Paket“ genannt, vorgelegt.

Flaggenstaaten, also Staaten, die Schiffen die Berechtigung zum Führen ihrer Flagge erteilen, haben als Mitglieder der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) die Verpflichtung, sich an die von ihnen unterzeichneten Übereinkommen der Organisation zu halten. Sie müssen gewährleisten, dass Schiffe unter ihrer Flagge die Anforderungen erfüllen, die in solchen Übereinkommen, durch die der Schutz des menschlichen Lebens auf See und der Schutz der Meeresumwelt gefördert werden sollen, festgelegt worden sind. Die wichtigsten Flaggenstaatpflichten sind im Code für die Anwendung verbindlicher IMO-Instrumente niedergelegt, der im November 2005 angenommen wurde. Die Erfüllung dieser Pflichten soll mit dem Auditsystem der IMO-Mitgliedstaaten überprüft werden, das ebenfalls im November 2005 angenommen wurde. Doch erfolgt die Teilnahme an dem Auditsystem auf freiwilliger Basis. Ferner hat die IMO keine Sanktionsbefugnisse gegenüber Vertragsstaaten, die den Anforderungen des Übereinkommens nicht Genüge leisten oder diese in Bezug auf Schiffe, die unter ihrer Flagge fahren, nicht durchsetzen.

Mit dem Vorschlag der Kommission soll sichergestellt werden, dass die Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen als Flaggenstaaten entsprechend den IMO-Übereinkommen über die Sicherheit im Seeverkehr und die Vermeidung der Verschmutzung der Umwelt durch Schiffe in effektiver und kohärenter Weise nachkommen. Der Vorschlag sieht daher vor, dass alle Mitgliedstaaten den IMO-Übereinkommen beitreten und uneingeschränkt die darin vorgesehenen zwingenden Flaggenstaatbestimmungen anwenden und dass Teile des IMO-Codes für die Anwendung der obligatorischen IMO-Instrumente („Flaggenstaat-Code“) sowie des Freiwilligen Auditsystems der IMO-Mitgliedstaaten auf Gemeinschaftsebene verbindlich werden.

Die Notwendigkeit, die IMO-Verpflichtungen in das Gemeinschaftsrecht umzusetzen, beruht auf zwei Faktoren: einerseits dem Fehlen von Kontroll- und Sanktionsmechanismen im internationalen Seeverkehrsrecht, andererseits den bedeutenden Qualitätsunterschieden, die zwischen den europäischen Flaggenstaaten festgestellt wurden.

Mit dem Vorschlag der Kommission sollen konkret die zwei größten Schwächen der IMO – neben der fehlenden Kontrolle der Einhaltung der von ihr aufgestellten Regeln – überwunden werden:

–         der große Ermessensspielraum für Ausnahmeregelungen, der jeder Vertragspartei in Bezug auf die grundlegenden Bestimmungen der Übereinkommen zusteht;

–         die Unverbindlichkeit der Begleitmaßnahmen, die in Form von IMO-Entschließungen verabschiedet und für die effiziente Erfüllung der genannten Verpflichtungen immerhin als wesentlich erachtet werden.

29. März 2007: Stellungnahme des Europäischen Parlaments in erster Lesung

Das Parlament drängte auf breite Zustimmung zu dem Vorschlag der Kommission und nahm eine Reihe von Änderungsanträgen an, mit denen die vorgeschlagene Rechtsvorschrift sogar noch gestärkt werden soll. Der Grundgedanke dabei besteht darin, dass die Sicherheit des Seeverkehrs in der Gemeinschaft, der Bürger, die ihn nutzen, und der Betreiber, die Seeverkehrsdienste anbieten, sowie der Schutz der Umwelt zu jeder Zeit gewährleistet sein sollten. Nach dem vom Europäischen Parlament in erster Lesung angenommenen Standpunkt sollten die Mitgliedstaaten die Ausbildung der Besichtiger und Untersuchungsführer des Flaggenstaats gewährleisten und eine Kapazität für die Prüfung, Zulassung und Genehmigung von Schiffbau- und Schiffsausrüstungsentwürfen schaffen. Ferner hat sich das Parlament dafür ausgesprochen, dass sich die Mitgliedstaaten bei der Ersteintragung eines Schiffes vergewissern, dass das Schiff den geltenden internationalen Vorschriften entspricht, und gewährleisten, dass dies durch Nachweise belegt werden kann. Wenn es sich nicht um ein neu gebautes Schiff handelt, nehmen sie dazu Kontakt mit dem vorherigen Flaggenstaat auf und ersuchen diesen um die Übermittlung der erforderlichen Dokumente und Daten. Das Europäische Parlament möchte darüber hinaus, dass die Mitgliedstaaten eine Datenbank aller Schiffe ihrer Flotte, in der die wichtigsten technischen Angaben für jedes Schiff gespeichert sind, erstellen oder unterhalten. In diese Datenbanken sollten umfangreiche Informationen aufgenommen werden, beispielsweise über Klassifikation und Zeugniserteilung, über das Ergebnis der Überprüfungen im Rahmen der Hafenstaatkontrolle, über Unfälle oder über die Nichteinhaltung von IMO-Anforderungen, insbesondere die Meeresverschmutzung durch Schiffe.

Zeitraum 7. April 2008 bis 1. September 2008

Nach zwei Jahren „Stille“ hielt der Rat der Verkehrsminister am 7. April 2008 eine öffentliche Beratung über diesen Vorschlag ab. Eine Mehrheit der Mitgliedstaaten vertrat die Auffassung, dass eine Rechtsvorschrift auf Gemeinschaftsebene nicht das richtige Instrument sei, um diesen Aspekt der Sicherheit des Seeverkehrs zu regeln. Einige Delegationen äußerten ernsthafte Bedenken hinsichtlich der in der Richtlinie vorgesehenen verbindlichen Ratifizierung der IMO-Übereinkommen und haben ernste Schwierigkeiten mit den Bestimmungen zur verbindlichen Anwendung des Flaggenstaat-Codes der IMO auf Gemeinschaftsebene. Generell zog eine große Mehrheit der Mitgliedstaaten eine Lösung im Sinne des weichen Rechts („soft law“) vor, wenn es darum geht zu gewährleisten, dass die Flaggenstaaten ihren internationalen Verpflichtungen nachkommen.

Angesichts dieser Sackgasse, in welche die Haltung des Rates zu führen drohte, hat sich der Berichterstatter mit den anderen Berichterstattern des Erika-III-Pakets sowie allgemein mit dem Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr darauf verständigt, dass der Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Erfüllung der Flaggenstaatpflichten einen unverzichtbaren Bestandteil des Gesamtpakets und ein Schlüsselelement für die Erreichung des Ziels darstellt, die Sicherheit im Seeverkehr zu erhöhen. Es wurde daher entschieden, den größten Teil dieses Vorschlags in Form von Änderungsanträgen an dem in zweiter Lesung anzunehmenden Standpunkt des Parlaments zu anderen Bestandteilen des Pakets, insbesondere zu den gemeinsamen Vorschriften und Normen für Schiffsüberprüfungs- und -besichtigungsorganisationen und die einschlägigen Maßnahmen der Seebehörden (Aufhebung der Richtlinie 94/57/EG), einzubringen. Dieses Verfahren hat den Rat dazu veranlasst, die Debatte über dieses Thema bei der informellen Tagung des Rates der Verkehrsminister vom 1. September 2008 in La Rochelle wieder aufzunehmen.

9. Dezember 2008: Gemeinsamer Standpunkt des Rates

Nach substanziellen Verhandlungen und Bemühungen vonseiten des slowenischen und darauf insbesondere des französischen Ratsvorsitzes wurde am 9. Oktober 2008 eine erste politische Einigung über den Text erzielt: Der Rat nahm einstimmig einen Gemeinsamen Standpunkt im Hinblick auf den Erlass einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Erfüllung der Flaggenstaatpflichten an.

Der Rat hat es dabei als notwendig erachtet, einige wichtige Bestimmungen, wie diejenigen zur Ratifizierung internationaler Übereinkommen und zur verbindlichen Anwendung des Flaggenstaat-Codes der IMO in der Gemeinschaft, aus dem verfügenden Teil zu entfernen. Der Gemeinsame Standpunkt des Rates hat somit folgende Schwerpunkte:

–         Bis das Auditsystem der IMO verbindlich vorgeschrieben wird, müssen die Mitgliedstaaten ihre Seebehörden einem solchen Audit unterziehen und die Ergebnisse öffentlich bekannt machen.

–         Die Mitgliedstaaten müssen ein nach internationalen Normen zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem für ihre Seebehörden einführen.

–         Bevor die Mitgliedstaaten einem Schiff die Berechtigung zum Führen ihrer Flagge erteilen, müssen sie überprüfen, ob dieses den internationalen Vorschriften entspricht.

–         Die Mitgliedstaaten müssen dafür sorgen, dass Schiffe, die zum Führen ihrer Flagge berechtigt sind und die im Rahmen einer Kontrolle von einem Hafenstaat festgehalten wurden, den Anforderungen der einschlägigen IMO-Übereinkommen entsprechen.

–         Mitgliedstaaten, die auf der schwarzen Liste oder in zwei aufeinander folgenden Jahren auf der grauen Liste stehen, die gemäß der Pariser Vereinbarung über die Hafenstaatkontrolle veröffentlicht werden, müssen der Kommission einen Bericht über die Ursachen ihrer mangelnden Leistung als Flaggenstaat übermitteln.

Der ursprüngliche Vorschlag der Kommission wurde durch den Gemeinsamen Standpunkt somit weitgehend geändert; der Gemeinsame Standpunkt gewährleistet ein kohärentes Maßnahmenpaket zur Sicherheit im Seeverkehr und stellt einen entscheidenden Schritt dar, wenn es darum geht sicherzustellen, dass sich Unfälle wie diejenigen der Erika oder der Prestige nie wiederholen.

Parallel zu dem Gemeinsamen Standpunkt wurde in einer Erklärung der Vertreter der Regierungen der EU-Mitgliedstaaten bekräftigt, dass diese:

–         die wichtigsten internationalen Übereinkommen zur Sicherheit im Seeverkehr bis spätestens 1. Januar 2012 unterzeichnen werden;

–         den Flaggenstaat-Code der IMO und das dazugehörige Auditsystem für Seebehörden anwenden werden;

–         die IMO ermutigen werden, diese beiden Instrumente weltweit verbindlich zu machen.

Empfehlung

Der Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Erfüllung der Flaggenstaatpflichten – der zwei Jahre lang im Rat nicht einmal erörtert worden war – wurde nach der öffentlichen Beratung während der Tagung der Verkehrsminister der EU im April 2008 für „tot“ erklärt. Die Beharrlichkeit des Europäischen Parlaments bei seinem Bemühen, das Erika-III-Paket als Ganzes zu erhalten, hat wesentlich dazu beigetragen, dass schließlich ein Gemeinsamer Standpunkt angenommen wurde. Aus diesem Grund unterstützt der Berichterstatter den Gemeinsamen Standpunkt, der einen Mehrwert bietet, da er voraussichtlich zu einer höheren Qualität europäischer Flaggen führen und die Voraussetzungen für Wettbewerb innerhalb der Gemeinschaft schaffen wird, indem gewährleistet wird, dass die Wahl der Flagge nicht auf Grundlage der niedrigsten Anforderungen getroffen werden kann. Der Berichterstatter empfiehlt, den Gemeinsamen Standpunkt ohne Abänderungen zu billigen.

VERFAHREN

Titel

Erfüllung der Flaggenstaatpflichten

Bezugsdokumente Verfahrensnummer

14288/2/2008 – C6-0484/2008 – 2005/0236(COD)

Datum der 1. Lesung des EP – P-Nummer

29.3.2007                     T6-0093/2007

Vorschlag der Kommission

KOM(2005)0586 - C6-0062/2006

Datum der Bekanntgabe der Übermittlung des Gemeinsamen Standpunkts im Plenum

18.12.2008

Federführender Ausschuss

       Datum der Bekanntgabe im Plenum

TRAN

18.12.2008

Berichterstatter(in/innen)

       Datum der Benennung

Emanuel Jardim Fernandes

10.12.2008

 

 

Prüfung im Ausschuss

22.1.2009

17.2.2009

 

 

Datum der Annahme

17.2.2009

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

36

0

0

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Gabriele Albertini, Paolo Costa, Michael Cramer, Luis de Grandes Pascual, Arūnas Degutis, Petr Duchoň, Saïd El Khadraoui, Emanuel Jardim Fernandes, Francesco Ferrari, Georg Jarzembowski, Stanisław Jałowiecki, Timothy Kirkhope, Jaromír Kohlíček, Sepp Kusstatscher, Jörg Leichtfried, Bogusław Liberadzki, Eva Lichtenberger, Marian-Jean Marinescu, Erik Meijer, Reinhard Rack, Ulrike Rodust, Luca Romagnoli, Brian Simpson, Renate Sommer, Dirk Sterckx, Ulrich Stockmann, Michel Teychenné, Silvia-Adriana Ţicău

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Johannes Blokland, Philip Bradbourn, Luigi Cocilovo, Jas Gawronski, Pedro Guerreiro, Lily Jacobs, Rosa Miguélez Ramos, Corien Wortmann-Kool

Datum der Einreichung

18.2.2009