BERICHT zur Übertragung legislativer Zuständigkeiten
29.3.2010 - (2010/2021(INI))
Rechtsausschuss
Berichterstatter: József Szájer
ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
zur Übertragung legislativer Zuständigkeiten
(2010/20212010/2021(INI))
Das Europäische Parlament,
– gestützt auf Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. September 2008 mit Empfehlungen an die Kommission zur Anpassung von Rechtsakten an den neuen Komitologiebeschluss[1],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. Mai 2009 zu den neuen Aufgaben und Zuständigkeiten des Parlaments bei der Umsetzung des Vertrags von Lissabon[2],
– unter Hinweis auf seinen Standpunkt vom 24. November 2009 zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Anpassung einiger Rechtsakte, für die das Verfahren des Artikels 251 EG-Vertrag gilt, an den Beschluss 1999/468/EG des Rates in Bezug auf das Regelungsverfahren mit Kontrolle – Anpassung an das Regelungsverfahren mit Kontrolle – Fünfter Teil[3],
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 9. Dezember 2009 zur Umsetzung von Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (KOM(2009)0673),
– unter Hinweis auf das Schreiben des Präsidenten des Europäischen Parlaments vom 29. Januar 2010 an den Präsidenten der Europäischen Kommission zu Artikel 290 und 291 AEUV,
– gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Rechtsausschusses und der Stellungnahmen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung sowie des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit (A7‑0110/2010),
A. in der Erwägung, dass durch den Vertrag von Lissabon die Gesetzgebungsbefugnis festgeschrieben und eine Normenhierarchie in die Rechtsordnung der Union eingeführt wird, womit der demokratische Charakter der Union verstärkt und ihre Rechtsordnung vereinfacht wird, sowie in der Erwägung, dass durch den Vertrag von Lissabon der neue Begriff des „Gesetzgebungsakts“ eingeführt wird, was weitreichende Konsequenzen hat,
B. in der Erwägung, dass die Gesetzgebungsbefugnis unter anderem die in Artikel 290 AEUV vorgesehene Möglichkeit umfasst, dass der Gesetzgeber der Kommission im Rahmen eines Gesetzgebungsakts (im Folgenden „Basisrechtsakt“) einen Teil seiner eigenen Zuständigkeiten überträgt,
C. in der Erwägung, dass die Übertragung von Befugnissen ein sensibler Vorgang ist, bei dem die Kommission mit der Wahrnehmung einer Befugnis betraut wird, die untrennbar mit der eigenen Rolle des Gesetzgebers verbunden ist, sowie in der Erwägung, dass der Ausgangspunkt für die Prüfung der Frage der Befugnisübertragung deshalb immer die Freiheit des Gesetzgebers sein muss,
D. in der Erwägung, dass diese übertragene Zuständigkeit nur in einer Ergänzung oder Änderung von Teilen eines Gesetzgebungsakts bestehen kann, die der Gesetzgeber als nicht wesentlich erachtet, sowie in der Erwägung, dass es sich bei den daraus resultierenden, von der Kommission angenommenen delegierten Rechtsakten um Akte ohne Gesetzescharakter und von allgemeiner Geltung handeln wird, und ferner im Basisrechtsakt Ziele, Inhalt, Geltungsbereich und Dauer der Befugnisübertragung ebenso ausdrücklich festgelegt werden müssen wie die Bedingungen, unter denen die Übertragung erfolgt,
E. in der Erwägung, dass delegierte Rechtsakte weitreichende Auswirkungen auf eine Vielzahl von Bereichen haben werden und dass es deshalb von größter Wichtigkeit ist, besonders im Hinblick auf delegierte Rechtsakte, bei ihrer Ausarbeitung und der sie betreffenden Beschlussfassung umfassende Transparenz zu gewährleisten, damit die am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe die Wahrnehmung der der Kommission übertragenen Befugnisse demokratisch kontrollieren können, erforderlichenfalls auch im Rahmen einer öffentlichen Aussprache im Parlament,
F. in der Erwägung, dass das Parlament bezüglich aller Aspekte der Befugnis zur Übertragung von legislativen Zuständigkeiten gegenüber dem Rat eine gleichberechtigte Rolle spielen sollte,
G. in der Erwägung, dass das „Lamfalussy-Verfahren“ den Weg für das derzeitige Verfahren der Befugnisübertragung mit umfassender Kontrolle durch den Gesetzgeber bereitet hat, sowie der Erwägung, dass in Erklärung 39 der Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 23. Juli 2007 im Anhang zum Vertrags von Lissabon der spezifische Charakter des Sektors der Finanzdienstleistungen anerkannt wird, und dass ferner die neue Regelung für delegierte Rechtsakte die bestehenden Rechte des Parlaments in diesem Bereich, besonders was die frühzeitige Übermittlung von Dokumenten und Informationen betrifft, keinesfalls unterminieren darf,
H. in der Erwägung, dass die Befugnisübertragung als Instrument für eine bessere Rechtsetzung angesehen werden kann, deren Ziel darin besteht, zu gewährleisten, dass Gesetzgebungsakte einerseits einfach gehalten und andererseits ergänzt und aktualisiert werden können, ohne dass dafür immer wieder auf Legislativverfahren zurückgegriffen werden muss, wobei gewährleistet ist, dass die Zuständigkeit und Verantwortung in letzter Instanz beim Gesetzgeber verbleibt,
I. in der Erwägung, dass im Unterschied zu dem in Artikel 291 AEUV für Durchführungsmaßnahmen geltenden Verfahren in Artikel 290 AEUV keine Rechtsgrundlage für die Annahme einer horizontalen Rechtsvorschrift vorgesehen ist, in der allgemeine Regeln und Grundsätze festgelegt sind, die für die Befugnisübertragung gelten, sowie in der Erwägung, dass diese Bedingungen folglich in jedem Basisrechtsakt festgelegt werden müssen,
J. in der Erwägung, dass die Kommission dem Parlament gegenüber rechenschaftspflichtig ist, sowie der Erwägung, dass das für interinstitutionelle Beziehungen und Verwaltung zuständige Kommissionsmitglied in seiner Anhörung vor dem Ausschuss für konstitutionelle Fragen am 18. Januar 2010 zugesagt hat, eng mit dem Parlament zusammenzuarbeiten, um zu gewährleisten, dass die Kommission die ihr übertragenen Befugnisse zur Zufriedenheit des Parlaments ausübt,
Im Basisrechtsakt festzulegende Elemente
1. stellt fest, dass Ziele, Inhalt, Geltungsbereich und Dauer einer Befugnisübertragung gemäß Artikel 290 AEUV in jedem Basisrechtsakt ausdrücklich und so genau wie möglich festgelegt werden müssen;
2. betont, dass der Gesetzgeber gemäß Artikel 290 AEUV entscheiden kann, welchen Kontrollmechanismus bzw. welche Kontrollmechanismen eingerichtet werden sollen; vertritt die Ansicht, dass die beiden in Artikel 290 Absatz 2 genannten Möglichkeiten, Einwand und Widerruf, rein beispielhaften Charakter haben und andere Möglichkeiten der Kontrolle einer Befugnisübertragung denkbar sind, wie eine ausdrückliche Zustimmung des Parlaments und des Rates zu jedem delegierten Rechtsakt oder eine Möglichkeit, einzelne bereits in Kraft getretene delegierte Rechtsakte nachträglich aufzuheben;
3. stellt jedoch fest, dass die beiden in Artikel 290 Absatz 2 AEUV genannten Beispiele möglicher Bedingungen, unter denen die Übertragung erfolgt, nämlich die des Einwands und des Widerrufs, als die gebräuchlichsten Möglichkeiten der Kontrolle der Ausübung übertragener Befugnisse durch die Kommission angesehen werden können, und dass beide Möglichkeiten in jeden Basisrechtsakt aufgenommen werden sollten;
4. vertritt die Ansicht, dass die vom Gesetzgeber festgelegten Kontrollverfahren bestimmte allgemeine Grundsätze des EU-Rechts achten müssen und insbesondere:
- einfach und leicht verständlich sein müssen,
- Rechtssicherheit gewährleisten müssen,
- es der Kommission ermöglichen müssen, die übertragene Befugnis wirksam auszuüben und
- es dem Gesetzgeber ermöglichen müssen, die Ausübung der übertragenen Befugnis ausreichend zu überwachen;
5. vertritt die Ansicht, dass die Wahrnehmung des Rechts des Parlaments, Einwände zu erheben, zwangsläufig entscheidend von seiner parlamentarischen Funktion und seinen Arbeitsorten bestimmt wird; vertritt die Ansicht, dass eine festgelegte Frist für die Erhebung von Einwänden, die für alle Rechtsakte gelten würde, nicht erforderlich ist, und dass diese Frist für jeden einzelnen Basisrechtsakt unter Berücksichtigung der Komplexität der behandelten Fragen gesondert festgelegt werden und ausreichend bemessen sein sollte, um eine wirksame Kontrolle der Befugnisübertragung zu ermöglichen, ohne damit das Inkrafttreten unstrittiger delegierter Rechtsakte unnötig zu verzögern;
6. vertritt die Ansicht, dass ein Dringlichkeitsverfahren mit einer im Basisrechtsakt selbst vorgesehenen kürzeren Einspruchsfrist auf besondere Ausnahmefälle, beispielsweise im Zusammenhang mit Sicherheitsfragen und humanitären Krisen, beschränkt werden sollte;
7. vertritt jedoch die Ansicht, dass im überwiegenden Teil der Situationen, die eine zügige Annahme delegierter Rechtsakte erfordern, auf Antrag der Kommission in ausreichend begründeten Fällen ein flexibles Verfahren im Sinne einer frühzeitigen Nicht-Ablehnung bzw. Vorabbilligung durch das Parlament und den Rat angewandt werden könnte;
8. stellt fest, dass eine Befugnisübertragung nicht von unbegrenzter Dauer sein kann, vertritt jedoch die Ansicht, dass eine Übertragung von begrenzter Dauer die Möglichkeit einer regelmäßigen Verlängerung auf Antrag der Kommission beinhalten könnte; vertritt die Ansicht, dass im Basisrechtsakt festgelegt werden könnte, dass solche regelmäßigen Verlängerungen entweder stillschweigend oder auf ausdrücklichen Antrag der Kommission erfolgen; vertritt die Ansicht, dass in beiden Fällen die Übertragung nur unter der Voraussetzung verlängert werden kann, dass weder das Parlament noch der Rat innerhalb einer bestimmten Frist Einwände dagegen erheben;
9. ist strikt dagegen, dass in Basisrechtsakte weitere Bestimmungen aufgenommen werden, die dem Gesetzgeber über die bereits in Artikel 290 AEUV enthaltenen Verpflichtungen hinaus zusätzliche Verpflichtungen auferlegen;
Praktische Modalitäten
10. vertritt die Ansicht, dass bestimmte praktische Regelungen besser einvernehmlich, etwa im Rahmen einer institutionellen Vereinbarung, koordiniert werden könnten, die unter anderem folgende Fragen abdecken würde:
- Konsultationen bei der Vorbereitung und Ausarbeitung delegierter Rechtsakte,
- gegenseitigen Informationsaustausch besonders im Fall eines Widerrufs,
- Regelung der Übermittlung von Dokumenten,
- Mindesteinspruchsfristen für Parlament und Rat;
- Berechnung von Fristen,
- Veröffentlichung der Rechtsakte im Amtsblatt in den einzelnen Stadien des Verfahrens;
11. betont, dass die Kommission bei der Vorbereitung und Ausarbeitung delegierter Rechtsakte
– für eine frühzeitige und kontinuierliche Übermittlung von Informationen und einschlägigen Dokumenten, einschließlich aufeinanderfolgender Entwürfe delegierter Rechtsakte und aller diesbezüglich erhaltenen Beiträge, an die zuständigen Ausschüsse des Parlaments sorgen muss; zu diesem Zweck könnte das aktuelle Komitologie-Register als Modell für ein verbessertes digitales Informationssystem genutzt werden;
– dem Parlament die Teilnahme an relevanten Vorbereitungssitzungen, Aussprachen und Konsultationen ermöglichen muss;
12. vertritt die Ansicht, dass der Informationsaustausch vor dem Widerruf einer Befugnisübertragung aus Gründen der Transparenz, des Entgegenkommens und der loyalen Zusammenarbeit zwischen den betroffenen Organen erfolgen sollte, um sicherzustellen, dass alle Organe rechtzeitig und umfassend über die Möglichkeit eines Widerrufs in Kenntnis gesetzt wurden; hält es jedoch für überflüssig und verwirrend, in Basisrechtsakte eine konkrete rechtliche Verpflichtung aufzunehmen, wonach für die Annahme bestimmter Rechtsakte zusätzlich zu der allgemeinen Verpflichtung gemäß Artikel 296 AEUV, die für alle Rechtsakte gilt, eine Begründung verlangt wird;
13. schlägt vor, in einer zukünftigen institutionellen Vereinbarung eine Mindesteinspruchsfrist festzulegen, die selbstverständlich nicht als Zwangsauflage verstanden werden sollte, sondern lediglich als ein Minimum, unterhalb dessen die demokratische Kontrolle durch das Parlament gegenstandslos würde; vertritt die Ansicht, dass die Mindestfrist für die Erhebung von Einwänden zwei Monate betragen sollte, mit der Möglichkeit, sie auf Initiative des Parlaments oder des Rates um weitere zwei Monate zu verlängern; weist darauf hin, dass je nach Art des delegierten Rechtsakts längere Einspruchsfristen festgelegt werden können;
14. stellt im Hinblick auf eine mögliche künftige Vereinbarung nachdrücklich fest, dass die verschiedenen Fristen für die Prüfung delegierter Rechtsakte erst mit der Übermittlung aller Sprachfassungen durch die Kommission beginnen dürfen und die Sitzungspausen und Wahlperioden des Parlaments ausreichend berücksichtigen müssen;
15. betont im Zusammenhang mit einer möglichen künftigen Vereinbarung, dass delegierte Rechtsakte, für die ein Einspruchsrecht besteht, erst im Amtsblatt veröffentlicht und damit in Kraft treten können, wenn die Einspruchsfrist abgelaufen ist, außer in Fällen, in denen einem Antrag auf ein Verfahren der frühzeitigen „Nicht-Ablehnung“/Vorabbilligung stattgegeben wird; vertritt die Ansicht, dass eine ausdrückliche Bestimmung, der zufolge Parlament und Rat in jedem Basisrechtsakt verpflichtet werden, die Beschlüsse zu veröffentlichen, die sie bei der Kontrolle der Wahrnehmung der übertragenen Befugnisse durch die Kommission gefasst haben, überflüssig ist;
Abschließende Bemerkungen
16. fordert alle seine Ausschüsse auf, bewährte Verfahren auszutauschen und regelmäßig zu aktualisieren und ein Verfahren einzuführen, mit dem gewährleistet wird, dass die Vorgehensweisen des Parlaments gemäß Artikel 290 AEUV so kohärent wie möglich sind; betont die Notwendigkeit, dass jeder parlamentarische Ausschuss seine Tätigkeit in einer Art und Weise organisiert, die mit seinem spezifischen Charakter vereinbar ist und seinem Wissens- und Erfahrungsstand gerecht wird;
17. verpflichtet die Parlamentsverwaltung, durch eine (haushaltsneutrale) Umwidmung die notwendigen Stellen einzurichten, um eine angemessene Unterstützung bei den Aufgaben gemäß Artikel 290 AEUV sicherzustellen; fordert ein Vorgehen auf institutioneller Ebene, um die Verwaltungsstrukturen und Personalressourcen zu prüfen, die im Zusammenhang mit delegierten Befugnissen zur Verfügung stehen;
18. fordert die Kommission auf, vorrangig Legislativvorschläge vorzulegen, die zur Anpassung des gemeinschaftlichen Besitzstands an die Bestimmungen von Artikel 290 und 291 AEUV erforderlich sind; vertritt im Zusammenhang mit Artikel 290 AEUV die Ansicht, dass diese Anpassung sich nicht auf die Maßnahmen beschränken sollte, die zuvor nach dem Regelungsverfahren mit Kontrolle behandelt wurden, sondern alle geeigneten Maßnahmen mit allgemeiner Geltung umfassen sollte, unabhängig von dem Beschlussverfahren oder Komitologieverfahren, das vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon für sie galt;
19. drängt darauf, dass als oberste Priorität der Besitzstand der Union in Politikbereichen angepasst wird, die vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon ohne Mitentscheidung des Parlaments geregelt wurden; fordert hierbei eine Einzelfallüberprüfung, um sicherzustellen, dass insbesondere alle geeigneten Maßnahmen mit allgemeiner Geltung, die bisher im Rahmen der Artikel 4 und 5 des Beschlusses 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse[4] erlassen wurden, als delegierte Rechtsakte definiert werden;
20. vertritt die Ansicht, dass zur uneingeschränkten Wahrung der Befugnisse des Gesetzgebers sowohl bei der oben genannten Anpassung als auch bei der Behandlung von Vorschlägen im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens der entsprechenden Anwendung von Artikel 290 und 291 AEUV und den praktischen Folgen der Anwendung des einen oder anderen Artikels besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte; fordert nachdrücklich, dass die gesetzgebenden Organe die Befugnis haben zu entscheiden, dass die gemäß dem Regelungsverfahren mit Kontrolle bisher erlassenen Vorschriften entweder gemäß Artikel 290 AEUV oder gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen werden;
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21. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.
- [1] ABl. C 8 E vom 14.1.2010, S. 22.
- [2] Angenommene Texte, P6_TA(2009)0373.
- [3] Angenommene Texte, P7_TA(2009)0083.
- [4] ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23.
BEGRÜNDUNG
1. Der neue Begriff eines „Gesetzgebungsakts“
Durch den Vertrag von Lissabon werden die Gesetzgebungsbefugnisse festgeschrieben, und es wird eine Normenhierarchie in die Rechtsordnung der Union eingeführt. Damit wird der demokratische Charakter der Union gestärkt und ihre Rechtsordnung vereinfacht.
Durch den neuen Vertrag wird der Begriff eines „Gesetzgebungsakts“ eingeführt, der bislang im Gemeinschafts- und EU-Recht unbekannt war[1]. Eine Unterscheidung mit weitreichenden Folgen wird zwischen diesen Gesetzgebungsakten und allen anderen Akten (ohne Gesetzescharakter) getroffen, wobei ein Gesetzgebungsakt definiert wird als Rechtsakt, der gemäß einem Gesetzgebungsverfahren angenommen wird[2]. In jeder einzelnen Rechtsgrundlage der Verträge ist festgelegt, ob ein Rechtsakt Gesetzescharakter hat oder nicht.
2. Übertragung von Befugnissen durch den gemeinschaftlichen Gesetzgeber an die Kommission
Die Gesetzgebungsbefugnisse umfassen die Möglichkeit nach Artikel 290 AEUV, dass der Gesetzgeber der Kommission in einem Basisrechtsakt einen Teil seiner Befugnisse überträgt. Diese übertragene Befugnis kann sich nur auf die Ergänzung oder Änderung bestimmter Teile eines Gesetzgebungsaktes beziehen, die vom Gesetzgeber als nicht wesentlich angesehen werden. Die entsprechend von der Kommission angenommenen „delegierten Rechtsakte“ sind Rechtsakte ohne Gesetzescharakter mit allgemeiner Geltung.
Damit die Befugnisübertragung Gültigkeit erhält, muss der Gesetzgeber Ziele, Inhalt, Geltungsbereich und Dauer dieser Übertragung ausdrücklich festlegen[3]. Darüber hinaus müssen die Bedingungen, unter denen die Übertragung erfolgt, vom Gesetzgeber festgelegt werden[4], um dem Gesetzgeber die Möglichkeit zu geben, die Wahrnehmung der übertragenen Befugnisse durch die Kommission zu kontrollieren.
3. Ziel einer Übertragung von Befugnissen durch den Gesetzgeber
Mit der Übertragung von Befugnissen durch den Gesetzgeber soll gewährleistet werden, dass Gesetzgebungsakte einerseits einfach gehalten werden und andererseits ergänzt und aktualisiert werden können, ohne dass dafür auf wiederholte Gesetzgebungsverfahren zurückgegriffen werden muss, was einen unverhältnismäßig großen, auch zeitlichen, Aufwand bedeuten könnte. Die Übertragung von Befugnissen bietet in diesem Sinne eine Möglichkeit, sich mit den detaillierteren Aspekten eines Gesetzgebungsakts der EU zu befassen, während gleichzeitig gewährleistet ist, dass die eigentliche Befugnis und Zuständigkeit beim Gesetzgeber verbleibt. In diesem Sinne kann die Befugnisübertragung als Beitrag zu einer besseren Gesetzgebung auf EU-Ebene angesehen werden.
4. Geltung und Dauer der Befugnisübertragung
Eine Übertragung von Befugnissen ist ein sensibler Vorgang, bei dem der Gesetzgeber die Kommission mit der Wahrnehmung eines Teils seiner eigenen Befugnisse betraut. Infolgedessen müssen Ziele, Inhalt, Geltungsbereich und Dauer der Befugnisübertragung ausdrücklich und äußerst sorgfältig in dem betreffenden Basisrechtsakt festgelegt werden. Die Befugnisübertragung kann somit nicht von unbegrenzter Dauer sein, es könnte aber im Basisrechtsakt die Möglichkeit einer regelmäßigen Verlängerung vorgesehen werden, die entweder stillschweigend oder auf ausdrücklichen Antrag der Kommission erfolgt. In beiden Fällen ist dies aber nur möglich ist, wenn Parlament und Rat innerhalb einer festgelegten Frist keine Einwände dagegen erhoben haben.
5. Allgemeine Grundsätze für die Kontrolle der Wahrnehmung von übertragenen Befugnissen
Nach Artikel 290 AEUV kann der Gesetzgeber die Regeln und Grundsätze festlegen, nach denen die Kontrolle erfolgen soll. Der Artikel nennt beispielhaft zwei Möglichkeiten einer solchen Kontrolle. Der Annahme, dass sich die Möglichkeiten der Kontrolle mit den beiden genannten Verfahren erschöpfen, steht nicht nur die eindeutige Formulierung von Artikel 290 AEUV entgegen, sondern auch der ihr zugrunde liegenden Denkweise, wonach der Gesetzgeber Befugnisse delegiert, die untrennbar mit seiner eigenen Funktion verbunden sind, und deshalb sicherstellen muss, dass er weiterhin eine ausreichende Kontrolle über die Wahrnehmung dieser Befugnisse ausüben kann[5]. Dazu gehört eine möglichst umfassende Ermessensfreiheit bei der Wahl der Verfahren zur Kontrolle einer Befugnisübertragung[6].
Die vom Gesetzgeber festgelegten Kontrollverfahren müssen jedoch bestimmten allgemeinen Grundsätzen des EU-Rechts genügen. Insbesondere müssen sie:
· einfach und leicht verständlich sein,
· Rechtssicherheit gewährleisten,
· es der Kommission ermöglichen, die übertragenen Befugnisse wirksam wahrzunehmen und
· es dem Gesetzgeber ermöglichen, die Wahrnehmung der übertragenen Befugnisse in geeigneter Weise zu überwachen.
6. Spezifische Bedingungen für die Kontrolle der Wahrnehmung von übertragenen Befugnissen
Die beiden ausdrücklich in Artikel 290 Absatz 2 AEUV genannten Möglichkeiten, Widerruf und Erhebung von Einwänden, können als die gebräuchlichsten Verfahren zur Kontrolle der Wahrnehmung von übertragenen Befugnissen durch die Kommission angesehen werden.
(i) Widerruf
Der Beschluss des Europäischen Parlaments oder des Rates, die Übertragung zu widerrufen, wird in Artikel 290 AEUV ausdrücklich als erste mögliche Bedingung genannt. Aus dieser Bestimmung wird klar ersichtlich, dass eine Einigung zwischen den beiden gesetzgebenden Organen der Union nicht erforderlich ist, um eine Übertragung zu widerrufen. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte in einem Widerruf festgestellt werden, dass die Gültigkeit bereits angenommener delegierter Rechtsakte dadurch nicht beeinträchtigt wird.
(ii) Einspruch und frühzeitige Nicht-Ablehnung
Als zweite Bedingung, unter der die Übertragung erfolgt, ist in Artikel 290 AEUV ausdrücklich die Möglichkeit genannt, dass das Europäische Parlament oder der Rat innerhalb der im Basisrechtsakt festgelegten Frist Einwände erhebt. Aus dieser Bestimmung geht ebenfalls eindeutig hervor, dass eine Einigung zwischen beiden Legislativorganen der EU nicht erforderlich ist, um Einwände gegen einzelne delegierte Rechtsakte zu erheben, und dass der Einspruch eines der beiden Organe genügt, um das Inkrafttreten des Rechtsakts zu verhindern. Die Wahrnehmung des Einspruchsrechts durch das Parlament wird zwangsläufig durch seine parlamentarische Rolle und seine Arbeitsorte konditioniert. In Anbetracht der Vielzahl von Rechtsakten, mit denen sich das Parlament befasst, ist es nicht nötig, eine bestimmte Einspruchsfrist festzulegen, die für alle Fälle gelten würde. Die Frist muss jedoch ausreichend bemessen sein, um eine wirksame Kontrolle der Befugnisübertragung zu ermöglichen. Der Rechtsausschuss vertritt die Ansicht, dass die Frist von Fall zu Fall geregelt und in jedem einzelnen Basisrechtsakt festgelegt werden sollte, und dass eine Mindesteinspruchsfrist Gegenstand einer Vereinbarung zwischen den Organen, in der horizontale Fragen geregelt werden, sein sollte (siehe unter (iv)).
Der Ausschuss vertritt die Ansicht, dass ein Dringlichkeitsverfahren mit einer kürzeren Einspruchsfrist, die im Basisrechtsakt selbst festgelegt ist, auf besondere Ausnahmefälle beschränkt bleiben sollte, in denen es etwa um Sicherheitsfragen oder humanitäre Krisen geht.
Er hält jedoch für den größten Teil der Situationen, die die zügige Annahme delegierter Rechtsakte erfordern, die Anwendung eines flexibles Verfahren der frühzeitigen Nicht-Ablehnung für möglich, bei dem Parlament und Rat auf Antrag der Kommission und in ausreichend begründeten Fällen die Frist für die Erhebung von Einwänden gegen die Übertragung verkürzen können.
Die Achtung des Demokratieprinzips, auf dem jede Übertragung von Legislativbefugnissen beruht, sollte die Richtschnur sowohl für das Dringlichkeitsverfahren als auch für das Verfahren der frühzeitigen Nicht-Ablehnung sein. Beide Verfahren dürfen nicht über Gebühr in Anspruch genommen werden, und das Parlament muss die Möglichkeit haben, einzelne delegierte Rechtsakte ausreichend zu prüfen, unter Berücksichtigung der Arbeitsabläufe in seinen ständigen Ausschüssen und der verfahrenstechnischen Folgen der jeweiligen Verfahren zur Ablehnung eines delegierten Rechtsakts.
(iii) Weitere mögliche Bedingungen
Wie bereits festgestellt, gibt Artikel 290 AEUV dem Gesetzgeber die Möglichkeit der freien Entscheidung über die anzuwendenden Kontrollverfahren. Die beiden in Artikel 290 Absatz 2 genannten Möglichkeiten, Einwand und Widerruf, haben demnach rein beispielhaften Charakter, und andere Möglichkeiten der Kontrolle einer Befugnisübertragung sind durchaus denkbar, wie etwa eine ausdrückliche Zustimmung des Parlaments und des Rates zu jedem delegierten Rechtsakt oder die Möglichkeit der Aufhebung einzelner delegierter Rechtsakte, die bereits in Kraft sind.
(iv) Horizontale Fragen
In den derzeitigen Debatten wird eine Vielzahl von praktischen und juristischen Fragen mit horizontalem Charakter angesprochen, auf die an dieser Stelle näher eingegangen werden soll:
· Konsultationen in der Vorbereitungsphase: Bei der Vorbereitung und Ausarbeitung delegierter Rechtsakte sollte die Kommission eine frühzeitige und kontinuierliche Übermittlung von Informationen und einschlägigen Dokumenten, einschließlich aufeinanderfolgender Entwürfe delegierter Rechtsakte und aller diesbezüglich erhaltenen Beiträge, an die zuständigen Ausschüsse des Parlaments sorgen; zu diesem Zweck könnte das aktuelle Komitologie-Register als Modell für ein verbessertes digitales Informationssystem genutzt werden. Die Kommission sollte dem Parlament ferner die Teilnahme an relevanten Vorbereitungssitzungen, Aussprachen und Konsultationen ermöglichen. Diese Verpflichtungen sind besonders im Bereich der Finanzdienstleistungen wichtig, für den bislang besondere Verfahren galten.
· Verpflichtung zur vorherigen Information: Die Einführung einer Verpflichtung seitens des Organs, das die Übertragung widerruft, vorab den anderen beteiligten Organen eine bestimmte Menge von Informationen zukommen zu lassen, wird derzeit diskutiert. Der Ausschuss hält einen solchen Informationsaustausch für einen normalen Bestandteil der interinstitutionellen Beziehungen. Er sollte als Selbstverständlichkeit angesehen werden und aus Gründen der Transparenz, des gegenseitigen Respekts und der loyalen Zusammenarbeit stattfinden. Es besteht also keine Notwendigkeit, eine solche Verpflichtung im Basisrechtsakt festzulegen.
· Begründungspflicht: Eine spezifische Verpflichtung zur Begründung einer von einem der gesetzgebenden Organe der EU getroffenen Entscheidung, eine Übertragung von Befugnissen zu widerrufen oder Einwände gegen einen delegierten Rechtsakt zu erheben, wurde zur Diskussion gestellt. Nach Artikel 296 AEUV besteht jedoch bereits die Verpflichtung, wonach „Rechtsakte mit einer Begründung zu versehen“ sind. Alle zusätzlichen Verpflichtungen zur Begründung von Rechtsakten wären folglich überflüssig und verwirrend.
· Mindestfrist für die Erhebung von Einwänden: Die Frist muss ausreichend bemessen sein, um eine wirksame Kontrolle der Befugnisübertragung zu ermöglichen, und sollte von Fall zu Fall geregelt und in jedem einzelnen Basisrechtsakt festgelegt werden. Eine Mindesteinspruchsfrist sollte jedoch festgelegt werden, um sicherzustellen, dass die demokratische Kontrolle durch das Parlament nicht unterminiert wird.
· Berechnung der Fristen: Die Zeiträume, die für die Prüfung von delegierten Rechtsakten vorgesehen sind, können erst mit Übermittlung aller Sprachfassungen durch die Kommission beginnen. In diesem Sinne müssen auch die Sitzungspausen und Wahlperioden des Parlaments gebührend berücksichtigt werden.
· Verpflichtung zur Veröffentlichung bestimmter Rechtsakte: Eine ausdrückliche Verpflichtung des Parlaments und des Rates im Rahmen jedes Basisrechtsakts, die im Zusammenhang mit der Kontrolle der Wahrnehmung der übertragenen Befugnisse durch die Kommission gefassten Beschlüsse zu veröffentlichen, erscheint überflüssig, da eine solche Verpflichtung bereits nach Artikel 297 AEUV besteht. Da ein delegierter Rechtsakt allgemeine Geltung besitzt, sollte jeder Einwand dagegen die Form eines an keinen bestimmten Adressaten gerichteten Beschlusses annehmen. In diesem Sinne bedeutet auch ein Widerruf einer Befugnisübertragung eine Änderung des Basisrechtsakts und muss als solche ebenfalls veröffentlicht werden.
· Zeitpunkt der Veröffentlichung delegierter Rechtsakte: Für den Ausschuss erscheint es offensichtlich, dass delegierte Rechtsakte erst nach Ablauf der Einspruchsfrist in Kraft treten können. Dies schließt eine Veröffentlichung im Amtsblatt vor diesem Zeitpunkt aus, außer in Fällen, in denen einem Antrag auf frühzeitige Nicht-Ablehnung stattgegeben wurde.
Der Ausschuss vertritt die Ansicht, dass diese horizontalen Aspekte und Fragen besser einvernehmlich zwischen den Organen, etwa im Rahmen einer institutionellen Vereinbarung, behandelt werden sollten, statt sie ausdrücklich in die Basisrechtsakte aufzunehmen und diese damit unnötig schwerfällig zu machen.
7. Mitteilung der Kommission über delegierte Rechtsakte
Leider erscheint es, als ob die Kommission sich in ihrer Mitteilung[7] weder des Ausmaßes noch der Bedeutung der Änderungen des konstitutionellen und rechtlichen Rahmens der Union bewusst ist, die sich durch den Vertrag von Lissabon ergeben. Die Kommission behandelt delegierte Rechtsakte, als seien sie direkte Nachfolger des „Lamfalussy-Verfahrens“ und der auf der Grundlage von Artikel 2002 EGV im Rahmen des „Komitologie-Verfahrens“ angenommenen Maßnahmen. Im Zusammenhang mit der Übertragung von Durchführungsbefugnissen an die Kommission ist nun aber höchste Zeit für ein Umdenken.
Die Notwendigkeit, der Kommission die eher technischen Aspekte der Rechtsetzungsverfahren zu übertragen, bestand schon in der Vergangenheit, als die Verträge noch keine Mechanismen dafür vorsahen. Die Organe waren gezwungen, auf das Verfahren gemäß Artikel 202 EGV zurückzugreifen, was für die Legislativorgane und besonders das Parlament eine eher unbefriedigende Lösung darstellte. Das Regelungsverfahren mit Kontrolle, das im Zuge der letzten Änderung des Beschlusses 1999/468/EG des Rates[8] zur Umsetzung von Artikel 202 des EG-Vertrags eingeführt wurde, war eigens geschaffen worden, um eine zeitweilige, wenn auch alles andere als perfekte Lösung im Rahmen des Vertrags von Nizza zu bieten. Das Verfahren gemäß Artikel 290 AEUV füllt also eine Lücke.
Die Kontrolle über die vom Gesetzgeber übertragenen Befugnisse sollte logischerweise in der Zuständigkeit des Gesetzgebers liegen. Jede anderweitige Form der Kontrolle, die von einer anderen Instanz als dem Gesetzgeber ausgeübt wird, wäre per se als Verstoß gegen Artikel 290 AEUV zu werten. Insbesondere die Mitgliedstaaten und damit auch die Ausschüsse, die sich aus Sachverständigen der Mitgliedstaaten zusammensetzen, haben in diesem Zusammenhang keinerlei Befugnisse.
Wenn die Kommission vor Annahme eines delegierten Rechtsakts informelle Konsultationen mit nationalen Experten abhalten will, steht es ihr frei, dies zu tun, so wie sie auch jederzeit die Zivilgesellschaft, Interessensvertreter, Unternehmen, die Sozialpartner, Wissenschaftler oder auch Mitglieder oder Organe des Europäischen Parlaments konsultieren kann. Der Rechtsausschuss hält es sogar für ausgesprochen sinnvoll, dass die Kommission die zuständigen Organe des Europäischen Parlaments in die Vorbereitungen einbezieht, die zur Annahme delegierter Rechtsakte führen. Das Parlament lehnt jedoch kategorisch jedwede formelle Beteiligung nationaler Experten im Sinne eines Kontrollmechanismus für die Tätigkeit der Kommission ab, da sie gegen die Verträge und den Grundsatz des institutionellen Gleichgewichts verstößt. In die Basisrechtsakte sollte deshalb kein Hinweis auf solche Konsultationen aufgenommen werden.
8. Interne Organisation des Parlaments
Der Rechtsausschuss hält es für zweckmäßig, dass jeder Ausschuss bewährte Verfahren austauscht und regelmäßig aktualisiert und einen geeigneten Mechanismus einführt, um eine möglichst große Kohärenz der Verfahrensweisen des Parlaments gemäß Artikel 290 AEUV zu gewährleisten, wobei die spezifischen Gegebenheiten der verschiedenen behandelten Bereiche zu berücksichtigen sind.
9. Anpassung an den bestehenden gemeinschaftlichen Besitzstand
Der Notwendigkeit der Übertragung bestimmter legislativer Befugnisse, die damals wie heute bestand, wurde bislang im Rahmen des „Komitologie-Verfahrens“ Rechnung getragen, das durch den zuvor genannten Beschluss 1999/468/EG des Rates eingeführt wurde und sich aus den bereits genannten Gründen als unzulänglich erwiesen hat. Der gemeinschaftliche Besitzstand muss deshalb so schnell wie möglich an die neue Rechtsordnung der Union und das neue Verfahren für die Befugnisübertragung angepasst werden, und die Kommission sollte so schnell wie möglich Legislativvorschläge in diesem Sinne vorlegen.
Der Ausschuss vertritt die Ansicht, dass die Anpassung nicht auf die Maßnahmen beschränkt werden sollte, die zuvor gemäß dem Regelungsverfahren mit Kontrolle behandelt wurden, sondern sich auf alle geeigneten Maßnahmen von allgemeiner Geltung erstrecken sollte, die im Rahmen der verschiedenen Komitologieverfahren angenommen werden.
Dabei muss den Rechtsakten, die auf der Basis von Rechtsgrundlagen angenommen werden, für die vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon das Mitentscheidungsverfahren nicht angewandt wurde, besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.
10. Delegierte Rechtsakte versus Durchführungsakte
Es ist unumstritten, dass die primäre Zuständigkeit für die Umsetzung des Gemeinschaftsrechts bei den Mitgliedstaaten verbleibt. Dies geht aus Artikel 4 Absatz 3 zweiter Unterabsatz EUV (vormals Artikel 10 EGV) hervor, wo es heißt: „Die Mitgliedstaaten ergreifen alle geeigneten Maßnahmen (...) zur Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus den Verträgen (...) ergeben“, sowie aus Artikel 291 AEUV selbst hervor („Die Mitgliedstaaten ergreifen alle zur Durchführung der verbindlichen Rechtsakte der Union erforderlichen Maßnahmen nach innerstaatlichem Recht“). Dies war auch schon vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon der Fall.
Bedarf es jedoch nach Ansicht des Gesetzgebers einheitlicher Bedingungen für die Durchführung der verbindlichen Rechtsakte der Union, so müssen der Kommission in einem verbindlichen Akt des abgeleiteten Rechts (mit oder ohne Gesetzescharakter) Befugnisse zur Annahme von Durchführungsmaßnahmen übertragen werden. Artikel 291 AEUV bietet in direkter Nachfolge der „Komitologie-Verfahren“ auf der Grundlage von Artikel 202 EGV eine Grundlage für die Annahme von Durchführungsrechtsakten durch die Kommission vorbehaltlich bestimmter Kontrollen der Durchführungsbefugnisse der Kommission durch die Mitgliedstaaten[9]. In Anbetracht der primären Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Durchführung versteht es sich von selbst, dass sie und nicht der gemeinschaftliche Gesetzgeber in Artikel 291 genannt werden. Zwischen dem früheren System auf der Grundlage von Artikel 202 EGV und dem zukünftigen System gemäß Artikel 291 AEUV besteht kein grundlegender konzeptueller Unterschied.
Unbestritten ist aber auch, dass der Gesetzgeber die Bedingungen für die Ausübung dieser Durchführungsbefugnisse festlegt. Ein neuer Rechtsrahmen für Durchführungsrechtsakte ist dringend erforderlich, da der derzeitige „Komitologie-Beschluss“ zum Teil unvereinbar ist mit der neuen Regelung gemäß Artikel 291 AEUV.
- [1] Die Definition eines Organs, das als „Gesetzgeber“ tätig wird, tauchte bereits im Zusammenhang mit den Bestimmungen über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Rates – Artikel 207 Absatz 3 EWV - auf. Eine Definition der gesetzgeberischen Tätigkeit wurde jedoch nicht gegeben.
- [2] Artikel 289 Absatz 3 AEUV.
- [3] Artikel 290 Absatz 1 Unterabsatz 2 AEUV.
- [4] Artikel 290 Absatz 2 AEUV.
- [5] Siehe auch den Abschlussbericht der Arbeitsgruppe IX „Vereinfachung“ des Konvents über die Zukunft Europas, 29. November 2002 (CONV 424/02), S. 11.
- [6] Siehe auch Entschließung des Parlaments vom 7. Mai 2009 zu den neuen Aufgaben und Zuständigkeiten des Parlaments bei der Umsetzung des Vertrags von Lissabon (P6_TA(2009)0373), Ziffer 68.
- [7] Mitteilung der Kommission vom Dezember 2009 über die Umsetzung von Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (KOM(2009)0673).
- [8] Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23), geändert durch den Beschluss 2006/512/EG des Rates vom 17. Juli 2006 (ABl. L 200 vom 22.7.2006, S. 11).
- [9] Die allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren, sind gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren durch Verordnungen festzulegen – Artikel 291 Absatz 3 AEUV.
STELLUNGNAHME des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (18.3.2010)
für den Rechtsausschuss
zur Übertragung legislativer Zuständigkeiten
(2010/2021(INI))
Berichterstatterin: Sharon Bowles
VORSCHLÄGE
Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung fordert den Rechtsausschuss als den federführenden Ausschuss auf, die folgenden Vorschläge in seinen Entschließungsantrag aufzunehmen:
A. in der Erwägung; dass die gemäß Artikel 290 und 291 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) erlassenen Rechtsakte Gegenstand einer öffentlichen Diskussion und der demokratischen Kontrolle sein sollten,
B. in der Erwägung, dass Erklärung 39 der Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 23. Juli 2007 im Anhang des Vertrags von Lissabon die Absicht der Kommission zur Kenntnis nahm, die von den Mitgliedstaaten benannten Experten auch weiterhin bei der Ausarbeitung ihrer delegierten Rechtsakte im Bereich der Finanzdienstleistungen zu konsultieren,
C. in der Erwägung, dass das Lamfalussy-Verfahren den Weg für eine sorgfältige legislative Kontrolle der Regelungsbefugnisse, die der Kommission im Bereich der Finanzdienstsleistungen übertragen wurden, ebnete,
D. in der Erwägung, dass die europäische Aufsichtsstruktur vorsieht, auf technische Normen zurückzugreifen, um ein gemeinsames Regelwerk zu schaffen, in dem delegierten Rechtsakten eine wichtige Rolle zukommt, die durch spezifische sektorale Rechtsvorschriften festzulegen sind, sodass Ziel, Umfang und Dauer der Übertragung genau definiert sind,
E. in der Erwägung, dass die neue Regelung für delegierte Rechtsakte auf keinen Fall die bestehenden Rechte des Parlaments im Bereich der Finanzdienstleistungen untergraben darf, vor allem in Bezug auf die rechtzeitige Übermittlung von Dokumenten und die Informationspflicht einschließlich von Entwürfen,
1. fordert nachdrücklich, dass die Mitgesetzgeber die Befugnis haben zu entscheiden, dass die in der Vergangenheit gemäß dem Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassenen Vorschriften entweder gemäß Artikel 290 AEUV oder gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen werden;
2. betont, dass Artikel 290 AEUV es dem Gesetzgeber überlässt, von Fall zu Fall zu entscheiden, welche Kontrollmechanismen erforderlich sind, und dass daher eine interinstitutionelle Vereinbarung diese Entscheidungsfreiheit weder einschränken noch verändern darf;
3. stellt jedoch fest, dass eine interinstitutionelle Vereinbarung zur Umsetzung von Artikel 290 zwischen dem Parlament, dem Rat und der Kommission dringend benötigt wird, um für größere Klarheit und einen einvernehmlichen Ansatz zwischen den Gesetzgebern zu sorgen;
4. erinnert daran, dass der Anwendungsbereich von delegierten Rechtsakten nicht auf den Anwendungsbereich des bisherigen Regelungsverfahrens mit Kontrolle beschränkt werden darf und dass Regulierungsvorschriften, die im Rahmen anderer Komitologieregelungen erlassen wurden und insbesondere die Lamfalussy-Richtlinien im Bereich der Finanzdienstleistungen gemäß Artikel 290 AEUV erlassen werden dürfen, während daran erinnert wird, dass in allen Bereichen der Basisrechtsakt Ziel, Inhalt, Anwendungsbereich und Dauer des delegierten Rechtsakts ausdrücklich festlegen muss sowie die Bedingungen, unter denen die Übertragung erfolgt;
5. unterstreicht, dass die bestehenden Rechte des Parlaments im Bereich der Finanzdienstleistungen unbeschadet einer neuen und zusätzlichen legislativen Kontrolle gewahrt werden müssen; und dass das Parlament zu Vorbereitungstreffen einzuladen ist, die in Bezug auf delegierte Rechtsakten stattfinden, und dass ihm die gleichen Informationen wie dem Rat, den Mitgliedstaaten und den zukünftigen europäischen Aufsichtsbehörden zur Verfügung zu stellen sind;
6. unterstreicht, dass in jedem Basisrechtsakt genügend Zeit vorzusehen ist, um es dem Parlament und dem Rat zu ermöglichen, ihr Recht auf Ablehnung eines delegierten Rechtsakts wahrzunehmen; merkt an, dass dies bei einigen Angelegenheiten unter Berücksichtigung der Komplexität und des schwierigen Charakters der Themen sowie des Arbeitsplans der Mitgesetzgeber durchaus länger als bei anderen dauern kann;
7. ist der Ansicht, dass die „frühzeitige Nicht-Ablehnung bzw. Vorabbilligung“ im Rahmen des Lamfalussy-Verfahrens nützlich war und im Gegensatz zu einem Dringlichkeitsverfahren als bevorzugte Option für das Parlament beibehalten werden könnte;
8. weist darauf hin, dass die Verträge keine Forderung dahingehend enthalten, dass der Gesetzgeber seinen Entscheidungen zur Übertragung der Befugnis, einen delegierten Rechtsakt zu erlassen, schriftliche Begründungen für den Erlass, die Ablehnung oder den Widerruf eines solchen Rechtsaktes beifügen muss, die über die allgemeine Mindestforderung gemäß Artikel 296 AEUV hinausgehen, die für alle Rechtsakte gilt;
9. ist der Ansicht, dass nicht angenommen werden darf, dass die Übertragung stets für einen unbestimmten Zeitraum erfolgt; unterstreicht, dass es – um für Fälle vorzusorgen, in denen delegierte Rechtsakte ein Eingreifen erfordern bzw. ein Eingreifen erlauben, die vielleicht niemals eintreten, – dem Gesetzgeber überlassen ist, sich von Fall zu Fall für die beste Option zu entscheiden einschließlich der Übertragung für einen begrenzten Zeitraum, einem Eingreifen innerhalb eines bestimmten Zeitraums sowie der Möglichkeit, die Übertragung zu verlängern;
10. fordert alle seine Ausschüsse auf, bewährte Verfahren auszutauschen und regelmäßig zu aktualisieren, damit die parlamentarischen Verfahren gemäß Artikel 290 AEUV so kohärent wie möglich sind, und spricht sich für eine periodische Überarbeitung der Übertragungsverfahren des Parlaments aus;
11. hebt die Notwendigkeit hervor, dass jeder seiner Ausschüsse seine Arbeit so organisiert, dass sie im Einklang mit seinem spezifischen Charakter steht und seinen gesamten Erfahrungsschatz nutzt; anerkennt den Konsens bei den Finanzdienstleistungen, dass der Berichterstatter für den Basisrechtsakt möglichst auch bei den entsprechenden delegierten Rechtsakten federführend für das Parlament tätig wird, um Fachwissen zu diesem Thema auf der Grundlage von Dialog und Informationsaustausch von Anfang an im Gesetzgebungsprozess sicherzustellen;
12. weist auf die Bedeutung der Umsetzung von delegierten Rechtsakten hin und fordert die Kommission auf, Berichte vorzulegen, um das Parlament über deren Fortgang auf dem Laufenden zu halten;
13. fordert die Kommission auf, dringend einen Legislativvorschlag gemäß Artikel 291 Absatz 3 AEUV vorzulegen, in dem allgemeine Regeln und Grundsätze für die Mechanismen festgelegt sind, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren; betont, dass das Parlament zumindest ein Recht auf Information zu den Durchführungsrechtsakten behalten und deren Rechtmäßigkeit kontrollieren sollte neben dem Recht, Entschließungen in solchen Fällen anzunehmen, in denen die Durchführungsrechtsakte über die im Basisrechtsakt zugelassene Befugnis hinausgeht.
ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS
Datum der Annahme |
17.3.2010 |
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Ergebnis der Schlussabstimmung |
+: –: 0: |
39 0 0 |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder |
Burkhard Balz, Sharon Bowles, Udo Bullmann, Pascal Canfin, Nikolaos Chountis, George Sabin Cutaş, Leonardo Domenici, Derk Jan Eppink, Diogo Feio, Markus Ferber, Elisa Ferreira, Vicky Ford, José Manuel García-Margallo y Marfil, Jean-Paul Gauzès, Sylvie Goulard, Enikő Győri, Othmar Karas, Wolf Klinz, Jürgen Klute, Rodi Kratsa-Tsagaropoulou, Astrid Lulling, Hans-Peter Martin, Ivari Padar, Antolín Sánchez Presedo, Olle Schmidt, Edward Scicluna, Peter Simon, Peter Skinner, Theodor Dumitru Stolojan, Kay Swinburne, Marianne Thyssen, Ramon Tremosa i Balcells |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen) |
David Casa, Sari Essayah, Syed Kamall, Philippe Lamberts, Thomas Mann, Catherine Stihler, Zoran Thaler |
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STELLUNGNAHME des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit (16.3.2010)
für den Rechtsausschuss
zu der Übertragung legislativer Zuständigkeiten
(2010/2021(INI))
Verfasser der Stellungnahme: Jo Leinen
VORSCHLÄGE
Der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit ersucht den federführenden Rechtsausschuss, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:
A. in der Erwägung, dass die Kommission dem Parlament gegenüber rechenschaftspflichtig ist,
B. in der Erwägung, dass mit dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) Parlament und Rat jetzt ebenbürtig sind,
C. in der Erwägung, dass die gemäß Artikel 290 und 291 AEUV angenommenen Rechtsakte erhebliche Auswirkungen auf Gesellschaft, Umwelt, Wirtschaft und Gesundheit haben könnten; in der Erwägung, dass es deshalb von größter Wichtigkeit ist, besonders im Hinblick auf delegierte Rechtsakte, bei ihrer Ausarbeitung und der sie betreffenden Beschlussfassung umfassende Transparenz zu gewährleisten, damit die am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe die Wahrnehmung der der Kommission übertragenen Befugnisse kontrollieren können, erforderlichenfalls auch im Rahmen einer öffentlichen Aussprache im Parlament,
1. fordert nachdrücklich, dass die bisher nach dem Regelungsverfahren mit Kontrolle gefassten Beschlüsse künftig grundsätzlich gemäß Artikel 290 AEUV oder dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren verabschiedet werden; darüber sollte nach Prüfung des Einzelfalls und unter Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips gemäß Artikel 5 des EU-Vertrags entschieden werden;
2. weist darauf hin, dass der Geltungsbereich delegierter Rechtsakte über den Geltungsbereich des Regelungsverfahrens mit Kontrolle hinausgeht und dass zahlreiche Rechtsakte, die gegenwärtig der Kontrollbefugnis des Parlaments ('droit de regard') unterliegen, künftig der Annahme gemäß Artikel 290 des AEUV bedürfen;
3. weist darauf hin, dass im Basisrechtsakt genügend Zeit für mögliche Einwände vorgesehen sein sollte und dem Parlament somit die Möglichkeit gegeben wird, seine internen Standpunkte zu koordinieren und eine fundierte Entscheidung zu treffen, ohne damit das Inkrafttreten unstrittiger delegierter Rechtsakte unnötig zu verzögern;
4. hält deshalb eine Mindesteinspruchsfrist von zwei Monaten mit der Möglichkeit der Verlängerung um weitere zwei Monate auf Antrag des Parlaments und des Rates für die vernünftigste Lösung, weil damit gewährleistet wäre, dass die große Mehrzahl der unstrittigen delegierten Rechtsakte nach relativ kurzer Zeit in Kraft treten kann, während anderenfalls dem Parlament und dem Rat ausreichend Zeit zugestanden würde, bei strittigen Rechtsakten ihre Kontrollbefugnisse wahrzunehmen;
5. weist mit Nachdruck darauf hin, dass der Rückgriff auf das sogenannte „Dringlichkeitsverfahren“ in Bezug auf delegierte Rechtsakte nur in eindeutig definierten Ausnahmefällen erforderlich ist;
6. vertritt die Ansicht, dass eine 2+2-Monats-Regelung in Bezug auf Einwände auf elegante Weise ein relativ rasches Inkrafttreten ermöglichen würde, ohne dass dadurch ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand geschaffen würde, gleichzeitig aber ausreichend Zeit bliebe, in strittigen Fällen zu reagieren; vertritt die Auffassung, dass es sinnvoll sein könnte, zusätzlich die Option der Vorabbilligung einzuführen, vorausgesetzt, den am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organen steht es frei, dieses Verfahren nach freiem Ermessen einzusetzen, wobei jeder entsprechende Antrag der Kommission angemessen begründet werden sollte;
7. fordert die Kommission auf, sicherzustellen, dass das Parlament seine Vorrechte als Mitgesetzgeber vollständig wahrnehmen kann, indem sie:
– dem Parlament zur gleichen Zeit wie dem Rat und den Mitgliedstaaten sämtliche der Vorbereitung der delegierten Rechtsakte zugrundeliegenden Informationen und Dokumentationen sowie die Entwürfe der delegierten Rechtsakte zur Verfügung stellt; zu diesem Zweck könnte das aktuelle Komitologie-Register als Modell für ein verbessertes zukünftiges Register genutzt werden;
– die Sitzungspausen des Europäischen Parlaments bei der Vorlage der delegierten Rechtsakte berücksichtigt; und
– das Parlament in die Vorbereitungsarbeiten zur Erstellung der delegierten Rechtsakte einbezieht, zum Beispiel indem sie das Parlament zu den im Zuge der Erstellung der delegierten Rechtsakte stattfindenden Vorbereitungssitzungen einlädt;
8. fordert die Annahme einer institutionellen Vereinbarung zwischen dem Parlament, dem Rat und der Kommission über die Umsetzung von Artikel 290, da dringend mehr Klarheit erforderlich ist;
9. stellt nachdrücklich fest, dass das Parlament, indem es der Kommission gemäß Artikel 290 bestimme Befugnisse überträgt, keinesfalls seine Zuständigkeit im Hinblick auf in diesem Zusammenhang gefasste Beschlüsse abtritt; vertritt deshalb die Ansicht, dass das Parlament mit Blick auf den potentiell weitreichenden Charakter delegierter Rechtsakte in allen relevanten Gremien verstärkte Ressourcen zur Verfügung stellen sollte, damit es seiner Zuständigkeit für delegierte Rechtsakte voll und ganz gerecht werden kann;
10. vertritt die Ansicht, dass das Parlament aufgrund seiner fortdauernden Zuständigkeit für Beschlüsse gemäß Artikel 290 in Zusammenarbeit mit der Kommission sicherstellen sollte, dass die Mitglieder des Parlaments und ihre Mitarbeiter problemlos auf ein digitales Informationssystem zugreifen können, das alle einschlägigen Dokumente sowie aktuelle Informationen zu dem betreffenden Verfahren zur Verfügung stellt; vertritt die Ansicht, dass das Parlament außerdem sicherstellen sollte, dass die Öffentlichkeit Zugang zu den Dokumenten und Informationen im Zusammenhang mit dem Verfahren hat, sobald die delegierten Rechtsakte dem Parlament bekannt gegeben werden, wofür ein mit der Legislativen Beobachtungsstelle vergleichbares System denkbar wäre;
11. hält es angesichts des individuellen Charakters jedes einzelnen delegierten Rechtsakts für am sinnvollsten, wenn der Berichterstatter, der am Basisrechtsakt beteiligt war, sofern er noch Mitglied des Parlaments ist, besondere Verantwortung für eine wirksame Kontrolle der Annahme der damit verbundenen delegierten Rechtsakte übernimmt;
12. fordert die Kommission auf, sicherzustellen, dass alle Basisrechtsakte so rasch wie möglich an die neuen Bestimmungen gemäß Artikel 290 des AEUV angepasst werden und die Einbeziehung von Berichterstattern und Sachverständigen zu den Basisrechtsakten gewährleistet wird, da Zielsetzung, Inhalt, Geltungsbereich und Dauer der Übertragung von Zuständigkeiten für jeden Rechtsakt detailliert festgelegt werden müssen;
13. fordert ein Vorgehen auf institutioneller Ebene, um die Verwaltungsstrukturen und Personalressourcen zu prüfen, die im Zusammenhang mit solchen delegierten Befugnissen zur Verfügung stehen;
14. vertritt die Ansicht, dass es im Interesse der Bürger und im Dienste der Transparenz notwendig sein wird, für die Zukunft eine objektive Methode zur Bewertung der Wirksamkeit der Befugnisübertragung mit dem Ziel der Umsetzung von EU-Rechtsakten im Einklang mit der neuen Rechtsgrundlage des Artikels 298 AEUV zu entwickeln.
ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS
Datum der Annahme |
16.3.2010 |
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Ergebnis der Schlussabstimmung |
+: –: 0: |
62 0 0 |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder |
János Áder, Elena Oana Antonescu, Kriton Arsenis, Pilar Ayuso, Paolo Bartolozzi, Sergio Berlato, Martin Callanan, Nessa Childers, Chris Davies, Esther de Lange, Anne Delvaux, Bas Eickhout, Edite Estrela, Jill Evans, Elisabetta Gardini, Gerben-Jan Gerbrandy, Julie Girling, Satu Hassi, Jolanta Emilia Hibner, Dan Jørgensen, Christa Klaß, Holger Krahmer, Jo Leinen, Corinne Lepage, Peter Liese, Kartika Tamara Liotard, Linda McAvan, Radvilė Morkūnaitė-Mikulėnienė, Miroslav Ouzký, Vladko Todorov Panayotov, Gilles Pargneaux, Antonyia Parvanova, Andres Perello Rodriguez, Pavel Poc, Vittorio Prodi, Frédérique Ries, Anna Rosbach, Oreste Rossi, Horst Schnellhardt, Richard Seeber, Theodoros Skylakakis, Bogusław Sonik, Anja Weisgerber, Åsa Westlund, Glenis Willmott, Sabine Wils, Marina Yannakoudakis |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen) |
Pablo Arias Echeverría, Jiří Maštálka, Judith A. Merkies, Miroslav Mikolášik, Giancarlo Scotta’, Bart Staes, Marianne Thyssen, Michail Tremopoulos, Peter van Dalen |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 187 Abs. 2) |
Véronique Mathieu, Mario Mauro, Guido Milana, Potito Salatto, Gianluca Susta |
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ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS
Datum der Annahme |
23.3.2010 |
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Ergebnis der Schlussabstimmung |
+: –: 0: |
24 0 0 |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder |
Raffaele Baldassarre, Luigi Berlinguer, Sebastian Valentin Bodu, Françoise Castex, Christian Engström, Marielle Gallo, Lidia Joanna Geringer de Oedenberg, Daniel Hannan, Klaus-Heiner Lehne, Antonio Masip Hidalgo, Alajos Mészáros, Bernhard Rapkay, Evelyn Regner, Francesco Enrico Speroni, Dimitar Stoyanov, Alexandra Thein, Diana Wallis, Rainer Wieland, Cecilia Wikström, Zbigniew Ziobro, Tadeusz Zwiefka |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen) |
Piotr Borys, Sergio Gaetano Cofferati, Sajjad Karim, Vytautas Landsbergis, Kurt Lechner, Eva Lichtenberger, József Szájer |
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