BERICHT zu Sanktionen für schwerwiegende Verstöße gegen die Sozialvorschriften im Straßenverkehr
30.4.2010 - (2009/2154(INI))
Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr
Berichterstatterin: Hella Ranner
ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
zu Sanktionen für schwerwiegende Verstöße gegen die Sozialvorschriften im Straßenverkehr
Das Europäische Parlament,
– in Kenntnis des Berichts der Kommission zur Analyse der Sanktionen für schwerwiegende Verstöße gegen die in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten vorgesehenen Sozialvorschriften im Straßenverkehr (KOM(2009)0225),
– gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr (A7‑0130/2010),
A. in der Erwägung, dass die Europäische Union in den letzten Jahren durch die Annahme der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 und der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 sowie der Richtlinie Nr. 2006/22/EG ein System von Sozialvorschriften im Straßenverkehr geschaffen hat, um die Sicherheit auf den Straßen zu erhöhen und einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten,
B. in der Erwägung, dass die Sanktionssysteme in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union historisch gewachsen sind und daher große Unterschiede aufweisen, wobei die Bußgelder im Extremfall in einem Land zehnmal höher als in einem anderen sein können,
C. in der Erwägung, dass die Rechtslage bei internationalen Transporten für Unternehmer und insbesondere auch für Fahrer schwer durchschaubar geworden ist; in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Regelungen vor großen Herausforderungen stehen und die derzeitige Situation mit dem Binnenmarkt nicht vereinbar ist,
D. besorgt angesichts von Informationen über Mängel an digitalen Fahrtenschreibern, die sie äußerst anfällig für Manipulationen machen,
Allgemeine Anmerkungen
1. begrüßt den Bericht der Kommission über die Analyse der Sanktionen für schwerwiegende Verstöße gegen die in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten vorgesehenen Sozialvorschriften im Straßenverkehr; bedauert jedoch, dass der Bericht aufgrund fehlender Daten einzelner Mitgliedstaaten keine vollständige Analyse der derzeitig bestehenden Situation in Europa darstellt; fordert die Kommission auf, die fehlenden Informationen bei den Mitgliedstaaten einzufordern;
2. stellt fest, dass sich der Bericht der Kommission auf die Kategorisierung von Verstößen nach dem neuen Anhang III der Richtlinie Nr. 2006/22/EG der Kommission bezieht, ohne die Implementierungsfrist gemäß Artikel 2 Absatz 1 Richtlinie Nr. 2009/5/EG der Kommission zu berücksichtigen;
3. fordert daher die Kommission auf, schon im Jahr 2010 einen aktualisierten und vollständigen Bericht über die Implementierung des neuen Anhangs III der Richtlinie Nr. 2006/22/EG vorzulegen;
4. weist darauf hin, dass es in den vergangenen Berichtsperioden zu starken zeitlichen Verzögerungen gekommen ist, sodass zum Beispiel im aktuellen Bericht (24. Bericht der Kommission über die Durchführung von Sozialvorschriften im Straßenverkehr) vom 3.08.2009 erst das Zahlenmaterial aus dem Zeitraum 2005 und 2006 aufgearbeitet wurde und somit kaum Rückschlüsse auf den tatsächlichen Stand der Harmonisierung der Sozialbestimmungen für Straßenverkehrsnutzer gezogen werden können;
5. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihr Möglichstes zu tun, um sicherzustellen, dass den Zielsetzungen des Artikels 17 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 rascher entsprochen wird, um aktuellere Statistiken für künftige Harmonisierungsmaßnahmen zur Verfügung zu haben;
6. weist darauf hin, dass es auch im Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 eine Auflistung von schwerwiegenden Verstößen im Sinne dieser Verordnung gibt; meint daher, dass eine harmonisierte Kategorisierung von schwerwiegenden Verstößen gegen die Sozialvorschriften dringend notwendig ist;
Erhebliche Unterschiede zwischen Mitgliedstaaten
7. stellt fest, dass die Unterschiede der Sanktionen für schwerwiegende Verstöße gegen die in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten vorgesehenen Sozialvorschriften im Straßenverkehr sich nicht nur in der Höhe der Bußgelder, sondern auch in der Art und der Einstufung der Sanktionen unterscheiden;
8. weist darauf hin, dass diese Unterschiede außer durch wirtschaftliche und geographische Bedingungen auch durch die unterschiedlichen Rechtssysteme der Mitgliedstaaten bei der Verfolgung von Strafsachen und durch die unterschiedlichen politischen Ansätze in Sachen Straßenverkehrssicherheit erklärt werden können;
9. stellt fest, dass die Sozialvorschriften im Straßenverkehr, insbesondere die Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 und die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 sowie die Richtlinie Nr. 2006/22/EG, den Mitgliedstaaten sehr viel Raum für Interpretation lassen; bedauert, dass die zahlreichen unpräzisen Formulierungen in den europäischen Regelungen zwingend zu einer uneinheitlichen Umsetzung in den Mitgliedstaaten führen; vertritt die Auffassung, dass zunächst eine einheitliche und verbindliche Auslegung dieser Verordnungen und der Richtlinie erforderlich ist, um eine weitere Harmonisierung zu erreichen;
10. bedauert, dass einige Mitgliedstaaten keine Staffelung der Sanktionen in Bezug auf die Schwere des Verstoßes vorsehen; fordert die Mitgliedstaaten auf, nationale Rechtsvorschriften zu beschließen, die eine zielgerichtete, angemessene und abschreckende Wirkung haben und die Schwere des Verstoßes berücksichtigen;
Eine weitere Harmonisierung
11. unterstreicht, dass ein wirksames, ausgewogenes und abschreckend wirkendes Sanktionssystem nur auf klaren, transparenten und zwischen den Mitgliedstaaten vergleichbaren Sanktionen basieren kann; fordert die Mitgliedstaaten auf, legislative und praktische Lösungen zu finden, um die zum Teil sehr großen Unterschiede bei der Art und Höhe der Sanktionen zu reduzieren;
12. fordert die Kommission auf, nach Konsultationen mit den Kontrollorganen und den Vertretern des Verkehrssektors eine einheitliche und verbindliche Auslegung der Verordnung über die Lenk- und Ruhezeiten zu erarbeiten; weist darauf hin, dass die Kontrollorgane diese Auslegung berücksichtigen sollten;
13. ist der Auffassung, dass für eine weitere Annäherung bei den Arten der Sanktionen und bei der Höhe der Bußgelder eine Kategorisierung der Bußgelder in Verbindung mit einer Kategorisierung der Sanktionen notwendig ist und Mindest- und Höchststrafen bei den einzelnen Verstößen gegen die Sozialvorschriften im Straßenverkehr festgelegt werden sollen; unterstreicht, dass bei der Umgestaltung der Sanktionen die Notwendigkeit, dass gerechte Bußgelder in den einzelnen Mitgliedstaaten in Abhängigkeit von objektiven Kriterien (beispielsweise des BIP oder geografischer Faktoren) bemessen werden, gegen eine effiziente Abschreckung vor schwerwiegenden Verstößen abgewogen werden muss;
14. weist darauf hin, dass der mit der Richtlinie Nr. 2009/5/EG der Kommission eingeführte neue Anhang III der Richtlinie Nr. 2006/22/EG als Grundstein für einen einheitlichen Ansatz bei der Einordnung der Verstöße gegen die in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten vorgesehenen Sozialvorschriften im Straßenverkehr zu bewerten ist; fordert die Mitgliedstaaten mit Nachdruck auf, die für eine rasche Umsetzung der Richtlinie Nr. 2009/5/EG der Kommission erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen;
15. erinnert darüber hinaus, dass mit dem Vertrag von Lissabon ein neuer Artikel 83 Absatz 2 über die Angleichung der strafrechtlichen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten in den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union eingefügt wurde; ersucht die Kommission, diese neuen legislativen Mittel in dem Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen zu untersuchen und innerhalb von zwölf Monaten dem Rat und dem Europäischen Parlament einen Bericht über die möglichen Harmonisierungsmaßnahmen zu übermitteln, der auch Aspekte der Straßenverkehrssicherheit und der grenzübergreifenden Gültigkeit von Bußgeldern umfasst, sofern dies bislang nicht der Fall war;
16. begrüßt, dass die Kommission gemäß Artikel 22 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der einzelstaatlichen Auslegung und Anwendung dieser Verordnung „Leitlinien“ vorbereitet hat; stellt aber fest, dass diese nicht rechtsverbindlich sind und daher ihr Ziel der einheitlichen Umsetzung in den Mitgliedstaaten nicht erreicht haben;
17. ist der Auffassung, dass zur Umsetzung eines Verkehrsbinnenmarktes und zur Erhöhung der Rechtssicherheit für Fahrer und Unternehmen das Verständnis der Anwendung der Sozialvorschriften angeglichen werden sollte; fordert die Kommission vor diesem Hintergrund auf, in Zusammenarbeit mit Corte, Tispol und Euro Contrôle Route Vorschläge vorzulegen, um der diskriminierenden Anwendung der Sozialvorschriften im Straßenverkehr ein Ende zu setzen; weist in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit einer gemeinsamen, artikelweisen Auslegung der Anwendung der Verordnung Nr. 581/2006 sowie der Richtlinie 3821/85/EG hin;
18. ersucht die Mitgliedstaaten, diese Leitlinien bei der Implementierung der Sozialvorschriften heranzuziehen, damit eine harmonisierte Umsetzung erfolgen kann;
Kontrollen
19. weist ausdrücklich darauf hin, dass nur durch eine konsequente und nicht-diskriminierende Durchsetzung der geltenden Rechtsvorschriften unlauterer Wettbewerb unterbunden und die Straßenverkehrssicherheit gewährleistet werden können; weist mit Nachdruck darauf hin, dass für die Umsetzung der Sozialvorschriften im Straßenverkehr ein harmonisiertes und wirksames Konzept für Kontrollen erforderlich ist;
20. macht darauf aufmerksam, dass die Verkehrslage im Hinblick auf Infrastruktur, Verkehrsaufkommen und Verkehrsbelastung in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich ist, und vertritt daher die Ansicht, dass diese Faktoren u.a. bei der Bestimmung der Häufigkeit der Kontrollen berücksichtigt werden könnten, wobei der Tatsache Rechnung getragen werden sollte, dass eines der Hauptziele die Einhaltung der Sozialvorschriften ist;
21. ist überzeugt, dass die Kommission zur Behebung der Hindernisse für den europäischen Binnenmarkt und zur Erhöhung der Straßenverkehrssicherheit solche harmonisierten Konzepte für Kontrollen fördern und regulierend eingreifen sollte; fordert die Kommission auf, zur Erreichung dieser Ziele ein wirksames und angemessenes Koordinierungsinstrument auf europäischer Ebene zu schaffen;
22. fordert die Kommission auf, Empfehlungen und europäische Mindeststandards für die Ausbildung von Kontrollorganen und für die Koordinierung der Zusammenarbeit unter den Kontrollorganen zu erarbeiten; fordert die Kommission auf, die Erhebung statistischer Daten für eine aussagekräftigere Analyse der wirksamen Durchsetzung zu verbessern und ein harmonisiertes Vorgehen der Mitgliedstaaten in Durchsetzungsfragen zu fördern;
23. fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre für Kontrollen zuständigen Mitarbeiter stets nach den neusten Entwicklungen in der Datenerhebung zu schulen und in der Umsetzung gemeinsamer Standards eng mit der Europäischen Kommission zusammenzuarbeiten, um ein harmonisiertes Konzept von Kontrollen zu fördern und damit Rechtssicherheit zu schaffen;
24. ist der Auffassung, dass häufigere und gründlichere Kontrollen auf der Straße und auf dem Betriebsgelände von Unternehmen erfolgen müssen; fordert die Kommission auf, sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten die Anzahl der durchzuführenden Kontrollen gemäß Artikel 2 Absatz 3 der Richtlinie 2006/22/EG einhalten; fordert die Kommission auf, das Europäische Parlament über die weitere Vorgehensweisen hinsichtlich dieser Kontrollen zu informieren;
25. fordert die Kommission auf, so bald wie möglich einen Bericht über die Überwachung der Mängel an digitalen Kontrollgeräten und die Maßnahmen zur Vermeidung dieser Schwachpunkte vorzulegen;
26. unterstreicht, dass der digitale Fahrtenschreiber gemäß der Verordnung (EG) Nr. 3821/85 als Kontrollgerät verbessert werden sollte: die Kommission sollte prüfen, wie die Kontrollbehörden die Daten rascher vom digitalen Fahrtenschreiber herunterladen könnten;
27. verweist auf die von Euro Contrôle Route eingerichtete Meldestelle für unverhältnismäßige Sanktionen und fordert Fahrer und Verkehrsunternehmen auf, der Stelle Fälle von unangemessener und diskriminierender Anwendung der Sozialvorschriften im Straßenverkehr zu melden;
Andere Initiativen
28. ist der Meinung, dass eine allgemein verständliche Broschüre in allen Amtssprachen der Europäischen Union für die Unternehmen und LKW-Fahrer nützlich wäre; betont, dass diese Broschüre die betroffenen Fahrer und Unternehmen über die geltenden Sozialvorschriften und die damit verbundenen Sanktionen in den einzelnen Mitgliedstaaten besser informieren sollte; meint, dass derartige Informationen auch für Unternehmen und Fahrer aus Drittstaaten zur Verfügung stehen sollten; unterstreicht den Nutzen der Verwendung intelligenter Verkehrssysteme, um den Fahrern diese Informationen in Echtzeit übermitteln zu können;
29. ist davon überzeugt, dass im Rahmen des Einsatzes moderner Informations- und Kommunikationstechnologien sowie von Intelligenten Transportsystemen die Möglichkeit für Unternehmen und Fahrer bestehen sollte, sich über geltende Sozialvorschriften und die mit der Nichteinhaltung verbundenen Sanktionen zu informieren;
30. fordert alle Mitgliedstaaten auf, die Zusammenarbeit auf Basis von bereits existierenden Strukturen, wie Euro Contrôle Route, zu stärken und damit die Koordinierung von gemeinsamen Kontrollen, den Austausch von nachahmenswerten Methoden und die gemeinsame Organisation von Schulungen für Kontrollorgane zu verbessern;
31. ist der Auffassung, dass die gesamte vorhandene Technik genutzt werden sollte, um die Lkw-Fahrer, einschließlich der Fahrer aus Nachbarländern, in Echtzeit über die maßgeblichen sozialen Bestimmungen und Sanktionen zu informieren, die in den verschiedenen Mitgliedstaaten angewendet werden, beispielsweise unter Verwendung des GPS oder anderer bestehender Instrumente;
32. fordert die Mitgliedstaaten auf, für eine entsprechende Infrastruktur, einschließlich ausreichender und sicherer Parkplätze, im europäischen Straßennetz zu sorgen, damit Fahrer die Vorschriften über die Lenk- und Ruhezeiten tatsächlich einhalten und Kontrollen effizient durchgeführt werden können; weist darauf hin, dass der Sicherheitsaspekt bei diesen Einrichtungen einen besonderen Stellenwert einnehmen muss; fordert die Kommission auf, regelmäßig in der dafür angemessensten Form die entlang des europäischen Straßennetzes zur Verfügung stehenden öffentlichen und privaten Einrichtungen bekannt zu geben, um Personen, die beruflich auf den Straßen unterwegs sind, über die angebotenen Dienstleistungen zu informieren;
33. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Projekte für den Bau von sicheren Parkplätzen zu fördern und zu finanzieren, um die Voraussetzung dafür zu schaffen, dass die Fahrer die Verordnung Nr. 561/2006 einhalten können;
34. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.
BEGRÜNDUNG
Hintergrund
Gemäß Artikel 10 der Richtlinie Nr. 2006/22/EG legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 1. Mai 2009 einen Bericht vor, in dem die in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für schwerwiegende Verstöße vorgesehenen Sanktionen analysiert werden.
Die Berichterstatterin fordert die Kommission auf, zukünftig das Parlament rechtzeitig und vollständig zu informieren. Der Bericht der Kommission kommt nicht nur zu spät, sondern ist überdies noch unvollständig. Für eine genaue Analyse ist es besonders wichtig, dass die Kommission noch in diesem Jahr dem Parlament und dem Rat eine überarbeitete Mitteilung übermittelt, die die Implementierung des neuen Anhangs III der Richtlinie Nr. 2006/22/EG in den Mitgliedstaaten analysiert.
Bericht der Kommission
Der Bericht der Kommission fasst die verschiedenen Arten von Sanktionen zwischen den Mitgliedstaaten zusammen:
· Geldbußen: Alle Mitgliedstaaten sehen Geldbußen als eine Sanktionsmöglichkeit vor, allerdings unterscheiden sich die Beträge zum Teil erheblich. Für denselben Verstoß kann eine Geldbuße zwischen 58,23 € (Malta) und 5 000 € und mehr (Österreich, Zypern, Deutschland und Irland) betragen. Soziale, wirtschaftliche oder geographische Faktoren können der Grund für solche gravierenden Unterschiede sein, allerdings lässt sich das nicht für alle Länder erklären (Spanien, Ungarn).
· Stilllegung des Fahrzeugs: Die Stilllegung des Fahrzeugs gilt als weitere Sanktionsmöglichkeit. Mit dieser Sanktion kann auch sichergestellt werden, dass der Fahrer eine ausreichend lange Ruhezeit einlegt. 15 Länder teilten der Kommission mit, dass die Stilllegung in ihren Rechtsvorschriften vorgesehen ist (Bulgarien, Zypern, die Tschechische Republik, Deutschland, Dänemark, Griechenland, Irland, Italien, Litauen, Luxemburg, Polen, Rumänien, Spanien, Schweden und das Vereinigte Königreich).
· Fahrverbote und Haftstrafen: Sieben Mitgliedstaaten sehen bei schweren Verstößen Haftstrafen vor. Einige allerdings nur, wenn die Geldbuße nicht bezahlt wird oder wenn eine Person einen Verstoß erneut begangen hat, für den sie schon bestraft wurde (Österreich, Zypern, Dänemark, Frankreich, Irland, Luxemburg und das Vereinigte Königreich). In einigen Mitgliedstaaten besteht auch die Möglichkeit, die Fahrerlaubnis oder die Fahrerkarte zu entziehen (Bulgarien, Dänemark, Griechenland, Italien, Slowakei und das Vereinigte Königreich).
Der Bericht erinnert auch an die Verantwortung der Unternehmen in allen Mitgliedstaaten, gemäß Verordnung (EG) Nr. 561/2006. In den meisten Mitgliedstaaten (Belgien, Bulgarien, Deutschland, Dänemark, Estland, Griechenland, Finnland, Ungarn, Irland, Italien, Litauen, Lettland, Polen, Rumänien, Slowenien, der Slowakei, Schweden und dem Vereinigten Königreich) sehen die Rechtsvorschriften unterschiedliche Sanktionen für Fahrer und Unternehmen vor, wobei Unternehmen strenger behandelt werden und höhere Strafen auferlegt bekommen als die Fahrer. Gemäß Artikel 10 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 müssen Verlader, Spediteure, Reiseveranstalter, Hauptauftragnehmer, Unterauftragnehmer und Fahrervermittlungsagenturen sicherstellen, dass die vertraglich vereinbarten Beförderungszeitpläne den Bestimmungen über Lenk- und Ruhezeiten entsprechen. Diese Verpflichtung wird nur ausdrücklich in den nationalen Rechtsvorschriften Dänemarks, Estlands, Finnlands, Polens und Schwedens erwähnt.
Die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 führt auch den Grundsatz der Extraterritorialität ein: Wenn die zuständigen Behörden in einem Mitgliedstaat einen Verstoß im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats oder eines Drittstaats feststellen, können sie, sofern für diesen Verstoß noch keine Sanktion verhängt wurde, eine Sanktion verhängen. Diese Verstöße werden so geahndet, als wären sie in dem Mitgliedstaat begangen worden, in dem die Strafe verhängt wird. Die Strafe darf nicht diskriminierend sein. Dieser Grundsatz könnte jedoch auch negative Auswirkungen auf einen fairen Wettbewerb haben, solange die Mitgliedstaaten den gleichen Verstoß mit sehr unterschiedlichen Sanktionen bestrafen: Verkehrsunternehmen, die einen Verstoß begangen haben, bezahlen möglicherweise lieber die Strafe für diesen Verstoß in einem Mitgliedstaat, der sehr niedrige Bußgelder verhängt, als eine sehr hohe Strafe in einem anderen Mitgliedstaat zu riskieren.
Einige Mitgliedstaaten haben ein Sanktionssystem ohne Staffelung der Sanktion (Österreich, die Tschechische Republik, Irland, Luxemburg und das Vereinigte Königreich), was Analyseprobleme für schwere Verstöße schafft, da diese Länder nur die minimalen und maximalen Sanktionen angegeben haben. Malta, zum Beispiel, hat ein festes Bußgeld für Verstöße (58,23 EUR) festgelegt.
Andere Länder haben Systeme mit Staffelung der Sanktionen:
· Was die Verstöße gegen die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 (Artikel 6 bis 8) betrifft, werden für die gleiche Art von Verstößen zwei oder mehrere Stufen aufgeschlüsselt, für die jeweils spezifische Geldbußen festgelegt werden (siehe Tabelle I des Berichts). Der Bericht zeigt auch die unterschiedlichen Beträge der Geldbußen: das Bußgeld für eine Überschreitung der täglichen Lenkzeit um mehr als zwei Stunden kann in Spanien (4600 EUR) zehnmal höher sein als in Griechenland (400 EUR). Die Mitgliedstaaten benützen auch sehr unterschiedliche Methoden, um die Stufe festzulegen: die verschiedenen Grenzen werden entweder in Minuten, Stunden oder als Prozentsatz ausgedrückt. Es gibt lineare oder progressive Staffelung der Sanktionen. Andere Länder wie zum Beispiel Belgien benützen zwei Kriterien um die Staffelung zu bestimmen: Die Überschreitung der täglichen Lenkzeiten und die ununterbrochene Lenkzeit;
· Über die Verstöße gegen Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 bemerkt die Kommission, dass es nicht nur in Bezug auf die Höhe der Geldbußen, sondern auch in Bezug auf die Einstufung der Verstöße erhebliche Unterschiede gibt (Tabelle II). Obwohl der neue Anhang III der Richtlinie Nr. 2006/22/EG[1] einige Verstöße als „sehr schwerwiegend“ einstuft - wenn zum Beispiel ein Fahrer mehrere gültige Fahrerkarten besitzt - bewerten einige Mitgliedstaaten diesen Fall als „geringfügiger Verstoß“. Andererseits werden auch einige geringfügigere Verstöße in anderen Ländern mit dem höchsten Niveau bestraft. Die Beträge der Geldbußen für Verstöße gegen die Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 unterscheiden sich erheblich. Die Höchstsätze der Bußgelder können mit 586 € (Litauen) und 30 000 EUR (Frankreich, wobei eine zusätzliche Haftstrafe verhängt werden kann) zum Teil sehr stark divergieren.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass nicht nur die Höhe der Strafen sich in den einzelnen Mitgliedstaaten stark unterscheiden, sondern auch die Arten der vorgesehenen Sanktionen sowie die Einstufung der einzelnen Verstöße gegen die Sozialvorschriften. Die Kommission betrachtet diese Situation als unbefriedigend für Fahrer und Transportunternehmen. Der neue Anhang III der Richtlinie Nr. 2006/22/EG (die durch die Richtlinie Nr. 2009/5/EG geändert wurde) bietet eine Basis für ein allgemeines Verständnis davon, was als ernste Verstöße angesehen werden sollte oder nicht. Mitgliedstaaten werden angeregt, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um eine harmonisierte Anwendung der Sozialvorschriften im Straßentransport zu gewährleisten.
Standpunkt der Berichterstatterin
Mit den Sozialvorschriften im Straßenverkehr werden verschiedene Ziele verfolgt. Die Sicherheit im Straßenverkehr, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und die Sicherung eines fairen Wettbewerbs werden in verschiedenen - zum Teil - alten legislativen Texten geregelt.
Der Bericht der Kommission zeigt, dass es bei der Umsetzung der Lenk- und Ruhezeiten und den Regelungen zum Fahrtenschreiber in den einzelnen Mitgliedstaaten zum Teil erhebliche Unterschiede gibt.
- Implementierung der bestehenden Vorschriften
Die Berichterstatterin meint, dass die vollständige Implementierung der Sozialvorschriften in den Mitgliedstaaten nicht nur für die Straßenverkehrssicherheit auf Europas Straßen von ungemeiner Bedeutung ist, sondern auch für den Europäischen Binnenmarkt sehr wichtig ist.
- Einheitliche Einstufung von Verstößen
Die Einstufung von Verstößen im neuen Anhang III der Richtlinie Nr. 2006/22/EG ist zu begrüßen. Die Mitgliedstaaten sind nun aufgefordert, diese Einstufung in ihre Rechtsvorschriften einfließen zu lassen.
- Häufigere und gründlichere Kontrollen und bessere Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei der Durchsetzung
Darüber hinaus ist es von absoluter Notwendigkeit, dass die Einhaltung der Regelungen auch kontrolliert wird. Häufigere Kontrollen sind unumgänglich und sollten grenzüberschreitend koordiniert werden. Dabei wird es notwendig sein, die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei der Durchsetzung der Vorschriften zu verbessern.
Die Berichterstatterin fordert daher die Schaffung einer Europäischen Agentur für Straßenverkehr, die die Zusammenarbeit der zuständigen Behörden koordinieren sollte und damit die Einheitlichkeit und Vollständigkeit der Kontrollen verbessert.
- Harmonisierung der Sanktionen
Gemäß Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 müssen die Mitgliedstaaten Sanktionen für Verstöße gegen die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 und gegen die Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 festlegen, die wirksam, verhältnismäßig, abschreckend und nicht diskriminierend sind. Dennoch unterscheiden sich die Sanktionen in den Mitgliedstaaten zum Teil erheblich.
Die Unterschiede der Sanktionen sind auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Zum Teil lassen sich die Unterschiede durch geographische oder wirtschaftliche Hintergründe erklären. Allerdings können auch die unterschiedlichen Rechtssysteme der Mitgliedstaaten bei der Verfolgung von Strafsachen Grund für die zum Teil gravierenden Unterschiede in der Strafhöhe bzw. in der Strafart sein. Bei vergleichbaren Verstößen sollten vergleichbare Sanktionen angewandt werden. Ungeachtet dessen sollte man berücksichtigen, dass einige Unterschiede aufgrund jeweils anderer nationaler Rahmenbedingungen unvermeidlich sind.
Die Kommission sollte dahingehend die neuen legislativen Mittel, die mit dem Vertrag von Lissabon durch den neuen Artikel 83 Absatz 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union eingeführt worden sind, prüfen: „Erweist sich die Angleichung der strafrechtlichen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten als unerlässlich für die wirksame Durchführung der Politik der Union auf einem Gebiet, auf dem Harmonisierungsmaßnahmen erfolgt sind, so können durch Richtlinien Mindestvorschriften für die Festlegung von Straftaten und Strafen auf dem betreffenden Gebiet festgelegt werden. Diese Richtlinien werden unbeschadet des Artikels 76 gemäß dem gleichen ordentlichen oder besonderen Gesetzgebungsverfahren wie die betreffenden Harmonisierungsmaßnahmen erlassen.“
- [1] Dabei muss man allerdings darauf hinweisen, dass der Bericht der Kommission sich auf Daten bezieht, die vor Inkrafttreten des neuen Anhangs III der Richtlinie 2006/EG gegolten haben
ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS
Datum der Annahme |
28.4.2010 |
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Ergebnis der Schlussabstimmung |
+: –: 0: |
36 5 0 |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder |
Magdalena Alvarez, Inés Ayala Sender, Georges Bach, Izaskun Bilbao Barandica, Antonio Cancian, Michael Cramer, Luis de Grandes Pascual, Christine De Veyrac, Saïd El Khadraoui, Ismail Ertug, Carlo Fidanza, Knut Fleckenstein, Jacqueline Foster, Mathieu Grosch, Juozas Imbrasas, Ville Itälä, Dieter-Lebrecht Koch, Georgios Koumoutsakos, Werner Kuhn, Bogusław Liberadzki, Eva Lichtenberger, Gesine Meissner, Hella Ranner, Vilja Savisaar, Olga Sehnalová, Debora Serracchiani, Brian Simpson, Dirk Sterckx, Silvia-Adriana Ţicău, Dominique Vlasto, Artur Zasada, Roberts Zīle |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter |
Philip Bradbourn, Michel Dantin, Derk Jan Eppink, Jelko Kacin, Dominique Riquet, Anna Rosbach, Sabine Wils, Corien Wortmann-Kool, Janusz Władysław Zemke |
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