BERICHT über „Bessere Rechtsetzung“ – 15. Jahresbericht der Kommission gemäß Artikel 9 des Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit
29.6.2010 - (2009/2142(INI))
Rechtsausschuss
Berichterstatterin: Lidia Joanna Geringer de Oedenberg
ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
zu „Besserer Rechtsetzung“ – 15. Jahresbericht der Kommission gemäß Artikel 9 des Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die Interinstitutionelle Vereinbarung über bessere Rechtsetzung[1],
– unter Hinweis auf den Interinstitutionellen gemeinsamen Ansatz für Folgenabschätzung vom November 2005,
– unter Hinweis auf die Entschließung vom 9. Februar 2010 zur Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Parlament und der Kommission[2],
– unter Hinweis auf die Entschließung vom 21. Oktober 2008 zur besseren Rechtsetzung 2006: Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit - 14. Jahresbericht[3],
– unter Hinweis auf die Entschließungen zu dem 24. und dem 25. Jahresbericht der Kommission zur Kontrolle der Anwendung des Gemeinschaftsrechts[4];
– unter Hinweis auf den Bericht der Kommission „Bessere Rechtsetzung 2007” über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit gemäß Art. 9 des Protokolls (15. Bericht) (KOM(2008)0586),
– unter Hinweis auf den Bericht der Kommission „Bessere Rechtsetzung 2008” über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit gemäß Art. 9 des Protokolls (16. Bericht) (KOM(2009)0504),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission „Dritte Strategische Überlegungen zur Verbesserung der Rechtsetzung in der Europäischen Union“ (KOM(2009)0015),
– unter Hinweis auf das Arbeitsdokument der Kommission „Verringerung der Verwaltungslasten in der Europäischen Union – Bericht über die 2008 erzielten Fortschritte und Ausblick auf das Jahr 2009” (KOM(2009)0016),
– unter Hinweis auf das Arbeitsdokument der Kommission „Dritter Fortschrittsbericht über die Strategie zur Vereinfachung des ordnungspolitischen Umfelds” (KOM(2009)0017),
– unter Hinweis auf die Mitteilung „Aktionsprogramm zur Verringerung der Verwaltungslasten in der EU – branchenspezifische Pläne zur Verringerung der Verwaltungslasten und Maßnahmen für das Jahr 2009” (KOM(2009)0544),
– unter Hinweis auf die internen Leitlinien der Europäischen Kommission über die Vornahme von Folgenabschätzungen (SEK(2009)0092),
– unter Hinweis auf den Bericht 2008 des Rates über Folgenabschätzungen (SEK(2009)0055),
– unter Hinweis auf den Bericht 2009 des Rates über Folgenabschätzungen (SEK(2010)1728),
– unter Hinweis auf den Bericht der Hochrangigen Gruppe unabhängiger Interessenträger im Bereich der Verwaltungslasten vom 17. September 2009,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates zur Wettbewerbsfähigkeit vom 4. Dezember 2009,
– unter Hinweis auf den Abschlussberichts der Arbeitgruppe Parlamentsreform 2007-2009,
– unter Hinweis auf das Arbeitsdokument der Konferenz der Ausschussvorsitzenden der „Folgenabschätzung: Erfahrungen des Europäischen Parlaments”,
– in Kenntnis des Vorschlags der Kommission für eine Verordnung über die Bürgerinitiative (KOM(2010)0119),
– unter Berücksichtigung von Art. 48 der Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Rechtsausschusses und die Stellungnahme des Ausschusses für konstitutionelle Fragen (A7‑0215/2010),
A. in der Erwägung, dass die richtige Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit entscheidend dafür ist, dass die Europäische Union reibungslos funktioniert, dass die Tätigkeiten ihrer Organe den Erwartungen ihrer Bürger und Bürgerinnen, der im Binnenmarkt tätigen Unternehmen und der örtlichen Regierungen entsprechen und dass sichergestellt wird, dass Entscheidungen möglichst bürgernah getroffen werden,
B. in der Erwägung, dass eine bessere Rechtsetzung („better law-making”) zu einer unerlässlichen Bedingung für ein effektives Funktionieren der Europäischen Union geworden ist und wesentlich zur Überwindung der Wirtschaftskrise und zum Wirtschaftswachstum beitragen kann,
C. in der Erwägung, dass die Problematik der besseren Rechtsetzung nicht nur im Zusammenhang mit dem Programm der Kommission, das die Verbesserung des ordnungspolitischen Umfelds („better regulation“) zum Ziel hat, sondern allgemeiner auch unter dem Aspekt des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon zu betrachten ist,
D. in der Erwägung, dass das Parlament durch den Vertrag von Lissabon bei der Rechtsetzung nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren dem Rat gleichgestellt wurde,
E. in der Erwägung, dass der Vertrag von Lissabon die formale Einbeziehung der nationalen Parlamente in die Kontrolle der Anwendung des Subsidiaritätsprinzips vorsieht,
F. in der Erwägung, dass die bessere Rechtsetzung eine vorrangige Aufgabe für die Vorgängerkommission war und auch für die neue Kommission ein Grundsatzanliegen sein sollte,
G. in der Erwägung, dass die Verbesserung des ordnungspolitischen Umfelds in der Union eine Reihe von Themen, wie z. B. die Folgenabschätzung, die Verringerung der Verwaltungslasten sowie die Vereinfachung und Kodifizierung der bestehenden Rechtsvorschriften, betrifft,
H. in Erwägung der fundamentalen Bedeutung, die den Konsultationen mit allen interessierten Kreisen und insbesondere mit den Sozialpartnern bei der Vorbereitung der Entwürfe von Rechtsvorschriften (einschließlich Folgenabschätzungen) zukommt,
I. in der Erwägung, dass das Parlament gemäß Artikel 225 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) die Möglichkeit hat, die Kommission aufzufordern, geeignete Vorschläge zu Fragen zu unterbreiten, die nach seiner Auffassung die Ausarbeitung eines Unionsakts zur Durchführung der Verträge erfordern,
J. in Erwägung des seit 2005 durchgeführten Programms zur Verringerung der aus den Rechtsvorschriften der Europäischen Union erwachsenden Verwaltungslasten, die dadurch bis 2012 um 25 % vermindert werden sollen,
K. in der Erwägung, dass einer der Schlüsselbereiche dieses Programms die auf das sog. Standardkostenmodell gestützte Basisberechnung der Verwaltungskosten ist,
L. in der Erwägung, dass die einer Vereinfachung und Vereinheitlichung des geltenden Rechts dienenden Techniken der Neufassung und der Kodifizierung eine größere Verständlichkeit und Kohärenz der vorgenommenen Änderungen ermöglichen,
M. in Erwägung der wesentlichen Bedeutung, die sich für die Richtlinien der Europäischen Union aus der richtigen und fristgemäßen Umsetzung seitens der Mitgliedstaaten ergibt, sowie der immer noch anzutreffenden Ausschmückung des Rechts („gold-plating“), in deren Rahmen Lasten eingeführt werden, die über die Erfordernisse des europäischen Rechts hinausgehen,
N. in der Erwägung, dass der Vertrag von Lissabon das System der Durchführungsmaßnahmen (die Ausschussverfahren) durch eine neue Aufteilung in delegierte Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte ersetzt hat,
O. in Erwägung der vom Vertrag von Lissabon eingeführten europäischen Bürgerinitiative als eines neuen Instruments, das den Bürgern und Bürgerinnen eine Einflussnahme auf das in der europäischen Union geschaffene Recht ermöglicht,
P. in der Erwägung, dass die Charta der Grundrechte der Europäischen Union unter den Bürgerrechten das Recht auf gute Verwaltung aufführt, die nur aufgrund von transparenten und für die Bürger verständlichen Rechtsvorschriften funktionieren kann,
Grundsätzliche Bemerkungen
1. unterstreicht, dass es von entscheidender Bedeutung ist, einfache, transparente und für die EU-Bürger verständliche Gesetze zu erlassen;
2. weist darauf hin, dass die EU-Organe die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit einhalten müssen, wenn sie Vorschläge ausarbeiten, und die in dem Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit, das einen Anhang zum AEUV bildet, enthaltenen Kriterien berücksichtigen müssen,
3. betont, dass alle Vorschläge für Rechtsakte Gründe enthalten müssen, aus denen zu schließen ist, dass sich das Ziel durch EU-Handeln besser erreichen lässt, die durch qualitative und möglichst auch quantitative Indikatoren im Einklang mit dem oben genannten Protokoll erhärtet werden;
4. unterstützt entschieden den Prozess der Verbesserung des ordnungspolitischen Umfelds, der eine größere Transparenz, Effektivität und Kohärenz des Rechts der Europäischen Union verfolgt; unterstreicht die Schlüsselrolle der Kommission als dem Organ mit der Befugnis zu Gesetzgebungsinitiativen bei der Erarbeitung von hochwertigen Gesetzgebungsvorschlägen; sagt zu, alles zu unternehmen, damit solche Vorschläge rasch im Einklang mit dem angemessenen Gesetzgebungsverfahren geprüft werden; unterstreicht ferner die Bedeutung der Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, um die korrekte Umsetzung dieser Rechtsvorschriften sicherzustellen;
5. stellt das Engagement der Kommission an dem o. g. Prozess fest, das seinen Ausdruck in einer Reihe von Dokumenten findet, insbesondere in den dritten strategischen Überlegungen zur Verbesserung der Rechtsetzung in der Europäischen Union sowie in der dazu laufenden Tätigkeit; stellt gleichzeitig fest, dass das Programm einem größeren Kreis unbekannt ist, und fordert die Kommission auf, wirksamer für es zu werben;
6. stimmt den unter den Ziffern 3 und 15 der Schlussfolgerungen des Rates vom 4. Dezember 2009 enthaltenen Formulierungen zu, die die gemeinsame Verantwortung für die Verbesserung des ordnungspolitischen Umfelds sowie die Verstärkung dieser Verantwortung bei allen an diesem Prozess beteiligten Institutionen und Personen betreffen;
7. stellt die Beteiligung des Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen an der Diskussion über die Verbesserung des ordnungspolitischen Umfelds und die Verringerung der Verwaltungslasten fest und rechnet mit einer fruchtbaren Zusammenarbeit auf diesem Gebiet;
8. bemerkt, dass eine Verbesserung der interinstitutionellen Zusammenarbeit in dieser weitreichenden Materie eine Revision der Vereinbarung über die bessere Rechtsetzung von 2003 erfordert; weist auf die für diese Frage wichtigen Punkte der Entschließung vom 9. Februar 2010 zur Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Parlament und der Kommission hin, insbesondere auf die gemeinsame Verpflichtung der beiden Organe, sich im Hinblick auf künftige Verhandlungen mit dem Ministerrat über eine Anpassung der interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung an die neuen Bestimmungen des Vertrags von Lissabon auf zentrale Änderungen zu einigen;
9. drängt darauf, dass die Kommission gemäß der politischen Einigung auf der Grundlage der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Februar 2010 zu einer revidierten Rahmenvereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission alle Anstrengungen unternimmt, damit das Parlament und der Rat im Rahmen der Gesetzgebung gleichberechtigt behandelt werden und so der im Vertrag von Lissabon verankerte Grundsatz der Gleichstellung von Parlament und Rat umgesetzt wird, insbesondere indem sie beide Organe gleichzeitig über alle den Gesetzgebungsprozess beeinflussenden Ereignisse und Entwicklungen unterrichtet und ihnen gleichberechtigten Zugang zu Sitzungen und die Übermittlung von Beiträgen oder anderen Informationen gewährleistet;
10. unterstreicht, dass der Prozess der Vereinfachung des Rechts nicht zu einer Absenkung der in den vorhandenen Rechtsvorschriften enthaltenen Standards führen darf, weshalb Konsultationen mit allen interessierten Kreisen, einschließlich der Sozialpartner, zwangsläufig Bestandteil dieses Prozesses sein müssen;
11. begrüßt die stärkere Einbindung der nationalen Parlamente in den europäischen Gesetzgebungsprozess, insbesondere in die Kontrolle der Konformität der Gesetzgebungsvorschläge mit dem Subsidiaritätsprinzip; unterstreicht die Notwendigkeit der Einhaltung der Acht-Wochen-Frist für die Abgabe der Stellungnahmen durch die nationalen Parlamente;
12. begrüßt die von der Kommission ergriffenen Maßnahmen, um einen effektiven Informationsaustausch zwischen den nationalen Parlamenten und die Unterrichtung des Parlaments und des Rates darüber zu gewährleisten; ermutigt die nationalen Parlamente, eine deutliche Unterscheidung zwischen den Stellungnahmen, die das Subsidiaritätsprinzip betreffen, und den Stellungnahmen zum Regelungsgehalt von Kommissionsvorschlägen vorzunehmen;
Folgenabschätzung
13. unterstreicht die grundlegende Zuständigkeit der Kommission zur Durchführung von Folgenabschätzungen; fordert die Ausarbeitung von Mechanismen, die die Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit der durchgeführten Untersuchungen garantieren; verpflichtet sich gleichzeitig, weiterhin die Folgenabschätzungen hinsichtlich wesentlicher Änderungen, die es an Kommissionsvorschlägen vornimmt, durchzuführen;
14. fordert die Kommission in diesem Sinne auf, dem Parlament und dem Rat zusammen mit der ausführlichen Folgenabschätzung systematisch eine zwei- bis vierseitige Zusammenfassung ihrer Folgenabschätzung zu übermitteln, wenn sie den Gesetzgebungsvorschlag vorlegt;
15. regt alle Ausschüsse des Parlaments an, vor der Erörterung von Gesetzgebungsvorschlägen der Kommission eine Aussprache mit der Kommission zu der Folgenabschätzung durchzuführen;
16. anerkennt aufgrund der bisherigen Erfahrungen die Notwendigkeit einer Revision des Interinstitutionellen gemeinsamen Ansatzes für Folgenabschätzungen und fordert alle Organe auf, ihre Verpflichtungen zu Folgenabschätzungen zu erfüllen; verweist auf die Schlussfolgerungen des Arbeitsdokuments der Konferenz der Ausschussvorsitzenden zu diesem Thema; unterstützt die Initiativen der Ausschüsse des Parlaments, die Kommission aufzufordern, alle Folgenabschätzungen vorzulegen, damit diese von den einschlägigen Ausschüssen gleich zu Beginn und noch vor der ersten Aussprache vollständig geprüft werden können;
17. erinnert die Kommission gleichzeitig daran, dass alle neuen Vorschläge unter umfassender Berücksichtigung sämtlicher Folgen eingeschätzt werden müssen, wobei nach einem integrierten Ansatz zu verfahren ist, der eine Analyse der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und umweltpolitischen Auswirkungen erfordert;
18. unterstreicht besonders das Erfordernis einer Analyse der gesellschaftlichen Folgen der Gesetzgebungsvorschläge, u. a. deren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und den Lebensstandard in Europa; betont erneut, dass man die Auswirkungen von Rechtsvorschriften auf die Wirtschaft sorgfältig überprüfen muss;
19. regt an, dass die Kommission Folgenabschätzungen für alle Vorschläge vornimmt, die die Verwaltungslasten verringern, was eine Analyse eventueller Nebenfolgen dieser Vorschläge ermöglicht;
20. erinnert daran, dass die Kommission für eine objektive Folgenabschätzung systematisch alle interessierten Kreise, einschließlich kleiner und mittlerer Unternehmen, konsultieren muss; hält verbesserte Information der interessierten Kreise über die Möglichkeit der Beteiligung an den Konsultationen für ein unbedingtes Erfordernis und plädiert für eine Verlängerung der bislang auf acht Wochen befristeten Dauer der Konsultationen; fordert die Kommission auf, eine verständliche Liste der für das Folgejahr geplanten Folgenabschätzungen vorzubereiten und zu veröffentlichen, um den interessierten Kreisen die Vorbereitung darauf zu ermöglichen;
21. ist der Auffassung, dass objektive Folgenabschätzungen ein überaus wichtiges Mittel bei der Bewertung von Vorschlägen der Kommission darstellen, und befürwortet deshalb die Kontrolle der Durchführung von Folgenabschätzungen durch eine unabhängige Stelle, die allerdings dem Parlament gegenüber rechenschaftspflichtig sein sollte;
22. unterstreicht, dass die Qualität der Folgenabschätzungen einer ständigen Überwachung unterliegen muss; begrüßt die Stellungnahme des Ausschusses für Folgenabschätzung zur allgemeinen Verbesserung ihrer Qualität; stellt fest, dass der Ausschuss strengere Bewertungskriterien anlegt; stellt gleichzeitig fest, dass der hohe Prozentsatz von Folgenabschätzungen (mehr als 30 %), die anfangs durch den Ausschuss abgelehnt wurden, ein Beweis für die Notwendigkeit ist, deren Qualität durch die entsprechenden Abteilungen der Kommission weiter zu verbessern; verlangt eine Aufstockung der Personalressourcen, die dem Ausschuss zur Verfügung stehen;
23. begrüßt die neuen Leitlinien der Kommission für die Durchführung von Folgenabschätzungen und insbesondere die Einbeziehung eines Fragenkomplexes, der mit den Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang steht; hofft, dass die neuen Leitlinien wesentlich zur Optimierung der Durchführung von Folgenabschätzungen und damit zu einer Verbesserung der Gesetzgebungsvorschläge beitragen werden;
24. begrüßt insbesondere die Tatsache, dass in den neuen Leitlinien der Kommission für Folgenabschätzungen eine Analyse der Auswirkungen kommender Rechtsvorschriften und Verwaltungsinitiativen auf KMU (der KMU-Test) vorgesehen ist und dass die Ergebnisse einer solchen Analyse bei der Erarbeitung von Vorschlägen berücksichtigt werden sollen; betont, dass die systematische Durchführung des KMU-Tests in der Folgenabschätzung der Kommission ein wichtiges Element der Umsetzung des „Small Business Act“ ist und damit erheblich zu einem KMU-freundlichen Regelungsumfeld beiträgt; fordert die Mitgliedstaaten auf, den KMU-Test auf nationaler Ebene durchzuführen;
25. fordert die Kommission auf, die Agenda „smart regulation“, die in den politischen Leitlinien von Kommissionspräsident Barroso dargelegt ist, insbesondere in Bezug auf die zu verstärkenden Anstrengungen im Bereich der ex-post-Bewertung zu präzisieren und in diese Agenda auch quantitative Indikatoren aufzunehmen, insbesondere solche, die im Zusammenhang mit der beabsichtigten Verringerung des bürokratischen Aufwands stehen;
26. fordert die Kommission auf, systematisch ex-post-Bewertungen von angenommenen Rechtsvorschriften vorzunehmen, um unter anderem – soweit dies möglich ist – zu überprüfen, ob die jeweiligen Folgenabschätzungen zutreffend waren;
27. nimmt die vom Rechnungshof eingeleitete Evaluierung des Konzepts der Folgenabschätzung zur Kenntnis und erwartet mit Interesse ihre Ergebnisse;
Verringerung der Verwaltungslasten
28. unterstreicht die Bedeutung einer Verringerung der Kosten von in der Europäischen Union tätigen Unternehmen, um ihnen zu ermöglichen, unter schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen effektiv zu funktionieren und weltweit wettbewerbsfähig zu sein; betont, dass die Verfahren der öffentlichen Verwaltung gestrafft werden müssen; betont, dass man sich bei der Verringerung der Verwaltungslasten auf unnötige Informationspflichten konzentrieren muss, und unterstützt daher uneingeschränkt den „nur einmal“-Grundsatz, der im Small Business Act verankert ist; betont, dass sich eine Verringerung der Verwaltungslasten für die Unternehmen nicht negativ auf Gesellschaft oder Umwelt auswirken darf;
29. begrüßt die Ergebnisse der bisherigen Arbeit der Kommission bei der Erarbeitung von Vorschlägen, die nach ihrer Annahme eine Verringerung der Verwaltungslasten um sogar 33 % bis 2012 ermöglichen, was eine Verbesserung gegenüber der früheren Zusage zur Verringerung um 25 % darstellt; stellt fest, dass die dadurch zu erzielenden Einsparungen über 40 Mrd. EUR betragen könnten[5];
30. verweist insbesondere auf den Fortschritt bei den Arbeiten an den Vorschlägen der Kommission, die das größte Einsparungspotenzial bieten (z. B. die Ausnahme der Kleinstunternehmen von den Anforderungen der Union an die Rechnungslegung sowie die Änderung der Mehrwertsteuerrichtlinie, die die elektronische Rechnungsstellung erleichtern soll); fordert die Mitgliedstaaten auf, konstruktiv im Rat zusammenzuarbeiten und für eine wirksame Umsetzung angenommener Rechtsvorschriften in das nationale Recht zu sorgen;
31. stellt fest, dass sich das Referenzprogramm für die Messung von Verwaltungslasten als eine nützliche aber kostspielige Methode erwiesen hat; ermutigt die Kommission, alternative Methoden für die Messung von Verwaltungslasten, wie z. B. die Konsultation interessierter Kreise, in Betracht zu ziehen, was in Einzelfällen eine schnelle Beseitigung von Lasten ermöglichen würde;
32. betont, dass das Standard-Kostenmodell für die Messung von Verwaltungslasten nicht unabhängig bewertet wurde;
33. vermerkt gleichzeitig eine verhältnismäßig geringe Anzahl von Vorschlägen (148 im Jahr 2008), die online auf einer speziellen Website unterbreitet wurden; ist der Auffassung, dass die Kommission die Tatsache publik machen sollte, dass diejenigen, die von übermäßigen Verwaltungskosten als Folge von europäischen oder nationalen Rechtsvorschriften betroffen sind, hierauf aufmerksam machen können;
34. teilt die Meinung der Kommission, dass die elektronischen Kommunikationsmittel ein ausgezeichnetes Instrument sind, um die Verwaltungslasten zu verringern, und ermutigt sie, die Ideen der Mitteilung e-Kommission 2006-2010 sowie der Strategie i2010, die die Modernisierung der europäischen Verwaltung zum Ziel hat, zu verwirklichen;
35. fordert die Kommission nachdrücklich auf, weiterhin die Maßnahmen der Pläne für die einzelnen Bereiche zur Verringerung der Verwaltungslasten umzusetzen; verpflichtet sich zu einer effektiven Prüfung der entsprechenden Gesetzgebungsvorschläge;
36. stellt den positiven Beitrag der Hochrangigen Gruppe unabhängiger Interessenträger im Bereich Verwaltungslasten zum Programm der Verringerung dieser Lasten, das von der Kommission durchgeführt wird, fest; betont jedoch, dass die Gruppe eine ausgewogenere Zusammensetzung aufweisen sollte und dass mehr Experten aus der Zivilgesellschaft und Experten aus anderen Mitgliedstaaten einbezogen werden sollten; fordert eine Verlängerung des Mandats einer solchermaßen erweiterten Gruppe bis 2013;
37. weist darauf hin, dass die Bürger nicht in der Lage sind, Verwaltungslasten, die sich aus dem europäischen Recht ergeben, von denen zu unterscheiden, die durch einzelstaatliches Recht auferlegt werden, sowie dass die nationalen Verwaltungslasten zu einem negativen Image der Europäischen Union beitragen;
38. weist darauf hin, dass das Programm zur Verringerung der Verwaltungslasten nur erfolgreich sein kann, wenn die Kommission und die Mitgliedstaaten aktiv zusammenarbeiten, um unterschiedliche Auslegungen und das sog. „gold-plating“ von Rechtsvorschriften zu vermeiden;
39. fordert die Mitgliedstaaten auf, konsequent darauf hinzuarbeiten, dass sie ihre eigenen nationalen Ziele bei der Verringerung der Verwaltungslasten erreichen, und hofft auf eine fruchtbare Zusammenarbeit mit den nationalen Parlamenten in diesem Bereich;
40. legt der Kommission nahe, das Aktionsprogramm zur Verringerung der Verwaltungslasten in der EU auf der Grundlage einer Konsultation aller betroffener Beteiligter, einschließlich der Sozialpartner, und der ex-post-Bewertung bestehender Rechtsvorschriften auf neue vorrangige Bereiche und andere Rechtsakte auszudehnen; fordert die Kommission auf, dieses Aktionsprogramm über 2012 hinaus fortzusetzen;
Institutionelle und verfahrenstechnische Bemerkungen
41. begrüßt die bisherigen Bemühungen der Kommission um die Ermittlung und Erarbeitung von Vorschlägen zur Vereinfachung und Kodifizierung des europäischen Rechts; erinnert gleichzeitig an die Notwendigkeit einer guten interinstitutionellen Zusammenarbeit auf diesem Gebiet, insbesondere wenn die Kommission Gesetzgebungsvorschläge zurückzieht, die nicht als wesentlich gelten;
42. fordert die Kommission auf, die Kodifizierung von Rechtsakten fortzusetzen und den für 2009 angekündigten Bericht, in dem im Einzelnen die Ergebnisse des Kodifizierungsprogramms als Ganzes beschrieben werden, vorzulegen[6];
43. unterstreicht, dass bei Gesetzesänderungen stets die Technik der Neufassung benutzt werden sollte; anerkennt und respektiert zugleich die Rechte der Kommission im Gesetzgebungsprozess;
44. betont, dass die anderen Initiativen zur Rechtsvereinfachung dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren und den dafür geltenden Fristen unterliegen; versichert, dass es alle Anstrengungen unternimmt, um die Vorschläge der Kommission so rasch wie möglich zu prüfen;
45. betont, dass es nach dem AEUV[7] dem Parlament und dem Rat ausdrücklich verboten ist, Rechtsakte anzunehmen, die gemäß den Vertragsbestimmungen für den betreffenden Bereich nicht vorgesehen sind;
46. warnt vor dem Verzicht auf notwendige Rechtsvorschriften zu Gunsten von Selbstregulierung, Koregulierung oder jeglicher anderer Maßnahmen nichtlegislativer Art; ist der Ansicht, dass in jedem Einzelfall sorgfältig die Konsequenzen einer derartigen Entscheidung unter Beachtung des Rechts der Verträge und der Rolle der einzelnen Institutionen geprüft werden müssen;
47. betont gleichzeitig, dass die Instrumente des „soft law“ mit der größten Vorsicht und auf einer gebührend gerechtfertigten Grundlage ohne Schaden für die Rechtssicherheit und die Verständlichkeit des geltenden Rechts und nach Anhörung des Parlaments – wie in dessen Entschließung zu einer revidierten Rahmenvereinbarung betont wurde – angewendet werden sollten;
48. nimmt mit Befriedigung den gestrafften Austausch von Informationen und Dokumenten im Zusammenhang mit Durchführungsrechtsakten (Komitologie), insbesondere die Funktionsweise des neuen Regelungsverfahrens mit Kontrolle, zur Kenntnis; hofft, dass sich der Übergang zu dem neuen durch den Lissabon-Vertrag eingeführten System reibungslos und ohne unnötige Verzögerungen vollziehen wird;
49. weist darüber hinaus auf eine Reihe von mit dem Lissabon-Vertrag eingeführten institutionellen Änderungen hin, die Auswirkungen auf die Gesetzgebung in der Europäischen Union haben werden; unterstreicht besonders die Bedeutung der europäischen Bürgerinitiative, die das Potential hat, ein zentrales Element der öffentlichen Debatte in Europa zu werden, und begrüßt den diesbezüglichen Vorschlag der Kommission für eine Verordnung; betont die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit zwischen Parlament und Kommission zur Schaffung eines wirkungsvollen, verständlichen Instruments mit klaren Zulässigkeitskriterien, das im Einklang mit den bewährten Verfahrensweisen des EU-Gesetzgebungsprozesses steht;
50. unterstützt den Vorschlag der Kommission, die Zulässigkeit einer vorgeschlagenen Bürgerinitiative ex-ante schon dann zu prüfen, wenn für diese ein Drittel der erforderlichen Unterstützungsbekundungen vorliegen, wodurch die Enttäuschung der Bürgerinnen und Bürger für den Fall vermieden werden kann, dass die betreffende Initiative für unzulässig erklärt wird;
51. fordert die Kommission auf, nicht nur ihre Frist für die Prüfung einer offiziell vorgelegten Initiative festzulegen, sondern auch die Frist, innerhalb derer sie einen Gesetzgebungsvorschlag unterbreiten wird, falls die Initiative zulässig ist;
52. fordert die Kommission nachdrücklich auf, eine Zusage hinsichtlich der Fristen zu machen, innerhalb derer sie Aufforderungen des Parlaments gemäß Artikel 225 AEUV entsprechen wird; dabei ist die Zusage nach der Rahmenvereinbarung speziell zu erwähnen, binnen drei Monaten nach der Annahme eines legislativen Initiativberichts einen Bericht über die Weiterbehandlung aller Aufforderungen zu Gesetzgebungsinitiativen zu erstellen und spätestens nach einem Jahr einen Gesetzgebungsvorschlag vorzulegen;
53. fordert die Kommission vor dem Hintergrund der bisherigen Entschließungen des Parlaments über die Überwachung der Anwendung des Unionsrechts auf, ihre Rechte nach den Artikeln 258 und 260 AEUV im vollen Umfang zu nutzen, insbesondere im Zusammenhang mit den Fällen, in denen die Mitgliedstaaten Maßnahmen zur Umsetzung einer Richtlinie nicht mitteilen;
54. weist darauf hin, dass Fragen im Zusammenhang mit einer besseren Rechtsetzung unmittelbar mit der Überwachung der Durchsetzung von Unionsrecht in Verbindung stehen;
55. verfolgt aufmerksam die Umsetzung des EU-Pilotprojekts für eine solche Überwachung; ist besorgt, da die vorgeschlagene Methode zur Prüfung von Beschwerden dazu führen könnte, dass sich die Kommission in eine zu große Abhängigkeit von den Mitgliedstaaten begibt;
56. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den nationalen Parlamenten zu übermitteln.
- [1] ABl. C 321 vom 31.12.2003, S. 1.
- [2] Angenommene Texte dieses Datums, P7_TA-PROV(2010)0009.
- [3] Angenommene Texte dieses Datums, P6_TA(2008)0493.
- [4] Angenommene Texte dieses Datums, P6_TA(2008)0494 und P6_TA-PROV(2009)0335.
- [5] Siehe Seite 6 des Aktionsprogramms zur Verringerung der Verwaltungslasten in der EU. Branchenspezifische Pläne zur Verringerung der Verwaltungslasten und Maßnahmen für das Jahr 2009 (KOM(2009)0544).
- [6] Siehe Abschnitt 5 des Dritten Fortschrittsbericht über die Strategie zur Vereinfachung des ordnungspolitischen Umfelds (KOM(2009)0017).
- [7] Artikel 296 Absatz 3 AEUV.
BEGRÜNDUNG
Der Bericht über bessere Rechtsetzung („better law-making“) in der Europäischen Union umfasst durch seine Tragweite sehr viele Probleme. Neben den Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit geht es um die Gesamtstrategie zur Verbesserung des ordnungspolitischen Umfelds („better regulation“) auf europäischer Ebene. Das ist das Programm, das mit der Interinstitutionellen Vereinbarung von 2003 über die bessere Rechtsetzung begann und Gegenstand zahlreicher Entschließungen des Parlaments in den vergangenen zwei Legislaturperioden war. Zu der Strategie gehört insbesondere die Prognose der sozialen, wirtschaftlichen und umweltpolitischen Folgen von Rechtsvorschlägen, die Verringerung der Verwaltungslasten sowie eine Vereinfachung und Vereinheitlichung des bestehenden Rechts.
Der vorliegende Bericht bezieht sich sowohl auf den 15. als auch den 16. Bericht der Kommission über bessere Rechtsetzung, die die Jahre 2007 und 2008 umfassen, die Dritten strategischen Überlegungen zur Verbesserung der Rechtsetzung (vom 28. Januar 2009, einschließlich der Anhänge), das Aktionsprogramm zur Verringerung der Verwaltungslasten vom 22. Oktober 2009 sowie andere von verschiedenen Institutionen verabschiedete Dokumente einschließlich der jüngsten Entschließungen des Parlaments über bessere Rechtsetzung und die Kontrolle der Anwendung des Gemeinschaftsrechts.
Der Bericht bietet darüber hinaus Anlass, sich mit einigen wesentlichen institutionellen Fragen zu befassen, die mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon (am 1. Dezember 2009) im Zusammenhang stehen und Auswirkungen auf die Rechtsetzung in der Zukunft haben werden.
Die wesentlichsten Fragen, die in diesem Entwurf berührt werden, sind:
· Die Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit
Diese Prinzipien stellen die Kernforderungen des Primarrechts dar, durch deren Anwendung das europäische Recht in eine angemessene Relation zu den Erwartungen der Bürger gebracht werden soll. Andererseits ermöglichen diese Prinzipien den Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der eigenen Legislativbefugnisse im Geiste der Zusammenarbeit auf den verschiedenen Regierungsebenen und tragen damit zugleich zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei.
Durch den Vertrag von Lissabon wird die Rolle der nationalen Parlamente im Kontext des Subsidiaritätsprinzips wesentlich gestärkt. Schon jetzt übermittelt die Kommission den Parlamenten alle Entwürfe von Rechtsdokumenten, doch bisher übermitteln nur einige Parlamente regelmäßig ihre Stellungnahmen. In der nächsten Zukunft müssen die nationalen Parlamente zur Zusammenarbeit sowie zur Nutzung der neuen Möglichkeiten ermuntert werden.
· Die Folgenabschätzung
Sie ist ein sehr wesentliches Element des Rechtsetzungsprozesses, und das Parlament hat häufig darauf hingewiesen, dass sie von den Diensten der Kommission mit größter Sorgfalt vorbereitet werden muss. Die Kommission hat, indem sie den Forderungen des Parlaments entsprach, 2006 einen Rat für Folgenabschätzungen berufen, der innerhalb der Kommission angesiedelt und direkt ihrem Vorsitzenden unterstellt. Dieses Organ kontrolliert die Qualität der Folgenabschätzungen, bevor der Entwurf des jeweiligen Rechtsdokuments als offizieller Legislativvorschlag der Kommission vorgelegt wird. Angesichts der Ergebnisse der bisherigen Tätigkeit des Rates ist die Sicherung seiner vollen Unabhängigkeit sowie der entsprechenden Arbeitsbedingungen erforderlich. Gegenwärtig setzt sich der Rat aus fünf Mitgliedern (oder deren Stellvertretern) zusammen, die mit Unterstützung von 15 Vollzeitäquivalenten arbeiten, was nicht ausreichend scheint, wenn man in Betracht zieht, dass er Folgenabschätzungen bewertet, die aus allen Generaldirektionen der Kommission eingehen und alle Bereiche des Rechts umfassen. Im Januar 2009 verabschiedete die Kommission – auch unter dem Einfluss der Stellungnahme des Rates für Folgenabschätzungen – neue Leitlinien für die Vorbereitung von Folgenabschätzungen.
Der Rechtsausschuss hält es für wichtig, in dem vorliegenden Bericht auf die vorstehenden Fragen einzugehen, obwohl er auch einen gesonderten Bericht zur Vorbereitung von Folgenabschätzungen vorbereitet.
· Verringerung der Verwaltungslasten
Mit Blick auf das ehrgeizige Ziel, die aus dem europäischen Recht erwachsenden Verwaltungskosten bis 2012 um 25 % zu verringern, untersucht der Ausschuss sowohl die Methode zur Berechnung dieser Kosten als auch die Zusammenarbeit zwischen den Institutionen der EU und den Mitgliedstaaten bei deren Reduzierung. Von besonderer Bedeutung scheint die Information, dass anhand der Basisberechnung der Verwaltungskosten eingeschätzt werden konnte, dass 72 Rechtsakte der Union 486 Informationsverpflichtungen enthalten, die die Annahme von über 10 000 Umsetzungsmaßnahmen in den Mitgliedstaaten nach sich ziehen. Darüber hinaus wird geschätzt, dass 32 % der aus der EU hergeleiteten Verwaltungslasten das Ergebnis von Entscheidungen einiger Mitgliedstaaten, die über die Erfordernisse der Gesetzgebung der EU hinausgehen (übermäßig rigoristische Umsetzung), sowie der Ineffektivität von Verwaltungsverfahren in diesen Mitgliedstaaten sind. Das zeigt, welche wichtige Rolle den Mitgliedstaaten bei der Verringerung der Verwaltungslasten zukommt, und dass die Umsetzung des Gemeinschaftsrechts grundlegend und aktiv kontrolliert werden muss.
Im Hinblick auf die von der Kommission im Oktober 2009 verabschiedeten branchenspezifischen Pläne zur Verringerung der Verwaltungslasten scheint eine Stellungnahme zu den einzelnen Legislativvorschlägen angebracht. In dem vorliegenden Entwurf wurde zudem die Rolle der Hochrangigen Gruppe unabhängiger Interessenträger im Bereich der Verwaltungslasten gewürdigt, deren Vorsitzender Edmund Stoiber im November 2009 und im Juni 2010 Gast des Rechtsausschusses war.
· Vereinfachung und Vereinheitlichung des Rechts
In diesem Kontext ist der Dritte Fortschrittsbericht über die Strategie zur Vereinfachung des ordnungspolitischen Umfelds zu betrachten, der Informationen über konkrete Vorschläge sowie den Arbeitsplan der Kommission enthält. Das Parlament muss seine Unterstützung für die Strategie und die allgemeinen Ziele dieses Prozesses deutlich machen, wenngleich die Erfahrungen des Rechtsausschusses bezüglich der Aktualisierung des Rechts durch Neufassung und Kodifizierung den Schluss zulassen, dass die interinstitutionelle Zusammenarbeit weiter verbessert werden kann.
Sechs Jahre nach der Unterzeichnung der Interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung lassen sich bereits entsprechende Schlussfolgerungen ziehen und Überlegungen anstellen, wie diese Zusammenarbeit verbessert werden kann. Nach Ansicht des Rechtsausschusses ist es nicht notwendig, bereits im vorliegenden Entwurf Änderungsvorschläge zu den entsprechenden Vereinbarungen (auch beim Gemeinsamen Ansatz für Folgenabschätzungen) zu formulieren. Dagegen lenkt der Bericht die Aufmerksamkeit auf wesentliche Hinweise, die in dem Abschlussbericht der Arbeitsgruppe Parlamentsreform sowie in der Entschließung vom 9. Februar 2009 zu einer revidierten Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission enthalten sind.
Im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon weist der Ausschuss außerdem insbesondere auf die europäische Bürgerinitiative hin, die den Bürgern die aktive Beteiligung am europäischen Rechtsetzungsprozess ermöglicht. Erwähnenswert ist auch die durch den Vertrag eingeführte neue Aufteilung in delegierte Rechtsakte und Durchführungsakte.
STELLUNGNAHME des Ausschusses für konstitutionelle Fragen (4.5.2010)
für den Rechtsausschuss
zur besseren Rechtsetzung – 15. Jahresbericht der Europäischen Kommission über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit gemäß Artikel 9 des Protokolls
(2009/2142(INI))
Verfasser der Stellungnahme: Tadeusz Zwiefka
VORSCHLÄGE
Der Ausschuss für konstitutionelle Fragen ersucht den federführenden Rechtsausschuss, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:
A. in der Erwägung, dass der Vertrag von Lissabon das Europäische Parlament im Rechtsetzungsprozess gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren auf eine Stufe mit dem Rat stellt,
B. in der Erwägung, dass der Vertrag von Lissabon durch die Einführung der Europäischen Bürgerinitiative den Bürgern und Bürgerinnen der Europäischen Union die Möglichkeit bietet, ein Rechtssetzungsverfahren zu beantragen,
C. in der Erwägung, dass die Europäische Kommission am 31. März 2010 den Vorschlag für eine Verordnung, die Verfahren und Bedingungen einer solchen Bürgerinitiative festlegt, vorgelegt hat,
D. in der Erwägung, dass das Parlament gemäß Artikel 225 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union die Möglichkeit hat, die Kommission aufzufordern, geeignete Vorschläge zu Fragen zu unterbreiten, die nach seiner Auffassung die Ausarbeitung eines Unionsakts zur Durchführung der Verträge erfordern,
E. in der Erwägung, dass die Charta der Grundrechte der Europäischen Union unter den Bürgerrechten das Recht auf gute Verwaltung aufführt, die nur aufgrund von transparenten und für die Bürger verständlichen Rechtsvorschriften funktionieren kann,
1. drängt darauf, dass die Kommission gemäß der politischen Einigung auf der Grundlage der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Februar 2010 zu einer Rahmenvereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission alle Anstrengungen unternimmt, damit das Parlament und der Rat im Rahmen der Rechtsetzung gleichberechtigt behandelt werden und so der im Vertrag von Lissabon verankerte Grundsatz der Gleichbehandlung von Parlament und Rat umgesetzt wird, insbesondere indem sie beide Organe gleichzeitig über alle den Rechtsetzungsprozess beeinflussenden Ereignisse und Entwicklungen unterrichtet und ihnen gleichberechtigten Zugang zu Sitzungen und die Übermittlung von Beiträgen oder anderen Informationen gewährleistet;
2. fordert die Kommission auf, in enger Zusammenarbeit mit dem Parlament umgehend die erforderlichen Rechtsmittel und organisatorischen Maßnahmen zu erarbeiten, damit die Bürger der Europäischen Union in die Lage versetzt werden, das ihnen in Artikel 11 des Vertrags von Lissabon zuerkannte Recht, ein Rechtsetzungsverfahren einzuleiten, wahrzunehmen;
3. drängt darauf, dass die Kommission eine Zusage hinsichtlich der Fristen macht, innerhalb deren sie den Forderungen des Parlaments aufgrund von Artikel 225 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union nachkommen wird; dabei sind insbesondere die in der Rahmenvereinbarung eingegangenen Zusagen einzuhalten, binnen drei Monaten nach der Annahme eines legislativen Initiativberichts über die konkrete Weiterbehandlung aller Aufforderungen zur Vorlage von Rechtsetzungsinitiativen zu berichten und spätestens nach einem Jahr einen Gesetzesvorschlag vorzulegen;
4. unterstreicht, dass es unbedingt einer Rechtsetzung bedarf, die einfach, transparent und für die Bürger der Union verständlich ist;
ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS
Datum der Annahme |
3.5.2010 |
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Ergebnis der Schlussabstimmung |
+: –: 0: |
20 1 0 |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder |
Carlo Casini, Andrew Duff, Roberto Gualtieri, Zita Gurmai, Gerald Häfner, Stanimir Ilchev, Ramón Jáuregui Atondo, Constance Le Grip, David Martin, Morten Messerschmidt, Potito Salatto, György Schöpflin, Indrek Tarand, Rafał Trzaskowski |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen) |
Marietta Giannakou, Enrique Guerrero Salom, Alain Lamassoure, Íñigo Méndez de Vigo, Vital Moreira, Helmut Scholz |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 187 Abs. 2) |
Maria Da Graça Carvalho |
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ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS
Datum der Annahme |
23.6.2010 |
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Ergebnis der Schlussabstimmung |
+: –: 0: |
21 0 0 |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder |
Raffaele Baldassarre, Luigi Berlinguer, Sebastian Valentin Bodu, Françoise Castex, Christian Engström, Marielle Gallo, Lidia Joanna Geringer de Oedenberg, Klaus-Heiner Lehne, Antonio López-Istúriz White, Antonio Masip Hidalgo, Alajos Mészáros, Bernhard Rapkay, Evelyn Regner, Alexandra Thein, Diana Wallis, Zbigniew Ziobro, Tadeusz Zwiefka |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen) |
Jan Philipp Albrecht, Piotr Borys, Sajjad Karim, Kurt Lechner, Angelika Niebler, József Szájer |
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