EMPFEHLUNG zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss des Interims-Partnerschaftsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und den Pazifik-Staaten andererseits

9.12.2010 - (05078/2010 – C7‑0036/2010 – 2008/0250(NLE)) - ***

Ausschuss für internationalen Handel
Berichterstatter: David Martin
PR_NLE-AP_art90

Verfahren : 2008/0250(NLE)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A7-0365/2010

ENTWURF EINER LEGISLATIVEN ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss des Interims-Partnerschaftsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und den Pazifik-Staaten andererseits

(05078/2010 – C7‑0036/2010 – 2008/0250(NLE))

(Zustimmung)

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis des Entwurfs eines Beschlusses des Rates (05078/2010),

–   unter Hinweis auf den Entwurf des Interims-Partnerschaftsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und den Pazifik-Staaten andererseits (05558/2/2009),

–   in Kenntnis des vom Rat gemäß Artikel 207 Absatz 4 und Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterbreiteten Ersuchens um Zustimmung (C7-0036/2010),

–   gestützt auf Artikel 81 und Artikel 90 Absatz 8 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis der Empfehlung des Ausschusses für internationalen Handel sowie der Stellungnahmen des Entwicklungsausschusses und des Fischereiausschusses (A7‑0365/2010),

1.  gibt seine Zustimmung zu dem Abschluss des Abkommens;

2.  beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Pazifik-Staaten zu übermitteln.

BEGRÜNDUNG

Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA)

Die AKP-Staaten und die EU vereinbarten im Jahr 2000 den Abschluss neuer Handelsabkommen, die mit den Vorschriften der Welthandelsorganisation (WTO) vereinbar sein und an die Stelle des damaligen Systems einseitiger EU-Präferenzen für Einfuhren aus den AKP-Staaten treten sollten.

Die Verhandlungen über die neuen Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) wurden 2002 mit dem Ziel aufgenommen, sie bis zum 31. Dezember 2007 abzuschließen, weil die WTO-Ausnahmeregelung für die bestehenden Handelsabkommen zwischen den AKP-Staaten und der EU am 1. Januar 2008 auslief. Da die WPA den Ausbau und die Intensivierung der regionalen Integrationsprozesse in den AKP-Staaten zum Ziel haben, wurden die Verhandlungen mit sechs selbsterklärten WPA-Regionalverbünden auf regionaler Ebene geführt.

Die WPA-Verhandlungen fanden auf übergeordneter Ebene mit allen AKP-Staaten statt, um die Querschnittsthemen festzulegen, während sie auf nationaler und regionaler Ebene geführt wurden und auch gegenwärtig fortgeführt werden, um gebietsspezifische Fragen zu behandeln.

Bislang ist das CARIFORUM der einzige Regionalverbund, der ein umfassendes WPA unterzeichnet hat.

Da im Rahmen der anderen Verhandlungen der Abschluss umfassender WPA für alle AKP-Partner bzw. ‑Regionen unwahrscheinlich war, wurde beschlossen, Interims-WPA abzuschließen, in denen der Schwerpunkt auf dem Warenhandel und der Vereinbarkeit mit den WTO-Regelungen bis Ende 2007 lag und mit denen die Absicht verfolgt wurde, im Laufe des Jahres 2008 umfassende WPA auszuhandeln.

Im Pazifikraum haben mit Fidschi und Papua-Neuguinea nur die größten Volkswirtschaften ein Interims-WPA abgeschlossen.

Interims-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (IWPA)

Interims-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen sind Abkommen über den Warenhandel, mit denen Störungen des Handels zwischen den AKP-Staaten und der EU verhindert werden sollen. Zwar können Interims-WPA als erster Schritt auf dem Weg zu einem vollwertigen WPA betrachtet werden, jedoch handelt es sich im rechtlichen Sinne um vollkommen unabhängige internationale Abkommen, die nicht zwangsläufig zu vollwertigen WPA führen müssen.

Es ist außerdem darauf hinzuweisen, dass die mögliche Zustimmung des Parlaments zu einem Interims-WPA den Standpunkt des Parlaments in Bezug auf die Zustimmung zu dem vollwertigen WPA nicht präjudiziert, da sich das entsprechende Verfahren auf zwei unterschiedliche internationale Abkommen bezieht.

Fidschi

Fidschi ist ein Inselstaat mit 854 000 Einwohnern, von denen 87 % auf den beiden größten der insgesamt 322 Inseln leben. In der Vergangenheit geriet das Land mehrmals durch Militärputsche in eine schwierige politische Lage, und es kam zu Spannungen zwischen indigenen Fidschianern und den dort im 19. Jahrhundert angesiedelten Indern.

Weitere Probleme, mit denen das Land konfrontiert war, betrafen die Zucker- und Textilindustrie, den Verlust von Facharbeitern durch Emigration, also eine Abwanderung qualifizierter Arbeitskräfte, und Naturkatastrophen wie Zyklone.

In der Vergangenheit lag der Schwerpunkt der Beziehungen der EU zu Fidschi auf Unterstützung für den ländlichen Raum und Bildung. Fidschi kommt im Zuge der Begleitmaßnahmen zur Zuckermarktreform in den Genuss eines verbesserten Marktzugangs für Zucker. Das Land hat der EU Zusagen in wesentlichen Bereichen wie Menschenrechte, demokratische Grundsätze und Rechtsstaatlichkeit gegeben. Der Rat hat einen verbesserten politischen Dialog zwischen den beiden Gruppen beschlossen und einen Rahmen für die künftige Zusammenarbeit geschaffen.

Papua-Neuguinea

Papua-Neuguinea ist der größte Inselstaat der Region. Der Anteil an der Bevölkerung der Region und am Handelsvolumen mit der EU beläuft sich jeweils auf 70 %. In dem ethnisch vielfältigen Staat aus 344 Inseln werden etwa 800 Sprachen gesprochen. Die Mehrheit der Bevölkerung lebt von der traditionellen Subsistenzwirtschaft. Durch die Ausbeutung von Bodenschätzen wurden Umweltschäden verursacht. Die Entwicklungszusammenarbeit wird durch eine engere Zusammenarbeit zwischen der Regierung Papua-Neuguineas und Australien als größtem Geberland gestärkt. Der Hauptschwerpunkt in der Entwicklungszusammenarbeit zwischen der EU und Papua-Neuguinea lag auf der Entwicklung des ländlichen Raums und damit zusammenhängenden Vorhaben. Die Entwicklung der Humanressourcen, die Bewirtschaftung der Bodenschätze und die Entwicklung im Bereich Bildung werden als nutzbringende Vorhaben hervorgehoben, um bessere Dienstleistungen anzubieten und die Einkommensquellen auszubauen.

Interims-Partnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den Pazifik-Staaten

Das Interims-Abkommen zwischen Papua-Neuguinea, Fidschi und der Europäischen Gemeinschaft wurde am 14. Dezember 2007 paraphiert. Diese beiden Staaten waren die einzigen aus dem Pazifikraum, die dem Abkommen beitraten, während die anderen Mitglieder des Regionalverbunds Pazifik aufgrund ihres geringen Warenhandelsvolumens mit der EU beschlossen haben, das Abkommen nicht zu unterzeichnen.

Fidschi und Papua-Neuguinea hatten das Abkommen hauptsächlich in der Hoffnung abgeschlossen, auf diese Weise ihre Zucker- und Thunfischindustrie zu schützen, zwei Branchen, die im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems in großem Umfang in Mitleidenschaft gezogen worden wären.

In dem Interims-Abkommen werden Ursprungsregeln und der Marktzugang behandelt. Was die Ursprungsregeln angeht, enthält das Abkommen Bestimmungen in Bezug auf die Fischerei, Textilwirtschaft und Landwirtschaft, die zu Investitionen führen und Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnen. Was den Marktzugang betrifft, würde ein zoll- und kontingentfreier Marktzugang gewährt, der ebenfalls Investitionen ermöglichen und Beschäftigungsmöglichkeiten bieten soll. Die Themen Handel und Entwicklung sollen in einem größeren regionalen Rahmen behandelt werden. Im Zuge des Interims-Abkommens mussten die Regierungen durch die Abtretung von Regelungsbefugnissen auch politischen Spielraum aufgeben.

Kritik

Die Verhandlungen über das Interims-Abkommen waren starker Kritik von Mitgliedern der Zivilgesellschaft und Politikern aus dem Pazifikraum ausgesetzt. Es wurde Kritik an der Verhandlungsstrategie der EU geübt; insbesondere an dem Druck, dem Fidschi und Papua-Neuguinea ausgesetzt waren, weil sie damit rechnen mussten, bei Nichtunterzeichnung des Interims-Abkommens den präferenziellen Zugang zu europäischen Märkten einzubüßen. Zivilgesellschaftliche Gruppen machten bei der Kritik an dem Vorgehen der EU geltend, dadurch würde die Solidarität unter den Pazifik-Staaten geschwächt. Die Kritik bezog sich auch darauf, dass sich die EU bei WPA lediglich davon leiten lasse, sich den Zugang zu Rohstoffen zu sichern und dafür zu sorgen, dass Konkurrenten wie China keinen Zugang dazu erlangen bzw. die Rohstoffe nicht durch Wertschöpfungsprozesse im Ursprungsland veredelt werden.

Auswirkungen auf regionaler Ebene und auf die Beziehungen zu Dritten

Die regionale Solidarität hat nach Ansicht der Kritiker des Interims-Abkommens deutlich abgenommen. Die WPA kamen zustande, als die einzelnen Regionalverbünde (ausgenommen das CARIFORUM) durch den politischen und zeitlichen Druck auseinanderbrachen und anschließend Interims-Abkommen abgeschlossen wurden. Der Regionalverbund Pazifik der AKP-Staaten besteht aus 14 Inselstaaten mit insgesamt 7 Millionen Einwohnern. Von ihrer Größe und Beschaffenheit her unterscheiden sich die Pazifik-Staaten in stärkerem Maße als die Staaten aller anderen Regionen. Das IWPA sollte nicht dazu führen, dass sowohl das politische Interesse an der wirtschaftlichen Integration im Pazifikraum als auch die positive Einstellung der Bevölkerung dazu abnimmt.

Das Abkommen hat möglicherweise auch Konsequenzen für die Beziehungen zwischen dem Pazifikraum und seinen engsten und größten Handelspartnern Australien und Neuseeland. Die Bestimmungen des derzeitigen Abkommens in Bezug auf den Warenhandel könnten sich als Hemmnis für künftige Handelsabkommen mit diesen Ländern erweisen. Beispielsweise müssten alle künftigen Handelszugeständnisse zwischen dem Pazifikraum und Australien als seinem größten Handelspartner auch der EU gewährt werden. Deshalb hat das WPA Folgen für künftige Handelsverhandlungen zwischen dem Pazifikraum sowie Australien und Neuseeland. Das Pazifik-Abkommen über engere Wirtschaftsbeziehungen (PACER) schreibt vor, dass vor dem Abschluss eines Abkommens zwischen den AKP-Staaten des Pazifikraums mit einem anderen Industrieland Australien und Neuseeland zu konsultieren sind, die einer Diskriminierung wohl kaum zustimmen dürften.

Besondere Bestimmungen über die Ursprungsregeln

Der Zweck der besonderen Bestimmungen über die Ursprungsregeln für Fischereierzeugnisse ist der Ausbau der Fischverarbeitungskapazitäten in den AKP-Staaten des Pazifikraums, um vor Ort Arbeitsplätze und Einkommensmöglichkeiten zu schaffen. Die Fischindustrie ist insbesondere für Frauen einer der Haupterwerbszweige. Nach Auffassung der Kommission ist die Gefahr einer Destabilisierung der EU-Märkte gering, weil die Fangkapazität der Fischereiflotte der Pazifik-Staaten, das Angebot an vollständig gewonnenem oder hergestelltem Fisch und die Verarbeitungskapazität an Land begrenzt sind. Es liegen aber auch Informationen vor, in Papua-Neuguinea seien neue Thunfischverarbeitungsanlagen sowie Zulieferbetriebe und die dazugehörige Infrastruktur im Aufbau – zusätzlich zu den drei in Betrieb befindlichen derartigen Anlagen. Deshalb muss die Lage genau überwacht werden, und die Kommission wird aufgefordert, dem Parlament einen Bericht über diese besonderen Merkmale des Fischereisektors der Pazifik-Staaten und über die Bewirtschaftung der Fischbestände im Pazifik einschließlich der Verfahren im Bereich nachhaltige Entwicklung vorzulegen.

Umfassende WPA-Verhandlungen

Die Kommission hofft, mit dem Regionalverbund Pazifik ein umfassendes Wirtschaftspartnerschaftsabkommen abschließen zu können, und gegenwärtig laufen Gespräche mit allen 14 Ländern als Region.

Nach Konsultation vieler Vertreter Papua-Neuguineas und der Republik Fidschi-Inseln wird die Ansicht vertreten, das Europäische Parlament sollte dem Interims-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und den Pazifik-Staaten andererseits seine Zustimmung geben, sofern die Kommission und der Rat fest zusagen, für Folgendes Sorge zu tragen:

–    Der Anteil an den Mitteln für die Handelshilfe wird frühzeitig festgelegt und bereitgestellt. Bei diesen Mitteln sollte es sich um zusätzliche Ressourcen und nicht um eine bloße Umschichtung von EEF-Mitteln handeln. Sie sollten den Prioritäten Papua-Neuguineas und der Republik Fidschi-Inseln entsprechen. Ihre Auszahlung sollte fristgerecht, kalkulierbar und entsprechend den zeitlichen Vorgaben für die Durchführung der nationalen und regionalen Pläne für die strategische Entwicklung erfolgen.

–    Im Rahmen des umfassenden WPA sollte ein Parlamentarischer Ausschuss eingerichtet werden, der die Durchführung des Abkommens überwacht und dessen Zusammensetzung seitens des EP mit der Zusammensetzung des Gemischten Parlamentarischen Ausschusses CARIFORUM-EU übereinstimmt.

–    Das umfassende WPA sollte eine Revisionsklausel enthalten und eine allgemeine Folgenabschätzung vorsehen, die innerhalb von drei bis fünf Jahren nach Unterzeichnung des Abkommens vorgenommen werden sollte, um die sozioökonomischen Auswirkungen des Abkommens einschließlich der mit seiner Durchführung verbundenen Kosten und Folgen festzustellen.

–    Dem Parlament wird ein Bericht über die genannten besonderen Merkmale des Fischereisektors der Pazifik-Staaten vorgelegt.

STELLUNGNAHME des Fischereiausschusses (27.10.2010)

für den Ausschuss für internationalen Handel

zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates über den Abschluss des Interims-Partnerschaftsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und den Pazifik-Staaten andererseits
(05078/2010 – C7‑0036/2010 – 2008/0250(NLE))

Verfasserin der Stellungnahme: Carmen Fraga Estévez

KURZE BEGRÜNDUNG

1. Inhalt des Vorschlags

Am 23. November 2007 schlossen die Europäische Kommission, Papua-Neuguinea und Fidschi ein neues Interimsabkommen, mit dem Ziel, den Pazifik-Staaten zu ermöglichen, künftig von dem durch die Europäische Union im Rahmen der Verhandlungen über die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) angebotenen verbesserten Zugang zum Gemeinschaftsmarkt zu profitieren. Gleichzeitig beabsichtigte man damit, in Erwartung des Abschlusses eines vollständigen WPA eine Störung des Handels zwischen den Pazifik-Staaten und der Europäischen Gemeinschaft bei Auslaufen der im Cotonou-Abkommen festgelegten Handelspräferenzen am 31. Dezember 2007 zu verhindern.

Im Rahmen dieses Abkommens, das seit dem 1. Januar 2008 provisorisch angewandt wird, werden abgesehen von einer eng begrenzten Zahl von Ausnahmen die Zölle auf sämtliche Waren, die ihren Ursprung in einem Pazifik-Staat haben, beseitigt. Unter diese Regelung fallen alle Fischereierzeugnisse.

Die Ursprungsregeln sind außerdem in einem Protokoll zu dem Abkommen ausführlich dargelegt. Gemäß diesen Regeln wird der Ursprung der Rohstoffe – in diesem Fall der Fischereiroherzeugnisse – in den Pazifik-Staaten anhand der Herkunft der Schiffe mit der Flagge der betreffenden Länder bestimmt, auch wenn die Erzeugnisse außerhalb ihrer Territorialgewässer aus dem Meer gewonnen wurden. Es existieren demnach bestimmte Kriterien (Registrierungsland, Flaggenstaat, Schiffseigner), um die Zugehörigkeit der Schiffe zu den begünstigten Staaten in ausreichendem Maße festzustellen.

Der Ursprung von verarbeiteten Fischereierzeugnissen und insbesondere von Fischkonserven der Position SH 1604 wird normalerweise anhand hinreichend genau festgelegter Bedingungen bezüglich der Verarbeitung der Rohstoffe bestimmt, die in einer Liste im Anhang des Protokolls aufgeführt sind und durch die die Menge der verwendeten Rohstoffe, die nicht aus den begünstigten Staaten stammen, für die Bestimmung des Ursprungs der Endprodukte auf 15 % begrenzt wird.

Eine Ausnahmeregelung zu dieser Regel ermöglicht es den Pazifik-Staaten jedoch, die Zuerkennung des Ursprungs in einem dieser Staaten und mithin den vollkommen zollfreien Zugang zum EU-Markt für Erzeugnisse der Position SH 1604 zu erhalten, die in Produktionsanlagen auf dem Hoheitsgebiet eines solchen Staates aus Rohstoffen hergestellt werden, die ihren Ursprung nicht in einem dieser Staaten haben, aber in einem Hafen des betreffenden Staates angelandet wurden. Wenn ein Staat von dieser Ausnahmeregelung Gebrauch machen will, muss er lediglich die Kommission davon in Kenntnis setzen, dass aufgrund der jeweiligen Umstände Rohstoffe mit Ursprung in einem der begünstigten Staaten nicht in ausreichender Menge vorhanden sind, um den Versorgungsbedarf der verarbeitenden Industrie des Landes zu decken, d. h. dass die Fangkapazität der unter ihrer Flagge fahrenden Schiffe nicht ausreicht, um ihre verarbeitende Industrie mit Rohstoffen zu versorgen.

Dies bedeutet, dass die verarbeitenden Industrien der durch das Abkommen begünstigten Länder verarbeitete Fischereierzeugnisse in die Europäische Union zollfrei ausführen dürfen, selbst wenn diese von Flotten und aus Staaten stammen, denen nach Gemeinschaftsrecht diese Zollvergünstigungen nicht gewährt werden.

2. Standpunkt der Verfasserin der Stellungnahme:

Die Verfasserin der Stellungnahme möchte an erster Stelle auf die sehr große Unzufriedenheit und Enttäuschung des Fischereisektors der Gemeinschaft angesichts dieser Sachlage hinweisen und hebt die beträchtlichen negativen Auswirkungen dieses Abkommens auf den Fischereisektor und insbesondere auf den Sektor der Thunfischkonserven hervor, die sich aus der vollkommen überzogenen Ausnahmeregelung zu den Regeln zur Ursprungsbestimmung ergeben, die in dieses Abkommen aufgenommen worden ist.

Die Regeln für den Präferenzursprung haben hauptsächlich zum Ziel, eine hinreichende wirtschaftliche Verbindung zwischen den in die EU eingeführten Erzeugnissen und den Ländern herzustellen, die durch die von der EU eingeräumten Präferenzen begünstigt werden, indem sichergestellt wird, dass diese Präferenzen nicht unberechtigt zum Nutzen anderer Länder umgelenkt werden, denen sie nicht zugedacht waren. Mit dem Abkommen wird genau das Gegenteil davon erreicht.

Für Erzeugnisse mit einem derart geringen Mehrwert wie Thunfischkonserven war bisher im Rahmen der Gesamtheit der von der EU angewandten unabhängigen Präferenzabkommen und -regelungen stets vorgesehen, dass das Endprodukt nur dann als ein Erzeugnis mit Ursprung in einem begünstigten Land gelten konnte, wenn der größte Teil der verwendeten Rohstoffe selbst auch seinen Ursprung in einem solchen Land hatte, d. h. im Rahmen von Fischfangtätigkeiten gewonnen wurde, die mittels Schiffen durchgeführt wurden, die in ausreichendem Maße dem betreffenden begünstigten Staat zugehörig sind.

Die Ausnahmeregelung, die den Pazifik-Staaten zugestanden worden ist und von Papua-Neuguinea aktiv genutzt wird, hat dieses Land zu einer wahren „Drehscheibe“ für die Verarbeitung von enormen Mengen von Thunfisch jeglicher Herkunft (Philippinen, Thailand, China, Vereinigte Staaten, Australien usw.) gemacht, der in den Häfen des Landes angelandet wird, um in vor Ort errichteten Fabriken von Betreibern aus den betreffenden Ländern in aller Eile verarbeitet zu werden mit dem einzigen Ziel, in den Genuss der vollständigen Zollfreiheit zu kommen, die von der EU gemäß dem genannten Interimsabkommen gewährt worden ist (wobei auf die direkten Ausfuhren dieser Staaten entweder ein Meistbegünstigungszollsatz von 24 % oder lediglich ein im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems gesenkter Zollsatz erhoben wird).

Wenn man bedenkt, dass die Mehrheit dieser Länder zudem in unmittelbarem Wettbewerb mit den Erzeugern der Gemeinschaft stehen, hat der Umfang, den diese Erscheinung angenommen hat, zu erheblichen Störungen des Marktes für Thunfischkonserven und zu einem vollkommen unfairen Wettbewerb in einem Sektor des verarbeitenden Gewerbes geführt, in dem Europa aufgrund wesentlich höherer Lohnkosten und deutlich strengerer Auflagen im Bereich der Umwelt- und Hygienestandards sowieso bereits wirtschaftlich benachteiligt ist, sodass in diesem Sektor heute Tausende Arbeitsplätze ernsthaft gefährdet sind. Die Regelung führt zudem zu schwerwiegenden Nachteilen für die anderen AKP-Staaten oder die Begünstigten des Allgemeinen Präferenzsystems, die keine ähnliche Abweichung vereinbart haben und deshalb beim Betrieb ihrer Verarbeitungsanlagen nur auf ihre eigenen Rohstoffe zurückgreifen können.

Die von der Kommission oft angeführte Begründung, dass hierdurch die Entwicklung der Pazifik-Staaten gefördert werde, da die Maßnahme die Investitionstätigkeit in diesen Ländern ankurbele, ist in Wahrheit nicht stichhaltig, wenn man bedenkt, dass die vor Ort zur Ausnutzung des „Mitnahmeeffekts“ der Abweichung von den Ursprungsregeln errichteten Fabriken über eine vollkommen elementare Ausstattung verfügen, statt einheimischer Arbeitskräfte überwiegend aus anderen Ländern der Region stammendes asiatisches Personal beschäftigen, extrem niedrige Löhne zahlen und vermutlich die Umwelt schädigen.

Ohne die anderweitigen möglichen Verdienste des Abschlusses des Interims-Partnerschaftsabkommens mit den Pazifik-Staaten in Abrede stellen zu wollen, möchte der Fischereiausschuss doch den federführend mit der Einholung der Zustimmung des Parlaments zu diesem Abschluss beauftragten Ausschuss für internationalen Handel auf den verhängnisvollen und zweckwidrigen Charakter der in Artikel 6 Absatz 6 vorgesehenen Ausnahmeregelung zu den Ursprungsregeln aufmerksam machen.

Die Verfasserin der Stellungnahme begrüßt indes die mehrfach abgegebenen Zusicherungen der Kommission, dass keinem weiteren Präferenzpartner der EU eine derartige Ausnahmeregelung zugestanden werde, und ist der Ansicht, dass diese Zusicherungen außerdem als Eingeständnis betrachtet werden können, einen Fehler begangen zu haben. Auch wenn eine Wiedergutmachung der dem Fischereisektor im Zeitraum der vorläufigen Anwendung der Ausnahmeregelung durch diesen Fehler zugefügten Schäden inzwischen nicht mehr möglich ist, vertraut die Verfasserin der Stellungnahme doch darauf, dass diese Regelung zum frühestmöglichen Zeitpunkt wieder aufgehoben wird.

******

Der Fischereiausschuss fordert den federführenden Ausschuss für internationalen Handel auf, dem Parlament vorzuschlagen, seine Zustimmung zum Abschluss des Abkommens zu erteilen, dabei jedoch die folgenden Punkte in den Entwurf einer legislativen Entschließung aufzunehmen:

1.   fordert nachdrücklich, die gemäß Artikel 6 Absatz 6 des Protokolls II zu dem Interims-Partnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und den Pazifik-Staaten andererseits vorgesehene Abweichung von den Ursprungsregeln für Fischverarbeitungserzeugnisse bis zum Abschluss von Konsultationen gemäß Buchstabe d des genannten Artikels auszusetzen;

2.   fordert die Kommission auf, dafür Sorge zu tragen, dass das endgültige Partnerschaftsabkommen mit den Pazifik-Staaten, das gegenwärtig noch ausgehandelt wird, keine Ausnahmeregelung der genannten Art zur Ursprungsregelung für verarbeitete Fischereierzeugnisse enthält.

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

26.10.2010

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

19

2

0

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Josefa Andrés Barea, Antonello Antinoro, Kriton Arsenis, Alain Cadec, João Ferreira, Carmen Fraga Estévez, Pat the Cope Gallagher, Marek Józef Gróbarczyk, Carl Haglund, Iliana Malinova Iotova, Werner Kuhn, Isabella Lövin, Gabriel Mato Adrover, Guido Milana, Maria do Céu Patrão Neves, Britta Reimers, Crescenzio Rivellini, Ulrike Rodust, Struan Stevenson, Catherine Trautmann, Jarosław Leszek Wałęsa

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter

Diane Dodds

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

1.12.2010

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

20

7

0

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

William (The Earl of) Dartmouth, Laima Liucija Andrikienė, David Campbell Bannerman, Harlem Désir, Christofer Fjellner, Joe Higgins, Yannick Jadot, Metin Kazak, Bernd Lange, David Martin, Vital Moreira, Godelieve Quisthoudt-Rowohl, Tokia Saïfi, Helmut Scholz, Peter Šťastný, Robert Sturdy, Keith Taylor, Paweł Zalewski

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter

George Sabin Cutaş, Małgorzata Handzlik, Salvatore Iacolino, Syed Kamall, Maria Eleni Koppa, Jörg Leichtfried, Michael Theurer, Jarosław Leszek Wałęsa

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 187 Abs. 2)

Markus Pieper, Giommaria Uggias