BERICHT über die Ernennung von Harald Wögerbauer zum Mitglied des Rechnungshofs

3.3.2011 - (C7‑0029/2011 – 2011/0801(NLE))

Haushaltskontrollausschuss
Berichterstatterin: Inés Ayala Sender

Verfahren : 2011/0801(NLE)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A7-0048/2011
Eingereichte Texte :
A7-0048/2011
Aussprachen :
Angenommene Texte :

VORSCHLAG FÜR EINEN BESCHLUSS DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

über die Ernennung von Harald Wögerbauer zum Mitglied des Rechnungshofs

(C7‑0029/2011 – 2011/0801(NLE))

(Konsultation)

Das Europäische Parlament,

–   gestützt auf Artikel 286 Absatz 2 des AEU-Vertrags, gemäß dem es vom Rat konsultiert wurde (C7‑0029/2011),

–   nach Anhörung des vom Rat vorgeschlagenen Kandidaten für die Ausübung der Aufgaben eines Mitglieds des Rechnungshofs durch den Haushaltskontrollausschuss in dessen Sitzung vom 3. März 2011,

–   gestützt auf Artikel 108 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Haushaltskontrollausschusses (A7-0048/2011),

A. in der Erwägung, dass Harald Wögerbauer die Bedingungen gemäß Artikel 286 Absatz 1 des AEU-Vertrags erfüllt/nicht erfüllt,

1.  gibt eine befürwortende/ablehnende Stellungnahme zu dem Vorschlag des Rates ab, Harald Wögerbauer zum Mitglied des Rechnungshofs zu ernennen;

2.  beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss dem Rat und – zur Information – dem Rechnungshof sowie den übrigen Organen der Europäischen Union und den Rechnungskontrollbehörden der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

ANLAGE 1: LEBENSLAUF VON Harald Wögerbauer

MR/PR Mag. Dr. Harald Wögerbauer

Stadiongasse 5/1

1010 Wien

E-Mail: harald.woegerbauer@oevpklub.at

Telefonnummer: +431/40110/4403

Persönliche Daten:

geboren: 27.Juli 1953 in Wien

verheiratet, zwei Kinder

Ausbildung:

1959 – 1963:Volksschule in Wien

1963 – 1971:    Gymnasium der Stiftung Theresianische Akademie in Wien

1971: Abschluss mit Reifeprüfung

1971 – 1972:Präsenzdienst beim österreichischen Bundesheer

1971 – 1974:Studium der Rechtswissenschaft und der Volkswirtschaft

1974:Abschluss des Studiums der Rechte mit Magisterium und Doktorat Studium der politischen Wissenschaften in Frankreich

1975 – 1976: Dienstprüfung für den akademischen Rechtskundigen Dienst des

Bundes sowie Dienstprüfung für den gehobenen Rechnungsdienst

Berufslaufbahn:

seit 1974:Mitglied des österreichischen Rechnungshofes

1974 – 1979:Prüfer im Rechnungshof – zuständig für die Prüfung der

österreichischen Sozialversicherungsträger

seit 1979:Dienstzugeteilt an das österreichische Parlament und in der Folge an den Parlamentsklub der Österreichischen Volkspartei – zuständig u.a. für Rechnungshofausschuss – Ausschuss für Arbeit und Soziales – Gesundheitsausschuss - Außenpolitischer Ausschuss – Wissenschaftsausschuss – Wirtschaftsausschuss – Verfassungsausschuss – Industrieausschuss und Volksanwaltschaftsausschuss

seit 1992:Politischer Direktor des ÖVP-Parlamentsklubs

seit 1995:Ministerialrat des Rechnungshofes und

seit 1999:Parlamentsrat der Parlamentsdirektion

weitere Funktionen im Rahmen meiner Berufslaufbahn:

Ø langjähriger Vorsitzender des Datenschutzrates

Ø Regional- und Kabelrundfunkbehörde sowie Privatrundfunkbehörde

Ø Grundrechtsreformkommission

Ø Bundeswahlbehörde

Sprachen:

Muttersprache Deutsch – Französisch (fließend) – Englisch (fließend) – Russisch (Grundkenntnisse)

ANLAGE 2: ANTWORTEN VON Harald Wögerbauer AUF DEN FRAGEBOGEN

Fragebogen für die Bewerber um das Amt eines Mitglieds des Rechnungshofs

Berufserfahrung

1. Beschreiben Sie die wichtigsten Aspekte Ihrer Berufserfahrung in den Bereichen Staatshaushalt (öffentliche Finanzen), Verwaltung und Verwaltungsprüfung.

Nach dem Abschluss meines rechtswissenschaftlichen Studiums (mein Zweit-Studium war Volkswirtschaft) begann ich sofort meine Tätigkeit am österreichischen Rechnungshof. Ich prüfte von 1974 bis 1979 die österreichischen Sozialversicherungsträger. Im Jahre 1979 begann ich meine Tätigkeit im Parlament als Mitarbeiter des ÖVP-Parlamentsklubs, blieb aber bis heute Mitglied des österreichischen Rechnungshofes. In meinen Aufgabenbereich im Parlament fielen das umfassende Management sowohl in fachlicher (vor allem legislativer) als auch politischer Hinsicht des Rechnungshof-Ausschusses, des Ausschusses für Arbeit und Soziales, des Gesundheitsausschusses, des Außenpolitischen Ausschusses, des Wissenschaftsausschusses, des Wirtschaftsausschusses, des Verfassungsausschusses, des Industrieausschusses und des Volksanwaltschaftsausschusses.

Einen wichtigen Bestandteil meiner Arbeit bildete auch die Tätigkeit im Rahmen von Untersuchungsausschüssen. Da naturgemäß Fragen der korrekten Gebarung – neben dem Strafrecht - den Hauptbestandteil der Recherchen in einem derartigen Ausschuss bilden, war es mir hier in hervorragender Weise möglich, meine Erfahrungen, die ich im österreichischen Rechnungshof erwerben konnte, einzubringen und weiterzuentwickeln.

Neben meiner Haupttätigkeit im Parlament war ich auch noch in anderen Verfassungs- und Verwaltungsbereichen intensiv tätig. Ich war jahrelang Mitglied der Grundrechtsreformkommission, der Regional- und Kabelrundfunkbehörde, der Privatrundfunkbehörde, der Bundeswahlbehörde sowie langjähriger Vorsitzender des Datenschutzrates.

Darüber hinaus war ich als politischer Direktor der Fraktion mit der Koordination zwischen dem ÖVP-Parlamentsklub, der Bundesregierung, der Bundesparteileitung, den ÖVP-Landtagsklubs und den Landesparteien betraut. Desgleichen fiel politische Planung und Gesamtanalyse sowie Pressearbeit in meinen Aufgabenbereich. Ebenso nahm ich seit der Regierungsbeteiligung der ÖVP im Jahre 1986 an allen Verhandlungen des jeweils koalitionären Regierungsprogrammes teil und spielte eine nicht unbedeutende Rolle bei diesen Gesprächen im Bereich Arbeit und Soziales sowie Gesundheit und war bei der Ausformulierung des jeweiligen Arbeitsprogrammes der Regierung mitentscheidend tätig.

Die vorrangigen Ziele in meiner gesamten bisherigen Tätigkeit waren vor allem in der öffentlichen Gebarung, der Rechtmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit – den verfassungskonformen Zielen der Haushaltsführung gemäß der österreichischen Bundesverfassung – durch Reformen in allen Bereichen, auf die ich Einfluss nehmen konnte, zum Durchbruch zu verhelfen.

2. Welches sind die drei wichtigsten Entscheidungen, an denen Sie in Ihrem Berufsleben beteiligt waren?

Aufgrund meiner jahrelangen Prüfungstätigkeit im Bereich der Selbstverwaltung der österreichischen Sozialversicherungsträger erlangte ich eine intensive interne Kenntnis der Probleme dieser Institutionen sowohl im verwaltungstechnischen, als auch im materiell-rechtlichen Bereich, vor allem in der Pensions- und Krankenversicherung, aber auch der Unfallversicherung.

Nach dem Wechsel in die fachliche, aber auch politische Entscheidungsebene des österreichischen Parlaments und als zuständiger fachlicher und politischer Verantwortlicher der diesbezüglichen Nationalrats- und Bundesratsausschüsse war es mir möglich, meine Kenntnisse für zukunftsweisende Entscheidungen von Reformmaßnahmen inhaltlicher aber auch organisatorischer Problemstellungen einzubringen. So war ich mitentscheidend an allen Pensionsreformen seit 1986, vor allem den letzten beiden großen Reformen, beteiligt. Durch diese konnte die Finanzierung des österreichischen Pensionssystems langfristig sichergestellt und der jahrzehntelang angestrebte große Wurf einer Harmonisierung aller Pensionssysteme verwirklicht werden. Darüber hinaus gelang es auch nach mehrjährigen Diskussionen, die Pensionsversicherungsanstalten der Arbeitnehmer im Rahmen einer umfassenden Strukturreform zu einer Anstalt zusammenzulegen, wodurch eine Fülle von Synergie- und Einsparungspotentialen realisiert werden konnten. Ebenso wurde die lang angestrebte Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten in großen arbeitsrechtlichen Bereichen unter meiner Mitwirkung umgesetzt.

Ein wichtiger Bestandteil meiner beruflichen Tätigkeit in den vergangenen Jahrzehnten stellte aber auch der österreichische Datenschutzrat dar, der ein unabhängiges Beratungsgremium der Bundesregierung in Datenschutzangelegenheiten ist. Ich konnte in meiner jahrelangen Vorsitzführung sicherstellen, dass es in diesem Beratungsgremium kaum mehr zu politischen Auseinandersetzungen kam, sondern von allen politischen Gruppierungen, Interessenvertretungen und Gebietskörperschaften an einem Strang gezogen wurde und fast alle Entscheidungen einstimmig fielen. Damit gelang es mir, den Datenschutz in Österreich aus der politischen Auseinandersetzung herauszuhalten und über alle gesellschaftlichen Unterschiede hinaus, die Entscheidungen des Datenschutzrates für alle akzeptabel zu gestalten. Diese Entwicklung hatte zur Folge, dass der Datenschutz und mit ihm der Datenschutzrat nicht nur eine immer höhere gesellschaftliche Akzeptanz, sondern auch eine politische fand und somit seine Bedeutung kontinuierlich anstieg. In den letzten Jahren fanden Empfehlungen des Datenschutzrates daher in vermehrtem Ausmaß auch direkt Eingang in die Gesetzgebung von National- und Bundesrat.

Der Medienbereich bildete ebenso einen Schwerpunkt in meinem bisherigen Berufsleben. Als Mitglied der damals neu gegründeten Regional- und Kabelrundfunkbehörde sowie der Privatrundfunkbehörde wurde in Österreich Ende der 1990er Jahre ein bis zur Gründung dieser Behörden gegebenes juristisches Neuland betreten. Unter meiner Mitwirkung in diesen Behörden gelang es, zunächst den Radiomarkt zu liberalisieren und Lizenzen sowie Frequenzen für private Radioanbieter zu vergeben, denen das Privatfernsehen sodann folgte. Für mich war dies ein Meilenstein in der Liberalisierung des Medienmarktes in Österreich und es war für mich daher äußerst interessant und eine Herausforderung, an dieser Entwicklung an vorderster Stelle mitwirken zu dürfen.

Unabhängigkeit

3. Der Vertrag schreibt vor, dass die Mitglieder des Rechnungshofs ihre Tätigkeit in „voller Unabhängigkeit“ ausüben müssen. Wir sehen Sie diese Verpflichtung im Zusammenhang mit Ihrer künftigen Tätigkeit?

Diese Verpflichtung ist für mich in meinem Berufsleben nichts Neues, weil ich diese Unabhängigkeit bereits als Mitglied des österreichischen Rechnungshofes zu beachten hatte. Darüber hinaus war ich in Institutionen in führender Position tätig, für die eine unabhängige Ausübung des Amtes ebenfalls von besonderer Bedeutung war und ist.

Es ist mir vollkommen bewusst, dass die Durchsetzungsfähigkeit und öffentliche Wertschätzung und Glaubwürdigkeit des Rechnungshofes von einer nachvollziehbaren Unabhängigkeit und Unparteilichkeit und diesbezüglicher Glaubwürdigkeit seiner Mitglieder abhängt.

Naturgemäß würde ich als Mitglied des Europäischen Rechnungshofes die einschlägigen Vorschriften des Vertrags und des Verhaltenskodex für Mitglieder des Rechnungshofes strikt beachten und meine Arbeit korrekt, ohne Einflüsse von außen, bewerkstelligen.

4. Wurde Ihnen für die von Ihnen zuvor ausgeübte Verwaltungstätigkeit Entlastung erteilt, falls ein solches Verfahren vorgesehen war?

In Österreich ist ein derartiges Verfahren nicht vorgesehen.

5. Verfügen Sie über Geschäfts- oder Kapitalanteile oder andere Verpflichtungen, die mit Ihren künftigen Aufgaben kollidieren könnten? Sind Sie bereit, dem Präsidenten des Hofes alle Ihre finanziellen Interessen und sonstigen Verpflichtungen mitzuteilen und sie öffentlich bekannt zu geben? Könnten Sie für den Fall, dass Sie in ein laufendes Gerichtsverfahren verwickelt sind, bitte Einzelheiten mitteilen?

Ich verfüge über keine Geschäfts- oder Kapitalanteile bzw. andere Verpflichtungen, die mit meinen künftigen Aufgaben inkompatibel wären. Ich bin natürlich gerne bereit, dem Präsidenten des Hofes alle finanziellen Interessen und sonstigen Verpflichtungen mitzuteilen und sie öffentlich bekannt zu geben. Ich bin in kein laufendes Gerichtsverfahren verwickelt.

6. Sind Sie bereit, nach Ihrer Ernennung zum Mitglied des Rechnungshofs von einem Wahlamt zurückzutreten oder eine aktive Funktion, die mit Verantwortung in einer politischen Partei verbunden ist, aufzugeben?

Ich übe keine derartigen Ämter bzw. Funktionen mehr aus.

7. Wie würden Sie sich bei einer schweren Unregelmäßigkeit oder gar einem Betrugs- und/oder Korruptionsfall verhalten, an dem Akteure Ihres Herkunftsmitgliedstaats beteiligt wären?

Die Bekämpfung von Betrugs- und/oder Korruptionsfällen sowie schweren Unregelmäßigkeiten in der Gebarung der EU ist besonders wichtig für das Vertrauen der europäischen Bürgerinnen und Bürger in die Institutionen der EU. Sollte es sich um Betrug oder Korruption oder einer anders gearteten rechtswidrigen Handlung bei einer Prüfung, für die ich verantwortlich bin, handeln, würde ich mein Wissen an den Präsidenten des Hofes weiterleiten und das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung darüber informieren. Es gäbe absolut keinen Unterschied für mich, wenn die Akteure aus Österreich kämen. Sollte es im Rahmen der Verfolgung dieser schweren Rechtswidrigkeiten auch nur den geringsten Anschein oder die Vermutung geben, dass ich nicht unbefangen agieren könnte, würde ich die Verfolgung dieser Tatbestände in andere Hände legen und meine diesbezüglichen Kompetenzen nicht ausüben.

Ausübung der Tätigkeit

8. Worin sollten die wichtigsten Merkmale einer Kultur der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung in einer öffentlichen Verwaltung bestehen?

Kennzeichen einer wirtschaftlichen Verwaltung sollte vor allem das Bewusstsein der handelnden Organe sein, dass sie recht- und ordnungsmäßig handeln müssen und dass sie dabei auf die verantwortungsvolle Verwendung der ihnen zu Gebote stehenden öffentlichen Mittel achten müssen. Diese Bewusstseinsbildung wäre in allen handelnden Stufen und Stellen der öffentlichen Verwaltung zu forcieren und sicherzustellen. Wirtschaftliche Verwaltung bedeutet aber auch nicht nur das gesetzmäßige Handeln zu sichern, sondern gleichzeitig Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit sicherzustellen. Um diesen Prinzipien nicht nur ex post, sondern auch ex ante zum Durchbruch zu verhelfen, bedarf es einer effizienten und intensiven Gebarungskontrolle. Aus diesem Grunde sind die Aufgaben des Europäischen Rechnungshofes auch für die Erzielung der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung von besonderer Bedeutung. Gleichzeitig sollte aber das Funktionieren der Kontrollsysteme auf allen Ebenen sichergestellt werden, sei es in Form interner oder externer Rechnungsprüfungen. Es ist aber auch unerlässlich, dass aus den Erkenntnissen der Prüfberichte Konsequenzen gezogen werden, sei dies systemischer oder individueller Natur. Um das Prinzip der Wirtschaftlichkeit durchzusetzen, ist es von ganz entscheidender Bedeutung, dass nach der Feststellung von Mängeln in Zusammenarbeit mit den dafür verantwortlichen Institutionen Maßnahmen entwickelt werden, um die aufgezeigten Mängel abzustellen und gleichzeitig untersucht wird, in welchen Bereichen ähnliche Unzukömmlichkeiten stattfinden könnten. Eine Überprüfung des follow-up hinsichtlich der Abstellung von aufgezeigten Fehlentwicklungen ist dabei nach meiner Auffassung besonders wichtig. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung und die Prüfung des follow-up muss dabei von der externen und internen Kontrolle aufeinander abgestimmt werden, und das Ergebnis dieser Aktivitäten wäre der politischen Institution, die die überprüften Mittel zur Verfügung gestellt hat, zu berichten.

9. Nach dem Vertrag unterstützt der Hof das Parlament bei der Kontrolle der Ausführung des Haushaltsplans. Wie würden Sie Ihre Aufgaben auf dem Gebiet der Berichterstattung gegenüber dem Europäischen Parlament und insbesondere seinem Haushaltskontrollausschuss beschreiben?

Ich komme aus einem Land, in dem der Rechnungshof als Oberstes Organ ein Organ des Nationalrates bzw. der Landtage bei der Kontrolle der öffentlichen Mittel darstellt. Ebenso ist es der Fall, dass die Entlastung der Regierung durch den vom Rechnungshof jährlich erstellten Bundesrechnungsabschluss durchgeführt wird, wenn dieser das korrekte Handeln der Regierung beweist und das Parlament diesen annimmt. Ich bin daher seit meiner Tätigkeit im österreichischen Rechnungshof daran gewöhnt, mit den parlamentarischen Institutionen eng zusammenzuarbeiten. Ich kenne aber auch die andere Seite der Medaille, die Zusammenarbeit der parlamentarischen Kontrollausschüsse mit dem Rechnungshof. Auch in diesen Funktionen habe ich in meiner täglichen Arbeit alles unternommen, um so eng als möglich mit dem parlamentarischen Kontrollorgan zu kooperieren.

Es ist mir naturgemäß völlig klar, dass die juristische Situation in der EU diese beiden Institutionen betreffend etwas anders geartet ist. Dennoch haben Parlament und EU-Rechnungshof die gemeinsame Aufgabe, sicherzustellen, dass die Steuergelder der EU-Bürger korrekt, umsichtig und wirtschaftlich ausgegeben werden. Dies sicherzustellen und zu kommunizieren ist eine äußerst wichtige Aufgabe beider Einrichtungen, um eine positive Akzeptanz der EU in den einzelnen Ländern zu gewährleisten. Der Rechnungshof unterstützt das Europäische Parlament und den Rat bei der Kontrolle der Ausführung des Haushaltplans. Aufgabe des Parlaments ist es auch, auf Empfehlung des Rates, der Kommission die Entlastung für diese Ausführung zu erteilen. Dabei können sich das Europäische Parlament und der Rat in ihrer Rolle als Entlastungsbehörde insbesondere auf die jährliche Erklärung des Europäischen Rechnungshofes über die Zuverlässigkeit der Rechnungsführung sowie die Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der zugrundeliegenden Vorgänge stützen. All diese gemeinsamen Interessen von Parlament und Hof und das in der europäischen Rechtsordnung vorgeschriebene enge Zusammenwirken dieser beiden, lassen es im Eigeninteresse aller Beteiligten erscheinen, eine möglichst enge Kooperation zu verwirklichen und – wenn möglich – auch noch zu verbessern. Für mich persönlich kann ich hier aus tiefster Überzeugung deponieren, dass ich alles in meiner Macht Stehende tun werde, um die gemeinsame Arbeit von Europäischem Rechnungshof und Parlament wirksam und nachhaltig zu fördern und zu unterstützen.

Der Europäische Rechnungshof unterstützt die Haushaltsbehörde bei der Kontrolle der Ausführung des Haushaltsplans. Zu diesem Zweck werden die vom Rechnungshof erstellten Berichte (Jahresbericht, Zuverlässigkeitserklärung und Sonderberichte) dem Europäischen Parlament übermittelt und beraten, in erster Linie im Haushaltskontrollausschuss. In Bezug auf die Ausarbeitung der Berichte wäre sicherzustellen, dass diese exakt und zuverlässig sind, um gegenüber den Argumenten der geprüften Stellen erfolgreich bestehen zu können und gleichzeitig so zeitnah, dass diese nicht nur für den Haushaltskontrollausschuss interessant sind und ihm die Gelegenheit geben, rasch seine Schlüsse aus den vorgelegten Berichten zu ziehen, um weiteren Schaden hintanzuhalten oder um schnell Verbesserungen einzuführen, sondern auch eine möglichst rasche Information der Öffentlichkeit erfolgen kann. Ebenso erscheint es mir vordringlich, die Verwaltungs- und Wirtschaftlichkeitsprüfung sowie die Leistungskontrolle zu forcieren. Die vom Europäischen Parlament in der Folge der Vorlage der Berichte des Rechnungshofes formulierten Bemerkungen müssen vom Rechnungshof gründlich geprüft werden, um sicherzustellen, dass die Beschlüsse des Parlaments beachtet werden, und können sodann auch zur Durchführung neuer Prüfungen führen. Im Rahmen der jährlichen Arbeitsprogramme (Berichtsplanung) sollte auf eine gedeihliche Zusammenarbeit mit dem Parlament Bedacht genommen werden, wobei jedoch die Unabhängigkeit des Hofes gewährleistet bleiben muss.

10. Worin besteht Ihrer Ansicht nach der Zusatznutzen einer Leistungskontrolle (performance audit) und wie sollten die Feststellungen im Rahmen der Verwaltung berücksichtigt werden?

Die sehr wichtige Aufgabe des Europäischen Rechnungshofes im Europäischen Parlament und dem Rat über die Zuverlässigkeit der Rechnungsführung sowie die Recht- und Ordnungsmäßigkeit der zugrundeliegenden Vorgänge jährlich eine Zuverlässigkeitserklärung vorzulegen, bindet erhebliche Personalressourcen, was zu Lasten seiner Kapazitäten zur Durchführung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen und der Leistungskontrolle geht. Der Hof hat sich angesichts dieser Tatsache, dass strategische Ziel gesetzt, seinen Ressourceneinsatz für die Abgabe der Zuverlässigkeitserklärung zu verringern, um den Sektor der Wirtschaftlichkeitsprüfungen und der Leistungskontrolle zu forcieren. Ich glaube, dass durch die Stärkung der Wirtschaftlichkeitsprüfungen und Leistungskontrollen eine Vielzahl von Effizienzsteigerungen im Bereich der EU-Mittelverwendung möglich wäre. Ein verstärktes Augenmerk wäre auf die Zweckmäßigkeit der Mittelverwendung zu legen. Umfassende Prüfungen eines Bereichs, aber auch Einzelprüfungen der Mittelverwendung vor Ort, könnten durch das konkrete Festellen von Defiziten in der Zielerreichung und durch darauf basierende Empfehlungen helfen, Fehlentwicklungen abzustellen bzw. zu vermeiden und den EU-Mitteleinsatz effizienter zu gestalten. Die Leistungskontrolle ist daher äußerst wichtig, um nicht nur die Grundsätze der wirtschaftlichen Haushaltsführung sicherzustellen, sondern auch um eine jährliche Verbesserung des Fehlerrisikos in den einzelnen Politikbereichen zu erzielen und eine sinnvolle Weiterentwicklung der Verbesserung des Mitteleinsatzes voranzutreiben. Die Leistungskontrolle kann sowohl intern als auch extern erfolgen. Der Mehrwert einer externen Prüfung besteht darin, dass die externe Behörde unabhängig ist und die Ergebnisse nicht nur für die Behörde, sondern auch das Parlament bestimmt sind, das aus den Empfehlungen selbstständig die Schlüsse ziehen kann. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Feststellungen, die im Rahmen einer Leistungskontrolle getroffen werden, im Bereich der Verwaltung auf verschiedene Art und Weise Berücksichtigung finden können. Eine Möglichkeit besteht darin, dass im Rahmen eines vertrauensvollen und positiven Klimas zwischen Prüfern und Geprüften die geprüfte Stelle von der Sinnhaftigkeit der Umsetzung der Maßnahmen überzeugt werden kann, die die Prüfer der geprüften Stelle vorschlagen (direkte Umsetzung). Eine weitere Möglichkeit existiert insofern, als die übergeordnete Institution der geprüften Stelle den Empfehlungen und Schlussfolgerungen des Rechnungshofes folgt und in ihrem Bereich diese durchsetzt. In diesem Feld kommt aber auch dem Europäischen Parlament eine besondere Bedeutung zu, indem – wenn dies dem Parlament besonders wichtig erscheint – dieses mit Beschlüssen reagiert. Aber auch im Rahmen der Leistungskontrolle ist es von ganz entscheidender Bedeutung, die Folgemaßnahmen im Anschluss an die vom Rechnungshof präsentierten Ergebnisse und Empfehlungen nachhaltig und regelmäßig zu kontrollieren.

11. Wie könnte die Zusammenarbeit zwischen dem Rechnungshof, den nationalen Rechnungsprüfungsorganen und dem Europäischen Parlament (Haushaltskontrollausschuss) bei der Prüfung des EU-Haushalts verbessert werden?

Die nationalen Prüfungsorgane prüfen regelmäßig die finanziellen Vorgänge, die sich aufgrund der geteilten Mittelverwendung ergeben. Diese werden den Gemeinschaftsorganen zur Verfügung gestellt. Die Prüfungen des Europäischen Rechnungshofes erfolgen in Verbindung mit den einzelstaatlichen Rechnungsprüfungsorganen unter Wahrung der jeweiligen Unabhängigkeit. Hier sollten die nationalen Prüforgane dahingehend ermutigt werden, die Prüfungsaufträge des Rechnungshofes in ihrem Land zu begleiten. Der Europäische Rechnungshof und die Präsidenten der nationalen Prüfungsorgane treffen einander alljährlich im Kontaktausschuss, um die Zusammenarbeit weiter zu entwickeln. Dabei stellt sich vor allem das Problem der Harmonisierung der Prüfungsnormen im Rahmen der EU. Darüber hinaus sollten die nationalen Rechnungsprüfungsergebnisse weiter Berücksichtigung durch den Europäischen Rechnungshof finden. Des Weiteren wäre eine noch größere Sensibilisierung der Rechnungskontrollbehörden für die Kontrollthemen, die das Parlament und besonders den Haushaltskontrollausschuss in Bezug auf Ordnungsmäßigkeit und Qualität der Haushaltsführung interessieren, anzustreben. Der Rechnungshof könnte gerade auch in diesem Bereich die Feststellungen der nationalen Rechnungsprüforgane optimal verwenden.

Es ist klar, dass die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Prüfungsorganen und dem Europäischen Rechnungshof immer wieder verbesserungsfähig sein wird und vielleicht wäre es diesbezüglich ratsam, sich mehr als einmal im Jahr im bereits existierenden Kontaktausschuss zu treffen, um alle Probleme möglichst zeitnah besprechen und beraten zu können.

Sonstige Fragen

Würden Sie Ihre Bewerbung zurückziehen, falls sich das Parlament gegen Ihre Ernennung zum Mitglied des Hofes aussprechen sollte?

Ja, weil die Zusammenarbeit zwischen Hof und Parlament eine der wichtigsten Aufgaben eines Mitgliedes des Europäischen Rechnungshofes darstellt und eine gedeihliche Vertrauensbasis zwischen diesen beiden Institutionen damit nachhaltig beschädigt und dies für eine gemeinsame Arbeit nicht förderlich wäre.

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

3.3.2011

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

13

4

6

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Inés Ayala Sender, Andrea Češková, Jorgo Chatzimarkakis, Luigi de Magistris, Martin Ehrenhauser, Jens Geier, Gerben-Jan Gerbrandy, Ville Itälä, Iliana Ivanova, Elisabeth Köstinger, Monica Luisa Macovei, Christel Schaldemose, Bart Staes, Georgios Stavrakakis

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Zuzana Brzobohatá, Derk Jan Eppink, Christofer Fjellner, Monika Hohlmeier, Ivailo Kalfin, Marian-Jean Marinescu, Véronique Mathieu, Barbara Weiler

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 187 Abs. 2)

Adam Gierek