BERICHT über frühkindliche Bildung in der Europäischen Union
29.3.2011 - (2010/2159(INI))
Ausschuss für Kultur und Bildung
Berichterstatterin: Mary Honeyball
ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
zur frühkindlichen Bildung in der Europäischen Union
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf Artikel 165 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf Artikel 14 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes, insbesondere auf die Artikel 3, 18 und 29,
– unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen,
– unter Hinweis auf den Beschluss Nr. 1720/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. November 2006 über ein Aktionsprogramm im Bereich der Bildung und des lebenslangen Lernens[1],
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission „Frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung: der bestmögliche Start für alle unsere Kinder in die Welt von morgen“ (KOM(2011)0066),
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament „Effizienz und Gerechtigkeit in den europäischen Systemen der allgemeinen und beruflichen Bildung“ (KOM(2006)0481),
– unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 20. Januar 2010 zum Thema „Frühkindliche Betreuung und Bildung“[2],
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 11. Mai 2010 zur sozialen Dimension der allgemeinen und beruflichen Bildung[3],
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 26. November 2009 zur Bildung von Kindern mit Migrationshintergrund[4],
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 12. Mai 2009 zu einem strategischen Rahmen für die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung („ET 2020“)[5],
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 21. November 2008 – Junge Menschen auf das 21. Jahrhundert vorbereiten: eine Agenda für die europäische Zusammenarbeit im Schulwesen[6],
– in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Barcelona vom 15./16. März 2002,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. September 2008 zur Verbesserung der Qualität der Lehrerbildung[7],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. März 2009 zu dem Thema „Mehrsprachigkeit: Trumpfkarte Europas, aber auch gemeinsame Verpflichtung“[8],
– gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Kultur und Bildung (A7-0099/2011),
A. in der Erwägung, dass mit der frühkindlichen Bildung die Grundlagen für ein erfolgreiches lebenslanges Lernen gelegt werden, was ein zentrale Rolle bei der Verwirklichung der Ziele der Strategie Europa 2020 spielt,
B. in der Erwägung, dass Kinder im frühesten Alter besonders wissbegierig, lernbereit und aufnahmefähig sind und wichtige Kompetenzen wie Sprach- und Ausdrucksfähigkeit, aber auch soziale Kompetenzen in diesem Alter geprägt werden; in der Erwägung, dass in diesem Alter die Grundlagen für die künftige Schul- und Berufslaufbahn gelegt werden,
C. in der Erwägung, dass die frühkindliche Förderung und Betreuung in der EU in unterschiedlicher Weise erfolgt, wobei zahlreiche Definitionen von „Qualität“ zur Anwendung kommen, die stark von den kulturellen Werten der einzelnen Staaten und Regionen und ihren Vorstellungen von Kindheit abhängen,
D. in der Erwägung, dass ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Armut und Benachteiligung und einem geringen Bildungsniveau besteht und dass Familien mit einem solchen Hintergrund nachweislich am stärksten von einem Zugang zu frühkindlichen Förderungs- und Betreuungseinrichtungen profitieren; in der Erwägung, dass sich solche benachteiligten Gruppen aus Gründen der Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit seltener um den Zugang zu frühkindlichen Förderungs- und Betreuungseinrichten bemühen,
E. in der Erwägung, dass der frühkindlichen Förderung und Betreuung im Allgemeinen weniger Aufmerksamkeit und weniger Mittel als anderen Bildungsbereichen zukommt, obwohl es eindeutige Beweise dafür gibt, dass sich Investitionen in diesem Bereich reichlich auszahlen,
F. in der Erwägung, dass die Ziele der frühkindlichen Förderung und Betreuung oft zu stark am Arbeitsmarkt und an der Notwendigkeit ausgerichtet sind, die Zahl der berufstätigen Frauen zu erhöhen, und die Bedürfnisse und Interessen des Kindes zu wenig Berücksichtigung finden,
G. in der Erwägung, dass viele Haushalte auf große Schwierigkeiten stoßen, wenn es darum geht, familiäre Verpflichtungen und die Arbeitsbelastung miteinander in Einklang zu bringen, und zwar im Zusammenhang mit den gegenwärtigen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt, beispielsweise dem Entstehen atypischer und flexibler Arbeitszeitmodelle, die den Beschäftigen auferlegt werden, und dem Anstieg prekärer Arbeitsverhältnisse,
H. in der Erwägung, dass ein direkter Zusammenhang zwischen dem Wohlbefinden der Eltern und Kinder und dem quantitativen und qualitativen Angebot an Betreuungseinrichtungen für Kleinkinder besteht,
I. in der Erwägung, dass die Kinderbetreuung traditionell als das natürliche Betätigungsfeld von Frauen angesehen wurde, weshalb im Bereich der frühkindlichen Förderung und Betreuung mehrheitlich Frauen beschäftigt sind,
J. in der Erwägung, dass im Bereich der Vorschulbildung und -betreuung die Qualifikation des Personals von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat und von Anbieter zu Anbieter stark schwankt und letztere in den meisten Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sind, Fachpersonal einzustellen,
K. in der Erwägung, dass bislang auf EU-Ebene wenig Forschung zur frühkindlichen Förderung betrieben worden ist, auf die man bei der Entwicklung und Umsetzung von EU-weiten Maßnahmen im Bereich der frühkindlichen Förderung und Betreuung aufbauen könnte,
Von den Bedürfnissen des Kindes ausgehender Ansatz
1. begrüßt folgende Ziele, die in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates in Barcelona festgesetzt worden sind: bis 2010 für mindestens 90 % der Kinder zwischen drei Jahren und dem schulpflichtigen Alter und für mindestens 33 % der Kinder unter drei Jahren Betreuungsplätze zur Verfügung zu stellen; ist jedoch der Ansicht, dass der Rat und die Kommission diese Ziele überprüfen und aktualisieren und die Bedürfnisse und Interessen des Kindes in den Mittelpunkt ihrer Maßnahmen zur frühkindlichen Förderung und Betreuung stellen müssen;
2. erkennt an, dass die Ziele der Strategie Europa 2020, wonach über die Steigerung der Beschäftigungszahlen, die Senkung der Schulabbrecherzahlen und die Verringerung der Armut eine integrative Gesellschaft geschaffen werden soll, nicht verwirklicht werden können, solange nicht allen Kinder ein angemessener Start ins Leben gesichert ist;
3. verweist darauf, dass die ersten Jahre der Kindheit entscheidend für die kognitive, sensorische und motorische Entwicklung, die emotionale und Persönlichkeitsentwicklung und den Spracherwerb sind und in dieser Zeit auch die Grundlagen für lebenslanges Lernen gelegt werden; stellt fest, dass eine frühkindliche Betreuung und Förderung die gesunde psychische und körperliche Entwicklung von Kindern begünstigt und dazu beiträgt, dass sie sich zu stabilen Persönlichkeiten entwickeln; empfiehlt deshalb den Mitgliedstaaten, die Einführung eines verpflichtenden Kindergartenjahres vor Schulantritt zu erwägen;
4. betont, dass die frühzeitige Entwicklung eines gesunden Lebensstils, z. B. eine gesunde Ernährungsweise und geeignete und ausgewogene körperliche Betätigung, einen nachhaltigen Einfluss auf die körperliche und geistige Entwicklung haben und ein Schlüsselfaktor für lebenslange Gesundheit sein kann; warnt davor, dass Kinder zu früh bestimmten intensiven sportlichen Aktivitäten nachgehen, deren wichtigstes Ziel das Erreichen guter Ergebnisse ist;
5. macht erneut auf die Bedeutung des Lernens im Vorschulalter aufmerksam, insbesondere beim Erwerb von Sprachkenntnissen und in Bezug auf die Mehrsprachigkeit und die Sprachenvielfalt;
6. unterstützt die Anwendung und Förderung innovativer pädagogischer Ansätze im Sprachunterricht, vor allem in mehrsprachigen Kinderkrippen und vorschulischen Einrichtungen, wozu insbesondere das Erlernen von Regional- und Minderheitensprachen sowie von in den Nachbarländern gesprochenen Sprachen gehört, wodurch die 2002 in Barcelona gesetzten Ziele verwirklicht werden sollen;
7. macht auf die Notwendigkeit des Ausbaus und der Verbesserung von Bildungseinrichtungen (Kindertagesstätten) aufmerksam, die Kinder außerhalb der Kindergartenzeiten betreuen;
8. betont, dass alle Kinder außer dem Recht auf Bildung und Betreuung auch das Recht auf Erholung, Freizeit und Spiel haben;
Frühkindliche Förderung und Betreuung für alle
9. verweist darauf, dass den Schlussfolgerungen des Rates vom 12. Mai 2009 zufolge Benachteiligungen beim Zugang zu Bildung durch ein hochwertiges Bildungsangebot für Kleinkinder und eine gezielte Förderung sowie durch die Förderung der integrativen Bildung angegangen werden sollten;
10. ist der Ansicht, dass benachteiligte soziale Gruppen zwar möglicherweise von zusätzlicher Unterstützung profitieren, idealerweise jedoch alle Eltern und Kinder unabhängig von ihrem Hintergrund oder ihren finanziellen Verhältnissen Zugang zum selben frühkindlichen Förderung- und Betreuungsangebot haben sollten;
11. betont, dass Kinder mit Behinderungen soweit wie möglich die regulären frühkindlichen Förderungs- und Betreuungseinrichtungen besuchen sollten, und ihnen, falls notwendig, zusätzliche fachkundige Unterstützung angeboten werden sollte;
12. fordert die Mitgliedstaaten auf, das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen unverzüglich umzusetzen;
13. betont, dass die Mitgliedstaaten vielfältige Ansätze in den pädagogischen Konzepten für Vorschulkinder und der diesbezüglichen Praxis ermöglichen sollten;
Einbeziehung der Eltern
14. betont, dass Mütter und Väter im Rahmen der frühkindlichen Förderung und Betreuung die Stellung von gleichberechtigten Partnern haben; stellt fest, dass die frühkindlichen Förderungs- und Betreuungseinrichtungen auf die umfassende Einbeziehung des gesamten Personals, aller Eltern und, soweit möglich, der Kinder selbst ausgerichtet sein sollten;
15. betont, dass die Möglichkeit, Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub von ausreichender Länge zu nehmen, sowie die Umsetzung einer wirksamen und flexiblen Arbeitsmarktpolitik wesentliche Bestandteile einer wirksamen Politik im Bereich der frühkindlichen Förderung und Betreuung sind;
16. fordert die Mitgliedstaaten auf, in Programme im Bereich der Elternbildung zu investieren und, soweit erforderlich, andere Formen der Unterstützung für Eltern, die zusätzliche Unterstützung brauchen, wie beispielsweise im Rahmen von Hausbesuchen erbrachte Dienste, anzubieten; betont, dass den Eltern darüber hinaus vor Ort in den Kindertagesstätten niedrigschwellige und kostenlose Beratungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden sollten;
17. betont, dass kulturelle Aktivitäten eine Bereicherung für Kinder sind und dadurch der Dialog zwischen den einzelnen Kulturen gefördert sowie ein Sinn für Offenheit und Toleranz entwickelt wird; weist in diesem Zusammenhang erneut darauf hin, wie wichtig es ist, dass die Kinderbetreuungsfachkräfte interkulturelle Aktivitäten mit den Kindern und ihren Eltern veranstalten;
18. verweist darauf, dass noch immer nicht in allen Mitgliedstaaten Kindern von Eltern ohne legalen Aufenthaltstitel der Zugang zu frühkindlicher Bildung ermöglicht wird;
19. fordert die Mitgliedstaaten auf, Kindern von Asylsuchenden, Flüchtlingen, Menschen mit subsidiärem Schutzstatus oder mit Duldung aus humanitären Gründen den Zugang zu frühkindlicher Bildung zu ermöglichen, um deren Lebenschancen nicht schon von Beginn an zu beschränken;
Die bessere Integration der Einrichtungen
20. fordert die Mitgliedstaaten auf, die frühkindlichen Förderungs- und Betreuungseinrichtungen zu integrieren und ihre Entwicklung und einschlägigen Aktivitäten zu unterstützen sowie für eine bessere Zusammenarbeit und ein besseres Zusammenspiel der verschiedenen Einrichtungen und Ministerien, die an Maßnahmen und Programmen im Bereich der frühkindlichen Bildung beteiligt sind, zu sorgen;
21. fordert die Mitgliedstaaten auf, den Einrichtungen für frühkindliche Erziehung hinreichende Autonomie zu gewähren, damit diese ihre Eigenständigkeit und Kreativität bei der Suche nach Lösungen zum Wohlergehen der Kinder beibehalten können;
22. betont die Bedeutung innovativer frühkindlicher Förderungs- und Betreuungseinrichtungen von lokaler Reichweite, die die Mitglieder der jeweiligen Gemeinschaft aus dem Gesundheits- und Bildungsbereich sowie dem sozialen und kulturellen Bereich und anderen Bereichen zusammenbringen;
23. fordert die Mitgliedstaaten auf, in Zusammenarbeit mit lokalen Verwaltungen und gemeinnützigen Einrichtungen Maßnahmen und Projekte zu fördern und zu finanzieren, mit denen Kindern aus benachteiligten Bevölkerungsgruppen frühkindliche Förderung und Betreuung angeboten wird, und für ihre Überwachung und Auswertung zu sorgen;
24. erkennt an, dass der Vielfalt der unterschiedlichen Lebensverhältnisse von Familien und den damit einhergehenden, unterschiedlichen Bedürfnissen Rechnung getragen werden muss, und begrüßt ein vielfältiges, flexibles und innovatives Angebot an frühkindlicher Bildung und Betreuung;
25. fordert die Entwicklung eines europäischen Rahmens für frühkindliche Förderungs- und Betreuungseinrichtungen, der die kulturelle Vielfalt der Mitgliedstaaten achtet und gemeinsame Ziele und Werte betont;
Wirtschaftlicher Nutzen
26. betont, dass in einer instabilen wirtschaftlichen Situation ausreichende Investitionen in die frühkindliche Erziehung nicht vernachlässigt werden dürfen; betont, dass Mitgliedstaaten angemessene Mittel für frühkindliche Förderungs- und Betreuungseinrichtungen bereitstellen sollten;
27. betont erneut, dass Investitionen in frühkindliche Förderung und Betreuung zu einem späteren Zeitpunkt nachweislich von wirtschaftlichem und gesellschaftlichem Nutzen sind, z. B. aufgrund von höheren Steuereinnahmen, die durch höhere Beschäftigungszahlen bedingt sind, geringeren Kosten im Gesundheitswesen, niedrigeren Kriminalitätsraten und weniger Fällen von asozialem Verhalten; betont, dass Vorbeugung wirksamer und kostengünstiger als das Eingreifen zu einem späteren Zeitpunkt ist;
28. erkennt an, dass eine hochwertige frühkindliche Bildung dazu beitragen kann, die Zahl der Schulabbrüche zu senken, die Bildungsnachteile von Kindern aus benachteiligten sozialen und kulturellen Gruppen abzubauen und die sich daraus ergebenden sozialen Ungleichheiten zu verringern, die Auswirkungen auf die Gesellschaft insgesamt haben; verweist darauf, dass junge Menschen, die aus schutzbedürftigen sozialen Gruppen stammen, besonders gefährdet sind;
29. betont, dass frühkindliche Förderungs- und Betreuungseinrichtungen von hoher Qualität ein gut ausgebautes soziales Fürsorgesystem, das eine breite Palette an Instrumenten zur Bekämpfung von Armut umfasst, nicht ersetzen, sondern vielmehr ergänzen; fordert die Mitgliedstaaten auf, gesellschaftliche Armut zu bekämpfen;
Personal und hochwertige Dienstleistungen
30. betont, dass das Vorschulalter die wichtigste Phase für die emotionale und soziale Entwicklung des Kindes ist und dass daher die Personen, die mit Kindern im Vorschulalter arbeiten, über geeignete Qualifikationen verfügen müssen; betont, dass das Wohlergehen und die Sicherheit des Kindes bei der Auswahl von Personal Aspekte von größter Wichtigkeit sind;
31. weist darauf hin, dass die positiven Auswirkungen von frühzeitig ansetzenden Programmen nur dann langfristig aufrechterhalten werden können, wenn sich eine Grund- und Sekundarschulbildung von hoher Qualität anschließt;
32. stellt fest, dass die Einstellung von qualifiziertem und gut ausgebildetem Personal für die Arbeit mit Kleinkindern entscheidenden Einfluss auf die Qualität der frühkindlichen Förderungs- und Betreuungseinrichtungen hat, und fordert daher die Mitgliedstaaten auf, den professionellen Standard durch die Einführung anerkannter Qualifikationen für Personen, die im Bereich der frühkindlichen Förderung und Betreuung tätig sind, anzuheben; weist darauf hin, dass auch andere Faktoren, einschließlich des Zahlenverhältnisses von Betreuern und Kindern, der Gruppengrößen und der Lehrpläne, die Qualität beeinflussen können;
33. erkennt an, dass mehr Kontakte und ein stärkere Weitergabe von Methoden zwischen Erziehern im Bereich der frühkindlichen Förderung und Betreuung und Grundschullehrern erforderlich sind, wobei die Kontinuität der Lernmethoden im Mittelpunkt stehen sollte;
34. fordert die Mitgliedstaaten auf, Mechanismen zu entwickeln, um die erbrachten Leistungen zu bewerten und sicherzustellen, dass Qualitätsstandards eingehalten werden, mit dem Ziel, die Qualität der frühkindlichen Förderungs- und Betreuungseinrichtungen zu steigern;
35. fordert die Entwicklung eines europäischen Rahmens für frühkindliche Förderungs- und Betreuungseinrichtungen, worin die kulturelle Vielfalt der Mitgliedstaaten geachtet und gemeinsame Ziele und Werte betont werden; fordert daher die Mitgliedstaaten auf, die Weiterbildung für Personen, die im Bereich der frühkindlichen Förderung und Betreuung tätig sind, zu gewährleisten, damit sie ihre spezifischen Fähigkeiten erweitern und aktualisieren können;
36. fordert die Mitgliedstaaten auf sicherzustellen, dass dem im Bereich der frühkindlichen Förderung und Betreuung qualifizierten Personal ein Gehalt gezahlt wird, das im Idealfall dem von Grundschullehrern entspricht;
37. fordert die Mitgliedstaaten auf, das Problem der unausgewogenen Repräsentation der Geschlechter unter den Personen, die Betreuungstätigkeiten ausüben, anzugehen, indem sie Maßnahmen zur Steigerung der Zahl von Männern in Kursen im Bereich frühkindliche Förderung und Betreuung umsetzen;
Forschung und Austausch bewährter Verfahren
38. weist darauf hin, dass trotz des Vorhandenseins großer Mengen an empirischen Daten zum Thema (National Association for the Education of Young Children, UNICEF, International Early Years Education Journal, OECD usw.) immer noch ein Bedarf an weiterführendem Wissen über die Entwicklung von Kindern im Rahmen der frühkindlichen Förderung besteht; fordert daher einen entsprechenden Ausbau der Forschung und einen EU-weiten Austausch der erzielten Ergebnisse, wobei die kulturellen Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten zu berücksichtigen sind;
39. bedauert, dass die Strukturfonds der EU und Programme wie Comenius, im Rahmen derer Erzieher an einem EU-weiten Austausch teilnehmen können, zu wenig genutzt werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, solche Programme und Fonds unter den im Bereich der frühkindlichen Förderung und Betreuung tätigen Erziehern bekannter zu machen;
40. begrüßt die Absicht der Kommission, die Identifikation und den Austausch bewährter Maßnahmen und Verfahren über die offene Methode der Koordinierung, wie sie in der Mitteilung zur frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung erwähnt ist, zu fördern und empfiehlt die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten und den Austausch bewährter Verfahren zwischen ihnen, um die vorhandenen Programme im Bereich der frühkindlichen Förderung und Betreuung zu verbessern;
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41. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
BEGRÜNDUNG
Einleitung
Europa weist einen reichen und vielfältigen Mix von Bildungstraditionen auf, wobei auch die frühkindliche Bildung in einer Fülle unterschiedlicher Formen angeboten wird. Im Hinblick auf Qualität und Angebot, Teilnehmerzahlen, den Zugang zu den betreffenden Einrichtungen, die Verwaltung dieser Einrichtungen usw. bestehen deutliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten. In diesem Bericht wird festgestellt, dass eine Einheitslösung für Einrichtungen der frühkindlichen Förderung und Betreuung in der EU nicht in Frage kommt und auch schwierig zu realisieren wäre. Die Entwicklung eines europäischen Rahmenkonzepts mit gemeinsamen Zielen und Werten, der auch Gemeinsamkeiten hinsichtlich der Anrechte und Strukturen vorsieht, ist bei weitem die bessere Lösung. Obwohl viele EU-Mitgliedstaaten, was frühkindliche Förderungs- und Betreuungseinrichtungen anbelangt, unbestreitbar weltweit an der Spitze liegen, sind insgesamt doch Verbesserungen nötig. „Frühkindlich“ im Sinne dieses Berichts bezieht sich auf die ersten sechs Lebensjahre.
Auf der Tagung des Europäischen Rates in Barcelona wurden die EU-Mitgliedstaaten aufgefordert, bis 2010 für mindestens 90 % der Kinder zwischen drei Jahren und dem schulpflichtigen Alter und für mindestens 33 % der Kinder unter drei Jahren Betreuungsplätze zur Verfügung zu stellen. Diese Ziele spiegelten in Bezug auf frühkindliche Förderung und Betreuung eine arbeitsmarktbezogene Strategie wider, ausgehend von der zum damaligen Zeitpunkt festgestellten Notwendigkeit, die Zahl der berufstätigen Frauen zu erhöhen. Wenngleich dem Zusammenhang zwischen frühkindlicher Förderung und Betreuung und Chancengleichheit für Frauen natürlich gebührende Aufmerksamkeit geschenkt werden muss, sind solche Zielsetzungen zweifellos problematisch und werden der heutigen Situation nicht gerecht, da sie viele der wesentlichen qualitativen Aspekte einer gezielten Politik der frühkindlichen Bildung außer Acht lassen. Einrichtungen für frühkindliche Förderung und Betreuung sind nicht einfach nur Orte, an denen Kinder „abgegeben“ werden können, damit Frauen einer Berufstätigkeit nachgehen können, sondern sie sind von größter Bedeutung als Beitrag zum Wohlergehen von Kindern und zur Verbesserung ihrer zukünftigen Lebenschancen.
Von den Bedürfnissen des Kindes ausgehender Ansatz
In diesem Bericht sollen zu allererst zentrale Fragen, Probleme und Schwierigkeiten zur Sprache gebracht werden, anstatt vorschnell aufwändige Lösungen anzubieten. Ein sinnvoller Ausgangspunkt ist die Überlegung, welche Vorstellungen wir eigentlich von einem Kind als solchem haben. Wenn wir überzeugt sind, dass es sich bei Kindern um aktiv am Leben teilnehmende Bürger handelt, die Rechte haben, die reich an kreativem Potenzial und in der Lage sind, sich ihre eigenen Meinungen in sie betreffenden Angelegenheiten zu bilden und diese zum Ausdruck zu bringen, müssen wir uns auch darüber einig sein, dass die Diskussionen über frühkindliche Förderung und Betreuung von der Perspektive des Kindes ausgehen müssen. Die ersten drei Jahre im Leben eines Kindes sind entscheidend für die Entwicklung des Gehirns, die physische und kognitive Entwicklung und den Spracherwerb. In dieser Zeit werden bei Kindern auch die Grundlagen für lebenslanges Lernen gelegt, welches von maßgeblicher Bedeutung für die Verwirklichung der Ziele im Rahmen der Lissabon-Strategie ist. In diesem Bericht stehen deshalb die Bedürfnisse und das Wohl des Kindes an erster Stelle.
Allgemeine oder gezielte Bereitstellung?
Arme Familien nehmen Einrichtungen der frühkindlichen Förderung und Betreuung, besonders in privatwirtschaftlichen Systemen, mit geringerer Wahrscheinlichkeit in Anspruch als andere Bevölkerungsgruppen. Eine der größten Risikogruppen in der EU in diesem Sinne sind die Roma, die frühkindliche Betreuung und Förderung nur in außerordentlich geringem Maß in Anspruch nehmen und dabei noch weit unter dem europäischen Durchschnitt liegen. Dies gibt Anlass zur Sorge, zumal sich gezeigt hat, dass benachteiligte Kinder diejenigen sind, die am meisten von Angeboten der frühkindlichen Förderung und Betreuung profitieren. In mehreren EU-Mitgliedstaaten wurde und wird eine große Zahl von Einwandererkindern und Kindern, für die die Landessprache die Zweitsprache ist, eingeschult, was die Schulen vor enorme Probleme und Anforderungen stellt, zumal festzustellen ist, dass auch Kinder aus Familien, die ethnischen Minderheiten angehören, Dienste und Einrichtungen der frühkindlichen Förderung und Betreuung mit geringerer Wahrscheinlichkeit in Anspruch nehmen als Kinder aus anderen Bevölkerungsgruppen.
Bei Mitgliedstaaten, die gezielte Angebote an arme Familien richten, stellt sich das Problem einer möglichen Stigmatisierung der Betreffenden, was sie davon abhalten könnte, die angebotenen Dienste und Einrichtungen in vollem Umfang zu nutzen. Wenngleich anerkannt werden muss, dass viele arme Familien im Hinblick auf frühkindliche Förderung und Betreuung besonderer Unterstützung und Ermutigung bedürfen, sollte sich das Angebot universell an alle Familien und alle Kinder unabhängig von ihrem Hintergrund oder ihren finanziellen Verhältnissen richten.
Einbeziehung der Eltern
Die Eltern stehen, was die Erziehung ihrer Kinder anbelangt, an erster Stelle. In der Regel haben sie ein tiefgehendes und ganz spezielles Verständnis ihres Kindes und eine enge und vertraute Beziehung zu ihm. Es ist weithin anerkannt, dass die ideale Situation für ein Kind, um sich in seinem ersten Lebensjahr gesund zu entwickeln und zu entfalten, die häusliche Betreuung durch ein Elternteil ist. Das Angebot eines langen Elternurlaubs kann auch dazu beitragen, die Nachfrage nach Kinderbetreuungsplätzen zu verringern. Das Problem ist aber, dass nur sehr wenige Mitgliedstaaten derzeit ausreichend lange bezahlte Elternurlaube anbieten. Wo sich zwischen dem Ende eines bezahlten Elternurlaubs und dem Anspruch auf einen guten Betreuungsplatz für das Kind eine Lücke auftut, können sich für die Eltern Probleme ergeben.
In diesem Bericht wird betont, dass Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub von ausreichender Länge wichtige Bestandteile einer wirksamen Politik der frühkindlichen Förderung und Betreuung sind.
Die Einbeziehung der Eltern muss auch in den darauf folgenden Jahren fortgesetzt werden. Arme und benachteiligte Eltern werden mit geringerer Wahrscheinlichkeit in Initiativen einbezogen, die die Bildung und Förderung ihrer Kinder betreffen, als andere Eltern. Auch Männer werden in nicht wenigen Fällen bei der Entwicklung von Programmen und Maßnahmen der frühkindlichen Förderung und Betreuung und bei sonstigen ihr Kind betreffenden Aktivitäten übergangen. In diesem Bericht wird betont, dass Mütter und Väter bei allen ihr Kind betreffenden Entscheidungen als wichtige Partner betrachtet werden sollten, und dass Einrichtungen für frühkindliche Förderung und Betreuung über neue Konzepte für die Einbeziehung der Eltern und insbesondere der Väter nachdenken müssen. Vorschulprogramme wie Reggio Emilia in Italien, bei denen die Eltern vollberechtigt an der doppelten Aufgabe der Betreuung und Förderung ihrer Kinder beteiligt werden, zeigen, wie wirkungsvoll ein solches Konzept in der Praxis sein kann.
Die bessere Integration der Einrichtungen
Dienste und Einrichtungen für frühkindliche Betreuung und Förderung können für Eltern als ein starkes Unterstützungsnetz fungieren. In diesem Bericht wird festgestellt, dass solche Dienste und Einrichtungen in der EU nicht innovativ genug sind. Frühkindliche Förderungs- und Betreuungseinrichtungen sollten nicht nur Orte sein, an denen Kinder erzogen und betreut werden, sondern sie können auch Möglichkeiten für eine ganze Reihe weiterer Initiativen und Vorhaben eröffnen. Um nur ein paar Beispiele zu geben, könnten in frühkindlichen Betreuungseinrichtungen formales oder nicht-formales Lernen mit Programmen für Kinder- und Müttergesundheit, Stillförderung sowie Beratungs- und Familienplanungsdiensten kombiniert werden. Wird eine frühkindliche Betreuungseinrichtung als kollektiver Raum angesehen, in dem Menschen aus allen gesellschaftlichen Bereichen zusammenkommen, wird sie die der Aufgabe, Familien zu unterstützen, den sozialen Zusammenhalt und die gemeinschaftliche Solidarität zu stärken und die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern, besser gerecht.
In ihrem Umgang mit frühkindlicher Förderung und Betreuung sollten die Mitgliedstaaten ein ähnliches Konzept verfolgen. In den meisten Fällen haben sich die Länder für ein zweigeteiltes Konzept der frühkindlichen Förderung und Betreuung entschieden, das zwischen Kinderbetreuung und vorschulischer Bildung eine Trennung vornimmt. Dies hat dazu geführt, dass einerseits die kognitive Entwicklung von Kindern bis drei Jahre und andererseits die Gesundheit und psychosoziale Entwicklung von Kindern ab drei Jahren zu wenig Beachtung finden. Es hat auch zur Verschärfung von Ungleichheiten und Widersprüchen und mangelnder Verlässlichkeit für die Familien geführt.
Wo Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Bereichen und Einrichtungen stattfindet, kann das Fehlen einer Verständigungsgrundlage, einer gemeinsamen Sprache zwischen den Beteiligten bedeuten, dass eine Menge potenziell guter Arbeit behindert wird.
Ebenso wie frühkindliche Förderungs- und Betreuungseinrichtungen sich innovativer zeigen müssen, indem sie eine Reihe von Themen aufgreifen, die Kleinkinder und Vorschulkinder betreffen, müssen die Mitgliedstaaten bei der Ausarbeitung von Maßnahmen und Programmen für die frühe Kindheit unterschiedliche Stellen zusammenbringen. Als Beispiele sind Einrichtungen in den Bereichen Gesundheit, Migration, Gleichstellung und Beschäftigung zu nennen. Integrierte Dienste mit dem Schwerpunkt auf Bildung und Förderung werden mit dazu beitragen, den Bildungs-, Gesundheits- und sonstigen Bedürfnissen von Kindern bis zu sechs Jahren zu entsprechen. Bestehende Einrichtungen und Sektoren müssen darüber hinaus eine gemeinsame Perspektive und ein gemeinsames Begriffsinventar entwickeln.
Wirtschaftlicher Nutzen
Das Netzwerk für Kinderbetreuung der Europäischen Kommission empfahl 1996, dass die EU-Mitgliedstaaten einen Anteil von mindestens 1 % ihres BIP in den Bereich der frühkindlichen Förderung und Betreuung investieren sollten. Einer von der OECD im Jahr 2004 durchgeführten Umfrage zufolge hatten jedoch von den 20 teilnehmenden Ländern nur 5 diesen empfohlenen Anteil erreicht[1]. Dies ist überraschend, hat die Forschung doch gezeigt, dass Investitionen in der Phase der frühkindlichen Förderung und Betreuung größeren Nutzen bringen als Investitionen in jeder anderen Phase.
Vor dem Hintergrund einer instabilen wirtschaftlichen Situation und einer Zeit der strengen Sparpolitik werden Maßnahmen im Bereich der frühkindlichen Förderung und Betreuung leicht vernachlässigt. In diesem Bericht wird jedoch betont, dass solche Maßnahmen kein Luxus sind, auf den ungestraft verzichtet werden kann. Die Entscheidung gegen Investitionen in diesem Bereich hat einen Preis, der vielleicht nicht gleich zu erkennen ist, wie beispielsweise eine künftige schwächere wirtschaftliche Leistungskraft, die sich als zusätzliche Belastung für die finanzielle Stabilität der Mitgliedstaaten erweisen kann. Investitionen in frühen Jahren führen nachweislich zu einer Verringerung der Kosten in späteren Jahren - so vermeiden beispielsweise Regierungen, indem sie die Beschäftigten der Zukunft stärken, potenzielle zukünftige Verluste an Steuereinnahmen -; sie können auch zu einer Verringerung der Kosten im Gesundheitswesen, niedrigeren Kriminalitätsraten und weniger Fällen von asozialem Verhalten beitragen.
Personal und Qualität der Dienstleistungen
Um zwischen guter und schlechter Praxis in der EU entscheiden zu können, bedarf es einer allgemein anerkannten Definition von „Qualität“. Eine solche konkrete und allgemein akzeptierte Definition gibt es jedoch nicht. Die Vorstellungen darüber, was Qualität in diesem Zusammenhang bedeutet, sind von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat verschieden. Dies liegt daran, dass sie eng mit den in den einzelnen Mitgliedstaaten geltenden kulturellen Werten und ihren Vorstellungen und Definitionen von „Kindheit“ zusammenhängen. In diesem Bericht soll versucht werden zu verdeutlichen, welche Bedeutung „Qualität“ in diesem Zusammenhang für die EU-Mitgliedstaaten haben sollte.
So ist festzustellen, dass das die Einstellung von qualifiziertem und gut ausgebildetem Personal für die Arbeit mit Kleinkindern und Vorschulkindern einen erheblichen Einfluss auf die Qualität hat. Schlecht ausgebildetes und schlecht bezahltes Personal, das im Bereich der frühkindlichen Förderung und Betreuung tätig ist, ist einfach nicht zukunftsfähig. Obwohl, wie bereits festgestellt wurde, die ersten drei Jahre im Leben eines Kindes von außerordentlicher Wichtigkeit für die Entwicklung des Gehirns und für die Entwicklung seines Verhaltens und seiner Denkstrukturen sind, ist in der gesamten EU festzustellen, dass Personen, die im Bereich der frühkindlichen Förderung und Betreuung tätig sind, sich der entscheidenden Bedeutung der ersten Lebensjahre eines Kindes häufig nicht bewusst sind. Da diese Personen in den meisten Mitgliedstaaten für die Arbeit mit kleinen Kindern keine Berufsbildung mitbringen oder speziellen Qualifikationen erwerben müssen, besitzen viele von ihnen nicht die interaktiven Fähigkeiten und die Kompetenz, die insgesamt nötig sind, um sicherzustellen, dass die von ihnen betreuten Kinder ausreichende kognitive Fähigkeiten entwickeln.
Ein weiteres Problem, das in diesem Bericht aufgezeigt wird, ist das der Geschlechtsspezifität von Betreuungstätigkeiten: sehr viel mehr Frauen als Männer streben eine Tätigkeit im Bereich der frühkindlichen Betreuung und Förderung an. Dies bestärkt die Vorstellung, dass Kinderbetreuung in erster Linie Frauensache ist, was wiederum Auswirkungen auf die Gleichstellung hat. Kinder benötigen aber doppelte Rollenvorbilder in ihrem Leben, besonders im Fall von Familien, in denen ein Elternteil fehlt, was in den meisten Fällen eben der Vater ist. Leider haben nur sehr wenige EU-Mitgliedstaaten Ziele für die Einstellung von Männern in diesem Berufsbereich aufgestellt oder sich bemüht, zur Überwindung der herkömmlichen Vorstellungen beizutragen, wonach erstens die frühkindliche Förderung und Betreuung „Frauenarbeit“ ist und zweitens mit einem Mann, der beruflich mit kleinen Kindern arbeiten möchte, etwas ernsthaft nicht in Ordnung ist. Beispiele für ein bewährtes Vorgehen finden sich in Dänemark, wo der Anteil der männlichen Teilnehmer an Kursen für frühkindliche Förderung und Betreuung bei etwa 25% liegt, sowie im VK, wo kommunale Bildungsbehörden seit einigen Jahren besondere Programme anbieten, um Männer für Tätigkeiten im Bereich der Kinderbetreuung zu gewinnen.
Die Entwicklung von Maßnahmen zur Einstellung und langfristigen Beschäftigung einer unterschiedlichen und gemischtgeschlechtlichen Gruppe von Personen in diesem Bereich ist von größter Bedeutung. Auch sollte sichergestellt werden, dass diejenigen, die sich für eine Berufstätigkeit in einer Einrichtung für frühkindliche Förderung und Betreuung entscheiden, diese als eine befriedigende, angesehene und finanziell einträgliche Tätigkeit empfinden.
Forschung und Austausch bewährter Verfahren
Derzeit liegen keine ausreichenden empirischen Daten zu Kleinkindern vor, die zur Entwicklung und Umsetzung EU-weiter Maßnahmen im Bereich der frühkindlichen Förderung und Betreuung herangezogen werden könnten. Wohl gibt es Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet, sie werden jedoch größtenteils von anglophonen Ländern, besonders den USA, dominiert und haben infolgedessen oft einen sehr begrenzten Fokus bzw. stützen sich auf einen Kindheitsbegriff, der für viele nicht anglophone Länder wenig Relevanz hat.
Da in der EU ein so breites Spektrum an Einrichtungen und Diensten für frühkindliche Betreuung und Förderung besteht, ist es oft schwierig, klare Vergleiche zwischen ihnen anzustellen. Ein Vergleich zwischen den Konzepten verschiedener Länder kann jedoch insofern von großem Nutzen sein, als er es den Mitgliedstaaten ermöglicht, voneinander zu lernen. So war es beispielsweise durchaus sinnvoll, die Überzeugung vieler Eltern und Fachleute im angelsächsischen Raum, wonach „richtiges“ Lernen nur innerhalb eines Klassenzimmers möglich ist, zu hinterfragen und das nordische Modell dagegenzuhalten, das anerkennt, wie wichtig auch Aktivitäten im Freien für das Lernen und die Entwicklung von Kindern sind.
Eine weitere Erforschung dieses Bereich würde es der EU ermöglichen, die bereits festgelegten Ziele im Bereich der frühkindlichen Förderung und Betreuung zu revidieren und aktualisieren.
- [1] Starting Strong II, Early education and care, OECD 2006.
ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS
Datum der Annahme |
17.3.2011 |
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Ergebnis der Schlussabstimmung |
+: –: 0: |
27 0 0 |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder |
Maria Badia i Cutchet, Zoltán Bagó, Malika Benarab-Attou, Lothar Bisky, Piotr Borys, Jean-Marie Cavada, Silvia Costa, Santiago Fisas Ayxela, Mary Honeyball, Cătălin Sorin Ivan, Morten Løkkegaard, Emma McClarkin, Marek Henryk Migalski, Doris Pack, Marie-Thérèse Sanchez-Schmid, Marietje Schaake, Emil Stoyanov, Hannu Takkula, Helga Trüpel, Marie-Christine Vergiat, Sabine Verheyen, Milan Zver |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen) |
Luigi Berlinguer, Nessa Childers, Oriol Junqueras Vies, Ramona Nicole Mănescu, Iosif Matula, Monika Smolková |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 187 Abs. 2) |
Miguel Angel Martínez Martínez |
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