BERICHT über Frauen in wirtschaftlichen Führungspositionen
9.6.2011 - (2010/2115(INI))
Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter
Berichterstatterin: Rodi Kratsa-Tsagaropoulou
ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
zu Frauen in wirtschaftlichen Führungspositionen
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die Vierte Weltfrauenkonferenz, die im September 1995 in Peking stattfand, die Erklärung und die Aktionsplattform von Peking und die entsprechenden Abschlussdokumente, die anlässlich der nachfolgenden Sondertagungen der Vereinten Nationen Peking+5, Peking+10 und Peking+15 über weitere Maßnahmen und Initiativen zur Umsetzung der Erklärung und der Aktionsplattform von Peking am 9. Juni 2000, am 11. März 2005 und am 12. März 2010 angenommen wurden,
– unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau von 1979 (CEDAW),
– unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte aus dem Jahre 1948,
– unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere die Artikel 1, 2, 3, 4, 5, 21 und 23,
– gestützt auf Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union, in dem die gemeinsamen Werte der Mitgliedstaaten wie Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichstellung von Frauen und Männern betont werden,
– gestützt auf Artikel 19 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, in dem auf die Bekämpfung von Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts Bezug genommen wird,
– in Kenntnis des Berichts der Kommission „Gleichstellung von Frauen und Männern – 2011“,
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 27. Oktober 2010, „Auf dem Weg zu einer Binnenmarktakte – für eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft – 50 Vorschläge, um gemeinsam besser zu arbeiten, zu unternehmen und Handel zu treiben“ (KOM(2010)0608),
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 21. September 2010 „Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2010-2015“ (KOM(2010)0491),
– in Kenntnis des Grünbuchs der Kommission vom 6. Juni 2010 zu Corporate Governance in Finanzinstituten und Vergütungspolitik (KOM(2010)0284,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 5. März 2010 „Ein verstärktes Engagement für die Gleichstellung von Frauen und Männern - eine Frauen-Charta“ (KOM(2010)0078),
– unter Hinweis auf den vom Europäischen Rat im März 2006[1] angenommenen Europäischen Pakt für die Gleichstellung der Geschlechter und den vom Europäischen Rat am 7. März 2011 angenommen neuen Europäischen Pakt für die Gleichstellung der Geschlechter,
– in Kenntnis der Empfehlung 1996/694/EG des Rates über die ausgewogene Mitwirkung von Frauen und Männern an Entscheidungsprozessen,
– unter Hinweis auf das Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums vom 26. bis 29. Januar 2011 in Davos und das Programm „Women Leaders and Gender Parity“,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. Mai 2011 zu Corporate Governance in Finanzinstituten[2],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. März 2011 zu der Gleichstellung von Frauen und Männern in der Europäischen Union – 2010[3],
– unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 15. Juni 1995 zur Vierten Weltfrauenkonferenz in Peking: „Gleichstellung, Entwicklung und Frieden“[4], vom 10. März 2005 zu Folgemaßnahmen zur Vierten Weltfrauenkonferenz - Aktionsplattform (Peking +10)[5] und vom 25. Februar 2010 zu Peking +15 – UN-Plattform für Maßnahmen zur Gleichstellung der Geschlechter[6],
– gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (A7-0210/2011),
A. in der Erwägung, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern ein im Vertrag über die Europäische Union verankertes Grundprinzip der Europäischen Union ist und zu ihren Zielen und Aufgaben gehört und dass die Union es sich zur besonderen Aufgabe gemacht hat, den Gleichstellungsaspekt bei all ihren Tätigkeiten durchgängig zu berücksichtigen,
B. in der Erwägung, dass es eines der vorrangigen Ziele der Union sein sollte, kompetenten und qualifizierten Frauen den Zugang zu Positionen zu ermöglichen, die heutzutage schwer für sie zu erreichen sind, indem die fortbestehenden Hindernisse und Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern, die Frauen am beruflichen Aufstieg hindern, beseitigt werden,
C. in der Erwägung, dass durch die Gleichstellung der Geschlechter bei der Beschäftigung Frauen und Männer am Arbeitsmarkt im Allgemeinen und in Bezug auf ihren Aufstieg in Führungspositionen auf allen Ebenen im Interesse der sozialen Gerechtigkeit und der umfassenden Nutzung der Kompetenzen von Frauen zur Stärkung der Wirtschaft unterschiedslos gefördert werden und die Aufstiegsmöglichkeiten von Frauen ebenso gewährleistet werden müssen wie die von Männern,
D. in der Erwägung, dass 2008 59,5 % der in der EU vergebenen Hochschulabschlüsse an Frauen gingen, dass in Wirtschafts-, Management- und Jurastudiengängen mehr Frauen als Männer vertreten sind, dass aber der Frauenanteil in den höchsten Entscheidungsgremien der größten börsennotierten Unternehmen im Jahr 2009 bei lediglich 10,9 % lag,
E. in der Erwägung, dass die Hindernisse für die Vertretung von Frauen auch auf geschlechtsspezifische Diskriminierung und stereotype Verhaltensweisen zurückgeführt werden können, die in den Unternehmen oftmals fortbestehen und die Durchführung von Mentoringmaßnahmen für potenzielle weibliche Führungskräfte einschränken,
F. in der Erwägung, dass nach Studien der Kommission und des privaten Sektors ein Zusammenhang zwischen den verbesserten wirtschaftlichen und finanziellen Ergebnissen von Unternehmen und der Präsenz von Frauen in den Entscheidungsgremien dieser Unternehmen besteht; in der Erwägung, dass dies eindeutig zeigt, dass eine signifikante Vertretung von Frauen in Führungspositionen nachweislich zur Steigerung der Leistung und der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit beiträgt,
G. in der Erwägung, dass es daher von ausschlaggebender Bedeutung ist, Methoden wie Fallstudien und Austausch bewährter Verfahren auf diesem Gebiet sowie aktive Förderungsmaßnahmen zu entwickeln, um das Arbeitskräftepotenzial von Frauen auf allen Unternehmensebenen optimal zu nutzen,
H. in der Erwägung, dass unter Berücksichtigung der Unterschiede zwischen den Ländern und den verschiedenen einschlägigen Sektoren derzeit lediglich 10 % der Vorstands-/Aufsichtsratsmitglieder und lediglich 3 % der Vorstands-/Aufsichtsratsvorsitzenden der größten börsennotierten Unternehmen der Europäischen Union Frauen sind; in der Erwägung, dass das geschlechtsspezifische Lohngefälle in der EU insgesamt immer noch bei 17,5 % liegt und dies auch für Führungspositionen gilt,
I. in der Erwägung, dass die Zahl der Frauen in den Führungsgremien der Unternehmen derzeit nur um einen halben Prozentpunkt pro Jahr wächst; in der Erwägung, dass es in diesem langsamen Tempo weitere fünfzig Jahre dauern wird, bis in den Führungsgremien der Unternehmen der Anteil beider Geschlechter mindestens 40 % beträgt,
J. in der Erwägung, dass die Industrie- und Handelskammern sowie die Gewerkschafts- und Arbeitgeberorganisationen von einem ausgewogenen Verhältnis von Frauen und Männern weit entfernt sind und die geringe Vertretung von Frauen in den Führungsgremien der Unternehmen widerspiegeln; in der Erwägung, dass die Industrie- und Handelskammern sowie die Gewerkschafts- und Arbeitgeberorganisationen jedoch zur Verbreitung und zum Austausch bewährter Verfahren in diesem Bereich beitragen können,
K. in der Erwägung, dass es den politischen Entscheidungsträgern in der EU und in den Mitgliedstaaten sowie den Unternehmen obliegt, die Hindernisse für den Zugang von Frauen zum Arbeitsmarkt im Allgemeinen und zu den Führungsgremien im Besonderen auszuräumen und Frauen gleiche Chancen für den Aufstieg in Führungspositionen zu bieten, um die effiziente Nutzung aller vorhandenen Ressourcen zu gewährleisten, den Fluss weiblicher Kompetenzen und Fähigkeiten zu optimieren und das Humanpotenzial der Europäischen Union besser zu nutzen sowie die Wertegrundlage der EU zu fördern, in der Gleichstellung ein Grundprinzip ist,
L. in der Erwägung, dass die offensiven, auf eine größere Vertretung von Frauen gerichteten Initiativen und Maßnahmen des Privatsektors – zum Beispiel für eine bessere Betreuung der Laufbahnentwicklung von Frauen im Rahmen des Personalmanagements in den Unternehmen oder für die Schaffung von Netzwerken außerhalb der Unternehmen zur Förderung der Teilhabe und des Vorankommens von Frauen sowie des regelmäßigen Austauschs bewährter Verfahren – sich als nützlich und förderungswürdig, wenn auch noch nicht ausreichend erwiesen haben, um in den Unternehmen eine Kehrtwende einzuleiten, und dass Frauen in Unternehmensleitungen nach wie vor unterrepräsentiert sind,
M. in der Erwägung, dass die Kommission angekündigt hat, Legislativvorschläge vorzulegen, um sicherzustellen, dass börsennotierte Unternehmen wirksame Maßnahmen ergreifen, um eine gleichberechtigte Vertretung von Frauen und Männern in den Führungsgremien der Unternehmen zu gewährleisten, falls dieses Ziel innerhalb der nächsten 12 Monate durch die Selbstregulierung nicht zu realisieren ist,
1. begrüßt die von der Kommission am 1. März 2011 angekündigten Maßnahmen, insbesondere die Absicht der Kommission, im Jahr 2012 eine europäische Regelung vorzuschlagen, wenn es den Unternehmen nicht gelingt, den Frauenanteil in ihren Entscheidungsgremien durch freiwillige Maßnahmen bis 2015 auf 30 % und bis 2020 auf 40 % anzuheben;
2. fordert die Unternehmen eindringlich auf, den Frauenanteil in den Führungsgremien auf die kritische Schwelle von 30 % bis 2015 und auf 40 % bis 2020 zu erhöhen;
3. stellt fest, dass in Norwegen bei der Erhöhung der Vertretung von Frauen deutliche Fortschritte zu verzeichnen sind, seit im Jahr 2003 ein Gesetz verabschiedet wurde, nach dem in den Vorständen/Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten beide Geschlechter zu mindestens 40 % vertreten sein müssen und das wirksame Sanktionen bei Verstößen vorsieht;
4. weist nachdrücklich darauf hin, dass die Unternehmen verpflichtet sind, Frauen und Männern am Arbeitsplatz gleiche Behandlung und gleiche Chancen einzuräumen, und dass sie zu diesem Zweck Maßnahmen zur Vermeidung jeder Art von Diskriminierung treffen müssen;
5. begrüßt die Initiativen von Mitgliedstaaten wie Frankreich, den Niederlanden und Spanien, in denen verbindliche Frauenquoten für die Führungsgremien von Unternehmen festgelegt wurden, und verfolgt die Debatten über die Vertretung von Frauen in den anderen Mitgliedstaaten wie Belgien, Deutschland und Italien; stellt fest, dass nur die Bekundung des politischen Willens die Annahme verbindlicher Maßnahmen beschleunigt, die auf eine ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern in den Führungsgremien der Unternehmen abzielen;
6. begrüßt den Corporate Governance Kodex in Finnland, nach dem Vertreter beider Geschlechter in den Entscheidungsgremien von Unternehmen sitzen müssen und eine Nichteinhaltung öffentlich erklärt werden muss; stellt fest, dass der Kodex zu einem Frauenanteil in den Entscheidungsgremien finnischer Unternehmen von inzwischen 25% geführt hat und der Anteil der börsennotierten Unternehmen mit Frauen im Aufsichtsrat oder Vorstand seit der Ankündigung der Einführung des Kodex von 51% auf etwa 70% gestiegen ist;
7. betont, dass sich die Besetzung von Stellen in Führungsgremien der Unternehmen auf die erforderlichen Fähigkeiten, Qualifikationen und die Erfahrung stützen muss und dass die Grundsätze der Transparenz, der Objektivität, der Integration, der Wirksamkeit, der Nichtdiskriminierung und der Gleichstellung der Geschlechter bei der Einstellungspolitik von Unternehmen eingehalten werden müssen;
8. hält es für notwendig, wirksame Vorschriften zur Verhinderung der Ämterhäufung in Aufsichtsräten/Vorständen in Betracht zu ziehen, um Positionen für Frauen freizuhalten, aber auch aus Sorge um die Wirksamkeit und Unabhängigkeit der Mitglieder der Führungsgremien mittelgroßer und großer Unternehmen;
9. betont, dass börsennotierte öffentliche Unternehmen bei der Herstellung einer ausgewogenen Vertretung von Frauen und Männern in ihren Vorständen/Aufsichtsräten und Führungspositionen auf allen Ebenen eine Vorreiterrolle spielen sollten;
10. fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, neue Maßnahmen zu ergreifen, die eine größere Beteiligung von Frauen an der Führung von Unternehmen ermöglichen, und hierzu insbesondere:
a. einen nicht auf die Festlegung von Quoten für Frauen in Führungspositionen beschränkten Dialog mit den Führungsgremien großer Unternehmen und den Sozialpartnern über Mittel und Wege zur Erhöhung des Frauenanteils in Unternehmen einzuleiten, der jährlich stattfinden könnte;
b. Initiativen zu unterstützen mit dem Ziel, die Gleichstellung der Geschlechter in den Einstellungsausschüssen und in anderen Bereichen wie etwa in Bezug auf Lohnunterschiede, die berufliche Einstufung sowie die Ausbildung und Laufbahnentwicklung zu bewerten und zu fördern;
c. die soziale Verantwortung der europäischen Unternehmen mit der Verpflichtung zu fördern, zu gewährleisten, dass Frauen Führungsverantwortung übertragen und für familien- und frauenfreundliche Dienstleistungen gesorgt wird;
d. Maßnahmen im kulturellen Bereich zu unterstützen, um das Interesse junger Frauen an einem Wissenschafts- oder Technikstudium zu steigern, wie dies vom Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen angestrebt wird;
e. spezifische Maßnahmen und Vereinbarungen für die Bereitstellung von qualitativ hochwertigen erschwinglichen Diensten zu treffen, beispielsweise Betreuung von Kindern und von älteren und pflegebedürftigen Menschen, steuerliche Anreize für Unternehmen und sonstige Ausgleichsmaßnahmen, die in Unternehmen tätige Frauen und Männer dabei unterstützen, Familien- und Berufsleben miteinander zu vereinbaren;
f. die individuellen Fähigkeiten der Frauen im Unternehmen zu entwickeln, um sie durch spezifische Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen und sonstige Coachingmaßnahmen wie geeignete Mentoring- und Networkingprogramme wirksam auf die Ausübung von Führungsaufgaben auf allen Ebenen vorzubereiten;
g. die Weiterbildung zu Fragen der Gleichstellung der Geschlechter und der Nichtdiskriminierung auszubauen;
h. genaue und quantifizierbare Verpflichtungen der Unternehmen zu fördern;
i. alle beteiligten Akteure aufzufordern, Initiativen zu entwickeln, die die Wahrnehmung und Selbstwahrnehmung von Frauen am Arbeitsplatz verändern, um mehr Frauen die Möglichkeit zu geben, nicht nur im funktionellen, sondern auch im operativen Bereich der Geschäftstätigkeit Führungsverantwortung zu übernehmen; vertritt die Auffassung, dass diese Initiativen darauf abzielen müssen, Mädchen und junge Frauen zu ermutigen, mit Unterstützung von Lehrern, Familienmitgliedern und verschiedenen Vorbildern ein breiteres berufliches Spektrum in Betracht zu ziehen, und Frauen in Führungspositionen in den europäischen Medien positiv darzustellen;
j. Wege zur Erhöhung der Vertretung von Frauen aus besonders unterrepräsentierten Gruppen wie Einwanderern oder Angehörigen ethnischer Minderheiten aufzuzeigen;
11. weist nachdrücklich auf die Problematik des Lohngefälles in den Unternehmen und insbesondere auf die Lohnunterschiede zwischen Frauen in Führungspositionen und ihren männlichen Kollegen hin; fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, Maßnahmen zu ergreifen, um diese fortbestehenden Lohnungleichheiten, die mit traditionellen stereotypen Vorstellungen verknüpft sind, die die berufliche Fortentwicklung beeinträchtigen und dazu beitragen, dass Frauen in den Führungsgremien der Unternehmen nur schwach vertreten sind, zu bekämpfen;
12. ist der Auffassung, dass insbesondere die gesetzlich zur Veröffentlichung einer vollständigen Gewinn- und Verlustrechnung verpflichteten Unternehmen innerhalb eines angemessenen Zeitraums eine ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern in ihren Vorständen/Aufsichtsräten herstellen sollten;
13. fordert die Unternehmen auf, Kodexe für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung als ein Mittel anzunehmen und umzusetzen, um die Gleichstellung der Geschlechter in den Führungsgremien der Unternehmen zu fördern, Organisationen über Gruppendruck von innen zu beeinflussen und das „Comply or explain“-Prinzip einzuführen, das die Unternehmen zwingt, zu erklären, warum nicht mindestens eine Frau in ihrem Führungsgremium vertreten ist;
14. vertritt die Auffassung, dass die Mitgliedstaaten und die Kommission Initiativen ergreifen sollten, um eine gerechtere Aufteilung der Pflege und Betreuung in der Familie und der Pflichten nicht nur innerhalb der Familie, sondern auch zwischen der Familie und der Gesellschaft zu erreichen und das Lohngefälle zwischen Frauen und Männern bei gleicher Arbeit zu reduzieren; ist der Ansicht, dass folgende konkrete Maßnahmen ergriffen werden sollten:
a. Verbesserung des Zugangs zu Kinderbetreuungseinrichtungen, die erschwinglich, rechenschaftspflichtig und schnell zu erreichen sein müssen;
b. Einführung flexibler Arbeitsverfahren, um die organisatorische Kapazität zu verbessern und den Beitrag von Frauen bestmöglich zu erhöhen; diese Arbeitsverfahren müssen von allen Mitarbeitern kooperativ unterstützt werden; daher ist Führungsstärke gefragt, um kulturell bedingte Verhaltensweisen und traditionelle Grundsätze für gutes Unternehmertum in Frage zu stellen sowie neue Denkmuster in Bezug auf die Rolle von Frauen und Männern in der Gesellschaft, eine nachhaltige Personalplanung, soziales Kapital und die Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft einzuführen;
15. fordert die Führungskräfte der Unternehmen auf, ihre Mitarbeiter für die Entwicklung der beruflichen Laufbahnen von Frauen und Männern zu sensibilisieren und sich in Programmen zur Überwachung und Unterstützung der beruflichen Entwicklung weiblicher Führungskräfte in ihren Unternehmen persönlich zu engagieren;
16. ruft die Kommission auf,
a. schnellstmöglich eine vollständige Bestandsaufnahme der Präsenz von Frauen in allen Arten von Unternehmen in der Europäischen Union und zu den verpflichtenden und nicht verpflichtenden Maßnahmen vorzulegen, die von der Wirtschaft sowie in jüngster Zeit von den Mitgliedstaaten zu ihrer Steigerung getroffenen wurden;
b. am Ende dieser Untersuchung und für den Fall, dass die Maßnahmen, die die Unternehmen und die Mitgliedstaaten von sich aus getroffen haben, nicht ausreichen, bis 2012 legislative Maßnahmen einschließlich Quoten zur Steigerung der Vertretung von Frauen in den Führungsgremien von Unternehmen auf 30 % bis 2015 und auf 40 % bis 2020 vorzuschlagen und dabei den Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten sowie ihren wirtschaftlichen, strukturellen (Unternehmensgröße), rechtlichen und regionalen Besonderheiten Rechnung zu tragen;
17. fordert die Kommission auf, einen Fahrplan vorzulegen, in dem spezifische, messbare und erreichbare Zielvorgaben für die Verwirklichung einer ausgewogenen Vertretung in Unternehmen jeglicher Größe festgelegt sind, und fordert die Kommission auf, einen Leitfaden für kleine und mittlere Unternehmen zu entwickeln;
18. fordert die Kommission auf, eine Website zu bewährten Verfahren in diesem Bereich zur Verbreitung und zum Austausch bewährter Verfahren einzurichten; betont, wie wichtig es ist, eine Kommunikationsstrategie zu konzipieren, um die Öffentlichkeit und die Sozialpartner wirksam über die Bedeutung dieser Maßnahmen zu informieren; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten daher auf, gezielte Informationskampagnen auf den Weg zu bringen;
19. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie den Regierungen der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
- [1] Bull. EG 3-2002, Ziffer I. 13.
- [2] Angenommene Texte, P7_TA(2011)0223.
- [3] Angenommene Texte P7_TA(2011)0085.
- [4] ABl. C 166 vom 3.7.1995, S. 92.
- [5] ABL. C 320E vom 15.12.2005, S. 247.
- [6] ABL. C 348E vom 21.12.2010, S. 11.
BEGRÜNDUNG
„Frauen in wirtschaftlichen Führungspositionen“ ist ein immer wiederkehrendes Thema, das die Probleme und Herausforderungen unserer modernen Gesellschaft widerspiegelt. Dieses umfassende Thema schließt einerseits alle Probleme ein, die mit Frauen und der Arbeitswelt zusammenhängen, wie den Zugang zum Arbeitsmarkt, Parität und Gleichstellung, die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben, persönliche Ambitionen und kulturelle Stereotypen, und wirft andererseits eine allgemeinere Frage auf, nämlich nach dem Beitrag der Humanressourcen zu Wirtschaftswachstum und Wettbewerbsfähigkeit. Dieses Thema spiegelt par excellence die neue Stellung wider, die Frauen unserer Zeit in der modernen Welt innehaben.
Unser Ziel besteht darin, es kompetenten und qualifizierten Frauen zu ermöglichen, in Positionen aufzurücken, zu denen sie derzeit nur schwer Zugang haben.
Die öffentliche Anhörung zu diesem Thema, die am 27. Oktober 2010 im Europäischen Parlament stattfand, war in vielerlei Hinsicht erfolgreich, da sie Antworten auf mehrere dieser Probleme gebracht und insbesondere eine Aussprache zwischen Frauen aus dem Privatsektor und aus der Politik bzw. aus verschiedenen Frauennetzwerken ermöglicht hat, die Positionen in Führungsgremien von Unternehmen innehaben.
Die klare Botschaft, die sich aus dieser öffentlichen Anhörung ergeben hat und auf die unser Bericht abstellt, lautet, dass es jetzt zwingend erforderlich ist, das Potenzial der Frauen, ihre schöpferische Energie, zu erschließen und ihr Führungstalent, ihre unternehmerische Begabung, ihre Kommunikations- und Kompromissfähigkeit sowie ihre Fähigkeit zur Risikoeinschätzung zu nutzen.
Die Zahlen sprechen heutzutage für sich. Trotz einiger Unterschiede zwischen den EU-Mitgliedstaaten ist übereinstimmend festzustellen, dass die Vertretung von Frauen in Führungspositionen in Unternehmen und in Unternehmensführungen im engeren Sinne sowie in den verschiedenen Leitungsgremien gering ist. Die Zahlen lassen leider auch in anderen Bereichen der Wirtschaft zu wünschen übrig, in denen die Frauen ebenfalls unterrepräsentiert sind (zum Beispiel in Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden), doch geht es in diesem Bericht ausschließlich um die Vertretung von Frauen in den Führungsgremien mittlerer und großer Unternehmen, und ohne darauf näher eingehen zu wollen, sei darauf hingewiesen, dass dieses Problem mit dem der geschlechtsspezifischen Lohnunterschiede („Gender Pay Gap“) einhergeht.
Ein gutes Personalmanagement sollte einerseits wirtschaftlichen Belangen und andererseits einer sozialen Ethik entsprechend dem sozialen Umfeld und der persönlichen Entwicklung Rechnung tragen und darauf ausgerichtet sein, keine Ressourcen zu verschwenden. Daher sollte es in Anbetracht der großen Zahl von Frauen mit Hochschulabschluss auch bei den Führungspositionen in Unternehmen einen entsprechend hohen Frauenanteil geben.
Es hat jedoch vielmehr den Anschein, dass der Frauenanteil umso geringer ausfällt, je höher die Ebene in der Unternehmenshierarchie ist, was schon insofern einen Widerspruch darstellt, als sich in Anfangspositionen oder im „mittleren Management“ zahlreiche Frauen finden.
Daher ist es dringend geboten zu reagieren, um zu verhindern, dass Talente und Fähigkeiten aus dem Potenzial an Humanressourcen der Europäischen Union verlorengehen.
Studien[1] haben ergeben, dass die Einbindung von Frauen in Unternehmen und an der Spitze von Unternehmen die Leistungsfähigkeit fördert, zur Effizienz der Unternehmen beiträgt und bessere wirtschaftliche Ergebnisse und Gewinne mit sich bringt.
Derzeit sind 10 % der Vorstands-/Aufsichtsratsmitglieder und lediglich 3 % der Vorstands-/ Aufsichtsratsvorsitzenden der größten börsennotierten Unternehmen der Europäischen Union Frauen.[2] Die bestehende Situation ändert sich gar nicht oder nur sehr langsam.
Deshalb ging es uns darum, die aktuellen Daten zu prüfen, zu versuchen, die Gründe für diese Zahlen nach Möglichkeit zu verstehen, die Hindernisse zu ermitteln, die dem Aufstieg von Frauen in Positionen an der Spitze von Unternehmen entgegenstehen, sowie bewährte Verfahren und Vorbilder aufzuzeigen und schließlich einige Ideen zu unterbreiten, um der mangelnden Vertretung von Frauen in verantwortungsvollen Positionen abzuhelfen. So wurden von einigen Unternehmen bereits Initiativen auf den Weg gebracht oder professionelle Netzwerke eingerichtet, von denen sich jedoch derzeit viele als veraltet oder unzureichend erweisen.
Hier gilt es also, Mittel und Wege zu finden, um zu handeln.
Das Thema wurde kürzlich am Rande des Davoser Forums[3] von 2011 in einer Studie über die weltweit größten Unternehmen in 20 Ländern und 16 Branchen erörtert, in der die Praktiken und Strategien untersucht wurden, die von den Unternehmen angewandt werden, um geschlechtsspezifische Ungleichheiten zu verringern. Zu diesem Zweck wurden mehrere Schlüsselfaktoren analysiert: die Ermittlung der bestehenden Hindernisse, die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben, getroffene Maßnahmen wie die Festlegung der Ziele („Target Setting“), die Ausbildung der weiblichen Führungskräfte und die Auswirkungen der Krise. Ziel der Untersuchung war es, den gegenwärtigen Stand der Beteiligung und der Annahme von Gleichstellungsstrategien durch die Unternehmen zu bewerten.
Die Studie hat ergeben, dass die Mehrheit der untersuchten Unternehmen (64 %), d. h. sowohl Unternehmen, in denen Frauen in den Führungsgremien gut vertreten sind, als auch solche, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, keine offensive Initiative für die Verbesserung des Frauenanteils auf den Weg gebracht hat.
Wie ist diese mangelnde Vertretung von Frauen an der Spitze großer Unternehmen zu erklären? Die Antwort auf diese Frage umfasst viele Faktoren.
Die Entwicklung von Frauen in den Unternehmen wird unter anderem durch Faktoren behindert, die die Beschäftigungsbedingungen im Allgemeinen betreffen. Dazu zählen insbesondere der Mutterschaftsurlaub, das Problem der Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben, die Berufspausen, die Frage der flexiblen Arbeitszeitgestaltung und der Mangel an Einrichtungen für Eltern (Kinderkrippen, Kindergärten usw.). Hinzu kommt, dass Mentoring- und Coachingmaßnahmen für Frauen schwer zugänglich sind, aber auch die Tatsache, dass die Wirtschaftskrise in einigen Ländern auf Frauen stärkere Auswirkungen hatte. Parallel dazu sind ein Fortbestehen traditioneller kultureller sexistischer Rollenklischees sowie eine mangelnde Motivation von Frauen festzustellen, sich den verschiedenen Herausforderungen zu stellen, denen sie sich beim beruflichen Fortkommen gegenübersehen.
Zur Überwindung dieser Hindernisse gilt es insbesondere die bestehenden Netzwerke von Frauen in wirtschaftlichen Führungspositionen - außerhalb der Unternehmen - auszubauen und die Beteiligung an diesen Netzwerken zu fördern. Diese Netzwerke ermöglichen Frauen in wirtschaftlichen Führungspositionen einen Gedanken- und Erfahrungsaustausch mit Personen, die einen ähnlichen Berufsweg durchlaufen haben wie sie, was sich oftmals als nützlich erweist, gemeinsame Probleme zur Sprache zu bringen und Lösungen für Probleme im Zusammenhang mit ihrer Karriereplanung vorzuschlagen. Dies verleiht ihnen ein stärkeres Selbstbewusstsein und veranlasst sie, im Unternehmen mehr Risikobereitschaft im Interesse ihres beruflichen Fortkommens an den Tag zu legen. In den Unternehmen selbst ist es nunmehr von Bedeutung, verstärkt Weiterbildungs- und Fachausbildungsmöglichkeiten, Fast-Track-, Mentoring- oder individuelle Coaching-Programme für die berufliche Entwicklung von Frauen anzubieten. Parallel dazu erscheint es angemessen, dass die Unternehmen vorrangig eine Politik anstreben, die auf eine ausgewogene Vertretung von Männern und Frauen gerichtet ist und die insbesondere in der Einstellung von Frauen für Entscheidungspositionen oder in der Förderung der Bewerbung von Frauen für Positionen mit hoher Verantwortung bestehen könnte.
Darüber hinaus sollte den Gründen Rechnung getragen werden, die bei der Ernennung von Vorstands-/Aufsichtsratsmitgliedern eine Rolle spielen. Die Ernennung erfolgt in den meisten Ländern in der Regel im Wege der Kooptation. Ferner sei darauf hingewiesen, dass Frauen in bestimmten Wirtschaftszweigen und Branchen in der Minderheit sind und es daher sehr schwer ist, ihre Vertretung zu gewährleisten.
Auch hier wurde der Reform der Ernennung von Vorstands-/Aufsichtsratsmitgliedern wegen der Wirtschaftskrise keine vorrangige Bedeutung eingeräumt.
Außerdem spielen natürlich auch die Vorschriften und allgemeinen Praktiken der betreffenden Länder, die voneinander abweichenden Unternehmenskulturen in der Europäischen Union, die unterschiedlichen Strukturen der Führungsgremien in diesen Ländern (Vorstand und/oder Aufsichtsrat) sowie das Fehlen einer regelmäßigen Überwachung der Personalpolitik und des Austauschs bewährter Verfahren unter europäischen Unternehmen eine Rolle.
Jede Analyse führt zu dem Schluss, dass die Förderung einer stärkeren Vertretung von Frauen von nun an für die Unternehmen ein zwingendes Gebot sein muss. So müssen die Unternehmen Maßnahmen treffen, um Frauen, die Führungspositionen anstreben, zu ermutigen, insbesondere durch Verbesserung der Karrierechancen, durch Perspektiven innerhalb des Unternehmens.
Schließlich erscheint es wichtig, dass die Unternehmen das „Target Setting“ (Festlegung von Zielen) für eine stärkere Beteiligung von Frauen einführen und zugleich auch Spitzenpositionen mit Frauen besetzen, um Gleichstellung und Vielfalt zu fördern und die menschliche Intelligenz nutzbar zu machen.
Mehrere Mitgliedstaaten haben versucht, Lösungen herbeizuführen, um dem geringen Frauenanteil in wirtschaftlichen Führungspositionen abzuhelfen.
Nachdem in Frankreich kürzlich ein Gesetz erlassen wurde, das bis 2015 in den Vorständen/Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von mehr als 50 Mio. EUR einen Frauenanteil von mindestens 40 % vorsieht, hat Italien seinerseits ein Gesetz über Frauenquoten in Vorständen/Aufsichtsräten vorgeschlagen. In Spanien sieht das Gesetz über Frauenquoten von 2007 einen Frauenanteil von 40 % bis 2015 vor.
Andere Länder haben eine Debatte über diese schwierige Frage angestoßen: Im Vereinigten Königreich hat die Regierung einen Abgeordneten beauftragt, eine Studie über das Problem der geschlechtsspezifischen Lohnunterschiede („Gender Pay Gap“) und mögliche Ansätze zur Lösung dieses Problems zu erarbeiten. In diesem Zusammenhang wurde auch die geringe Vertretung von Frauen in Führungspositionen zur Sprache gebracht und somit die Debatte darüber in Gang gesetzt. Die Niederlande und Belgien befassen sich ebenfalls mit diesem Problem, und derzeit finden darüber Diskussionen statt. In Deutschland hat die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Kristina Schröder, den Wunsch geäußert, dass in den Vorständen und Aufsichtsräten bis 2015 ein Frauenanteil von 20 % erreicht wird. Sie sprach sich ferner dafür aus, andernfalls einen verbindlichen Text zur Festlegung einer Frauenquote zu erlassen. Die bayerische Justizministerin Beate Merk hat sich ebenfalls für die Einführung einer per Quorum festzulegenden Quote von zunächst 15 bis 20 % ausgesprochen, die schließlich 40 % erreichen soll.
Das norwegische Modell
Als erstes Land, das ein Gesetz zur Festlegung einer Frauenquote angenommen hat, um die Vertretung von Frauen in den Führungsgremien von Unternehmen deutlich zu erhöhen, hat Norwegen Vorbildfunktion.
Das 2003 erlassene Gesetz stieß zunächst auf viel Widerstand.
Auf Betreiben des Ministers für Handel und Industrie - nicht der Gleichstellungsministerin - schreibt das Gesetz den Unternehmen verbindlich das Ziel vor, einen Frauenanteil von mindestens 40 % in den Vorständen/Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen zu erreichen; andernfalls drohen Strafen bzw. die Auflösung. Dieses Gesetz hat zu greifbaren Ergebnissen geführt.
Auch in Québec wurde ein ähnliches Gesetz verabschiedet.
Die Wirksamkeit der bestehenden Maßnahmen – in welche Richtung sollen wir unsere Bemühungen lenken?
Die Deutsche Telekom ist ein einzigartiges Beispiel für Initiativen großer Unternehmen, um in Deutschland den Frauenanteil in den Vorständen/Aufsichtsräten zu erhöhen: Das Unternehmen stellte sich von sich aus das Ziel, bis 2015 eine Quote von 30 % zu erreichen. Dieser innovative Ansatz hat zu überzeugenden Ergebnissen geführt und innerhalb der Wirtschaft weitere Verbreitung gefunden.
Unternehmens-Verhaltenskodizes
Aus kürzlich veröffentlichten Studien geht hervor, dass in einigen Ländern durch die Einführung von Unternehmens-Verhaltenskodizes der Frauenanteil in den Führungsgremien deutlich erhöht wurde[4] (so z. B. in Portugal, Italien, Griechenland, Belgien, Spanien und Frankreich).
Welche Maßnahmen gilt es darüber hinaus in Betracht zu ziehen?
In Anbetracht der Tatsache, dass entsprechende Bemühungen in der Vergangenheit wenig zufriedenstellende Ergebnisse gebracht haben und die Entwicklung in diesem Bereich nur langsam vonstatten geht, bedarf es eines auslösenden Elements. Mithin kommt es darauf an, breiter angelegte Diskussionen mit der Wirtschaft auf nationaler und europäischer Ebene einzuleiten und den gegenwärtigen Stillstand zu überwinden.
Die Regierungen sollten für eine stärkere Beteiligung von Frauen sorgen und geeignete Rahmenbedingungen schaffen. Daher gilt es den Unternehmen einen praktischen Leitfaden zur Förderung der Beteiligung von Frauen an die Hand zu geben, einen Fahrplan auszuarbeiten und quantitative Ziele mit realistischen Zeitvorgaben festzulegen.
Schließlich könnten Quoten in Betracht gezogen werden, da sie sich bewährt haben: So trugen die Verabschiedung von Gesetzen zur Einführung von Quoten oder in einigen Fällen im Vorfeld von gesetzlichen Regelungen eingeleitete politische Initiativen zu einem deutlichen Anstieg der Vertretung von Frauen in den Führungsgremien von Unternehmen bei. In Frankreich zum Beispiel belief sich der Anteil der Frauen in Führungspositionen im Jahr 2008 auf 7,6 % und im Jahr 2010, als das Gesetz in Vorbereitung war, auf 11,9 %. Hier dürfte das Gesetz eine überzeugende Wirkung gehabt und die Unternehmen veranlasst haben, von sich aus offensiv Maßnahmen zu ergreifen, um die darin festgelegten Ziele zu erreichen. Dasselbe Phänomen ist in Italien festzustellen, wo das Gesetz über die Frauenquote derzeit diskutiert wird: Im Jahr 2008 lag der Anteil von Frauen in Führungspositionen bei 2,1 %, während 2010 in Entscheidungsgremien bereits 3,9 % Frauen vertreten waren. In Spanien belief sich die Vertretung von Frauen im Jahr 2008 auf 6,6 % und im Jahr 2010 auf 11 %.[5] Die weitere Entwicklung bleibt offen, und mit dem Berichtsentwurf soll die Debatte über die Zweckmäßigkeit einer solchen Maßnahme sowie anderer damit zusammenhängender Maßnahmen in Gang gesetzt werden.
Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass ein Gesetz über Quoten unbedingt einige wesentliche Voraussetzungen erfüllen muss, die zum Beispiel Folgendes umfassen:[6]
- eine klare Strategie für die Umsetzung verbindlicher Rechtsvorschriften,
- die Bereitstellung von Haushaltsmitteln, die zu diesem Zweck freigegeben werden müssen,
- Maßnahmen für die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben,
- den klaren politischen Willen,
- die festzulegenden Zieldaten,
- die Einrichtung einer Datenbank über Frauen, die eine Laufbahn in einem Unternehmen verfolgen, mit personalisierten Profilen,
- die Ausbildung der berufstätigen Frauen zur Vorbereitung ihres Aufstiegs in Führungspositionen sowie andere Fördermaßnahmen.
Quoten würden also eine bessere Vertretung von Frauen in Führungspositionen großer Unternehmen ermöglichen. Doch würden sich unsere Bemühungen auf die Unternehmen insgesamt richten, da die Präsenz von Frauen auf allen Unternehmensebenen eine wichtige Rolle spielt, um eine ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern in den Führungsgremien zu gewährleisten.
Der Standpunkt der Europäischen Kommission
Die Europäische Kommission hat sich dafür ausgesprochen, die Präsenz von Frauen in Vorständen/Aufsichtsräten zu fördern mit dem Ziel, den Frauenanteil durch freiwillige Maßnahmen und Selbstregulierung bis 2015 auf 30 % und bis 2020 auf 40 % anzuheben. Erweist sich dies nicht als schlüssig, werden gezielte Initiativen auf EU-Ebene in Betracht gezogen. In jüngster Zeit hat die Europäische Kommission eine Vielzahl entsprechender Initiativen eingeleitet: So sehen wir erwartungsvoll dem Treffen mit Frauen in wirtschaftlichen Führungspositionen am 1. März entgegen und auch dem Arbeitsdokument über die gegenwärtige Situation in den Mitgliedstaaten, das im Laufe des Monats März veröffentlicht werden soll.
Wir erwarten somit vonseiten der Europäischen Kommission konkrete Vorschläge hierzu, die den Bedürfnissen weiblicher Führungskräfte in Unternehmen entsprechen, denen bessere Aufstiegschancen geboten werden sollen, die aber auch den Bedürfnissen der europäischen Wirtschaft gerecht werden. Hierzu ist es unabdingbar, der Vielfalt Rechnung zu tragen, die in diesem Bereich in der Europäischen Union sowohl bei den Unternehmensstrukturen als auch bei der Vertretung von Frauen besteht.
- [1] Women Matter 2010, Mc Kinsey.
- [2] Europäische Kommission, GD Beschäftigung, soziale Angelegenheiten und Chancengleichheit - More women in senior positions. Key to economic stability and growth, Januar 2010.
- [3] Corporate Gender Gap Report 2010.
- [4] EuropeanPWN Boardwomen monitor 2010.
- [5] EuropeanPWN Boardwomen monitor 2010.
- [6] 2010 CWDI Report - Corporate Women Directors International - 'Accelerating Board Diversity Globally'.
ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS
Datum der Annahme |
25.5.2011 |
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Ergebnis der Schlussabstimmung |
+: –: 0: |
26 0 6 |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder |
Regina Bastos, Edit Bauer, Emine Bozkurt, Marije Cornelissen, Silvia Costa, Edite Estrela, Iratxe García Pérez, Lívia Járóka, Teresa Jiménez-Becerril Barrio, Nicole Kiil-Nielsen, Rodi Kratsa-Tsagaropoulou, Constance Le Grip, Astrid Lulling, Elisabeth Morin-Chartier, Angelika Niebler, Siiri Oviir, Antonyia Parvanova, Raül Romeva i Rueda, Joanna Katarzyna Skrzydlewska, Eva-Britt Svensson, Marc Tarabella, Britta Thomsen, Marina Yannakoudakis, Anna Záborská |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen) |
Anne Delvaux, Mojca Kleva, Kartika Tamara Liotard, Gesine Meissner, Norica Nicolai, Antigoni Papadopoulou |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 187 Abs. 2) |
Roger Helmer, Jacek Włosowicz |
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