BERICHT über den Jahresbericht der EZB für 2010

17.10.2011 - (2011/2156(INI))

Ausschuss für Wirtschaft und Währung
Berichterstatter: Ramon Tremosa i Balcells

Verfahren : 2011/2156(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A7-0361/2011
Eingereichte Texte :
A7-0361/2011
Angenommene Texte :

ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zum Jahresbericht der EZB für 2010

(2011/2156(INI))

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf den Jahresbericht der EZB für 2010,

–   gestützt auf Artikel 284 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

–   unter Hinweis auf Artikel 15 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank,

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 4. Mai 1998 zur demokratischen Rechenschaftspflicht in der dritten Phase der WWU[1],

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. November 2010 zu dem Jahresbericht der EZB für 2009[2],

–   gestützt auf Artikel 119 Absatz 1 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (A7-0361/2011),

A. in der Erwägung, dass das Euro‑Währungsgebiet im Jahr 2010 mit einem BIP‑Wachstum von 1,7 % einen Aufschwung erlebt hat und für 2011 ein Wachstum von 1,6 % erwartet wird, nachdem im Jahr 2009 eine Rezession mit einem Minuswachstum von 4,2 % verzeichnet worden war, einige internationale Organisationen jedoch vor einem möglichen weltweiten Konjunkturabschwung warnen;

B.  in der Erwägung, dass das durchschnittliche Staatsdefizit im Euro-Währungsgebiet von 0,7 % des BIP im Jahr 2007 auf 6,0 % des BIP im Jahr 2010 und die durchschnittliche Schuldenquote von 66,2 % des BIP im Jahr 2007 auf 85,1 % des BIP im Jahr 2010 angestiegen sind, wobei sich Letztere in den USA auf 101,1 % des BIP und in Japan auf 212,71 % beläuft;

C. in der Erwägung, dass sich die durchschnittliche jährliche HVPI‑Inflationsrate im Euro‑Währungsgebiet im Jahr 2010 auf 1,6 % belief, und dass das M3‑Wachstum mit einer Durchschnittsquote von 0,6 % im Jahr 2010 nach wie vor gering war;

D. in der Erwägung, dass die EZB am 10. Mai 2010 ankündigt hat, das Eurosystem werde im Rahmen des Programms für die Wertpapiermärkte zeitlich befristet an den Sekundärmärkten für Schuldtitel der Mitgliedstaaten intervenieren, woraufhin bis Anfang September 2011 Käufe mit einem Buchwert von 129 Milliarden EUR getätigt wurden; in der Erwägung, dass diese Wertpapiere mit einem Abschlag erworben wurden;

E.  in der Erwägung, dass die EZB am 4. Juni 2009 beschlossen hatte, ein Programm zum Ankauf von gedeckten Schuldverschreibungen an den Primär- und Sekundärmärkten im Wert von 60 Milliarden EUR zu lancieren, das bis Ende 2010 abgeschlossen sein sollte;

F.  in der Erwägung, dass die EZB Ende 2010 im Besitz von forderungsunterlegten Wertpapieren im Wert von 480 Milliarden EUR und von nicht marktfähigen Finanzinstrumenten im Wert von 360 Milliarden EUR war, was sich insgesamt auf 44 % ihrer Bilanzsumme belief;

G. in der Erwägung, dass sich die Beendigung der Anwendung von Sondermaßnahmen der EZB durch die anhaltenden Gerüchte über eine Umschuldung und durch deren Auswirkungen auf die Finanzmärkte und die Gesamtwirtschaft weiter verzögern könnte; in der Erwägung, dass für das Problem der Staatsverschuldung jedoch eine umfassende, langfristige Lösung gefunden werden muss, an der die EZB nicht beteiligt ist;

H. in der Erwägung, dass die Zinssätze im Euro-Währungsgebiet im Laufe des Jahres 2010 nach wie vor 1 % betrugen, im April 2011 jedoch um 25 Basispunkte und im Juli 2011 nochmals um 25 Basispunkte angehoben wurden, woraus sich ein Zinssatz von 1,5 % ergab;

I.   in der Erwägung, dass gemäß Artikel 282 AEUV das vorrangige Ziel der EZB darin besteht, die Preisstabilität zu gewährleisten und die EZB die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union unterstützt, um zur Verwirklichung dieses Ziels beizutragen, sowie in Erwägung der Arbeit des ESRB zum Thema Finanzstabilität unter der Federführung der EZB;

Einleitung

1.  begrüßt, dass die EZB die HVPI‑Inflationsrate bislang trotz einer Reihe makrofinanzieller Schocks und trotz schwankender Rohstoffpreise in einer Zeit, in der das durchschnittliche BIP‑Wachstum in der Union schwach war, äußerst erfolgreich bei nahezu 2 % halten konnte;

2.  ist besorgt über die Auswirkungen steigender Zinssätze auf das Wirtschaftswachstum im Euro‑Währungsgebiet, und vertritt die Auffassung, dass sich dies negativ auf den ohnehin bereits langsamen Aufschwung im Euro‑Währungsgebiet auswirken könnte, insbesondere in den schwächsten Volkswirtschaften;

3.  betont, dass sich die monatliche HVPI‑Inflationsrate seit Beginn des Jahres 2010 zwar im Allgemeinen auf einen Wert von über 2 % belaufen hat, die wichtigsten Aspekte der Geldpolitik jedoch in den künftigen Inflationserwartungen bestehen, deren niedriges Niveau die hohe Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit der EZB beweist;

4.  betont, dass die Privatverschuldung, Kreditblasen sowie in manchen Fällen die Staatsverschuldung vor der Finanzkrise in unvertretbarem Maße zugenommen hatten und durch private Schuldenblasen Risiken entstanden waren; betont ferner, dass die Zunahme an Staatsschulden ein Ergebnis der Notwendigkeit war, den Privatsektor und insbesondere den Finanzsektor zu retten;

5.  vertritt die Auffassung, dass zusätzlich zum HVPI die Preistendenzen von Vermögenswerten und die Entwicklung des Kreditwachstums in der EU und in den Mitgliedstaaten entscheidende Indikatoren für eine wirksame Überwachung der Finanzstabilität innerhalb der WWU und allgemein in der EU darstellen;

6.  stellt fest, dass die Staatsverschuldung im Verhältnis zum BIP im Euro-Währungsgebiet viel niedriger ist als in den USA oder Japan;

7.  vertraut auf die wirtschaftliche Stärke des Euro-Währungsgebiets und auf die Bedeutung des Euro als internationale Währung;

8.  erinnert daran, dass das vorrangige Ziel der EZB gemäß Artikel 282 AEUV darin besteht, die Preisstabilität zu gewährleisten, und dass dies zu Finanzstabilität und einer entsprechenden Liquidität an den Finanzmärkten beiträgt; stellt fest, dass die finanzielle Instabilität jedoch mittelfristig mit erheblichen Risiken für die Preisstabilität einhergeht, da sie das reibungslose Funktionieren des geldpolitischen Übertragungsmechanismus beeinträchtigt; begrüßt die Einrichtung des ESRB am 1. Januar 2011 unter der Federführung der EZB; beglückwünscht die EZB zu der entscheidenden Rolle, die sie bei den Dringlichkeitsmaßnahmen zur Erhaltung der Marktstabilität gespielt hat;

9.  betont, dass der Rat gemäß Artikel 127 Absatz 6 AEUV der Europäischen Zentralbank einstimmig durch Verordnungen gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren und nach Anhörung des Europäischen Parlaments und der Europäischen Zentralbank besondere Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute und sonstige Finanzinstitute mit Ausnahme von Versicherungsunternehmen übertragen kann;

10. betont, dass der Rückkauf von Anleihen an den Sekundärmärkten angesichts der derzeitigen ausgeprägten Funktionsstörungen bestimmter Marksektoren durch das Ziel der Wiederherstellung einer gut funktionierenden Geldpolitik gerechtfertigt ist; stellt fest, dass diese Rückkaufprogramme durch Programme ergänzt werden, die der Neutralisierung der Liquidität dienen;

11. ist tief besorgt über die anhaltenden erneuten finanziellen Turbulenzen in der EU und die anhaltenden bedeutenden makrofinanziellen Ungleichgewichte zwischen den Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten des Euro‑Währungsgebiets sowie über den Deflationsdruck in vielen Mitgliedstaaten des Euro‑Währungsgebiets;

12. weist darauf hin, dass es nach wie vor und sogar zunehmend an wirtschaftlicher Konvergenz fehlt, was für die einheitliche Geldpolitik im Euro‑Währungsgebiet weiterhin ein strukturelles Problem darstellt; betont, dass sich die Auswirkungen der Geldpolitik in den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets in hohem Maße unterscheiden, und ist der Ansicht, dass sich diese Asymmetrie angesichts des in einigen Mitgliedstaaten herrschenden Übergewichts an Krediten, die an kurzfristige Zinssätze gebunden sind, weiter verschärfen könnte, wenn die EZB die Zinssätze weiterhin erhöht; ist daher überzeugt von der Notwendigkeit einer gemeinsamen finanzpolitischen Steuerung in der EU;

13. fordert die Kommission auf, eine Europäische Ratingstiftung einzurichten, und die Vor- und Nachteile einer befristeten Unterbrechung des Ratings für Länder, die ein EU‑IWF‑Anpassungsprogramm durchlaufen, zu bewerten; bedauert darüber hinaus das derzeitige Oligopol im Bereich Rating und fordert die Einführung von Maßnahmen zur Ankurbelung des Wettbewerbs zwischen Ratingagenturen und zur Erhöhung der Anzahl solcher Agenturen;

14. fordert die Kommission auf, die Voraussetzungen für die Einrichtung eines Europäischen Währungsfonds zu schaffen, damit der IWF künftig aus der europäischen Kreditpolitik herausgehalten werden kann und auf diese Weise die Abhängigkeit der Mitgliedstaaten von anderen internationalen Einrichtungen und Märkten verringert wird;

15. begrüßt den Beitritt Estlands zum Euro‑Währungsgebiet, der einen Beweis für die Tragfähigkeit des Projekts der gemeinsamen Währung darstellt;

16. ist besorgt über die weltweiten währungspolitischen Entwicklungen und den Außenwert des Euro, da die außerplanmäßigen Liquiditätsspritzen in den meisten Ländern der OECD bedeutende Ausstrahlungseffekte haben; vertritt die Auffassung, dass es im Hinblick auf ein stabileres internationales Währungssystem einer wesentlich stärkeren Koordinierung bedarf;

Krisenbewältigung

17. begrüßt das entschlossene und offensive Vorgehen der EZB seit dem Beginn der Krise im Jahr 2007 und insbesondere während der Turbulenzen an den Finanzmärkten in den Jahren 2007, 2008 und 2010 sowie erneut im Sommer 2011, als einige große Volkswirtschaften der EU angesichts der anhaltenden Unentschlossenheit der Mitgliedstaaten Schwierigkeiten gegenüberstanden und die EZB aufgrund dieser Unentschlossenheit dazu gezwungen war, konkrete politische Aufgaben zu übernehmen, um der derzeitigen Schuldenkrise entgegenzuwirken;

18. stellt fest, dass die Entstehung von Vermögensblasen angesichts des nicht nachhaltigen Kreditwachstums während der Jahre vor der Krise teilweise auf die Geldpolitik zurückzuführen ist;

19. nimmt die Vorschläge zur Bewältigung der Krise zur Kenntnis, die die EZB im Hinblick auf die wirtschaftspolitische Steuerung und den Mechanismus zur Rettung von Banken vorgelegt hat;

20. bedauert, dass in der EU kein angemessener wirtschaftspolitischer Rahmen zur Bewältigung von Krisen besteht, und dass die Kommission und die Mitgliedstaaten – insbesondere jene, in denen Reformen durchgeführt werden müssen – in Bezug auf die Bewältigung der Krise nur zögerlich gehandelt haben, und fordert den Rat und die Kommission auf, rasch umfassende und weitreichende Maßnahmen zur Gewährleistung der Stabilität des Euro zu ergreifen;

21. ist besorgt über die anhaltenden Spannungen auf den Märkten für Staatsanleihen im Euro‑Währungsgebiet, die sich in einer Spreadausweitung während der letzten zwei Jahre niedergeschlagen haben; weist darauf hin, dass die Flucht in sichere Anlageformen, die durch Panikwellen während der gegenwärtigen Finanzkrise ausgelöst wurde, zu massiven Verzerrungen und teuren negativen Externalitäten geführt hat; würdigt die Bemühungen der EZB im Rahmen ihres Programms für die Wertpapiermärkte zur Spreadverringerung in gefährdeten Mitgliedstaaten;

22. nimmt die Restrukturierung der Schulden Griechenlands im Wege eines koordinierten freiwilligen EU‑Tauschangebots zur Kenntnis; ist der Auffassung, dass auch nach der auf dem Gipfeltreffen vom 21. Juli 2011 getroffenen Vereinbarung über die Verringerung der Schuldenlast Griechenlands kein tragbares Niveau der Staatsverschuldung erreicht worden ist;

23. stellt fest, dass Teile des Privatsektors und die meisten Mitgliedstaaten zwar weiterhin Schulden abbauen, der öffentliche Sektor jedoch weiterhin vielerorts überschuldet ist, was nicht zuletzt auf die Maßnahmen zurückzuführen ist, die ergriffen werden, um die Auswirkungen der Finanzkrise zu kompensieren;

24. erinnert daran, dass die Staatsverschuldung im Verhältnis zum BIP im Euro-Währungsgebiet vor dem Beginn der Finanzkrise zwischen 1999 und 2007 von 72 % auf 67 % gesunken war und die Verschuldung von Haushalten und Firmen sowie des Finanzsektors im selben Zeitraum erheblich zugenommen hatte; weist insbesondere darauf hin, dass die Verschuldung der Haushalte im Euro‑Währungsgebiet im selben Zeitraum von 52 % auf 70 % des BIP und die Verschuldung der Finanzinstitute von unter 200 % des BIP auf über 250 % angestiegen war; räumt ein, dass einige Mitgliedstaaten wie Griechenland und Italien eine bedeutende Ausnahme von diesem allgemeinen Trend bildeten;

25. nimmt den rasanten Anstieg des Verschuldungsgrads der EZB zur Kenntnis, der sich aus der Gegenüberstellung von Kapital/Rücklagen und Aktiva ergibt, auch wenn der Verschuldungsgrad auf Zentralbanken nicht in der gleichen Art und Weise angewendet werden kann wie auf Geschäftsbanken; weist jedoch darauf hin, dass sich die Bilanz der EZB bis Mitte August 2011 im Vergleich zu ihrem Höchststand bereits um etwa 10 % verkürzt hatte, seitdem jedoch eine starke Bilanzverlängerung zu verzeichnen ist; stellt fest, dass zwar auch andere Zentralbanken eine wesentliche Bilanzverlängerung erfahren haben, der Verschuldungsgrad der EZB jedoch jenen vergleichbarer Zentralbanken bei Weitem übersteigt, mit Ausnahme jener Banken, die Programme zur quantitativen Lockerung umgesetzt haben, wie etwa die US‑Notenbank oder die Bank of England;

26. weist darauf hin und begrüßt, dass die Bilanzverlängerung der EZB nicht zu einer Inflation geführt hat; weist insbesondere auf die zunehmende Bedeutung der EZB als zentrale Gegenpartei für Banken des Euro‑Währungsgebiets hin, die die vorübergehende Verschiebung der Intermediation vom Interbankenmarkt auf das Eurosystem sowie eine Erhöhung der Aktiva aus dem Euro‑Währungsgebiet, die nach und nach ihre Fälligkeit erreichen werden, widerspiegelt; weist ferner darauf hin, dass die Bereitstellung von Liquidität für solvente Banken nicht zwingend zu einer Erhöhung der Geldmenge führt, und stellt fest, dass die Sondermaßnahmen temporärer Natur sind; ist davon überzeugt, dass diese Entwicklungen in Verbindung mit den externen Faktoren dazu beigetragen haben, dass die Inflationsrate konstant bei etwa 2 % liegt;

27. weist erneut mit Besorgnis darauf hin, dass viele Banken im Euro‑Währungsgebiet angesichts des nicht voll funktionsfähigen Interbankenhandels zu sehr auf die von der EZB zur Verfügung gestellte Liquidität angewiesen sind; nimmt zur Kenntnis, dass das Eurosystem im Jahr 2010 zwar forderungsunterlegte Wertpapiere im Wert von 488 Milliarden EUR als Sicherheiten angenommen hat, die Kriterien für forderungsunterlegte Wertpapiere im Kreditgeschäft des Eurosystems jedoch inzwischen wesentlich strenger sind, wodurch diese Summe mit der Zeit abnehmen wird;

28. betont, dass das Eurosystem Auskünfte über die Methode zur Ermittlung des „theoretischen Preises“ wertgeminderter Vermögenswerte, die für seine Liquiditätsoperationen im Rahmen des Programms zur erweiterten Kreditunterstützung in Betracht kommen, verweigert hat; betont, dass es daher nicht möglich ist, festzustellen, ob die EZB eine quasi‑fiskalische Rolle übernommen hat; fordert die EZB daher auf, die von ihr während der Krise verwendeten Bewertungsmethoden offenzulegen;

29. betont, dass die EZB aufgrund des fehlenden angemessenen Regelungsrahmens für die Krise im Euro‑Währungsgebiet dazu gezwungen war, Risiken einzugehen, die im Rahmen ihres Mandats nicht vorgesehen sind;

30. fordert die EZB auf, in Bezug auf die Qualität und Menge der von ihr gehaltenen Wertpapiere für mehr Transparenz zu sorgen, einschließlich der forderungsunterlegten Wertpapiere, die die EZB als Sicherheiten angenommen hat, anderer marktfähiger und nicht marktfähiger Wertpapiere, die für geldpolitische Zwecke gehalten werden, sowie der Wertpapiere, die nicht für geldpolitische Zwecke gehalten werden;

31. erkennt die Notwendigkeit von Sondermaßnahmen im Bereich der Geldpolitik an und nimmt zur Kenntnis, dass sie zeitlich befristet sind, fordert jedoch, diese Programme auslaufen zu lassen, sobald sich die Finanzmärkte stabilisiert haben und die Staatsverschuldungskrise gelöst ist, sofern ein gemeinschaftlicher Rahmen zum angemessenen Umgang mit finanzieller Instabilität geschaffen wird; fordert Maßnahmen zur Schaffung einer in höherem Maße integrierten wirtschaftspolitischen Steuerung;

32. fordert die EZB auf, im Rahmen des Programms für die Wertpapiermärkte einen Diskontmechanismus zu schaffen, der in Abhängigkeit von der weiteren Herabstufung bestimmter Sicherheiten durch die meisten Ratingagenturen angepasst werden kann, und durch den sichergestellt werden kann, dass die EZB nicht in zu viele riskante Anlagen investiert; vertritt darüber hinaus die Auffassung, dass die EZB prüfen sollte, ob sie die Regelung, mindestens zwei Ratingergebnisse anzufragen, bevor sie ein Wertpapier als Sicherheit annimmt, von forderungsunterlegten Wertpapieren auf alle anderen Arten von Sicherheiten ausweiten sollte, für die derzeit nur ein Ratingergebnis benötigt wird, und fordert die EZB auf, einen eigenen Rahmen zur Risikobewertung zu entwickeln;

33. betont, dass die Bedingungen, die Banken auferlegt werden, die vom Target‑2‑Zahlungssystem profitieren, und die Instrumente der EZB zur Bereitstellung von Liquidität im Allgemeinen im Hinblick auf Kreditrisiken für die EZB selbst Anlass zur Sorge geben; fordert die EZB deshalb auf, im Sinne einer erhöhten Transparenz regelmäßig Information über den Zahlungsverkehr zwischen den Zentralbanken des Euro‑Währungsgebiets, die im Rahmen des Target-2-Zahlungssystems erfasst werden, öffentlich bereitzustellen und dabei einen angemessenen Einblick in aktuelle Entwicklungen zu gewähren, sodass dieser Zahlungsverkehr nicht mehr irrtümlich als dauerhafter Abfluss aus Ländern mit Leistungsbilanzüberschuss an Länder mit Staatsdefizit interpretiert wird;

34. ist besorgt über das hohe Niveau an Laufzeit- und Währungsinkongruenzen einiger systemrelevanter und nicht systemrelevanter Bankinstitute im Euro‑Währungsgebiet;

35. vertritt die Auffassung, dass es angesichts der derzeitigen Notsituation dringend notwendig ist, zusätzliche strenge Bedingungen im Zusammenhang mit den Bestimmungen der EZB für die Bereitstellung von Liquidität festzulegen und zu veröffentlichen, einschließlich aufsichtsrechtlicher Bedingungen, die über interne, nicht veröffentlichte Regelungen und über Abschläge in Bezug auf die für Refinanzierungstätigkeiten angenommenen Sicherheiten hinausgehen;

36. fordert die EZB auf, zu prüfen, ob Anforderungen in Bezug auf verbindliche Mindestreserven neben dem Zinssatz ein zusätzliches Instrument darstellen könnten, mit dem die Finanzstabilität gesichert wird, ohne den Aufschwung zu behindern;

37. stellt fest, das die geldpolitischen Maßnahmen vor und nach der Krise in den USA und in der EU u. a. einen steilen Anstieg der Renditenkurve nach sich zogen, durch den mithilfe von Einlegern und Anbietern kurzfristiger Kredite eine raschere Rekapitalisierung des Bankensystems erreicht werden konnte;

38. weist nachdrücklich darauf hin, dass die EZB hebt jahrelange kontinuierlich und strikt für die Stärkung der wirtschaftspolitischen Steuerung im Interesse Europas eingetreten ist;

Wirtschafts- und finanzpolitische Steuerung

39. fordert eine besser in die Zusammenhänge der Geldpolitik integrierte Makroaufsicht über das Finanzsystem, durch die den Unterschieden zwischen den Ländern des Euro‑Währungsgebiets und jenen, die diesem nicht angehören, Rechnung getragen wird; fordert weitere Bemühungen zur Entwicklung eines integrierten Bewertungsrahmens zur gemeinsamen Bewertung der Auswirkungen makroaufsichtsrechtlicher und geldpolitischer Maßnahmen und die Weiterentwicklung der makroaufsichtsrechtlichen Instrumente des ESRB unter Berücksichtigung der nationalen, rechtlichen und anderen Besonderheiten des Finanzsystems;

40. fordert eine wesentliche Anhebung der für die neue Finanzaufsichtsarchitektur bereitgestellten Mittel, um ihre Wirksamkeit zu steigern; fordert darüber hinaus eine kontinuierliche Analyse der Wirksamkeit der neuen Finanzaufsichtsarchitektur anhand von Folgenabschätzungen und eine Bewertung der Möglichkeit, langfristig eine zentrale europäische Finanzaufsicht zu schaffen, unter deren Dach die bestehenden europäischen Aufsichtsbehörden und der Europäische Ausschuss für Systemrisiken vereinigt würden;

41. betont, wie wichtig die Schaffung des Amts eines möglicherweise von der Kommission gestellten gemeinsamen europäischen Finanzministers entsprechend dem von Jean‑Claude Trichet am 2. Juni 2011 in Aachen vorgelegten Vorschlag ist; vertritt die Auffassung, dass die demokratische Legitimation eines derartigen Vorschlags angemessen erörtert werden sollte; stellt in diesem Zusammenhang fest, dass in einer Währungsunion Finanzpolitik als solche nicht nur die Mitgliedstaaten betrifft, sondern bedeutende grenzüberschreitende externe Effekte hat, und dass im Rahmen der derzeitigen Krise die Grenzen einer zu 100 % dezentralisierten Finanzpolitik deutlich geworden sind; vertritt die Auffassung, dass ein gemeinsamer europäischer Finanzminister einer demokratischen Rechenschaftspflicht gegenüber dem Europäischen Parlament unterliegen sollte; betont, dass es für weitere derartige Schritte in Richtung einer Fiskalunion auf der Grundlage der Gemeinschaftsmethode einer Stärkung des demokratischen Mitverantwortungsgefühls und langfristig möglicherweise einer Vertragsänderung bedarf, räumt jedoch ein, dass der derzeitige Regelungsrahmen kurzfristig eine stärkere wirtschaftspolitische Steuerung ermöglicht;

42. betont, wie wichtig die Einrichtung eines einheitlichen europäischen Schatzamtes ist, um die EZB von der von ihr wahrgenommenen quasi‑fiskalischen Rolle zu entbinden; vertritt die Auffassung, dass die Schaffung dieses europäischen Schatzamtes durch eine Änderung des EU‑Vertrags ermöglicht werden könnte;

43. begrüßt, dass im Rahmen des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) die Möglichkeit zum Ankauf von Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt geschaffen wurde, da dies angesichts der derzeitigen Umstände eine Entlastung der EZB darstellen könnte;

44. bedauert in diesem Zusammenhang, dass der ESM außerhalb des Anwendungsgebiets der EU‑Verträge geschaffen wurde, und fordert die Kommission daher auf, einen ständigen Mechanismus zur Krisenbewältigung zu schaffen, der im Rahmen gemeinschaftlicher Vorschriften operiert (z. B. einen Europäischen Währungsfonds);

45. betont, dass es unbedingt erforderlich ist, die Bestimmungen des Pakets zur wirtschaftspolitischen Steuerung rasch umzusetzen und anzuwenden; fordert in diesem Zusammenhang die konsequente und ausgewogene Anwendung des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts und einen automatischen Mechanismus zur Sanktionierung der Mitgliedstaaten im Falle von Haushaltsdefiziten;

46. sieht der Vorlage des Berichts der Kommission über die gemeinsame Auflage europäischer Staatsanleihen bzw. europäischer Schuldtitel unter gesamtschuldnerischer Haftung, gegebenenfalls einschließlich Legislativvorschlägen, bis Ende 2011 erwartungsvoll entgegen;

Externe Dimension

47. fordert die EZB, den IWF und die Kommission auf, in einigen Mitgliedstaaten gemeinsam tätig zu werden, und fordert die Kommission auf, gemäß Artikel 138 AEUV Vorschläge für eine einheitliche Vertretung des Euro‑Währungsgebiets auf internationaler Ebene, und insbesondere beim IWF, vorzulegen;

Transparenz und Rechenschaftspflicht

48. empfiehlt der EZB, ihre Arbeit transparenter zu gestalten, um ihre Legitimität und Vorhersehbarkeit zu verbessern; bekräftigt die seit langem erhobene Forderung nach der Veröffentlichung der Zusammenfassungen der Sitzungsprotokolle des EZB‑Rates;

49. fordert im Einklang mit den Berichten des Rechnungshofs mehr Transparenz und eine verstärkte Rechenschaftspflicht in Bezug auf die Dokumentation von Entscheidungen über Einstellungsverfahren, Gehälter und die Überprüfung von Bonuszahlungen;

50. begrüßt die Verpflichtung der EZB zu ihrer Rechenschaftspflicht gegenüber dem Europäischen Parlament nachkommt, und betont, dass die EZB auf höchstem Niveau und durch ihre Mitarbeiter eine sehr konstruktive Rolle im Mitentscheidungsverfahren spielt;

51. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie der Eurogruppe und der Europäischen Zentralbank zu übermitteln.

BEGRÜNDUNG

Zum Zeitpunkt der Ausarbeitung der vorliegenden Begründung des Berichts über den Jahresbericht der EZB für das Jahr 2010 haben die Risikoprämien Italiens und Spaniens ein historisches Hoch erreicht, und es scheint, als würden sie am 11. und 12. Juli dieses Jahres ein Niveau erreichen, das eine Umkehr unmöglich macht, da lediglich das Eingreifen der EZB die Finanzmärkte beruhigt und eine vorübergehende Entlastung gebracht hat.

Daher ist es heute, und vor allem heute, sehr wichtig, daran zu erinnern, dass der Erfolg des Euro auch für den Erfolg der Idee Europa steht. Im Jahr 1989 wurde Europa noch durch eine Mauer in zwei Blöcke gespalten. Heute ist der Euro in 17 verschiedenen Ländern mit sehr unterschiedlichen Ausgangssituationen im Umlauf: Irland, Zypern und Malta sind aus dem Britischen Weltreich hervorgegangen, während andere Länder wie die Slowakei, Slowenien oder Estland ehemals kommunistisch geprägt waren und wieder andere Länder wie Österreich und Finnland neutral waren oder wie Spanien, Griechenland und Portugal aus Militärdiktaturen hervorgegangen sind. Sollte es uns gelingen, den Euro durch die derzeitigen Schwierigkeiten zu bringen, wird vielleicht sogar der Beitritt weiterer europäischer Länder zum Euro‑Währungsgebiet möglich sein. Obwohl Spannungen in jüngster Zeit das Gegenteil vermuten lassen, stellt der Euro – wie es der britische Bankmanager David Marsh erst kürzlich beschrieben hat – seit 2008 eine Insel der Stabilität inmitten der schwankenden und bewegten Wogen der Finanzkrise dar.

In dieser Zeit der wachsenden Spannungen im Projekt Europa steht unsere Währung symbolisch für die Notwendigkeit, nicht zu vergessen, dass der Euro – zumindest während des ersten Jahrzehnts seines Bestehens – aufgrund der folgenden Tatsachen ein voller Erfolg war und dies auch weiterhin ist: 1) Ohne den Euro hätte sich die globale Finanzkrise viel stärker auf alle Länder Europas ausgewirkt. Dies wird insbesondere angesichts des anhaltenden Wertverlusts des normalerweise langfristig starken Pfund Sterling seit 2008 und der damit verbundenen Inflation deutlich. 2) Ohne den Euro hätten sich die nordeuropäischen Länder nicht so schnell erholt, wie es seit 2009 aufgrund ihres exportbasierten Ansatzes der Fall ist. Tatsächlich ist es so, dass die Deutsche Mark, wenn sie noch bestünde, aufgrund ihres starken Wechselkurses gegenüber dem Dollar und anderen Weltwährungen ihrem eigenen Wachstum entgegenstünde. 3) Ohne den Euro hätten sich einige europäische Länder, insbesondere jene mit einer eher unbefangenen Finanzpolitik, die weniger stark auf die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtet war, einer Bargeldbeschränkung unterziehen müssen. Der darauf folgende moralische und wirtschaftliche Zusammenbruch hätte für alle betroffenen Länder schreckliche Folgen gehabt.

Natürlich ist die derzeitige Situation in gewissem Maße aber auch auf den Euro zurückzuführen: Ohne die negativen Realzinssätze in einigen Ländern in Randlage während der ersten Jahre der Währungsunion wären die späteren Preisblasen bei Anleihen in diesen Ländern nicht so groß gewesen. Wenn jedoch derzeit ein Konsens im akademischen Bereich besteht, dann darüber, dass diese Finanzkrise ohne den Euro für Europa viel schlimmer gewesen wäre. Ein Konsens besteht auch darüber, dass der Binnenmarkt und die Freizügigkeit für Personen, die die größten Erfolge der Europäischen Union darstellen, ohne den Euro wahrscheinlich implodiert wären.

Nichtsdestoweniger befindet sich das Euro‑Währungsgebiet durch die anhaltende Unruhe auf den Finanzmärkten derzeit am Rande des Zusammenbruchs. Mit jedem Land, mit jeder Rettungsaktion nimmt die Ausbreitungsgefahr der Schuldenkrise auf größere Länder zu, und auch Spanien und Italien sind vor der Krise nicht gefeit.

Der Euro hat angesichts der weitreichenden Bankenkrise weder seine Aufgabe als Auffangnetz noch seine Aufgabe der Verankerung der Inflationserwartungen verfehlt, und die EZB ist in diesem Bereich ein Erfolgsgarant. Darüber hinaus hat der Euro auch seine Aufgabe als Integrationsmechanismus, über den der Binnenmarkt gefestigt werden sollte, nicht verfehlt, wie die seit seinem Bestehen zunehmenden Handelsströme zwischen den einzelnen Ländern zeigen.

Ein Aspekt jedoch ist eindeutig fehlgeschlagen, und das ist unverkennbar die Steuerung des Euro‑Währungsgebiets. Wirtschaftstheorien belegen, dass der Fortbestand einer Einheitswährung auf der Abschwächung möglicher großer makroökonomischer Ungleichheiten beruht. Auch ist es nicht gelungen, die innere Disziplin des Euro‑Währungsgebiets einzuhalten, insbesondere im Bereich der Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts, da seit 1999 Dutzende Verletzungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts durch viele Länder, einschließlich Deutschlands und Frankreichs, verzeichnet, jedoch nie Strafen verhängt wurden. Letztlich wurde auch das Verbot der Haftungsübernahme für Schulden („No‑Bailout“‑Klausel) von der EZB ausgesprochen tolerant interpretiert. Aufgrund dieser Tatsachen ist das Euro‑Währungsgebiet anfällig geworden für spekulative Angriffe, die auf die Staatsverschuldung der weniger effizienten und wettbewerbsfähigen Länder abzielen. Mit derartigen Spekulationen wird auch künftig gerechnet werden müssen, und zwar bis zur Lösung der Frage der wirtschaftspolitischen Steuerung des Euro‑Währungsgebiets. Ohne Finanzstabilität werden Reformen in den Ländern am Rande des Euro‑Währungsgebiets nicht möglich sein und wirkungslos bleiben.

Die Europäischen Institutionen haben das Problem bisher vor sich hergetrieben – ein Ansatz, durch den einzig und allein etwas Zeit gewonnen werden konnte, um auf einen wirtschaftlichen Aufschwung zu warten, durch den die Bilanzen der Banken gestärkt würden, und um darauf zu hoffen, dass das Wirtschaftswachstum, das in Mittel- und Nordeuropa in einem Zeitraum von sechs Quartalen verzeichnet werden konnte, endlich auch in die Randgebiete des Euro‑Währungsgebiets vordringt. Diese Strategie kann zwar funktionieren, ist aber riskant. Ein spekulativer Angriff kann sie aus dem Ruder werfen und den Euro an den Rand des Abgrunds drängen. Möglicherweise ist es nun an der Zeit, den offiziellen Standpunkt, der besagt, das Griechenland kein Solvenzproblem hat, zu überdenken, da diese These täglich an Substanz verliert. Anstatt Spekulationen die Stirn zu bieten, untermauert sie vielmehr die Zweifel an den Anpassungsplänen anderer Länder.

Im Mai 2010 initiierte die EZB das Programm für die Wertpapiermärkte und nahm in diesem Rahmen quasi eine finanzpolitische Rolle ein, die die fehlende gemeinsame Finanzpolitik auf europäischer Ebene ersetzen sollte. Diese Strategie kann jedoch nicht bis ins Unendliche verfolgt werden, und sie stärkt jene, die die Unabhängigkeit der EZB – eine der Gründungssäulen des Euro als Einheitswährung – und die fehlende Transparenz in Bezug auf ihre wesentlichen Entscheidungen infrage stellen. Daher fordert der Berichterstatter die Veröffentlichung der Protokolle der Sitzungen des EZB‑Rates, um die Auswirkungen von Diskrepanzen auf die Medien zu verringern. Der Berichterstatter interpretiert die Tatsache, dass sie nicht veröffentlicht werden, als ein Zeichen der Schwäche der europäischen Integration, da die notwendige individuelle Rechenschaftspflicht weiterhin der Interpretation überlassen wird und somit als mögliche Quelle von Konflikten zwischen den Mitgliedstaaten gedeutet werden könnte.

Aufgrund der Existenz des Euro müssen einige Länder in Randlage, die ihre Währungen früher abwerteten, um wieder wettbewerbsfähig zu werden, nun strenge Sparmaßnahmen verfolgen, um die Krise zu bekämpfen. Dies ist jedoch richtig, da der Euro weiterhin stabil bleiben muss, um zu verhindern, dass es in der EU zu einer Inflation oder zu einer übermäßigen wirtschaftlichen Umverteilung kommt.

In der Europäischen Währungsunion muss alles dafür getan werden, die Inflation unter Kontrolle zu halten und die Kaufkraft der Währung zu wahren. Auch muss das systembedingte Risiko der verdeckten Umverteilung zugunsten der Regierungen jener Länder, deren Regierungen die Geldmenge durch eine unkontrollierte Kreditexpansion rascher aufblähen als andere Länder, verringert werden. Diese Umverteilung nimmt noch größere Ausmaße an, wenn die EZB vermehrt Schuldemissionen von Mitgliedstaaten als Sicherheiten annimmt, und verstärkt sich darüber hinaus weiter, wenn sie diese sogar aufkauft.

Wenn wir den Euro weiterhin als überlebensfähiges Projekt vorantreiben wollen, müssen wir einen klaren Rahmen schaffen, durch den Ländern mit Liquiditätsproblemen geholfen werden kann, durch den ebenso aber auch Anreize für eine verantwortungsvolle Finanzpolitik und für eine nachhaltige Konvergenz der Wettbewerbsfähigkeit der Mitgliedstaaten geschaffen werden. Bisher wurde lediglich auf die Marktdisziplin reagiert, indem für Schulden gehaftet wurde, wenn sich ein Land in Schwierigkeiten befand.

Es gibt aber noch einen anderen Weg, nämlich die weitere Vertiefung der Finanzintegration durch eine Übertragung der entsprechenden Hoheitsbereiche der Mitgliedstaaten auf die EU. Natürlich ist dies ein schwieriger Weg, weshalb wir uns auf den möglichen Mittelweg konzentrieren sollten, der kurzfristig gesehen realistischer ist und in dessen Rahmen es möglich wäre, die Marktdisziplin und die notwendige Erfüllung der externen haushaltspolitischen Auflagen durch die Mitgliedstaaten zu kombinieren. Hierbei handelt es sich um einen Mittelweg, der zwar wirksam sein kann, aber auch detailgenau ausgearbeitet werden muss.

Die Fehler, die derzeit im Euro-Währungsgebiet begangen werden, stellen wichtige Erfahrungen dar, aus denen wir lernen können, dieselben Fehler nicht zu wiederholen. In diesem Sinne schlägt der Berichterstatter die Schaffung eines europäischen Finanzministeriums und einer europäischen Finanzverwaltung vor, die Euroanleihen emittiert. Dem Berichterstatter ist bewusst, dass dieser Vorschlag erst nach der dringend erforderlichen Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts umgesetzt werden kann, in deren Rahmen eine bessere Kontrolle der ineffektiven haushaltspolitischen Vorschriften der Mitgliedstaaten des Euro‑Währungsgebiets ermöglicht wird.

Durch Euroanleihen kann im Rahmen des Modells der sogenannten blauen und roten Anleihen einerseits eine bedeutende Finanzierungsquelle für Länder entstehen, die ein niedriges Schuldenniveau aufweisen, andererseits eine kostspielige Finanzierungsmöglichkeit für jene Länder, die gegen die Regeln verstoßen. Letztlich könnten Euroanleihen als Impuls auf die Entwicklung des Euro zur globalen Leitwährung wirken, da mit ihrer Einführung ein Markt für Schuldverschreibungen auf europäischer Ebene entstehen würde, der fünfmal so groß wäre wie der entsprechende deutsche und fast so groß wie der entsprechende nordamerikanische Markt.

Als die Architekten des Euro die Währungsunion schufen, taten sie das im Bewusstsein der Tatsache, dass durch eine Einheitswährung in Ländern, die eine große Bandbreite an Wirtschafts- und Produktionsstrukturen aufweisen, Instabilität entstehen könnte. Sie dachten wohl, dass Schritte zu einer engeren politischen Union genau dann unternommen würden, wenn dafür eine dringliche Notwendigkeit bestünde. Angesichts des Ausmaßes der Schuldenkrise im Euro‑Währungsgebiet ist es nun an der Zeit, diese Schritte in Angriff zu nehmen.

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

11.10.2011

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

35

4

3

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Burkhard Balz, Udo Bullmann, Pascal Canfin, Nikolaos Chountis, George Sabin Cutaş, Leonardo Domenici, Diogo Feio, Elisa Ferreira, Ildikó Gáll-Pelcz, Jean-Paul Gauzès, Sven Giegold, Sylvie Goulard, Othmar Karas, Wolf Klinz, Jürgen Klute, Rodi Kratsa-Tsagaropoulou, Werner Langen, Astrid Lulling, Arlene McCarthy, Ivari Padar, Alfredo Pallone, Anni Podimata, Antolín Sánchez Presedo, Olle Schmidt, Edward Scicluna, Peter Simon, Peter Skinner, Theodor Dumitru Stolojan, Ivo Strejček, Kay Swinburne, Marianne Thyssen, Ramon Tremosa i Balcells, Corien Wortmann-Kool

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Elena Băsescu, Pilar del Castillo Vera, Sari Essayah, Vicky Ford, Ashley Fox, Sophia in ‘t Veld, Olle Ludvigsson, Thomas Mann, Sirpa Pietikäinen, Gianni Pittella