BERICHT über die Unterstützung der Europäischen Union für den IStGH: Bewältigung der Herausforderungen und Überwindung der Schwierigkeiten

20.10.2011 - (2011/2109(INI))

Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten
Berichterstatter: Wolfgang Kreissl-Dörfler

Verfahren : 2011/2109(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A7-0368/2011
Eingereichte Texte :
A7-0368/2011
Angenommene Texte :

ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

über die Unterstützung der Europäischen Union für den IStGH: Bewältigung der Herausforderungen und Überwindung der Schwierigkeiten

(2011/2109(INI))

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), das am 1. Juli 2002 in Kraft getreten ist,

–   unter Hinweis auf die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermords, die am 12. Januar 1951 in Kraft getreten ist,

–   unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zum Internationalen Strafgerichtshof, insbesondere die vom 19. November 1998[1], 18. Januar 2001[2], 28. Februar 2002[3], 26. September 2002[4] und 19. Mai 2010[5],

–   unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu den alljährlichen Berichten über die Menschenrechte in der Welt, zuletzt vom 16. Dezember 2010[6],

–   unter Hinweis auf den Gemeinsamen Standpunkt 2003/444/GASP des Rates vom 16. Juni 2003 zum Internationalen Strafgerichtshof[7],

–   unter Hinweis auf den Gemeinsamen Standpunkt 2011/168/GASP des Rates vom 21. März 2011 zum Internationalen Strafgerichtshof[8],

–   unter Hinweis auf den Aktionsplan vom 4. Februar 2004 und den Aktionsplan vom 12. Juli 2011 mit Folgemaßnahmen zum Beschluss des Rates über den Internationalen Strafgerichtshof,

–   unter Hinweis auf das Abkommen zwischen dem Internationalen Strafgerichtshof und der Europäischen Union über Zusammenarbeit und Unterstützung[9],

–   unter Hinweis auf die vom Europäischen Rat am 12. Dezember 2003 angenommene Europäische Sicherheitsstrategie 2003 mit dem Titel „Ein sicheres Europa in einer besseren Welt“,

–   unter Hinweis auf das Stockholmer Programm 2010-2014 „Ein offenes und sicheres Europa im Dienste und zum Schutz der Bürger“ (Dezember 2009)[10] und den Aktionsplan zur Umsetzung des Stockholmer Programms (April 2010, KOM (2010)0171 endg.),

–   in Kenntnis des Beschlusses 2002/494/JI des Rates vom 13. Juni 2002 zur Einrichtung eines Europäischen Netzes von Anlaufstellen betreffend Personen, die für Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verantwortlich sind[11], und unter Hinweis auf den Beschluss 2003/335/JI des Rates vom 8. Mai 2003 betreffend die Ermittlung und Strafverfolgung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen[12],

–   in Kenntnis der einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen 1593 (2005) zu Sudan/Darfur und 1970 (2011) zu Libyen,

–   gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten sowie der Stellungnahmen des Entwicklungsausschusses und des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (A7-0368/2011),

A. in der Erwägung, dass Rechtsstaatlichkeit und die Bekämpfung der Straflosigkeit die Säulen eines dauerhaften Friedens sind, da sie Menschenrechte und Grundfreiheiten garantieren;

B.  in der Erwägung, dass bis September 2011 insgesamt 117 Staaten das Römische Statut ratifiziert haben; in der Erwägung, dass seine weltweite Ratifizierung dennoch weiter vorrangiges Ziel bleiben sollte;

C. in der Erwägung, dass die universelle Natur der Gerechtigkeit deren gleichmäßige Anwendung ohne Ausnahmen und Doppelstandards beinhaltet; in der Erwägung, dass es an keinem Ort der Welt einen sicheren Ort für Personen geben sollte, die Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, außergerichtliche Hinrichtungen, Kriegsverbrechen, Folter, Massenvergewaltigungen oder gewaltsame Verschleppungen begangen haben;

D. in der Erwägung, dass Gerechtigkeit als unverzichtbarer Bestandteil der Bemühungen um Frieden und Konfliktbeilegung angesehen werden sollte;

E.  in der Erwägung, dass die Aufrechterhaltung der Unabhängigkeit des IStGH nicht nur für sein wirklich effizientes Funktionieren, sondern auch für die Förderung der Universalität des Römischen Statuts von entscheidender Bedeutung ist;

F.  in der Erwägung, dass der IStGH das erste ständige internationale Justizorgan ist, das Verfahren gegen Einzelpersonen wegen Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen durchführen kann, womit ein entscheidender Beitrag zur Wahrung der Menschenrechte und zum Völkerrecht durch die Bekämpfung von Straflosigkeit geleistet und eine wichtige abschreckende Rolle wahrgenommen sowie verdeutlicht wird, dass Straflosigkeit für diese Verbrechen nicht toleriert wird;

G. in der Erwägung, dass das „Interesse der Gerechtigkeit“ ungeachtet politischer Erwägungen (Artikel 53 des Römischen Statuts) das Grundprinzip des IStGH darstellt; in der Erwägung, dass der IStGH eine zentrale Rolle bei der Förderung internationaler Gerechtigkeit spielt und damit zu Sicherheit, Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit sowie zur Friedenserhaltung und Stärkung der internationalen Sicherheit beiträgt;

H. in der Erwägung, dass der IStGH die Zuständigkeit für Verbrechen hat, die nach dem Inkrafttreten des Römischen Statuts am 1. Juli 2002 begangen wurden;

I.   in der Erwägung, dass gemäß der Präambel des Statuts und dem Grundsatz der Komplementarität der IStGH nur in Fällen tätig wird, in denen einzelstaatliche Gerichte nicht in der Lage oder nicht willens sind, selbstglaubwürdige Strafverfahren einzuleiten, so dass weiterhin die Staaten die vorrangige Verantwortung für die Verfolgung von Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord behalten; in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit der Vertragsstaaten des Römischen Statuts und mit regionalen Organisationen von überragender Bedeutung ist, insbesondere in Situationen, in denen die Zuständigkeit des Gerichts angefochten wird;

J.   in der Erwägung, dass die Politik der „positiven Komplementarität“ des IStGH die Kapazität der einzelstaatlichen Gerichte unterstützt, Kriegsverbrechen zu untersuchen und zu verfolgen;

K. in der Erwägung, dass der IStGH gegenwärtig Ermittlungen in sieben Staaten durchführt (Uganda, Demokratische Republik Kongo, Region Darfur in Sudan, Zentralafrikanische Republik, Kenia, Libyen und Côte d’Ivoire) und öffentlich mitgeteilt hat, dass er Informationen in Bezug auf Verbrechen prüft, die mutmaßlich in verschiedenen anderen Situationen begangen worden sein sollen; in der Erwägung, dass dem Gerichtshof zwei Fälle durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (Darfur und Libyen) und drei durch die Vertragsstaaten selbst (Uganda, Demokratische Republik Kongo, Zentralafrikanische Republik) vorgelegt wurden und zwei Fälle von Amts wegen durch den Ankläger (Kenia und Côte d’Ivoire) eingeleitet wurden;

L.  in der Erwägung, dass die meisten der 18 IStGH-Haftbefehle noch nicht vollstreckt worden sind, einschließlich derjenigen gegen Joseph Kony und andere Führer der Lord’s Resistance Army im Hinblick auf die Lage im Norden Ugandas, Bosco Ntaganda aus der Demokratischen Republik Kongo, Ahmad Muhammad Harun, Ali Muhammad Ali Abd-Al-Rahman und Präsident Omar Hassan Ahmad Al Bashir aus dem Sudan sowie Muammar Mohammed Abu Minyar Gaddafi, Saif al-Islam Gaddafi und Abdullah Al-Senussi aus Libyen;

M. in der Erwägung, dass ein faires und ordnungsgemäßes Verfahren sowie die Rechte der Opfer die grundlegenden Prinzipien des Systems des Römischen Statuts sind;

N. in der Erwägung, dass es Ziel des Gerichthofs ist, für Opfer und betroffene Gemeinschaften umfassend und in wiedergutmachender Weise Gerechtigkeit durchzusetzen, nicht zuletzt mittels Teilhabe, Schutz, Wahrnehmung der rechtlichen Interessen und Öffentlichkeitsarbeit;

O. in der Erwägung, dass der Gerichthof Opfern ein Recht auf Teilhabe ermöglicht, das durch die Strukturen des Zeugenschutzes unterstützt wird;

P.  in der Erwägung, dass das System der Wiedergutmachung für die Opfer innerhalb des Zuständigkeitsbereiches des Gerichtshofs den IStGH zu einem einzigartigen Justizorgan auf internationaler Ebene macht;

Q. in der Erwägung, dass der Erfolg der im Jahr 2011 eingeleiteten Wiedergutmachungsverfahren von den freiwilligen Beiträgen der Geber wie auch von der Einziehung der Geld- und Vermögensstrafen der verurteilten Personen abhängt;

R.  in der Erwägung, dass der Gerichtshof derzeit gefordert ist, eine rasch steigende Zahl von Ermittlungen, Fällen und Vorprüfungen zu bearbeiten, während manche Vertragsstaaten des Römischen Statuts versuchen, den Gerichtshof auf dem gleichen oder gar einem verminderten Niveau seines Haushalts zu halten;

S.  in der Erwägung, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten seit der Gründung des Gerichtshofs zuverlässige Verbündete des IStGH sind, wobei sie politische, diplomatische, finanzielle und logistische Hilfe leisten, einschließlich der Förderung der Universalität und der Verteidigung der Integrität des Römischen Statuts mit Blick auf den Schutz und die Verbesserung der Unabhängigkeit des Gerichtshofs;

T.  in der Erwägung, dass die Bekämpfung der Straflosigkeit nur dann erfolgreich sein kann, wenn alle Vertragsparteien umfassend mit dem IStGH zusammenarbeiten und die Staaten, die nicht Vertragspartei sind, das Justizorgan ebenfalls unterstützen;

Die Notwendigkeit, den Gerichtshof durch politisches und diplomatisches Handeln stärker zu unterstützen

1.  bekräftigt seine uneingeschränkte Unterstützung des IStGH, des Römischen Statuts und des Systems der internationalen Strafgerichtsbarkeit, deren vorrangiges Ziel die Bekämpfung der Straflosigkeit von Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist;

2.  bekräftigt seine uneingeschränkte Unterstützung für die Anklagebehörde, für die Befugnisse des Anklägers von Amts wegen und die Fortschritte bei der Einleitung neuer Ermittlungen;

3.  fordert sowohl die Vertragstaaten als auch die Staaten, die nicht Vertragspartei des Römischen Statuts sind, nachdrücklich auf, politischen Druck auf den Gerichtshof zu unterlassen, um seine Unparteilichkeit zu bewahren und zu garantieren und eine Gerechtigkeit zur Geltung kommen zu lassen, die sich auf das Recht und nicht auf politische Erwägungen stützt;

4.  betont die Bedeutung des Grundsatzes der Universalität, und fordert den EAD, die Mitgliedstaaten der EU und die Kommission auf, weiterhin entschieden für die weltweite Ratifizierung des Römischen Statuts und des Abkommens über Privilegien und Immunitäten des Internationalen Gerichtshofes sowie den Erlass einzelstaatlicher Durchführungsvorschriften einzutreten;

5.  begrüßt, dass die EU und die meisten ihrer Mitgliedstaaten während der Konferenz in Kampala konkrete Zusagen gegeben haben, und empfiehlt, dass diese Zusagen fristgerecht eingehalten werden und dass bei der nächsten Versammlung der Vertragsstaaten vom 12. bis 21. Dezember 2011 in New York über ihre Umsetzung berichtet wird;

6.  begrüßt die angenommenen Änderungen des Römischen Statuts, u. a. betreffend das Verbrechen der Aggression, und fordert alle Mitgliedstaaten der EU auf, diese zu ratifizieren und in ihre innerstaatlichen Rechtsvorschriften zu übernehmen;

7.  begrüßt die Überprüfung des Gemeinsamen Standpunkts der EU zum IStGH durch die Annahme des Beschlusses vom 21. März 2011, stellt fest, dass der neue Beschluss die Herausforderungen, denen der Gerichtshof gegenübersteht, berücksichtigt, und betont, dass der Beschluss eine gute Grundlage für die EU und ihre Mitgliedstaaten ist, den Gerichtshof bei der Bewältigung dieser Herausforderungen zu unterstützen;

8.  begrüßt den überarbeiteten EU‑Aktionsplan vom 12. Juli 2011 mit Folgemaßnahmen zum Beschluss über den Internationalen Strafgerichtshof, der wirksame und konkrete Maßnahmen darlegt, die die EU ergreifen soll, um ihre zukünftige Unterstützung für den Gerichtshof zu verbessern; fordert gemeinsam mit der Kommission, dem EAD und den Mitgliedstaaten den Ratsvorsitz auf, der Umsetzung des Aktionsplans Vorrang einzuräumen;

9.  betont, dass eine umfassende und zügige Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien, einschließlich der Mitgliedstaaten der EU, und dem Gerichtshof ausschlaggebend bleibt für die Wirksamkeit und den Erfolg des Systems der internationalen Strafgerichtsbarkeit;

10. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, allen Ersuchen des Gerichtshofs in Bezug auf Unterstützung und Zusammenarbeit frühzeitig nachzukommen, um unter anderem die Vollstreckung nichtvollstreckter Haftbefehle und die Bereitstellung von Informationen zu gewährleisten, einschließlich Hilfsersuchen zur Ermittlung, zum Einfrieren oder zur Beschlagnahme finanzieller Vermögenswerte der Tatverdächtigen;

11. fordert alle EU-Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, innerstaatliche Rechtsvorschriften zur Zusammenarbeit zu erlassen und Rahmenabkommen mit dem IStGH zur Vollstreckung der Urteile des Gerichtshofs und betreffend Ermittlungen, Beweiserhebung, Aufspüren, Schutz und Umsiedlung von Zeugen, Verhaftung, Auslieferung und Verwahrung sowie die Aufnahme von auf Kaution freigelassenen angeklagten Personen und die Inhaftierung von verurteilten Personen abzuschließen, sofern sie dies noch nicht getan haben; fordert die Mitgliedstaaten auf, mit Hilfe ihrer Polizei oder mit rechtlichen oder sonstigen einschlägigen Mechanismen zusammenzuarbeiten, um eine angemessene Unterstützung für den IStGH sicherzustellen;

12. fordert die Mitgliedstaaten auf, Artikel 83 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu ändern, um Straftaten in der Zuständigkeit des IStGH der Liste der Straftaten hinzuzufügen, die in die Zuständigkeit der EU fallen; fordert die EU-Mitgliedstaaten insbesondere auf, im Bereich der Lokalisierung und Beschlagnahme von Vermögensgegenständen von beim IStGH angeklagten Personen Kompetenzen auf die EU zu übertragen, ungeachtet dessen, dass die Gerichtsverfahren vom IStGH eingeleitet werden; fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, durch die bestehenden Vermögensabschöpfungsstellen und das Camdener zwischenstaatliche Netz der Vermögensabschöpfungsstellen (Camden Asset Recovery Inter-Agency Network, CARIN) beim Austausch von Informationen zusammenzuarbeiten;

13. fordert die Mitgliedstaaten der EU nachdrücklich auf, die Bestimmungen des Römischen Statuts und des Abkommens über Privilegien und Immunitäten des Internationalen Gerichtshofes in ihre einzelstaatlichen Rechtsvorschriften aufzunehmen;

14. begrüßt die während der Überprüfungskonferenz in Kampala angenommenen Änderungen des Römischen Statuts in Bezug auf das Verbrechen der Aggression und fordert alle Mitgliedstaaten der EU auf, diese zu ratifizieren und in ihre innerstaatlichen Rechtsvorschriften aufzunehmen; empfiehlt, dass im Interesse der Stärkung der Universalität des Römischen Statuts einvernehmlich verstärkt danach getrachtet werden sollte, eine genauere Definition der einschlägigen Straftaten zur Feststellung einer völkerrechtswidrigen Aggression zu erreichen;

15. stellt fest, dass der Gerichtshof nach den Ergebnissen der Konferenz von Kampala bis nach Januar 2017 nicht in der Lage sein wird, seine Zuständigkeit für Verbrechen der Aggression wahrzunehmen, wenn eine Entscheidung der Vertragsstaaten zur Aktivierung dieser Zuständigkeit zu treffen ist;

16. begrüßt die Beiträge einiger Mitgliedstaaten der EU, durch die Anwendung der universellen Gerichtsbarkeit die Straflosigkeit der schlimmsten der Menschheit bekannten Verbrechen zu bekämpfen; fordert alle Mitgliedstaaten der EU auf, dies ebenfalls zu tun; empfiehlt, dass die Rolle des EU-Netzes von Kontaktstellen in Bezug auf Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord durch die Förderung der Zusammenarbeit zwischen Strafverfolgungsbehörden der EU bei der Verfolgung von schweren Straftaten weiter gestärkt werden sollte;

17.  unterstreicht, dass internationalen Strafgerichten eine grundlegende Bedeutung zukommt, wenn es darum geht, Straflosigkeit zu bekämpfen und gegen die erheblichen Verstöße gegen das Völkerrecht vorzugehen, die durch den illegalen Einsatz und die illegale Rekrutierung von Kindersoldaten gegeben sind; spricht sich entschieden dagegen aus, dass Kinder unter 18 Jahren von bewaffneten Gruppen rekrutiert, angeworben oder in sonstiger Weise für kriegerische Handlungen ausgenutzt werden; betont, wie wichtig es ist, ihr Recht auf eine friedliche Kindheit, Bildung, körperliche Unversehrtheit, Sicherheit und sexuelle Selbstbestimmung zu schützen;

18. fordert die Ausarbeitung wirksamer Konzepte und verbesserter Mechanismen, die gewährleisten, dass die Beteiligung der Opfer an der Arbeit des IStGH tatsächliche Auswirkungen hat, einschließlich eines besseren Zugangs zu psychologischer, medizinischer und rechtlicher Beratung sowie einfachen Zugang zu Zeugenschutzprogrammen; betont, wie wichtig es ist, das Bewusstsein für das Problem der sexuellen Gewalt in Konfliktgebieten zu schärfen, indem rechtliche Programme durchgeführt, geschlechtsspezifische Straftaten in bewaffneten Konflikten dokumentiert und Juristen, Richter und Aktivisten auf dem Gebiet des Römischen Statuts und der internationalen Rechtsprechung zu geschlechtsbezogenen Straftaten gegen Frauen und Kinder fortgebildet werden;

19. fordert die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten auf, Schulungsprogramme auch für polizeiliche Ermittler, Staatsanwälte, Richter und Armeeangehörige zu organisieren, die sich erstens auf die Vorschriften des Römischen Statuts und des einschlägigen Völkerrechts und zweitens auf die Verhinderung, Aufdeckung, Untersuchung und Verfolgung der Verletzung dieser Grundsätze konzentrieren;

20. nimmt das Abkommen zwischen dem Internationalen Strafgerichtshof und der Europäischen Union über Zusammenarbeit und Unterstützung zur Kenntnis; fordert die Mitgliedstaaten der EU auf, den Grundsatz der universellen Zuständigkeit für die Bekämpfung der Straflosigkeit und der Verbrechen gegen die Menschlichkeit anzuwenden, und erinnert an seine Bedeutung für die Wirksamkeit und den Erfolg des internationalen Strafrechtssystems;

21. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten mit Nachdruck auf, alle diplomatischen Gelegenheiten und Instrumente zu nutzen, um auf eine wirksame Zusammenarbeit mit dem IStGH hinzuwirken, insbesondere im Hinblick auf die Vollstreckung noch nicht vollstreckter Haftbefehle;

22. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten mit Nachdruck auf, mit der Unterstützung des EAD bindende interne Leitlinien festzulegen, die sich an den bestehenden, von der Anklagebehörde angewendeten Leitlinien der Vereinten Nationen und des IStGH orientieren und einen Verhaltenskodex für die Kontakte zwischen Vertretern der EU und der Mitgliedstaaten und vom IStGH gesuchten Personen – unbeschadet ihrer Position und unabhängig davon, ob sie Staatsangehörige von Staaten sind, die nicht Vertragsparteien des Römischen Statuts sind – enthalten, insbesondere in den Fällen, in denen Letztere noch offizielle Posten bekleiden;

23. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, im Fall einer durch ein Partnerland ausgesprochenen Einladung an eine Person, gegen die ein Haftbefehl des IStGH vorliegt, oder im Fall einer Erklärung der Bereitschaft, auf seinem Territorium Besuche einer solchen Person zu genehmigen, unverzüglich starken Druck auf dieses Land auszuüben, um diese Person zu verhaften oder eine Operation zur Verhaftung dieser Person zu unterstützen oder zumindest die Reise einer solchen Person zu verhindern; stellt fest, dass solche Einladungen jüngst an den sudanesischen Präsidenten Omar al-Bashir unter anderem durch Tschad, China, Dschibuti, Kenia and Malaysia ausgesprochen wurden;

24. erkennt die jüngste Entscheidung des Anklägers des IStGH an, Haftbefehle für Oberst Gaddafi, seinen Sohn Said al Islam und den Chef des Geheimdienstes Abdullah al Sanoussi in Bezug auf mutmaßliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit seit Beginn des Aufstands im Land zu erlassen; betont, dass deren erfolgreiche Festnahme und das anschließende Verfahren vor dem IStGH ein wesentlicher Beitrag zur Bekämpfung der Straflosigkeit in der Region ist;

25. ist zutiefst besorgt darüber, dass Vertragsstaaten des IStGH wie Tschad, Dschibuti und Kenia den Präsidenten des Sudan al-Bashir jüngst auf ihrem Hoheitsgebiet willkommen geheißen haben, ohne ihn zu verhaften und dem Gerichtshof zu überstellen, obwohl sie gemäß dem Römischen Statut rechtlich eindeutig verpflichtet sind, ihn zu verhaften und auszuliefern;

26. betont die Bedeutung einer überzeugenden Maßnahme der EU, um die Fälle der fehlenden Zusammenarbeit vorherzusehen und zu vermeiden bzw. zu verurteilen; bekräftigt, dass es für die EU und ihre Mitgliedstaaten notwendig ist, ein internes Protokoll mit konkreten und standardisierten Maßnahmen auszuarbeiten, das es ihnen ermöglicht, frühzeitig und einheitlich auf Fälle der fehlenden Zusammenarbeit mit dem Gerichtshof zu reagieren soweit angemessen auch in Zusammenarbeit mit Mechanismen anderer einschlägiger Institutionen, einschließlich der Versammlung der Vertragsstaaten;

27. stellt fest, dass afrikanische Staaten eine wichtige Rolle bei der Errichtung des IStGH gespielt haben, und betrachtet ihre Unterstützung und enge Zusammenarbeit als unerlässlich für das wirksame Funktionieren und die Unabhängigkeit des Gerichtshofs;

28. fordert die afrikanischen Vertragsstaaten des Römischen Statuts des IStGH auf, ihren entsprechenden Verpflichtungen nachzukommen und gemäß der Gründungsakte der Afrikanischen Union die Aufgabe, die schlimmsten Verbrecher der Welt zur Verantwortung zu ziehen, aktiv zu unterstützen, indem bei Tagungen der Afrikanischen Union (AU) starker Rückhalt für den Gerichtshof demonstriert wird, und fordert die AU nachdrücklich auf, den Kreislauf der Straflosigkeit für die schlimmsten Verbrechen zu unterbrechen und die Opfer von Gräueltaten zu unterstützen; bekundet seine Unterstützung für den Antrag des Gerichtshofs, in Addis Abeba ein Verbindungsbüro zur Afrikanischen Union zu eröffnen;

29. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Arbeit des IStGH und die Bestimmungen des Römischen Statuts in ihre Programme zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit einzubeziehen; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, den Entwicklungsländern, die nur über begrenzte Ressourcen zur Anpassung ihrer einzelstaatlichen Rechtsvorschriften an die Grundsätze des Römischen Statuts und zur Zusammenarbeit mit dem IStGH verfügen – unabhängig davon, ob sie das Statut ratifiziert haben oder nicht – die notwendige technische, logistische sowie finanzielle Unterstützung und Sachkenntnis zur Verfügung zu stellen; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten darüber hinaus auf, Schulungsprogramme für die Polizei, Justiz-, Militär- und Verwaltungsbehörden der Entwicklungsländer zu unterstützen, um sie mit den Bestimmungen des Römischen Statuts bekanntzumachen;

30. ruft die nächste Paritätische Parlamentarische Versammlung AKP-EU auf, die in mehreren Entschließungen und in Artikel 11 Absatz 6 des überarbeiteten Abkommens von Cotonou geforderte Bekämpfung der Straflosigkeit im Rahmen der internationalen Entwicklungszusammenarbeit und des einschlägigen politischen Dialogs im Hinblick auf die durchgängige Berücksichtigung der Bekämpfung der Straflosigkeit und die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit im Rahmen der bestehenden Programme und Maßnahmen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit zu erörtern;

31. ruft den EAD und die diplomatischen Dienste der EU-Mitgliedstaaten auf, ihre diplomatischen Instrumente systematisch und gezielt einzusetzen, um sowohl den Rückhalt für den IStGH zu stärken als auch weitere Ratifizierungen und Umsetzungen des Römischen Statuts zu fördern; stellt fest, dass zu diesen Instrumenten unter anderem Demarchen, politische Erklärungen, Stellungnahmen und IStGH-Klauseln in Übereinkommen mit Drittstaaten, sowie politische Dialoge und Menschenrechtsdialoge gehören; empfiehlt, dass auf der Grundlage von Ergebnissen angemessene Maßnahmen ergriffen werden sollten;

32. betont, dass es für den IStGH notwendig ist, seinen Blickwinkel über die Situationen bewaffneter Konflikte hinaus zu erweitern und Menschenrechtskrisen, die die Stufe von Verbrechen gegen die Menschlichkeit erreichen sowie Situationen, in denen innerstaatliche Behörden demonstrativ nicht gewillt sind, Ermittlungen einzuleiten und mutmaßliche Täter zu verfolgen und zu bestrafen, mit mehr Eigeninitiative zu untersuchen;

33. fordert die Hohe Vertreterin/Vizepräsidentin und die EU-Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, diplomatische Anstrengungen einzuleiten mit dem Ziel, den Mitgliedern des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen nahezulegen, Anrufungen des IStGH zur Einleitung von Ermittlungen in Bezug auf Fälle zu verfolgen, in denen Amtsträger von Staaten, die nicht Vertragsstaaten des Statuts sind, mutmaßlich an Verbrechen gegen die Menschlichkeit beteiligt sind, aber weiterhin die bestehende Straflosigkeit genießen; weist darauf hin, dass dazu die jüngsten Entwicklungen in Iran, Syrien, Bahrain und Jemen gehören;

34. erkennt die Rolle der EU bei der Förderung der weltweiten Ratifizierung des Römischen Statuts und des Übereinkommens über die Vorrechte und Immunitäten des Gerichtshofs an, und begrüßt die jüngsten Beitritte zum Römischen Statut bzw. Ratifikationen des Römischen Statuts durch Tunesien, die Philippinen, die Malediven, Grenada, Moldau, St. Lucia und die Seychellen, womit die Gesamtzahl der Vertragsstaaten auf 118 gestiegen ist; fordert, dass mehr Staaten aus Asien, aus Nordafrika, aus dem Nahen Osten und aus Afrika südlich der Sahara Vertragspartei des Römischen Statuts werden;

35. fordert nachdrücklich, dass die EU und insbesondere der EAD weiterhin die Universalität des Römischen Statuts und des Übereinkommens über die Vorrechte und Immunitäten des Gerichtshofs und die Bekämpfung der Straflosigkeit fördern, sowie die Achtung des Gerichtshofs, die Zusammenarbeit mit dem und die Unterstützung für den Gerichtshof im Zusammenhang der Beziehungen der EU zu Drittstaaten, auch im Rahmen des Abkommens von Cotonou und der Dialoge zwischen der EU und regionalen Organisationen, wie der Afrikanischen Union, der Arabischen Liga, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und des Verbandes Südostasiatischer Staaten (ASEAN); betont, wie wichtig es für den Gerichtshof ist, bei den bilateralen Dialogen der EU über Menschenrechte mit Drittländern die Ratifizierung und Anwendung des Römischen Statuts zu fördern;

36. fordert die Kommission und den EAD auf, systematischer die Aufnahme einer IStGH-Klausel in die Verhandlungsmandate und Abkommen mit Drittstaaten zu verfolgen;

37. fordert die EU auf, alle Staaten, die noch nicht Partei des Römischen Statuts sind, zu motivieren, Vertragspartei zu werden, wobei der Schwerpunkt dabei insbesondere auf den ständigen und nichtständigen Mitgliedern des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen liegen sollte;

38. begrüßt die Teilnahme der USA als Beobachter bei der Versammlung der Vertragsstaaten des IStGH, und hofft, dass die USA bald Vertragsstaat werden;

39. begrüßt, dass Tunesien kürzlich dem Römischen Statut beigetreten ist und hofft, dass dies ein positives Signal für andere Länder Nordafrikas und des Nahen Ostens ist, den gleichen Weg zu beschreiten; begrüßt ferner die kürzlich durch die Philippinen vorgenommene Ratifizierung des Römischen Statuts, womit die Zahl der asiatischen Staaten im System des Gerichtshofs stieg und ein wichtiges Signal dafür ist, dass die Zahl der asiatischen Mitglieder im IStGH steigt, sowie die kürzlich durch die Maldiven vorgenommene Ratifizierung des Römischen Statuts; begrüßt darüber hinaus das kürzlich durch die Nationalversammlung der Republik Kap Verde vorgelegte Gesetz zur Ratifizierung des Römischen Statuts und hofft, dass ihre Regierung unverzüglich entsprechend vorgehen wird; hofft, dass alle lateinamerikanischen Staaten dem IStGH beitreten werden;

40. fordert die Türkei, den einzigen offiziellen EU-Kandidaten, der noch nicht Vertragsstaat des Römischen Statuts und des Übereinkommens über die Vorrechte und Immunitäten des Gerichtshofs ist, auf, unverzüglich Vertragsstaat des Römischen Statuts und des Übereinkommens über die Vorrechte und Immunitäten des Gerichtshofs zu werden, wobei die Notwendigkeit für alle zukünftigen und potentiellen Bewerberstaaten sowie die Staaten, die zur Europäischen Nachbarschaftspolitik gehören, das Gleiche zu tun, betont wird;

41. ruft die EU und die EU‑Mitgliedstaaten auf, die Kapazität und politische Bereitschaft von Drittstaaten – insbesondere Staaten, die Gegenstand von Ermittlungen oder Vorprüfungen des IStGH sind – zur Einleitung einzelstaatlicher Gerichtsverfahren wegen Völkermordes, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu fördern; ruft in diesem Zusammenhang die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, in allen Ländern, die direkt von der mutmaßlichen Begehung schwerer internationaler Verbrechen betroffen sind, Reformprozesse und einzelstaatliche Bemühungen zum Kapazitätsaufbau zu unterstützen, deren Ziel die Stärkung der unabhängigen Gerichtsbarkeit, der Strafverfolgung und des Strafvollzugssystems ist;

42. betont, dass die Wirksamkeit des Grundsatzes der Komplementarität des Gerichtshofs in der primären Verpflichtung seiner Vertragsstaaten begründet liegt, Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu untersuchen und zu verfolgen; ist besorgt darüber, dass nicht alle Mitgliedstaaten der EU Rechtsvorschriften erlassen haben, die diese Verbrechen nach einzelstaatlichem Recht definieren und bezüglich derer die Gerichte ihre Zuständigkeit wahrnehmen können;

43. fordert die Staaten nachdrücklich auf, im Wege transparenter Konsultation mit der Zivilgesellschaft umfassende und wirksame Durchführungsbestimmungen zu erlassen und ihre einzelstaatlichen Justizsysteme mit den notwendigen Instrumenten zur Ermittlung und Verfolgung dieser Verbrechen auszustatten, sofern sie dies noch nicht getan haben;

44. bekräftigt, dass es für die EU und ihre Mitgliedstaaten notwendig ist, ihre diplomatischen Bemühungen in Bezug auf Staaten, die nicht Vertragspartei des Römischen Statuts sind, und in Bezug auf regionale Organisationen (etwa AU, ASEAN, Arabische Liga) zu verstärken, um ein besseres Verständnis für die Aufgaben des IStGH, d. h. Verfolgung der Urheber von Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord nicht zuletzt durch die Entwicklung einer speziellen diesbezüglichen Kommunikationsstrategie zu fördern und insbesondere auf der Ebene der Vereinten Nationen, etwa im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, größeren Rückhalt für den Gerichtshof und seine Aufgabe zu fördern;

45. bekräftigt die äußerst wichtige Rolle der diplomatischen Unterstützung der EU-Mitgliedstaaten für die Aufgaben des IStGH und für seine Aktivitäten in den Gremien der Vereinten Nationen, einschließlich der Vollversammlung und des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen;

46. betont die Notwendigkeit, diplomatische Bemühungen fortzusetzen, um – wie in Artikel 13 Buchstabe b des Römischen Statuts vorgesehen – Mitglieder des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu ermutigen, frühzeitig Fälle vorzulegen, so wie jüngst bei der einstimmigen Unterbreitung der Lage in Libyen an den IStGH durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen geschehen; hofft ferner, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen vom Aufschub der Ermittlungen oder der Strafverfolgung durch den Gerichtshof, wie in Artikel 16 des Römischen Statuts vorgesehen, absieht;

47. fordert die Mitglieder des Sicherheitsrates und der Vollversammlung der Vereinten Nationen auf, angemessene Mittel und Wege für die Vereinten Nationen zu finden, den Gerichtshof mit Finanzmitteln auszustatten, um die Kosten in Bezug auf die Eröffnung der Ermittlungen und der Strafverfolgung zu den vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen unterbreiteten Situationen zu decken, wie dies in Artikel 115 des Römischen Statuts vorgesehen ist;

48. fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, zu gewährleisten, dass die Koordination und Zusammenarbeit mit dem IStGH in das Mandat der Sonderbeauftragten der EU in der betreffenden Region einbezogen wird; fordert die Hohe Vertreterin zur Ernennung eines Sondergesandten der EU für internationale Gerichtsbarkeit auf, dessen Auftrag es ist, das Engagement der EU für den Kampf gegen Straflosigkeit und für den IStGH in allen Bereichen der EU-Außenpolitik zu fördern, einzubinden und entsprechend zu vertreten;

49. fordert den EAD auf, zu gewährleisten, dass sich der IStGH durchgängig in allen Prioritäten der EU-Außenpolitik wiederfindet, insbesondere durch die systematische Berücksichtigung der Bekämpfung der Straflosigkeit, des Grundsatzes der Komplementarität im breiteren Kontext der Entwicklung und der Unterstützung der Rechtsstaatlichkeit, und insbesondere Staaten des südlichen Mittelmeerraums, die sich im Umbruch befinden, aufzufordern, das Römische Statut zu unterzeichnen und zu ratifizieren;

50. bekräftigt, dass die EU dafür Sorge tragen sollte, dass der EAD über die notwendige Sachkenntnis und über hochwertige Kapazitäten verfügt, um den IStGH zu einer wirklichen Priorität zu machen; empfiehlt, dass der EAD sowohl in Brüssel als auch innerhalb der Delegationen der Beamten, die Fragen der internationalen Gerichtsbarkeit bearbeiten, eine angemessene Personalausstattung sicherstellt, und dass der EAD und die Europäische Kommission die Weiterbildung des Personals zu Fragen internationaler Gerichtsbarkeit und des IStGH weiterentwickeln, wobei ein Austauschprogramm mit dem IStGH geschaffen werden sollte, um das gegenseitige institutionelle Verständnis zu fördern und die weitere Zusammenarbeit zu erleichtern;

51. fordert alle IStGH-Vertragsparteien, die EU und den IStGH selbst einschließlich der Anklagebehörde eindringlich auf, alles zu unternehmen, um Urheber von gegen die Menschlichkeit gerichteten Sexualstraftaten, das heißt die spezielle Kategorie der Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die in die sachliche Zuständigkeit des IStGH fällt (Artikel 7 des Römischen Statuts) und Vergewaltigung, sexuelle Sklaverei, Nötigung zur Prostitution, erzwungene Schwangerschaft, Zwangssterilisation oder jede andere Form sexueller Gewalt von vergleichbarer Schwere sowie Verfolgung aus Gründen des Geschlechts umfasst, zu verfolgen und zu bestrafen; stellt fest, dass diese Sexualstraftaten besonders abscheulich sind, da sie häufig in sehr großem Ausmaß begangen werden und sowohl Kriegsverbrechen als auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen (Artikel 8 des Römischen Statuts) und auf die schwächsten Bevölkerungsgruppen – Frauen, Kinder und Zivilisten – in Ländern, die ohnehin durch Konflikte und/oder Lebensmittelknappheit oder Hungersnöte geschwächt sind, abzielen;

52. fordert die EU-Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, im Zusammenhang mit der kommenden Wahl sechs neuer Richter und eines neuen Anklägers bei der im Dezember 2011 stattfindenden Versammlung der Vertragsstaaten, die besten hochqualifizierten Kandidaten durch ein faires, transparentes und auf Leistungen und Verdiensten basierendes Verfahren zu nominieren und zu wählen, wobei sowohl eine ausgewogene geografische Herkunft als auch eine ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern zu gewährleisten ist; fordert die EU-Mitgliedstaaten ferner nachdrücklich auf, Staaten aus Regionen, die von den Mindestanforderungen der Abstimmung profitieren (wie die Gruppe der lateinamerikanischen und karibischen Staaten - GRULAC), diese zu nutzen und ausreichend Kandidaten zu nominieren, um eine regional ausgewogene Vertretung am Gerichtshof zu gewährleisten; stellt fest, dass die Wahl eines neuen Anklägers von größter Bedeutung für die Wirksamkeit und die Legitimität des Gerichtshofs ist; bekundet seine Wertschätzung für die Arbeit des durch das Büro der Versammlung der Vertragsstaaten gebildeten Sondierungsausschusses;

53. begrüßt die Vorschläge für die Einrichtung eines Beratenden Ausschusses zur Hinterlegung und Prüfung aller Nominierungen neuer Richter gemäß Artikel 36 Absatz 4 Buchstabe c des Römischen Statuts und die Schaffung eines Sondierungsausschusses für den Ankläger des IStGH; ist der Ansicht, dass die Arbeit beider Ausschüsse nicht durch politische Erwägungen beeinflusst sein sollte;

Die Notwendigkeit, die weitere finanzielle und logistische Unterstützung des Gerichtshofs sicherzustellen

54. begrüßt die bisherige finanzielle und logistische Unterstützung der EU und einzelner Mitgliedstaaten für den IStGH und empfiehlt, dass die gegenwärtigen Formen der Unterstützung, entweder durch den durch Beiträge der Vertragsstaaten finanzierten ordentlichen Haushalt des IStGH oder durch EU-Finanzierung wie das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR), fortgesetzt werden, insbesondere in folgenden Bereichen: Öffentlichkeitsarbeit, um Opfern und betroffenen Gemeinschaften zu helfen; rechtliche Vertretung; Umsiedlung von Zeugen; Teilhabe und Schutz von Opfern/Zeugen, unter besonderer Berücksichtigung der Bedürfnisse von Frauen und minderjährigen Opfern; Unterstützung, damit der Gerichtshof in die Lage versetzt wird, dringenden operativen Bedarf wegen neuer Ermittlungen zu decken; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, die Bemühungen des Gerichtshofs um die Verbesserung seiner Präsenz vor Ort zu unterstützen und dabei die Bedeutung der Präsenz des IStGH vor Ort für die Förderung seiner Aufgabe und die Unterstützung seines Mandats sowie die Einbeziehung und Unterstützung von Gemeinschaften, die Opfer der Verbrechen wurden, die der Zuständigkeit des IStGH unterliegen, anzuerkennen; äußert seine Besorgnis, dass mangelnde Ressourcen ein Hindernis für die volle Funktionsfähigkeit des Gerichtshofs bleiben;

55. betont die erheblichen Auswirkungen des Systems des Römischen Statuts auf die Opfer, die Einzelpersonen und Gemeinschaften, die von den Verbrechen betroffen sind, welche der Zuständigkeit des IStGH unterliegen; betrachtet die Bemühungen des Gerichtshofs um die Verbesserung seiner Präsenz vor Ort als wesentlich, um das Verständnis für seine Aufgabe und die Unterstützung seines Mandats zu fördern, die Erwartungen zu bewältigen und Opfer und betroffene Gemeinschaften in die Lage zu versetzen, den Prozess der internationalen Strafgerichtsbarkeit und die Arbeit des Gerichtshofs zu verfolgen und zu verstehen;

56. empfiehlt, dass Mitgliedstaaten der EU weiter für eine angemessene Finanzierung des „ICC Trust Fund for the Victims“ Sorge tragen (um mögliche zukünftige Gewährungen von Wiedergutmachung zu ergänzen und gleichzeitig die derzeitigen unterstützenden Tätigkeiten weiter durchzuführen) und zum neu geschaffenen Sonderfonds des IStGH für Umsiedlungen, zum „Fund for family visits of detainees“ am Sitz des Gerichtshofs in Den Haag, zum Programm zur Prozesskostenhilfe und zu den Kosten in Verbindung mit der Aufrechterhaltung und Ausweitung der Präsenz des IStGH vor Ort beitragen;

57. unterstützt nachdrücklich die Bemühungen des IStGH um die Ausweitung und Stärkung seiner Präsenz vor Ort, da diese wesentlich ist, um seine Fähigkeit zu verbessern, seine Aufgaben zu erfüllen, einschließlich Ermittlungen, Einbeziehung der Opfer und betroffener Gemeinschaften, Zeugenschutz, Ermöglichung der Rechte der Opfer auf Teilhabe und Wiedergutmachung, und darüber hinaus ein wesentlicher Aspekt der Verbesserung der Wirkungen des Gerichtshofs und seiner Fähigkeit, ein starkes und positives Vermächtnis zu hinterlassen, ist;

58. ruft die EU auf, im Rahmen des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) eine angemessene und stabile Finanzierung von Akteuren der Zivilgesellschaft, die in Bereichen tätig sind, die mit der Arbeit des IStGH im Zusammenhang stehen, zu gewährleisten, und ruft die EU-Mitgliedstaaten und bestehende europäischen Stiftungen auf, ihre Unterstützung für diese Akteure fortzusetzen;

59. ruft die EU-Mitgliedstaaten und den EAD auf, Gespräche im Hinblick auf die Überprüfung der derzeitigen Finanzierungsinstrumente der EU, insbesondere dem Europäischen Entwicklungsfonds (EEF), einzuleiten, um zu prüfen, wie diese weiter zur Unterstützung der zusätzlichen Tätigkeiten in den begünstigten Staaten beitragen könnten, damit die Bekämpfung der Straflosigkeit in diesen Staaten gefördert werden kann;

60. erkennt die derzeitigen Bemühungen der Kommission an, ein Komplementaritätsinstrumentarium der EU zu schaffen, um einzelstaatliche Kapazitäten für die Untersuchung und Verfolgung mutmaßlicher internationaler Verbrechen zu entwickeln, und fordert die Kommission auf, seine Umsetzung zu sichern, um komplementaritätsbezogene Tätigkeiten in Hilfsprogramme einzubeziehen und eine bessere Kohärenz zwischen den verschiedenen EU-Instrumentarien zu erreichen;

61. fordert alle Vertragsstaaten des IStGH auf, gemeinsame Bemühungen zu unterstützen, um die einzelstaatlichen Verfahren wegen schwerster Verbrechen wie Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord, zu verbessern;

62. begrüßt die Initiative der Kommission, im April 2011 in Pretoria ein Seminar für die europäische und afrikanische Zivilgesellschaft organisiert zu haben, um die internationale Gerichtsbarkeit zu erörtern; nimmt die Empfehlungen dieses Treffens zur Kenntnis und fordert die Kommission auf, solche Möglichkeiten weiterhin zu unterstützen;

63. erinnert daran, dass das Europäische Parlament einer der ersten lautstarken Unterstützer des Gerichtshofs war, und weist auf seine wichtige Rolle bei der Überprüfung der Maßnahmen der EU in dieser Angelegenheit hin; fordert die Aufnahme eines Abschnitts zur Bekämpfung der Straflosigkeit und zum IStGH in die alljährlichen Berichte des Europäischen Parlaments über die Menschenrechte in der Welt; schlägt ferner vor, dass das Europäische Parlament eine verstärkte, auf Eigeninitiative aufbauende Rolle bei der Förderung und durchgängigen Berücksichtigung der Bekämpfung der Straflosigkeit und des IStGH in allen Politikbereichen der EU und in allen Einrichtungen der EU, einschließlich aller Ausschüsse, Fraktionen und Delegationen in Drittstaaten spielt;

64. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

  • [1]  ABl. C 379 vom 7.12.1998, S. 265.
  • [2]  ABl. C 262 vom 18.9.2001, S. 262.
  • [3]  ABl. C 293 E vom 28.11.2002, S. 88.
  • [4]  ABl. C 273 E vom 14.11.2003, S. 291.
  • [5]  ABl. C 161 E vom 31.5.2011, S. 78.
  • [6]  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0489.
  • [7]  ABl. L 150 vom 18.6.2003, S. 67.
  • [8]  ABl. L 76 vom 22.3.2011, S. 56.
  • [9]  ABl. L 115 vom 28.4.2006, S. 50.
  • [10]  ABl. C 115 vom 4.5.2010, S. 4.
  • [11]  ABl. L 167 vom 26.6.2002, S. 1.
  • [12]  ABl. L 118 vom 14.5.2003, S. 12.

BEGRÜNDUNG

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat seit seiner Gründung am 1. Juli 2002, dem Tag, an dem das Römische Statut in Kraft trat, seine einzigartige globale Aufgabe der Verfolgung von Tätern von Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord erfolgreich umgesetzt. Der Gerichtshof leitete – unter Anwendung des Grundsatzes der Komplementarität (der Gerichtshof wird nur dann tätig, wenn die betreffenden einzelstaatlichen Gerichte nicht in der Lage oder nicht willens sind, die Ermittlungen durchzuführen) – Ermittlungen zu den Situationen in Uganda, in der Demokratischen Republik Kongo, in der Region Darfur in Sudan, in der Zentralafrikanische Republik, in Kenia, in Libyen und in Côte d’Ivoire ein.

Trotz seiner Bemühungen, seiner Professionalität und seines Einsatzes befindet sich der IStGH wegen politischer und finanzieller Umstände, die außerhalb seines Einflussbereiches liegen, derzeit in einer kritischen Phase. Der Gerichtshof wird zunehmend Gegenstand unfairer, politisch motivierter Angriffe, seine Haftbefehle werden häufig missachtet und sein gegenwärtiges Budget entspricht nicht seinem Bedarf. Da die EU eine zuverlässige Verbündete des IStGH ist, soll der vorliegende Bericht prüfen, wie sie den Gerichtshof bei der Bewältigung der Herausforderungen und der Überwindung der politischen und finanziellen Schwierigkeiten, denen er ausgesetzt ist, weiter unterstützen könnte.

Seit seiner Gründung hat die EU den IStGH durch verschiedene politische, diplomatische, finanzielle und logistische Maßnahmen unterstützt, wobei geholfen wurde, die Universalität und die Integrität des Römischen Statuts zu fördern, und zur Unabhängigkeit und dem wirksamen Funktionieren des Gerichtshofs beigetragen wurde.

Der Gerichtshof selbst hat bisher Ermittlungen in der Demokratischen Republik Kongo, in der Zentralafrikanischen Republik und in Uganda nach dem speziellen Antrag durch diese Staaten eingeleitet (Unterbreitung einer Situation durch einen Vertragsstaat). Darüber hinaus hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen dem Gerichtshof Situationen in Sudan/Darfur und Libyen unterbreitet. In beiden Fällen wurden gegen die amtierenden Staatschefs und hochrangige Repräsentanten Haftbefehle erlassen, d. h. gegen den sudanesischen Präsidenten Omar Hassan Ahmad Al Bashir und gegen den libyschen Revolutionsführer Muammar Gaddafi. Darüber hinaus hat die Vorverfahrenskammer II genehmigt, dass der Ankläger des IStGH Ermittlungen in Kenia einleitet. (Erstmals hat der Ankläger dabei seine Befugnis zur Einleitung von Ermittlungen von Amts wegen genutzt, ohne vorher eine Unterbreitung von Regierungen oder durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen erhalten zu haben.) Kürzlich erfolgte dies auch in Bezug auf Côte d’Ivoire. Der Gerichtshof hat Regierungsbeamte und Rebellenführer gleichermaßen angeklagt und die unvoreingenommene Reichweite der Justiz gezeigt. Der Ankläger des IStGH hat auch öffentlich gemacht, dass er zumindest neun Situationen auf vier Kontinenten untersucht, einschließlich Afghanistan, Kolumbien, Georgien, Guinea, Honduras, Republik Korea, Nigeria und Palästina.

Während die Reichweite des Gerichtshofs und seine abschreckende Wirkung weiterhin zunehmen, sieht er sich auch zunehmend verschiedenen Herausforderungen und Schwierigkeiten politischer und finanzieller Natur gegenüber. Politisch wird der Gerichtshof Gegenstand einer Reihe unfairer Angriffe von feindlichen Staaten und Führungspersönlichkeiten. Während solche Kritiken nicht die Realität des Gerichtshofs anerkennen, bei dem eine deutliche Mehrheit der Fälle entweder von den betroffenen Vertragsstaaten selbst oder durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen unterbreitet werden, schaden sie dem Ruf des Gerichtshofs und beeinflussen die öffentliche Wahrnehmung sowie das allgemeine Niveau der Zusammenarbeit negativ.

Finanziell muss der Gerichtshof darum kämpfen, seinen dringenden operativen Bedarf zu decken, da sein Budget nicht im Verhältnis zu seiner Arbeitsbelastung steigt. Die neuen Unterbreitungen werden nicht durch zusätzliche Finanzierung begleitet, und die allgemeinen Auswirkungen der Finanzkrise haben die wichtigsten Geber des IStGH negativ beeinflusst, was die Stagnation seiner finanziellen Ressourcen zu Folge hatte.

Die EU ist traditionell sehr aktiv, Unterstützung für den Gerichtshof zu aktivieren, wobei sie verschiedene Instrumente aus ihrem politischen Repertoire verwendet, einschließlich Stellungnahmen, Erklärungen und Demarchen, politische Dialoge und Menschenrechtsdialoge, Beziehungen zu Partnerstaaten innerhalb des Cotonou-Rahmens oder andere regionale Initiativen (einschließlich ENP) sowie in regionalen Foren (insbesondere durch ihre Beziehungen zur Afrikanischen Union) und die multilateralen Foren (insbesondere die Vereinten Nationen). Sie hat aktiv neue Ratifizierungen und die Umsetzung des Römischen Statuts durch diplomatische Bemühungen und technische Unterstützung der Partnerstaaten gefördert, und reagierte mit der Verwendung ihrer politischen und diplomatischen Instrumente.

Trotz dieser starken Unterstützung für den Gerichtshof durch die EU und ihrer Mitgliedstaaten bleibt auf der politischen und diplomatischen sowie der praktischen Ebene viel zu tun, um dem Gerichtshof zu helfen, die gegenwärtigen Herausforderungen und Schwierigkeiten zu überwinden. Genauere Überwachung der kontinuierlichen Umsetzung der IStGH-Klauseln in Übereinkommen mit Drittstaaten wie auch der Auswirkungen ihrer politischen Stellungnahmen und Erklärungen würde zweifellos die Botschaften und Standpunkte der EU zu Fragen des IStGH gegenüber den Partnerstaaten und -organisationen der EU stärken, insbesondere der Afrikanischen Union. Die politischen Dialoge und Menschenrechtsdialoge der EU müssen folglich, wann immer dies angemessen ist, die Fragen des IStGH und der internationalen Justiz im Allgemeinen ansprechen. Die EU und ihre Mitgliedstaaten sollten frühzeitig und gut koordiniert gemeinsame Antworten auf Fälle der fehlenden Zusammenarbeit mit dem Gerichtshof bereithalten, möglicherweise durch die Vereinbarung eines internen Verhaltenskodex in diesen Fällen.

Ebenso wichtig ist es, Verbindungen der EU mit den wichtigen Staaten aufzunehmen, die nicht Partei des Römischen Statuts sind, insbesondere mit denjenigen, die ständige Mitglieder des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen sind (d. h. Russland, China und die USA), um angemessene Zusammenarbeit und frühzeitige Unterbreitungen an den Gerichtshof zu sichern. Dies wurde kürzlich im Fall der Unterbreitung der Situation in Libyen erfolgreich praktiziert, die auch durch die starke politische Lobbyarbeit und Bemühungen der EU-Mitgliedstaaten einstimmig unterbreitet wurde.

Um den Gerichtshof angemessen zu unterstützen, müssen die EU und ihre Mitgliedstaaten gewährleisten, dass ihre Strukturen, die für den IStGH verantwortlich sind, in der Lage sind, auf die Ersuchen des Gerichtshofs frühzeitig und effektiv zu antworten. Das könnte durch die Sicherung einer angemessenen Personalausstattung und eines angemessenen Ausbildungsniveaus innerhalb des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) sowohl in Brüssel als auch innerhalb der Delegationen erreicht werden, insbesondere derjenigen, die sich in Staaten, die Gegenstand von Ermittlungen des IStGH sind[1], und in Staaten, die Gegenstand von Vorprüfungen sind, befinden. Eine Möglichkeit angemessener Ausbildung seines Personals könnte sein, dass der EAD einen zeitlich begrenzten Personalaustausch mit dem Gerichtshof in Erwägung zieht, um seinem Personal das Lernen in der Praxis zu ermöglichen.

Was ihre direkte Unterstützung für den Gerichtshof anbelangt, könnten die EU-Mitgliedstaaten mehr unternehmen, um das sensible Thema der Zeugenumsiedlung zu unterstützen. Eine Möglichkeit wäre die aktive Teilnahme am und Beiträge zum Sonderfonds des IStGH für Umsiedlungen, der kürzlich durch den IStGH geschaffen wurde. Darüber hinaus müssen noch mehr als die Hälfte der EU-Mitgliedstaaten die Umsetzungsvorschriften für den IStGH vollumfänglich verabschieden. Die volle Integration des Römischen Statuts in die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften der EU-Mitgliedstaaten sollte als vorrangige Maßnahme betrachtet werden.

Da die GSVP-Operationen der EU weiterhin einen wichtigen Beitrag zu weltweitem Frieden, Gerechtigkeit und Sicherheit leisten, sollte gewährleistet werden, dass die GSVP-Operationen durch frühzeitige und wirksame Förderung der Ersuchen des Gerichtshofs Unterstützung leisten könnten[2].

Um den Gerichtshof angemessen politisch zu unterstützen, muss die EU das hohe Niveau der politischen und diplomatischen Präsenz in den betreffenden Regionen und Staaten sichern. Eine Möglichkeit der Verbesserung des Profils der EU im Bereich der internationalen Justiz wäre die Schaffung eines Postens eines „themenbezogenen Sonderbeauftragten der EU“ für transnationale Gerichtsbarkeit. Darüber hinaus sollte das Mandat der Sonderbeauftragten der EU in den betreffenden Staaten und Regionen die Fragen des IStGH einschließen.

Die EU-Mitgliedstaaten in ihrer Eigenschaft als Mitglieder der Versammlung der Vertragsstaaten[3] müssen eine wichtige Rolle bei der Nominierung und Auswahl der wichtigsten Repräsentanten des Gerichtshofs spielen, insbesondere jetzt vor der unmittelbar bevorstehenden Ersetzung von sechs Richtern und des Anklägers im Dezember 2011. Die EU-Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass die Nominierungen auf Leistungen und Verdiensten basieren und die ausgewählten Kandidaten hochqualifiziert sind sowie die Ausgewogenheit hinsichtlich ihrer geografischer Herkunft und ihres Geschlecht gewahrt bleibt.

Da der Gerichtshof ganz auf die Zusammenarbeit mit den Vertragsstaaten angewiesen ist, um erfolgreich Ermittlungen durchzuführen, Zeugen zu schützen und umzusiedeln sowie die Verdächtigen festzunehmen und Urteile zu vollstrecken, ist es sehr wichtig, dass die EU-Mitgliedstaaten frühzeitig und angemessen auf die verschiedenen Ersuchen um Zusammenarbeit reagieren, einschließlich Weiterleitung von Informationen, Vollstreckung der Haftbefehle oder Lokalisierung, Einfrieren und Beschlagnahme von Vermögenswerten der Tatverdächtigen.

Zusätzlich zu den politischen und diplomatischen Herausforderungen, denen der Gerichtshof gegenwärtig gegenübersteht, bleibt die unzureichende Finanzierung ein Haupthindernis seiner Effektivität. Während er neue Sachen bearbeitet, ist deren Einleitung nicht mit einer entsprechenden Erhöhung seiner Finanzierung verbunden. Selbst die Unterbreitungen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen werden nicht von zusätzlichen Mitteln für den Gerichtshof begeleitet, was eine ernstzunehmende Finanzierungslücke zur Folge hat. Infolgedessen bleiben sehr wichtige Bereiche unterfinanziert, einschließlich Öffentlichkeitsarbeit, Dienstleistungen für Opfer und die Präsenz des IStGH vor Ort (Büros vor Ort in den Staaten, die Gegenstand von Ermittlungen des IStGH sind).

Die finanzielle Unterstützung der EU für den Gerichtshof lies sie zu einem wichtigen Geber werden. Seit 2007[4] wurden im Rahmen der EIDHR über 4 Millionen Euro an den IStGH selbst und 11 Millionen Euro an Organisationen der Zivilgesellschaft, die im Bereich der Ratifizierung anderer Themen im Zusammenhang mit dem Gerichtshof arbeiten, überwiesen. Das Instrument half, verschiedene Aktivitäten des Gerichtshofs selbst, insbesondere das Programm für Berufsangehörige und Praktikanten, Ausbildungsmaßnahmen für Juristen auf der vom IStGH geführten Verteidigerliste sowie das Projekt zu rechtlichen Instrumenten des IStGH zu finanzieren.

Darüber hinaus sind die EU-Mitgliedstaaten als Vertragsstaaten die wichtigsten unmittelbaren Beitragzahler des Gerichtshofs. Sie trugen mehr als die Hälfte zu den gegenwärtigen Ausgaben des „Trust Fund for the Victims“ des IStGH bei. Es ist äußerst wichtig, dass die EU-Mitgliedstaaten den Gerichtshof weiterhin mit ausreichenden Ressourcen unterstützen, damit dieser sein Mandat wirksam erfüllen kann, und dass sie ihre Zusagen von Kampala einhalten, dem Fund zusätzliche Mittel bereitzustellen.

Dennoch könnten die derzeitigen Formen der finanziellen und logistischen Unterstützung weiter gestärkt werden, um zu gewährleisten, dass die gegenwärtige Finanzierungslücke des Gerichtshofs erfolgreich überbrückt werden kann. Die EU und ihre Mitgliedstaaten sollten während der bevorstehenden Versammlung der Vertragsstaaten im Dezember in New York eine angemessene finanzielle Unterstützung für den Haushalt des Gerichtshofs sicherstellen. Bei den vergangenen Versammlungen dieser Art wurde der Haushalt des Gerichtshofs nicht erhöht.

Darüber hinaus bleibt EIDHR das einzige Instrument der EU, das zurzeit Organisationen der Zivilgesellschaft finanzieren kann, die zu traditionellen Rechtsfragen arbeiten, einschließlich solcher, die den IStGH betreffen. Es ist auch wichtig, die mögliche Rolle der neuen Finanzinstrumente zu diskutieren, die gegenwärtig zur Debatte stehen oder die Rolle der bereits bestehenden, die im Hinblick auf die Komplementaritätsaktivitäten in den Partnerstaaten überprüft werden. Es ist auch wichtig, dass kein neues Instrument EIDHR ersetzt oder in den Hintergrund drängt.

Da die EU und ihre Mitgliedstaaten Millionen zur Unterstützung der Reform des Justiz- und Sicherheitssektors in den Staaten ausgibt, wäre es sehr nützlich, diese Bemühungen besser zu kategorisieren und zu koordinieren, um Finanzierungslücken zu vermeiden und die Wirkungen der Komplementarität ihrer Aktivitäten zu verbessern. Die derzeitigen Bemühungen der Kommission, ein so genanntes Komplementaritätsinstrumentarium zu entwickeln, d. h. Leitlinien für Geber festzulegen, die innerhalb der EU verbreitet und angewendet werden, um eine bessere Kohärenz und Wirksamkeit zu erreichen, erscheint sowohl zeitgemäß als auch nützlich.

Da die Welt, in der wir leben, leider durch die Ausbreitung ernsthafter Gefahren für das menschliche Leben und die Sicherheit gekennzeichnet ist, sollte die Rechtsprechung des Gerichtshofs dies entsprechend berücksichtigen. Ein sehr wichtiger Schritt in diese Richtung wurde aus Anlass der IStGH-Überprüfungskonferenz in Kampala am 11. Juni 2010 unternommen. Zu diesem Anlass einigten sich die Vertragsstaaten auf eine Definition des Verbrechens der Aggression[5] wie auch auf die Voraussetzungen, unter denen der Gerichtshof ab 2017 in der Lage sein wird, das Verbrechen der Aggression in seine Rechtsprechung aufzunehmen. Um dies umzusetzen, müssen mindestens 30 Vertragsstaaten bis 2017 die notwendigen Änderungen des Römischen Statuts ratifizieren und wenigstens zwei Drittel der Vertragsstaaten müssen diese Änderung durch Abstimmung bestätigen. Die Unterstützung der EU-Mitgliedstaaten in diesem Zusammenhang bleibt von unschätzbarem Wert.

  • [1]  Der IStGH verwendet den Begriff „Situationen“ in Bezug auf Staaten oder Gebiete, die Gegenstand seiner Ermittlungen sind. In Fällen der Staaten, die Gegenstand einer Vorprüfung sind, folgt er aktiv den dortigen Entwicklungen, ohne formelle Ermittlungen zu eröffnen.
  • [2]  Gleichzeitig auch der friedenssichernden Missionen der Vereinten Nationen, die ersucht wurden, durch das Weiterleiten von Informationen an den Gerichtshof zu kooperieren.
  • [3]  Die Versammlung der Vertragsstaaten ist das Aufsichtsorgan betreffend die Verwaltung des IStGH und das rechtsetzende Gremium des IStGH. Sie besteht aus Vertretern aller Staaten, die das Römischen Statut ratifiziert haben und ihm beigetreten sind.
  • [4]  Im Jahr 2007 liegt der Beginn für den jüngsten Zyklus des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR), womit bestimmte spezifische Aktivitäten des IStGH und einige Kampagnen der NRO zur Unterstützung des Systems des Römischen Statuts finanziert wurden.
  • [5]  Resolution RC/Res.6 - The Crime of Aggression, http://www.icc-cpi.int/iccdocs/asp_docs/Resolutions/RC-Res.6-ENG.pdf.

STELLUNGNAHME des Entwicklungsausschusses (22.9.2011)

für den Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten

über die Unterstützung der Europäischen Union für den IStGH: Bewältigung der Herausforderungen und Überwindung der Schwierigkeiten
(2011/2109(INI))

Verfasserin der Stellungnahme: Eva Joly

VORSCHLÄGE

Der Entwicklungsausschuss ersucht den federführenden Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:

1.  fordert die Europäische Union und den EAD sowie die Mitgliedstaaten der EU mit Nachdruck auf, systematisch die ihnen zur Verfügung stehenden diplomatischen Instrumentarien zu verwenden, um den IStGH zu fördern sowie die Drittstaaten, und insbesondere die Entwicklungsländer, an die Notwendigkeit zu erinnern, diesen zu unterstützen oder die Gründungsakte des IStGH zu unterzeichnen bzw. zu ratifizieren, sofern dies noch nicht erfolgt sein sollte, indem in die Abkommen mit Drittstaaten bindende Klauseln aufgenommen werden, die sie verpflichten, mit dem IStGH zusammenzuarbeiten, und gegen die Personen, die vor dem IStGH angeklagt sind, restriktive Maßnahmen zu verhängen; stellt fest, dass die politischen Dialoge und Menschenrechtsdialoge der EU mit Drittstaaten sowie die Gipfeltreffen mit den Drittstaaten, und insbesondere mit den Entwicklungsländern und den AKP-Staaten, zu den angemessenen Strukturen zu diesem Zweck gehören;

2.  unterstreicht die wichtige Rolle, die die Europäische Union bei der Stärkung der Rechtsstaatlichkeit spielen muss, indem sie die Universalität des Römischen Statuts fördert und dessen Integrität bewahrt, da auch Europa selbst Verletzungen des humanitären Völkerrechts, einschließlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Völkermord erlebte; fordert die Europäische Union daher auf, weiterhin die lokale Bevölkerung zu sensibilisieren und zu informieren und ihrer Jugend Bildung über das internationale Strafrecht und die Rolle des IStGH zu vermitteln;

3.  fordert den IStGH und die EU auf, vorrangig die Stärkung unabhängiger und unparteiischer staatlicher Rechtssysteme zu unterstützen; erinnert daran, dass Gerechtigkeit Teil der Grundrechte ist und vor allem auf staatlicher Ebene ausgeübt werden muss, wenn die Rechtssysteme dies erlauben; erinnert ferner daran, dass die Befassung des IStGH nur ein letztes Mittel sein darf;

4.  erkennt die große Bedeutung des IStGH in Bezug auf das auswärtige Handeln der EU an, betont auch die Bedeutung des Völkerrechts für Frieden, Sicherheit, Stabilität, Vertrauen, Respekt und Versöhnung, die notwendige Grundlagen für eine nachhaltige Entwicklung sind; betont jedoch, dass die EU bei der Umsetzung der Politik, die Auswirkungen auf die Entwicklungsländer haben könnte, ihrer vertraglichen Verpflichtung nachkommen muss, die Ziele der Entwicklungszusammenarbeit zu berücksichtigen, wobei das wichtigste dieser Ziele die Bekämpfung und auf längere Sicht die Beseitigung der Armut ist (Artikel 208 Absatz 1 Unterabsatz 2 AEUV);

5.  betont die Notwendigkeit, dass der IStGH die nötigen Finanzmittel zur Erfüllung seiner zahlreicher werdenden Aufgaben erhalten muss; erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass alle Finanzinstrumente des auswärtigen Handelns in Bezug auf das Vorgehen des IStGH in Entwicklungsländern mit zusätzlichen und neuen Finanzmitteln ausgestattet sein müssen;

6.  fordert sowohl Mitgliedstaaten als auch Entwicklungsländer nachdrücklich auf, ihre Zusammenarbeit mit dem IStGH zu verstärken und Abkommen über die Vollstreckung von Urteilen sowie über den Schutz von Zeugen und Opfern zu schließen;

7.  erinnert an den Grundsatz der Kohärenz des auswärtigen Handelns der Europäischen Union; fügt in diesem Zusammenhang hinzu, dass die EU in ihrem auswärtigen Handeln die Demokratie, eine unabhängige und unparteiische Justiz und die grundlegenden Menschenrechte fördern muss;

8.  fordert alle IStGH-Vertragsparteien, die EU und den IStGH selbst – einschließlich der Anklagebehörde – eindringlich auf, alle Anstrengungen zu unternehmen, die Täter von gegen die Menschlichkeit gerichteten Sexualstraftaten, das heißt die spezielle Kategorie der Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die in die sachliche Zuständigkeit des IStGH fällt (Artikel 7 des Römischen Statuts) und Vergewaltigung, sexuelle Sklaverei, Nötigung zur Prostitution, erzwungene Schwangerschaft, Zwangssterilisation oder jede andere Form sexueller Gewalt von vergleichbarer Schwere sowie Verfolgung aus Gründen des Geschlechts umfasst, zu verfolgen und zu bestrafen; stellt fest, dass diese Sexualstraftaten besonders abstoßend sind, da sie häufig gleichzeitig und in großem Maßstab Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen (Artikel 8 des Römischen Statuts) darstellen können und gegen die schwächsten Bevölkerungsgruppen – Frauen, Kinder und Zivilisten – in Staaten gerichtet sind, die bereits durch Konflikte und/oder Lebensmittelknappheit und sogar Hungersnöte geschwächt sind;

9.  ist tief besorgt, dass Vertragsstaaten des IStGH es wiederholt unterlassen haben, den sudanesischen Präsidenten Omar al-Bashir zu verhaften.

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

22.9.2011

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

21

0

0

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Thijs Berman, Michael Cashman, Corina Creţu, Véronique De Keyser, Charles Goerens, Catherine Grèze, András Gyürk, Filip Kaczmarek, Michał Tomasz Kamiński, Franziska Keller, Maurice Ponga, Birgit Schnieber-Jastram, Michèle Striffler, Alf Svensson, Eleni Theocharous

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Santiago Fisas Ayxela, Martin Kastler, Cristian Dan Preda, Judith Sargentini

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 187 Abs. 2)

María Irigoyen Pérez, Wolfgang Kreissl-Dörfler

STELLUNGNAHME des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (21.9.2011)

für den Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten

zur EU-Unterstützung für den Internationalen Strafgerichtshof: Bewältigung der Herausforderungen und Überwindung der Schwierigkeiten
(2011/2109(INI))

Verfasser der Stellungnahme: Tadeusz Cymański

VORSCHLÄGE

Der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter ersucht den federführenden Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:

A.      in der Erwägung, dass das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) zu den schwersten Verbrechen auch solche zählt, die im Rahmen ausgedehnter oder systematischer Angriffe auf die Zivilbevölkerung und insbesondere auf Frauen und Kinder begangen werden;

B.        in der Erwägung, dass die UN-Erklärung über den Schutz von Frauen und Kindern in Notsituationen und bewaffneten Konflikten vom 14. Dezember 1974 wirksame Maßnahmen gegen Verfolgung, Folter, Gewalt und erniedrigende Behandlung von Frauen fordert;

C.      in der Erwägung, dass aus dem Weltbevölkerungsbericht 2010 hervorgeht, dass die Gewalt gegen Frauen in Krisengebieten weltweit zugenommen hat; in der Erwägung, dass sexuelle Gewalt zunehmend als Mittel der Kriegsführung eingesetzt wird und eine sehr große Anzahl von Frauen und Kindern in bewaffneten Konflikten und im Anschluss daran Opfer von Vergewaltigung und Verfolgung werden;

D.      in der Erwägung, dass der IStGH aufgrund seiner sehr begrenzten Ressourcen und der mangelnden Unterstützung seitens der Vertragsstaaten des Römischen Statuts bei der Strafverfolgung von Personen, die massenhaft Straftaten gegen Frauen und Kinder begangen haben, mit Schwierigkeiten konfrontiert ist, was häufig dazu führt, dass die Täter ungestraft davonkommen;

1.        verurteilt mit Nachdruck den Einsatz sexueller Gewalt gegen Frauen als Kriegstaktik, einschließlich Verbrechen wie Massenvergewaltigungen, sexuelle Sklaverei, Zwangsprostitution, erzwungene Schwangerschaft, Zwangssterilisation, geschlechtsspezifische Formen der Verfolgung einschließlich Genitalverstümmelung bei Frauen, Menschenhandel und vergleichbare sexuelle Gewaltdelikte;

2.        fordert die EU-Mitgliedstaaten, die Vertragsstaaten des Römischen Statuts sind, mit Nachdruck auf, den IStGH bei seiner Arbeit zu unterstützen, und verlangt eine aktive internationale Unterstützung des IStGH, um der derzeit nach wie vor bestehenden faktischen Straflosigkeit von Personen, die derartige Gewalttaten begehen, ein Ende zu setzen und die Täter endlich ihrer Strafe zuzuführen;

3.        betont, wie wichtig es ist, geschlechtsspezifische Straftaten in den Ermittlungs- und Strafverfolgungsauftrag des IStGH einzubeziehen;

4.        betont, wie wichtig es für den IStGH ist, die Straflosigkeit sexueller Gewalt gegen Frauen in Konfliktgebieten und im Zusammenhang mit Kriegsverbrechen zu bekämpfen;

5.        fordert, dass das Problem der Straflosigkeit als ein entscheidender Faktor bei der Gewährleistung der Justiz betrachtet werden muss und nicht verhandelbar sein darf; unterstreicht, dass die Täter vor Gericht gestellt werden und die strafrechtlichen Konsequenzen ihrer Handlungen tragen müssen;

6.        spricht sich entschieden dagegen aus, dass Kinder unter 18 Jahren von bewaffneten Gruppen rekrutiert, angeworben oder in sonstiger Weise für kriegerische Handlungen ausgenutzt werden; betont, wie wichtig es ist, ihr Recht auf eine friedliche Kindheit, Bildung, körperliche Unversehrtheit, Sicherheit und sexuelle Selbstbestimmung zu schützen;

7.        fordert die Ausarbeitung wirksamer Konzepte und verbesserter Mechanismen, die gewährleisten, dass die Beteiligung der Opfer an der Arbeit des IStGH tatsächliche Auswirkungen hat, einschließlich eines besseren Zugangs zu psychologischer, medizinischer und rechtlicher Beratung sowie zu Zeugenschutzprogrammen; betont, wie wichtig es ist, das Bewusstsein für das Problem der sexuellen Gewalt in Konfliktgebieten zu schärfen, indem rechtliche Programme durchgeführt, geschlechtsspezifische Straftaten in bewaffneten Konflikten dokumentiert und Juristen, Richter und Aktivisten auf dem Gebiet des Römischen Statuts und der internationalen Rechtsprechung zu geschlechtsbezogenen Straftaten gegen Frauen und Kinder fortgebildet werden;

8.       fordert den Rat und die Kommission auf, ihre Bemühungen um einen Beitritt weiterer Staaten zum Römischen Statut des IStGH fortzusetzen und dessen Ratifizierung weltweit voranzubringen;

9.        fordert die EU-Ratspräsidentschaft und die Vizepräsidentin der Kommission/Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik auf, eng mit dem IStGH zusammenzuarbeiten und in internationalen Foren ihren politischen Einfluss geltend zu machen, um Vertragsstaaten des Römischen Statuts zur Einhaltung ihrer Verpflichtungen zu bewegen, da es immer wieder vorkommt, dass Vertragsstaaten durch ihr Handeln oder ihre Untätigkeit die Arbeit des IStGH unterminieren;

10.      erwartet, dass sich die Vereinten Nationen in ihren Resolutionen und Maßnahmen mit dem Problem der Gewalt gegen Frauen und Kinder in internationalen Konfliktsituationen befassen, und dass Friedensprozesse und Friedensabkommen mit dem Völkerrecht und mit den Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu Frauen, Frieden und Sicherheit vereinbar sind, damit geschlechtsspezifische Straftaten in der Arbeit des IStGH eine größere Rolle spielen; betont, dass den Postkonfliktsituationen besondere Aufmerksamkeit zuteil werden muss, damit schnelle, schärfere und kohärentere Sanktionen gegen Aggressoren verhängt werden können, und erwartet, dass die Vereinten Nationen weiterhin Informationen und Zahlen hierzu zur Verfügung stellen;

11.      fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst auf, bewährte Verfahrensweisen mit der Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen gegen sexuelle Gewalt in Konflikten auszutauschen und eng mit ihr zusammenzuarbeiten, um die Arbeit des IStGH in diesem Bereich zu stärken.

.ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

15.9.2011

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

28

0

1

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Edit Bauer, Tadeusz Cymański, Ilda Figueiredo, Iratxe García Pérez, Zita Gurmai, Mary Honeyball, Lívia Járóka, Teresa Jiménez-Becerril Barrio, Nicole Kiil-Nielsen, Rodi Kratsa-Tsagaropoulou, Constance Le Grip, Elisabeth Morin-Chartier, Siiri Oviir, Antonyia Parvanova, Raül Romeva i Rueda, Nicole Sinclaire, Joanna Katarzyna Skrzydlewska, Marc Tarabella, Britta Thomsen, Marina Yannakoudakis, Anna Záborská

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Izaskun Bilbao Barandica, Jill Evans, Christa Klaß, Kartika Tamara Liotard, Mariya Nedelcheva, Katarína Neveďalová, Antigoni Papadopoulou, Joanna Senyszyn

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

11.10.2011

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

61

1

0

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Gabriele Albertini, Sir Robert Atkins, Bastiaan Belder, Elmar Brok, Arnaud Danjean, Michael Gahler, Marietta Giannakou, Ana Gomes, Richard Howitt, Anna Ibrisagic, Jelko Kacin, Ioannis Kasoulides, Evgeni Kirilov, Maria Eleni Koppa, Andrey Kovatchev, Paweł Robert Kowal, Wolfgang Kreissl-Dörfler, Eduard Kukan, Vytautas Landsbergis, Ryszard Antoni Legutko, Krzysztof Lisek, Sabine Lösing, Ulrike Lunacek, Barry Madlener, Mario Mauro, Kyriakos Mavronikolas, Willy Meyer, Francisco José Millán Mon, Alexander Mirsky, Norica Nicolai, Raimon Obiols, Kristiina Ojuland, Ioan Mircea Paşcu, Bernd Posselt, Hans-Gert Pöttering, Cristian Dan Preda, Libor Rouček, Tokia Saïfi, José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra, Jacek Saryusz-Wolski, Werner Schulz, Marek Siwiec, Inese Vaidere, Geoffrey Van Orden, Sir Graham Watson

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Laima Liucija Andrikienė, John Attard-Montalto, Tanja Fajon, Roberto Gualtieri, Liisa Jaakonsaari, Jaromír Kohlíček, Monica Luisa Macovei, Jacek Protasiewicz, Marietje Schaake, Helmut Scholz, György Schöpflin, Alf Svensson, Indrek Tarand, Traian Ungureanu, Renate Weber, Luis Yáñez-Barnuevo García

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 187 Abs. 2)

Jolanta Emilia Hibner