BERICHT über den Entwurf einer Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 93/109/EG vom 6. Dezember 1993 über die Einzelheiten der Ausübung des passiven Wahlrechts bei den Wahlen zum Europäischen Parlament für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen

24.10.2012 - (13634/2012 – C7‑0293/2012 – 2006/277(CNS)) - *

Ausschuss für konstitutionelle Fragen
Berichterstatter: Carlo Casini
(Erneute Konsultation – Artikel 59 Absatz 3 der Geschäftsordnung)
(Vereinfachtes Verfahren – Artikel 46 Absatz 1 der Geschäftsordnung)

Verfahren : 2006/0277(CNS)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A7-0352/2012
Eingereichte Texte :
A7-0352/2012
Aussprachen :
Angenommene Texte :

ENTWURF EINER LEGISLATIVEN ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zu dem Entwurf einer Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 93/109/EG des Rates vom 6. Dezember 1993 über die Einzelheiten der Ausübung des passiven Wahlrechts bei den Wahlen zum Europäischen Parlament für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen

(13634/2012 – C7‑0293/2012 – 2006/277(CNS))

(Besonderes Gesetzgebungsverfahren – Konsultation)

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis des Entwurfs des Rates (13634/2012),

–   in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an den Rat (COM(2006)0791),

–   unter Hinweis auf seinen Standpunkt vom 26. September 2007[1],

–   gestützt auf Artikel 22 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, gemäß dem es vom Rat konsultiert wurde (C7-0293/2012),

–   gestützt auf Artikel 55, Artikel  59 Absatz 3 und Artikel 46 Absatz 1 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für konstitutionelle Fragen (A7‑0352/2012),

1.  billigt den Entwurf des Rates;

2.  fordert den Rat auf, es zu unterrichten, falls er beabsichtigt, von dem vom Parlament gebilligten Text abzuweichen;

3.  fordert den Rat auf, es erneut zu konsultieren, falls er beabsichtigt, den vom Parlament gebilligten Text entscheidend zu ändern;

4.  beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.

  • [1]  ABl. C 219 E vom 28.8.2008, S. 193.

BEGRÜNDUNG

1. Am 12. September 2012 nahm der Rat einen Text an, den er als die Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 93/109/EG über die Ausübung des passiven Wahlrechts bei den Wahlen zum Europäischen Parlament für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen, anzunehmen beabsichtigt. Gleichzeitig beschloss er, das Parlament erneut zu konsultieren (Artikel 59 Absatz 3 der Geschäftsordnung).

2. Die Rechtsgrundlage für diesen Rechtsakt ist Artikel 22 Absatz 2 AEUV, der ein besonderes Gesetz des Rates vorsieht, das nach Anhörung des Parlaments einstimmig beschlossen wird. Das Parlament nahm seine legislative Stellungnahme hierzu am 26. September 2007 an (Bericht Duff) (P6_TA(2007)0410).

3. Die Absicht des Parlaments war es ursprünglich, den Weg dafür zu ebnen, dass Kandidaten bei derselben Wahl in mehr als einem Wahlkreis antreten können. Diese Möglichkeit ist im Akt von 1976 über die unmittelbaren Wahlen zugelassen, jedoch im Sekundärrecht der EU (und in den meisten einzelstaatlichen Rechtssystemen) praktisch nicht geregelt.

4. Aufgrund von Meinungsverschiedenheiten im Rat in dieser Frage und in der Frage der Regelung des aktiven Wahlrechts im Wohnsitzstaat wurden vor den Wahlen im Jahr 2009 keine Maßnahmen getroffen. Nun hat der Rat die heiklere Frage des aktiven Wahlrechts ausgeklammert und sich nur darauf konzentriert, einige der Verwaltungslasten für die nationalen Stellen zu verringern, die prüfen müssen, ob ein Kandidat in seinem eigenen Mitgliedstaat seines passiven Wahlrechts verlustig gegangen ist oder nicht. Der neue Rechtsakt wird zwar den ehrgeizigeren Zielen des Parlaments nicht gerecht, sieht jedoch geringfügige Verbesserungen gegenüber der aktuellen Situation im Hinblick auf die verwaltungstechnische Vereinfachung für künftige Kandidaten und für die betroffenen Staaten vor. Zudem wird offenbar eine Zustimmung im Rat gefordert, und der Rechtsakt kann rechtzeitig für die Wahl 2014 in Kraft treten, wenn das Parlament rasch eine befürwortende Stellungnahme abgibt.

5. Die Kommission stimmt mit dem neuen Standpunkt des Rates überein und ist bereit für die Umsetzung der revidierten Verfahren. Die Entsprechungstabellen sind enthalten.

6. Die wichtigsten Änderungen gegenüber den früheren Entwürfen sind folgende:

(a)       Die Richtlinie deckt nicht mehr sowohl das aktive als auch das passive Wahlrecht ab, sondern nur noch das passive. Im Rat kann kein Konsens zur Reform des Mechanismus gefunden werden, der eine doppelte Stimmabgabe verhindern soll.

(b)       In der revidierten Fassung von Artikel 6 Absatz 1 werden im ersten Satz die Worte „der ... infolge einer zivil- oder strafrechtlichen Einzelfallentscheidung des passiven Wahlrechts verlustig gegangen ist“ durch die Worte „der ... infolge einer per Rechtsbehelf anfechtbaren Einzelfallentscheidung einer Justiz- oder Verwaltungsbehörde des passiven Wahlrechts verlustig gegangen ist“ ersetzt. So sollen auch Entscheidungen anderer Justizbehörden wie Verwaltungsgerichte abgedeckt werden. Der Ratstext lautet: „… oder … einer per Rechtsbehelf anfechtbaren Einzelfallentscheidung einer Justiz- oder Verwaltungsbehörde …“. Damit wird den Erfordernissen der EU-Mitgliedstaaten entsprochen, in denen eine Verwaltungsentscheidung ausreicht, um Bürgern das aktive oder passive Wahlrecht abzuerkennen, wobei jedoch Rechtsbehelfe verfügbar sein müssen.

(c)       Der Rat ändert den Kommissionsvorschlag in Bezug auf Artikel 6 Absatz 2 in derselben Weise wie Artikel 6 Absatz 1 ab.

(d)       Zudem ergänzt der Rat den von der Kommission vorgeschlagenen Artikel 6 Absatz 3 (neu) mit einem Satz, der sicherstellen soll, dass zweckdienliche Informationen aus dem Herkunftsmitgliedstaat binnen fünf Arbeitstagen übermittelt werden. Bezeichnenderweise fügt er hinzu: „Geht keine Mitteilung beim Wohnsitzmitgliedstaat ein, ist der Kandidat dennoch zuzulassen.“ Dies bedeutet, dass ein Kandidat auf jeden Fall kandidieren darf, und falls er gewählt wird und sich später herausstellt, dass ein Irrtum vorliegt, werden Maßnahmen getroffen, um zu verhindern, dass er sein Mandat antritt.

(e)       In Artikel 6 Absatz 4 (neu) werden die „geeigneten Maßnahmen“ erläutert, die in diesem Fall getroffen werden.

(f)        In Artikel 6 Absatz 5 (neu) werden Kontaktstellen benannt, die die Mitteilungen entgegennehmen und weiterleiten.

(g)       Artikel 10 in der vom Rat geänderten Fassung sieht gegenüber dem Kommissionsvorschlag das zusätzliche Erfordernis vor, dass Kandidaten in ihrer Bewerbung ihre letzte Anschrift im Herkunftsmitgliedstaat angeben.

7. Zusammenfassend sollte das Parlament nun zur Kenntnis nehmen, dass im Entwurf des Rates die Kandidatur von Unionsbürgern, die in einem Staat der EU wohnhaft sind, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen, bei der Wahl zum Europäischen Parlament erleichtert worden ist. Das Parlament erneuert jedoch seinen Wunsch, den Weg dafür zu ebnen, dass Kandidaten bei derselben Wahl zum Europäischen Parlament ungeachtet eines Wohnsitzkriteriums in mehr als einem Wahlkreis antreten können, sowie die Regelung eines allgemeinen aktiven Wahlrechts in Wohnsitzstaaten zu verbessern. Es hegt die Absicht, dass zum Zeitpunkt des nächsten Konvents im Sekundärrecht festgelegt wird, was das Primärrecht verlangt: insbesondere die Zulassung einer doppelten Kandidatur (wenn die beteiligten Mitgliedstaaten dies gestatten), die Prüfungen in das Ermessen des Wohnsitzstaates zu legen und es dem Wohnsitzstaat zu gestatten, Aberkennungen des Wahlrechts durch den Herkunftsstaat nicht anzuerkennen.

8. Der Ausschuss für konstitutionelle Fragen hat beschlossen, das vereinfachte Verfahren anzuwenden, um eine rasche befürwortende Stellungnahme zum Entwurf des Rates ohne Änderungen abzugeben, damit die geringfügigen, aber sinnvollen Änderungen rechtzeitig bis zur Wahl 2014 in Kraft treten können.

VERFAHREN

Titel

Änderung der Richtlinie 93/109/EG: aktives und passives Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat

Bezugsdokumente - Verfahrensnummer

13634/2012 – C7-0293/2012 – COM(2006)0791 – C6-0066/2007 – 2006/0277(CNS)

Datum der Konsultation des EP

14.2.2007

 

 

 

Federführender Ausschuss

       Datum der Bekanntgabe im Plenum

AFCO

22.10.2012

 

 

 

Mitberatende(r) Ausschuss/Ausschüsse

       Datum der Bekanntgabe im Plenum

JURI

22.10.2012

LIBE

22.10.2012

 

 

Nicht abgegebene Stellungnahme(n)

       Datum des Beschlusses

JURI

23.10.2012

LIBE

5.11.2012

 

 

Berichterstatter(-in/-innen)

       Datum der Benennung

Carlo Casini

9.10.2012

 

 

 

Ersetzte(r) Berichterstatter(-in/-innen)

Andrew Duff

 

 

 

Vereinfachtes Verfahren - Datum des Beschlusses

9.10.2012

Prüfung im Ausschuss

9.10.2012

 

 

 

Datum der Annahme

9.10.2012

 

 

 

Datum der Einreichung

24.10.2012