BERICHT zur Lage der Grundrechte in der Europäischen Union (2010–2011)

22.11.2012 - (2011/2069(INI))

Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres
Berichterstatterin: Monika Flašíková Beňová


Verfahren : 2011/2069(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A7-0383/2012

ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zur Lage der Grundrechte in der Europäischen Union (2010–2011)

(2011/2069(INI))

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf die Präambel des Vertrags über die Europäische Union, insbesondere auf die Absätze 2 und 4 bis 7,

–   gestützt auf Artikel 2, Artikel 3 Absatz 3 zweiter Spiegelstrich, Artikel 6 und 7 des Vertrags über die Europäische Union,

–   unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 7. Dezember 2000 (die „Charta“), die am 12. Dezember 2007 in Straßburg proklamiert wurde,

–   unter Hinweis auf die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK),

–   unter Hinweis auf die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen,

–   unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Unterbindung des Menschenhandels und der Ausnutzung der Prostitution anderer aus dem Jahre 1949,

–   unter Hinweis auf die Richtlinie 2000/43/EG zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft[1],

–   unter Hinweis auf die Berichte der Kommission 2010 und 2011 über die Anwendung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (COM(2011)0160 und COM(2012)0169),

–   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission zum „Bericht über die Unionsbürgerschaft 2010: Weniger Hindernisse für die Ausübung von Unionsbürgerrechten“ (COM(2010)0603),

–   unter Hinweis auf die Strategie der Kommission über die wirksame Umsetzung der Charta der Grundrechte durch die Europäische Union (COM(2010)0573) und die Operativen Leitlinien zur Berücksichtigung der Grundrechte bei Folgenabschätzungen der Kommission (SEC(2011)0567),

–   in Kenntnis des Stockholmer Programms – Ein offenes und sicheres Europa im Dienste und zum Schutz der Bürger[2],

–   unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates zu den Aktionen und Initiativen des Rates für die Umsetzung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die auf der 3092. Tagung des Rates (Allgemeine Angelegenheiten) vom 23. Mai 2011 in Brüssel verabschiedet wurden, und auf die Leitlinien des Rates zu den methodischen Schritten, die unternommen werden müssen, um in den Vorbereitungsgremien des Rates die Vereinbarkeit von Maßnahmen mit den Grundrechten zu prüfen[3],

–   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission zu einem EU-Rahmen für nationale Strategien zur Integration der Roma bis 2020 (COM(2011)0173) und zum Thema „Nationale Strategien zur Integration der Roma: erster Schritt zur Umsetzung des EU-Rahmens“ (COM(2012)0226),

–   unter Hinweis auf die Übereinkommen der Vereinten Nationen zum Schutz der Menschenrechte, denen Mitgliedstaaten beigetreten sind, und die Konventionen und Empfehlungen des Europarates, die Berichte der Organe des Europarates, insbesondere der Berichte der Parlamentarischen Versammlung und des Kommissars für Menschenrechte über die Lage der Menschenrechte sowie die Entscheidungen, Leitlinien und Urteile spezialisierter Überwachungsgremien und gerichtlicher Instanzen,

–   unter Hinweis auf die Entscheidungen und die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR),

–   unter Hinweis auf die Rechtsprechung der einzelstaatlichen Verfassungsgerichte, die als Bezugspunkt für die Auslegung des einzelstaatlichen Rechts auch auf die Charta der Grundrechte verweist,

–   unter Hinweis auf die Tätigkeit, die Jahresberichte und Studien der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA),

–   unter Hinweis auf die Berichte und Studien von nichtstaatlichen Organisationen zu den Menschenrechten und auf die vom Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres in Auftrag gegebenen Studien,

–   unter Hinweis auf seine Entschließungen zu den Grund- und Menschenrechten, insbesondere die Entschließung vom 15. Dezember 2010 zur Lage der Grundrechte in der Europäischen Union (2009) – wirksame Umsetzung nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon[4],

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Juni 2005 zum Schutz von Minderheiten und Maßnahmen gegen Diskriminierung in einem erweiterten Europa[5],

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. März 2011 zur Strategie der EU zur Integration der Roma[6],

–   gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

–   unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres und die Stellungnahmen des Ausschusses für die Rechte der Frau und Gleichstellung der Geschlechter sowie des Petitionsausschusses (A7-0383/2012),

A. in der Erwägung, dass sich die Union nach Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) auf eine Gemeinschaft unteilbarer und universeller Werte wie die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichstellung der Geschlechter, Solidarität, Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Menschenrechte und der bürgerlichen Freiheiten für alle Personen im Gebiet der Europäischen Union, einschließlich Personen, die Minderheiten angehören, Staatenlosen und Personen, die sich vorübergehend oder illegal im Gebiet der Union aufhalten, stützt; in der Erwägung, dass diese Grundsätze allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam sind, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichstellung von Frauen und Männern auszeichnet;

B.  in der Erwägung, dass die Achtung und die Förderung dieser Werte ein wesentliches Element der Identität der Europäischen Union und eine Bedingung für die Aufnahme in die EU und für die umfassende Wahrung der Rechte der Mitglieder ist;

C. in der Erwägung, dass Artikel 6 Absatz 3 EUV bestätigt, dass die Grundrechte, wie sie in der EMRK verankert sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten ergeben, allgemeine Grundsätze des Unionsrechts sind;

D. in der Erwägung, dass die Charta der Grundrechte der Europäischen Union mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon gemäß Artikel 6 EUV den gleichen rechtlichen Rang hat, wie er den Verträgen zuerkannt wird, und für die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union und die EU-Mitgliedstaaten verbindlich ist, wenn diese EU-Recht anwenden; in der Erwägung, dass die Charta die Werte und Grundsätze in konkrete und durchsetzbare Rechte umgewandelt hat,

E.  in der Erwägung, dass der im EUV vorgesehene Beitritt der EU zur EMRK ermöglichen wird, dass die Handlungen der EU vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte überprüft werden können, so dass die Rechenschaftspflicht der EU verstärkt und der Zugang zur Justiz für den Einzelnen verbessert wird;

F.  in der Erwägung, dass die wirksame Wahrung und Förderung der Rechte ein allgemeines Ziel aller Politikbereiche der EU sein muss, einschließlich ihrer externen Dimension; in der Erwägung, dass unter Beachtung der Pflicht zum Schutz, zur Förderung und Wahrnehmung keine neuen Kompetenzen der EU erforderlich sind, sondern eher proaktives Engagement der Organe in Bezug auf Menschenrechte, die Entwicklung und Stärkung einer echten Kultur der Grundrechte in den Organen der Union und der Mitgliedstaaten; in der Erwägung, dass die EU eine kohärente Menschenrechtspolitik der EU und einen Mechanismus, der die verschiedenen Grundrechtsakteure in der Struktur der EU zusammen bringt, benötigt;

G. in der Erwägung, dass die Bürger ihre Rechte nur dann uneingeschränkt in Anspruch nehmen können, wenn die Grundwerte und -prinzipien, wie Rechtsstaatlichkeit, Unabhängigkeit der Justiz, Medienfreiheit und Nichtdiskriminierung, geachtet werden;

H. in der Erwägung, dass die Lücke zwischen Grundrechten und ihrer Durchsetzung die Glaubwürdigkeit der EU und ihrer Mitgliedstaaten sowie die effektive Achtung und Förderung der Menschenrechte sowohl in ihrem Gebiet als auch in der ganzen Welt untergräbt;

I.   in der Erwägung, dass gemäß Artikel 2 EUV die Verpflichtungen der Beitrittskandidaten laut den Kriterien von Kopenhagen auch nach dem Beitritt zur EU für die Mitgliedstaaten gelten, und in der Erwägung, dass angesichts dessen alle Mitgliedstaaten fortlaufend dahingehend überprüft werden sollten, ob sie die Grundwerte der EU wie etwa die Achtung der Grundrechte, demokratische Institutionen und Rechtsstaatlichkeit weiterhin einhalten;

J.   in der Erwägung, dass der wirksame Schutz und die Förderung der Menschenrechte von den Mitgliedstaaten verlangt, dass sie im Geiste der Solidarität und der loyalen Zusammenarbeit mit den anderen Mitgliedstaaten die Kontrolle der Achtung der Werte der EU in der Rechtssetzung und -praxis durch die EU anerkennen;

K. in der Erwägung, dass Artikel 7 EUV in Verbindung mit Artikel 2 EUV den Organen der EU die Befugnis verleiht, zu bewerten, ob eine Verletzung der gemeinsamen Werte, wie die Achtung der Menschenrechte, Demokratie und Rechtstaatlichkeit, in den Mitgliedstaaten vorliegt, und sich mit den betroffenen Ländern politisch auseinanderzusetzen, um Verletzungen vorzubeugen bzw. diese abzustellen;

L.  in der Erwägung, dass die gemeinsame Studie der Agentur der Grundrechte der Europäischen Union (FRA), des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) und der Weltbank zur Situation der Roma vom Mai 2012 bestätigt, dass die Roma in ganz Europa diskriminiert werden und ihre Lage schlechter ist als die aller Nicht-Roma in vergleichbaren Situationen; in der Erwägung, dass die Diskriminierung und die Zunahme der Gewalt in den Mitgliedstaaten der Union ihren Ursprung in einem latenten Antiziganismus haben;

M.  in der Erwägung, dass die gegenwärtige Wirtschaftskrise eine Herausforderung für den Grundsatz der Solidarität darstellt, der ein wesentliches Element der Geschichte und der Identität der EU darstellt, wie auch das zu Grunde liegende Engagement, das die EU-Bürger als Mitglieder der gleichen politischen Gemeinschaft zusammenbringt[7];

Allgemeine Empfehlungen

1.  fordert die Kommission, den Rat und die Mitgliedstaaten auf, in vollem Umfang ihrer Verantwortung in Bezug auf die ordnungsgemäße und uneingeschränkte Anwendung der Aufgaben und Kompetenzen der Europäischen Union in Bezug auf die Grundrechte, sowohl auf der Grundlage der Charta als auch der Artikel der Verträge zu den Grundrechten und den Bürgerrechten, insbesondere Artikel 2, 6 und 7 EUV gerecht zu werden; ist der Ansicht, dass dies der einzige Weg ist, dafür zu sorgen, dass die EU sich der Krisen und Spannungen in Bezug auf Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Grundrechte, von denen die EU und ihre Mitgliedstaaten betroffen sind, annimmt, wie sie dies auch auf anderen Gebieten gemeinsamen Interesses und gemeinsamer Bedeutung, wie wirtschafts- und haushaltspolitische Fragen, getan hat;

     fordert, dass der europäische Mechanismus dringend verstärkt werden muss, damit die Achtung der Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Grundrechte in der EU gewährleistet wird;

2.  begrüßt die Schritte der Kommission, mit denen gewährleistet werden soll, dass ihre Legislativvorschläge im Einklang mit der Charta stehen, stellt jedoch fest, dass noch Spielraum für Verbesserungen besteht, da immer noch Vorschläge vorgelegt werden, die die Auswirkungen vorgeschlagener Maßnahmen auf die Grundrechte überhaupt nicht oder nicht in angemessener Weise berücksichtigen; fordert die Kommission auf, konkrete Maßnahmen für eine verbesserte Prüfung ihrer Vorschläge im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit der Charta zu ergreifen, einschließlich der Sicherung angemessener Sachkenntnis in allen Dienststellen der Kommission;

3.  fordert die Kommission mit Nachdruck auf, sicherzustellen, dass die Auswirkungen der Rechtsvorschriften der EU auf die Grundrechte und ihre Anwendung durch die Mitgliedstaaten systematisch Teil der Bewertungsberichte der Kommission über die Umsetzung der Rechtsvorschriften der EU sowie ihres Jahresberichts über die Überwachung der Anwendung des EU-Rechts werden; empfiehlt, dass die Kommission die bestehenden Leitlinien zur Folgenabschätzung überarbeitet, um Menschenrechtsfragen breiteren Raum einzuräumen, indem die Standards erweitert werden, um Menschenrechtsinstrumente der Vereinten Nationen und des Europarates einzubeziehen;

4.  begrüßt den Vorschlag der Kommission für einen ständigen Anzeiger in Bezug auf die Justiz, die Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Grundrechte, der alle Mitgliedstaaten im Europäischen Semester umfassen wird; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass das Europäische Parlament und die einzelstaatlichen Parlamente an dem Verfahren umfassend beteiligt sind und der Anzeiger regelmäßig dem Ausschuss des Europäischen Parlaments für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres vorgelegt wird, und von diesem bewertet und überwacht wird;

5.  fordert den Rat auf, seiner Verpflichtung wirksam nachzukommen, die Vereinbarkeit sowohl seiner vorgeschlagenen Änderungen an Vorschlägen der Kommission als auch der Vorschläge, die auf seine eigene Initiative vorgelegt wurden, mit der Charta zu überprüfen; erinnert daran, dass für die wirksame Umsetzung der Grundrechte die Mitgliedstaaten auch diese auch dafür sorgen müssen, dass sie die Bestimmungen der Grundrechtecharta bei der Umsetzung des EU-Rechts in vollem Umfang anwenden;

6.  fordert die Kommission – und den Rat, wenn er Gesetzgebung initiiert – auf, bei der Erarbeitung der Folgenabschätzungen unabhängige externe Expertise, insbesondere der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, systematisch zu nutzen;

7.  begrüßt die von der Kommission, dem Europäischen Bürgerbeauftragten und anderen Einrichtungen ergriffenen Maßnahmen, um das Bewusstsein der Bürger in Bezug auf die Ausübung ihrer Rechte aus der Grundrechtecharta zu stärken; fordert die Kommission auf, den Bürgern weiter Informationen zur Verfügung zu stellen, und die mit diesen Informationen erzielten Ergebnisse zu bewerten;

8.  hebt die grundlegende Rolle des Parlaments bei der Kontrolle und Überwachung der Erarbeitung und der Umsetzung der europäischen Gesetzgebung hervor, und besteht daher darauf, dass auch das Parlament seine eigenständige Folgenabschätzung von Legislativvorschlägen und Änderungsanträgen, die im Zuge des Gesetzgebungsprozesses geprüft werden, auf die Grundrechte verstärken und sie systematischer zu gestalten sollte;

9.  fordert die Kommission auf, unter anderem auf der Grundlage der Artikel 2 und 6 EUV und der Charta einen Jahresbericht über die Lage der Grundrechte in der EU zu erstellen; ist der Ansicht, dass ein solcher Bericht eine Analyse der Lage in den Mitgliedstaaten, auch auf der Grundlage von Einschätzungen internationaler Organisationen, nichtstaatlicher Organisationen, des Europäischen Parlaments und der Bedenken von Bürgern, in Bezug auf die Verletzung von Menschenrechten, Rechtstaatlichkeit und Demokratie beinhalten sollte; erinnert daran, dass die Kommission sowohl als Hüterin der Verträge und der Charta als auch auf Grundlage der Artikel 2, 6 und 7 EUV die Pflicht hat, dementsprechend tätig zu werden;

10. fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass ihr Jahresbericht über die Umsetzung der Charta eine ausgewogenere und selbstkritischere Analyse vornimmt, um nicht nur positive Entwicklungen, sondern auch eine Analyse zu enthalten, in welchen Bereichen sie ihre Herangehensweise in der Zukunft stärken könnte;

11. empfiehlt, dass das Parlament, die Kommission und der Rat gemeinsam und förmlich das Bestehen positiver Verpflichtungen zum Schutz und der Förderung von Menschenrechten als Teil des Unionsrechts anerkennen; betont, dass die zur Achtung der Grundrechte und Grundfreiheiten Maßnahmen auf mehreren Ebenen (international, europäisch, staatlich, regional und lokal) gehören, und hebt die Rolle hervor, die die regionalen und lokalen Behörden in Zusammenarbeit mit den Menschenrechtsorganisationen dabei spielen können; fordert die Kommission und den Rat auf, die Zusammenarbeit mit internationalen Menschenrechtsorganisationen, nichtstaatlichen Organisationen und der Zivilgesellschaft in prälegislativen Prozessen und in Gesetzgebungsverfahren zu verbessern;

12. fordert die Kommission und den Rat auf, dafür zu sorgen, dass für zivilgesellschaftliche Organisationen auf allen Ebenen im nächsten mehrjährigen Finanzrahmen für Programme, die den Grundrechten und der Nichtdiskriminierung gewidmet sind, Mittel in angemessener Höhe bereitgestellt werden;

13. fordert den Rat auf, in seine Jahresberichte über die Menschenrechte in der Welt eine Analyse der Lage in den Mitgliedstaaten aufzunehmen, indem auch die Maßnahmen berücksichtigt werden, die zur Umsetzung der Urteile des EGMR und zur dementsprechenden Anpassung der innerstaatlichen Rechtssetzung und -praxis zu ergreifen sind;

14. fordert die Kommission auf, die geltenden EU-Rechtsvorschriften unter gebührender Berücksichtigung der Rechte der EU-Charta zu überprüfen, ist der Ansicht, dass die möglichen Spannungen zwischen den wirtschaftlichen Freiheiten und den Grundrechten bereits auf gesetzgeberischer Ebene bedacht werden sollten und nicht erst durch die Gerichte der EU;

15. fordert die Kommission auf, den Bereich der früheren dritten Säule (polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen) unter Berücksichtigung der Charta zu überprüfen; erinnert an seine Empfehlung zum Stockholmer Programm in seiner Entschließung vom 29. November 2009 zum Stockholmer Programm[8], die eine in sich schlüssige Revision dieser Gesetzgebung gefordert hat und erinnert die Kommission daran, dass am 1. Dezember 2014 diese gesamte Gesetzgebung, die in einem völlig anderem Verfassungsrahmen angenommen wurde, als solche in der EU Anwendung finden wird und die Rechte des Einzelnen im Bereich der Rechtsetzungsbefugnis der Europäischen Union unangemessen beeinträchtigen wird;

16. bedauert

–   den Mangel an Transparenz im Dialog zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten, wenn die Grundrechte oder die Interessen der europäischen Bürger auf dem Spiel stehen; ist der Auffassung, dass ein solcher Mangel an Transparenz im Hinblick auf die Umsetzung des EU-Rechts gegen die Regeln der EU zur Transparenz und den Grundsatz der Rechtssicherheit verstößt, sich extrem negativ auf die anderen EU-Staaten, die EU-Bürger und andere Institutionen auswirkt, insbesondere wenn es um die sozialen und wirtschaftlichen Rechte der Bürger geht; begrüßt die von der Kommission angekündigten Initiativen, die die Transparenz der Tätigkeiten oder Untätigkeiten der Mitgliedstaaten im Rahmen der Verwirklichung des Binnenmarkts verbessern soll und ist der Ansicht, dass die für die Finanzpolitik angekündigte Transparenz noch weiter verbessert werden sollte, wenn es um Grundrechte geht;

–   den Mangel an Transparenz in den EU-Agenturen, durch den es sich als schwer erweist, festzustellen, ob ihre Arbeit die Grundsätze der Transparenz, der verantwortungsvollen Verwaltung, des Schutzes der personenbezogenen Daten und des Kampfes gegen Diskriminierung sowie der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit erfüllt; bedauert das weiter anhaltende Desinteresse der Kommission an einem rechtlichen Rahmen, der eine offene, unabhängige und effiziente Verwaltung garantiert, wie sie in Artikel 41 der Charta und in Artikel 298 AEUV vorgesehen ist;

–   den Mangel an Transparenz und Offenheit wie auch an angemessener Achtung, Schutz und Förderung der Grundrechte und der demokratischen und parlamentarischen Kontrolle in internationalen Verhandlungen, die dazu geführt hat, dass das Parlament internationale Übereinkommen abgelehnt hat, wie unter anderem ACTA, was die Organe der EU und die Mitgliedstaaten dazu bringen wird, ihre gegenwärtige Praxis zu ändern und die Bürgerrechte zu achten;

17. schlägt im Dialog zwischen der Kommission mit den Mitgliedstaaten, wie auch in der Arbeit der EU-Agenturen mehr Transparenz vor, wenn die Grundrechte oder die Interessen der europäischen Bürger auf dem Spiel stehen;

18. fordert die Schaffung eines „Europäischen Politikzyklus der Grundrechte“, der auf mehrjähriger und jährlicher Basis die zu erreichenden Ziele und die zu lösenden Probleme detailliert darstellt; ist der Ansicht, dass dieser Zyklus einen Rahmen für die Organe, die Grundrechteagentur und die Mitgliedstaaten vorsehen sollte, in dem sie unter Vermeidung von Überschneidungen zusammenarbeiten, auf die Berichte der anderen aufbauend gemeinsame Maßnahmen ergreifen und mit nichtstaatlichen Organisationen, Bürgern, einzelstaatlichen Parlamenten usw. gemeinsame Veranstaltungen organisieren;

19. schlägt vor, Maßnahmen zu ergreifen, um ständige Informationsaustausch-Kanäle zu den Grundrechten in der EU zwischen den entsprechenden Einrichtungen und innerhalb der EU-Organe sowie den EU-Agenturen zu gewährleisten und jährlich ein interinstitutionelles Forum abzuhalten, um die Lage der Grundrechte in der EU zu bewerten; ist der Ansicht, dass ein solches Forum ein vorbereitender Schritt einer jährlichen Debatte des Parlaments zu den Grundrechten und zu der Entwicklung des europäischen Raums der Sicherheit, der Freiheit und des Rechts sein sollte; ist der Ansicht, dass ein solches interinstitutionelles Forum Vertreter der Kommission, der Arbeitsgruppe des Rates für Grundrechte, Bürgerrechte und Freizügigkeit (FREMP), des Ausschusses des Parlaments für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, des Petitionsausschusses, des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, des Ausschusses für regionale Entwicklung sowie Vertreter des Europäischen Bürgerbeauftragten, der Agentur für Grundrechte, von EUROFOUND und des Europäischen Datenschutzbeauftragten versammeln sollte;

20. fordert die einzelstaatlichen Parlamente nachdrücklich auf, ihre Rolle bei der Kontrolle der Einhaltung der Menschenrechte in Bezug auf Tätigkeiten der EU und auf die einzelstaatliche Umsetzung des Unionsrechts zu stärken; fordert sie auf, regelmäßige Sitzungen zu veranstalten, die sich mit den zu entwickelnden Strategien zur Durchsetzung der Charta und der Rechtsprechung der Gerichte der EU befassen;

21. bedauert die Verzögerungen des Beitritts der EU zur EMRK; fordert den Rat auf, gemäß Artikel 265 AEUV tätig zu werden, so dass die Verfahren des Beitritts der EU zur EMRK abgeschlossen werden können; fordert die Kommission auf, das Verfahren so schnell wie möglich abzuschließen, fordert ferner die Mitgliedstaaten auf, die Verfahren zur Ratifizierung des Beitritts zur EMRK so schnell wie möglich einzuleiten, da dies einen zusätzlichen Mechanismus zur Stärkung der Menschenrechte ihrer Bürger darstellen wird;

22. ist der Ansicht, dass selbst vor dem Abschluss der Verhandlungen über den Beitritt der EU zur EMRK die EU und ihre Mitgliedstaaten die Umsetzung der Rechtsprechung des EGMR durch die Mitgliedstaaten als Angelegenheit von gemeinsamem Interesse in Betracht ziehen sollten;

23. ist der Ansicht, dass die Kommission und der Rat einen Mechanismus schaffen sollten, der gewährleistet, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten die Rechtsprechung des EGMR achten, durchsetzen und umsetzen, da dies eine Angelegenheit von gemeinsamem Interesse und eine Verpflichtung in Bezug auf die Achtung der Grundrechte in der EU darstellt;

24. erinnert alle Mitgliedstaaten daran, ihren Verpflichtungen im Bereich der Achtung der Grundfreiheiten und Grundrechte Rechnung zu tragen; stellt fest, dass die Teilnahme an internationalen Verträgen über den Schutz und die Förderung der Menschenrechte nur der Stärkung des Schutzes der Grundrechte in der EU dienen kann, und begrüßt, dass die EU dem Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen beigetreten ist und der EMRK beitreten wird; fordert den Rat und die Kommission auf, Schritte zu ergreifen, um anderen internationalen Menschenrechtsverträgen beizutreten, wie etwa dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes;

25. bedauert die verhaltene Reaktion der Kommission auf einzelne Verletzungen der Grundrechte und der Schwächung der demokratischen Gewaltenteilung und der Rechtstaatlichkeit in Mitgliedstaaten und fordert die Kommission auf, sicherzustellen, dass Vertragsverletzungsverfahren den wirksamen Schutz der Menschenrechte sichern, anstatt auf verhandlungsbasierte Lösungen mit den Mitgliedstaaten abzuzielen;

26. vertritt die Auffassung, dass auch Mitgliedstaaten hinsichtlich ihrer fortlaufenden Einhaltung der grundlegenden Werte der EU und ihrer Erfüllung der Verpflichtungen in Bezug auf funktionierende demokratische Institutionen und Rechtsstaatlichkeit regelmäßig bewertet werden sollten, um die Glaubwürdigkeit der Beitrittsbedingungen aufrechtzuerhalten; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass Vertragsverletzungsverfahren den effektiven Schutz der Grundrechte sichern, und objektive Untersuchungen und Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, wenn diese gut begründet sind, so dass doppelte Standards vermieden werden, wann immer ein Mitgliedstaat bei der Anwendung von EU-Recht die in der Charta verankerten Rechte verletzt;

27. weist auf die Verpflichtung der Kommission hin, denjenigen Vertragsverletzungsverfahren Vorrang einzuräumen, in denen Probleme grundsätzlicher Natur behandelt werden oder die besonders weit reichende negative Auswirkungen auf die Bürger haben[9];

28. fordert die Kommission daher auf, ihre Mitteilung COM(2003)606 von 2003 zu aktualisieren und vor Ende 2012 nach Maßgabe von Artikel 7 EUV und Artikel 258 AEUV einen detaillierten Vorschlag für einen klaren Überwachungsmechanismus und ein Frühwarnsystem auszuarbeiten, wobei insbesondere die einzelstaatlichen Grundrechtseinrichtungen, die nach den Grundsätzen von Paris geschaffen wurden, einbezogen werden;

29. bekräftigt, dass es weiterhin seine Befugnisse nutzen wird, um für die Menschenrechte zu kämpfen, insbesondere dafür zu sorgen, dass die Handlungen der EU die Menschenrechte achten, schützen, fördern und erfüllen;

30. fordert die Überarbeitung der Verfahrensregeln des EuGH und des Gerichts, um die Beteiligung Dritter, insbesondere nichtstaatlicher Menschenrechtsorganisationen, zu erleichtern;

31. fordert die Einrichtung angemessener einzelstaatlicher Menschenrechtseinrichtungen in allen Mitgliedstaaten und Maßnahmen, die die Vernetzung dieser Einrichtungen innerhalb der EU mit der Unterstützung der Grundrechteagentur erleichtern; fordert die Organe der EU und die Mitgliedstaaten auf, die Kapazitäten der Gleichstellungsstellen, der Datenschutzstellen, der einzelstaatlichen Menschenrechtseinrichtungen und der Grundrechteagentur als Kämpfer für die Menschenrechte zu entwickeln;

32. fordert eine engere Zusammenarbeit zwischen den Organen der Union und anderen internationalen Einrichtungen, insbesondere mit dem Europarat und seiner Europäischen Kommission für Demokratie durch Recht (Venedig-Kommission), und deren Expertise bei der Bewahrung der Grundsätze der Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit zu nutzen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, unter Einschluss des Europäischen Parlaments und der einzelstaatlichen Parlamente enger zusammenzuarbeiten, um die Umsetzung des EU-Rechts im Bereich der Menschenrechte zu verbessern und dafür zu sorgen, dass Beschwerden verfolgt und Unregelmäßigkeiten beseitigt werden;

33. bedauert die Verschlechterung der Lage der Medienfreiheit in verschiedenen Mitgliedstaaten; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Medienfreiheit und den Medienpluralismus zu achten, und fordert die Kommission auf, angemessenen Maßnahmen zu ergreifen, um diese zu überwachen und durchzusetzen; begrüßt die Initiative des Europäischen Parlaments zu einem Berichtsentwurf über die Standards der Medienfreiheit in der EU;

34. ist besorgt über die Verschlechterung der Situation im Hinblick auf die Freiheit und Pluralität der Medien in der Union, insbesondere der Printmedien, auch als Ergebnis der gegenwärtigen Wirtschaftskrise; verurteilt die Bedingungen, unter denen einige Journalisten arbeiten und die Hindernisse, denen sie gegenüberstehen, insbesondere was die Verfolgung von Demonstrationen anbelangt; ist besonders besorgt über die Tendenz einiger Mitgliedstaaten, den Grundsatz des Quellenschutzes für Journalisten und die Möglichkeiten investigativer Journalisten, Nachforschungen in regierungsnahen Kreisen durchzuführen, in Frage zu stellen; bedauert zutiefst die Herangehensweise der Kommission, keine Legislativvorschläge zur Sicherung der Freiheit und Pluralität der Medien nach Artikel 11 der Charta zu unterbreiten;

35. fordert die Kommission auf, die Grundrechteagentur zu beauftragen, einen jährlichen Bericht über die Lage der Medienfreiheit und des Medienpluralismus in der Europäischen Union vorzulegen;

36. begrüßt die Annahme der Resolution über die Anerkennung der Rechte in Bezug auf das Internet im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, insbesondere im Hinblick auf den Zugang zum Netz und die Meinungsfreiheit; unterstreicht insbesondere die Aufforderung, für die „Förderung, den Schutz und den Genuss der Menschenrechte, einschließlich des Rechts auf freie Meinungsäußerung, im Internet und bei anderen Technologien“ tätig zu werden, wobei diese Rechte ohne Rücksicht auf Grenzen und für jedes Medium gelten müssen; fordert, dass die EU und die Mitgliedstaaten diese Resolution in ihr innerstaatliches Recht umsetzen und für ihre Förderung auf internationaler Ebene sorgen;

37. bekräftigt seine Forderung an die Kommission, den EU-Besitzstand im Bereich polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen vor Ablauf der Frist am 1. Dezember 2014 im Einklang mit dem Vertrag von Lissabon und der Charta zügig zu überarbeiten;

38. fordert eine parlamentarische Bewertung der für den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (RFSR) ergriffenen Maßnahmen durch die Schaffung einer ständigen Verbindung zwischen dem Ausschuss des Parlaments für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, der Arbeitsgruppe des Rates für Grundrechte, Bürgerrechte und Freizügigkeit (FREMP) und den nationalen parlamentarischen Ausschüssen, die mit den Grundrechten befasst sind, um die einschlägigen Rechtsvorschriften auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene zu bewerten;

39. fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen, schwere Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit dem CIA-Programm zur Terrorismusbekämpfung zu untersuchen, den Kampf gegen den Menschenhandel und die organisierte Kriminalität zu intensivieren und den Opfern gegenüber umfassende Wiedergutmachung zu leisten, ordnungsgemäß zu erfüllen, was bisher nicht der Fall war;

40. betont, dass die Aufgabe der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte erweitert werden sollte, so dass sie auch die regelmäßige Überwachung der Beachtung des Artikels 2 EUV durch die Mitgliedstaaten, die Veröffentlichung von Jahresberichten zu den Ergebnissen und deren Vorstellung im Europäischen Parlament umfasst;

41. sieht es als inakzeptabel an,

–   dass es dem Europäischen Parlament, dem einzigen direkt gewählten Organ der EU und Mitgesetzgeber für die meisten EU-Politikbereiche, nicht gestattet war, die Themenbereiche des Mehrjahresrahmens der FRA festzulegen;

–   dass die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen, die sich zu einem Standardpolitikbereich der EU entwickelt hat, sowie die sozialen und wirtschaftlichen Rechte, die grundlegende Elemente der Charta sind, immer noch nicht ausdrücklich in den Aufgabenbereich der FRA fallen; fordert den Rat auf, die obengenannten Punkte in den nächsten Mehrjahresrahmen der FRA aufzunehmen;

42. weist auf die Schwachpunkte in der gegenwärtigen Aufgabenstellung der Grundrechteagentur hin, insbesondere die begrenzte Anzahl der vergleichenden Bewertung zwischen Mitgliedstaaten und den Mangel der Bewertung der Lage der Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie insgesamt in den Mitgliedstaaten;

43. weist darauf hin, dass die Grundsätze von Paris zu den einzelstaatlichen Menschenrechtseinrichtungen als Modell für die Reform der einzelstaatlichen Einrichtungen und der Grundrechteagentur genutzt werden sollten; fordert die Kommission und den Rat auf, gemeinsam mit dem Europäischen Parlament unter Anwendung des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens dringend die Gründungsverordnung zu überarbeiten, so dass die Zuständigkeit der FRA erweitert wird, um den gesamten Bereich der Artikel 2, 6 und 7 EUV und insbesondere die Umsetzung der europäischen Charta durch die Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der EU sowie die Tätigkeiten der Mitgliedstaaten zu erfassen; ist der Ansicht, dass die Unabhängigkeit der Grundrechteagentur wie auch ihre Befugnisse und Kompetenzen gestärkt werden sollten; ist der Ansicht, dass der wissenschaftliche Ausschuss der Agentur für Grundrechte und das Netzwerk FRANET dem Europäischen Parlament und den einzelstaatlichen Parlamenten jährlich einen thematischen und konkreteren Bericht zur Lage in den Mitgliedstaaten der EU vorlegen und veröffentlichen sollte, wie dies bis 2006 durch das frühere Netz unabhängiger Sachverständiger für Grundrechte erfolgte; fordert die Agentur für Grundrechte auf, Artikel 15 AEUV umfassend zu respektieren, indem es ihre Verfahren offen gestaltet und Zugang zu ihren Dokumenten mittels öffentlich zugänglichem Register ermöglicht, wie dies in der Verordnung 1049/2001 vorgesehen ist;

44. ist besorgt über die sogenannten Opt-outs einiger Mitgliedstaaten, mit denen diese eine Beeinträchtigung der Rechte ihrer Bürger riskieren, die stärker unter Diskriminierung leiden werden als andere EU-Bürger; erinnert daran, dass nach der Rechtsprechung des EuGH die Opt-outs nicht die Freistellung von der Verpflichtung zur Einhaltung der Bestimmungen der Charta bezwecken, noch ein Gericht eines dieser Mitgliedstaaten daran hindern, für die Einhaltung dieser Bestimmungen zu sorgen;

45. betont, dass über die Information der Einzelnen über ihre Rechte aus der Charta hinaus, die Kommission sicherstellen muss, dass sie Kenntnis darüber haben, wie ihr Recht auf Zugang zur Justiz wahrzunehmen ist und wie sie ihre Rechte in den einschlägigen Foren durchsetzen können; ist der Ansicht, dass informelle Netzwerke, wie sie erfolgreich für den Binnenmarkt entwickelt wurden (SOLVIT), auf einzelstaatlicher und regionaler Ebene geschaffen werden sollten, um Menschen zu helfen und zu beraten, bei denen die Gefahr besteht, dass ihre Rechte verletzt werden (etwa Migranten, Asylsuchende, schutzbedürftige Personen); ist der Ansicht, dass diese Unterstützungsstrukturen für die Wiederherstellung des Rechts und die wirtschaftliche und soziale Integration eine Priorität der Regionalförderung sein sollte;

46. fordert die Kommission auf, die Bürger, die sie wegen Grundrechtsverletzungen kontaktieren, über diese zusätzlichen oder angemesseneren Möglichkeiten detailliert zu informieren, diese Anzeigen zu registrieren und darüber umfassend in ihren Jahresberichten über die Grundrechte in der EU und die Umsetzung der Charta zu berichten; betont, dass der Schriftverkehr mit den Bürgern außerordentlich wichtig ist, um mögliche strukturelle, systemische oder schwerwiegende Verletzungen der Grundrechte in der EU und ihren Mitgliedstaaten aufzudecken und folglich die effektive Anwendung der Artikel 2, 6 und 7EUV durch die Kommission zu sichern;

Diskriminierung

47. fordert die Mitgliedstaaten auf, nach allen Diskriminierungsgründen getrennte Daten zu sammeln sowie in Zusammenarbeit mit der Grundrechteagentur Grundrechtsindikatoren zu entwickeln, um gezielte Rechtsetzung und politische Maßnahmen in ausreichender Kenntnis der Sachlage zu gewährleisten, insbesondere im Bereich der Nichtdiskriminierung und im Zusammenhang mit den nationalen Strategien zur Integration der Roma;

48. fordert die Kommission auf, eine Neufassung des Rahmenbeschlusses zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit vorzuschlagen, um andere Formen der Vorurteilskriminalität, einschließlich aus Gründen der sexuellen Ausrichtung, der Geschlechtsidentität und des Ausdrucks der Geschlechtlichkeit einzubeziehen;

49. bedauert die Tatsache, dass nicht alle Mitgliedstaaten den Rahmenbeschluss des Rates zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrücke von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ordnungsgemäß umgesetzt haben1; fordert die Mitgliedstaaten auf, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antiziganismus und andere Formen der Gewalt und des Hasses gegen Minderheiten, einschließlich der Hassrede, zu verfolgen; fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass auf Vorurteilen beruhende Straftaten, wie diejenigen mit rassistischer, fremdenfeindlicher, antisemitischer, islamfeindlicher, homophober oder transphobischer Absicht in den Strafrechtssystemen strafbar sind, und diese Straftaten ordnungsgemäß registriert und effektiv untersucht, die Straftäter verfolgt und bestraft werden, und ihren Opfern ordnungsgemäße Unterstützung, Schutz und Entschädigung angeboten wird; erinnert daran, dass dieser Rahmenbeschluss am 1. Dezember 2014 voll durchsetzbar sein wird;

50. betont, das die Grundsätze der Menschenwürde und der Gleichheit vor dem Gesetz die Grundlagen demokratischer Gesellschaften sind; bedauert die derzeitige Blockade der Verhandlungen im Rat über den Vorschlag der Kommission für eine horizontale Richtlinie zur Ausweitung des umfassenden Schutzes vor Diskriminierung aus jedweden Gründen; fordert den Rat auf, auf der Grundlage von Artikel 265 AEUV tätig zu werden, und die Richtlinie anzunehmen;

51. betont, dass gemäß der Charta der Grundrechte der Europäischen Union Unionsbürger auch vor sprachlicher Diskriminierung geschützt werden sollten;

52. fordert die Mitgliedstaaten auf, Beschwerdeverfahren einzurichten, mit denen gewährleistet wird, dass Opfer von Mehrfachdiskriminierung eine einzige Beschwerde wegen mehr als einem Diskriminierungsgrund einreichen können, wobei zu berücksichtigen ist, dass insbesondere Frauen davon betroffen sind; hält es für angemessen, die Tätigkeit von Menschenrechtsaktivisten und die Entwicklung gemeinsamer Aktionen von an den Rand der Gesellschaft gedrängten Menschen und Gemeinschaften zu unterstützen;

53. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Religions- und Weltanschauungsfreiheit zu schützen, einschließlich die Freiheit derjenigen ohne Religion, als Folge überzogener Ausnahmen für Religionen von Gleichheits- und Nichtdiskriminierungsgesetzen nicht diskriminiert zu werden;

54. betont, dass im Bereich der Kampfes gegen Diskriminierung die Besonderheiten der Diskriminierung wegen einer Behinderung umfassend berücksichtigt werden sollten;

Schutz von Einzelpersonen, die Minderheiten angehören

55. betont, dass die Situation Staatenloser, die einen ständigen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat haben, auf der Grundlage von Empfehlungen internationaler Organisationen behandelt werden muss;

56. betont die Bedeutung der Achtung der Rechte der Personen, die nationalen Minderheiten angehören; fordert die Mitgliedstaaten auf, die die Rahmenkonvention des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten und die Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen noch nicht ratifiziert haben, dazu auf, dies ohne weitere Verzögerungen zu tun, und gegebenenfalls Vorbehalte und einschränkende Erklärungen zurückzunehmen; fordert die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zu ergreifen, um Diskriminierungen von Angehörigen sprachlicher Minderheiten zu bekämpfen und die Ergebnisse der Maßnahmen zu dokumentieren, die ergriffen wurden, um das Recht der Angehörigen sprachlicher Minderheiten auf die Verwendung ihrer eigenen Sprache zu schützen; fordert die Mitgliedstaaten auf, Menschen, die nationalen und ethnischen Minderheiten angehören, nicht zu diskriminieren, und sicherzustellen, dass diese Menschen die ihnen durch das Völker‑ und Unionsrecht gewährten Recht wahrnehmen;

57. fordert die Mitgliedstaaten auf, Diskriminierungen aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft in den Bereichen Erwerbstätigkeit, Wohnung, Bildung, Gesundheit sowie Zugang zu Gütern und Dienstleistungen zu bekämpfen; ist insbesondere besorgt über die Zunahme der politischen Parteien, die offen rassistisch, fremdenfeindlich, islamfeindlich und antisemitisch sind, was durch die Wirtschafts- und Sozialkrise begünstigt wird, die die wilde Suche nach „Sündenböcken“ fördert und deren gewaltsame Praktiken verurteilt werden sollten; ist auch über repressive Maßnahmen gegen Obdachlose im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Krise besorgt;

58. unterstreicht, dass einige Personengruppen aufgrund von Unterschieden bei der Umsetzung des EU-Rechts und komplexen Verwaltungsverfahren bei der Ausübung ihres Rechts auf Freizügigkeit und auf freie Wohnsitzwahl diskriminiert werden; fordert die Kommission auf, Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten einzuleiten, die gegen die Richtlinie 2004/38/EG verstoßen;

59. bedauert, dass den Roma angehörende Bürger kollektiven Ausweisungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten ausgesetzt sind und missbilligt die verhaltene Reaktion der Kommission in bestimmten Fällen;

60. fordert die Kommission auf, die konkreten Ergebnisse des EU-Rahmens für nationale Strategien zur Integration der Roma und die Fortschritte in den einzelnen Mitgliedstaaten zu bewerten; erkennt die Anstrengungen einiger Mitgliedstaaten an, stellt aber vor allem zahlreiche Lücken in den meisten der Kommission vorgelegten Strategien fest; fordert die Kommission auf, Vorschläge zur Verbesserung zu unterbreiten, um den im EU-Rahmen für nationale Strategien zur Integration der Roma gesetzten Zielen wirksamer entsprechen zu können; fordert eine Analyse über die finanzielle Durchführbarkeit und die Nachhaltigkeit dieser Strategien sowie die Fortschritte in den einzelnen Mitgliedstaaten in ihren jährlichen Berichten an das Parlament und den Rat;

61. unterstreicht die Wichtigkeit der ordnungsgemäßen Umsetzung der nationalen Strategien zur Integration der Roma, indem integrierte Maßnahmen entwickelt werden, die im Einklang mit den Bestimmungen des EU-Rahmens lokale Behörden, nichtstaatliche Einrichtungen und Roma-Gemeinschaften in einen ständigen Dialog einbeziehen; fordert die Mitgliedstaaten auf, eine effektive Antwort auf die Ausgrenzung der Roma zu geben, indem die in ihren nationalen Strategien zur Integration der Roma dargelegten Maßnahmen umgesetzt werden, und mit Vertretern der Roma-Bevölkerung bei der Verwaltung, Überwachung und Bewertung der ihre Bevölkerungsgruppe betreffenden Projekte zusammenzuarbeiten, indem alle verfügbaren EU-Finanzmittel genutzt werden;

62. ist der Ansicht, dass der Kampf gegen Diskriminierung von Roma verstärkt in Zusammenarbeit mit den Roma erfolgen muss, deren Vertreter am besten den mangelnden Zugang zum Recht auf Arbeit, Bildung, Wohnraum, Gesundheit, Waren und Dienstleistungen bezeugen und Lösungen zu dessen Beseitigung finden können;

63. fordert die Mitgliedstaaten auf, räumliche Ausgrenzung, Zwangsräumungen und Obdachlosigkeit, unter denen die Roma leiden, zu beenden, eine wirksame und transparente Wohnungspolitik zu schaffen und die Kriminalisierung der Obdachlosigkeit zu vermieden;

64. fordert die Mitgliedstaaten auf, die hohe Arbeitslosigkeit unter den Roma zu bekämpfen, indem Hindernisse beim Zugang zu Beschäftigung beseitigt werden;

65. fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Bildungssysteme zu reformieren, um den Bedürfnissen der Minderheiten, einschließlich der Roma-Kinder, entgegenzukommen, und die Segregation im Bildungswesen abzubauen, wobei die in vielen Mitgliedstaaten bestehende Bildung in Minderheitensprachen unberührt bleibt;

66. fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die notwendigen Gesetzesänderungen in Bezug auf die Sterilisation vorzunehmen und die Opfer von an Roma-Frauen und Frauen mit geistigen Behinderungen vorgenommenen Zwangssterilisierungen entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu entschädigen;

67. bekräftigt seine Forderung nach einer gezielten Herangehensweise an die soziale Inklusion der Roma-Frauen, um Mehrfachdiskriminierung und ethnische Ausgrenzung zu vermeiden;

68. fordert die Mitgliedstaaten auf, ausreichende Haushaltsmittel für die Umsetzung der Ziele ihrer nationalen Strategien zur Integration der Roma bereitzustellen; fordert den Rat auf, die Vorschläge der Kommission und des Parlaments zum nächsten mehrjährigen Finanzrahmen zu unterstützen und anzunehmen, insbesondere diejenigen, die es dem Europäische Sozialfonds und dem Europäische Fonds für Regionale Entwicklung ermöglichen, einen besseren Beitrag zur sozialen Inklusion der Roma zu leisten, indem die Palette der Ex-ante-Konditionalitäten erweitert wird, um die Entwicklung der nationalen Strategien und die Darstellung der territorialen Konzentration der Armut einzubeziehen;

69. weist darauf hin, dass die jüngsten und zukünftigen Erweiterungen zu einer immer größeren Zahl von Mitgliedstaaten geführt hat bzw. führen wird, die von kultureller und sprachlicher Vielfalt gekennzeichnet sind; ist daher der Ansicht, dass die EU eine besondere Verantwortung für die Sicherung der Rechte der Minderheiten hat; fordert die Kommission auf, ihre Anstrengungen um die Einbeziehung der Beitrittsländer in ihre Bemühungen um die soziale Inklusion der Roma zu verstärken, wie auch das Instrument für Heranführungshilfe zu nutzen und die Beitrittsländer durch den Mechanismus des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses anzuhalten, auf dieses Ziel hinzuarbeiten;

70. ist alarmiert über die Zunahme von Hassrede und Stigmatisierung in Bezug auf Minderheiten und bestimmten Personengruppen sowie über den wachsenden Einfluss dieser Erscheinungen in den Medien und in zahlreichen politischen Bewegungen und Parteien, was sich auf höchstem politischen Niveau und in restriktiver Gesetzgebung niederschlägt; fordert die Mitgliedstaaten auf, angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um im wirtschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Leben die tatsächliche Gleichstellung von Menschen zu fördern, wobei die besonderen Bedingungen der Angehörigen dieser Minderheiten in gebührender Weise berücksichtigt werden; weist auf die widersprüchliche Politik in Bezug auf nationale Minderheiten hin; stellt dabei fest, dass der Schutz von Minderheiten zwar Teil der Kopenhagener Kriterien ist, es aber keinen Standard für Minderheitenrechte in der Gemeinschaftspolitik gibt; betont die Tatsache, dass Minderheitenrechte integraler Bestandteil der grundlegenden Menschenrechte sind;

71. ist der Ansicht, dass es zwar keine einheitliche Lösung für die Verbesserung der Lage der nationalen Minderheiten in allen Mitgliedstaaten gibt, jedoch unter Berücksichtigung der einschlägigen internationalen rechtlichen Standards und der bestehenden bewährten Verfahren einige gemeinsame und Mindestziele für die öffentlichen Behörden in der EU entwickelt werden sollten; fordert die Kommission auf, einen politischen Standard für den Schutz nationaler Minderheiten festzulegen;

72. ist der Ansicht, dass traditionelle Gemeinschaften nationaler Minderheiten einen besonderen Beitrag zur europäischen Kultur leisten, so dass staatliche Maßnahmen stärker auf ihren Schutz ausgerichtet sein sollten und die Union selbst diesen Bedürfnissen in angemessenerer Art und Weise entgegenkommen muss;

73. schlägt vor, vertrauensbildende Maßnahmen und das Zusammenleben von Gemeinschaften, die traditionellerweise Seite an Seite leben, zu fördern, indem die jeweils andere Identität und regionale Identitäten, die jeweils andere Sprache und Geschichte sowie das Kulturerbe und die Kultur der jeweils anderen vermittelt und kennengelernt werden, um ein besseres Verständnis und eine größere Achtung der Vielfalt zu gewährleisten;

74. ist der Auffassung, dass eine effektive Beteiligung an Entscheidungsprozessen auf der Grundlage der Prinzipien der Subsidiarität und Selbstverwaltung eines der wirkungsvollsten Mittel darstellt, um die Probleme nationaler Minderheiten nach dem Vorbild bewährter Praktiken innerhalb der Union zu behandeln;

Chancengleichheit

75. bedauert die geringe Wirkung von Initiativen der EU und nationalen Initiativen im Bereich der Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen, insbesondere im Zusammenhang mit Beschäftigung; fordert die Mitgliedstaaten auf, in ihren nationalen Reformprogrammen und Aktionsplänen für die Geschlechtergleichstellung spezielle Beschäftigungsziele und -strategien festzulegen, um zu gewährleisten, dass Frauen und Männer gleichen dauerhaften Zugang zum Arbeitsmarkt haben; ist der Ansicht, dass diese Ziele mit Blick auf die Beseitigung des verankerten geschlechtsspezifischen Lohn- und Rentengefälles die anhaltende Konzentration von Frauen in Teilzeit, im Niedriglohnsektor und in prekären Beschäftigungsverhältnissen gerichtet sein müssen; fordert die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf für alle Frauen jeden Alters zu ergreifen, einschließlich Betreuungsangebote hoher Qualität für Kinder und andere hilfsbedürftige Angehörige;

76. ist der Ansicht, dass die Unterrepräsentation von Frauen in politischen Entscheidungsprozessen ein Mangel in Bezug auf Grundrechte und Demokratie darstellt; begrüßt die positiven Maßnahmen, wie etwa gesetzlichen Paritätssysteme und Geschlechterquoten, die in Frankreich, Spanien, Belgien, Slowenien, Portugal und Polen eingeführt worden sind, als wesentliche gute Verfahren und fordert die Mitgliedstaaten mit besonders geringem Anteil von Frauen in politischen Vertretungen auf, die Einführung rechtlich verbindlicher Maßnahmen in Betracht zu ziehen;

77. weist darauf hin, dass Frauen trotz der bestehenden Antidiskriminierungsgesetze in verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens auch weiterhin diskriminiert werden; und stellt tief enttäuscht fest, dass nach 40 Jahren Gesetzgebung das geschlechtsspezifische Lohngefälle fast unverändert weiterbesteht;

78. ist der Ansicht, dass Gewalt gegen Frauen die am weitesten verbreitete Verletzung von Menschenrechten von Mädchen und Frauen weltweit, auch in der EU, ist; fordert die Kommission auf, das Jahr 2015 zum Jahr des Kampfes für die Beendigung der Gewalt gegen Frauen zu erklären, und eine entsprechende EU-weite Strategie für die Beendigung der Gewalt gegen Frauen vorzulegen, wie dies in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom März 2010 angekündigt wurde und die rechtsverbindliche Maßnahmen, Sensibilisierungsmaßnahmen, Datenerhebung und Mittelbereitstellung für nichtstaatliche Frauenorganisationen umfasst;

79. bekräftigt seinen Standpunkt zu Rechten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit, den es in seinen Entschließungen vom 10. Februar 2010[10], 8. März 2011[11] und 13. März 2012[12] zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Europäischen Union – 2009, 2010 bzw. 2011 – vertreten hat; äußert in diesem Zusammenhang Bedenken gegen jüngste Beschränkungen des Zugangs zu Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit in einigen Mitgliedstaaten, insbesondere in Bezug auf sicheren und legalen Schwangerschaftsabbruch, Sexualerziehung und Finanzierungseinschnitte bei der Familienplanung;

80. fordert die Organe der EU auf, die Umsetzung des UN-Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) im Rechtsrahmen der EU zu prüfen;

81. fordert die EU auf, die Politik, die die Abhängigkeit zwischen Familienmitgliedern im Rahmen von Familienzusammenführungen schafft, zu beenden, und fordert EU und ihre Mitgliedstaaten auf, Migrantinnen einen eigenen Aufenthaltsstatus zu gewähren, insbesondere in Fällen häuslicher Gewalt;

82. fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen zu intensivieren, die Ziele des Europäischen Pakts für die Gleichstellung der Geschlechter 2011-2020 zu erreichen, und Maßnahmen zum Abbau der Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen, der Segregation bei der Beschäftigung und aller Formen von Gewalt gegen Frauen zu ergreifen;

83. fordert die Mitgliedstaaten auf, wirksame Maßnahmen für den Schutz von schwangeren Arbeitnehmerinnen und Frauen im Mutterschaftsurlaub zu ergreifen;

84. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Frage der Gewalt gegen Frauen, häuslicher Gewalt und sexueller Ausbeutung in allen ihren Formen anzugehen und den Menschenhandel zu bekämpfen;

85. fordert die Mitgliedstaaten auf, dass in nationalen Aktionsplänen Mehrfachdiskriminierung berücksichtigt und für den Schutz von Frauen, die ethnischen Minderheiten angehören sowie Migrantinnen Sorge getragen wird;

Sexuelle Ausrichtung und Geschlechtsidentität

86. fordert die Kommission auf, eine Neufassung des Rahmenbeschlusses des Rates zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, einschließlich anderer Formen der Vorurteilskriminalität, unter anderem aus Gründen der sexuellen Ausrichtung, der Geschlechtsidentität und des Ausdrucks der Geschlechtlichkeit, vorzuschlagen;

87. fordert die Mitgliedstaaten auf, einen nationalen Rechtsrahmen anzunehmen, um gegen Diskriminierungen von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgenderpersonen und gleichgeschlechtlichen Paaren aus Gründen ihrer sexuellen Ausrichtung oder Geschlechtsidentität vorzugehen, und fordert sie auf, die wirksame Anwendung des geltenden EU-Rechtsrahmens und der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu gewährleisten;

88. fordert die Mitgliedstaaten auf, Hassverbrechen gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgenderpersonen zu registrieren und zu untersuchen und strafrechtliche Bestimmungen anzunehmen, mit denen Hassaufrufe aufgrund der sexuellen Ausrichtung und Geschlechtsidentität verboten werden;

89. begrüßt die Vorschläge der Kommission zur Zuständigkeit und dem anzuwendenden Recht in Bezug auf die güterrechtlichen Auswirkungen von Ehen und eingetragenen Partnerschaften; ist jedoch der Ansicht, dass die Wahl zweier unterschiedlicher Instrumente[13] und eines unterschiedlichen Ansatzes für eingetragene Partnerschaften und Ehen nicht gerechtfertigt ist; ist der Ansicht, dass in beiden Fällen die gleiche Wahl in Bezug auf die Zuständigkeit und das anzuwendende Recht getroffen werden sollte;

90. fordert diejenigen Mitgliedstaaten, die Rechtsvorschriften für gleichgeschlechtliche Partnerschaften erlassen haben, auf, die von anderen Mitgliedstaaten angenommenen Bestimmungen, die ähnliche Auswirkungen haben, anzuerkennen; erinnert an die Verpflichtung der Mitgliedstaaten die Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, vollständig umzusetzen, auch in Bezug auf gleichgeschlechtliche Paare und deren Kinder; begrüßt die Tatsache, dass immer mehr Mitgliedstaaten Gesetze zu eheähnlichen Gemeinschaften, zivilen Partnerschaften oder der Ehe eingeführt und/oder überarbeitet haben, um Diskriminierung aufgrund der gelebten sexuellen Orientierung gleichgeschlechtlicher Paare und ihrer Kinder zu überwinden und fordert die anderen Mitgliedstaaten auf, entsprechende Gesetze einzuführen;

91. fordert die Kommission auf, einen Vorschlag bezüglich der uneingeschränkten gegenseitigen Anerkennung der Wirkung aller Personenstandsurkunden in der gesamten EU vorzulegen, einschließlich der rechtlichen Anerkennung der Geschlechtszugehörigkeit, Ehen und eingetragener Partnerschaften, um diskriminierende rechtliche und administrative Hindernisse für Bürger abzubauen, die ihr Recht auf Freizügigkeit ausüben;

92. fordert die Kommission und den Rat auf, gegen Homophobie, Gewalt und Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung entschiedener vorzugehen, auch durch die Aufforderung an die Bürgermeister und die Polizei der Mitgliedstaaten, im Zusammenhang mit Paraden von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgenderpersonen die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit zu schützen; fordert die Kommission auf, die Ergebnisse der laufenden Umfrage der Grundrechteagentur zu nutzen, um endlich den wiederholten Aufforderungen des Parlaments und nichtstaatlicher Organisationen zu entsprechen und umgehend einen EU-Fahrplan für die Gleichbehandlung ungeachtet der sexuellen Ausrichtung und der Geschlechtsidentität vorzulegen, der im Jahr 2014 angenommen werden sollte;

93. fordert die Mitgliedstaaten auf, den wirksamen Schutz von Teilnehmern an öffentlichen Veranstaltungen der Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgenderpersonen – einschließlich Paraden – zu gewährleisten und dafür zu sorgen, dass diese Veranstaltungen rechtmäßig stattfinden können;

94. missbilligt, dass Transgenderpersonen in vielen Mitgliedstaaten noch immer als psychisch krank betrachtet werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, rechtliche Verfahren zur Anerkennung der Geschlechtszugehörigkeit auf der Grundlage des argentinischen Modells einzuführen oder zu überarbeiten und die Voraussetzungen (einschließlich Zwangssterilisation) für die Anerkennung der Geschlechtszugehörigkeit zu überprüfen; fordert die Kommission und die Weltgesundheitsorganisation auf, Störungen der Geschlechtsidentität von der Liste der psychischen und Verhaltensstörungen zu streichen und in den Verhandlungen über die 11. Revision der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-11) eine nicht pathologisierende Neueinstufung sicherzustellen;

95. begrüßt die neuen Asylvorschriften in der Anerkennungsrichtlinie, die auch die Geschlechtsidentität als Verfolgungsgrund einschließen; ist weiterhin der Ansicht, dass das Asylpaket kohärent bleiben und sexuelle Ausrichtung sowie Geschlechtsidentität in der Asylverfahrensrichtlinie enthalten sein muss;

96. fordert die Mitgliedstaaten auf, für den Zugang zu Beschäftigung, Waren und Dienstleistungen ohne Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität gemäß der Vorschriften des EU-Rechts[14] zu sorgen;

97. begrüßt den Beginn einer Umfrage der Grundrechteagentur, die vergleichbare Daten zur Erfahrung der Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgenderpersonen in der Europäischen Union und in Kroatien sammeln wird;

98. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Richtlinie 2003/86/EG des Rates betreffend das Recht auf Familienzusammenführung ohne Diskriminierung wegen des Geschlechts oder der sexuellen Ausrichtung in vollem Umfang umzusetzen; erinnert daran, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gleichgeschlechtliche Paare unter den Anwendungsbereich des Familienlebens fallen[15];

99. ist der Ansicht, dass die Grundrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgenderpersonen besser gewahrt werden dürften, wenn diese Zugang zu Rechtsinstitutionen wie Lebensgemeinschaft, eingetragene Partnerschaft oder Ehe haben; begrüßt die Tatsache, dass 16 Mitgliedstaaten diese Möglichkeiten derzeit anbieten, und fordert die übrigen Mitgliedstaaten auf, dies ebenfalls in Erwägung zu ziehen;

Junge Menschen, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen

100. fordert die Mitgliedstaaten auf, Altersdiskriminierung in der Arbeitswelt im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Einstellung und Entlassung älterer Arbeitnehmer zu bekämpfen;

101. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Integration junger Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt sicherzustellen, insbesondere derjenigen, die von der Wirtschaftskrise betroffen sind, auch mittels der Organisation und der Bereitstellung von Ausbildungsmöglichkeiten, die auf die soziale Förderung der jungen Menschen abzielt;

102. bedauert dass junge Menschen in einigen Mitgliedstaaten immer noch verfolgt und zu Gefängnisstrafen verurteilt werden, weil das Recht auf Wehrdienstverweigerung noch nicht hinreichend anerkannt ist, und fordert die Mitgliedstaaten auf, die Verfolgung und Diskriminierung von Wehrdienstverweigerern zu beenden;

103. begrüßt den Beschluss, das Jahr 2012 zum Europäischen Jahr für aktives Altern und Solidarität zwischen den Generationen zu erklären; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Rechte älterer Menschen anzuerkennen und zu achten, um ihnen ein Leben in Würde und mit hoher Lebensqualität zu ermöglichen, indem angemessene soziale Dienste, Programme für lebensbegleitendes Lernen und andere Programme für ihre soziale und kulturelle Inklusion angeboten werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zu ergreifen, die Missbrauch und alle Formen der Gewalt gegen ältere Menschen bekämpfen und ihre Unabhängigkeit durch Förderung der Renovierung von und des Zugangs zu Wohnraum unterstützen; erinnert daran, dass ältere Frauen wegen des geschlechtsspezifischen Lohn- und später Rentengefälles häufiger unter der Armutsgrenze leben; betont, dass aktive und freiwillig tätige Männer und Frauen über 65 Jahren in vollem Umfang und auf vielfältige Art und Weise zum täglichen Leben der Gesellschaft beitragen;

104. fordert, dass die Würde des Menschen auch am Ende des Lebens geachtet wird, insbesondere durch die Garantie, dass in Testamenten ausgedrückte Entscheidungen anerkannt und respektiert werden;

105. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen zu bekämpfen, insbesondere im Zusammenhang mit der Integration auf dem Arbeitsmarkt;

106. fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, den Zugang der Menschen mit Behinderungen, einschließlich derer mit psychosozialen Behinderungen, zu Beschäftigung und Ausbildung unter Nutzung bestehender EU-Fonds zu verbessern,

107. fordert alle Mitgliedstaaten auf, das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und sein Zusatzprotokoll zu ratifizieren und dafür zu sorgen, dass alle nationalen Aktionspläne der Europäischen Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2010-2020 entsprechen und auf die Verbesserung der Zugänglichkeit, der Beschäftigung, der integrativen allgemeinen und beruflichen Bildung sowie ein unabhängiges Leben der Menschen mit Behinderungen gerichtet sind;

108. fordert das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen in Zusammenarbeit mit der Agentur für Grundrechte auf, auf europäischer und nationaler Ebene in Bezug auf die besondere Situation der Frauen und Mädchen mit Behinderungen Forschung durchzuführen und entsprechende Leitlinien aufzustellen; betont, dass der Zwangssterilisation und -abtreibung besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte, die zu Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung führen können und daher verfolgt und bestraft werden sollten;

109. fordert eine innovative Lösung für die Barrierefreiheit des Zugangs zur Information und Kommunikation in Bezug auf den Zugang der gehörlosen oder schwerhörigen Menschen zu den Organen und Konferenzen der EU auf der Grundlage seiner Entschließungen vom 17. Juni 1988 zur Zeichensprache für Gehörlose[16], vom 18. November 1998 zur Zeichensprache[17] und vom 25. Oktober 2011 zu der Mobilität und Integration von Menschen mit Behinderungen und der Europäischen Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2010-2020[18], entsprechend der Artikel 2, 21, 24 und 30 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen;

110. fordert die Mitgliedstaaten auf, Organisationen, die die eigenständige Lebensführung von Menschen mit Behinderungen unterstützen und Programme zur Deinstitutionalisierung zu finanzieren;

111. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass die in den internen und externen Politikbereichen eingesetzten Mittel der EU nicht dafür verwendet werden, Hindernisse oder Diskriminierungen zu schaffen, die gegen Menschen mit Behinderungen gerichtet sind und angemessene Maßnahmen zur Annahme neuer Förderungsprogramme zur Verhinderung dessen zu ergreifen;

112. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass Mittel der EU nicht für die Renovierung bestehender oder den Neubau von Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen eingesetzt werden, sondern statt dessen für die Erleichterung gemeinschaftlichen Lebens gemäß Artikel 5 und 19 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und Artikel 21 und 26 der Grundrechtecharta genutzt werden;

113. betont die Notwendigkeit, die politische Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an Wahlen zu verbessern, indem auf ihre speziellen Bedürfnisse eingegangen wird;

Datenschutz

114. bekräftigt, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das Recht auf Privatsphäre Grundelemente der Persönlichkeit, Menschenwürde und Freiheit einer Person sind;

115. betont, dass durch die Reform der Datenschutzvorschriften der EU die Transparenz und das Bewusstsein für Datenschutzrechte gesteigert, Abhilfemaßnahmen sowie Sanktionen effektiver gestaltet werden und Datenschutzbehörden die Befugnis erhalten sollten, Strafen gegen Personen zu verhängen, die gegen die Datenschutzvorschriften der EU verstoßen; fordert den Rat nachdrücklich auf, sich einem umfassenden datenschutzrechtlichen Rahmen mit einem einheitlichem und hohem Harmonisierungsniveau auf Grundlage der Richtlinie 95/46/EG zu verpflichten; betont, dass Ausnahmeregelungen zu den Grundsätzen des Schutzes personenbezogener Daten, insbesondere zum Grundsatz der Zweckbindung und im Hinblick auf die Übermittlung der Daten an Drittstaaten, vermieden werden müssen; betont, dass es von ausschlaggebender Bedeutung ist, dass umfassende datenschutzrechtliche Standards, die im Bereich der Strafverfolgung beabsichtigt sind, auch die innerstaatliche Datenverarbeitung erfassen;

116. ist angesichts der bestehenden Tendenzen zur Beeinträchtigung der Unabhängigkeit der Datenschutzbehörden besorgt und begrüßt die Wachsamkeit der Kommission; fordert die Mitgliedstaaten auf, die bestehenden Vorschriften und die einschlägige Rechtsprechung zu beachten;

117. ist angesichts der Schwachpunkte der Richtlinie über die Vorratsspeicherung von Daten besorgt, die im Beurteilungsbericht der Kommission hervorgehoben wurden und vom Europäischen Datenschutzbeauftragten, von verschiedenen einzelstaatlichen Parlamenten und den Verfassungsgerichten mehrerer Mitgliedstaaten, die ihre Umsetzung als verfassungswidrig erklärt haben, betont wurden; betont die Notwendigkeit, die Richtlinie über die Vorratsspeicherung von Daten zu überarbeiten oder zumindest Alternativen der Vorratsdatenspeicherung, wie die beschleunigte Datenspeicherung oder die gezielte Datenerhebung zu untersuchen;

118. ist über den fehlenden Fortschritt der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada über die Übermittlung und Nutzung von Fluggastdatensätzen zur Verhinderung und Bekämpfung von Terrorismus und sonstiger schwerer Kriminalität grenzüberschreitender Art besorgt; weist darauf hin, dass das im Jahr 2005 unterzeichnete Abkommen nicht mehr gültig ist, da die Wirkung der Angemessenheitsentscheidung im September 2009 abgelaufen ist, und dass die Übermittlung von Fluggastdatensätzen seitdem auf der Grundlage unilateraler Verpflichtungen Kanadas gegenüber den Mitgliedstaaten stattfindet,

119. begrüßt, dass nach dem Abkommen zwischen der Europäischen Union und Australien über Fluggastdatensätze die Daten nur für Zwecke der Vorbeugung, Aufdeckung, Untersuchung und strafrechtlichen Verfolgung von terroristischen Straftaten oder schwerer grenzübergreifender Kriminalität gesammelt werden dürfen, und dass wirksame Rechtsmittel und Schutzgarantien gesichert sind;

120. bedauert, dass im PNR-Abkommen der EU mit den USA die Zwecke der Erhebung von Fluggastdatensätzen nicht ausdrücklich genannt werden, und dass die im Abkommen vorgesehenen Schutzgarantien nicht in vollem Umfang den EU-Standards entsprechen; betont, dass die Kommission weniger eingreifende Alternativen zur Analyse der Fluggastdatensätze wie die Verwendung von vorab übermittelten Fluggastdaten oder mittels Beschränkung der Verwendung der Fluggastdatensätze auf Fälle, in denen bereits ein Anfangsverdacht festgestellt wurde, nicht angemessen untersucht hat;

121. ist besorgt, dass das Abkommen für das Programm zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus (TFTP) der EU mit den USA nicht im Einklang mit den Bestimmungen des Abkommens umgesetzt worden sein könnte; betont, dass die erste und zweite Kontrolle durch die Gemeinsame Kontrollinstanz von Europol zu schwerwiegenden Bedenken bezüglich der Einhaltung von Grundsätzen des Datenschutzes im Abkommen für das Programm zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus (TFTP) der EU mit den USA geführt hat;

122. weist mit Besorgnis darauf hin, dass die erste Kontrolle durch die Gemeinsame Kontrollinstanz von Europol zu schwerwiegenden Bedenken bezüglich der Einhaltung von Grundsätzen des Datenschutzes im Abkommen für das Programm zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus (TFTP) der EU mit den USA geführt hat;

123. fordert die Kommission auf, auf die Bedenken einzugehen, die vom Europäischen Datenschutzbeauftragten, von der Arbeitsgruppe nach Artikel 29, vom Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, der Grundrechteagentur und verschiedenen einzelstaatlichen Parlamenten in Bezug auf die vorgeschlagene Richtlinie über ein europäisches System zur Speicherung von Fluggastdatensätzen[19] geäußert wurden, indem der Anwendungsbereich auf Passagierflüge nach oder aus Drittstaaten und die Bekämpfung des internationalen Terrorismus sowie die Höchstdauer der Aufbewahrung und die Liste der gespeicherten Daten beschränkt sowie eine wirksame Bewertung des Systems gewährleistet wird;

124. betrachtet die Mitteilung der Kommission zum Thema „Optionen für ein EU-System zum Aufspüren der Terrorismusfinanzierung“ nicht als angemessene Verhandlungsgrundlage; fordert die Kommission auf, einen Legislativvorschlag für einen rechtlichen und technischen Rahmen für die Extraktion der Daten auf dem Gebiet der EU vorzulegen, wobei die volle Vereinbarkeit mit den europäischen Datenschutzstandards gewährleistet wird;

125. betont, dass ein EU-System zum Aufspüren der Terrorismusfinanzierung[20] ein wirksames und gezieltes Extraktionssystem mit klaren Zugangsrechten sein sollte, das die derzeitig praktizierte Übertragung von großen Datenmengen an die USA so schnell wie möglich beendet;

126. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Flüssigkeiten betreffende Regeln sowie die Ganzkörper-Scannern abzuschaffen oder die entsprechenden Regeln zu überprüfen, und fordert die Kommission auf, Vertragsverletzungsverfahren gegen die Mitgliedstaaten einzuleiten, die Vorschriften der EU verletzen, die die Grundrechte der Bürger in dieser Angelegenheit schützen;

Migranten und Flüchtlinge

127. fordert die Mitgliedstaaten auf, ein Verfahren für besser aufeinander abgestimmte Vorschriften für Asylsuchende im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte einzurichten;

128. erinnert die Mitgliedstaat daran, dass sie die Genfer Flüchtlingskonvention in vollem Umfang zu beachten haben, insbesondere Artikel 33, der Zurückweisungen über ihre Grenzen verbietet;

129. verurteilt nachdrücklich den extensiven Gebrauch von Festnahmen durch die meisten Mitgliedstaaten, um die Abschiebung von Immigranten, einschließlich Minderjähriger, zu erleichtern, und fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, Alternativen zur Festnahme in die einzelstaatlichen Rechtsordnungen aufzunehmen;

130. fordert die Mitgliedstaat auf, ihre Asylverfahren zu reformieren, um den in der Rechtsprechung des EuGH und des EGMR geforderten wirksamen Rechtsbehelf zu gewährleisten, insbesondere in Bezug auf die für die Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung geltenden Fristen, eine negative Entscheidung und Bestimmungen zum Bleiberecht im Aufnahmestaat während des Rechtsbehelfsverfahrens;

131. stellt fest, dass es in der EU bei der Anerkennung geschlechtsspezifischer Verfolgung in Asylverfahren große Ungleichheiten gibt; fordert die Mitgliedstaaten auf, Gender-Leitlinien für die erstbefassten Entscheidungsträger und Richter auf der Grundlage der UNHCR-Gender-Leitlinien zu verabschieden und umzusetzen, fordert ferner die Europäische Unterstützungsagentur für Asylangelegenheiten auf, Instrumente zu entwickeln, die eine Perspektive der Gleichstellung der Geschlechter im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem gewährleisten;

132. fordert die Mitgliedstaaten auf, sich auf wirksame Maßnahmen für die legale Einwanderung zu konzentrieren und das internationale Übereinkommen zum Schutze der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen zu ratifizieren; betont, dass Migrantinnen, die besonders schutzbedürftig sind, besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte;

133. erinnert an die Bedeutung der Richtlinie über Saisonarbeitnehmer[21] für die Verringerung von Unregelmäßigkeiten bei den Arbeitsbedingungen und der Gefahr der Ausbeutung, und fordert nachdrücklich den schnellen Abschluss der Verhandlungen;

134. erinnert daran, dass der Zugang zu Gesundheitsleistungen ein Grundrecht ist, und fordert insbesondere die Mitgliedstaaten auf, dieses Recht in der Praxis zugänglich zu machen, auch für illegale Einwanderer und insbesondere für schwangere Frauen und Minderjährige, so dass die von der Grundrechteagentur in ihrem Bericht vom 11. Oktober 2011 dargestellten Bedenken berücksichtigt werden;

135. begrüßt die „Strategie der EU zur Beseitigung des Menschenhandels 2012-2016“ und die Arbeit des EU-Koordinators für die Bekämpfung des Menschenhandels; erinnert daran, dass die Richtlinie 2004/81/EG des Rates vom 29. April 2004 über die Erteilung von Aufenthaltstiteln für Drittstaatsangehörige, die Opfer von Massenvergewaltigungen, des Menschenhandels oder anderer Formen der sexuellen Misshandlung von Frauen und Kindern sind oder denen Beihilfe zur illegalen Einwanderung geleistet wurde und die mit den zuständigen Behörden kooperieren, und die Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen, nützliche Instrumente für den Schutz von Menschenhandelsopfern sind und vollständig umgesetzt werden sollten;

136. bedauert den langsamen Fortschritt bei der Annahme des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und bedauert, dass der Ansatz der Union eher auf die Kontrolle der Migration als auf den Zugang zum internationalen Schutz zugunsten der Personen, die davon profitieren sollen, konzentriert ist; fordert den Rat und die Mitgliedstaaten auf, sicherzustellen, dass das Gemeinsame Europäische Asylsystem entsprechend den internationalen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Bereich Asyl wie geplant bis Ende 2012 umgesetzt wird;

137. begrüßt die Verbesserungen in der Anerkennungsrichtlinie[22], insbesondere die verstärkte Anerkennung geschlechtsspezifischer Verfolgung, die Einbeziehung der Geschlechtsidentität als Verfolgungsgrund, aufgrund dessen Schutz gewährt werden sollte, und die Verpflichtung, das Kindeswohl zu berücksichtigen;

138. fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Anerkennungsrichtlinie in voller Vereinbarkeit mit dem internationalen Menschenrechten umzusetzen, und fordert die Mitgliedstaaten auf, die über das vom Wortlaut gesicherte Mindestniveau der Leistungen und Rechte hinaus gehen wollen, dies zu tun;

139. betont, dass der erweiterte Anwendungsbereich der Richtlinie über langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige[23], der Flüchtlinge und Personen mit subsidiärem Schutzstatus einbezieht, zu ihrer wirksamen Integration beitragen wird, die für die EU und die Mitgliedstaaten Vorteile bringt;

140. begrüßt den überarbeiteten Vorschlag der Kommission zur Neufassung der Richtlinie über die Aufnahmebedingungen[24] und betont, dass mit der Aufnahme verbundene grundlegende Leistungen ab der Ankunft der Asylsuchenden gewährt werden sollten, und dass die ermutigt werden sollten, unabhängig von der Länge ihres Aufenthalts, Beiträge zugunsten der Aufnahmegemeinde zu leisten;

141. betont, dass Lücken und Unsicherheiten im geänderten Vorschlag für eine Richtlinie zur Einführung gemeinsamer Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzstatus[25] so angegangen werden müssen, dass Mitgliedstaaten das Risiko der erhöhten Kosten und des potentiellen Missbrauchs vermeiden können und gleichzeitig der Zugang zu fairen und hochwertigen Asylentscheidungen für die Schutzbedürftigen gesichert ist;

142. empfiehlt, Expertenteams für Asylfragen zu schaffen, die Staaten mit unzureichenden Asyl-Infrastrukturen helfen; ist der Ansicht, dass Mindeststandards und Qualitätssicherungsmechanismen die Qualität der Entscheidungsfindung in Asylfragen steigern kann;

143. betont, dass Asylsuchende wegen der unzureichenden Umsetzung des EU-Rechts oder wegen unterschiedlicher Herangehensweise an die Umsetzung nicht in allen Mitgliedstaaten das gleiche Niveau an prozessualem und materiell-rechtlichem Schutz genießen;

144. äußert sich besorgt angesichts der Auswirkungen des derzeitigen Dublin-Systems auf die Rechtsansprüche von Asylbewerbern, einschließlich ihres Rechts auf faire Prüfung des Asylantrags und auf wirksamen Schutz nach der Anerkennung, wie auch in Bezug auf die ungleiche Verteilung der Asylbewerber auf die Mitgliedstaaten;

145. hebt die Bedeutung der Verhandlungen zur Änderung der Dublin-II-Verordnung hervor, und betont, dass effektivere Verfahren nicht zu Lasten der Rechte der Antragsteller gehen sollten;

146. betont im Einklang mit der jüngsten Rechtsprechung des EGMR und des EuGH die Notwendigkeit des Abschlusses der Verhandlungen für einen wirksamen Mechanismus zur Suspendierung von Überstellungen nach der Dublin-II-Verordnung in Mitgliedstaaten, in denen eine Gefahr für die Verletzung der Grundrechte der betroffenen Personen besteht;

147. fordert Grenzkontrollen, in denen auf die Grundrechte geachtet wird, und betont die Notwendigkeit der demokratischen Kontrolle durch das Parlament über die Aktivitäten von Frontex;

148. betont seine Entschlossenheit, die umfassende parlamentarische Kontrolle der Agenturen der EU im Bereich Justiz und Inneres, insbesondere von Europol, Frontex, Cepol, Eurojust und der Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen zu gewährleisten; fordert diese Agenturen auf, die Grundrechtsdimension ihrer Tätigkeiten zu verstärken;

149. betont die Notwendigkeit, die praktische Umsetzung des Mandats der EASO zu überwachen und weist darauf hin, dass die grundrechtsrelevanten Aspekte der Tätigkeit von Europol in der Neuverhandlung der Aufgaben im Jahr 2013 angesprochen werden sollten;

150. fordert im Zusammenhang mit zukünftigen Schengen-Bewertungen die wirksame Umsetzung der Bestimmungen zu den Grundrechten im Schengener Grenzkodex und im Visakodex der Gemeinschaft;

151. betont, dass die Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der erhobenen und gespeicherten Daten auf die neuen Technologien zur Speicherung von personenbezogenen Daten und für die Grenzüberwachung Anwendung finden sollten;

152. betont, dass der freie Personenverkehr innerhalb des Schengen-Raums eines der greifbarsten Rechte der Unionsbürger ist; widerspricht entschieden neuen Gründen für Vorschläge in Bezug auf die Wiedereinführung der Grenzkontrollen im Schengen-Raum, da diese die Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union und das Funktionieren des Schengen-Raums beeinträchtigen würden;

153. bringt seine Besorgnis über die zunehmenden Verletzungen des Schengen-Besitzstands in den Mitgliedstaaten zum Ausdruck, die damit die Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union beeinträchtigen, und betont dementsprechend, wie wichtig ein Bewertungs- und Überwachungsmechanismus der EU für die Überprüfung der Anwendung des Schengen-Besitzstands ist, der im Einklang mit Artikel 77 AEUV und mit den Grundrechtsprinzipien angenommen wird;

154. ist besorgt über die fehlenden harmonisierten Verfahrensgarantien in Bezug auf die Anfechtung der Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der Ausschreibung im Schengener Informationssystem oder vergleichbarer einzelstaatlicher Datenbanken;

155. fordert die Kommission auf, angesichts ihrer Bewertung der europäischen Rückübernahmeabkommen[26], vom überhasteten Abschluss neuer Abkommen abzusehen, die zur Verletzung von Grundrechten führen; fordert den Rat auf, den Grundsatz „kein Abkommen um jeden Preis“ einzuhalten;

156. fordert alle Mitgliedstaaten, die das Übereinkommen des Europarates über die Beteiligung von Ausländern am kommunalen öffentlichen Leben noch nicht ratifiziert haben, dazu auf, dies zu tun, und diejenigen Mitgliedstaaten, die dieses Übereinkommen ratifiziert haben, Artikel 6 des Übereinkommens in die Praxis umzusetzen, der vorsieht, jedem ansässigen Ausländer bei Kommunalwahlen das aktive und passive Wahlrecht zuzugestehen, der in den letzten fünf Jahren vor der Wahl rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt in dem betreffenden Staat hatte;

Rechte des Kindes

157. fordert alle Organe der EU auf, Herausforderungen wie die Aufhebung des Sorgerechts eines oder beider Elternteile, vermisste Kinder, den sexuellen Missbrauch von Kindern und Kinderpornografie, den Schutz unbegleiteter Migrantenkinder und die Lage von behinderten Heimkindern sowie den Schutz von Kindern, die Opfer von häuslicher Gewalt und von Kinderarbeit wurden, wirksam anzugehen;

158. begrüßt die von der Kommission erarbeitete EU-Agenda für die Rechte des Kindes, die Bemühungen der Kommission um Sicherstellung der Achtung und der Förderung der Rechte des Kindes bei Gerichtsverfahren sowie die Tatsache, dass die Richtlinie für die Rechte und den Schutz von Opfern von Straftaten einen stärkeren Schutz von Kindern als verletzliche Opfer gewährleistet;

159. fordert die Organe der EU und alle Mitgliedstaaten auf, kinderfreundliche Maßnahmen in Bereichen wie Beschäftigung, Umwelt, Sicherheit oder Migration wie auch in Bezug auf Justiz, Bildung und Datenschutz zu entwickeln; betont die Bedeutung der Investitionen in kinderorientierte Maßnahmen durch Neuausrichtung von bestehenden Haushaltslinien und durch neue Investitionen; fordert alle Mitgliedstaaten auf, die Beschäftigung von Kindern unter dem Mindestschulabgangsalter zu verbieten; betont, dass junge Menschen auf Arbeit vor wirtschaftlicher Ausbeutung, und allem, was ihre Sicherheit, ihre Gesundheit, ihre körperliche, geistige, sittliche oder soziale Entwicklung beeinträchtigen und vor Arbeitsbedingungen, die ihre Erziehung gefährden könnten, geschützt werden müssen;

160. erinnert daran, dass die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten die Rechte und Pflichten von Eltern, gesetzlichen Vormunden oder anderen Personen, die rechtlich für das Kind verantwortlich sind, berücksichtigen müssen;

161. fordert die Mitgliedstaaten auf, die ordnungsgemäße Umsetzung der Richtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie[27] und der Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung von Menschenhandel[28] zu gewährleisten;

162. fordert alle EU-Mitgliedstaaten, die dies noch nicht getan haben, auf, das Fakultativprotokoll zur UN-Kinderrechtskonvention betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornografie und das Übereinkommen des Europarates zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch von 2007 zu ratifizieren;

163. betont, dass unbegleitete Minderjährige nicht inhaftiert werden sollten, da es sich um schutzbedürftige Personen handelt, die besonderer Aufnahme bedürfen;

164. begrüßt den Aktionsplan der Kommission zu unbegleiteten Minderjährigen (2010-2014); fordert die Kommission auf, das Parlament über die Erkenntnisse der Expertengruppe zu unbegleiteten Minderjährigen im Rahmen der Migration zu informieren;

165. fordert die Kommission auf, die Rechte der Kinder in sämtlichen Maßnahmen der EU zu berücksichtigen, und die bisherige Arbeit des Koordinators für Kinderrechte und des Europäischen Forums für die Rechte des Kindes zu bewerten;

166. regt die Verwendung der von der Grundrechteagentur entwickelten Indikatoren zu den Kinderrechten bei der Überprüfung von Maßnahmen der EU an; fordert die Entwicklung praktischer Leitlinien, wie diese Indikatoren am besten verwendet werden könnten;

Rechte der Opfer und Zugang zur Justiz

167. fordert andere Interessensträger einschließlich die EU-Agenturen wie EUROPOL und die Mitgliedstaaten auf, wenn sie die Menschenrechte zu einem vorrangigen Anliegen machen, für eine ganzheitliche, koordinierte und integrierte Zusammenarbeit auf EU-Ebene zu sorgen; fordert die Mitgliedstaaten auf, angemessene rechtliche Rahmen und eine angemessene und einheitliche Definition des Menschenhandels zu verabschieden, und für innerstaatliche Zusammenarbeit zwischen den staatlichen Akteuren zu sorgen, die für den Schutz und die Förderung der Menschenrechte der Opfer des Menschenhandels verantwortlich sind; fordert die Mitgliedstaaten auf, Forschung zum Menschenhandel zu fördern, um die Politik der Regierungen in Bereichen wie Migration, Arbeitsmarkt und Wirtschaft angemessen anzupassen;

168. betont die Notwendigkeit den Fortschritt im Kampf gegen den Menschenhandel unter Berücksichtigung der Erkenntnisse des EU-Koordinators für die Bekämpfung des Menschenhandels zu evaluieren;

169. bedauert, dass die in einem anderen Mitgliedstaat als ihrem Heimatland ansässigen EU-Bürger nicht effektiv über ihre Rechte informiert werden, und fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich zur Verbesserung ihrer Informationssysteme auf;

170. betont, dass sowohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte als auch der Gerichtshof der Europäischen Union in ihren Urteilen auf Hindernisse für den Anspruch auf rechtliches Gehör und den Zugang zur Justiz hingewiesen haben, wie z. B. die Dauer der Verfahren und den Mangel an wirksamen Rechtsbehelfen;

171. fordert die Mitgliedstaaten auf, verbleibende Hindernisse, wie Fristen, Klagebefugnis, Verfahrensdauer, Prozesskosten und Verfahrensvorschriften zu überprüfen;

172. fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Gerichtssysteme umzustrukturieren, das Niveau der Gerichtsgebühren zu überprüfen, das System der Prozesskostenhilfe zu reformieren und alternative Verfahren zur Streitbeilegung bereitzustellen, um den gleichen Zugang zur Justiz in möglichst großem Umfang zu ermöglichen;

173. fordert die Organe der EU und die Mitgliedstaaten auf, zu prüfen, wie gemeinsame Rechtsgrundsätze zu kollektivem Rechtsschutz in das EU-Rechtssystem und in die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten passen könnten;

174. ist besorgt im Hinblick auf die Achtung des Grundsatzes des fairen Verfahrens in der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten und insbesondere im Hinblick auf jüngste Vorschläge zu „geheimen Beweismitteln“, die den staatlichen Stellen gestatten würden, Beweise gegen Einzelpersonen zu nutzen, die diese nicht anfechten oder gar nicht einsehen könnten, was in deutlichem Widerspruch zu europäischen Grundrechten und Standards steht;

175. fordert die Kommission auf, den Fahrplan zur Stärkung der Verfahrensrechte von Verdächtigen oder Beschuldigten in Strafverfahren fertig zu stellen und dabei sicherzustellen, dass die Rechte im Zusammenhang mit einem fairen Verfahren in der Praxis wirksam wahrgenommen werden können;

176. begrüßt den Fahrplan zu Strafverfahren und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Anstrengungen zu verstärken, um starke EU-weite Standards der Verfahrensrechte für Angeklagte und Opfer zu erreichen;

177. fordert die Mitgliedstaaten auf, sicherzustellen, dass Auslieferung in Drittstaaten nicht gegen die Grundrechte verstößt und regt an, dass sie die internationalen Verträge überprüfen, bei denen sie diesbezüglich Vertragspartei sind;

178. fordert die Kommission auf, die effektive Umsetzung des Rechts auf Zugang zur Justiz in der Europäischen Union im Zusammenhang mit dem Recht jeder Person gegenwärtiger und künftiger Generationen auf ein Leben in einer ihrer Gesundheit und ihrem Wohlbefinden zuträglichen Umwelt zu prüfen;

179. fordert die Mitgliedstaaten auf, sich mit geschlechtsspezifischer Kriminalität auseinanderzusetzen und wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung häuslicher Gewalt vorzuschlagen, wenn nötig mittels Verabschiedung von Rechtsvorschriften zu Schutzmaßnahmen;

180. begrüßt den Fahrplan zur Stärkung der Rechte und des Schutzes von Opfern, der vom Rat angenommen wurde, und den Vorschlag der Kommission zum Maßnahmenpaket für Opfer, das besonders die Bedürfnisse der Opfer im Kindesalter und der Opfer des Terrorismus behandelt;

181. fordert die Mitgliedstaaten auf, finanzielle Mittel für Bereitschaftsdienste für Verbrechensopfer bereitzustellen, wobei die bevorstehende Bewertung von Möglichkeiten und vielversprechenden Praktiken in den Mitgliedstaaten durch die Grundrechteagentur zu berücksichtigen ist;

182. weist auf die verbleibenden Unzulänglichkeiten im Bereich der Mindestschutzgarantien für Verteidigungsrechte hin und weist ferner darauf hin, dass der Menschenrechtskommissar des Europarates den Mangel effektiven Rechtsschutzes gegen den Europäischen Haftbefehl und seine Verwendung für geringfügige Straftaten in Frage gestellt hat;

183. ist tief besorgt über die Lage von Gefangenen in der Europäischen Union; fordert die Kommission, den Rat und die Mitgliedstaaten auf, gemeinsam mit dem Europarat und dem Komitee zur Verhütung von Folter Vorschläge vorzulegen, mit denen sichergestellt wird, dass die Rechte der Gefangenen beachtet und die Wiedereingliederung in die Gesellschaft gefördert wird; fordert die Umsetzung der Forderungen in seiner Entschließung vom 15. Dezember 2011 zu den Haftbedingungen in der Europäischen Union[29] und insbesondere eine Legislativinitiative zu den gemeinsamen Mindeststandards der Haft in der Europäischen Union und angemessene Überwachungsmechanismen;

184. betont, dass die internationale Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terrorismus auf der vollumfänglichen Beachtung der internationalen Standards und Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte basieren sollte;

185. begrüßt die Untersuchungen der illegalen CIA-Aktivitäten, die in einigen Mitgliedstaaten bereits durchgeführt wurden, wie dies in den Berichten des Parlaments von 2007 und dem Folgebericht von 2012 gefordert wurde; fordert weitere Untersuchungen und fordert die Mitgliedstaaten auf, ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen vollständig nachzukommen;

186. fordert die Stärkung der demokratischen und gerichtlichen Kontrolle der Geheimdienste auf einzelstaatlicher Ebene, die extrem dringend und notwendig ist; fordert die Europäische Union auf, ihre Kontrolle der Zusammenarbeit dieser Agenturen auf EU-Ebene zu verstärken, auch durch Einrichtungen der EU, und zwischen diesen und Drittstaaten;

Unionsbürgerschaft

187. erinnert daran, dass mit dem Vertrag von Maastricht von 1992 der Begriff der „Unionsbürgerschaft“ eingeführt wurde, die jeder Unionsbürgerin und jedem Unionsbürger das Recht verleiht, sich im gesamten Gebiet der Union frei zu bewegen und aufzuhalten, das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen und Wahlen zum Europäischen Parlament im Wohnsitzmitgliedstaat verleiht, den diplomatischen und konsularischen Schutz eines jeden Mitgliedstaates gewährleistet sowie das Recht verleiht, eine Petition an das Europäische Parlament zu richten und den Europäischen Bürgerbeauftragten zu befassen; erinnert ferner daran, dass mit der Unionsbürgerschaft eine Reihe von Rechten in mehreren Bereichen wie dem freien Waren- und Dienstleistungsverkehr, dem Verbraucherschutz, der öffentlichen Gesundheit, der Chancengleichheit und Gleichbehandlung, dem Zugang zur Beschäftigung und der sozialen Sicherheit verbunden sind; stellt fest, dass die Verträge von Amsterdam (1997) und Lissabon (2009) die mit der Unionsbürgerschaft verbundenen Rechte weiter gestärkt haben;

188. fordert die Kommission auf, eine Vergleichsstudie zum Wahlrecht auf nationaler und EU-Ebene durchzuführen, um Unterschiede zu ermitteln, die unfaire Auswirkungen auf bestimmte Personengruppen in der Europäischen Union haben, und dieser entsprechende Empfehlungen zur Überwindung der Diskriminierung beizufügen; erinnert daran, wie wichtig eine Vorzugsbehandlung und spezielle Maßnahmen bei der Förderung der Vertretung von Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund und benachteiligter Gruppen in Entscheidungspositionen sind;

189. fordert die Kommission auf, die Lage der Nichtbürger, insbesondere im Bericht über die Unionsbürgerschaft und im Bericht über die Anwendung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, anzusprechen;

190. fordert die Mitgliedstaaten auf, Informations- und Sensibilisierungskampagnen zur Unterrichtung der EU-Bürger über ihr passives und aktives Wahlrecht durchzuführen, wobei den Bedürfnissen spezifischer Zielgruppen und schutzbedürftiger Gruppen Rechnung zu tragen ist; fordert, dass in allen Mitgliedstaaten die erforderlichen Reformen der europäischen Wahlverfahren durchgeführt werden, damit eine aktive Unionsbürgerschaft gefördert wird; ist der Ansicht, dass aktive und partizipative Unionsbürgerschaft auch durch den Zugang zu Dokumenten und Informationen, Transparenz, verantwortungsvolle Regierungsführung und gute Verwaltung, demokratische Beteiligung und Vertretung einschließlich einer möglichst unionsbürgernahen Entscheidungsfindung gefördert werden sollte;

191. begrüßt, dass das Jahr 2013 zum Europäischen Jahr der Bürgerinnen und Bürger erklärt wurde, womit die Unionsbürgerschaft und ihr konkreter Nutzen für die Unionsbürger in den Vordergrund gerückt werden; und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass Informationskampagnen über die Unionsbürgerschaft und die damit verbundenen Rechte durchgeführt werden;

192. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Informationen zum Recht auf diplomatischen und konsularischen Schutz zu verbreiten; fordert die Mitgliedstaaten auf, aktiv zusammenzuarbeiten, um den Schutz der Unionsbürger außerhalb der Europäischen Union, auch in Krisenzeiten oder im Fall von Katastrophen, zu gewährleisten;

193. fordert die Mitgliedstaaten auf, Informationskampagnen zu entwickeln, die die aktive Teilhabe der Bürger durch die Ausübung ihres Petitionsrechts fördern und ihres Rechts, sich mit einer Beschwerde an den Europäischen Bürgerbeauftragten wegen eines Missstands in der Verwaltungstätigkeit eines Organs oder einer Einrichtung der EU zu wenden sowie durch Bürgerinitiativen;

194. fordert die Europäische Union und die Mitgliedstaaten auf, die Öffentlichkeit weiter für die Bürgerinitiative zu sensibilisieren, ein Instrument der direkten Demokratie mit dem Ziel der Verbesserung der demokratischen Funktionsweise der Union;

195. weist darauf hin, dass wirksame Informationskampagnen auf den Weg gebracht werden müssen, die unter jungen Menschen mit der Unionsbürgerschaft verbundene Rechte besser bekannt machen, z. B. die Einrichtung eines „Programms zur aktiven Unionsbürgerschaft“ in Schulen und Universitäten;

196. unterstreicht die Notwendigkeit einer schnellen Reform des Wahlsystems des Europäischen Parlaments, so dass die aktive Teilhabe der Unionsbürger an der Arbeit der EU gesichert wird;

197. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Europäischen Rat, dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Kandidatenländer, den Vereinten Nationen, dem Europarat und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zu übermitteln.

  • [1]  ABl. L 180 vom 19.7.2000, S. 22.
  • [2]  ABl. L 115 vom 4.5.2010, S. 1.
  • [3]  Ratsdokument 10140/11 vom 18. Mai 2011.
  • [4]  ABl. C 169 vom 15.6.2012, S. 49.
  • [5]  ABl. C 124E vom 25.5.2006, S. 405.
  • [6]  Angenommene Texte, P7_TA(2011)0092.
  • [7]  Vgl. insbesondere die Artikel der Charter zu sozialen Rechten und die einschlägigen speziellen Artikel der Verträge zur Solidarität: Artikel 80 und 122 AEUV.
  • [8]  ABl. C 285 E vom 21.10.2010, S. 12.
  • [9]  COM(2010)0573.
  • [10]  ABl. C 341E vom 16.12.2010, S. 35.
  • [11]  P7_TA(2011)0085.
  • [12]  P7_TA(2012)0069.
  • [13]  COM(2011)0127 und COM(2011)0126.
  • [14]  Richtlinie 206/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (Neufassung); Richtlinie 2004/113/EG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen.
  • [15]  Schalk und Kopf/Austria, Beschwerde 30141/04, EGMR.
  • [16]  ABl. C 187 vom 18.7.1988, S. 236.
  • [17]  ABl. C 359, 1998.
  • [18]  P7_TA(2011)0453.
  • [19]  COM(2011)0032.
  • [20]  COM (2011)0429.
  • [21]  COM(2010)0379.
  • [22]  ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9.
  • [23]  ABl. L 132 vom 19.5.2011, S. 1.
  • [24]  COM(2011)0320l.
  • [25]  COM (2011)0319.
  • [26]  COM(2011)0076.
  • [27]  ABl. L 335 vom 17.12.2011, S. 1.
  • [28]  ABl. L 101 vom 15.4.2011, S. 1.
  • [29]  P7_TA(2011)0585

STELLUNGNAHME des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (20.9.2011)

für den Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres

zur Lage der Grundrechte in der Europäischen Union (2010)
(2011/2069(INI))

Verfasserin der Stellungnahme: Lívia Járóka

VORSCHLÄGE

Der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter ersucht den federführenden Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:

–   unter Hinweis auf das UN-Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau aus dem Jahr 1979 (CEDAW),

–   unter Hinweis auf Artikel 2 und Artikel 3 Absatz 3 Unterabsatz 2 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) sowie Artikel 157 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. Juni 2010 zur Bewertung der Ergebnisse des Fahrplans zur Gleichstellung von Frauen und Männern 2006-2010 und Empfehlungen für die Zukunft[1],

–   unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere die Artikel 1, 2, 3, 4, 5, 21 und 23 der Charta,

–   in Kenntnis der Empfehlung des Ministerkomitees des Europarates zu Maßnahmen zur Bekämpfung der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung und der Geschlechtsidentität (CM/Rec(2010)5) sowie der Empfehlung und Resolution (Empfehlung Nr. 1915 und Resolution Nr. 1728) der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zum gleichen Thema,

–   unter Hinweis auf den vom Europäischen Rat im März 2011 angenommenen Europäischen Pakt für die Gleichstellung der Geschlechter (2011-2020),

–   unter Hinweis auf die Mitteilung der Europäischen Kommission „Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2010-2015“ (KOM(2010)0491),

–   unter Hinweis auf den Bericht der EU-Grundrechte-Agentur über Homophobie, Transphobie und Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität (2010),

–   in Kenntnis der Mitteilung der Kommission über die Strategie zur wirksamen Umsetzung der Charta der Grundrechte durch die Europäische Union vom 19. Oktober 2010 (KOM(2010)0573end.),

–   unter Hinweis auf das Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und von häuslicher Gewalt vom 7. April 2011 (CM(2011)49 end.),

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 5. April 2011 zu den Prioritäten und Grundzügen einer neuen EU-Politik zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen[2],

A. in der Erwägung, dass durch das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon im Bereich der Menschenrechte eine neue Situation in der EU geschaffen wurde, da die Charta der Grundrechte Rechtsverbindlichkeit erhielt (Artikel 6 EUV);

B.  in der Erwägung, dass trotz der Fortschritte im Laufe der Jahre die Gleichstellung von Frauen und Männern in zahlreichen Bereichen, wie auf dem Arbeitsmarkt, im Privatleben, bei der Bekämpfung von Stereotypen und der Gewalt gegen Frauen, noch immer nicht erreicht ist;

C. in der Erwägung, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Charta als ein Grundrecht anerkannt wird, und in der Erwägung, dass alle Arten der Diskriminierung bekämpft werden sollten;

D. in der Erwägung, dass die Gleichstellungsrichtlinien die Mitgliedstaaten dazu verpflichten, Gleichstellungsstellen zur Förderung der Gleichstellung sowie zur Bereitstellung unabhängiger Unterstützung für die Opfer von Diskriminierung einzurichten oder zu benennen;

1.  bekräftigt, dass sich die Union nach Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union auf die unteilbaren und universellen Werte der Achtung der Menschenwürde, der Freiheit, der Demokratie, der Gleichheit, der Solidarität, der Rechtsstaatlichkeit und der Wahrung der Menschenrechte für alle, auch die zu Minderheiten gehörenden Personen, im Gebiet der Europäischen Union gründet;

2.  fordert die Kommission auf, die Durchführung der europäischen Rechtsvorschriften im Zusammenhang mit der Gleichstellung von Frauen und Männern in den Mitgliedstaaten sorgfältig zu überwachen;

3.  begrüßt den ersten Jahresbericht der Kommission über die Anwendung der EU-Charta der Grundrechte; begrüßt ferner die Schlussfolgerungen des Rates und insbesondere seine Verpflichtung zur Erreichung der ehrgeizigen Ziele der EU im Bereich der Gleichstellung von Frauen und Männern, wie dies im Vertrag vorgesehen ist;

4.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die spezifischen Bedürfnisse und Anliegen von Frauen bei der Ausarbeitung von Rechtsvorschriften und der Analyse der Lage der Grundrechte in der Europäischen Union zu berücksichtigen;

5.  erinnert daran, dass es in Artikel 23 der Charta heißt: „Die Gleichheit von Männern und Frauen ist in allen Bereichen, einschließlich der Beschäftigung, der Arbeit und des Arbeitsentgelts, sicherzustellen. Der Grundsatz der Gleichheit steht der Beibehaltung oder der Einführung spezifischer Vergünstigungen für das unterrepräsentierte Geschlecht nicht entgegen“; betont, dass dies in keiner Weise die Rechte anderer unterrepräsentierter Gruppen, wie Kinder (Artikel 24), ältere Personen (Artikel 25) und Personen mit Behinderungen (Artikel 26) untergräbt; unterstreicht außerdem, dass Artikel 21 der Charta jegliche Diskriminierung anderer Personen, wie Personen mit genetischen Merkmalen, oder Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung eindeutig untersagt;

6.  unterstreicht, dass Frauen die Hauptopfer von geschlechtsspezifischer Gewalt sind; weist darauf hin, dass Gewalt und die Androhung von Gewalt eine Verletzung des Rechts jeder Person auf Leben, Sicherheit, Freiheit, Würde und körperliche und seelische Unversehrtheit sowie eine ernsthafte Bedrohung für die körperliche und psychische Gesundheit der Opfer solcher Gewalt darstellen; betont, dass die in der EU vielerorts anzutreffenden Folgen solcher Gewalt eine echte Verletzung der Grundrechte und eine Gesundheitsgefährdung darstellen und die Wahrnehmung der Bürgerrechte in Sicherheit, Freiheit und Gerechtigkeit behindern;

7.  nimmt das Maßnahmenpaket der Kommission für Opfer zur Kenntnis; bedauert, dass die Gewalt gegen Frauen nicht in angemessener Weise berücksichtigt wird; fordert die Kommission auf, einen umfassenden politischen Ansatz gegen geschlechtsspezifische Gewalt auf den Weg zu bringen und eine Richtlinie vorzuschlagen, die sich mit der Bekämpfung und Beseitigung jeder Form von Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen und Mädchen in allen EU-Mitgliedstaaten befasst;

8.  ersucht die Kommission – um überhöhte Erwartungen und Missverständnisse zu vermeiden – die Bürger nicht nur besser über ihre in der Charta der Grundrechte verankerten Rechte, sondern auch über den Geltungsbereich der Charta zu informieren; weist daher erneut auf die Bedeutung des europäischen E-Justiz-Portals hin; fordert darüber hinaus die Mitgliedstaaten auf, die Charta stärker in das Bewusstsein der Zivilgesellschaft zu rücken – durch einen andauernden Dialog mit den einschlägigen Nichtregierungsorganisationen und insbesondere Frauenorganisationen, da deren Fachwissen in Bezug auf Stereotypen und Diskriminierung angesichts der Tatsache, dass Frauen seit jeher die am häufigsten betroffenen und am stärksten gefährdeten Opfer sind, von unschätzbarem Wert ist;

9.  begrüßt, dass die Rechte von Transgender-Personen von der EU-Agentur für Grundrechte in ihren Bericht über Homophobie, Transphobie und Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität (2010) und von der Kommission in die Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2010-2015 aufgenommen wurden; erinnert die Kommission an die Notwendigkeit, die Geschlechtsidentität im Bereich der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, insbesondere bei künftigen Überprüfungen der Richtlinien 2004/113/EG und 2006/54/EG, zu berücksichtigen;

10. stellt fest, dass Transgender-Personen mit Diskriminierung und Stigmatisierung konfrontiert sind und ihr Recht auf Würde und Integrität infolge missbräuchlicher Vorschriften in Bezug auf Sterilisation und/oder Scheidung in 21 Mitgliedstaaten nicht in vollem Umfang wahrnehmen können; fordert die Kommission auf, auch in Legislativvorschlägen und bei Überprüfungen von Rechtsvorschriften, die Geschlechtsidentität uneingeschränkt in den Themenbereich der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts aufzunehmen; fordert die Mitgliedstaaten auf, Sterilisation und sonstige obligatorische medizinische Behandlungen sowie die Vorschriften bezüglich Scheidung, die dem Recht von Transgender-Personen auf Würde und Integrität widersprechen, abzuschaffen;

11. ersucht die Kommission, in den nächsten Jahren einen Vorschlag für einen Rechtsrahmen zur Bekämpfung des Problems der mehrfachen und sich überschneidenden Diskriminierungen ins Auge zu fassen;

12. unterstreicht, dass die Abschwächung jeder Art von Stereotypen und diskriminierender Verhaltensweisen durch spezifische Programme, Maßnahmen und Kampagnen – unter Beteiligung der Mitgliedstaaten, der Sozialpartner, von NRO, der Organe und Parlamentarier – unterstützt werden muss;

13. ist besorgt über die sexuellen und reproduktiven Rechte sowie die sexuelle und reproduktive Gesundheit von Frauen in einigen Mitgliedstaaten; fordert die Mitgliedstaaten insbesondere auf, das Grundrecht aller Paare und Einzelpersonen zu achten, frei und eigenverantwortlich über die Zahl ihrer Kinder, den Abstand zwischen ihnen und den Zeitpunkt, wann sie Kinder bekommen wollen, entscheiden zu können, sowie ferner sicherzustellen, dass den Paaren Informationen und die Mittel an die Hand gegeben werden, dies zu tun, einschließlich des Zugangs zu medizinischer Versorgung, legaler und sicherer Abtreibung und zuverlässigen, sicheren und erschwinglichen Verhütungsmitteln;

14. unterstreicht, dass Sexualstraftaten gegen Kinder bekämpft werden müssen, vor allem im Internet, das globale Auswirkungen hat; fordert daher, in den nächsten Jahresbericht eine Überwachung des Schutzes der Kinder und eine Evaluierung der in diesem Bereich erzielten Fortschritte aufzunehmen; erinnert jedoch daran, dass der Schutz der Rechte der Kinder nach wie vor in erster Linie in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt;

15. bedauert die relativ schlechte Qualität der Daten, die von Gleichstellungsstellen in einigen Mitgliedstaaten erhoben werden, bei denen eine Aufschlüsselung nach Diskriminierungsgrund, beispielsweise Geschlecht und Alter, oder nach thematischem Bereich, beispielsweise Beschäftigung und Bildung, fehlt; weist erneut auf die wichtige Rolle der Agentur für Grundrechte im Hinblick auf die Erhebung und Auswertung objektiver, zuverlässiger und vergleichbarer Daten über eine Vielzahl von Grundrechtsfragen in der Europäischen Union hin;

16. unterstreicht, wie wichtig die Erhebung genauer Daten über die spezifische Situation von Frauen in Bezug auf die Menschenrechte in der Europäischen Union ist;

17. fordert die Kommission auf, den Mitgliedstaaten die Verpflichtung aufzuerlegen, jährlich über die Aktualisierung der Charta der Grundrechte zu berichten;

18. fordert die Kommission auf, besser über die Art der Beschwerden, Schreiben, Anfragen und Petitionen von Bürgern betreffend die Anwendung der Charta Auskunft zu geben; begrüßt alle konkreten Informationen über Beschwerden betreffend geschlechtsspezifische Diskriminierung, die die Kommission dem Ausschuss des Europäischen Parlaments für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter zur weiteren Analyse zur Verfügung stellt; fordert, dass die Kommission ihre zukünftigen Jahresberichte über die Lage der Grundrechte in der Europäischen Union weit verbreitet, um so das Bewusstsein dafür zu erhöhen, dass Maßnahmen zur Bekämpfung von Demokratiedefiziten und Verstößen gegen die Grundrechte getroffen werden müssen;

19. fordert die Kommission auf, wirksame Mittel und Wege zu finden, um Verstöße gegen die Charta der Grundrechte und konkrete Fälle von Verletzungen der Grundrechte zu ermitteln und weiterzuverfolgen, auch mittels Durchführung gelegentlicher Prüfungen in allen Mitgliedstaaten, um nicht erfüllte Zusagen zu identifizieren;

20. hebt hervor, dass extreme Armut und die soziale Ausgrenzung von Bürgern nicht nur unter wirtschaftsarithmetischen Gesichtspunkten gemessen werden dürfen, sondern auch als Verletzung der Grundrechte gesehen werden müssen.

.ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

15.9.2011

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

29

1

2

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Regina Bastos, Edit Bauer, Andrea Češková, Tadeusz Cymański, Edite Estrela, Ilda Figueiredo, Iratxe García Pérez, Zita Gurmai, Mary Honeyball, Teresa Jiménez-Becerril Barrio, Nicole Kiil-Nielsen, Rodi Kratsa-Tsagaropoulou, Constance Le Grip, Barbara Matera, Elisabeth Morin-Chartier, Siiri Oviir, Antonyia Parvanova, Raül Romeva i Rueda, Nicole Sinclaire, Joanna Katarzyna Skrzydlewska, Britta Thomsen, Marina Yannakoudakis, Anna Záborská

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Izaskun Bilbao Barandica, Jill Evans, Christa Klaß, Kartika Tamara Liotard, Mariya Nedelcheva, Katarína Neveďalová, Norica Nicolai, Antigoni Papadopoulou, Joanna Senyszyn

STELLUNGNAHME des Petitionsausschusses (13.7.2012)

für den Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres

zur Lage der Grundrechte in der Europäischen Union (2010-2011)
(2011/2069(INI))

Verfasserin der Stellungnahme: Adina-Ioana Vălean

VORSCHLÄGE

Der Petitionsausschuss ersucht den federführenden Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:

–   unter Hinweis auf den Bericht der Kommission 2011 über die Anwendung der EU-Charta der Grundrechte (COM(2012) 169(final)),

–   unter Hinweis auf den Bericht des Parlaments zum Bericht über die Unionsbürgerschaft 2010 „Weniger Hindernisse für die Ausübung von Unionsbürgerrechten“[1],

–   in der Erwägung, dass fast ein Drittel der beim Parlament eingehenden Petitionen sich auf angebliche Verstöße gegen die in der Charta angeführten Grundrechte beziehen,

Allgemeine Themen

1.  bekräftigt in diesem Zusammenhang, dass die EU und ihre Organe auf der Grundlage der Charta und der Artikel 2, 6, 7 und 9 bis 12 AEUV verpflichtet sind und dafür eine Verantwortung tragen, die Grundrechte, die bürgerlichen Freiheiten und die europäischen Grundsätze und Werte, die für die europäischen Bürger unveräußerlich sind, in der EU zu achten, zu wahren, zu schützen und zu fördern, und zwar insbesondere in den Fällen, in denen diese Rechte und Freiheiten auf nationaler Ebene nicht angemessen und wirksam gewährleistet werden; besteht darauf, dass Artikel 51 der Charta nicht dazu genutzt werden sollte, um die Bedeutung der Charta und ihre Anwendung zu schmälern, und betont, dass durch diesen Artikel die Befugnisse und Zuständigkeiten der EU-Organe hinsichtlich des Schutzes, der Verteidigung und Förderung der europäischen Werte – wie die Achtung von Menschenwürde und Freiheit – und der Grundsätze der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der guten Regierungsführung, der Bürgerschaft, Gleichstellung von Männer und Frauen und der Nichtdiskriminierung nicht eingeschränkt werden;

2.  verweist erneut auf die Pflicht und Verantwortung des Parlaments gegenüber den Unionsbürgern und Einwohnern Europas, deren Interessen zu verteidigen und zu fördern. Diese Verbindung zwischen dem Parlament und den Bürgern findet seine Ausdruck im gemäß Artikel 227 des Vertrags gegründeten Petitionsverfahren, durch das die Verpflichtung entsteht, im angemessenen Rahmen und auf der Grundlage des Sachverhalts des einzelnen Falls im Namen der Petenten außergerichtliche Lösungen zu suchen, die Bürger bei der Wahrnehmung ihrer Grundrechte und bürgerlichen Freiheiten zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass die in der Charta und in den Verträgen enthaltenen Werte und Grundsätze in der Europäischen Union und in jedem einzelnen Mitgliedstaat ordnungsgemäß angewandt werden;

3.  fordert die Mitgliedstaaten auf, ihren Pflichten zum Schutz der Grundrechte und bürgerlichen Freiheiten ihrer Bürger nachzukommen, die Punkte zu ändern oder zu beseitigen, die die Grundrechte der Bürger beschränken, und ihren Verpflichtung gemäß dem Vertrag von Lissabon[2] sowie die sich daraus für die EU ergebenden Pflichten zu achten, die Europäischen Menschenrechtskonvention zu unterzeichnen und zu ratifizieren und somit die Lücken im Rechtsschutz zu schließen und den europäischen Bürgern dieselben Rechte gegenüber den Rechtsakten der Union zu geben, die sie bereits gegenüber den Mitgliedstaaten der Union genießen; erinnert in diesem Zusammenhang an die Notwendigkeit klarer Informationen hinsichtlich des Geltungsbereichs und der Anwendbarkeit der Konvention in Beziehung zur Charta, um unter den Bürgern Verwirrungen darüber zu vermeiden, an wen man sich in einer bestimmten Situation vorgeblicher Verletzung von Grundrechten zu wenden hat.

4.  betont den engen Zusammenhang zwischen den mit der Unionsbürgerschaft verbundenen Rechten und solchen, die in der Charta der Grundrechte verankert sind und für alle Personen im Gebiet der Europäischen Union gelten;

Spezifische Themen

5.  fordert den Rat auf, seinen Verpflichtungen hinsichtlich der Grundrechte nachzukommen und die Blockade des Vorschlags der Kommission vom 2. Juli 2008 für eine Richtlinie des Rates zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet des Geschlechts, der Religion, der Kultur, der Sprache, der Bildung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Orientierung umgehend aufzuheben; betont in diesem Zusammenhang die Rechte der hilfsbedürftigsten Gruppen, und zwar der Kinder insbesondere in Bezug auf den Schutz ihrer persönliche Integrität und im Kontext grenzübergreifender Streitigkeiten um das Sorgerecht und das elterliche Umgangsrecht; der Menschen mit Behinderungen sowie der älteren Menschen und der ethnischen Minderheiten;

6.  fordert die Mitgliedstaaten auf, eine wirksame Umsetzung der Richtlinie über die Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse oder ethnischen Herkunft[3] sowie der anhängigen Rechtsvorschriften zur Gleichbehandlung von Freuen und Männern[4];

7.  bedauert Fälle der Diskriminierung von Minderheiten und fordert den Rat auf, wirksam und verantwortungsbewusst tätig zu werden und für die Werte der Union gegenüber den Mitgliedstaaten einzutreten, die ihren Pflichten aus dem Vertrag in diesen Punkten nicht voll und ganz nachkommen,

8.  weist auf die Zahl von Petitionen betreffend Einschränkungen der Medienfreiheit hin, und fordert die Kommission auf, die Agentur für Grundrechte (FRA) mit der Überwachung in diesem Bereich und der Überprüfung der Rechtsvorschriften zu beauftragen, damit die Anwendung gemeinsamer Standards für Pluralismus und Medienfreiheit gewährleistet ist, sowie die Situation hinsichtlich Demokratie und Grundrechte in den Mitgliedstaaten zu beobachten und jährliche Berichten über ihre Feststellungen zu unterbreiten; fordert somit, dass der FRA eine angemessene Finanzierung zugewiesen wird, um diese Aufgaben erfüllen zu können; begrüßt den Initiativbericht des Parlaments über die Festlegung von Normen für die Pressefreiheit für die gesamte EU, die zu einer Änderung der EU-Rechtvorschriften führen könnten, und empfiehlt, dass die FRA und das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen zusammengelegt werden beziehungsweise ein Rechtsrahmen geschaffen wird, der eine enge Zusammenarbeit und Koordination zwischen diesen beiden Agenturen regelt, um wirksam Verletzungen von durch die Charta der Grundrechte garantierten Rechten zu bekämpfen.

9.  fordert angesichts der zahlreichen wiederkehrenden Petitionen zu bestehenden Problemen die Kommission auf, dringend dafür zu sorgen, dass die Mitgliedstaaten die Richtlinie 2004/38/EG über die Freizügigkeit der Unionsbürger umsetzen und ordnungsgemäß anwenden;

10. erinnert daran, dass die Übertragbarkeit von Sozialleistungen, Rentenansprüchen, Gesundheitsversorgung und die Anerkennung von beruflichen Qualifikationen und akademischen Leistungspunkten wichtige Themen sind, über die die umfassende Einhaltung der Grundrechte und der bürgerlichen Freiheiten, auch auf der Grundlage der Vollendung des Binnenmarktes, gewährleistet wird, stellt jedoch fest, dass viele Bürger bei der Durchsetzung dieser Rechte immer noch auf Probleme stoßen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten daher auf, dafür zu sorgen, dass diese Rechte gebührend geachtet, garantiert, angewandt und weiterentwickelt werden;

11. hebt hervor, dass sich die Rolle der Kommission als Hüterin der Verträge nicht auf die Gewährleistung der Umsetzung der Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten beschränkt, sondern sich auch auf die umfassende und korrekte Anwendung der Gesetze, insbesondere in Hinblick auf den Schutz der Grundrechte der Bürger, erstreckt; weist auf das rechtliche Vakuum hin, was den Zugang der Bürger zu Rechtsmitteln betrifft, wenn Mitgliedstaaten sie direkt betreffendes EU-Recht nicht oder nur mit Verzögerung umsetzen;

12. schlägt vor, dass der Jahresbericht der Kommission zur Menschenrechtslage eine Evaluierung der Lage in den Mitgliedstaaten umfassen könnte; schlägt vor, dass das Parlament unter der gemeinsamen Federführung des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres und des Petitionsausschusses eine jährliche Konferenz abhält und dazu die Zivilgesellschaft und andere Akteure auf diesem Gebiet einlädt;

13. begrüßt die Politik der Kommission, den Bürgern konkrete Informationen zu ihren Rechten und zu den ihnen offen stehenden rechtlichen Möglichkeiten im Falle eines Verstoßes gegen ihre Grundrechte bereitzustellen, stellt dabei fest, dass eine stärkere Kohärenz und Koordinierung in der Arbeit und der öffentlichen Präsentation der verschiedenen Kommunikationsinstrumente der Kommission ein Schlüssel dafür sein wird, den Bürgern diese Informationen besser zugänglich zu machen; weist gleichzeitig darauf hin, dass dies die Kommission nicht von ihrer institutionellen Verpflichtung befreit, die Beschwerden von Bürgern nicht nur hinsichtlich möglicher Verstöße gegen die Grundrechte bei der Anwendung des EU-Rechts durch die EU und die Mitgliedstaaten , sondern auch hinsichtlich von Situationen einer systematischen Nichtbeachtung des Schutzes von Grundrechten innerhalb der Mitgliedstaaten zu prüfen; fordert die Kommission auf, ihrer Aufgabe der Verteidigung der auf Demokratie und Grundrechte basierenden europäischen Rechtsordnung gerecht zu werden und die betreffenden Mitgliedstaaten auf solche Situationen aufmerksam zu machen; ist der Ansicht, dass das Europäische Parlament, das über einen viel breiteren politischen Tätigkeitsbereich verfügt, allen Bürgern und Einwohnern der EU die Maßnahmen erläutern sollte, die es zur Wahrung und Verteidigung ihrer Grundrechte ergreift;

14. fordert die Kommission auf, die Verordnung zur Errichtung der Agentur für Grundrechte zu überarbeiten und ihr Mandat und ihre Befugnisse sowie ihre Unabhängigkeit zu stärken.

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

12.7.2012

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

21

0

0

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Margrete Auken, Victor Boştinaru, Philippe Boulland, Giles Chichester, Nikolaos Chountis, Iliana Malinova Iotova, Carlos José Iturgaiz Angulo, Lena Kolarska-Bobińska, Erminia Mazzoni, Willy Meyer, Chrysoula Paliadeli, Nikolaos Salavrakos, Jarosław Leszek Wałęsa, Rainer Wieland

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Zoltán Bagó, Birgit Collin-Langen, Axel Voss

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 187 Abs. 2)

Ioan Enciu, Petru Constantin Luhan, Bogdan Kazimierz Marcinkiewicz, Franck Proust, Renate Sommer, Hermann Winkler

  • [1]  Angenommene Texte, P7_TA(2012)0120.
  • [2]  EUV, Artikel 6 Absatz 2.
  • [3]  Richtlinie 2000/43/EG zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft;
  • [4]  Richtlinie 2004/113/EG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen; Richtlinie 2006/54/EG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits und Beschäftigungsfragen.

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

6.11.2012

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

32

24

1

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Jan Philipp Albrecht, Roberta Angelilli, Edit Bauer, Mario Borghezio, Rita Borsellino, Emine Bozkurt, Arkadiusz Tomasz Bratkowski, Simon Busuttil, Philip Claeys, Carlos Coelho, Agustín Díaz de Mera García Consuegra, Ioan Enciu, Frank Engel, Cornelia Ernst, Tanja Fajon, Monika Flašíková Beňová, Hélène Flautre, Kinga Gál, Kinga Göncz, Nathalie Griesbeck, Sylvie Guillaume, Ágnes Hankiss, Anna Hedh, Salvatore Iacolino, Sophia in ‘t Veld, Timothy Kirkhope, Juan Fernando López Aguilar, Baroness Sarah Ludford, Monica Luisa Macovei, Svetoslav Hristov Malinov, Véronique Mathieu, Nuno Melo, Louis Michel, Claude Moraes, Antigoni Papadopoulou, Georgios Papanikolaou, Jacek Protasiewicz, Judith Sargentini, Birgit Sippel, Csaba Sógor, Renate Sommer, Nils Torvalds, Wim van de Camp, Axel Voss, Renate Weber, Josef Weidenholzer, Cecilia Wikström, Tatjana Ždanoka, Auke Zijlstra

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Elena Oana Antonescu, Michael Cashman, Stanimir Ilchev, Jean Lambert, Antonio Masip Hidalgo, Kārlis Šadurskis

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 187 Abs. 2)

Martina Anderson, Birgit Schnieber-Jastram