BERICHT über den Solidaritätsfonds der Europäischen Union, seine Umsetzung und seine Anwendung

20.12.2012 - (2012/2075(INI))

Ausschuss für regionale Entwicklung
Berichterstatterin: Rosa Estaràs Ferragut

Verfahren : 2012/2075(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A7-0398/2012
Eingereichte Texte :
A7-0398/2012
Angenommene Texte :

ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zu dem Solidaritätsfonds der Europäischen Union, der Umsetzung und Anwendung

(2012/2075(INI))

Das Europäische Parlament,

   gestützt auf die Artikel 175, 212 und 222 AEUV,

   unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 2012/2002 des Rates vom 11. November 2002 zur Errichtung des Solidaritätsfonds der Europäischen Union[1],

   unter Hinweis auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 7. November 2002 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Finanzierung eines Europäischen Solidaritätsfonds zur Ergänzung der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 6. Mai 1999 über die Haushaltsdisziplin und die Verbesserung des Haushaltsverfahrens[2],

   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zu dem Thema „Die Zukunft des Solidaritätsfonds der Europäischen Union“ (COM(2011)0613),

   unter Hinweis auf den Bericht der Kommission über den Solidaritätsfonds der Europäischen Union (COM(2011)0694),

   unter Hinweis auf den Bericht der Kommission über den Solidaritätsfonds der Europäischen Union – Jahresbericht 2008 und Bericht über die Erfahrungen nach sechsjähriger Anwendung des neuen Instruments (COM(2009)0193),

   unter Hinweis auf seine Entschließung zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Errichtung des Solidaritätsfonds der Europäischen Union[3],

   in Kenntnis der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zu dem Thema „Die Zukunft des Solidaritätsfonds der Europäischen Union“[4],

   in Kenntnis des Sonderberichts des Europäischen Rechnungshofes Nr. 3/2008 „Der Solidaritätsfonds der Europäischen Union: Wie rasch, wirksam und flexibel funktioniert er?“[5],

   gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für regionale Entwicklung (A7-0398/2012),

A. in der Erwägung, dass der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union in Artikel 222 festlegt, dass die Union und ihre Mitgliedstaaten gemeinsam im Geiste der Solidarität handeln, wenn ein Mitgliedstaat von einer Naturkatastrophe, einer vom Menschen verursachten Katastrophe oder von einem Terroranschlag betroffen ist;

B.  in der Erwägung, dass der Solidaritätsfonds der Europäischen Union (EUSF) das wichtigste Instrument für das solidarische Handeln der Union ist, indem er erhebliche finanzielle Unterstützung für die von Katastrophen größeren Ausmaßes betroffenen Mitgliedstaaten oder Regionen leistet;

C. in der Erwägung, dass der EUSF, soweit seine Inanspruchnahme nötig ist, weithin als eines der nützlichsten Instrumente wahrgenommen wird, die der Europäischen Union zur Verfügung stehen, da er der deutlichste, entschiedenste und wichtigste Ausdruck der europäischen Solidarität mit den vor schwierige Situationen gestellten Bürgern ist;

D. in der Erwägung, dass der Legislativvorschlag von 2005 für eine neue Verordnung über den EUSF breite Unterstützung durch das Europäischen Parlament erfuhr, aber für die meisten Mitgliedstaaten nicht annehmbar war und schließlich von der Kommission zurückgezogen wurde;

E.  in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten und die EU durch die derzeitige Krise gezwungen sind, zu hohe Ausgaben zu vermeiden;

F.  in der Erwägung, dass in einer Reihe von Berichten die Notwendigkeit herausgestellt wurde, die derzeitige EUSF-Verordnung[6] zu ändern, hauptsächlich um unter Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips die Flexibilität des Fonds zu steigern und seine Funktionsweise zu verbessern;

Umsetzung des EUSF

1.  unterstreicht die Bedeutung des EUSF als des wichtigsten Instruments, mit dem die Europäische Union auf eine Katastrophe größeren Ausmaßes auf dem Territorium der EU oder in Nachbarländern, mit denen Verhandlungen über einen EU-Beitritt geführt werden, reagieren kann;

2.  hebt hervor, dass trotz der guten Aufnahme durch die Bürger seine Funktionsweise durch Flexibilisierung, Beschleunigung und größere Außenwirkung verbessert werden muss, um die Glaubwürdigkeit des Handelns der Europäischen Union bei den Bürgern zu stärken;

3.  betont die Bedeutung der den Mitgliedstaaten aus dem EUSF gewährten Finanzhilfen für die Milderung der Belastung der öffentlichen Finanzen bei der Bewältigung der durch eine Katastrophe größeren Ausmaßes verursachten Notfälle, die sie häufig überfordert;

4.  vertritt die Auffassung, dass die Mobilisierung des Fonds derzeit unannehmbar lange dauert, und bringt daher die Notwendigkeit zum Ausdruck, die administrativen Verfahren wirksamer und zügiger zu gestalten, die für seine Mobilisierung erforderlich sind, und an deren Bewilligung drei EU-Organe mitwirken müssen, was zu übermäßigen Verzögerungen bei der Umsetzung der Hilfe für die von einer Katastrophe heimgesuchten Mitgliedstaaten führt, wodurch die angestrebten Ziele nicht in vollem Umfang erreicht werden;

5.  hebt hervor, dass die meisten Anträge (63 %) in der Ausnahmekategorie „Regionale Katastrophe“ eingereicht wurden und 66 % davon nach ihrer Beurteilung durch die Kommission abgelehnt wurden;

6.  ist der Ansicht, dass die derzeitigen Bestimmungen der Verordnung im Fall von „sich langsam entwickelnden“ Katastrophen rechtliche und praktische Schwierigkeiten zur Mobilisierung des Fonds aufwerfen, und ersucht daher die Kommission, zu erwägen, die festgelegte Frist für die Antragstellung flexibler zu handhaben, um besonders darüber zu wachen, dass auch solche Schäden vom EUSF abgedeckt werden können;

Empfehlungen für die Verbesserung des EUSF

7.  begrüßt den Beschluss der Kommission zur Notwendigkeit der Überarbeitung der gegenwärtigen EUSF-Verordnung mit dem Ziel der Verbesserung seiner Funktionsweise und seiner Anwendung; teilt die Ansicht der Kommission, dass der Vorschlag zur Änderung der Vorschriften angesichts der gegenwärtigen Wirtschaftskrise weder eine zusätzliche finanzielle Belastung für den Unionshaushalt noch für den Haushalt der Mitgliedstaaten schaffen darf;

8.  weist darauf hin, dass weiterhin das Verursacherprinzip anzuwenden ist, damit die Verantwortlichen einer Katastrophe durch die Nutzung des EUSF nicht von ihrer Haftung befreit werden;

9.  vertritt die Auffassung, dass der Widerstand einiger Mitgliedstaaten, die befürchten, dass wesentliche Änderungen der Rechtsgrundlage dieses Instruments höhere finanzielle Ausgaben mit sich bringen, nicht gerechtfertigt ist, und dass er die Anpassung der Verordnung von 2002[7] auf einige Klarstellungen und den Versuch einer Verbesserung seiner Arbeitsweise beschränkt hat; stellt fest, dass die Katastrophen in den Regionen der Europäischen Union seit seiner Schaffung leider hinsichtlich ihrer Anzahl, ihres Erscheinungsbilds und ihrer Intensität beträchtlich zugenommen haben;

10. begrüßt indes, dass allein durch die Einführung gewisser Anpassungen der geltenden Bestimmungen beträchtliche Verbesserungen der Anwendung des Fonds erreicht und seine Daseinsberechtigung und sein Charakter aufrechterhalten werden, der hauptsächlich darin besteht, über ein flexibles und wirksames Instrument zur raschen Hilfeleistung für die Bürger zu verfügen, die von einem Ereignis betroffen sind, das ihre Lebensbedingungen und ihr Wohlergehen zutiefst beeinträchtigt;

11. wirft die Frage auf, ob eine klarere und präzisere Definition des Begriffs Katastrophe helfen könnte, die Skepsis vieler Mitgliedstaaten abzubauen, die gegen eine tiefgreifende Reform dieses EU-Instruments sind;

Verkürzung der erforderlichen Zeit für die Hilfeleistung

12. hebt es als dringend geboten hervor, die für die Mobilisierung dieses EU-Instruments erforderlichen bürokratischen Verfahren zu vereinfachen, sodass der Zeitraum vom Eintritt der Katastrophe bis zum Eingang der Hilfe bei dem betroffenen Mitgliedstaat oder der betroffenen Region verkürzt wird, der bisweilen über ein Jahr beträgt; weist jedoch darauf hin, dass dieses Instrument nicht geschaffen wurde, um schnell zu reagieren, sondern um die zunächst von der öffentlichen Hand des betroffenen Landes finanzierte Soforthilfe zu refinanzieren;

13. begrüßt das Vorhaben der Kommission, zur Vereinfachung der Verfahren auf europäischer Ebene zwecks Verkürzung von Fristen beizutragen; betont, dass die Mitgliedstaaten ebenfalls ihre Verwaltungsverfahren überprüfen sowie mögliche Schwachstellen aufzeigen und beseitigen sollten, die ein Hindernis für eine raschere Mobilisierung der Hilfsmittel in den betroffenen Regionen schaffen könnten;

14. fordert die Mitgliedstaaten auf, in allen Phasen der Umsetzung eng mit den lokalen und regionalen Behörden zusammenzuarbeiten, damit die Unterstützung der Union vor Ort sichtbar und wirksam ist und dauerhafte Lösungen gefördert werden;

15. hält den Vorschlag der Kommission zur Zusammenführung von Finanzhilfebeschlüssen und Umsetzungsvereinbarungen zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten nach der Bereitstellung der Finanzmittel durch das Parlament und den Rat für interessant und sachdienlich, da dies Zeitersparnis und folglich eine schnellere Reaktion ermöglichen würde;

16. ist der Ansicht, dass der EUSF aufgrund der Ungewissheit und Unvorhersehbarkeit der Zahl und der Schwere der möglichen Katastrophen, so wie zurzeit, nicht in den Unionshaushalt einbezogen sein und dann mobilisiert werden sollte, wenn Katastrophen eintreten;

17. befürwortet den Gedanken, dass die Einführung möglicher Vorschusszahlungen, unmittelbar nachdem der betroffene Mitgliedstaat einen Antrag auf Unterstützung gestellt hat, ebenfalls eine gangbare Form der Beschleunigung des Prozesses der Auszahlung der Finanzhilfe an die von großen Katastrophen betroffenen Länder darstellt und zur Verbesserung der Wirksamkeit des EUSF beitragen würde; ist der Auffassung, dass die Vorschusszahlungen, falls sie beschlossen werden, einen festen Prozentsatz des voraussichtlich zu gewährenden Gesamtbetrags der Finanzhilfe ausmachen sollten und dass sie bei einer Ablehnung des Antrags in den Unionshaushalt zurückfließen müssten;

Mehr Klarheit in Bezug auf Anwendungsbereich und Definitionen

18. fordert die Kommission auf, den Anwendungsbereich des Fonds klar festzulegen und dabei jegliche Rechtsunsicherheit über dessen Umfang zu beseitigen, sowie die Einreichung von Anträgen seitens der Mitgliedstaaten zu verhindern, die, obwohl sie wissen, dass ihre Anträge abgelehnt werden müssen, sich von ihren Bürgern unter Druck gesetzt sehen;

19. ist der Meinung, dass die Begleitschäden einer Katastrophe, die „Kaskadeneffekte“ verursacht, weiter für Mittel aus dem Fonds in Betracht kommen müssen, wenn sie die sozioökonomische Struktur einer Region erheblich beeinträchtigen;

20. betont die Notwendigkeit, deutlich und einfach zu definieren, was eine Katastrophe auf regionaler Ebene ist, und die Förderfähigkeit der Bewältigung von Katastrophen zu klären, die auf regionaler Ebene eintreten, indem ein einfaches und objektives Kriterium eingeführt wird, mit dem sie den übrigen Katastrophen gleichgestellt werden können, und indem jegliche Möglichkeit einer spekulativen Interpretation und jeder Zweifel in Bezug auf ihre mögliche Zulässigkeit für die Antragsteller ausgeschlossen werden;

21. ist der Ansicht, dass das auf dem BIP-Schwellenwert basierende Kriterium als allgemeines Grundkriterium für Katastrophen aller Art angenommen werden kann; hebt hervor, dass es bei Anwendung als Indikator zur Ermittlung der Förderfähigkeit der Bewältigung einer Katastrophe regionaler Dimension an das Niveau des regionalen BIP des letzten Jahres angepasst werden muss, aus dem offizielle Zahlen vorliegen, und dabei ein vordefinierter Gewichtungsfaktor anzuwenden ist, der die nicht in Bezug auf Einkommen quantifizierbaren Verluste sowie die direkten und indirekten Auswirkungen erfasst, die im Allgemeinen eine regionale Katastrophe begleiten und häufig weit größer sind als die in Bezug auf Einkommen verbuchten Auswirkungen;

22. vertritt die Auffassung, dass der zur Bestimmung der Förderfähigkeit der Bewältigung einer Katastrophe regionaler Art vorgeschlagene Schwellenwert der Schäden von 1,5 % des regionalen BIP auf der NUTS-2-Ebene[8] die Erwartungen in Bezug auf die Zulässigkeit oder Nichtzulässigkeit einer potenziellen Forderung nach Mobilisierung des Fonds klarstellen würde, unterstreicht aber, dass damit praktisch dasselbe Ergebnis erreicht wird, wie mit den jetzigen für regionale Katastrophen geltenden Kriterien, und folglich fast alle Katastrophen auf regionaler Ebene nach wie vor nicht für Finanzhilfen in Betracht kämen; hebt deshalb hervor, dass ein so hoher Schwellenwert nicht die von den Bürgern erwartete Lösungen bieten kann und folglich die Enttäuschung der Opfer einer Katastrophe nicht verhindert wird, die sich im Gegenteil weiter über die Haltung der Union wegen ihrer mangelnden Sensibilität gegenüber ihren Bürgern beklagen werden;

23. weist darauf hin, dass die Verhütung von Katastrophen bei den politischen Maßnahmen der EU eine zentrale Rolle spielt und das kostengünstigste Mittel darstellt, die Anfälligkeit gegenüber Katastrophen zu reduzieren; betont, dass die Regionen der EU sämtliche für einen nachhaltigen Katastrophenschutz verfügbaren Finanzierungsmöglichkeiten kohärent nutzen sollten;

24. betont, dass die Dürre weiterhin als eine der Krisensituationen eingestuft werden muss, in denen Mittel aus dem EUSF in Anspruch genommen werden können, um hauptsächlich die sozioökonomischen und ökologischen Auswirkungen dieser Erscheinungen im Zusammenhang mit den Festlegungen in der Wasserrahmenrichtlinie zu lindern, wobei zu beachten ist, dass es sich um ein dauerhaftes strukturelles Problem handelt, das sich kaum an die festgelegten Antragsfristen anpassen lässt, und das schwerwiegende Auswirkungen auf die soziale und wirtschaftliche Entwicklung der betroffenen Regionen hat; hebt deshalb hervor, dass bei schweren Dürreperioden oder anderen sich langsam entwickelnden Katastrophen spezifische Bestimmungen eingeführt werden müssen, um das Datum der ersten Aktion der Behörden gegen das Phänomen festzulegen und so eine schnelle und rechtlich eindeutige Reaktion zu ermöglichen;

25. fordert die Kommission auf, die Kriterien abzuwägen und anzupassen, damit der EUSF auf die für den Mittelmeerraum typischen Naturkatastrophen reagieren kann, die in den letzten Jahren, zum Teil aufgrund des Klimawandels, die schwersten Katastrophen dieser Art in der Union darstellen;

26. weist darauf hin, dass der EUSF nicht sämtliche durch Naturkatastrophen verursachten Schäden abdeckt und dass deshalb die von diesen Instrument abgedeckten Schäden in einem künftigen Verordnungsvorschlag sorgfältig definiert werden müssen;

27. hebt hervor, dass es mit den vorhandenen Instrumenten außerordentlich schwierig ist, auf EU-Ebene angemessen auf Krisen größeren Ausmaßes zu reagieren, die nicht natürlichen Ursprungs sind, wie bei Industrieunfällen oder schweren Krisen im Bereich der öffentlichen Gesundheit festgestellt wurde, und dass die Europäische Union, wenn solche Ereignisse eintreten, über geeignete Instrumente für eine angemessene Reaktion verfügen muss;

28. verweist auf die Notwendigkeit, dass der EUSF ergänzend zu anderen Finanzinstrumenten, z. B. den Strukturfonds, eine Reaktion auf Naturkatastrophen finanziert, sodass Synergien mit den genannten Instrumenten und damit zusammenhängenden Programmen ausgenutzt werden;

29. betont, dass den Regionen im kommenden Finanzrahmen 2014‑2020 eine ausreichende Flexibilität geboten werden muss und dass sie die ihnen zugeteilten Mittel umzuverteilen in der Lage sein müssen, damit sie die verfügbaren Mittel im Katastrophenfall aufstocken können, wenn sie dies für erforderlich halten, und fordert die Kommission auf, die geltende Verordnung rechtzeitig mit Blick auf den neuen Finanzrahmen zu überarbeiten;

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30. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

  • [1]  ABl. L 311 vom 14.11.2002, S. 3.
  • [2]  ABl. C 283 vom 20.11.2002, S. 1.
  • [3]  ABl. C 291 E vom 7.12.2006, S. 331.
  • [4]  ABl. C 181 vom 21.6.2012, S. 52.
  • [5]  ABl. C 153 vom 18.6.2008, S. 1.
  • [6]  Sonderbericht Nr.3/2008 des Europäischen Rechnungshofs; Bericht der Kommission: Solidaritätsfonds der Europäischen Union - Jahresbericht 2010, KOM(2011)0694 endgültig, 31.10.2011; Bericht der Kommission: Solidaritätsfonds der Europäischen Union Jahresbericht 2008 und Bericht über die Erfahrungen nach sechsjähriger Anwendung des neuen Instruments, KOM(2009)0193 endgültig, 23.4.2009; Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Die Zukunft des Solidaritätsfonds der Europäischen Union“, KOM(2011)0613 endgültig, ECO/319, 28.3.2012.
  • [7]  ABl. L 311 vom 14.11.2002, S. 3.
  • [8]  Eurostat-Systematik der Gebietseinheiten für die Statistik, Regionalebene 2: Basisregionen für die Umsetzung regionaler Politiken.

BEGRÜNDUNG

Der Solidaritätsfonds: zehn erfolgreiche Jahre bei der Umsetzung des Solidaritätsgrundsatzes in der EU

Nach den verheerenden Überschwemmungen 2002 in Mitteleuropa und angesichts des Fehlens eines geeigneten Mittels zur Unterstützung der betroffenen Bevölkerung und des von einer Katastrophe heimgesuchten Staates schuf die Union ein neues Instrument, den Solidaritätsfonds der Europäischen Union.

Seit damals an der seinerzeit erlassenen Verordnung keinerlei Änderung vorgenommen worden, um sie den neuen Erfordernissen anzupassen und die in den zehn Jahren ihrer Geltungsdauer festgestellten Schwächen in ihrem Funktionieren nachzubessern.

Der Fonds hat bis September 2012 finanzielle Mittel zur Behebung von Schäden aus 49 Katastrophen, in erster Linie Überschwemmungen und Brände, zur Verfügung gestellt.

In den letzten Jahren ist bei der Kommission eine wachsende Zahl von Anträgen eingegangen, teilweise aufgrund einer höheren Zahl von Katastrophen, und andererseits, weil die geltende Vorschrift nicht klar genug ist, um Zweifel darüber aus dem Weg zu räumen, inwieweit diese Unglücke die möglichen Deckungs- und Zulässigkeitskriterien, die sich auf eine Ausnahmebestimmung für sogenannte außergewöhnliche Katastrophen in einer Region stützen, erfüllen.

Der gegenwärtige Wortlaut der Verordnung für derartige Katastrophen ist mehrdeutig, da er falsche Hoffnungen bei den Bürgern der ersuchenden Mitgliedstaaten weckt. Diese Staaten reichen häufig Anträge ein, weil sie seitens ihrer Bürger und ihrer politischen Rivalen gedrängt werden, die von der EU und ihren nationalen Stellen entschlossene Maßnahmen und Reaktionen fordern.

Daraus resultiert die zwingende Notwendigkeit zur Überarbeitung der geltenden Verordnung, die so erfolgen soll, dass sich ihre Durchführung mit dem neuen Finanzzeitraum 2014–2020 deckt.

Trotz der in der Vergangenheit beobachteten Unzulänglichkeiten im Funktionieren des Solidaritätsfonds hat er sich als eines der erfolgreichsten und bewährtesten Unionsinstrumente erwiesen, denn er ist eine der wenigen Maßnahmen, mit denen die EU ihre Solidarität mit den europäischen Bürgern und ihre Bürgernähe demonstrieren kann. Ungeachtet des großen Rückhalts im Europäischen Parlament für die Vorschläge der Europäischen Kommission im Jahr 2005, die eine tiefgreifende Revision der geltenden Verordnung vorsahen, verweigerte eine erhebliche Zahl von Delegationen im Rat die Unterstützung, und das Revisionsvorhaben musste aufgegeben werden. Der Legislativvorschlag wurde zurückgezogen und ist bis heute zu den Akten gelegt.

Die veränderte wirtschaftliche Lage der EU und der meisten Mitgliedstaaten haben die Kommission in einem neuen Versuch, dieses Instrument an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen, zur Mäßigung in ihren Ambitionen und zum Vorschlag nur solcher Verfahrensänderungen veranlasst, die ohne zusätzliche Kosten zu einer verbesserten Arbeitsweise des Fonds führen können. Das Ziel dieses neuen Reformvorschlags besteht in einer Vereinfachung der Verfahren und einer größeren Klarheit, Präzision und Transparenz in den Definitionen.

Die Notwendigkeit kleinerer Änderungen zur Verbesserung der Funktionsweise und der Qualität des EUSF

Angesichts des derzeitigen politischen Klimas, das in vielen Mitgliedstaaten durch eine schwierige Haushaltslage gekennzeichnet ist, sind diese nicht in der Lage, einen ähnlichen Vorschlag wie den von 2005 zu akzeptieren. Die meisten Mitgliedstaaten haben deutlich gemacht, dass sie erheblichen Änderungen der Rechtsgrundlage bzw. der Funktionsweise des Solidaritätsfonds nicht zustimmen würden.

Folglich hat die Kommission den Gedanken an eine Wiederbelebung des Vorschlags von 2005 vollständig verworfen und präsentiert nun ihre Ideen nachdrücklich, aber moderat. Doch dass der Solidaritätsfonds effektiver werden muss, findet allgemeine Zustimmung.

Die Konsultationen der Kommission in den letzten Jahren und der Tätigkeitsbericht des Europäischen Rechnungshofs 2008 machen deutlich, dass der Fonds zwar bei großen Katastrophen zufriedenstellend funktioniert, dies aber bei Unglücken kleineren Ausmaßes, die zur regionalen Ausnahme gezählt werden müssen, nicht der Fall ist. Der Rechnungshof kommt zu dem Schluss, dass die Definition der regionalen Katastrophe unklar ist und dies Probleme bei der Einreichung von Anträgen bereitet, die zumeist abgelehnt werden.

Der Rechnungshof kritisiert zudem energisch die zu langsame Mobilisierung dieses Solidaritätsinstruments.

Zur Behebung dieser beschriebenen Unzulänglichkeiten und Probleme hat die Kommission die gegenwärtig zur Diskussion stehende Mitteilung vorgelegt. In ihrer Mitteilung über die Zukunft des Solidaritätsfonds vom Oktober 2011 stellt die Kommission ihre Gedanken zur Verbesserung des Fonds vor und beschränkt sich dabei auf bestimmte Anpassungen der bestehenden Verordnung, die jedoch ihren Sinn und Zweck und ihren Charakter bewahren. Sie verändert weder ihre Mittelzuweisung noch ihren Geltungsbereich, Themen, die beim vorangegangenen Vorschlag zur Ablehnung durch den Rat führten.

Sollten ihre Ideen positiv aufgenommen werden, beabsichtigt die Kommission, auf der Grundlage der Vereinbarungen einen neuen Verordnungsvorschlag auszuarbeiten, der ab 2014 zusammen mit den übrigen in Vorbereitung befindlichen Legislativvorschlägen in Kraft tritt. Trotz aller dieser Einschränkungen ist die Berichterstatterin fest vom Nutzen und der Zweckdienlichkeit dieses Unionsinstruments überzeugt. Neben der Hilfe bei Sofortmaßnahmen für die Betroffenen einer Katastrophe und der finanziellen Entlastung der Mitgliedstaaten in diesen Fällen bietet es Gelegenheit, die Solidarität der gesamten Europäischen Union mit ihren in einer schwierigen Situation befindlichen Bürgern zu bekunden. Die Berichterstatterin stimmt mit der Kommission in der Notwendigkeit überein, seine Effektivität durch die Verkürzung des Zeitraums zwischen dem Eintreten einer Katastrophe und der Hilfeleistung zu verbessern. Die Verwaltungsverfahren sind schleppend, kompliziert und verworren. Dies könnte mit kleinen Änderungen vermieden werden, die den Kern der bisherigen EU-Verordnung nicht verändern würden.

Angesichts der Feststellung, dass die meisten Probleme im Zusammenhang mit Anträgen entstehen, die sich auf die regionale Ausnahmeregelung berufen, sollte nach Auffassung der Berichterstatterin der Zugang zum Fonds im Falle eines als Katastrophe „kleineren Ausmaßes“ eingestuften Unglücks klar definiert werden.

Sie vertritt auch den Standpunkt, dass es bei sich langsam entwickelnden Katastrophen, die vor allem in den nördlichen Regionen der EU häufig auftreten und dabei ein strukturelles und dauerhaftes Problem darstellen, schwierig ist, sich an die in der Verordnung festgelegten Anmeldefristen zu halten. Auch dieser Punkt müsste nachgebessert werden.

Die Berichterstatterin befürwortet eine klare und präzise Definition des Begriffs Katastrophe, die Bestimmung eines allgemeinen Kriteriums zur Bewertung der Schwere der Schäden und die Festsetzung von an die geeignete territoriale Ebene angepassten Schwellenwerten, was sowohl den Mitgliedstaaten als auch den Bürgern hilft, Zweifel und negative Ansichten gegenüber der Europäischen Union in dem Sinne, sie würde auf ihre Probleme nicht die richtige Antwort bieten, aus dem Weg zu räumen.

Die Berichterstatterin tritt zudem für einen Abbau der Bürokratie bei der Mobilisierung des Fonds ein. Ihres Erachtens wäre die Bewilligung von Vorschusszahlungen sinnvoll und zweckmäßig, und die Zusammenlegung von Verfahren und Entscheidungen würde zu einer erheblichen Beschleunigung des gegenwärtigen Systems beitragen.

Sie ist der Ansicht, dass dieses Instrument auch künftig nicht zum EU-Haushaltsrahmen gehören soll, da nicht vorherzusehen ist, inwieweit es im Laufe des Jahres in Anspruch genommen werden muss. Dies würde auch mit der generellen Vorstellung des Parlaments übereinstimmen, dass solche Instrumente, die eine Reaktion auf außergewöhnliche und unvorhergesehene Krisen darstellen, außerhalb des Haushaltsrahmens bleiben müssen.

Wie die Berichterstatterin darlegte, hält sie ebenfalls eine Klarstellung der Zugangskriterien für erforderlich, insbesondere bei regionalen Katastrophen, sie ist jedoch der Auffassung, dass das auf dem regionalen BIP basierende Kriterium zwar einen guten Indikator bildet, der festgelegte Schwellenwert jedoch weiterhin zu hoch liegt, um auf die immer häufigeren und größeren Katastrophen in den europäischen Regionen zu reagieren. Ihrer Meinung nach müsste ein bestimmtes Maß an Flexibilität eingeführt werden, beispielsweise in Form eines festen Korrekturfaktors, der die nicht messbaren Schäden erfasst, wie Beeinträchtigungen im Landschafts-, Erholungs- und Umweltbereich, die erhebliche Auswirkungen auf das Leben und die sozioökonomischen Bedingungen der betroffenen Regionen haben.

Nach Meinung der Berichterstatterin muss der Fonds auch künftig intervenieren können, wenn außergewöhnliche Umstände eintreten, auch wenn die Katastrophe nicht die Förderfähigkeitsschwelle erreicht. Sie begrüßt die Initiative der Kommission, auch in dem Bewusstsein, dass es mit den derzeitigen Instrumenten sehr schwierig ist, angemessen auf Krisen größeren Ausmaßes, die nicht natürlichen Ursprungs sind, zu reagieren.

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

27.11.2012

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

36

0

1

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

François Alfonsi, Luís Paulo Alves, Victor Boştinaru, John Bufton, Salvatore Caronna, Nikos Chrysogelos, Francesco De Angelis, Tamás Deutsch, Rosa Estaràs Ferragut, Danuta Maria Hübner, María Irigoyen Pérez, Seán Kelly, Mojca Kleva Kekuš, Constanze Angela Krehl, Petru Constantin Luhan, Ramona Nicole Mănescu, Iosif Matula, Erminia Mazzoni, Jens Nilsson, Jan Olbrycht, Younous Omarjee, Tomasz Piotr Poręba, Ewald Stadler, Georgios Stavrakakis, Nuno Teixeira, Lambert van Nistelrooij, Oldřich Vlasák, Kerstin Westphal, Hermann Winkler

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter

Jan Březina, Andrea Cozzolino, Ivars Godmanis, Karin Kadenbach, Lena Kolarska-Bobińska, Heide Rühle, Vilja Savisaar-Toomast, Elisabeth Schroedter