BERICHT über eine europäische Strategie für Kunststoffabfälle in der Umwelt
6.12.2013 - (2013/2113(INI))
Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
Berichterstatter: Vittorio Prodi
ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
zu einer europäischen Strategie für Kunststoffabfälle in der Umwelt
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien (Abfallrahmenrichtlinie),
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2006/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. September 2006 über Batterien und Akkumulatoren sowie Altbatterien und Altakkumulatoren und zur Aufhebung der Richtlinie 91/157/EWG,
– unter Hinweis auf die Richtlinie 96/59/EG des Rates vom 16. September 1996 über die Beseitigung polychlorierter Biphenyle und polychlorierter Terphenyle (PCB/PCT),
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2000/53/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. September 2000 über Altfahrzeuge,
– unter Hinweis auf die Richtlinie 86/278/EWG des Rates vom 12. Juni 1986 über den Schutz der Umwelt und insbesondere der Böden bei der Verwendung von Klärschlamm in der Landwirtschaft,
– unter Hinweis auf die Richtlinie 94/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Verpackungen und Verpackungsabfälle (Verpackungsrichtlinie),
– unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen,
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2011/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten,
– unter Hinweis auf die Richtlinie 1999/31/EG des Rates vom 26. April 1999 über Abfalldeponien,
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2000/76/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Dezember 2000 über die Verbrennung von Abfällen,
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2012/19/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über Elektro- und Elektronik-Altgeräte,
– unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH),
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2008/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Meeresumwelt (Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. September 2011 zu einer erfolgreichen Rohstoffstrategie für Europa[1],
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 13. Februar 2012 mit dem Titel „Innovation für nachhaltiges Wachstum: eine Bioökonomie für Europa“ (COM(2012)0060),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 26. Januar 2011 mit dem Titel „Ressourcenschonendes Europa – eine Leitinitiative innerhalb der Strategie Europa 2020“ (COM(2011)0021) und auf seine Entschließung vom 24. Mai 2012 zum Thema „Ressourcenschonendes Europa“[2],
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Lebensversicherung und Naturkapital: Eine Biodiversitätsstrategie der EU für das Jahr 2020“ (COM(2011)0244) und auf seine Entschließung vom 20. April 2012 zu Lebensversicherung und Naturkapital: Eine Biodiversitätsstrategie der EU für das Jahr 2020[3],
– in Kenntnis des Grünbuchs der Kommission zu einer europäischen Strategie für Kunststoffabfälle in der Umwelt (COM(2013)0123),
– in Kenntnis des Beschlusses xxxx/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates über ein allgemeines Umweltaktionsprogramm der EU für die Zeit bis 2020,
– gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit und der Stellungnahme des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (A7-0453/2013),
A. in der Erwägung, dass Kunststoffabfälle nicht ausdrücklich im EU-Recht behandelt und stattdessen als Teil des allgemeinen Abfallstroms betrachtet werden, ohne dass ihre Besonderheiten berücksichtigt werden; in der Erwägung, dass diese Art Abfall künftig nicht mehr nur als Müll betrachtet werden sollte, sondern als Ressource;
B. in der Erwägung, dass Kunststoffe immer vielfältiger werden und ihr Einsatz zunimmt, wodurch größere Mengen Abfall anfallen und der Abfall häufiger mit anderen Materialien und Stoffen kombiniert wird; in der Erwägung, dass sich Kunststoff in großen Mengen ansammelt (Schätzungen zufolge treiben insgesamt 80 Mt im Atlantischen und im Pazifischen Ozean) und hunderte von Jahren in der Umwelt bestehen bleibt, wo er den Tod von Meereslebewesen und toxische Reaktionen herbeiführt und Stoffe mit endokriner Wirkung, krebserregende, erbgutverändernde oder fortpflanzungsgefährdende Substanzen, Nanopartikel und persistente organische Schadstoffe in Ökosysteme und damit in die Nahrungsmittelkette freisetzt; in der Erwägung, dass allein im Jahr 2010 auf dem EU-Markt 95,5 Mrd. Plastiktüten in Verkehr gebracht wurden, die zum größten Teil für den einmaligen Gebrauch bestimmt waren, während sie andererseits in vielen Ländern beschränkt oder verboten sind;
C. in der Erwägung, dass die unzureichende Umsetzung und Durchsetzung des EU-Abfallrechts durch die Mitgliedstaaten, fehlende konkrete Ziele und Preismechanismen, die unzureichende Binnennachfrage nach rezyklierten Materialien, die illegale Deponierung, die illegalen Ausfuhren sowie die unsachgemäße Lagerung und Behandlung und der unsachgemäße Transport von Kunststoffabfällen weltweit zu erheblichen Schäden für die menschliche Gesundheit und die Umwelt, einschließlich der marinen Tier- und Pflanzenwelt, sowie zu einer Zunahme der Ausfuhren von Abfällen geführt haben, weswegen in der EU Materialien und Arbeitsplätze verloren gehen;
D. in der Erwägung, dass ein Verbot der Deponierung von Kunststoffabfällen für sich genommen nicht die gewünschte Rückgewinnung von Rohstoffen bewirkt, sofern die entsprechenden Abfallmengen stattdessen Müllverbrennungsanlagen zugeführt werden;
E. in der Erwägung, dass im Fall des Kunststoffabfalls der Schwerpunkt auf die Vermeidung und Minimierung gelegt werden sollte und die Hersteller dazu angehalten werden sollten, sich schon zum Zeitpunkt der Konzeption ihrer Produkte für alternative und nachhaltigere Materialien zu entscheiden;
F. in der Erwägung, dass Ökoinnovation und Design bei Kunststofferzeugnissen von entscheidender Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit der EU sind und der Wirtschaft helfen, auf den Druck der hohen Ressourcenpreise und die Materialknappheit zu reagieren, und die Entwicklung von Schlüsseltechnologien (Key Enabling Technologies – KET) für eine nachhaltige Gesellschaft vorantreiben;
G. in der Erwägung, dass die EU hinsichtlich der Schaffung von Arbeitsplätzen und des Wachstums von konkreten Bemühungen um eine durch mehr Recycling herbeigeführte, ausgeglichene, ressourceneffiziente, von Giftstoffen freie und vollständige Kreislaufwirtschaft profitieren könnte, welche auf dem Konzept von ungefährlichem Abfall als Rohstoffquelle beruht; in der Erwägung, dass das wirtschaftliche Potenzial des Recyclings von Kunststoffabfällen derzeit weit über den 33 % liegt, die in diesem Zusammenhang bei Verpackungsabfällen aus Kunststoff erzielt werden, bzw. den 25 %, die beim gesamten Kunststoffabfall erzielt werden, und dass hohe Recyclingraten in Fällen von Rohstoffknappheit Vorteile bringen können;
H. in der Erwägung, dass in der EU ca. 1,6 Millionen Menschen in der Kunststoffindustrie beschäftigt sind;
I. in der Erwägung, dass in der Strategie Europa 2020 ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum gefordert wird;
1. begrüßt das Grünbuch der Kommission und stellt fest, dass gezielte Maßnahmen zu Kunststoffabfall im EU-Recht sowie eine einheitlichere, konsequentere und strengere Anwendung und Durchsetzung der im Bereich Abfall geltenden Rechtsvorschriften notwendig sind, gerade mit Blick auf die Abfallhierarchie, die die Stufen Vermeidung, Wiederverwendung, Recycling und Verwertung umfasst, und insbesondere in den Mitgliedstaaten, die die derzeit bestehenden Ziele noch nicht erreicht haben;
2. ist der Ansicht, dass die strategische Planung der Ausgangspunkt für eine wirkungsvolle Abfallbewirtschaftung sein kann;
3. betont, dass die Verpackungsrichtlinie dringend überarbeitet werden muss und Normen für Kunststoffabfall vorgeschlagen werden müssen, die über Produktvorschriften und ‑normen hinausgehen, weil es gilt, den Ansatz der EU in Bezug auf die Abfallströme und die Kreislaufwirtschaft im Rahmen der laufenden „Fitness Checks“ der einschlägigen Rechtsvorschriften kohärenter zu gestalten, und weil die Verpackungsrichtlinie die einzige Rechtsvorschrift ist, in der ein spezifisches Ziel für die Sammlung von Kunststoffabfällen genannt wird, Verpackungen und vor allem Einwegerzeugnisse jedoch etwa 40 % der Kunststoffabfälle ausmachen; ist der Ansicht, dass die Kommission, um das zu erreichen, bei der Ausarbeitung zukünftiger Vorschläge berücksichtigen sollte, dass Kunststoffabfälle kein homogenes Material sind und dass Kunststoffabfallströme Materialien, Zusätze und Kunststoff enthaltende Verbundwerkstoffe verschiedener Art enthalten, die einer unterschiedlichen Behandlung bedürfen; stellt jedoch fest, dass Kunststoffverpackungen zwar zur Erhaltung der Qualität und zur Verlängerung der Haltbarkeitsdauer von Produkten beitragen, aber für die Haltbarmachung nicht immer erforderlich sind;
4. betont, dass das EU-Recht im Bereich Kunststoffabfall vor allem auf dessen Verringerung abzielen sollte, und deshalb überarbeitet und um folgende Punkte ergänzt werden sollte:
– spezifische verbindliche Ziele für die Sammlung, Sortierung (die das ambitionierte Niveau von 80 % erreichen könnten) und das Recycling in den einzelnen Kunststoffabfallströmen (z. B. Elektro- und Elektronik-Altgeräte, Altfahrzeuge, Verpackungen, landwirtschaftliche Abfälle, Bauschutt usw.) sowie verbindliche Kriterien für die Recyclingfähigkeit (unter Klarstellung der Unterscheidungen zwischen mechanischem/organischem Recycling und Verwertung/Verbrennung); als schrittweise zu verwirklichendes, ambitioniertes Ziel sollten bis 2020 rezyklierte Kunststoffe ohne gefährliche Zusätze, deren Gebrauch in neuen Erzeugnissen nicht mehr erlaubt ist, angestrebt werden; einige Mitgliedstaaten werden eine Übergangsfrist benötigen, um die auf EU-Ebene festgelegten Ziele zu verwirklichen;
– die EU-weite Harmonisierung der Kriterien für Sammlung, Sortierung und allgemeine Abfallbewirtschaftung, um in Einklang mit der Abfallhierarchie gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, auch was die Beseitigung von technischen, ordnungspolitischen, administrativen und wirtschaftlichen Hindernissen für das Recycling anbelangt;
– eine besondere Kennzeichnung von Materialien, um die Verbraucher über die mechanische bzw. organische Recyclingfähigkeit eines Produkts zu informieren, einschließlich Angaben für die Verbraucher dazu, wie die Sortierung und das Recycling gesteigert werden können;
– Kriterien für die Ersetzung von Einweg- und kurzlebigen Kunststofferzeugnissen durch wiederverwendbare und langlebigere Materialien;
5. stimmt dem Gedanken zu, dass Kunststoffabfälle als kostbare Ressourcen behandelt werden sollten, indem ihre Wiederverwendung, ihr Recycling und ihre Verwertung gefördert werden und die Schaffung eines geeigneten Marktumfelds ermöglicht wird; fordert die Kommission auf, bis 2014 Vorschläge vorzulegen, um die Deponierung von recyclingfähigen und verwertbaren Abfällen bis 2020 schrittweise abzuschaffen, ohne jedoch infolgedessen bei der Schaffung von Anreizen die Option der energetischen Verwertung über das Recycling zu stellen, wobei auf alle Entsorgungswege Kriterien der ökologischen Effizienz angewandt werden; vertritt die Auffassung, dass es daher abgesehen von den oben erwähnten Zielvorgaben für das Recycling entscheidend ist, geeignete Maßnahmen gegen das Verbrennen von recyclingfähigen, kompostierbaren und biologisch abbaubaren Kunststoffen einzuführen, um den Lebenszyklus der einzelnen Kunststoffarten zu optimieren und gleichzeitig die Abfallhierarchie einzuhalten; weist darauf hin, dass dies auch eine der Nachhaltigkeit entgegenstehende Tendenz umkehren dürfte, der zufolge die Verwendung fabrikneuer Erzeugnisse anstelle von teureren rezyklierten Erzeugnissen bisher bevorzugt wird; betont, dass die Recyclingfähigkeit und die Reparaturfähigkeit von Produkten bereits in der Phase ihrer Konzeption berücksichtigt werden sollten; fordert die Kommission daher auf, Maßnahmen für die Produktgestaltung vorzuschlagen, mit denen die Umweltverträglichkeit von Produkten insgesamt verbessert, dem Anfallen überschüssiger Abfälle vorgebeugt und die Recyclingmärkte gefördert werden; ist der Ansicht, dass bei der Gestaltung von Kunststoffprodukten in jedem Fall ihre maximale Beständigkeit im Vordergrund stehen sollte, wobei der gesamte Lebenszyklus des Produkts berücksichtigt wird; ist der Ansicht, dass die Kommission im Rahmen neuer Rechtsvorschriften über Kunststoffabfall erwägen sollte, bis zum Jahr 2020 verstärkte Kontrollen bei der Annahme von Abfällen auf Deponien einzuführen und die Kontrollen von Verbrennungsanlagen zu verstärken;
6. fordert nachdrücklich, dass Kunststoffabfälle nur dann zur energetischen Verwertung genutzt werden, wenn alle sonstigen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden und die dabei eingesetzten Technologien über die erforderlichen Reinigungssysteme verfügen, damit Umweltschäden und Beeinträchtigungen der menschlichen Gesundheit verhindert werden;
7. ist der Ansicht, dass die gefährlichsten Kunststoffe, die wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge am schädlichsten für die menschliche Gesundheit und die Umwelt sind (wie z. B. Kunststoff-Mikropartikel und oxo-biologisch abbaubare Kunststoffe) bzw. die Schwermetalle und andere Stoffe enthalten, welche zudem die Recyclingverfahren erschweren können, schrittweise vom Markt genommen oder so bald wie möglich und noch vor 2020 ganz verboten werden sollten, um einen Markt für wiederverwendete und rezyklierte Materialien aufzubauen, und ist der Ansicht, dass diese Materialien ab sofort getrennt gesammelt werden sollten; ist in diesem Zusammenhang der Ansicht, dass die Ersetzung von gefährlichen Kunststoffen und Zusätzen unterstützt werden sollte, auch durch die Ergänzung der in der Richtlinie zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe aufgeführten Liste von Stoffen, die Beschränkungen unterliegen; ist außerdem der Ansicht, dass, wie von der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger und der Verbraucher der EU[4] gefordert, Einwegtüten sowie nicht rezyklierbare, nicht biologisch abbaubare und nicht kompostierbare Plastiktüten drastisch reduziert und nach Möglichkeit schrittweise vom Markt genommen werden sollten, und dass es wichtig ist, das Problem der Abfallvermeidung anzugehen, indem wirksamere Maßnahmen ergriffen werden, um die übermäßige Nutzung und die verantwortungslose Entsorgung von Einweg-Erzeugnissen zu bekämpfen;
8. weist darauf hin, dass Nachhaltigkeit in einer Welt, in der die natürlichen Ressourcen einschließlich der Ackerflächen immer knapper werden, bedeutet, dass eine Ressource nicht bloß durch eine andere Ressource ersetzt wird, sondern absolut betrachtet weniger Ressourcen verbraucht werden; hebt hervor, dass geeignete Maßnahmen zur Förderung von biologisch abbaubaren, biobasierten und kompostierbaren Kunststoffen ergriffen werden sollten, sofern deren Produktion keine negativen Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Erzeugung von Lebensmitteln und Futtermitteln oder auf die Umwelt hat; betont, dass auf bereits anerkannte EU-Normen (nämlich CEN-Norm EN 13432) aufzubauen ist, damit den Verbrauchern, den Recyclingbetrieben und den abfallwirtschaftlich tätigen Unternehmen eine bessere Unterscheidung zwischen abbaubaren, biologisch abbaubaren und kompostierbaren Kunststofferzeugnissen ermöglicht wird und ihnen genauere Informationen über deren Eigenschaften, die Recyclingfähigkeit und die mögliche Wiederverwendung bereitgestellt werden;
9. fordert mehr öffentliche und private Investitionen in Forschung und Technologien, die auf die Verfügbarmachung nachhaltigerer Kunststoffe (d. h. durch den geringeren Verbrauch von Rohstoffen bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung derselben Qualität, Wiederverwendbarkeit und Recyclingfähigkeit) und eine bessere Integration verschiedener Kunststoffarten in Produktionsprozesse und Wiederaufbereitungstätigkeiten ohne Beeinträchtigung der Materialqualität abzielen; vertritt die Auffassung, dass auch für Verbesserungen bei biologischen Kunststoffabbauprozessen, Abfallsortiermethoden, Behandlungen und mechanischem Recycling, der Verwertung von Kunststoffen aus den Ozeanen, Ökodesign und intelligenter Verpackung neue Technologien notwendig sind; ist der Ansicht, dass das Programm Horizont 2020 entsprechende Möglichkeiten bieten könnte, um sich dieser wichtigen gesellschaftlichen Notwendigkeit zu stellen, und dass die Vorteile sowohl für die Umwelt als auch für die Bürgerinnen und Bürger weitreichend wären, von der Schaffung neuer Wirtschaftstätigkeiten (z. B. anspruchsvolle Abfallsortierung durch menschliche Arbeitskraft) bis hin zur Reduzierung von Abfällen im Meer und gesundheitlichen Risiken; betont, dass sich dadurch insbesondere jungen Menschen die Chance bieten kann, in neuen Betätigungsfeldern zu wirken und auf diese Weise in den Arbeitsmarkt integriert zu werden; weist darauf hin, dass sich bei vollständiger Umsetzung des EU-Abfallrechts jährlich 72 Mrd. EUR einsparen, der Jahresumsatz der Abfall- und Recyclingbranche in der EU um 42 Mrd. EUR steigern und bis 2020 über 400 000 Arbeitsplätze schaffen ließen; betont, dass auch im Rahmen anderer EU-Fonds ein wichtiger Beitrag zum Aufbau einer Sammlungs- und Recyclinginfrastruktur geleistet werden kann, wenn sie konsequent im Einklang mit der Abfallhierarchie der Abfallrahmenrichtlinie eingesetzt werden;
10. spricht sich für Maßnahmen aus, mit denen das Recycling von Kunststoff als die beste Möglichkeit zur Verwirklichung von Umweltschutzzielvorgaben gefördert wird; fordert, dass mehr Ausschreibungen öffentlicher Aufträge, auch die der EU-Organe, klare Forderungen im Hinblick auf das Recycling von Kunststoffabfällen sowie nach Möglichkeit die bevorzugte Verwendung von rezykliertem Kunststoff vorsehen;
11. ist der Ansicht, dass sowohl die Mitgliedstaaten als auch die Kommission entschlossener handeln müssen, um gegen illegale Ausfuhren und die Deponierung von Kunststoffabfällen vorzugehen, u. a. durch eine strengere Durchsetzung der EU-Verordnungen über die Verbringung sowie durch strengere Überwachungs- und Kontrollsysteme in den Häfen und an allen Abfallbehandlungsanlagen, in deren Rahmen mutmaßliche Fälle illegaler Verbringung ermittelt werden und die Ausfuhr von Abfällen zur Wiederverwendung (insbesondere Altfahrzeuge und Elektro- und Elektronik-Altgeräte) bekämpft wird, und um sicherzustellen, dass die Ausfuhren nur in solche Anlagen gelangen, die die Anforderungen an eine umweltgerechte Behandlung gemäß Artikel 49 der Verordnung über die Verbringung von Abfällen erfüllen; merkt an, dass die Anwendung des Grundsatzes der erweiterten Herstellerverantwortung sowie das Verbraucherbewusstsein bei der Verhinderung illegaler Ausfuhren und einer erheblichen Verringerung von Kunststoffabfällen in der Umwelt eine wichtige Rolle spielen; ist der Ansicht, dass die EU bei allen möglichen internationalen Foren, Vereinbarungen und Institutionen einen kohärenten Ansatz für die Abfallbewirtschaftung fördern sollte; hebt hervor, dass die EU eine weltweite Initiative zur Überwachung und deutlichen Verringerung von Abfällen in den Ozeanen leiten sollte; vertritt die Auffassung, dass der Zugang zu zuverlässigen und vergleichbaren Daten über Abfallströme nach und aus Europa, Abfallmengen und ‑bewirtschaftungssysteme von wesentlicher Bedeutung ist;
12. ist der Ansicht, dass der Finanzierung von Recyclinginfrastrukturen gegenüber der Finanzierung von Abfalldeponien und Abfallverbrennungsanlagen Vorrang eingeräumt werden sollte, wobei selbstverständlich den Bedürfnissen jeder einzelnen Kommune Rechnung getragen werden muss; legt europäischen Gemeinden und lokalen Gebietskörperschaften, der Kunststoffindustrie und der Recycling- und der Abfallbewirtschaftungsbranche nahe, alle möglichen Anstrengungen zu unternehmen, um die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen auf der Grundlage einer breit angelegten Debatte über „geplante Obsoleszenz“ zur Annahme eines Kreislaufwirtschaftskonzepts für Kunststoffabfall zu bewegen und Anreize dafür zu bieten, indem sie einfache und effektive Trennungs-, Sammlungs-, Wiederverwendungs- und Recyclingsysteme fördern und geeignete Sammelstellen für Kunststoffabfall einrichten, insbesondere in Küstengebieten und ökologisch sensiblen Gebieten, wobei mit der Durchführung dieser Maßnahmen vorrangig in den Gebieten begonnen wird, die von den EU-Mitgliedstaaten zu geschützten Gebieten bzw. Nationalparks erklärt wurden; ist der Ansicht, dass sie einen bedeutenden Beitrag zur europaweiten Harmonisierung der Tätigkeiten der Kunststoffabfallbewirtschaftung leisten könnten, indem sie sich auf gemeinsame Normen und Verfahren einigen; legt den regionalen Gebietskörperschaften nahe, im Hinblick auf die integrierte Abfallbewirtschaftungsplanung zusammenzuarbeiten, wenn dies sowohl in ökologischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht praktikabel ist, und insbesondere die Einrichtung von „landwirtschaftlichen Sammelstellen“ für landwirtschaftliche Kunststoffabfallströme (z. B. Kunststoff in Gewächshäusern) zu fördern;
13. spricht sich im Hinblick auf die Sensibilisierung für konkrete Maßnahmen und Kampagnen wie die Einrichtung eines Europäischen Tags des Kunststoffabfalls aus, an dem Bürgerinnen und Bürger Kunststoffabfälle egal welcher Menge an vorgegebenen Stellen, z. B. gegen eine angemessene finanzielle Vergütung, zurückgeben können, als ein Mittel, die Versorgung mit recyclingfähigem Kunststoff zu sichern und das Bewusstsein der Öffentlichkeit für Recycling und Ressourceneffizienz zu schärfen; vertritt die Auffassung, dass auch Säuberungsaktionen von Gemeinden (z. B. an Stränden) zu dieser Veranstaltung gehören könnten, als symbolischer Beitrag zur Eindämmung der Umweltverschmutzung durch Kunststoffabfälle; fordert, dass Synergien zwischen dieser Art von Veranstaltung und der Kampagne „Let‘s do it!“, der Europäischen Woche zur Abfallvermeidung (EWWR) und dem künftigen „Clean-Up Day“ geschaffen werden; begrüßt das Pilotprojekt MARELITT der Kommission zur Beseitigung von Abfällen im Meer in den vier Meeresräumen der EU und zur Linderung der ökologischen, gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen von Kunststoffabfällen im Meer; schlägt vor, dass die Kommission ihren Dialog mit Drittländern wie z. B. denen mit Hoheitsgewässern im Schwarzen Meer ausweitet, um das Problem der Kunststoffabfälle im Meer wirksamer anzugehen;
14. betont, dass im Vorfeld neuer Initiativen in den Bereichen Umweltschutzpolitik, Ökoinnovation, Abfallbewirtschaftung und Biowirtschaft auf EU-Ebene solide Folgenabschätzungen durchgeführt werden sollten, auch hinsichtlich der sozialen Auswirkungen und der generierten Arbeitsmarktchancen, und zwar insbesondere mit Blick auf das Beschäftigungspotenzial und die erforderliche Einführung von Erst- und Berufsausbildungen, damit Arbeitsplätze im Umweltbereich geschaffen werden können;
15. weist erneut darauf hin, dass die Mitgliedstaaten Wirtschafts- und Umweltschutzbelange miteinander in Einklang bringen und zugleich Initiativen fördern sollten, die den Ausbau der Branchen mit dem höchsten Beschäftigungspotenzial in Bezug auf menschenwürdige Arbeit ermöglichen und insbesondere zum Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und zur Schaffung dauerhafter, anspruchsvoller Arbeitsplätze in einer ressourcenschonenderen Wirtschaft entsprechend der Strategie Europa 2020 beitragen; fordert die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf, die Vorschriften über Gemeinwohldienstleistungen mit den umweltpolitischen Zielvorgaben abzustimmen, damit die vielfältigen Ziele erreicht werden können und dabei die Schaffung neuer Arbeitsplätze im Umweltbereich begünstigt wird;
16. vertritt die Ansicht, dass vorrangig zu ermitteln ist, woran auf dem Arbeitsmarkt künftig Bedarf bestehen wird und welche Kompetenzen nachgefragt werden; weist nachdrücklich darauf hin, dass Strategien für die Abstimmung der Kompetenzen der Arbeitnehmer auf die künftigen Arbeitsmarkterfordernisse erforderlich sind; betont in diesem Zusammenhang, dass zur Bewältigung des Übergangs zu einer ressourcenschonenderen Wirtschaft ein angemessener Grad an Ausbildung und Kompetenz nötig ist, damit Ökoinnovationen gedeihen können und das EU-Abfallrecht ordnungsgemäß umgesetzt werden kann; empfiehlt den Mitgliedstaaten, den Themenbereich der Kreislaufwirtschaft in ihre Berufsbildungsangebote aufzunehmen; stellt fest, dass durch die Ausbildung sowohl der empfundene Status der Arbeit in der Recyclingbranche als auch die Mitarbeiterbindung sowie die Gesundheitsschutz- und Sicherheitspraxis verbessert werden können; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass im Rahmen des Europäischen Sozialfonds entsprechend dem von der Kommission im Februar 2013 vorgestellten Sozialinvestitionspaket durch die Förderung von Berufsausbildungen und Lernangeboten am Arbeitsplatz dazu beigetragen werden kann, den Bedarf an dauerhaften, anspruchsvollen Arbeitsplätzen in ressourcenschonenderen Wirtschaftszweigen zu decken;
17. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.
- [1] ABl. C 51 E vom 22.2.2013, S. 21.
- [2] Angenommene Texte, P7_TA(2012)0223.
- [3] Angenommene Texte, P7_TA(2012)0146.
- [4] Konsultation zu Möglichkeiten, die Verwendung von Kunststofftragetaschen zu reduzieren und die Anforderungen für biologische Abbaubarkeit gemäß der Richtlinie 94/62/EG über Verpackungen und Verpackungsabfälle sowie die Sichtbarkeit von biologisch abbaubaren Verpackungen für die Verbraucher zu verbessern – Statistik: http://ec.europa.eu/environment/waste/packaging/pdf/statistics_consultation.xls
BEGRÜNDUNG
Die Kunststoffindustrie in Europa erwirtschaftet einen Umsatz von ca. 300 Mrd. EUR im Jahr und beschäftigt 1,54 Millionen Menschen, die ihr Abfallaufkommen betreffenden Daten sind jedoch nach wie vor nicht konsolidiert und schwanken zwischen 25 Mt, die der Kommission zufolge im Jahr 2008 angefallen sind, und 13 Mt, die der EUA zufolge im Jahr 2010 erzeugt wurden. Ohne zuverlässige und vergleichbare Daten zu Produktion, Sammlung, Sortierung, Recycling, Verwertung und Entsorgung von Kunststoffen ist die Gestaltung einer zielgerichteten und wirksamen Strategie schwierig, insbesondere was Maßnahmen gegen illegale Abfallströme betrifft. Es ist offensichtlich, dass die Umweltauswirkungen von Kunststoff noch immer unterschätzt werden.
Als Teil des laufenden „Fitness-Checks“ von Abfallstrom-Richtlinien bietet dieses Grünbuch rechtzeitig die Gelegenheit, eine kohärente und ambitionierte Harmonisierung der Rechtsvorschriften anzustreben. Der erste Schritt sollte daher in der Schaffung von spezifischen EU-Rechtsvorschriften über Kunststoffabfall und den damit zusammenhängenden Zielvorgaben sowie der strengen Umsetzung der geltenden Vorschriften bestehen.
Angesichts der Tatsache, dass um die 40 % des Abfalls von Verpackungen stammen, ist es sinnvoll, unsere Beurteilung damit zu beginnen. Es bestehen keine Zielvorgaben für Kunststoffabfälle, außer in der Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle, die seit 1994 unverändert ist und in der die Menge des zu sammelnden Kunststoffs auf 22,5 % festgelegt wurde. Es ist Zeit, diese Normen an die neue Produktionsrealität anzupassen und in Bezug auf die Hierarchie der Abfallrahmenrichtlinie mit den Umweltschutzverpflichtungen anderer Branchen in Einklang zu bringen. Wenn die Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle nicht umstrukturiert wird, indem die den Handel, die Industrie und den Wettbewerb betreffenden Standards und Normen von den Umweltschutzverpflichtungen getrennt werden, werden wir 40 % des Problems nicht lösen können. Bei der Überarbeitung dieser Richtlinie sollten Vorschriften über Ökodesign aufgenommen werden, die das Sammeln und Sortieren des Abfalls mit dem Ziel eines effizienten Recyclings ermöglichen, unter Verwendung neuer Technologien (zum Beispiel Infrarot und spezielle Kennzeichnung) und recyclingfähiger Materialien. Dadurch könnte unsere europäische Industrie außerdem Maßstäbe setzen und gleichzeitig ihre weltweite Wettbewerbsfähigkeit bewahren oder sogar steigern.
Außerdem sollte die Industrie größere Anstrengungen hinsichtlich der Transparenz von Informationen unternehmen, um die Merkmale der Erzeugnisse, die auf den Markt gebracht werden, klar zu definieren: Die Verbraucher müssen wissen, ob der Kunststoff, den sie kaufen, recyclingfähig, kompostierbar, biologisch abbaubar oder verwertbar ist, um den Sortiervorgang zu erleichtern. Diese Art von Innovation würde Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten anregen, die Schaffung von Arbeitsplätzen fördern und gleichzeitig der Umwelt zugutekommen. Durch all diese Maßnahmen würde die Abfallhierarchie umgesetzt und dafür gesorgt, dass Recycling auf die Wiederverwendung von Kunststoffen folgt, aber Vorrang vor der energetischen Verwertung durch Verbrennung hat. Allgemein wird die Ansicht vertreten, dass Deponien als tragbare Option zur Behandlung von Kunststoffabfall nicht einmal in Erwägung gezogen werden sollten, und wir hoffen, dass ein endgültiger Termin für ihr Verbot (wir schlagen 2020 vor, da einige Mitgliedstaaten noch immer Schwierigkeiten mit einer weitverbreiteten getrennten Abfallsammlung haben und auf keine anderen Optionen zurückgreifen können) festgelegt wird.
Kunststoff ist eine zu kostbare Ressource, um auf Deponien entsorgt oder gar schlicht verbrannt zu werden. Wenn wir die europäische Leitinitiative zur Ressourceneffizienz kohärent machen und das Konzept einer Kreislaufwirtschaft auch für Kunststoff verfolgen wollen, müssen wir aufhören, bestimmte Aktivitäten zugunsten der Nachhaltigkeit entgegenstehender Bewirtschaftungsformen wie der Entsorgung auf Deponien oder der Verbrennung recyclingfähigen Kunststoffs zu unterstützen.
Insbesondere muss genau definiert werden, was Verwertung ist, und es muss der Mythos widerlegt werden, sie sei dem Recycling gleichzusetzen (vor allem wenn wir mit Verwertung die energetische Verwertung durch die Verbrennung von Kunststoffen meinen). Es sollte keine Entweder-oder-Wahl, sondern bevorzugt ein linearer Prozess bestehen, bei dem an erster Stelle die Reduzierung, dann die Wiederverwendung und schließlich das Recycling stehen. Wie können wir rezyklierten Kunststoff attraktiver machen, wenn die derzeitigen Marktpreise zu hoch sind, um wiederverwendeten Kunststoff besser in neue Kunststoffproduktionsprozesse zu integrieren? Warum ist rezyklierter Kunststoff teurer als die neu produzierten Arten? Sollten wir also nicht Anreize für Recyclingaktivitäten anstelle von Anreizen für die Verbrennung (wie wir es bisher getan haben) bieten, sodass die Verbrennung von recyclingfähigem und biologisch abbaubarem Kunststoff zu teuer wird und veraltet? Letztendlich handelt es sich um ein Problem, das für uns zunehmend sichtbar wird: Was soll mit den Verbrennungsanlagen Europas geschehen, die bisher mit direkten oder indirekten Subventionen unterstützt werden, um ihren Überkapazitäten gerecht zu werden? Es ist an der Zeit, dass wir stattdessen Recyclinganlagen direkt oder indirekt unterstützen. Wir müssen mehr rezykliertes Material auf den Markt bringen, damit seine Produktionsstückkosten sinken, es zu einem rentableren Bestandteil des derzeitigen Systems wird und gleichzeitig umweltfreundlichere Arbeitsplätze geschaffen werden.
Zu diesem Zweck werden mittels der Einführung von Zielvorgaben für 75 % rezyklierten Kunststoff vor 2020, von verbindlichen Kriterien für die Recyclingfähigkeit und einer besonderen Kennzeichnung im Interesse leichterer Sortierung eine Diskussion und der Einsatz fortschrittlicherer und effektiverer Bewirtschaftungssysteme für Abfallströme in Gang gesetzt. Dieser Prozess wird durch die finanzielle Förderung von Forschung und Entwicklung im Bereich besserer Recycling-, Sammlungs- und Sortierungsmethoden sowie von Werkstoffen, die insbesondere in Bezug auf ihre Wiederverwendbarkeit und Langlebigkeit fortgeschritten sind, weiter vorangebracht (wobei sichergestellt wird, dass die Ziele erreicht werden).
Kunststoffarten, die nicht in dieses Modell passen – nämlich die für die Umwelt und die Gesundheit der Menschen gefährlichsten und die nicht mit dem Fahrplan zur Ressourceneffizienz in Einklang stehenden Kunststoffe, wie z. B. oxo-biologisch abbaubare Kunststoffe, Kunststoff-Mikropartikel und Einweg-Kunststoffe – sollten schrittweise vom Markt genommen oder ganz verboten werden.
Ein weiterer grundlegender Schritt besteht darin, für das kollektive Engagement von Bürgerinnen und Bürgern, Erzeugern sowie öffentlichen Verwaltungen und Berufsverbänden zu sorgen. In diesem Rahmen ist es außerdem von entscheidender Bedeutung, durch Informationskampagnen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit – wie z. B. durch einen Europäischen Tag des Kunststoffabfalls – das Bewusstsein zu stärken. Dabei sind die lokalen Gebietskörperschaften am meisten gefordert: Sie sind zuständig für die Organisation aller Vorgänge, die mit der Entsorgung von Kunststoffen zusammenhängen, d. h. nicht nur in Bezug auf Haushaltsabfälle, sondern auch auf Industrie- und gefährliche Abfälle und gerade auch auf Abfälle der Anlagen an den Küsten und im Meer.
Abfälle im Meer sind ein erhebliches Problem, das nicht allein durch eine Kampagne gelöst werden kann. Freiwillige Maßnahmen werden entscheidend für die Sensibilisierung und die Förderung eines anderen, verantwortungsvollen Ansatzes dafür sein, wie wir unsere Meere bewirtschaften und die biologische Vielfalt erhalten, die auch eine kostbare Nahrungsquelle ist.
Ein Teil des Problems bildet der internationale Verkehr und die unzureichende Umsetzung des Basler Übereinkommens: Hier bedarf es eines stärkeren Engagements sowohl der EU als auch der nationalen Regierungen. Wir können damit beginnen, dass wir für strengere Kontrollen von Abläufen und eindeutigere Vorschriften in unseren internationalen Abkommen sorgen, auch in solchen scheinbar nicht relevanten Bereichen wie z. B. gemeinsame Nutzung von Technologien oder Bildung: Wir sollten unsere umweltgerechten Materialien, Verfahren und Projekte stärker fördern, damit weltweit ein europäischer Standard angenommen wird.
STELLUNGNAHME des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (18.10.2013)
für den Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
zu einer europäischen Strategie für Kunststoffabfälle in der Umwelt
(2013/2113(INI))
Verfasserin der Stellungnahme: Jean Lambert
VORSCHLÄGE
Der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten ersucht den federführenden Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:
1. in der Erwägung, dass in der Strategie Europa 2020 ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum gefordert wird;
2. in der Erwägung, dass in der EU ca. 1,6 Millionen Menschen in der Kunststoffindustrie beschäftigt sind;
3. in der Erwägung, dass in der Kunststoffrecyclingwirtschaft in der EU etwa 162 000 Arbeitsplätze geschaffen werden könnten, wenn die Recyclingquote bis 2020 auf 70 % stiege;
4. betont, dass im Vorfeld neuer Initiativen in den Bereichen Umweltschutz, Ökoinnovation, Abfall- und Biowirtschaft auf EU-Ebene solide Folgenabschätzungen durchgeführt werden sollten, z. B. hinsichtlich der sozialen Auswirkungen und Arbeitsmarktchancen, und zwar insbesondere mit Blick auf das Beschäftigungspotenzial und die erforderliche Einführung von Erst- und Berufsausbildungen, damit neue Arbeitsplätze im Umweltbereich geschaffen werden können;
5. weist erneut darauf hin, dass die Mitgliedstaaten Wirtschafts- und Umweltschutzbelange miteinander in Einklang bringen und zugleich Initiativen fördern sollten, die die Erschließung von Wirtschaftszweigen mit dem höchsten Beschäftigungspotenzial in Bezug auf menschenwürdige Arbeit ermöglichen und insbesondere zum Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und zur Schaffung dauerhafter, anspruchsvoller Arbeitsplätze in einer ressourcenschonenderen Wirtschaft entsprechend der Strategie Europa 2020 beitragen; fordert die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf, die Gemeinwohldienstleistungen mit den umweltpolitischen Zielvorgaben abzustimmen, damit die vielfältigen Ziele erreicht werden können und dabei die Schaffung neuer Arbeitsplätze im Umweltbereich begünstigt wird;
6. betont, dass sich aufgrund der Ziele, die im Rahmen der Abfallrahmenrichtlinie, der Verpackungsrichtlinie und der Richtlinie über Elektro- und Elektronikaltgeräte (EEAG-Richtlinie) gesetzt wurden, Möglichkeiten für neue Arbeitsplätze in verschiedenen Wirtschaftszweigen unter Nutzung von Ausstrahlungseffekten eröffnen und dass daher günstige Rahmenbedingungen für die einschlägigen Branchen gefördert werden sollten, um deren Beschäftigungspotenzial in vollem Umfang ausschöpfen zu können; betont, dass sich dadurch insbesondere jungen Menschen die Chance bietet, in neuen Betätigungsfeldern zu wirken und auf diese Weise in den Arbeitsmarkt integriert zu werden; weist darauf hin, dass sich bei vollständiger Umsetzung des EU-Abfallrechts jährlich 72 Mrd. EUR einsparen, der Jahresumsatz der Abfall- und Recyclingwirtschaft in der EU um 42 Mrd. EUR steigern und bis 2020 über 400 000 Arbeitsplätze schaffen ließen;
7. betont das Potenzial der Kreislaufwirtschaft, da dieses regenerative Modell, bei dem sich das Wachstum vom Ressourcenverbrauch entkoppeln lässt, in allen Branchen Wirkung entfalten und zur Entstehung von Arbeitsplätzen beitragen kann; betont, dass die Kreislaufwirtschaft von einem vollkommen neuen Produktbegriff ausgeht und dass in allen Phasen des Produktlebenszyklus – von der umweltgerechten Gestaltung über die Reparatur und Aufarbeitung bis hin zum Recycling – zwangsläufig neue Arbeitsplätze entstehen werden;
8. weist darauf hin, dass die strengen Bestimmungen für das Recycling von Elektrogeräten in Europa oft zur Folge haben, dass ein wesentlicher Teil des Elektroschrotts unter schlimmsten Bedingungen für Mensch und Natur in West Afrika recycelt wird; fordert, diese Praxis durch strengere Kontrollen in der EU künftig zu unterbinden; vertritt die Ansicht, dass Änderungen des Umweltrechts in Ländern wie China oder Malaysia hinsichtlich der Einfuhr ungewaschener Altkunststoffe einen großen Anreiz für mehr Investitionen in die Rückgewinnung und das Recycling in der EU und für die Schaffung weiterer Arbeitsplätze bieten könnten;
9. erinnert daran, dass eine bessere Umsetzung des EU-Abfallrechts zur wirtschaftlichen Entwicklung und mithin zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen wird; betont, dass die arbeitsintensive Recycling- und Wiederverwendungsbranche über großes Beschäftigungspotenzial verfügt und im überarbeiteten Rahmen der EU für die Abfallwirtschaft dort, wo dies am angemessensten ist, begünstigt werden sollte;
10. hebt jedoch hervor, dass angesichts des Beschäftigungspotenzials der Recyclingbranche nicht vergessen werden sollte, dass es zunächst gilt, die Ressourcenintensität und ‑abhängigkeit zu verringern – eine Aufgabe, bei der wiederum neue Beschäftigungschancen entstehen;
11. weist erneut darauf hin, dass die gegenwärtigen Innovationen bei der Kunststoffherstellung (nicht zuletzt im Nanotechnologiebereich) und ihre Folgen für die Bewirtschaftung von Kunststoffabfällen neue Probleme in den Bereichen Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz aufwerfen, und fordert die Kommission auf, bei künftigen Maßnahmen hinsichtlich Kunststoffabfällen entsprechend auf diese Risiken einzugehen, und zwar mittels angemessener europäischer Arbeits- und Gesundheitsschutzstandards für alle Beteiligten – Arbeitnehmer, Dienstleister und Selbständige;
12. vertritt die Ansicht, dass vorrangig zu ermitteln ist, woran auf dem Arbeitsmarkt künftig Bedarf bestehen wird und welche Kompetenzen nachgefragt werden; weist nachdrücklich darauf hin, dass Strategien für die Abstimmung der Kompetenzen der Arbeitnehmer auf die künftigen Arbeitsmarkterfordernisse erforderlich sind; betont in diesem Zusammenhang, dass zur Bewältigung des Übergangs zu einer ressourcenschonenderen Wirtschaft ein angemessener Grad an Ausbildung und Kompetenz nötig ist, damit Ökoinnovationen gedeihen können und das EU-Abfallrecht ordnungsgemäß umgesetzt werden kann; empfiehlt den Mitgliedstaaten, den Themenbereich der Kreislaufwirtschaft in ihre Berufsbildungsangebote aufzunehmen; stellt fest, dass durch die Ausbildung sowohl der empfundene Status der Arbeit in der Recyclingwirtschaft als auch die Mitarbeiterbindung sowie die Gesundheitsschutz- und Sicherheitspraxis verbessert werden können; weist in diesem Zusammenhang erneut darauf hin, dass der Europäische Sozialfonds entsprechend dem von der Kommission im Februar 2013 vorgestellten Sozialinvestitionspaket dazu beitragen sollte, den Bedarf an dauerhaften, anspruchsvollen Arbeitsplätzen in der ressourcenschonenderen Wirtschaft zu decken;
ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS
Datum der Annahme |
17.10.2013 |
|
|
|
|
Ergebnis der Schlussabstimmung |
+: –: 0: |
33 2 0 |
|||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder |
Edit Bauer, Heinz K. Becker, Jean-Luc Bennahmias, Phil Bennion, Vilija Blinkevičiūtė, Philippe Boulland, Alejandro Cercas, Ole Christensen, Minodora Cliveti, Marije Cornelissen, Emer Costello, Frédéric Daerden, Richard Falbr, Thomas Händel, Stephen Hughes, Danuta Jazłowiecka, Patrick Le Hyaric, Olle Ludvigsson, Thomas Mann, Csaba Őry, Sylvana Rapti, Licia Ronzulli, Elisabeth Schroedter, Nicole Sinclaire, Jutta Steinruck, Andrea Zanoni, Inês Cristina Zuber |
||||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen) |
Georges Bach, Sergio Gutiérrez Prieto, Anthea McIntyre, Csaba Sógor, Tatjana Ždanoka |
||||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 187 Abs. 2) |
Eric Andrieu, Pilar Ayuso, Eduard-Raul Hellvig |
||||
ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS
Datum der Annahme |
28.11.2013 |
|
|
|
|
Ergebnis der Schlussabstimmung |
+: –: 0: |
60 1 0 |
|||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder |
Elena Oana Antonescu, Pilar Ayuso, Paolo Bartolozzi, Sandrine Bélier, Sergio Berlato, Lajos Bokros, Franco Bonanini, Biljana Borzan, Yves Cochet, Spyros Danellis, Chris Davies, Esther de Lange, Bas Eickhout, Edite Estrela, Jill Evans, Karl-Heinz Florenz, Elisabetta Gardini, Gerben-Jan Gerbrandy, Matthias Groote, Françoise Grossetête, Satu Hassi, Jolanta Emilia Hibner, Dan Jørgensen, Martin Kastler, Holger Krahmer, Corinne Lepage, Kartika Tamara Liotard, Linda McAvan, Miroslav Ouzký, Gilles Pargneaux, Andrés Perelló Rodríguez, Pavel Poc, Frédérique Ries, Anna Rosbach, Oreste Rossi, Dagmar Roth-Behrendt, Carl Schlyter, Theodoros Skylakakis, Bogusław Sonik, Claudiu Ciprian Tănăsescu, Salvatore Tatarella, Thomas Ulmer, Glenis Willmott, Sabine Wils, Marina Yannakoudakis |
||||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen) |
Erik Bánki, Gaston Franco, Julie Girling, Eduard-Raul Hellvig, Georgios Koumoutsakos, Marusya Lyubcheva, Judith A. Merkies, Miroslav Mikolášik, James Nicholson, Alojz Peterle, Vittorio Prodi, Marita Ulvskog, Vladimir Urutchev, Anna Záborská, Andrea Zanoni |
||||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 187 Abs. 2) |
Kārlis Šadurskis |
||||