BERICHT über das europäische gastronomische Erbe: Kulturelle und bildungsspezifische Aspekte
18.2.2014 - (2013/2181(INI))
Ausschuss für Kultur und Bildung
Berichterstatter: Santiago Fisas Ayxela
ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
über das europäische gastronomische Erbe: Kulturelle und bildungsspezifische Aspekte
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seinen in zweiter Lesung am 6. Juli 2011 angenommenen Standpunkt zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (COM(2008)0040 final)[1],
– in Kenntnis des Berichts der UNESCO über Ernährung aus dem Jahr 2002,
– in Kenntnis des Berichts der WHO mit dem Titel „Food and Nutrition Policy for Schools“ (Lebensmittel- und Ernährungsstrategie für Schulen),
– unter Hinweis auf das Weißbuch der Kommission vom 30. Mai 2007 zu dem Thema „Ernährung, Übergewicht, Adipositas: Eine Strategie für Europa“ (COM(2007)0279),
– in Kenntnis der Schlussfolgerungen der europäischen Ministerkonferenz der WHO zum Thema „Ernährung und nichtübertragbare Krankheiten im Kontext von Gesundheit 2020“, die am 4. und 5. Juli 2013 in Wien stattfand,
– in Kenntnis des Übereinkommens zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes der UNESCO vom 17. Oktober 2003,
– unter Hinweis auf die Aufnahme der mediterranen Ernährungsweise in die Repräsentative Liste der UNESCO des immateriellen Kulturerbes der Menschheit vom 16. November 2010 und vom 4. Dezember 2013,
– unter Hinweis auf die Aufnahme der französischen Esskultur in die Repräsentative Liste der UNESCO des immateriellen Kulturerbes der Menschheit (Entscheidung 5.COM 6.14),
– gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Kultur und Bildung (A7-0127/2014),
Bildungsspezifische Aspekte
A. in der Erwägung, dass die Gesundheit und das Wohlergehen der Bevölkerung sowohl gegenwärtig als auch zukünftig von der Ernährungsweise und der Umwelt und somit von der Art abhängig sind, wie Landwirtschaft, Fischerei und Viehzucht betrieben werden;
B. in der Erwägung, dass die WHO in ihrer globalen Initiative für Gesundheit an den Schulen die Bildungseinrichtungen als einen wichtigen Ort für den Erwerb theoretischer und praktischer Kenntnisse über Gesundheit, Ernährung und Gastronomie erachtet;
C. in der Erwägung, dass eine schlechte Ernährung dramatische Folgen haben kann; in der Erwägung, dass die europäischen Gesundheitsminister anlässlich der europäischen Ministerkonferenz der WHO im Juli 2013 zu einem konzertierten Vorgehen zur „Bekämpfung der Adipositas“ und schlechter Ernährung aufgerufen haben, die die Ursachen für eine Epidemie nichtübertragbarer Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Krankheiten, Diabetes oder Krebs sind;
D. in der Erwägung, dass die normierte Darstellung des Körpers und des Essens in der Gesellschaft schwerwiegende Essstörungen und psychische Erkrankungen wie Anorexie oder Bulimie verursachen können; in der Erwägung, dass es wichtig ist, diese Fragen insbesondere mit Jugendlichen zu thematisieren;
E. in der Erwägung, dass dem Europäischen Informationszentrum für Lebensmittel (EUFIC) zufolge im Jahr 2006 bei rund 33 Millionen Menschen in Europa das Risiko einer Fehlernährung bestand; in der Erwägung, dass sich die Situation seit dem Beginn der Krise weiter verschlimmert hat;
F. in der Erwägung, dass die Kindheit ein entscheidender Zeitraum ist, um gesundheitsfördernde Verhaltensweisen anzuerziehen und Kenntnisse über eine gesunde Lebensweise zu erwerben, und in der Erwägung, dass die Schule einer der Orte ist, an dem effiziente Maßnahmen zur langfristigen Formung gesunder Verhaltensweisen der neuen Generationen entwickelt werden können;
G. in der Erwägung, dass die Bildungseinrichtungen über Örtlichkeiten und Instrumente verfügen, die zu einer Verbesserung sowohl des Wissensstandes als auch der Handhabung von Lebensmitteln sowie zur Festigung von Ernährungsgewohnheiten beitragen können, die zusammen mit moderater und dauerhafter sportlicher Aktivität einen gesunden Lebensstil ermöglichen;
H. in der Erwägung, dass Information, Aufklärung und Bewusstseinsbildung Teil der EU-Strategie zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Verringerung alkoholbedingter Schäden sind (COM (2006)0625 final), und in der Erwägung, dass in dieser Strategie auch die angemessenen Konsummuster beschrieben sind; in der Erwägung, dass der Rat am 5. Juni 2001 eine Empfehlung zum Alkoholkonsum von jungen Menschen, insbesondere von Kindern und Jugendlichen, abgegeben hat, welche die Förderung eines sektorübergreifenden Ansatzes bei der Bildung vorsieht;
I. in der Erwägung, dass auf dem Treffen des europäischen Netzwerks der Stiftungen für Ernährung (European Nutrition Foundations Network, ENF) zu dem Thema „Ernährung in den Schulen Europas: Die Rolle der Stiftungen“ die Notwendigkeit anerkannt wurde, die Ernährung sowohl unter ernährungsrelevanten als auch unter gastronomischen Aspekten in den schulischen Lehrplan aufzunehmen, und einstimmig beschlossen wurde, dieses Anliegen Institutionen wie dem Europäischen Parlament und der Kommission zu unterbreiten;
J. in der Erwägung, dass verschiedene Länder über verschiedene inländische Institutionen die Anerkennung der mediterranen Ernährungsweise als ein von der UNESCO anerkanntes immaterielles Kulturerbe der Menschheit angestoßen haben, was bedeutet, dass Verhaltensmuster gefördert und verankert werden, die eine gesunde Lebensweise sicherstellen, wobei ein durchweg sektorübergreifender Ansatz verfolgt wird, der erzieherische, ernährungsrelevante, schulische, familiäre, gebietsbezogene, landschaftliche und andere Aspekte berücksichtigt;
K. in der Erwägung, dass die mediterrane Ernährungsweise eine ausgewogene und gesunde Ernährungs- und Lebensweise darstellt, die in direktem Zusammenhang mit der Prävention chronischer Krankheiten und der Förderung der Gesundheit steht, und dies sowohl im schulischen als auch im familiären Umfeld;
L. in der Erwägung, dass mit den europäischen Programmen „Food at School“ (Essen in der Schule) das Ziel verfolgt wird sicherzustellen, dass das in den Schulkantinen angebotene Essen den Grundsätzen einer hochwertigen und ausgewogenen Ernährung entspricht; in der Erwägung, dass Bildung im weitesten Sinne, auch im Bereich der Ernährung, dazu beiträgt, dass bei den Schülern eine gesunde, auf einer ausgewogenen Ernährung basierende Lebensweise gefestigt wird;
M. in der Erwägung, dass eine ernsthafte Ernährungserziehung auch die Schulung der Bürgerinnen und Bürger hinsichtlich der Wechselwirkung zwischen Nahrungsmitteln, der Nachhaltigkeit von Nahrungsmitteln und der Gesundheit des Planeten umfasst;
N. in der Erwägung, dass aufgrund der gestiegenen Preise in Schulkantinen und von Lebensmitteln eine Reihe von Haushalten und insbesondere von Kindern häufig keinen Zugang zu ausgewogener und hochwertiger Ernährung haben;
O. in der Erwägung, dass sich die Medien und die Werbung auf das Konsumverhalten der Bürgerinnen und Bürger auswirken;
P. in der Erwägung, dass es zum Erwerb eingehender Kenntnisse über verwendete Erzeugnisse und die ihnen eigene und geschmackliche Qualität auch entscheidend ist, angemessene und für jeden Verbraucher eindeutige Kennzeichnungssysteme in Bezug auf die Zusammensetzung von Erzeugnissen und deren Herkunft zu entwickeln;
Q. in der Erwägung, dass die Berufsausbildung von Personal in der Gastronomie zur Weitergabe, zur Förderung, zum Fortbestand und zur Entwicklung der europäischen Gastronomie beiträgt;
Kulturelle Aspekte
R. in der Erwägung, dass die Gastronomie eine Gesamtheit von Kenntnissen, Erfahrungen, Künsten und des Kunsthandwerks ist, die es ermöglicht, sich gesund und genussvoll zu ernähren;
S. in der Erwägung, dass die Gastronomie Teil unserer Identität ist und ein wesentliches Element sowohl des europäischen Kulturerbes als auch des Kulturerbes der Mitgliedstaaten darstellt;
T. in der Erwägung, dass die EU die Kennzeichnung, die Verteidigung und den weltweiten Schutz der geografischen Angaben, Ursprungsbezeichnungen und traditionellen Spezialitäten bei Lebensmitteln aus landwirtschaftlicher Erzeugung fördert;
U. in der Erwägung, dass die Gastronomie nicht nur eine erlesene Kunst der Essenszubereitung, sondern auch eine engagierte Art ist, den Wert der verwendeten Rohstoffe, deren Qualität und der erforderlichen Exzellenz in sämtlichen Phasen der Lebensmittelverarbeitung unter Einbeziehung des Tier- und Umweltschutzes anzuerkennen;
V. in der Erwägung, dass die Gastronomie eng mit der Landwirtschaft der verschiedenen Regionen Europas und ihrer lokalen Erzeugnisse verbunden ist;
W. in der Erwägung, dass es wichtig ist, die Riten und Bräuche, die beispielsweise mit der lokalen und regionalen Gastronomie in Zusammenhang stehen, zu bewahren und die Entwicklung der europäischen Gastronomie zu fördern;
X. in der Erwägung, dass die Gastronomie eines der wichtigsten kulturellen Güter des Menschen ist und dass dieser Begriff nicht nur die sogenannte „Haute cuisine“ umfasst, sondern alle kulinarischen Ausdrucksformen der verschiedenen Regionen und unterschiedlichen sozialen Schichten, einschließlich der mit der einheimischen Kochkunst verbundenen Ausdrucksformen;
Y. in der Erwägung, dass der Fortbestand der regionaltypischen Küche als kulinarisches und kulturelles Erbe sehr oft durch die Überschwemmung mit standardisierten Nahrungsmitteln gefährdet wird;
Z. in der Erwägung, dass die Qualität, die Verbreitung und die Vielfalt der europäischen Gastronomie eine hochwertige europäische Lebensmittelproduktion in ausreichender Menge erfordern;
Aa. in der Erwägung, dass die Gastronomie durch die verschiedenen Aspekte der Ernährung gekennzeichnet ist, und in der Erwägung, dass ihre drei Grundpfeiler die Gesundheit, die Ernährungsgewohnheiten und der Genuss sind; in der Erwägung, dass die Tischkultur in zahlreichen Ländern Geselligkeit vermittelt und eine wichtige Möglichkeit für sozialen Kontakt darstellt; in der Erwägung, dass außerdem die verschiedenen Esskulturen zum Austausch und zur Verbreitung der unterschiedlichen Kulturen beitragen; in der Erwägung, dass sie auch einen positiven Einfluss auf soziale und familiäre Beziehungen hat;
Ab. in der Erwägung, dass die Anerkennung der mediterranen Ernährungsweise durch die UNESCO als immaterielles Kulturerbe bedeutsam ist, weil sie davon ausgeht, dass diese Ernährungsweise das Ergebnis von Wissen, Fertigkeiten, Praktiken, Ritualen, Traditionen und Symbolen in Verbindung mit dem landwirtschaftlichen Anbau und der Ernte, mit der Fischerei und der Viehzucht aber auch mit der Art, Lebensmittel zu konservieren, zu verarbeiten, zuzubereiten, zu teilen und zu verzehren, ist;
Ac. in der Erwägung, dass die Ernährungsgewohnheiten der europäischen Bevölkerung ein reiches soziokulturelles Erbe darstellen, welches von Generation zu Generation weitergegeben werden muss; in der Erwägung, dass die Schulen neben den Familien die geeigneten Orte für den Erwerb dieser Kenntnisse sind;
Ad. in der Erwägung, dass sich die Gastronomie zu einem der wichtigsten Werbeträger im Tourismusbereich entwickelt und dass das Zusammenspiel Tourismus/Gastronomie/Ernährung sehr positive Auswirkungen auf die Tourismusförderung hat;
Ae. in der Erwägung, dass es wichtig ist, den künftigen Generationen die Vielfältigkeit der Gastronomie ihrer Region und der europäischen Gastronomie im Allgemeinen zu vermitteln;
Af. in der Erwägung, dass die Gastronomie einen Beitrag zur Förderung des kulturellen Erbes der Regionen leistet;
Ag. in der Erwägung, dass es unbedingt erforderlich ist, die lokalen und regionalen Erzeugnisse zu fördern, um einerseits das gastronomische Erbe zu bewahren und andererseits einen angemessenen Ertrag für die Erzeuger und den Zugang zu diesen Erzeugnissen für möglichst viele Menschen sicherzustellen;
Ah. in der Erwägung, dass die Gastronomie eine Quelle der kulturellen, aber auch der wirtschaftlichen Vielfalt der verschiedenen Regionen der EU darstellt;
Ai. in der Erwägung, dass das europäische Kulturerbe aus einer Gesamtheit materieller und immaterieller Elemente besteht, und im Fall der Gastronomie und des Essens auch durch die Orte und die Landschaften geformt wird, aus denen die Erzeugnisse zum Verzehr stammen;
Aj. in der Erwägung, dass die Nachhaltigkeit, die Vielfalt und der kulturelle Reichtum der europäischen Gastronomie auf einer hochwertigen lokalen Produktion beruhen;
Bildungsspezifische Aspekte
1. ersucht die Mitgliedstaaten darum, als Mittel zur Verbesserung der Gesundheit und des Wohlbefindens der Bevölkerung, der Lebensmittelqualität und der Achtung der Umwelt die Erforschung und sensorische Erfahrung von Lebensmitteln, Gesundheitsaspekten der Ernährung und Ernährungsgewohnheiten ab der frühen Kindheit in die Bildungs- und Lehrpläne aufzunehmen und dabei auch die historischen, territorialen und kulturellen, aber auch erfahrungsgestützten Aspekte zu berücksichtigen; begrüßt die Programme zur gastronomischen Erziehung in den Schulen, die in einigen Mitgliedstaaten – zuweilen in Zusammenarbeit mit führenden Küchenchefs – durchgeführt werden; unterstreicht, wie wichtig es ist, die Erziehung zu gesunder Ernährung mit der Bekämpfung von Stereotypen zu verbinden, die schwerwiegende Essstörungen und psychische Erkrankungen wie Anorexie oder Bulimie hervorrufen können;
2. betont ebenso, wie wichtig es ist, die Empfehlungen der WHO zur Bekämpfung von Übergewicht und schlechter Ernährung umzusetzen; ist besorgt über das ungelöste Problem der Fehlernährung in Europa und dessen Zunahme seit Beginn der Krise, und fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, allen eine gesunde Ernährung zu ermöglichen, insbesondere indem für den Qualitätsanforderungen entsprechende und allgemein zugängliche Schul- oder Gemeinschaftskantinen gesorgt wird;
3. betont die Notwendigkeit, den schulischen Lehrplan außerdem durch Informationen über die insbesondere lokale gastronomische Kultur, die Vorbereitung, Verarbeitung, Konservierung und den Vertrieb von Lebensmitteln, ihre soziokulturellen Einflüsse und die Rechte der Verbraucher zu bereichern; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, Workshops in ihre Lehrpläne aufzunehmen, die auf die Entfaltung der Sinne, insbesondere des Geschmacks, in Verbindung mit dem Nährwert von Lebensmitteln und dem regionalen und nationalen gastronomischen Erbe ausgerichtet sind;
4. erinnert daran, dass die Ernährung in einigen europäischen Ländern bereits in den Lehrplan aufgenommen wurde, während sie in anderen Ländern als solche nicht zwingend im Lehrplan vorgesehen ist, sondern mit Hilfe anderer Ressourcen, wie Programmen von Kommunalbehörden oder privater Einrichtungen abgedeckt wird;
5. bekräftigt die Notwendigkeit, dass in den Schulen Ernährungserziehung stattfinden und gelehrt werden muss, wie man sich gut, gesund und genussvoll ernährt;
6. weist darauf hin, dass die sportliche Betätigung und die körperliche Aktivität in den Grundschulen und weiterführenden Schulen in der gesamten EU verstärkt werden müssen;
7. erinnert daran, dass gesunde Ernährung das Wohlbefinden von Kindern steigert und ihre Lernfähigkeit verbessert sowie zur Stärkung ihrer Abwehrkräfte beiträgt und ihnen dabei hilft, sich gesund zu entwickeln;
8. weist darauf hin, dass die Ernährungsgewohnheiten in der Kindheit die Vorlieben und die Wahl der Nahrungsmittel – wie auch die Art und Weise, wie man Lebensmittel zubereitet und verzehrt – im Erwachsenenalter beeinflussen können; weist darauf hin, dass die Kindheit somit eine entscheidende Zeit für die Geschmackserziehung ist und die Schule ein wichtiger Ort ist, um Schülern die Vielfalt der Erzeugnisse und der Gastronomie nahe zu bringen;
9. ist der Auffassung, dass Programme angeboten werden sollten, um für Aufklärung und Bewusstseinsbildung bezüglich der Folgen eines übermäßigen Konsums alkoholischer Getränke zu sorgen und ein angemessenes, intelligentes Konsumverhalten durch das Verständnis der besonderen Merkmale von Weinen, ihren geografischen Angaben, der Traubensorten, der Herstellungsverfahren und der Bedeutung traditioneller Begriffe zu fördern;
10. ersucht die Kommission darum, Projekte zum Austausch von Informationen und Gepflogenheiten im Bereich Ernährung, Lebensmittel und Gastronomie zu fördern, zum Beispiel im Rahmen der Reihe Comenius (Schulbildung) des Programms Erasmus+; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten darüber hinaus auf, den interkulturellen Austausch in Sektoren mit Bezug zum Gastgewerbe, zu Lebensmitteln und zur Gastronomie zu fördern und die Chancen zu nutzen, die sich durch das Erasmus+-Programm für hochwertige Ausbildung, Mobilität und Praktika für Lernende und Fachkräfte bieten;
11. betont, dass an der Erziehung im Bereich Ernährung und Gastronomie, einschließlich der Achtung der Natur und der Umwelt, die Familie, die Lehrer, die Bildungsgemeinschaft, Informationsträger und alle im Bildungsbereich tätigen Fachleute beteiligt sein sollten;
12. unterstreicht den Nutzen der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) für das Lernen als gutes Instrument für die Bildung; fordert die Einrichtung von interaktiven Plattformen, die den Zugang zum europäischen, nationalen und regionalen gastronomischen Erbe und dessen Verbreitung erleichtern, um die Erhaltung und die Weitergabe von traditionellem Fachwissen zwischen Fachleuten, Handwerkern und den Bürgerinnen und Bürgern zu fördern;
13. fordert die Kommission, den Rat und die Mitgliedstaaten auf, strengere Rahmenbedingungen für Inhalte und Werbung in Bezug auf Lebensmittel, vor allem unter dem Gesichtspunkt der Ernährung, zu prüfen;
14. fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass jede Art von Werbung oder Sponsoring für ungesunde Lebensmittel („Junk Food“) in den Schulen untersagt ist;
15. fordert die Mitgliedstaaten auf, eine sachgerechte Ausbildung der Lehrer und Professoren in Zusammenarbeit mit Ernährungswissenschaftlern und Ärzten sicherzustellen, damit diese den Fachbereich „Ernährungswissenschaften“ korrekt in Schulen und Universitäten lehren können; erinnert daran, dass Ernährung und Umwelt voneinander abhängig sind, und fordert dementsprechend auch zur Aktualisierung der Kenntnisse im Bereich der natürlichen Umwelt auf;
16. fordert die Kommission und den Rat auf, die Ausbildungsprogramme für Fachkräfte in der Gastronomie zu prüfen; hält die Mitgliedstaaten dazu an, diese Ausbildungswege zu fördern; hebt hervor, dass sich diese Ausbildungswege mit der lokalen und europäischen Gastronomie, der Produktvielfalt, der Vorbereitung, Verarbeitung, Konservierung und dem Vertrieb von Lebensmitteln befassen müssen;
17. weist darauf hin, dass im Rahmen der Ausbildung von Fachkräften für die Gastronomie der Schwerpunkt auf einer „hausgemachten“ sowie lokalen und vielfältigen Verarbeitung liegen muss;
18. fordert die Mitgliedstaaten auf, Kenntnisse und bewährte Verfahren zu bildungspolitischen Tätigkeiten in Zusammenhang mit der Gastronomie auszutauschen und das gastronomische Bewusstsein in den verschiedenen Regionen zu fördern; fordert ebenfalls dazu auf, einen Austausch bewährter Verfahren oder die Entwicklung von Überlegungen zur Verkürzung der Nahrungsmittelkette zu organisieren, wobei der Schwerpunkt auf der lokalen und saisonalen Verarbeitung liegen sollte;
19. betont die Notwendigkeit, Finanzierungsprogramme im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik für die Jahre 2014-2020 zu nutzen, um in den Schulen für gesunde Essgewohnheiten zu werben;
20. erinnert daran, dass die Anerkennung der mediterranen Ernährungsweise und der französischen Esskultur als Teil des von der UNESCO anerkannten immateriellen Kulturerbes der Menschheit den Anstoß zur Schaffung von Institutionen und Einrichtungen gegeben hat, die Kenntnisse über eine ausgewogene und gesunde Ernährung, deren praktische Umsetzung sowie die Vermittlung der Werte einer solchen Ernährung und die entsprechenden Ernährungsgewohnheiten fördern;
Kulturelle Aspekte
21. unterstreicht die Notwendigkeit, die Vielfalt und Qualität der Regionen, Landschaften und Erzeugnisse, die Grundlage der europäischen Gastronomie sind, welche Teil unseres Kulturerbes ist und zudem für eine ganz eigene, weltweit anerkannte Lebensart steht, zu verbreiten; betont, dass dies zuweilen die Achtung örtliche Gewohnheiten erfordert;
22. stellt fest, dass die Gastronomie ein Instrument für die Schaffung von Wachstum und Arbeitsplätzen in vielen Wirtschaftssektoren ist, einschließlich der Industriezweige wie u. a. das Gastgewerbe, der Fremdenverkehr, die Agrar- und Ernährungswirtschaft und die Forschung; stellt fest, dass sich in der Gastronomie zudem ein ausgeprägter Sinn für den Natur- und Umweltschutz entwickeln kann, der sichergestellt, dass Lebensmittel einen authentischeren Geschmack erhalten und weniger mit Zusatz- oder Konservierungsstoffen verarbeitet werden;
23. betont die Bedeutung der Gastronomie bei der Förderung des Gastgewerbes in Europa und umgekehrt;
24. erkennt die Rolle an, die unsere hoch qualifizierten und begabten Küchenchefs bei der Bewahrung und Verbreitung unseres gastronomischen Erbes spielen, und weist darauf hin, wie wichtig es ist, unser kulinarisches Wissen zu erhalten, da dies sowohl in der Bildung als auch in der Wirtschaft maßgeblich zu einer Wertsteigerung führt;
25. begrüßt die Initiativen zur Förderung des kulinarischen Erbes Europas, wie beispielsweise kulinarische Messen und Festivals auf lokaler und regionaler Ebene, die das Konzept der Nähe als Element des Schutzes der Umwelt und unserer Umgebung stärken und für mehr Vertrauen beim Verbraucher sorgen; ermutigt diese Initiativen dazu, eine europäische Dimension einzubeziehen;
26. begrüßt die drei EU-Gütezeichen für geografische Angaben und traditionelle Spezialitäten, die unter „geschützte Ursprungsbezeichnung“ (g. U.), „geschützte geografische Angabe“ (g. g. A.) und „garantiert traditionelle Spezialität“ (g. t. S.) bekannt sind und den Wert europäischer landwirtschaftlicher Erzeugnisse auf EU-Ebene und internationaler Ebene steigern; fordert die Mitgliedstaaten und ihre Regionen auf, geschützte Ursprungsbezeichnungen, insbesondere gemeinsame geschützte Ursprungsbezeichnungen, für gleichartige Produkte zu entwickeln, die aus grenzübergreifenden geografischen Gebieten stammen;
27. begrüßt Initiativen wie „Slow Food“, die sich dafür einsetzen, dass alle Menschen die soziale und kulturelle Bedeutung von Essen zu schätzen lernen, ebenso wie die Initiative „Wine in Moderation“, die eine auf dem Prinzip der Mäßigung basierende Lebensweise und ein moderates Trinkverhalten bei Alkohol fördert;
28. unterstreicht gleichermaßen die Rolle, die die Gastronomischen Akademien, der europäische Verband der Stiftungen für Ernährung und die Internationale Gastronomische Akademie mit Sitz in Paris bei der Beschäftigung mit dem gastronomischen Erbe und seiner Verbreitung spielen;
29. fordert die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zur qualitativen und quantitativen Verbesserung des gastronomischen Wirtschaftszweigs an sich und in Bezug auf sein touristisches Angebot im Rahmen der kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung der verschiedenen Regionen zur formulieren und umzusetzen;
30. betont, dass die Gastronomie ein sehr wichtiges kulturelles Exportgut für die EU und die einzelnen Mitgliedstaaten ist;
31. fordert die Mitgliedstaaten auf, Initiativen in Verbindung mit dem Landwirtschaftstourismus zu unterstützen, die eine bessere Kenntnis des Kultur- und Landschaftserbes fördern, regionale Unterstützung leisten und der ländlichen Entwicklung zuträglich sind;
32. fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission nachdrücklich auf, die kulturellen Aspekte der Gastronomie zu entwickeln und Ernährungsgewohnheiten zu fördern, die die Gesundheit der Verbraucher aufrechterhalten, den Austausch und die Verbreitung der Kulturen fördern und für die Regionen werben sowie gleichzeitig die Freude am Essen, die Geselligkeit und den sozialen Kontakt bewahren;
33. fordert die Mitgliedstaaten auf, zusammenzuarbeiten und Initiativen zu unterstützen, die dem Erhalt der hohen Qualität, Vielfalt, Heterogenität und Einzigartigkeit der handwerklich hergestellten, lokalen, regionalen und nationalen Erzeugnisse dienen, um gegen die Homogenisierung anzugehen, die letztlich zu einer Verarmung des gastronomischen Erbes Europas führen würde;
34. fordert die Kommission, den Rat und die Mitgliedstaaten auf, in ihren Überlegungen zur Ernährungspolitik zu berücksichtigen, wie wichtig die Förderung einer nachhaltigen, vielfältigen, hochwertigen und in ausreichender Menge vorhandenen europäischen Lebensmittelproduktion für die Stärkung der kulinarischen Vielfalt Europas ist;
35. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Maßnahmen zur Anerkennung und Kennzeichnung der europäischen Lebensmittelproduktion zu stärken, um den Wert dieser Erzeugnisse zu steigern, eine verbesserte Verbraucherinformation zu bieten und die Vielfalt der europäischen Gastronomie zu schützen;
36. weist darauf hin, dass es wichtig ist, die gastronomischen Qualitätserzeugnisse anzuerkennen und aufzuwerten; fordert die Kommission, den Rat und die Mitgliedstaaten auf, die Einrichtung einer Verbraucherinformation in Erwägung zu ziehen, mit der Gastwirte auf lokale, vor Ort aus Rohprodukten zubereitete Gerichte hinweisen;
37. hält die Kommission, den Rat und die Mitgliedstaaten dazu an, die Auswirkungen von Rechtsvorschriften zu prüfen, die sie zu den Kapazitäten, der Vielfalt und der Qualität der Lebensmittelproduktion in der Europäischen Union annehmen, und Maßnahmen zu ergreifen, um die Fälschung von Erzeugnissen zu bekämpfen;
38. unterstützt die Initiativen, die von den Mitgliedstaaten und ihren Regionen unter Umständen entwickelt werden, um alle Gebiete, Landschaften und Erzeugnisse, die das lokale kulinarische Erbe bilden, zu fördern und zu erhalten; fordert die Regionen auf, eine lokale und diätetische Gastronomie für die Schulspeisung und Gemeinschaftsverpflegung in Verbindung mit lokalen Erzeugern zu nutzen, um das regionale gastronomische Erbe zu erhalten und zu fördern, die lokale Landwirtschaft anzukurbeln und kurze Transportwege auszubauen;
39. fordert die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zur Wahrung des mit der Gastronomie im Zusammenhang stehenden europäischen Erbes zu ergreifen, die beispielsweise im Schutz des architektonischen Erbes der traditionellen Lebensmittelmärkte, der Weinkellereien und anderer Einrichtungen, aber auch der mit Ernährung und Gastronomie im Zusammenhang stehenden Gerätschaften und Maschinen bestehen könnten;
40. betont, wie wichtig es ist, die kulturelle Vielfalt der europäischen Gastronomie zu erfassen, zu registrieren, zu übermitteln und zu verbreiten; ermutigt zur Einrichtung einer europäischen Beobachtungsstelle für die Gastronomie;
41. regt an, dass die Kommission die europäische Gastronomie in ihre kulturellen Programme und Initiativen aufnimmt;
42. begrüßt die Aufnahme der französischen Esskultur neben der mediterranen Ernährungsweise, der traditionellen mexikanischen Küche und dem kroatischen Gewürzbrot in die Repräsentative Liste der UNESCO des immateriellen Kulturerbes der Menschheit und ermutigt die Mitgliedstaaten, die Aufnahme ihrer gastronomischen Traditionen und Praktiken in das Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt der UNESCO zu beantragen, um zum Erhalt derselben beizutragen;
43. schlägt den europäischen Städten vor, eine Bewerbung als Stadt der Gastronomie der UNESCO im Rahmen des Programmes „Creative Cities“ einzureichen;
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44. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
- [1] ABl. C 33 E vom 5.2.2013, S. 360.
BEGRÜNDUNG
Die Entwicklung, die in den letzten Jahren stattgefunden hat, hat gezeigt, dass der Ernährung im weiteren Sinne in der heutigen Gesellschaft eine außerordentliche Bedeutung zukommt.
Auf der einen Seite sind im Rahmen der Millenniumsziele zusätzliche Anstrengungen erforderlich, um dem Hunger und den Trinkwasserproblemen in all denen Ländern ein Ende zu setzen, die immer noch unter diesen unmenschlichen Bedingungen zu leiden haben, die im 21. Jahrhundert vollkommen inakzeptabel sind.
Auf der anderen Seite ist es jedoch erstaunlich, dass die Ernährung in Industrieländern mit akzeptablem wirtschaftlichem Niveau aufgrund mangelnder Kultur und/oder Bildung zu einer wesentlichen Ursache für Krankheiten und pathologischen Zuständen geworden ist, die für die öffentliche und private Gesundheitsversorgung außergewöhnliche Kosten verursachen.
Eine schlechte Ernährung ist in der Tat der Hauptgrund für Übergewicht, Anorexie, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Magen- und Darmbeschwerden usw.
Natürlich ist es nicht nur die schlechte Ernährung. Außerdem hat auf all diese pathologischen Erscheinungen der Mangel an körperlicher Betätigung, die Einnahme schädlicher Produkte, wie Drogen, Tabakprodukte und der übermäßige Genuss von Alkohol sowie mangelnde emotionale Kontrolle einen großen Einfluss.
Ohne Zweifel jedoch ist die Ernährung ein wesentliches Element.
Um außergewöhnliche und schwer erzielbare Aufwendungen, selbst in den stärker entwickelten Gesellschaften zu vermeiden, ist es zur Heilung von Krankheiten und pathologischen Zuständen, die sich aus schlechter Ernährung herleiten, zwingend notwendig, den Erwerb von Kenntnissen über Nahrungsmittel und Ernährung, Workshops sowie den Erwerb von Kenntnissen und von Kompetenzen im Bereich der Nahrungsmittel/Gastronomie in die Bildungssysteme der verschiedenen Länder aufzunehmen.
Es ist außerdem offensichtlich, dass sich Kochen zu einer künstlerischen und kulturellen Ausdrucksform entwickelt hat, die eine zunehmend wichtigere Rolle spielt, dass die Ernährung und gutes Essen eine der wichtigsten Stützen für die sozialen und familiären Beziehungen darstellen und dass natürlich aus sensorischer Sicht, jedoch auch aus psychischer Sicht die Befriedigung beim Essen unverzichtbar ist, da diese ein wesentliches Element für das psychologische und sentimentale Gleichgewicht ist.
Es ist schließlich auch offensichtlich, dass sich die Gastronomie zu einem wesentlichen Element der Fremdenverkehrsförderung entwickelt hat und dass letztendlich der Tourist oder der Reisende bei seinen Reisen neben vielen anderen Beweggründen stets einen wesentlichen ergänzenden Beweggrund hat, und zwar das gastronomische Angebot.
Um jedoch zu erreichen, dass die Ernährung und die Gastronomie ihre Rolle in der gegenwärtigen Gesellschaft erfüllen, ist die Bildung sowie eine angemessene Kultur in diesem Bereich von entscheidender Bedeutung.
Aus diesem Grund erscheint es für die Gesellschaften des 21. Jahrhunderts unerlässlich, dass der Erwerb von Kenntnissen über Lebensmittel und Ernährung und die Geschmackserziehung, das heißt die Bildung im Bereich der Gastronomie als absolut wesentliches und unabdingbares Element in die Bildungssysteme aller europäischen Länder eingegliedert werden.
Daher ist es von größter Bedeutung, dass die Europäische Union Strategien für die Bildung im Bereich der Ernährung und der Gastronomie entwickelt.
Es ist nicht nachvollziehbar, dass sich unsere Schüler über Jahre, Monate, Tage und Stunden hinweg einer Vielzahl von Fächern widmen und nicht die nötige Zeit aufwenden, um etwas über Ernährung in all ihren Aspekten, d. h. nutritive und diätische, soziale und kulturelle, sensorische und gastronomische Aspekte zu lernen.
Diese Bildung kann nicht rein theoretisch erfolgen, da alle sensorischen Themen Erfahrung und Praxis erfordern. Daher ist es neben dem Erlernen des notwendigen theoretischen Wissens unerlässlich, dass unsere Schüler experimentieren, üben und ihren Geschmacks-, Tast- und Geruchssinn schärfen, mit dem Ziel, sensorisch ein Essen zu genießen, welches gleichzeitig auch gesund ist.
Das grundlegende Ziel der Ernährungserziehung und der Lebensmittelkultur des 21. Jahrhunderts muss sein, aufzuzeigen und jeden Einzelnen, egal ob groß oder klein, davon zu überzeugen, dass gesunde und kulinarische Ernährung absolut durchführbar und zudem zwingend notwendig ist.
ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS
Datum der Annahme |
13.2.2014 |
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Ergebnis der Schlussabstimmung |
+: –: 0: |
19 0 0 |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder |
Piotr Borys, Jean-Marie Cavada, Silvia Costa, Santiago Fisas Ayxela, Mary Honeyball, Emma McClarkin, Katarína Neveďalová, Doris Pack, Chrysoula Paliadeli, Monika Panayotova, Marco Scurria, Hannu Takkula, László Tőkés, Helga Trüpel, Milan Zver |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen) |
Heinz K. Becker, Ivo Belet, Iosif Matula, Joanna Katarzyna Skrzydlewska, Isabelle Thomas |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 187 Abs. 2) |
Jens Geier |
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