BERICHT über den Antrag auf Aufhebung der Immunität von Ana Gomes

11.11.2014 - (2014/2045(IMM))

Rechtsausschuss
Berichterstatterin: Heidi Hautala

Verfahren : 2014/2045(IMM)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A8-0025/2014
Eingereichte Texte :
A8-0025/2014
Aussprachen :
Angenommene Texte :

VORSCHLAG FÜR EINEN BESCHLUSS DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

über den Antrag auf Aufhebung der Immunität von Ana Gomes

(2014/2045(IMM))

Das Europäische Parlament,

–       befasst mit einem vom stellvertretenden Generalstaatsanwalt der Portugiesischen Republik am 18. Juni 2014 übermittelten und am 3. Juli 2014 im Plenum bekannt gegebenen Antrag auf Aufhebung der Immunität von Ana Gomes im Zusammenhang mit dem bei der zweiten Kammer der Ermittlungsbehörde für Strafsachen von Lissabon anhängigen Strafverfahren (Ref. NUIPC 8773/13.4TDLSB),

–       nach Anhörung von Ana Gomes gemäß Artikel 9 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

–       gestützt auf Artikel 8 des Protokolls Nr. 7 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union und auf Artikel 6 Absatz 2 des Aktes vom 20. September 1976 zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments,

–       in Kenntnis der Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12. Mai 1964, 10. Juli 1986, 15. und 21. Oktober 2008, 19. März 2010, 6. September 2011 und 17. Januar 2013[1],

–       gestützt auf Artikel 5 Absatz 2, Artikel 6 Absatz 1 und Artikel 9 seiner Geschäftsordnung,

–       in Kenntnis des Berichts des Rechtsausschusses (A8‑0025/2014),

A.     in der Erwägung, dass der stellvertretende Generalstaatsanwalt der Portugiesischen Republik den Antrag auf Aufhebung der parlamentarischen Immunität von Ana Gomes, der von einem Staatsanwalt bei der Ermittlungsbehörde für Strafsachen von Lissabon im Zusammenhang mit angeblich verleumderischen Äußerungen von Ana Gomes während einer Fernsehdiskussion gestellt wurde, übermittelt hat; in der Erwägung, dass der Antrag gestellt wurde, um ein Strafverfahren gegen Ana Gomes einleiten zu können und letztere im Zusammenhang mit diesem Strafverfahren vernommen werden könnte;

B.     in der Erwägung, dass Mitglieder des Europäischen Parlaments gemäß Artikel 8 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union wegen einer in Ausübung ihres Amtes erfolgten Äußerung oder Abstimmung weder in ein Ermittlungsverfahren verwickelt noch festgenommen oder verfolgt werden dürfen;

C.     in der Erwägung, dass gemäß Artikel 6 seiner Geschäftsordnung das Parlament bei der Wahrnehmung seiner Befugnisse hinsichtlich der Vorrechte und Immunitäten so handelt, dass es seine Integrität als demokratische gesetzgebende Versammlung bewahrt und die Unabhängigkeit seiner Mitglieder bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben sicherstellt;

D.     in der Erwägung, dass der Gerichtshof anerkannt hat, dass eine von einem Mitglied außerhalb des Europäischen Parlaments abgegebene Erklärung eine in Ausübung seines parlamentarischen Amtes erfolgte Äußerung im Sinne von Artikel 8 des Protokolls darstellen kann, da das Vorliegen einer derartigen Äußerung nicht vom Ort, an dem sie erfolgt, sondern von ihrer Art und ihrem Inhalt abhänge;

E.     in der Erwägung, dass in modernen Demokratien politische Debatten nicht nur im Parlament, sondern auch in den Medien, von Presseerklärungen bis hin zum Internet, stattfinden;

F.     in der Erwägung, dass Ana Gomes in der fraglichen Fernsehsendung als Mitglied des Europäischen Parlaments das Wort ergriff, um Fragen zu diskutieren, an denen sie auf europäischer Ebene ein Interesse hatte, wie unter anderem aus Anfragen mit Ersuchen um schriftliche Beantwortung an die Kommission, die sie im Plenum eingereicht hat, hervorgeht;

G.     in der Erwägung, dass sie mit dem Hinweis auf die Entscheidung der portugiesischen Regierung über die Privatisierung der Werften von Viana do Castelo – eine Entscheidung, die auch zu einer Untersuchung der Kommission wegen der Verletzung der EU-Vorschriften über staatliche Beihilfen geführt hat – ihr Mandat als Mitglied des Europäischen Parlaments wahrgenommen hat;

1.      beschließt, die Immunität von Ana Gomes nicht aufzuheben;

2.      beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss und den Bericht seines zuständigen Ausschusses unverzüglich der zuständigen Behörde der Portugiesischen Republik und Ana Gomes zu übermitteln.

  • [1]  Urteil in der Rechtssache 101/63, Wagner/Fohrmann und Krier, EU:C:1964:28; Urteil in der Rechtssache149/85, Wybot/Faure und andere, EU:C:1986:310; Urteil in der Rechtssache T-345/05, Mote/Parlament, EU:T:2008:440; Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-200/07 und C-201/07, Marra/De Gregorio und Clemente, EU:C:2008:579; Urteil in der Rechtssache T-42/06, Gollnisch/Parlament, EU:T:2010:102; Urteil in der Rechtssache C-163/10, Patriciello, EU:C:2011:543; Urteil in den verbundenen Rechtssachen T-346/11 und T-347/11, Gollnisch/Parlament, EU:T:2013:23.

BEGRÜNDUNG

1. Hintergrund

Am 29. November 2013 äußerte sich Ana Gomes, Mitglied des Europäischen Parlaments, in der Fernsehsendung TVI24 – Cara a Cara zum Thema der Konzession für eine private Nutzung der Werften von Viana de Castelo (Estaleiros Navais de Viana do Castelo) wie folgt:

„... das ist kriminell; es gibt kein anderes Wort dafür, es ist kriminell; dieser Verteidigungsminister ist unfähig; wenn nicht gar eine böse Absicht dahinter steht, muss doch geprüft werden, welche geschäftlichen Interessen dessen Anwaltskanzlei mit der Firma Martifer verbinden, die ihre Greifarme in allen politischen Parteien hat ...“ „... warum hat die Regierung die Aufträge der Bitumen-Frachter nicht ermöglicht, warum hat die Regierung der Europäischen Kommission nicht geantwortet, warum hat die Regierung die Verträge der Marine gekündigt? Ich frage sie, warum will die Regierung die Werften in den Ruin treiben, sich der Arbeitnehmer entledigen, die Firma Martifer begünstigen und sonst nichts – das ist wirklich so, die Firma Martifer begünstigen! Es ist eine Schande, was in Viana do Castelo passiert....“

José Pedro Correia Aguiar-Branco, Verteidigungsminister der portugiesischen Regierung, erstattete Anzeige bei der Ermittlungsbehörde für Strafsachen von Lissabon gegen Ana Gomes wegen des angeblich verleumderischen Charakters der fraglichen Erklärungen. Neben der Anzeige des Verteidigungsministers wurde auch von der Anwaltskanzlei „JPAB-José Pedro Aguiar Branco & Associados-Sociedade de Advogados, RL“ , die von Ana Gomes in ihrer Erklärung erwähnt worden war, Anzeige erstattet.

In der Plenarsitzung vom 3. Juli 2014 teilte der Präsident dem Plenum gemäß Artikel 9 Absatz 1 der Geschäftsordnung mit, dass er vom stellvertretenden Generalstaatsanwalt der Portugiesischen Republik (Vice Procurador-geral da República) einen Antrag auf Aufhebung der parlamentarischen Immunität von Ana Gomes im Zusammenhang mit dem oben erwähnten Strafverfahren erhalten habe. Der Präsident überwies den Antrag gemäß Artikel 9 Absatz 1 der Geschäftsordnung an den Rechtsausschuss.

Am 25. September 2014 hat der Ausschuss Ana Gomes gemäß Artikel 9 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung angehört.

2. Rechts- und Verfahrensvorschriften zur Immunität von Mitgliedern des Europäischen Parlaments

Artikel 8 und 9 des Protokolls (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union lauten:

Artikel 8

Wegen einer in Ausübung ihres Amtes erfolgten Äußerung oder Abstimmung dürfen Mitglieder des Europäischen Parlaments weder in ein Ermittlungsverfahren verwickelt noch festgenommen oder verfolgt werden.

Artikel 9

Während der Dauer der Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments

a) steht seinen Mitgliedern im Hoheitsgebiet ihres eigenen Staates die den Parlamentsmitgliedern zuerkannte Unverletzlichkeit zu,

b) können seine Mitglieder im Hoheitsgebiet jedes anderen Mitgliedstaats weder festgehalten noch gerichtlich verfolgt werden.

Die Unverletzlichkeit besteht auch während der Reise zum und vom Tagungsort des Europäischen Parlaments.

Bei Ergreifung auf frischer Tat kann die Unverletzlichkeit nicht geltend gemacht werden; sie steht auch nicht der Befugnis des Europäischen Parlaments entgegen, die Unverletzlichkeit eines seiner Mitglieder aufzuheben.

In Artikel 5, 6 und 9 der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments heißt es:

Artikel 5 – Vorrechte und Befreiungen

1. Die Mitglieder genießen Vorrechte und Befreiungen gemäß dem Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union.

2. Die parlamentarische Immunität ist kein persönliches Vorrecht eines Mitglieds, sondern eine Garantie der Unabhängigkeit des Parlaments als Ganzes und seiner Mitglieder. (...)

Artikel 6 - Aufhebung der Immunität

1. Bei der Wahrnehmung seiner Befugnisse hinsichtlich der Vorrechte und Immunitäten handelt das Parlament so, dass es seine Integrität als demokratische gesetzgebende Versammlung bewahrt und die Unabhängigkeit seiner Mitglieder bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben sicherstellt. Jeder Antrag auf Aufhebung der Immunität wird gemäß den Artikeln 7, 8 und 9 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union und nach den Grundsätzen dieses Artikels geprüft. (...)

Artikel 9 - Immunitätsverfahren

1. Jeder an den Präsidenten gerichtete Antrag einer zuständigen Behörde eines Mitgliedstaates, die Immunität eines Mitglieds aufzuheben, oder eines Mitglieds oder ehemaligen Mitglieds, Vorrechte und Immunität zu schützen, wird dem Parlament mitgeteilt und an den zuständigen Ausschuss überwiesen. (...)

2. Der Ausschuss prüft die Anträge auf Aufhebung der Immunität oder auf Schutz der Vorrechte und der Immunität unverzüglich, aber unter Berücksichtigung ihrer relativen Komplexität.

3. Der Ausschuss unterbreitet einen Vorschlag für einen mit Gründen versehenen Beschluss, in dem die Annahme oder Ablehnung des Antrags auf Aufhebung der Immunität oder auf Schutz der Immunität und der Vorrechte empfohlen wird.

4. Der Ausschuss kann die betreffende Behörde um jede Information oder Auskunft ersuchen, die er für erforderlich hält, um sich eine Meinung darüber bilden zu können, ob die Immunität aufzuheben oder zu schützen ist.

5. Das betreffende Mitglied erhält die Möglichkeit, gehört zu werden, und kann alle Schriftstücke vorlegen, die ihm in diesem Zusammenhang zweckmäßig erscheinen. Es kann sich durch ein anderes Mitglied vertreten lassen.

Das Mitglied ist während der Diskussionen über den Antrag auf Aufhebung oder Schutz seiner Immunität nicht anwesend, außer bei seiner eigenen Anhörung.

Der Vorsitz des Ausschusses lädt das Mitglied unter Angabe eines Datums und Zeitpunkts zur Anhörung. Das Mitglied kann auf das Anhörungsrecht verzichten.

Nimmt das Mitglied nicht an der Anhörung gemäß dieser Ladung teil, so wird davon ausgegangen, dass es auf das Anhörungsrecht verzichtet hat, es sei denn, das Mitglied hat unter Angabe von Gründen um Freistellung von der Anhörung zu diesem Datum und diesem Zeitpunkt gebeten. Der Vorsitz des Ausschusses entscheidet darüber, ob einem solchen Antrag auf Freistellung in Anbetracht der angegebenen Gründe stattzugeben ist; diesbezüglich sind keine Rechtsbehelfe zulässig.

Gibt der Vorsitz des Ausschusses dem Freistellungsantrag statt, lädt er das Mitglied zu einer Anhörung zu einem neuen Datum und Zeitpunkt. Kommt das Mitglied der zweiten Ladung zur Anhörung nicht nach, wird das Verfahren ohne die Anhörung des Mitglieds fortgesetzt. In diesem Fall können keine weiteren Anträge auf Freistellung oder Anhörung zugelassen werden. (...)

7. Der Ausschuss kann eine mit Gründen versehene Stellungnahme zur Zuständigkeit der betreffenden Behörde und zur Zulässigkeit des Antrags abgeben, doch äußert er sich in keinem Fall zur Schuld oder Nichtschuld des Mitglieds bzw. zur Zweckmäßigkeit einer Strafverfolgung der dem Mitglied zugeschriebenen Äußerungen oder Tätigkeiten, selbst wenn er durch die Prüfung des Antrags umfassende Kenntnis von dem zugrunde liegenden Sachverhalt erlangt. (...)

3. Begründung des vorgeschlagenen Beschlusses

Auf der Grundlage der vorerwähnten Tatsachen ist im vorliegenden Fall Artikel 8 des Protokolls (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union anzuwenden. Für die Zwecke dieser Vorschrift ist der Begriff „Äußerung“ in einem weiten Sinn dahin aufzufassen, dass er Bemerkungen und Erklärungen umfasst, die ihrem Inhalt nach Aussagen entsprechen, welche subjektive Beurteilungen bilden[1]. Die Anzeige des Verteidigungsministers war in der Tat durch die Erklärungen von Ana Gomes während einer Fernsehdiskussion veranlasst.

Um die Immunität nach Artikel 8 des Protokolls in Anspruch nehmen zu können, muss eine Äußerung von einem Mitglied des Europäischen Parlaments in Ausübung seines parlamentarischen Amtes erfolgt sein, so dass ein Zusammenhang zwischen der erfolgten Äußerung und der Ausübung der parlamentarischen Tätigkeit bestehen muss[2].

Wie der Gerichtshof feststellte, bestimmt sich der Umfang der absoluten Immunität gemäß Artikel 8 allein nach EU-Recht[3]. Der Gerichtshof betonte auch ausdrücklich, dass die Immunität gemäß Artikel 8 „als absolute Immunität anzusehen [ist], die jedem Gerichtsverfahren wegen einer in Ausübung des Abgeordnetenamts erfolgten Äußerung oder Abstimmung entgegensteht“[4].

Nach Ansicht des Gerichtshofs ist Artikel 8 des Protokolls so auszulegen, dass – obwohl die parlamentarische Immunität im Wesentlichen Äußerungen betrifft, die innerhalb des Parlaments abgegeben werden – nicht ausgeschlossen ist, dass eine Erklärung, die Abgeordnete außerhalb des Parlaments abgeben, eine in Ausübung ihres Amtes erfolgte Äußerung darstellt. Ob es sich um eine solche Erklärung handelt oder nicht, hängt nicht von dem Ort ab, an dem sie erfolgt, sondern von ihrer Art und ihrem Inhalt[5]. Das gilt umso mehr in modernen Demokratien, in denen politische Debatten nicht nur im Parlament, sondern auch in den Medien, von Presseerklärungen bis hin zum Internet, stattfinden. Der Gerichtshof hat jedoch klargestellt, dass der Zusammenhang zwischen der erfolgten Äußerung und dem parlamentarischen Amt unmittelbar und offenkundig sein muss[6].

Der Grundsatz, auf dem die in Artikel 8 des Protokolls zuerkannte parlamentarische Immunität beruht, ist die Freiheit der Mitglieder, sich an einer sachdienlichen Debatte zu beteiligen und die Bürger ihres Wahlkreises in Fragen von öffentlichem Interesse zu vertreten, ohne ihre Bemerkungen beschränken oder ihre Meinungen redigieren zu müssen, weil sie Gefahr liefen, vor Gericht oder einer entsprechenden anderen Einrichtung zur Verantwortung gezogen zu werden[7]. Es ist unvermeidbar, dass in bestimmten Fällen einige Personen Äußerungen eines Mitglieds des Europäischen Parlaments als übertrieben, ärgerlich oder anstößig empfinden. In einer offenen und demokratischen Gesellschaft ist jedoch ein ungehinderter Dialog über öffentliche Themen von solcher Bedeutung, dass grundsätzlich selbst anstößige oder extreme Meinungen eines Mitglieds nicht zensiert werden können, wenn sie unmittelbar und offenkundig im Zusammenhang mit der Ausübung seines parlamentarischen Amtes stehen (und als solche nicht über den Ton hinausgehen, der in politischen Debatten üblich ist)[8].

Dies gilt insbesondere für den vorliegenden Fall. Die Kritik von Ana Gomes an der Entscheidung der portugiesischen Regierung betraf nicht nur Fragen von wirklichem öffentlichem Interesse – die Privatisierung wichtiger Werften –, sondern stand auch in unmittelbarem und offenkundigem Zusammenhang mit der Ausübung ihres Amtes als Mitglied des Europäischen Parlaments. In der Tat hatte sie, wie gezeigt, auf europäischer Ebene ein Interesse an dieser Angelegenheit, wie unter anderem aus Anfragen mit Ersuchen um schriftliche Beantwortung, die sie einzeln oder gemeinsam gemäß der Geschäftsordnung des Parlaments im Plenum eingereicht hat, hervorgeht[9]. Ferner legte Ana Gomes in ihrer Anhörung im Ausschuss Belege für ihren ausführlichen Schriftwechsel mit den Mitgliedern der Kommission Almunia und Tajani zu diesem Thema vor.

Wie aus den dem Ausschuss zur Verfügung gestellten Dokumenten hervorgeht, war die Angelegenheit umso mehr von europäischem Belang, als die Entscheidung der portugiesischen Regierung eine Untersuchung der Kommission wegen der Verletzung der EU-Vorschriften über staatliche Beihilfen zur Folge hatte[10].

Der unmittelbare und offenkundige Zusammenhang zwischen der Äußerung von Ana Gomes und ihrem parlamentarischen Amt als Mitglied des Europäischen Parlaments ist daher unbestreitbar. Die Strafverfolgung wegen der fraglichen Äußerungen würde sie daher von der freien Wahrnehmung ihres Mandats abhalten und eindeutig gegen den Zweck des Artikels 8 des Protokolls verstoßen.

4. Schlussfolgerung

Angesichts der vorstehenden Erwägungen sowie gemäß Artikel 9 Absatz 3 der Geschäftsordnung empfiehlt der Rechtsausschuss dem Europäischen Parlament, die parlamentarische Immunität von Ana Gomes nicht aufzuheben.

  • [1]  Urteil in der Rechtssache C-163/10, Patriciello, EU:C:2011:543, Randnummer 32.
  • [2]  Urteil in der Rechtssache C-163/10, Patriciello, EU:C:2011:543, Randnummer 33.
  • [3]  Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-200/07 und C-201/07, Marra/De Gregorio und Clemente, EU:C:2008:579, Randnummer 26.
  • [4]  Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-200/07 und C-201/07, Marra/De Gregorio und Clemente, EU:C:2008:579, Randnummer 27.
  • [5]  Urteil in der Rechtssache C-163/10, Patriciello, EU:C:2011:543, Randnummer 30.
  • [6]  Urteil in der Rechtssache C-163/10, Patriciello, EU:C:2011:543, Randnummer 35.
  • [7]  A. gegen das Vereinigte Königreich, Antrag Nr. 35373/97, § 75, EGMR, 2002-X.
  • [8]  Vgl. Beschluss des Europäischen Parlaments vom 2. April 2014 über den Antrag auf Schutz der Immunität und der Vorrechte von Mario Borghezio (P7_TA(2014)0257).
  • [9]  Vgl. Anfragen zur schriftlichen Beantwortung an die Kommission E-005164/2013 vom 8.5.2013 und E‑013757/2013 vom 4.12.2013.
  • [10]  Vgl. Beschluss der Kommission über die Einleitung des Verfahrens gemäß Artikel 108 Absatz 2 AEUV, ABl. C 95, 3.4.2013, S. 118.

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

10.11.2014

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

21

0

0

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Max Andersson, Joëlle Bergeron, Marie-Christine Boutonnet, Kostas Chrysogonos, Therese Comodini Cachia, Mady Delvaux, Laura Ferrara, Dietmar Köster, Gilles Lebreton, António Marinho e Pinto, Emil Radev, Julia Reda, Evelyn Regner, Pavel Svoboda, Tadeusz Zwiefka

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter

Daniel Buda, Angel Dzhambazki, Jytte Guteland, Heidi Hautala, Sylvia-Yvonne Kaufmann, Viktor Uspaskich

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 200 Abs. 2)

Edouard Martin