BERICHT über die Überwachung der Umsetzung des Bologna-Prozesses
31.3.2015 - (2015/2039(INI))
Ausschuss für Kultur und Bildung
Berichterstatterin: Krystyna Łybacka
ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
zu der Überwachung der Umsetzung des Bologna-Prozesses
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf Artikel 165 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),
– unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, insbesondere Artikel 26,
– unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 14,
– unter Hinweis auf die am 25. Mai 1998 in Paris von den vier zuständigen Ministern Deutschlands, Frankreichs, Italiens und des Vereinigten Königreichs unterzeichnete Gemeinsame Erklärung zur Harmonisierung der Architektur der europäischen Hochschulbildung (Sorbonne-Erklärung)[1],
– unter Hinweis auf die am 19. Juni 1999 in Bologna von den Bildungsministern 29 europäischer Staaten unterzeichnete Gemeinsame Erklärung (Bologna-Erklärung)[2],
– unter Hinweis auf das Kommuniqué der Konferenz der für die Hochschulen zuständigen europäischen Ministerinnen und Minister vom 28. und 29. April 2009 in Leuven/Louvain-la-Neuve[3],
– unter Hinweis auf die von den Bildungsministern von 47 Staaten am 12. März 2010 verabschiedete Erklärung von Budapest und Wien, mit der der Europäische Hochschulraum (EHR) offiziell eröffnet wurde[4],
– unter Hinweis auf das Bukarester Kommuniqué der Ministerkonferenz und des dritten Bologna Policy Forums vom 26. und 27. April 2012 in Bukarest[5],
– unter Hinweis auf die Mobilitätsstrategie 2020 für den Europäischen Hochschulraum (EHR), die auf der Ministerkonferenz des EHR am 26. und 27. April 2012 in Bukarest verabschiedet wurde[6],
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2013/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 zur Änderung der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen und der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems („IMI-Verordnung“)[7],
– unter Hinweis auf die Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. September 2005 zur Erleichterung der Ausstellung einheitlicher Visa durch die Mitgliedstaaten für den kurzfristigen Aufenthalt an Forscher aus Drittstaaten, die sich zu Forschungszwecken innerhalb der Gemeinschaft bewegen[8],
– unter Hinweis auf die Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Februar 2006 über die verstärkte europäische Zusammenarbeit zur Qualitätssicherung in der Hochschulbildung[9],
– unter Hinweis auf die Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 zur Einrichtung des Europäischen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen[10],
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 12. Mai 2009 zu einem strategischen Rahmen für die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung („ET 2020“)[11],
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 26. November 2009 zur Entwicklung der Rolle der Bildung in einem leistungsfähigen Wissensdreieck[12],
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 11. Mai 2010 zur Internationalisierung der Hochschulbildung[13],
– unter Hinweis auf die Empfehlung des Rates vom 28. Juni 2011 für politische Strategien zur Senkung der Schulabbrecherquote[14],
– unter Hinweis auf die Empfehlung des Rates vom 28. Juni 2011 mit dem Titel „Jugend in Bewegung – die Mobilität junger Menschen zu Lernzwecken fördern“[15],
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 10. Mai 2006 mit dem Titel „Das Modernisierungsprogramm für Universitäten umsetzen: Bildung, Forschung und Innovation“ (COM(2006)0208),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 3. März 2010 mit dem Titel „Europa 2020 – Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ (COM(2010)2020),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 26. August 2010 mit dem Titel „Eine Digitale Agenda für Europa“ (COM(2010)0245/2),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. September 2011 mit dem Titel „Wachstum und Beschäftigung unterstützen – eine Agenda für die Modernisierung von Europas Hochschulsystemen“ (COM(2011)0567),
– unter Hinweis auf den Bericht mit dem Titel „Hochschulbildung in Europa 2009: Entwicklungen im Rahmen des Bologna-Prozesses“ (Eurydice, Europäische Kommission, 2009)[16],
– unter Hinweis auf den Bericht mit dem Titel „Fokus auf die Hochschulbildung in Europa 2010: Die Auswirkungen des Bologna-Prozesses“ (Eurydice, Europäische Kommission, 2010)[17],
– unter Hinweis auf den Bericht mit dem Titel „Der europäische Hochschulraum im Jahr 2012: Bericht über die Umsetzung des Bologna-Prozesses“ (Eurydice, Europäische Kommission, 2012)[18],
– unter Hinweis auf die 2007 unter Lehrpersonal durchgeführte Eurobarometer-Umfrage zur Reform der Hochschulbildung[19],
– unter Hinweis auf die 2009 unter Studierenden durchgeführte Eurobarometer-Umfrage zur Reform der Hochschulbildung[20],
– unter Hinweis auf die Eurostat-Veröffentlichung vom 16. April 2009 zum Bologna-Prozess in der Hochschulbildung in Europa – Die wichtigsten Indikatoren zur sozialen Dimension und zur Mobilität[21],
– unter Hinweis auf den Abschlussbericht der Internationalen Konferenz vom 8. und 9. September 2011 in Eriwan (Armenien) zur Finanzierung der Hochschulbildung (International Conference on Funding of Higher Education)[22],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. September 2008 zum Bologna-Prozess und zur Mobilität der Studierenden[23],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Mai 2010 zum Dialog zwischen Hochschule und Wirtschaft: Eine neue Partnerschaft zur Modernisierung der Hochschulen[24],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. März 2012 zu dem Beitrag der europäischen Organe zur Konsolidierung und zum Fortschritt im Bologna-Prozess[25],
– unter Hinweis auf den Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI)[26],
– gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Kultur und Bildung (A8-0121/2015),
A. in der Erwägung, dass die Bedeutung des Bologna-Prozesses in der derzeitigen wirtschaftlichen Lage darin liegen sollte, dass die Ziele mit Blick auf die Ausbildung eines möglichst hohen Wissens- und Innovationsstands in der Bevölkerung verfolgt werden, indem ein umfassender Zugang zu Bildung und dauerhafter Weiterbildung geschaffen wird, und in der Erwägung, dass dies in der Überarbeitung der Strategie Europa 2020 und bei der Umsetzung des vom Präsidenten der Kommission, Jean-Claude Juncker, vorgelegten Investitionsplans für Europa zum Ausdruck kommen sollte;
B. in der Erwägung, dass Analysen zufolge annähernd jeder dritte Arbeitgeber in der EU Schwierigkeiten hat, angemessen qualifizierte Arbeitnehmer zu finden; in der Erwägung, dass die Bologna-Reform im Hinblick auf das Ziel, das Missverhältnis zwischen dem Qualifikationsangebot von Arbeitnehmern und der Qualifikationsnachfrage des Arbeitsmarkts zu beheben, bislang nicht sonderlich erfolgreich war; in der Erwägung, dass dieses Missverhältnis eine der zentralen Herausforderungen für Europa geworden ist, die sich auf alle Bereiche der Gesellschaft auswirkt, von der Produktivität und Effizienz von Unternehmen bis zum gegenwärtigen und künftigen Wohlergehen der Jugend;
C. in der Erwägung, dass mit Blick auf das Problem der Jugendarbeitslosigkeit seit dem Anbruch der Krise im Jahr 2008 keine wesentliche Besserung eingetreten ist; in der Erwägung, dass Ende 2014 in der EU etwa 5 Millionen junge Menschen (unter 25 Jahren) arbeitslos waren;
D. in der Erwägung, dass Universitäten den Worten eines Philosophen zufolge nicht nur neue Fachkräfte, Wissenschaftler, Ingenieure, Lehrer, Ärzte, Politiker und Bürger ausbilden, sondern sich auch durch „die Suche nach der Wahrheit und Schönheit“ auszeichnen sollten;
E. in der Erwägung, dass es wichtig ist, die Universitäten als die wahren Hauptakteure des Bologna-Prozesses zu betrachten und nicht nur die unterstützende Rolle regionaler und nationaler Institutionen bei der Koordinierung, Regulierung und Bereitstellung von Ressourcen wahrzunehmen;
F. in der Erwägung, dass im Rahmen dieser gemeinsam mit der akademischen Gemeinschaft unternommenen zwischenstaatlichen Initiative Bemühungen eingeleitet wurden, um eine gemeinsame Reaktion Europas auf die schwerwiegenden Probleme in vielen Ländern zu finden, diese Bemühungen aber nicht ausreichten;
G. in der Erwägung, dass das eigentliche Ziel des Bologna-Prozesses darin besteht, Mobilität und Internationalisierung zu unterstützen, für die Vereinbarkeit und die Vergleichbarkeit der Standards und der Qualität verschiedener Hochschulbildungssysteme zu sorgen und gleichzeitig die Autonomie der Hochschulen zu achten und so einen Beitrag zur Schaffung eines wirklich demokratischen europäischen Raumes zu leisten, der allen Bürgern Chancengleichheit bietet;
H. in der Erwägung, dass der in den letzten 15 Jahren erzielte Fortschritt bewertet werden muss und dass bei dieser Bewertung sowohl die Erfolgsgeschichte der Zusammenarbeit zwischen den Regionen als auch die ermittelten anhaltenden Probleme und das unterschiedliche Maß der Verwirklichung der festgelegten Ziele berücksichtigt werden müssen;
I. in der Erwägung, dass der Bologna-Prozess zwar in den meisten Ländern eine Richtlinie und ein Ansporn für Bildungsreformen ist, er jedoch in einigen Ländern aufgrund von Missverständnissen und eines mangelnden Verständnisses seiner tatsächlichen Vision als bürokratisches Hindernis wahrgenommen werden könnte;
J. in der Erwägung, dass die gesamteuropäische Ausrichtung des Bologna-Prozesses und die Beteiligung aller Akteure – darunter der Studierenden, der Lehrkräfte, der Forscher und des sonstigen Personals – anerkannt werden müssen;
K. in der Erwägung, dass die anhaltende und gestärkte finanzielle Förderung von Bildung, Ausbildung und beruflicher Bildung, Wissen und Forschung insbesondere mit Blick auf die derzeitige Wirtschaftskrise von grundlegender Bedeutung ist;
L. in der Erwägung, dass das politische Bekenntnis, auf das sich der Bologna-Prozess gründet, und das Engagement der EU-Organe, der nationalen Regierungen und aller anderen maßgeblich Beteiligten für die Durchführung des Prozesses in diesem sich ständig wandelnden Kontext bekräftigt werden müssen;
Rolle des Bologna-Prozesses
1. stellt fest, dass Bildung und Forschung zu den wichtigsten Säulen in unserer Gesellschaft bei der Förderung des Aufbaus von Kompetenzen, der Erzielung von Wachstum und der Schaffung von Arbeitsplätzen gehören; unterstreicht, dass Armut, soziale Ungleichheit und Arbeitslosigkeit – insbesondere Jugendarbeitslosigkeit – nur wirksam bekämpft werden können und soziale Inklusion nur gefördert werden kann, wenn vermehrt in Bildung investiert wird;
2. weist darauf hin, dass der Bologna-Prozess einen Beitrag dazu leisten könnte, das Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und ‑nachfrage in der EU zu beheben, wenn die Studierenden durch ihn in die Lage versetzt würden, sich die Kompetenzen anzueignen und weiter auszubauen, die der Arbeitsmarkt benötigt, und dass hierdurch das wichtige Ziel einer besseren Vermittelbarkeit von Studienabgängern verwirklicht werden könnte;
3. ist sich der Rolle des Bologna-Prozesses bei der Schaffung eines Europas des Wissens bewusst; betont, dass die Verbreitung von Wissen, Bildung und Forschung ein wesentlicher Bestandteil der Strategie Europa 2020 ist und einen Beitrag zur Förderung eines europäischen Bürgersinns leistet; weist jedoch auch auf das Erfordernis einer gegenseitigen Konsultation innerhalb der Kreise der Hochschulbildung (Lehrkräfte, Studierende und sonstiges Personal) hin, damit der Widerstand gegen die Reformen des Bologna-Prozesses verstanden wird, und betont das Erfordernis eines unentgeltlichen und für alle zugänglichen öffentlichen Bildungsangebots, das auf die gesellschaftlichen Bedürfnisse eingeht;
4. stellt fest, dass die Bologna-Reformen zum Aufbau des Europäischen Hochschulraums (EHR) geführt und in den letzten 15 Jahren bedeutende Errungenschaften ermöglicht haben, sodass die Strukturen der Hochschulbildung besser vergleichbar sind, die Mobilität zugenommen hat und Qualitätssicherungssysteme eingeführt wurden, Studienabschlüsse anerkannt werden und die Qualität der Bildungssysteme sowie die Attraktivität der Hochschulbildung in Europa verbessert wurden;
5. weist darauf hin, dass beim Bologna-Prozess mit Blick auf die Anpassung der Bildungssysteme an die Anforderungen des Arbeitsmarkts und die Verbesserung der allgemeinen Vermittelbarkeit und Wettbewerbsfähigkeit sowie der Attraktivität der Hochschulbildung in Europa noch viel getan werden muss; merkt an, dass die europäischen Hochschulen in der Lage sein sollten, rasch auf den wirtschaftlichen, kulturellen, wissenschaftlichen und technologischen Wandel in der modernen Gesellschaft zu reagieren, damit sie ihr Potenzial zur Förderung des Wachstums, der Vermittelbarkeit und des sozialen Zusammenhalts voll ausschöpfen können;
6. nimmt die Ziele für die nächsten Jahre, die auf der Ministerkonferenz des EHR im Jahr 2012 in Bukarest skizzierten nationalen Prioritäten für die bis 2015 zu ergreifenden Maßnahmen und die Empfehlungen der Ministerkonferenz zur EHR-Mobilitätsstrategie 2020 zur Kenntnis und empfiehlt die Einrichtung neuer Beobachtungsstellen, neue Herangehensweisen für die einzelnen europäischen Hochschulgemeinschaften und neue Systeme für die Integration der Mitglieder dieser Hochschulgemeinschaften in das Reformverfahren zu diesem Prozess;
Prioritäten und Herausforderungen
7. fordert die EHR-Staaten auf, die gemeinsam beschlossenen Reformen zur schnelleren Verwirklichung der Ziele des Bologna-Prozesses umzusetzen und die Verlässlichkeit des EHR zu erhöhen; spricht sich dafür aus, den Ländern, in denen Schwierigkeiten bei der Umsetzung dieser Reformen auftreten, zur Seite zu stehen; unterstützt in diesem Zusammenhang den Aufbau umfassender Partnerschaften zwischen einzelnen Ländern, Regionen und maßgeblichen Akteuren;
8. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Bewertungssysteme für Hochschuleinrichtungen – nach den internationalen Standards von Bildungssystemen – weiter zu verbessern und auf den neuesten Stand zu bringen und herausragende Leistungen mit Blick auf die Förderung von Wissen, Forschung und Wissenschaft auszuzeichnen;
9. hält es für wesentlich, die Vielfalt der Lehre einschließlich der Sprachenvielfalt zu erhalten; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, Stipendien auszubauen und dafür zu sorgen, dass sie leicht zugänglich sind;
10. weist darauf hin, dass noch mehr Bemühungen um den Ausbau des EHR unternommen werden müssen, dass auf den Fortschritten aufgebaut werden muss, die bei der Verwirklichung seiner Ziele erreicht wurden, und dass in Abstimmung mit dem Europäischen Raum der allgemeinen und beruflichen Bildung, dem Europäischen Raum des lebenslangen Lernens und dem Europäischen Forschungsraum gehandelt werden muss;
11. fordert alle an der Umsetzung des Bologna-Prozesses Beteiligten auf, die Qualitätssicherung zu stärken, damit ein Europäischer Hochschulraum geschaffen wird, der als Maßstab für akademische Spitzenleistungen in der ganzen Welt an Attraktivität gewinnt;
12. fordert die Mitgliedstaaten, die EHR-Staaten und die EU in ihrer Gesamtheit auf, den Bologna-Prozess der Öffentlichkeit näherzubringen und sie anzuhalten, ihn zu unterstützen, wozu auch bürgernahe Maßnahmen gehören, um eine effektivere und dynamischere Beteiligung an der Verwirklichung der Ziele des Prozesses zu erwirken;
13. stellt fest, dass der Kommission als Partner des Bologna-Prozesseses eine wichtige Rolle beim Ausbau des EHR zukommt, und fordert sie auf, auch künftig ihrer Rolle bei der Neubelebung des Prozesses und bei der Verstärkung der Bemühungen um die Verwirklichung der festgelegten Ziele nachzukommen;
14. weist darauf hin, dass die Qualität der Bildung und der Forschung im tertiären Sektor in die festgelegten Ziele aufgenommen werden muss; ist der Auffassung, dass einer der Indikatoren für die Verwirklichung dieser Ziele in der besseren Vermittelbarkeit von Studienabgängern bestünde, die außerdem ein Ziel der Strategie Europa 2020 darstellt;
15. fordert die Aufnahme eines Dialogs zwischen Regierungen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen, um die zur Verfügung stehenden Mittel zielgerichteter und wirksamer einzusetzen und ihre Verwendung zu optimieren und um neue und alternative Finanzierungsmodelle als Ergänzung zur öffentlichen Finanzierung zu ermitteln; betont in diesem Zusammenhang außerdem, wie wichtig Horizont 2020 als Triebfeder für von europäischen Hochschulen gemeinsam betriebene Forschungsvorhaben ist, und weist mit Sorge auf die anhaltenden Versuche hin, Kürzungen in diesem Bereich vorzunehmen, wohingegen andere Bereiche des Haushaltsplans unangetastet bleiben;
16. fordert die Regierungen auf, die Effizienz der Nutzung öffentlicher Finanzierungen von Bildung zu erhöhen und das EU-Kernziel einzuhalten, bis 2020 drei Prozent des BIP der EU in Forschung und Entwicklung zu investieren; betont, dass eine ehrgeizige Finanzierung von Bildung und Forschung vonnöten ist, da Bildung und Forschung zu den wichtigsten Instrumenten gehören, mit denen der Zugang zu hochwertiger Bildung für alle sichergestellt wird und die Wirtschaftskrise und die Arbeitslosigkeit bekämpft werden;
17. stellt fest, dass der EFSI potenzielle Finanzierungsmöglichkeiten im Bereich der Hochschulbildung, der beruflichen Bildung und der Ausbildung bereitstellen sollte; äußert seine tiefe Besorgnis über die geplanten Kürzungen von Mitteln bei Horizont 2020 – die unmittelbar Forschung und Bildung zugutekommen – zugunsten des EFSI;
18. weist warnend darauf hin, dass jegliche Einschnitte bei Horizont 2020 zweifellos die vollständige Umsetzung des Bologna-Prozesses beeinträchtigen würden, und fordert die Kommission aus diesem Grund mit Nachdruck auf, dahingehende Vorschläge zurückzuziehen;
19. regt sowohl Top-Down- als auch Bottom-Up-Ansätze unter Beteiligung der gesamten akademischen Gemeinschaft und der Sozialpartner an und fordert das politische Engagement und die Zusammenarbeit der Minister der EHR-Staaten bei der Erarbeitung einer gemeinsamen Strategie für die Verwirklichung der Bologna-Reformen;
20. fordert die weitere Ausarbeitung von Studienprogrammen mit eindeutig festgelegten Zielen, damit das Wissen und die allgemeinen und fachlichen Kompetenzen erlangt werden, die nicht nur für die Vorbereitung von Hochschulabgängern auf die Anforderungen des Arbeitsmarkts und ihre Befähigung zum lebenslangen Lernen, sondern auch und in erster Linie für die Integration der Bürger erforderlich sind; unterstützt die vollständige Umsetzung des europäischen Rahmens für die Anerkennung von Berufsabschlüssen;
21. betont die Rolle der MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) und ihre Bedeutung für die Gesellschaft, die Wirtschaft und die Vermittelbarkeit von Hochschulabgängern;
22. fordert, dass das Europäische System zur Anrechnung von Studienleistungen (ECTS) und der Diplomzusatz im EHR, bei denen es sich um wichtige Instrumente im Zusammenhang mit dem Arbeitsaufwand der Studierenden und den erreichten Lernzielen handelt, angemessen umgesetzt werden, um so die Mobilität zu fördern und den Studierenden dabei zu helfen, ihre akademischen und außerschulischen Leistungen zusammenzufügen;
23. betont die große Bedeutung einer garantierten gegenseitigen Anerkennung und Kompatibilität der akademischen Abschlüsse für die Stärkung des Qualitätssicherungssystems auf europäischer Ebene und in allen Ländern, die sich dem EHR angeschlossen haben, im Einklang mit der überarbeiteten Fassung der europäischen Standards und Leitlinien für die Qualitätssicherung (ESG) im Europäischen Hochschulraum; fordert alle EHR-Staaten und ihre jeweiligen Qualitätssicherungsstellen auf, sich den europäischen Netzwerken für Qualitätssicherung (ENQA und EQAR) anzuschließen;
24. legt den Partnern des Bologna-Prozesses und insbesondere der Kommission nahe, bei dem Eintritt von Hochschulabgängern ins Berufsleben regelmäßig das Missverhältnis zwischen ihren Kompetenzen und Fähigkeiten und dem tatsächlichen Bedarf zu ermitteln;
25. betont, wie wichtig das strategische Ziel von Europa 2020 ist, wonach 40 % der 30- bis 34-Jährigen eine Hochschulausbildung abschließen und über angemessene Fähigkeiten und Kompetenzen verfügen sollten, um eine erfüllende Beschäftigung finden zu können;
26. unterstreicht den Wert von Qualifikationsrahmen für die Verbesserung der Transparenz und fordert alle an den Bologna-Prozess angeschlossenen Staaten auf, ihre nationalen Rahmen an die Qualifikationsrahmen des EHR und die europäischen Qualifikationsrahmen anzupassen;
27. betont, dass die nationalen Qualifikationsrahmen in vielen Mitgliedstaaten noch an den europäischen Qualifikationsrahmen (EQR) sowie an die ESG angepasst werden müssen; weist darauf hin, dass viele nationalen Qualifikationsrahmen noch immer nicht im Europäischen Register für Qualitätssicherung in der Hochschulbildung (EQAR) eingetragen sind;
28. stellt fest, dass die Mobilität von Studierenden, Lehrkräften, Forschern und sonstigem Personal eine der wichtigsten Prioritäten des Bologna-Prozesses darstellt; fordert die Mitgliedstaaten auf, mehr Möglichkeiten für Mobilität zu schaffen und ihre Qualität zu erhöhen, und unterstreicht, dass die Umsetzung der Mobilitätsstrategie 2020 für den EHR gestärkt und außerdem das quantitative Ziel einer Mobilitätsrate von 20 % der Studierenden bis 2020 verwirklicht werden muss; unterstreicht in diesem Zusammenhang die grundlegende Rolle des Programms Erasmus+ und von Horizont 2020 und die große Bedeutung ihrer reibungslosen und wirksamen Umsetzung und Förderung; betont, dass die im Rahmen von Erasmus+ gewährten Stipendien steuer- und sozialabgabenfrei sein sollten;
29. fordert, dass die Mobilität der Studierenden schrittweise in die offiziellen Lehrpläne der Hochschulen aufgenommen wird;
30. betont, dass Studierende und Lehrkräfte künstlerischer und musischer Studiengänge angemessen in den Mobilitätsprogrammen der EU vertreten sein müssen;
31. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, bei den Kriterien für die Bewertung der Universitäten und anderer Einrichtungen der Hochschulbildung auch das Maß zu berücksichtigen, in dem sie sich in europa- und weltweiten Partnerschafts- und Mobilitätsvereinbarungen engagieren;
32. weist auf die zentrale Rolle von Hochschulen bei der Förderung der Mobilität und der Heranbildung von Hochschulabgängern und Forschern hin, die über das Wissen und die Fähigkeiten verfügen, die sie benötigen, um durch ihre Vermittelbarkeit in der globalen Wirtschaft zu bestehen;
33. fordert die Mitgliedstaaten, die EU und den EHR auf, die Mobilität zu stärken, indem sie den Spracherwerb fördern, administrative Hindernisse abbauen, angemessene Mechanismen für die finanzielle Unterstützung bereitstellen und für die Übertragbarkeit von Stipendien, Beihilfen und Leistungen sorgen; stellt fest, dass der Zugang zu Mobilität für Studierende aus schwächeren finanziellen Verhältnissen nach wie vor schwieriger ist;
34. weist darauf hin, dass sich das Bildungsmodell mit Blick sowohl auf die Ausgestaltung als auch die Bereitstellung der Programme zunehmend an den Studierenden orientiert und unter anderem ihrer persönlichen Entwicklung Rechnung trägt; betont, wie wichtig die Mitwirkung der Studierenden an der Gestaltung der Hochschulpolitik ist;
35. unterstreicht, dass sich Studienprogramme an langfristigen Marktbedürfnissen ausrichten sollten; betont außerdem, dass Vermittelbarkeit bedeutet, dass die Studierenden über eine breite Palette unterschiedlicher Kompetenzen verfügen sollten, mit denen sie für den Arbeitsmarkt und für lebenslanges Lernen gerüstet sind; ermutigt in diesem Zusammenhang zum aktiven Dialog und zur nationalen und grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen der akademischen Gemeinschaft und der Wirtschaft bei Programmen und Praktika, da hierdurch die Wirtschaftskrise bekämpft und das Wirtschaftswachstum gefördert werden könnte und ein Beitrag zu einer wissensbasierten Gesellschaft geleistet werden könnte, wodurch Chancen in einem weiter gefassten gesellschaftlichen Kontext geschaffen würden; legt den Hochschulen nahe, fachbereichsübergreifenden Studien, der Gründung von universitären Forschungsinstituten und der Zusammenarbeit mit Partnern aller Art offen gegenüberzustehen;
36. weist darauf hin, dass umfangreiche Möglichkeiten des lebenslangen Lernens und zusätzliche Lernformen wie nicht formales und informelles Lernen, die für die Entwicklung persönlicher Kompetenzen von wesentlicher Bedeutung sind, bereitgestellt werden müssen;
37. fordert Bemühungen um die Stärkung der Verbindung zwischen Hochschulbildung und Forschung und Innovation, wozu auch die Förderung von auf Forschung gestützter Bildung gehört, und unterstreicht, dass das Programm Horizont 2020 ein wichtiges Finanzierungsinstrument für die Förderung der Forschung ist; fordert eine bessere Abstimmung der Maßnahmen – wie beispielsweise der Programme Horizont 2020 und Erasmus+ –, mit denen der Bologna-Prozess unterstützt wird;
38. fordert flexiblere Lernmodelle, die Programme für gemeinsame Abschlüsse und interdisziplinäre Studien umfassen und mit denen Innovation, Kreativität, berufliche Bildung, duale Bildung und unternehmerische Initiativen im Hochschulbereich gefördert werden, und fordert, dass das Potenzial der neuen Technologien, der Digitalisierung und der IKT erschlossen wird, damit Lernen und Lehren bereichert werden, eine breite Palette an Kompetenzen ausgebaut wird und neue Lern-, Lehr-, und Bewertungsmodelle entwickelt werden;
39. fordert Hochschulen, öffentliche Stellen, Sozialpartner und Unternehmen auf, einen dauerhaften Dialog zur Verbesserung und Stärkung der Vermittelbarkeit zu führen; betont in diesem Zusammenhang das Erfordernis, den Schwerpunkt der Debatte auf das nicht ausgeschöpfte Potenzial der Hochschulbildung für die Förderung von Wachstum und Beschäftigung zu richten; fordert die EHR-Staaten und die Hochschulen auf, die Zusammenarbeit dahingehend auszuweiten, dass für hochwertige Praktikums- und Ausbildungsstellen gesorgt ist, und die Mobilität in diesem Zusammenhang zu fördern; betont, dass die beteiligten Akteure besser zusammenarbeiten sollten, wenn es darum geht, das Niveau ursprünglicher Qualifikationen anzuheben, qualifizierte Arbeitskräfte auf den neuesten Stand zu bringen sowie die Bereitstellung, Zugänglichkeit und Qualität der Beratung über Karriereplanung und Beschäftigung zu verbessern; vertritt außerdem die Auffassung, dass in Studienprogramme integrierte Praktika und praktisches Lernen am Arbeitsplatz noch mehr gefördert werden sollten;
40. betont, dass anerkannten Flüchtlingen der Zugang zu allen Einrichtungen des EHR gewährt werden muss, damit sie sich durch Bildung ein selbstbestimmtes Leben aufbauen können; betont außerdem, dass Aufenthaltsgenehmigungen für Hochschulabgänger, die eine qualifizierte berufliche Tätigkeit suchen, weiter liberalisiert werden sollten; unterstreicht, dass die Bemühungen um eine gegenseitige Anerkennung anerkannter Flüchtlinge insbesondere im Hinblick auf die Mobilität solcher Studierender verstärkt werden sollten;
41. betont, dass es in der Verantwortung der Mitgliedstaaten und aller dem EHR angeschlossenen Hochschulen liegt, hochwertige Bildungsangebote bereitzustellen, die den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen gerecht werden, und betont, dass es einer engen Zusammenarbeit zwischen ihnen bedarf, damit die im Rahmen des Bologna-Prozesses gesetzten Ziele erreicht werden;
42. weist darauf hin, dass nur wenige Mitgliedstaaten eine umfassende Strategie zur Integration von Studenten mit weniger günstigen soziökonomischen Voraussetzungen in die Hochschulbildung umgesetzt und somit das Problem des sogenannten sozialen Filters angegangen haben;
43. fordert, dass Lehrende der Sekundarstufe mit Blick auf die Förderung der Qualität der Lehrerausbildung und der beruflichen Mobilität stärker in den Bologna-Prozess einbezogen werden, um den neuen Bildungs- und Ausbildungsanforderungen einer wissensbasierten Gesellschaft gerecht zu werden und zu besseren Leistungen der Lernenden beizutragen;
44. betont die Rolle der Bildung, ihrer Qualität und ihrer Lehrfunktion bei der Prägung künftiger Generationen, dem Beitrag zu einem umfassenderen sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalt sowie bei der Schaffung von Arbeitsplätzen, einer höheren Wettbewerbsfähigkeit und eines verstärkten Wachstumspotenzials; fordert daher eine größere Wertschätzung des Lehrerberufs;
45. fordert wirtschaftliche und soziale Bemühungen um die Verbesserung der sozialen Inklusion, indem ein fairer und offener Zugang zu hochwertiger Bildung für alle bereitgestellt wird, die Anerkennung von akademischen und beruflichen Qualifikationen, von Studienzeiten im Ausland und von zu einem früheren Zeitpunkt erworbenen Qualifikationen sowie von „Soft-Skills“-Programmen und nicht formalem und informellem Lernen erleichtert wird und Studierenden mit unterschiedlichsten Voraussetzungen durch lebenslanges Lernen ein Zugang zu maßgeblicher Bildung eröffnet wird;
46. hebt die soziale Dimension des Bologna-Prozesses hervor; fordert Maßnahmen wie beispielsweise internationale Mobilitätsprogramme, mit denen die Beteiligung von unterrepräsentierten und benachteiligten Bevölkerungsgruppen gezielt erhöht wird;
47. betont die Rolle der Bildungsmobilität beim interkulturellen Lernen sowie die Tatsache, dass im Rahmen des Bologna-Prozesses aktive Schritte zur Förderung interkultureller Kenntnisse der Studierenden und der gegenseitigen Achtung von Kulturen unternommen werden sollten;
48. fordert Bemühungen um die künftige Ausarbeitung einer Strategie für die externe Dimension des EHR im Wege der Zusammenarbeit mit anderen Weltregionen, damit die globale Wettbewerbsfähigkeit des EHR, seine Attraktivität und die Bereitstellung von Informationen über ihn verbessert werden, die partnerschaftliche Zusammenarbeit gestärkt wird, der politische Dialog intensiviert wird sowie Qualifikationen vermehrt anerkannt werden;
49. betont, dass die Datenerhebung in den EHR-Staaten ausgeweitet werden muss, damit die Schwierigkeiten beim Bologna-Prozess besser ermittelt und angegangen werden können;
50. unterstreicht die große Bedeutung der nächsten Ministerkonferenz der EHR-Staaten, die im Mai 2015 in Eriwan stattfinden wird, da dort der Fortschritt und die Rückschläge bei der Verwirklichung der für 2012‑2015 festgelegten Prioritäten objektiv und kritisch bewertet werden, damit der EHR mit umfassender Unterstützung durch die Union gefördert und weiter konsolidiert werden kann;
o
o o
51. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
- [1] http://www.ehea.info/Uploads/Documents/1998_Sorbonne_Erklaerung.pdf
- [2] http://www.ehea.info/Uploads/Documents/1999_Bologna_Declaration_German.pdf
- [3] http://www.ehea.info/Uploads/Documents/2009_Leuven_Louvain-la-Neuve_Kommunique_April09_DE.pdf
- [4] http://www.ehea.info/Uploads/Documents/2010_Budapest-Wien-Erkl%C3%A4rung.pdf
- [5] http://www.bmbf.de/pubRD/Bukarest-Kommunique_2012.pdf
- [6] http://www.bmbf.de/pubRD/Mobilitaetsstrategie_Bukarest_2012.pdf
- [7] ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 132.
- [8] ABl. L 289 vom 3.11.2005, S. 23.
- [9] ABl. L 64 vom 4.3.2006, S. 60.
- [10] ABl. C 111 vom 6.5.2008, S. 1.
- [11] ABl. C 119 vom 28.5.2009, S. 2.
- [12] ABl. C 302 vom 12.12.2009, S. 3.
- [13] ABl. C 135 vom 26.5.2010, S. 12.
- [14] ABl. C 191 vom 1.7.2011, S. 1.
- [15] ABl. C 199 vom 7.7.2011, S. 1.
- [16] http://eacea.ec.europa.eu/education/eurydice/documents/thematic_reports/099DE.pdf
- [17] http://eacea.ec.europa.eu/education/eurydice/documents/thematic_reports/122de.pdf
- [18] http://eacea.ec.europa.eu/education/eurydice/documents/thematic_reports/138DE.pdf
- [19] http://ec.europa.eu/public_opinion/flash/fl198_en.pdf
- [20] http://ec.europa.eu/public_opinion/flash/fl_260_en.pdf
- [21] http://ec.europa.eu/eurostat/documents/3217494/5713011/KS-78-09-653-EN.PDF/3eb9f4ec-dc39-4e51-a18b-b61eb7c2518b?version=1.0
- [22] http://www.ehea.info/news-details.aspx?ArticleId=253
- [23] ABl. C 8 E vom 14.1.2010, S. 18.
- [24] ABl. C 161 E vom 31.5.2011, S. 95.
- [25] ABl. C 251 E vom 31.8.2013, S. 24.
- [26] Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Fonds für strategische Investitionen und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1291/2013 und (EU) Nr. 1316/2013 (COM(2015)0010).
BEGRÜNDUNG
Im Juni 1999 unterzeichneten 29 Staaten Europas die Bologna-Erklärung, mit der bis 2010 ein Europäischer Hochschulraum (EHR) geschaffen werden sollte. Das Ziel bestand und besteht nach wie vor darin, Studierenden ein breiteres und transparenteres Angebot an hochwertigen Bildungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen und mittels der Teilnahme nationaler Hochschulsysteme sowohl intern als auch extern ein vereinfachtes Anerkennungsverfahren einzurichten. Mittlerweile haben alle 47 derzeitigen Mitglieder des Bologna-Prozesses ihre Hochschulsysteme grundlegend reformiert.
Auch wenn sich die durch den Bologna-Prozess ausgelösten Umbildungen in erster Linie auf Hochschulebene vollziehen, ist die Idee, den EHR aufzubauen, bis zu einem gewissen Maß politisch geprägt. Mit dieser von der Kommission angeregten und von wissenschaftlichen Kreisen unterstützten zwischenstaatlichen Initiative sollte eine gemeinsame Antwort auf die Probleme in den teilnehmenden Ländern gefunden werden. Diese Antworten umfassen unter anderem die Schaffung der Voraussetzungen für mehr Mobilität, die Anpassung der Bildungssysteme an die Bedürfnisse des Arbeitsmarkts (um die Vermittelbarkeit generell zu verbessern) und die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und der Attraktivität der Hochschulbildung in Europa als einschlägiger Beitrag zur Weiterentwicklung der Zivilisation. Die dem Bologna-Prozess angeschlossenen Staaten sehen sich derzeit mit neuen Herausforderungen wie Jugendarbeitslosigkeit, Sparzwängen und demografischen Umwälzungen konfrontiert.
Der Bologna-Prozess kann mit Blick auf die Verwirklichung der EU-Ziele (Wachstum und eine wissensbasierte Wirtschaft) eine wichtige Rolle bei der Überarbeitung der Strategie Europa 2020 und bei der Umsetzung des vom Präsidenten der Kommission Jean-Claude Juncker vorgelegten Investitionsplans für Europa übernehmen.
In den letzten 15 Jahren hat der Bologna-Prozess bei der Qualität von Bildung, der Mobilität und der akademischen Anerkennung viel erreicht. Insgesamt gesehen hat der Bologna-Prozess zu mehr Transparenz geführt und Informationen über die Hochschulbildung in Europa leicht zugänglich gemacht, indem die nationalen Ergebnisse anhand von gemeinsamen Zielen miteinander verglichen wurden.
Diese Ergebnisse sind zwar lobenswert; manche Bereiche müssen jedoch noch weiter ausgebaut werden und der Bologna-Prozess muss unbedingt neu belebt werden, damit er den neuen Herausforderungen gerecht wird und damit die Qualität und die Transparenz des EHR sichergestellt sind.
Bewertung des Prozesses und neue Herausforderungen
Damit die Richtung, die die Bologna-Reformen einschlagen müssen, angemessen bestimmt werden kann, sollte der Prozess zunächst objektiv bewertet werden, und die zu verbessernden Bereiche sollten ermittelt werden. Aus diesem Grund muss sein weiteres Umfeld miteinbezogen werden, wozu auch die Einrichtung des Europäischen Raums der allgemeinen und beruflichen Bildung, des Europäischen Raums des lebenslangen Lernens und des Europäischen Forschungsraums gehört, die gemeinsam mit dem EHR grundlegende Bestandteile dafür sind, dass das Europa des Wissens verwirklicht werden kann.
In diesem Zusammenhang muss außerdem betont werden, dass der Zweck des Bologna-Prozesses nicht darin besteht, die Hochschulsysteme zu vereinheitlichen, sondern sie dadurch aneinander anzunähern, dass gemeinsame Regeln für die Zusammenarbeit erarbeitet werden und gleichzeitig die Vielfalt und die Autonomie der einzelnen Länder und Hochschulen erhalten bleiben.
Zuallererst ist festzustellen, dass die Ziele des Bologna-Prozesses in den teilnehmenden Ländern in unterschiedlichem Maß verwirklicht wurden. Aus diesem Grund müssen zunächst die gemeinsam vereinbarten Reformen in den EHR-Staaten umgesetzt und vorrangig ihr Bottom-Up-Ansatz gestärkt werden. Hierzu sind politisches Engagement und die Zusammenarbeit der EHR-Staaten erforderlich. Außerdem könnten zusätzliche Instrumente und neue Arbeitsmethoden – beispielsweise Gruppen, die den mit Herausforderungen konfrontierten Ländern bei der Erzielung zusätzlicher Fortschritte helfen und gleichzeitig andere Länder dazu anhalten könnten, noch höhergesteckte Ziele zu erreichen – aufgestellt werden. Als zusätzliche Instrumente sind der Austausch von Informationen über bewährte Verfahren, ein umfassenderer Rückgriff auf das Expertennetzwerk des Bologna-Prozesses und eine stärkere Beteiligung der akademischen Gemeinschaft zu nennen. Auch neue Technologien und freie Lern- und Lehrmaterialien (OER) – insbesondere offene Online-Kurse (MOOC) – können dazu beitragen, dass sich Wissen problemlos über Grenzen hinweg verbreitet, wodurch das Potenzial für die internationale Zusammenarbeit erhöht und dazu beigetragen wird, dass die europäischen Bildungseinrichtungen als Zentren für Innovation gefördert werden. Auch diese Potenziale sollten weiter erkundet werden.
Zweitens ist festzustellen, dass Bildung stärker auf den Studierenden ausgerichtet sein muss. Dies war nicht immer als wichtiger Teil der europäischen Struktur der Bildungsabschlüsse anerkannt und floss nicht immer angemessen in die Hochschulprogramme ein. Das Bildungsmodell sollte sich nicht mehr an dem zu vermittelnden Unterrichtsstoff orientieren, sondern am Lernbedarf der Studierenden. Die sozialen Aspekte des Prozesses sind als eines der Merkmale des EHR zu betrachten, die am stärksten vernachlässigt wurden.
Außerdem wurde die dem Bologna-Prozess zugrundeliegende Vorstellung nicht immer eindeutig vermittelt und wurde mitunter in den teilnehmenden Ländern missverstanden oder falsch interpretiert. In manchen Fällen wurde der Prozess für die Unterstützung nationaler Reformen eingesetzt oder als Verpflichtung gesehen, die die Regierung zu erfüllen hatte. Aus diesem Grund muss der Prozess klar und deutlich vermittelt werden, um so das Bewusstsein in der Öffentlichkeit zu schärfen, ihre Unterstützung für die Bologna-Reformen zu erhöhen und eine wirksamere und dynamischere Beteiligung bei der Verwirklichung der Ziele des Prozesses zu erwirken.
Hinzu kommt, dass die aktuellen gravierenden Mittelkürzungen angesichts des Umstands, dass die Hochschulen in Europa mehrheitlich aus öffentlichen Quellen finanziert werden, die Hochschulbildung beeinträchtigt haben. Somit sind fortgesetzte Investitionen und eine wirksamere Verwendung der zur Verfügung stehenden Mittel erforderlich, und der Aufbau neuer Finanzierungsmodelle wird empfohlen.
Bologna-Struktur und -Instrumente
Generell sind die meisten Studierenden in den EHR-Staaten in Programme eingeschrieben, die sich an der dreistufigen Struktur des Bologna-Prozesses orientieren. Es sollte hier darauf hingewiesen werden, dass die Einrichtung einer Struktur mit dreistufigen Abschlüssen kein Selbstzweck war, sondern im Zusammenspiel mit anderen grundlegenden Änderungen des Studienprogramms ein Instrument darstellt, mit dem Hochschulabgänger besser auf die Anforderungen des Arbeitsmarkts und auf soziale Herausforderungen vorbereitet werden können.
Außerdem muss das Europäische System zur Anrechnung von Studienleistungen (ECTS) angemessen umgesetzt werden, damit die Bologna-Ziele verwirklicht werden können. Es wurden zwar in allen EHR-Staaten Fortschritte bei der Umsetzung des ECTS mit Blick auf die Akkumulierung und Übertragung von Leistungen erzielt, es muss jedoch noch ein verbesserter Bezug zwischen den Leistungen und den Programmkomponenten einerseits und den Lernergebnissen andererseits hergestellt werden.
Mit Blick auf den Diplomzusatz sollte zur Kenntnis genommen werden, dass zwar Fortschritte erzielt wurden, jedoch etwa 70 % der EHR-Staaten noch nicht alle Anforderungen wie zum Beispiel die automatische und unentgeltliche Ausstellung des Diplomzusatzes für alle Hochschulabgänger in einer wichtigen europäischen Sprache erfüllen.
Auch die Ausarbeitung und Umsetzung des nationalen Qualifikationsrahmens birgt nach wie vor Herausforderungen, wozu auch gehört, dass die meisten Länder die nicht formalen Qualifikationen noch in diesen Rahmen aufnehmen müssen. Die Anerkennung von Kurzlehrgängen im EHR-Qualifikationsrahmen im Falle von Ländern, die sie in den nationalen Qualifikationsrahmen aufnehmen – ohne dass andere Länder dazu verpflichtet sind – sollte angegangen werden, um die Verständlichkeit und internationale Vergleichbarkeit dieser Lehrgänge zu verbessern.
Zweifellos muss die Anerkennung von ausländischen Qualifikationen, Studienzeiten im Ausland und zu einem früheren Zeitpunkt erworbenen (auch nicht formalen oder informellen) Qualifikationen gestärkt werden, damit sie den Studierenden unmittelbarer zugutekommt. Da in mehr als zwei Dritteln der EHR-Staaten letztendlich die Hochschulen über die Anerkennung ausländischer Qualifikationen beschließen und da die Anerkennung von im Ausland erworbenen Leistungen ebenfalls im Verantwortungsbereich der Hochschulen liegt, müssen diese Einrichtungen in die Lage versetzt werden, dieser Aufgabe besser nachzukommen. Die Ausarbeitung von Strategien und Methoden, mit denen die Anerkennung von Qualifikationen noch mehr gefördert wird, ist für den EHR von größter Bedeutung.
Der weitere Ausbau des EHR macht außerdem die zusätzliche Ausarbeitung und Integration flexibler Lernmodelle erforderlich, damit Mobilität und lebenslanges Lernen gefördert werden.
Gemeinsame Programme sind ein weiterer wichtiger Aspekt des EHR und ein grundlegender Bestandteil der Internationalisierung der Hochschulbildung. Ihre Zulassung muss erleichtert werden.
Mobilität und Qualität der Hochschulbildung
Mobilität hat nicht nur mit Struktur, sondern auch mit guter Organisation und Qualitätssicherung zu tun. Die Bologna-Instrumente sollten angemessen umgesetzt werden, um so die Mobilität zu fördern. Außerdem sollten die Anerkennungsverfahren gestärkt, die Qualität der Dienstleistungen für die Studierenden an den Gastuniversitäten verbessert, Mechanismen für die finanzielle Unterstützung eingerichtet, die Übertragung von Stipendien und Leistungen garantiert, das Erlernen von Fremdsprachen gefördert und die Teilnahme an europäischen Programmen wie Erasmus+ angeregt werden. Darüber hinaus sollten die im Rahmen von Erasmus+ gewährten Zuschüsse steuer- und sozialabgabenfrei sein.
Außerdem muss unbedingt ein günstigeres Umfeld für die Mobilität von Bediensteten und Lehrkräften geschaffen werden, das zur Erarbeitung von Forschungs-, Lehr- und Lernmethoden sowie zur Modernisierung von Management und Verwaltung beitragen kann.
In vielen Ländern genießen die Verbesserung der Qualität der Hochschulbildung und die Errichtung von Qualitätssicherungssystemen hohe Priorität. Die europäischen Standards und Leitlinien für die Qualitätssicherung (ESG) – eines der wichtigsten Ziele des EHR – wurden überarbeitet und sollen im Mai 2015 auf der Ministerkonferenz in Eriwan verabschiedet werden. Im nächsten Schritt sollen sie dann angemessen umgesetzt werden, und die Zusammenarbeit bei der Qualitätssicherung im EHR soll gestärkt werden.
Soziale Dimension
Trotz der Zusage, messbare Ziele für die Ausweitung der Teilnahme an der Hochschulbildung insgesamt und für die Verbesserung des Zugangs unterrepräsentierter Gruppen festzulegen, wurden in nicht einmal 20 % der Bildungssysteme quantitative Zielvorgaben für unterrepräsentierte Gruppen aufgestellt. Die Verbesserung der sozialen Inklusion sowie die Stärkung gleicher Zugangsmöglichkeiten und der internationalen Mobilität für unterrepräsentierte und benachteiligte Bevölkerungsgruppen ist nach wie vor eine Herausforderung für den Bologna-Prozess. Es muss nicht nur darauf hingearbeitet werden, die Zahl der Studierenden an den Hochschulen zu erhöhen, sondern auch darauf, die Abschlussquoten zu verbessern.
Vermittelbarkeit ist ein weiterer grundlegender Aspekt der sozialen Dimension und außerdem ein wichtiges Anliegen. Im Bologna-Prozess ist Vermittelbarkeit als die Fähigkeit definiert, nach der Ausbildung einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden oder sich selbständig zu machen, in Beschäftigung zu bleiben und sich auf dem Arbeitsmarkt behaupten zu können[1]. In diesem Zusammenhang besteht die Rolle der Hochschulbildung darin, Studierende mit dem Wissen, den Fähigkeiten und den Kompetenzen auszustatten, die sie am Arbeitsplatz benötigen, und ihnen außerdem die Möglichkeit zu geben, diese Fähigkeiten im Laufe ihrer beruflichen Laufbahn weiter auszubauen.
Die Bemühungen sollten sich in erster Linie – durch einen fortlaufenden Dialog mit Arbeitgebern, die Umsetzung kompetenzgestützter Programme und die Überwachung der Laufbahnentwicklung von Hochschulabsolventen – auf die Verbesserung der Vermittelbarkeit richten.
Externe Dimension
Die externe Dimension des EHR wird in der Zukunft immer wichtiger. Der Schwerpunkt sollte hier auf der Förderung des EHR – mit dem Ziel der Steigerung seiner weltweiten Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit –, der Unterstützung bei der Bildung von Netzwerken und der Zusammenarbeit von Hochschulen (insbesondere in den Nachbarländern des EHR), dem weiteren Ausbau der Anerkennung von Qualifikationen und der Entwicklung gemeinsamer und gemeinschaftlicher Programme auf allen Ebenen liegen.
Prioritäten für die nahe Zukunft
Ein kohärenter, transparenter und hochwertiger Hochschulsektor ist von grundlegender Bedeutung für die kulturelle, wirtschaftliche und soziale Entwicklung. Die Bologna-Ziele stellen die wichtigsten Instrumente zur Verfügung, die die Hochschulbildung in Europa für die Bewältigung der derzeitigen Herausforderungen benötigt. Der Weg bis zur Verwirklichung der Ziele des Bologna-Prozesses ist jedoch noch weit. Es wurde zwar viel erreicht, und es wurden zwar bedeutende strukturelle Annäherungen erzielt, es sind jedoch auch neue Herausforderungen entstanden. Um diesen Herausforderungen zu begegnen und den Prozess wiederzubeleben, muss der Schwerpunkt unbedingt auf der angemessenen Umsetzung der derzeitigen Struktur und der zur Verfügung stehenden Instrumente, der Korrektur ihrer Schwächen und dem Übergang zu einem an den Studierenden und den Ergebnissen orientierten Bildungsansatz liegen. Außerdem müssen die Verbindungen zwischen Hochschulbildung und Forschung gestärkt werden, indem der Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft erleichtert und der sinnvolle Einsatz von technischen Innovationen beim Lehren und Lernen gefördert wird. Darüber hinaus ist die Schwerpunktsetzung auf einer besseren Abstimmung der Maßnahmen – wie beispielsweise der Programme Horizont 2020 und Erasmus+ –, mit denen der Bologna-Prozess unterstützt wird, erforderlich.
- [1] Arbeitsgruppe zur Vermittelbarkeit, Bologna-Konferenz, Leuven/Louvain-la-Neuve, 28./29. April 2009.
ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS
Datum der Annahme |
24.3.2015 |
|
|
|
|
Ergebnis der Schlussabstimmung |
+: –: 0: |
24 5 0 |
|||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder |
Isabella Adinolfi, Dominique Bilde, Andrea Bocskor, Silvia Costa, Mircea Diaconu, Damian Drăghici, Angel Dzhambazki, Jill Evans, Emmanouil Glezos, Giorgos Grammatikakis, Petra Kammerevert, Andrew Lewer, Svetoslav Hristov Malinov, Fernando Maura Barandiarán, Luigi Morgano, Momchil Nekov, Michaela Šojdrová, Yana Toom, Helga Trüpel, Sabine Verheyen, Julie Ward, Bogdan Brunon Wenta, Theodoros Zagorakis, Bogdan Andrzej Zdrojewski, Milan Zver, Krystyna Łybacka |
||||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter |
Sylvie Guillaume, György Hölvényi, Dietmar Köster, Ilhan Kyuchyuk, Ernest Maragall, Emma McClarkin, Liadh Ní Riada |
||||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 200 Abs. 2) |
Daniela Aiuto |
||||