BERICHT über die Strategie der EU für die Gleichstellung von Frauen und Männern nach 2015
13.5.2015 - (2014/2152(INI))
Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter
Berichterstatterin: Maria Noichl
ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
zur Strategie der EU für die Gleichstellung von Frauen und Männern nach 2015
Das Europäische Parlament,
– gestützt auf Artikel 2 und Artikel 3 Absatz 3 Unterabsatz 2 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) und Artikel 8 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),
– gestützt auf Artikel 23 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK),
– unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte aus dem Jahr 1948,
– unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1979 zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW),
– unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1949 zur Unterbindung des Menschenhandels und der Ausnutzung der Prostitution anderer,
– unter Hinweis auf die Erklärung und Aktionsplattform von Peking, die am 15. September 1995 von der Vierten Weltfrauenkonferenz angenommen wurden, auf die entsprechenden Abschlussdokumente, die im Rahmen der UN-Sondertagungen Peking +5 (2000), Peking +10 (2005) und Peking +15 (2010) angenommen wurden, sowie auf die Abschlussdokumente der Überprüfungskonferenz Peking +20,
– unter Hinweis auf die Verordnung Nr. 606/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 über die gegenseitige Anerkennung von Schutzmaßnahmen in Zivilsachen[1],
– unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 1567/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2003 über die Unterstützung von Strategien und Aktionen im Bereich der reproduktiven und sexuellen Gesundheit und der damit verbundenen Rechte in den Entwicklungsländern[2],
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI[3],
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2011/99/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Europäische Schutzanordnung[4],
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2011/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates[5],
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2010/41/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2010 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, und zur Aufhebung der Richtlinie 86/613/EWG des Rates[6],
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2010/18/EU des Rates vom 8. März 2010 zur Durchführung der von BUSINESSEUROPE, UEAPME, CEEP und EGB geschlossenen überarbeiteten Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub und zur Aufhebung der Richtlinie 96/34/EG[7],
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (Neufassung)[8],
– unter Hinweis auf die Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (zehnte Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG)[9],
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2004/113/EG zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung zwischen Männern und Frauen beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen und der Versorgung mit diesen und auf das zugehörige Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 1. März 2011 in der Rechtssache Test-Achats (C-236/09)[10],
– unter Hinweis auf das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Übereinkommen von Istanbul),
– unter Hinweis auf den vom Europäischen Rat im März 2011 angenommenen Europäischen Pakt für die Gleichstellung der Geschlechter (2011-2020)[11],
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 5. März 2010 mit dem Titel „Ein verstärktes Engagement für die Gleichstellung von Frauen und Männern – eine Frauen-Charta“ (COM(2010)0078),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 21. September 2010 mit dem Titel „Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2010–2015“ (COM(2010)0491),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 3. März 2010 mit dem Titel „Europa 2020 – Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ (COM(2010)2020),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. September 2011 mit dem Titel „Wachstum und Beschäftigung unterstützen – eine Agenda für die Modernisierung von Europas Hochschulsystemen“ (COM(2011)0567),
– unter Hinweis auf das Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen vom 16. September 2013 mit dem Titel „Mid-term review of the Strategy for equality between women and men (20102015)“ (Halbzeitbewertung der Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2010-2015) (SWD(2013)0339),
– unter Hinweis auf das Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen vom 8. März 2010 mit dem Titel „EU Plan of Action on Gender Equality and Women's Empowerment in Development (2010-2015)“ (Aktionsplan der EU zur Gleichstellung der Geschlechter und Teilhabe von Frauen in der Entwicklungszusammenarbeit (2010−2015)) (SWD(2010)0265),
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates „Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz“ vom 19./20. Juni 2014,
– unter Hinweis auf die 2014 veröffentlichte Studie der Fachabteilung C des Europäischen Parlaments zur Bewertung der Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2010-2015 als Beitrag zu den Zielen der Aktionsplattform von Peking,
– unter Hinweis auf den Bericht der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) mit dem Titel „Gewalt gegen Frauen: eine EU-weite Erhebung. Ergebnisse auf einen Blick“, der im März 2014 veröffentlicht wurde,
– unter Hinweis auf den im Oktober 2014 veröffentlichten Bericht der Europäischen Agentur für Grundrechte mit dem Titel „Discrimination against and living conditions of Roma women in 11 EU Member States“ (Diskriminierung und Lebensverhältnisse von Roma-Frauen in 11 EU-Mitgliedstaaten),
– unter Hinweis auf den im Dezember 2014 veröffentlichten Bericht der Europäischen Agentur für Grundrechte mit dem Titel „Being Trans in the EU – Comparative analysis of EU LGBT survey data“ (Das Leben als Transgender in der EU – Vergleichende Analyse von Erhebungsdaten zu LGBT in der EU),
– unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 15. Juni 1995 zur Vierten Weltfrauenkonferenz in Peking: „Gleichstellung, Entwicklung und Frieden“[12], vom 10. März 2005 zu Folgemaßnahmen zur Vierten Weltfrauenkonferenz – Aktionsplattform (Peking +10)[13] und vom 25. Februar 2010 zu Peking +15 – UN-Plattform für Maßnahmen zur Gleichstellung der Geschlechter[14],
– unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 10. Februar 2010 zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Europäischen Union – 2009[15], vom 8. März 2011 zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Europäischen Union – 2010[16], vom 13. März 2012 zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Europäischen Union – 2011[17] und vom 10. März 2015 zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Europäischen Union – 2013[18],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. September 2013 zur Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit[19],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. März 2013 zum Abbau von Geschlechterstereotypen in der EU[20],
– unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 17. Juni 2010 zu geschlechtsspezifischen Aspekten der Rezession und Finanzkrise[21] und vom 12. März 2013 zu den Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf die Gleichstellung von Männern und Frauen und die Rechte der Frauen[22],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. Februar 2013 zur 57. Tagung der VN-Kommission für die Rechtsstellung der Frau zum Thema „Beseitigung und Verhütung aller Arten von Gewalt gegen Frauen und Mädchen“[23],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. Mai 2012 mit Empfehlungen an die Kommission zur Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit[24],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. November 2013 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Gewährleistung einer ausgewogeneren Vertretung von Frauen und Männern unter den nicht geschäftsführenden Direktoren/Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften und zu damit zusammenhängenden Maßnahmen[25],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. Februar 2014 mit Empfehlungen an die Kommission zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen[26],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. Februar 2014 zum Europäischen Semester für die wirtschaftspolitische Koordinierung: Jahreswachstumsbericht 2014[27],
– gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter und die Stellungnahme des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (A8-0163/2015),
A. in der Erwägung, dass das Recht auf Gleichbehandlung ein in den Verträgen der Europäischen Union anerkanntes, tief in der europäischen Gesellschaft verwurzeltes, prägendes Grundrecht und für deren Weiterentwicklung unabdingbar ist und in den gesetzlichen Regelungen, in der Praxis, in der Rechtsprechung sowie im tatsächlichen Leben gleichermaßen gelten muss;
B. in der Erwägung, dass die EU in der Vergangenheit einige wichtige Schritte zur Stärkung der Frauenrechte und zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter unternommen hat, sich aber während des letzten Jahrzehnts die gleichstellungsorientierten politischen Maßnahmen und Reformen auf EU-Ebene verlangsamt haben; in der Erwägung, dass die Strategie der vorherigen Kommission zu schwach war und die in ihrem Rahmen durchgeführten Maßnahmen für die Gleichstellung der Geschlechter unzureichend waren; in der Erwägung, dass daher eine neue Strategie neue Impulse geben und konkrete Maßnahmen zur Stärkung der Rechte der Frau und zur Förderung der Gleichheit der Geschlechter nach sich ziehen muss;
C. in der Erwägung, dass mit der vorherigen Strategie der Kommission zwar einige der gesetzten Ziele, nicht aber die vollständige Gleichstellung der Geschlechter erreicht wurden, Hinweise auf das Zusammenspiel der verschiedenen Formen von Diskriminierung, präzisen Zielen und effektiven Evaluierungsmaßnahmen darin oftmals fehlten und Gender Mainstreaming nach wie vor nur begrenzt durchgeführt wird;
D. in der Erwägung, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern ein in den Verträgen und in der Charta der Grundrechte verankertes Grundprinzip der Europäischen Union ist und dass die EU es sich zur besonderen Aufgabe gemacht hat, den Gleichstellungsaspekt bei all ihren Tätigkeiten durchgängig zu berücksichtigen; in der Erwägung, dass die Gleichstellung als strategisches Ziel zur Erreichung der allgemeinen Ziele der EU, wie der anvisierten Erwerbsquote innerhalb der Strategie Europa 2020, unabdingbar ist und ein wichtiges Wirtschaftsgut zur Förderung eines gerechten und integrativen Wirtschaftswachstums ist; in der Erwägung, dass die Verminderung von Ungleichheiten im Berufsleben nicht nur ein Ziel in Sachen Gleichbehandlung, sondern auch im Hinblick auf Arbeitsmarkteffizienz und -fluidität ist;
E. in der Erwägung, dass zwischen Roma und der Mehrheitsgesellschaft weiterhin ein starkes Gefälle bei Bildung, Beschäftigung, Gesundheit und Diskriminierung besteht und dass die Lage der Roma-Frauen in der EU infolge von Mehrfachdiskriminierung aus Gründen der ethnischen Herkunft und des Geschlechts sogar noch schlimmer ist;
F. in der Erwägung, dass sich die wirtschaftliche und politische Stellung Europas nur verbessern lässt und die Folgen des demographischen Wandels nur zu stoppen sind, indem das Talent und Potenzial aller Frauen und Männer genutzt wird;
G. in der Erwägung, dass wir nicht länger überholten Wirtschaftsmodellen verhaftet bleiben dürfen, die Umweltbelange vernachlässigen und sich auf eine durch die Einbeziehung der Frauen in den Arbeitsmarkt obsolet gewordene Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau stützen; in der Erwägung, dass wir eine neues Modell benötigen, das sich auf Wissen und Innovation stützt, sozial verträglich ist, mit dem alle Talente der Frauen in den Produktionsapparat eingebracht werden, mit dem manche von der Industrie gesetzten Normen und die Faktoren, die Männer und Frauen in unterschiedliche Berufe kategorisieren, in Frage gestellt werden, mit dem die Aufteilung der Verantwortung zwischen Männern und Frauen in den öffentlichen und privaten Bereichen ausgewogen gestaltet und das Privat- und Berufsleben der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Einklang gebracht wird;
H. in der Erwägung, dass die Erleichterung des Zugangs zu hochwertigen und erschwinglichen Dienstleistungen für die Betreuung von Kindern, älteren Menschen und anderen betreuungsbedürftigen Familienmitgliedern wesentlich für eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt, an der Bildung und an der Weiterbildung ist;
I. in der Erwägung, dass sich die Pekinger Aktionsplattform in diesem Jahr zum zwanzigsten Mal jährt und ihre Ziele und deren umfassende Umsetzung aktueller denn je sind;
J. in der Erwägung, dass Gewalt gegen Frauen unabhängig davon, ob es sich um körperliche, sexuelle oder psychische Gewalt handelt, eines der größten Hindernisse für die Gleichstellung von Frauen und Männern ist und, obwohl es sich bei ihr um eine der am seltensten angezeigten Straftaten handelt, dennoch weiterhin die am weitesten verbreitete Menschenrechtsverletzung ist, von dem alle Ebenen der Gesellschaft betroffen sind; in der Erwägung, dass trotz der ergriffenen Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen laut der im März 2014 von der FRA durchgeführten Erhebung 55 % der Frauen in ihrem Leben eine oder mehrere Formen sexueller Belästigung erfahren haben und 33 % seit ihrem 15. Geburtstag Opfer physischer und/oder sexueller Gewalt geworden sind; in der Erwägung, dass ein gewaltfreies Leben eine Voraussetzung für vollständige gesellschaftliche Teilhabe darstellt und wirkungsvolle Maßnahmen ergriffen werden müssen, um gegen Frauen gerichtete Gewalt zu bekämpfen;
K. in der Erwägung, dass Zwangsprostitution eine Form der Gewalt ist, von der die Schwächsten am stärksten betroffen sind und die hauptsächlich mit Netzwerken der organisierten Kriminalität und Menschenhandel im Zusammenhang steht und der Gleichstellung von Frauen und Männern im Wege steht;
L. in der Erwägung, dass Frauen durch traditionelle Strukturen und steuerliche Fehlanreize in einen Zweitverdienerinnenstatus gedrängt werden, der sich durch eine vertikale und horizontale Segregation des Arbeitsmarkts, eine lückenhafte Erwerbsbiographie und eine geschlechtsspezifische Lohnungleichheit ausdrückt, sowie in der Erwägung, dass unbezahlte Pflegetätigkeit, die Betreuung von Kindern, älteren Menschen und anderen betreuungsbedürftigen Familienmitgliedern und Hausarbeit wesentlich häufiger von Frauen geleistet werden und ihnen so weniger Zeit zur Verfügung steht, einer bezahlten Arbeit nachzugehen, was wiederum zu einer weitaus geringeren Rente führt, weshalb die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben, auch zur Erreichung der Ziele der Strategie Europa 2020, weiterhin durch konkrete Maßnahmen gefördert werden muss, wobei vor allem Männer stärker eingebunden werden müssen;
M. in der Erwägung, dass die Beschäftigungsquote der Frauen bei 63 % liegt bzw. bei 53,5 %, wenn die Beschäftigung in Vollzeitäquivalenten gemessen wird[28]; in der Erwägung, dass das geschlechtsspezifische Lohngefälle bei 16,4 % und das geschlechtsspezifische Rentengefälle bei durchschnittlich 39 % liegt; in der Erwägung, dass die Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt ihnen nicht immer Einfluss verschafft und Macht- und Entscheidungspositionen meistens von Männern besetzt sind, was Frauen in ihrer Möglichkeit, Einfluss zu nehmen, einschränkt, und in Anbetracht der Tatsache, dass Frauen die Hälfte der Bevölkerung ausmachen, einen Mangel an demokratischer Legitimität in der Beschlussfassung darstellt; in der Erwägung, dass die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter über das Verbot von Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts hinausgeht und sich Fördermaßnahmen für Frauen als grundlegend erwiesen haben, wenn es um ihre vollständige Einbindung in den Arbeitsmarkt, in die politische und wirtschaftliche Beschlussfassung und in die Gesellschaft im Allgemeinen geht; in der Erwägung, dass sich der Ausschluss von Frauen aus Machtpositionen und Beschlussfassungsgremien negativ auf die Fähigkeit der Frau auswirkt, sowohl auf ihre eigene Entwicklung und Emanzipation als auch auf die Entwicklung der Gesellschaft Einfluss zu nehmen;
N. in der Erwägung, dass sich Geschlechterquoten und Listen nach dem Reißverschlussverfahren in politischen Entscheidungsprozessen als wirksamste Mittel zur Bekämpfung von Diskriminierung und geschlechtsspezifischen Machtungleichgewichten und zur Verbesserung der demokratischen Repräsentation in politischen Entscheidungsgremien erwiesen haben;
O. in der Erwägung, dass die fehlende Förderung einer Politik der Vereinbarkeit von Arbeits- und Privatleben, die unzureichende Förderung flexibler Arbeitszeiten insbesondere bei Männern und die geringe Nutzung von Eltern- und Vaterschaftsurlaub wichtige Hindernisse für die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen und für die ausgewogene Aufteilung der Verantwortlichkeiten in Familie und Haushalt darstellen;
P. in der Erwägung, dass das Gesicht der Armut in Europa überdurchschnittlich häufig weiblich ist und dass vor allem alleinerziehende Mütter, Frauen mit Behinderungen, junge und alte Frauen, Migrantinnen und Frauen, die einer ethnischen Minderheit angehören, von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen sind und dass sich diese Situation durch die Wirtschaftskrise, die nicht als Rechtfertigung für verminderte Anstrengungen im Bereich der Gleichstellung herangezogen werden sollte, spezifische Sparmaßnahmen, prekäre Arbeitsverhältnisse, Teilzeittätigkeiten, niedrige Löhne und Renten, einen erschwerten Zugang zu Sozial- und Gesundheitsleistungen und Arbeitsplatzverluste, vor allem im öffentlichen Sektor und im Pflege- und Betreuungsbereich, weiter verstärkt, wodurch das Ziel der Gleichstellung der Geschlechter noch mehr Aktualität erhält;
Q. in der Erwägung, dass Frauen in ländlichen Gebieten stärker unter Mehrfachdiskriminierung und Geschlechterstereotypen leiden als Frauen in städtischen Gebieten und dass die Beschäftigungsquote von Frauen in ländlichen Gebieten gegenüber denen in Städten sehr viel geringer ist; in der Erwägung, dass im ländlichen Raum Nachteile durch den Mangel an guten Beschäftigungsmöglichkeiten entstehen; in der Erwägung, dass darüber hinaus viele Frauen niemals auf dem offiziellen Arbeitsmarkt tätig sind und daher weder arbeitslos gemeldet sind noch in den Arbeitslosenstatistiken erscheinen, was zu besonderen finanziellen und rechtlichen Problemen in Bezug auf das Recht auf Mutterschaftsurlaub und Krankheitszeiten, den Erwerb von Rentenansprüchen und den Zugang zur sozialen Sicherheit sowie zu Problemen im Scheidungsfalle führt;
R. in der Erwägung, dass die traditionellen Geschlechterrollen weiterhin einen starken Einfluss auf die Verteilung der Aufgaben zwischen Männern und Frauen in den Bereichen Haushalt, Bildung, berufliche Karriere, Arbeit und der Gesellschaft im Allgemeinen haben;
S. in der Erwägung, dass stereotype Geschlechterrollen und traditionelle Strukturen einen negativen Einfluss auf die Gesundheit und den allgemeinen Zugang zu sexueller und reproduktiver Gesundheit sowie auf die damit verbundenen Rechte haben, die grundlegende Menschenrechte sind und deshalb niemals eingeschränkt werden dürfen; in der Erwägung, dass das Recht, den eigenen Körper zu kontrollieren, und Selbstbestimmung die Grundvoraussetzungen für die Gleichstellung aller Menschen sind;
T. in der Erwägung, dass weltweit eines von sechs Paaren von einer Form von Unfruchtbarkeit betroffen ist; in der Erwägung, dass die Kommission eine neue Vergleichsanalyse der Reproduktionsmedizin in der EU vorlegen sollte, da die 2008 veröffentlichte Studie (SANCO/2008/C6/051), in der große Unterschiede beim Zugang zu Fruchtbarkeitsbehandlungen deutlich wurden, veraltet ist;
U. in der Erwägung, dass es weiterhin Bildungseinrichtungen gibt, in denen Geschlechtersegregation betrieben wird, und dass Bildungsmaterialien oftmals Stereotype enthalten, aufgrund derer die traditionellen unterschiedlichen Rollen, die Mädchen und Jungen zugeschrieben werden, weitergegeben werden, was sich wiederum negativ auf deren Wahlmöglichkeiten auswirkt; in der Erwägung, dass diese Rollenmuster vor allem durch die in den Medien, im Internet und in der Werbung getroffenen Aussagen und des vermittelten Bildes der Frau noch weiter verstärkt werden;
V. in der Erwägung, dass transsexuelle Personen aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität oder Ausdrucksform in der EU heutzutage häufig Opfer von Diskriminierung, Mobbing und Gewalt werden;
W. in der Erwägung, dass die EU eine Verantwortung und eine Rolle als Vorbild für die Gleichstellung der Geschlechter und für Frauenrechte zu übernehmen hat, die zu einem zentralen Anliegen in ihrem auswärtigen Handeln werden sollten; in der Erwägung, dass die Gleichstellung der Geschlechter, der Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt sowie die Stärkung der Rolle der Frau für die Verwirklichung der internationalen Entwicklungsziele und die Umsetzung einer erfolgreichen Außenpolitik, einer erfolgreichen Entwicklungszusammenarbeit und einer erfolgreichen internationalen Handelspolitik der EU notwendig sind; in der Erwägung, dass Frauen nicht nur besonders stark durch Auswirkungen in den Bereichen Energie, Umwelt und Klimawandel gefährdet sind, sondern dass sie auch wirksame Akteure im Zusammenhang mit Eindämmungs- und Anpassungsstrategien sowie Impulsgeber für ein gerechtes und nachhaltiges Wachstumsmodell sind;
X. in der Erwägung, dass die institutionellen Mechanismen eine notwendige Grundlage für die Verwirklichung der Gleichstellung sind; in der Erwägung, dass Gleichstellung – mit den Konzepten Gender Mainstreaming, geschlechtsbezogene Budgetierung (Gender Budgeting) und geschlechtsspezifische Folgenabschätzungen (Gender Impact Assessment) – auch als ein wichtiger, alle Ebenen betreffender Aspekt sämtlicher Politikbereiche in der EU und ihren Mitgliedstaaten behandelt werden muss;
Y. in der Erwägung, dass nach Geschlecht aufgeschlüsselte Daten ein wichtiges Instrument sind, um wirklichen Fortschritt zu erzielen und Ergebnisse wirksam beurteilen zu können;
Z. in der Erwägung, dass sich Bewegungen gegen die Gleichstellung der Geschlechter, mit denen versucht wird, traditionelle Geschlechterrollen zu verfestigen und bisherige Errungenschaften im Bereich der Gleichstellung der Geschlechter infrage zu stellen, in einigen Mitgliedstaaten zunehmend verbreiten;
Aa. in der Erwägung, dass die derzeitigen Herausforderungen und die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die unzulängliche Abstimmung der Maßnahmen in verschiedenen Bereichen die tatsächliche Gleichstellung von Männern und Frauen in der Vergangenheit behindert hat und dass eine angemessene Bereitstellung von Ressourcen, eine stärkere Koordinierung sowie eine umfassendere Verbreitung und wirksamere Förderung der Frauenrechte unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Realitäten erforderlich sind;
Allgemeine Empfehlungen
1. fordert die Kommission auf, eine neue eigenständige Strategie für Frauenrechte und zur Gleichstellung von Frauen und Männern in Europa zu erarbeiten und zu verabschieden, die auf den vorrangigen Bereichen der vorhergehenden Strategie basiert, mit dem Ziel, Chancengleichheit zu schaffen und sämtlichen Formen von Diskriminierung, die Frauen u.a. auf dem Arbeitsmarkt, im Hinblick auf Löhne, Renten, Beschlussfassung, Zugang zu Gütern und Dienstleistungen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleiden, sämtlichen Arten von Gewalt gegen Frauen sowie diskriminierenden geschlechtsspezifischen Strukturen und Praktiken ein Ende zu setzen; betont, dass im Rahmen der neuen Strategie für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter die in Artikel 21 der Charta der Grundrechte aufgeführten mehrfachen und sich überschneidenden Formen von Diskriminierung eingehend berücksichtigt werden müssen, die gemeinsame, zugrunde liegende Faktoren haben, aber die Frauen in unterschiedlicher Weise treffen, und spezifische Maßnahmen entwickelt werden müssen, um die Rechte von verschiedenen Gruppen von Frauen, darunter Frauen mit Behinderungen, Migrantinnen und Frauen, die ethnischen Minderheiten angehören, Roma-Frauen, ältere Frauen, alleinerziehende Mütter und LGBTI, zu stärken;
2. fordert die Kommission zudem auf, Maßnahmen zu erarbeiten, die darauf ausgerichtet sind, die Diskriminierung aller Frauen in ihrer Vielfalt im Rahmen einer breitangelegten Strategie zur Bekämpfung von Diskriminierung und eines eigenständigen Fahrplans im Hinblick auf Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgenderpersonen und Intersexuelle zu beseitigen; fordert in diesem Zusammenhang den Rat auf, unverzüglich zu einem gemeinsamen Standpunkt zu dem seit seiner Annahme durch das Parlament im April 2009 blockierten Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung zu gelangen;
3. bedauert, dass das Thema Behinderung in der Gemeinschaftsstrategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern (2010-2015) keine besondere Berücksichtigung findet, obwohl Frauen mit Behinderungen häufiger benachteiligt werden als Männer mit Behinderungen und einem größeren Risiko ausgesetzt sind, Opfer von Armut und sozialer Ausgrenzung zu werden; fordert die Kommission daher auf, sich der Bedürfnisse von Frauen mit Behinderungen anzunehmen, um für ihre stärkere Teilhabe am Arbeitsmarkt zu sorgen; bedauert in diesem Zusammenhang zudem, dass die Europäische Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2010–2020 ebenso wenig eine ganzheitliche Geschlechterperspektive noch ein eigenständiges Kapitel über geschlechterspezifische Maßnahmen zugunsten von Menschen mit Behinderungen enthält;
4. fordert die Kommission auf, die Zivilgesellschaft und Sozialpartner in strukturierter Weise in die Entwicklung und stetige Evaluierung der Strategie mit einzubeziehen;
5 fordert die Mitgliedstaaten auf, die umfassende Durchführung von Tarifverhandlungen im privaten und öffentlichen Sektor zu stärken und zu achten, da diese für die Regulierung der Arbeitsbeziehungen, die Bekämpfung von Lohndiskriminierung und die Förderung der Gleichstellung unbedingt nötig sind;
6. fordert die Kommission auf, bei der Bewertung der Umsetzung der Richtlinie 2004/113/EG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen Fälle von Diskriminierung zu berücksichtigen;
7. fordert die Kommission auf, die Rolle deutlich zu machen, die die EU in der Welt und in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, einschließlich ihrer zuständigen Behörden, in Bezug auf die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter sowohl innerhalb als auch außerhalb der Grenzen der EU ihrer Ansicht nach spielen sollte, und diese Ziele sowohl durch das Konzept des Gender Mainstreaming in allen Bereichen als auch durch einzelne gezielte und konkrete Maßnahmen zu verfolgen; betont die Notwendigkeit, die Geschlechterperspektive und die Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt in die Außenpolitik, in die Politik der Entwicklungszusammenarbeit und in die internationale Handelspolitik der Europäischen Union mit einzubeziehen und die notwendigen finanziellen Instrumente und die erforderliche Personalausstattung sicherzustellen;
8. bedauert einmal mehr, dass die Strategie Europa 2020 keine befriedigende Form der Geschlechterperspektive enthält und fordert die Kommission und den Rat daher auf sicherzustellen, dass die Gleichstellung der Geschlechter in alle Programme, Aktionen und Initiativen aufgenommen wird, die im Rahmen der besagten Strategie gestartet werden, und eine eigene Säule für die Gleichstellung von Frauen und Männern im Rahmen dieser Strategie einzufügen, die Ziele der künftigen Strategie als einen Teilaspekt des Europäischen Semesters zu betrachten sowie eine Geschlechterperspektive in die länderspezifischen Empfehlungen und den Jahreswachstumsbericht einzufügen;
9. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, in allen Politikbereichen und auf allen Regierungsebenen zuverlässige statistischen Daten, die nach Geschlecht und nach den Indikatoren für die Gleichstellung der Geschlechter aufgeschlüsselt sind, zu sammeln, zu analysieren und zu veröffentlichen und sich dabei auf die Arbeit des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen (European Institute for Gender Equality, EIGE) und der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) zu stützen, um den Entwurf und die Anwendung der Strategien zur Gleichstellung der Geschlechter in der Europäischen Union und den Mitgliedsstaaten zu bewerten, die besagten Strategien anzupassen und die Integration der Geschlechterdimension in alle entsprechenden Politikbereiche auf nationaler Ebene und auf EU-Ebene zu bewerten; fordert die Kommission ferner auf, diese Daten, soweit möglich, zusätzlich nach Rasse oder ethnischer Herkunft, Religion oder Glauben sowie Behinderung zu differenzieren, um eine intersektionelle Analyse hinsichtlich aller Politikbereiche zu ermöglichen und so die von bestimmten Gruppen von Frauen erfahrene Mehrfachdiskriminierung zu dokumentieren; legt der Kommission und den Mitgliedstaaten nahe, geschlechtsspezifische Folgenabschätzungen der Politik der Mitgliedstaaten einzuführen, insbesondere wenn Arbeitsmarkt- und Rentenreformen vorgeschlagen werden;
10. fordert die Kommission auf, die Strategie in Form eines konkreten Aktionsplans mit einer eindeutigen Benennung der zuständigen Akteure zu verfassen, wobei dabei insbesondere die folgenden spezifischen Anregungen berücksichtigt werden sollen, die die Bereiche Gewalt gegen Frauen, Arbeit und Zeit, Frauen in Führungs- und Entscheidungspositionen, finanzielle Mittel, Gesundheit, Wissen, Bildung und Medien, internationaler Blickwinkel sowie institutionelle Mechanismen und Gender Mainstreaming betreffen; betont die Notwendigkeit, bei Bedarf und unter voller Berücksichtigung der Zuständigkeitsbereiche der EU Rechtsakte einzuführen, um den rechtlichen Rahmen für die Gleichstellung von Frauen und Männern zu stärken;
Gewalt gegen Frauen und geschlechterbezogene Gewalt
11. fordert die Kommission wie auch schon in seiner Entschließung vom 25. Februar 2014, die Empfehlungen zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen enthielt, auf, einen Rechtsakt vorzulegen, der sowohl ein kohärentes System zur Erhebung statistischer Daten als auch einen verstärkten Ansatz der Mitgliedstaaten zur Prävention und Verfolgung aller Formen von Gewalt gegen Frauen und Mädchen sowie geschlechterbezogener Gewalt sicherstellt und einen niedrigschwelligen Zugang zur Justiz ermöglicht;
12. fordert die Kommission auf, eine Definition geschlechtsspezifischer Gewalt gemäß den Bestimmungen der Richtlinie 2012/29/EU in die künftige Strategie aufzunehmen und eine umfassende Strategie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen und geschlechtsspezifischer Gewalt vorzulegen, die so bald wie möglich einen verbindlichen Rechtsakt beinhaltet; fordert den Rat auf, die Überleitungsklausel zu aktivieren, indem er einen einstimmigen Beschluss fasst und geschlechtsspezifische Gewalt zu den Kriminalitätsbereichen hinzufügt, die in Artikel 83 Absatz 1 AEUV aufgeführt sind;
13. fordert die Kommission auf, die Möglichkeit zu überprüfen, dass die Europäische Union dem Übereinkommen von Istanbul beitritt, und das entsprechende Verfahren unverzüglich aufzunehmen, sowie über die neue Strategie die Ratifizierung des Übereinkommens von Istanbul durch die Mitgliedstaaten zu fördern und sich aktiv für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen einzusetzen; fordert die Mitgliedstaaten auf, das Übereinkommen von Istanbul so schnell wie möglich zu unterzeichnen und zu ratifizieren;
14. fordert die Kommission erneut auf, 2016 zum Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu erklären und während dieses Jahres der Förderung weitreichender und wirkungsvoller Strategien Priorität einzuräumen, um die Gewalt gegen Frauen und Mädchen erheblich einzudämmen;
15. fordert die EU auf, die Mitgliedstaaten bei der Erarbeitung von Kampagnen und Strategien gegen die tägliche Belästigung von Frauen im öffentlichen Raum zu unterstützen und sie in diesem Zusammenhang über bewährte Verfahren zu unterrichten;
16. hält eine weitere Überwachung der Umsetzung und Anwendung der Richtlinie über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten, der Verordnung über die gegenseitige Anerkennung von Schutzmaßnahmen in Zivilsachen und der Richtlinie über die Europäische Schutzanordnung bis 2015 und darüber hinaus für dringend notwendig;
17. fordert die Kommission auf, Kampagnen für „Null Toleranz“ in die Strategie aufzunehmen und die Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, die Gesellschaft für die Problematik von Gewalt gegen Frauen zu sensibilisieren und jährliche Kampagnen zur Aufklärung über die Ursachen von Gewalt und Missbrauch und über Prävention, den Zugang zur Justiz und die Unterstützung von Opfern durchzuführen; betont, dass es wichtig ist, die gesamte Gesellschaft und insbesondere Männern und Jungen konkreter in den Kampf gegen Gewalt gegen Frauen einzubeziehen; fordert die Kommission darüber hinaus auf, ihre Initiativen im Kampf gegen weibliche Genitalverstümmelung weiterzuverfolgen;
18. betont, dass sich die Einstellung gegenüber Frauen und Mädchen in der Gesellschaft ändern muss, wenn Gewalt gegen Frauen sowie Straflosigkeit wirksam bekämpft werden sollen, da Frauen allzu oft als unterlegen dargestellt werden und Gewalt gegen sie allzu häufig toleriert oder heruntergespielt wird; fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, Gewalt in all ihren Ausprägungen sowie die zugrundeliegenden Ursachen zu verhindern und zu bekämpfen sowie misshandelte Frauen zu schützen und gezielte Maßnahmen im Hinblick auf verschiedene Aspekte zu ergreifen, darunter die verstärkte Unterstützung für Frauenhäuser und Organisationen, die weiblichen Opfern von geschlechterbezogener Gewalt helfen, sowie präventive Maßnahmen wie die Bekämpfung geschlechtsspezifischer Stereotype und diskriminierender soziokultureller Einstellungen ab einem frühen Alter, und die Aggressoren entsprechend zu bestrafen;
19. weist darauf hin, dass die Feminisierung der Armut eine Zunahme des Frauenhandels, der sexuellen Ausbeutung und der Zwangsprostitution und dadurch eine verstärkte finanzielle Abhängigkeit von Frauen zur Folge haben könnte; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Gründe zu erforschen, die Frauen in die Prostitution treiben, und Methoden zu erarbeiten, um die Nachfrage zu senken; betont die Bedeutung von Programmen, die Frauen den Ausstieg aus der Prostitution ermöglichen;
20. weist darauf hin, dass es wichtig ist, qualifiziertes Personal, das sich um Frauen kümmert, die Opfer von körperlicher, sexueller oder emotionaler Gewalt geworden sind, systematisch zu schulen; ist der Auffassung, dass eine derartige Schulung für Akteure der ersten und zweiten Reihe, zu denen die sozialen Notdienste, die medizinischen Dienste, die Dienste des Zivilschutzes und der Polizei zählen, unbedingt erforderlich ist;
21. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Richtlinie 2011/36/EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer uneingeschränkt umzusetzen, und fordert die Kommission auf, die Umsetzung zu bewerten und zu überwachen sowie bewährte Verfahren zu ermitteln, die die Mitgliedstaaten voneinander übernehmen sollten, und dabei die Verabschiedung einer neuen Strategie zur Bekämpfung des Menschenhandels nach Auslaufen der bisherigen Strategie im Jahr 2016 im Blick zu behalten, die eine Geschlechterperspektive beinhalten, den Rechten der Opfer von Menschenhandel Priorität einräumen und eine eigene Säule betreffend Menschenhandel für Zwecke der sexuellen Ausbeutung umfassen sollte und in der besonderes Augenmerk auf die neuen Methoden des Menschenhandels gelegt werden sollte, die entstehen, während ältere Methoden ausgeräumt werden; fordert die Kommission außerdem auf sicherzustellen, dass alle politischen Maßnahmen, Haushalte und Ergebnisse der Mitgliedstaaten im Rahmen der Entwicklung der Strategie transparent und zugänglich sind;
22. fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen sicherzustellen, dass Opfer von Stalking Nutzen aus dem Schutz ziehen können, der durch bestehende Maßnahmen, wie die Europäische Schutzanordnung, die Verordnung über die gegenseitige Anerkennung von Schutzmaßnahmen in Zivilsachen und die Richtlinie über den Schutz von Opfern, geboten wird, wenn diese von einem EU-Mitgliedsstaat in einen anderen umziehen, sowie weitere Maßnahmen in Erwägung zu ziehen, um den Schutz von Stalking-Opfern zu verbessern und dabei zu beachten, dass Statistiken zufolge 18 % der Frauen in der EU nach Vollendung ihres 15. Lebensjahres Opfer von Stalking geworden sind und dass jedes fünfte Stalking-Opfer ausgesagt hat, dass der Missbrauch zwei Jahre oder länger andauerte[29];
23. fordert die Kommission auf, die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Erstellung ihrer Aktionsprogramme für die Gleichstellung der Geschlechter zu unterstützen und ein besonderes Augenmerk auf neue Formen der Gewalt gegen Frauen und Mädchen, wie Cyber-Harassment, Cyber-Stalking und Cyber-Mobbing[30], zu legen sowie fortlaufende Evaluierungen durchzuführen; betont in diesem Zusammenhang auch die Wichtigkeit einer engen Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft, um Problemstellungen früher zu erkennen und effektiver zu bekämpfen;
24. fordert die Kommission auf, sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten die uneingeschränkte Anerkennung des von einer Person bevorzugten Geschlechts vor dem Gesetz ermöglichen, einschließlich der Änderung des Vornamens, der Sozialversicherungsnummer und sonstiger geschlechtsspezifischer Indikatoren auf Ausweisdokumenten;
25. fordert die Europäische Kommission erneut auf, in den Räumlichkeiten des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen so schnell wie möglich eine Europäische Beobachtungsstelle für Gewalt gegen Frauen einzurichten, die von einem EU-Koordinator für die Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen geleitet wird;
Arbeit und Zeit
26. fordert die Kommission auf, in der neuen Strategie ein besonderes Augenmerk auf die verschiedenen Möglichkeiten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu legen; bedauert in diesem Zusammenhang das Stocken der Verhandlungen zur Verabschiedung der Richtlinie über den Mutterschaftsurlaub und bekräftigt erneut die uneingeschränkte Bereitschaft des Parlaments zur Zusammenarbeit; ruft in der Zwischenzeit die Mitgliedstaaten auf, den Anspruch auf Mutterschutz sicherzustellen, gegen ungerechtfertigte Entlassungen schwangerer Arbeitnehmerinnen vorzugehen und Frauen und Männer mit Betreuungspflichten vor ungerechtfertigten Entlassungen zu schützen;
27. beklagt, dass einige Mitgliedstaaten trotz der verfügbaren Gemeinschaftsmittel Haushaltskürzungen vorgenommen haben, die Auswirkungen auf die Verfügbarkeit, Qualität und den Preis der Kinderbetreuungsdienste haben und folglich die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben beeinträchtigen, was sich insbesondere auf Frauen auswirkt; fordert die Kommission auf, die Verwirklichung der Barcelona-Ziele zu überwachen und die Mitgliedstaaten weiterhin bei der Schaffung einer qualitativ hochwertigen und erschwinglichen Kinderbetreuung mit angemessenen Betreuungszeiten zu unterstützen sowie sukzessive neue Ziele im Bereich der Einrichtungen zur Betreuung von Kindern zu entwickeln; betont in diesem Zusammenhang, dass es wichtig ist, die Verfügbarkeit, Qualität und Zugänglichkeit von Pflege- und Betreuungsmöglichkeiten für Kinder, ältere Menschen und Menschen, die besonderer Pflege bedürfen, einschließlich der Unterstützung abhängiger Personen, zu steigern und sicherzustellen, dass diese Dienste während der Arbeitszeiten von Frauen und Männern, die Vollzeit arbeiten, verfügbar sind; weist darauf hin, dass die bessere Verfügbarkeit von Kindertagesstätten und Kinderkrippen nicht nur davon abhängt, ob die öffentliche Hand die erforderliche Infrastruktur schafft, sondern auch davon, ob Anreize für Arbeitgeber vorhanden sind, solche Lösungen anzubieten;
28. betont, dass flexible Arbeitsformen wichtig sind, damit Frauen und Männer Beruf und Familie besser vereinbaren können, vorausgesetzt, der Arbeitnehmer kann sich frei für eine bestimmte Arbeitsform entscheiden, und beauftragt die Kommission, den Austausch bewährter Verfahren zu koordinieren und zu fördern; betont in diesem Zusammenhang, dass Sensibilisierungskampagnen zur Förderung einer gleichmäßigen Aufteilung von Haushalts-, Betreuungs- und Pflegearbeit, zugunsten von mehr Investitionen in die Betreuungsstrukturen, zur Förderung der Einbeziehung von Männern und zur Einführung eines Vaterschaftsurlaubs von mindestens 10 Tagen sowie eines Elternurlaubs, der beiden Elternteilen zusteht, aber starke Anreize für Väter, beispielsweise die Nichtübertragbarkeit des Elternurlaubs, beinhaltet, durchgeführt werden müssen; hebt hervor, dass ein gleiches Anrecht auf Elternurlaub allen Familienmitgliedern zugutekommt und als ein Anreiz für die Verringerung der mit dem Elternurlaub verbundenen Diskriminierung wirken kann;
29. fordert, dass die für die Förderung einer höheren Beschäftigungsquote der Frauen notwendigen Maßnahmen ergriffen werden, wie zum Beispiel bezahlbare Pflege und Kinderbetreuung, angemessene Mutterschafts-, Vaterschafts- und Elternurlaubsregelungen sowie Flexibilität im Hinblick auf die Arbeitszeiten und den Arbeitsort; betont, dass gute und sichere Arbeitsbedingungen wichtig sind, damit Frauen und Männer Beruf und Familie besser vereinbaren können, und fordert die Kommission auf, die Stärkung der Arbeitnehmerrechte zu koordinieren und zu fördern, um für mehr Gleichstellung zu sorgen; betont, dass eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Privatleben ein wichtiges Element für den wirtschaftlichen Aufschwung, eine nachhaltige Demografie und das persönliche und gesellschaftliche Wohlergehen ist, und weist darauf hin, dass eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt das Wirtschaftspotenzial der EU deutlich stärken und gleichzeitig für einen gleichberechtigten und integrativen Arbeitsmarkt sorgen könnte; weist darauf hin, dass sich nach Berechnungen der OECD die vollkommene Angleichung der Erwerbsquote von Frauen und Männern bis 2030 in einem um 12,4 % gesteigerten Pro-Kopf-BIP niederschlagen würde; weist darauf hin, dass eine Teilzeittätigkeit, der überwiegend Frauen nachgehen, zwar die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtert, mit ihr aber gleichzeitig zweifelsohne weniger Karrierechancen, niedrigere Löhne und Renten, eine nicht umfassende Nutzung des Humankapitals und infolgedessen ein geringeres Wirtschaftswachstum und weniger Wohlstand einhergehen;
30. betont, dass das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen um die Sammlung von umfassenden geschlechtsspezifischen Daten zur Verwendung von Zeit auf Pflege-, Betreuungs- und Haushaltsarbeit und als Freizeit mit dem Ziel einer regelmäßigen Beurteilung ersucht werden muss;
31. empfiehlt angesichts der sich mit der Zeit wandelnden Zusammensetzung von Familien und des sich wandelnden Familienbegriffs, das Arbeits- und Familienrecht im Hinblick auf Alleinerziehende und LGBT‑Eltern auszubauen;
32. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, der Stimme von Frauen im sozialen Dialog mehr Gewicht zu verleihen und die Vertretung von Frauen in Gewerkschaften in allen Wirtschaftszweigen zu fördern;
33. fordert die Kommission im Rahmen der Strategie auf, die Ratifizierung des Übereinkommens 189 der Internationalen Arbeitsorganisation durch die Mitgliedstaaten anzuregen, um die Rechte von Hausangestellten und von Pflegepersonal in der EU zu stärken;
34. fordert die Kommission auf, die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Schaffung von Anreizen für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zu unterstützen, informelle Arbeit in formelle Arbeit umzuwandeln; betont das große Ausmaß nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit, die insbesondere in weiblich dominierten Sektoren wie der Arbeit in Privathaushalten zu beobachten ist; fordert die Mitgliedstaaten auf, gegen prekäre Arbeitsverhältnisse und die nicht angemeldete Erwerbstätigkeit von Frauen vorzugehen, die zur vollständigen Deregulierung der Arbeitsentgeltstruktur von Frauen beitragen, was zu einem Anstieg der Armut von Frauen vor allem im späteren Leben führt, und die sich nachteilig auf die soziale Sicherheit von Frauen und das BIP in der gesamten EU auswirken; fordert die Mitgliedstaaten außerdem auf sicherzustellen, dass allen Beschäftigten ein angemessener Sozialschutz gewährt wird; fordert die zügige Umsetzung der Europäischen Plattform zur Prävention und Abschreckung von nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit;
35. betont, dass die Feminisierung der Armut das Ergebnis verschiedener Faktoren ist, zu denen die Unterbrechung der Berufstätigkeit von Frauen, das Lohn- und Pensionsgefälle zwischen Männern und Frauen (16.4 % bzw. 39 %), geschlechtsspezifische Unterschiede der Laufbahnentwicklung, die Tatsache, dass Frauen häufig auf der Grundlage atypischer Arbeitsverträge (unfreiwillige Teilzeittätigkeit, Interimsverträge, Null-Stunden-Verträge) beschäftigt sind, das Fehlen eines Sozialversicherungsstatus von Partnern, die Selbstständigen helfen, und die Armut in Haushalten, die von alleinerziehenden Müttern versorgt werden, gehören; betont, dass die Verringerung der Zahl der in Armut lebenden Menschen bis zum Jahr 2020 um 20 Millionen mit Hilfe von Strategien zur Bekämpfung von Armut und von Diskriminierung, die auf dem Gender Mainstreaming beruhen, und über Aktionsprogramme, mit denen insbesondere benachteiligte Frauen unterstützt werden, erreicht und durch Maßnahmen zur Bekämpfung von Frauenarmut sowie durch die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in einkommensschwachen Branchen, in denen Frauen übermäßig vertreten sind, unterstützt werden kann; betont, dass die Mehrfachdiskriminierung von Frauen aufgrund einer Behinderung, ihrer rassischen oder ethnischen Zugehörigkeit, ihres sozioökonomischen Status, ihrer Geschlechtsidentität oder sonstiger Faktoren zur Feminisierung der Armut beiträgt; hält es für wichtig, die geschlechtsspezifischen Auswirkungen der Besteuerung und der Arbeitszeitmodelle auf Frauen und Familien zu überwachen;
36. erwartet, dass die Kommission alle ihr zur Verfügung stehenden Maßnahmen ergreift, um dafür zu sorgen, dass die Richtlinien der EU zur Gleichbehandlung von Frauen und Männern, auch von den Sozialpartnern, die Tarifverträge aushandeln, in allen Punkten befolgt werden, und dass sie den Dialog mit den Sozialpartnern fördert, um Themen wie Lohntransparenz und die Bedingungen von Teilzeit- oder befristeten Arbeitsverträgen für Frauen zu untersuchen, und dass sie dabei auch die Teilhabe von Frauen in „grünen“ und innovativen Wirtschaftszweigen fördert; betont, dass Renten ein wichtiger Faktor für die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Rentenempfänger sind und dass Rentengefälle die Nachteile widerspiegeln, die sich im Laufe einer auf einem geschlechtsspezifisch geprägten Arbeitsmarkt durchlaufenen Erwerbsbiografie angesammelt haben; fordert die die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, geeignete Schritte zu unternehmen, um das geschlechtsspezifische Gefälle bei den Altersbezügen als direkte Folge des Lohngefälles zwischen Männern und Frauen zu verringern und die Auswirkungen der Rentensysteme auf Frauen – mit besonderem Augenmerk auf Teilzeit- und Nichtstandard-Verträge – zu bewerten;
37. betont, dass das Wissen um die Rechtsform des gemeinsamen Eigentumstitels auf EU-Ebene gefördert werden muss, um die umfassende Anerkennung von Frauenrechten im Agrarsektor sicherzustellen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, zur Förderung einer Strategie beizutragen, die zur Schaffung von Arbeitsplätzen für Frauen in ländlichen Gebieten sowie damit verbunden zur Sicherstellung von angemessenen Renten für Rentnerinnen in der EU führt, die unter prekären Verhältnissen leben müssen, und fordert die Unterstützung von politischen Anstrengungen zur Stärkung der Rolle der Frau in der Landwirtschaft sowie die angemessene Vertretung von Frauen in allen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gremien des Agrarsektors;
38. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die sozioökonomischen Hindernisse zu berücksichtigen, denen Frauen unter bestimmten Umständen, beispielsweise in ländlichen Gebieten, in von Männern dominierten Wirtschaftszweigen, ältere Frauen und Frauen mit Behinderungen, begegnen; betont, dass die zunehmende Prekarisierung der Erwerbstätigkeit von Frauen im Vergleich zu der von Männern eine Konstante bleibt, weist darüber hinaus darauf hin, dass die Prekarisierung durch die Krise verschärft wurde, und äußert seine Besorgnis über die Anzahl und den Anteil an Frauen, die trotz Erwerbstätigkeit in Armut leben; ist der Auffassung, dass multidimensionale politische Lösungen erforderlich sind, um die Wiedereingliederung von Frauen in die Arbeitswelt zu ermöglichen, welche das lebenslange Lernen, die Bekämpfung unsicherer Arbeitsverhältnisse und die Förderung von mit Rechten verbundener Arbeit sowie differenzierte Praktiken der Arbeitsorganisation umfassen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Geschlechterperspektive in sämtlichen Beschäftigungsprogrammen zu stärken und auf diese Weise hochwertige Arbeitsplätze entsprechend der Agenda der IAO für menschenwürdige Arbeit zu schaffen;
39. betont, dass das Wirtschaftswachstum und die Wettbewerbsfähigkeit in der EU davon abhängen, ob es gelingt, die Lücke zwischen dem Bildungsniveau von Frauen (60 % der Hochschulabsolventen in Europa sind Frauen) und ihrer Teilhabe und Stellung auf dem Arbeitsmarkt zu schließen; hebt hervor, dass sämtliche Formen der horizontalen und vertikalen Segregation bekämpft werden müssen, die die Beschäftigung von Frauen in einigen Sektoren behindern und dazu führen, dass Frauen von höheren Positionen in der Unternehmenshierarchie ausgeschlossen werden; betont, dass bestehende Rechtsvorschriften, in denen positive Maßnahmen vorgesehen sind, insbesondere im öffentlichen Sektor einiger Mitgliedstaaten, die Gleichstellung von Frauen und Männern auf der Einstiegsebene verbessert haben, diese allerdings auf alle Karrierestufen erweitert werden sollten;
Teilnahme an Beschlussfassungsprozessen und weibliches Unternehmertum
40. weist darauf hin, dass der mit Abstand größte Anstieg des Frauenanteils in Verwaltungsräten von Unternehmen in den Ländern verzeichnet wurde, die Rechtsvorschriften über Pflichtquoten verabschiedet haben, und dass die Unternehmen in den Ländern, die keine verbindlichen Maßnahmen eingeführt haben, noch weit von einem annehmbaren Niveau der Gleichstellung zwischen Frauen und Männern entfernt sind; betont, dass transparente Verfahren für die Ernennung von Frauen als nicht geschäftsführende Mitglieder von Leitungsorganen von an der Börse notierten Unternehmen unterstützt werden müssen; fordert den öffentlichen und den privaten Sektor auf, freiwillige Regelungen zu prüfen, um Frauen in Führungspositionen zu fördern; fordert die Kommission auf, konkrete Maßnahmen zur Förderung der gleichen Repräsentation von Frauen und Männern in Führungspositionen in die Strategie aufzunehmen und den Rat in den Verhandlungen zur Verabschiedung der Richtlinie für eine ausgewogene Repräsentation der Geschlechter in Aufsichtsräten zu unterstützen; fordert den Rat auf, unverzüglich zu einem gemeinsamen Standpunkt in Bezug auf diesen Vorschlag für eine Richtlinie zu gelangen;
41. fordert die Kommission auf, Anreize für die Mitgliedstaaten zu schaffen, eine ausgewogenere Repräsentation von Frauen und Männern in Gemeinde- und Stadträten, regionalen und nationalen Parlamenten sowie im Europäischen Parlament herbeizuführen, und betont in diesem Zusammenhang die Bedeutung paritätischer Wahllisten, auf denen sich Frauen und Männer bei den Listenplätzen abwechseln; betont die Bedeutung von Quoten zur Steigerung der Beteiligung von Frauen an politischen Entscheidungsprozessen; fordert alle Institutionen der EU dazu auf, interne Maßnahmen zu ergreifen, um die Gleichstellung innerhalb der eigenen Entscheidungsgremien zu verbessern, indem jeweils eine Frau und ein Mann für hochrangige Positionen vorgeschlagen werden; ist der Ansicht, dass die nächste Kommission den Anspruch haben sollte, selbst die Gleichstellung zu verwirklichen, und dass die Einsetzung einer die Gleichstellung verkörpernden Kommission auch für die künftige Förderung der Gleichstellung der Geschlechter ein wichtiges Zeichen wäre;
42. weist darauf hin, dass ein Ungleichgewicht bei der Beteiligung von Frauen und Männern an Entscheidungsprozessen im Bereich der Politik, der Wirtschaft sowie im öffentlichen Bereich existiert und dass die Hindernisse, die der Teilhabe von Frauen entgegenstehen, auf ein Zusammenspiel von Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts und stereotypem Verhalten, das in Unternehmen, der Politik und der Gesellschaft fortbesteht, zurückzuführen sind; weist darauf hin, dass Frauen zwar 60 % der Hochschulabsolventen ausmachen, aber in bestimmten Bereichen, wie der Wissenschaft und der Forschung, unterrepräsentiert sind; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Frauen stärker auf Ausbildungsmöglichkeiten in diesen Bereichen aufmerksam zu machen und dafür zu sorgen, dass ihnen beim Zugang zu entsprechenden Berufen und zu Karrieremöglichkeiten die gleichen Chancen wie den Männern geboten werden; stellt fest, dass die Berufslaufbahnen von Frauen im Allgemeinen keine signifikante Entwicklungen aufweisen; fordert die Mitgliedstaaten auf, Frauen, u. a. durch positive Maßnahmen wie die Schaffung von Netzwerken und Mentorenprogrammen, zu ermutigen und sie dabei zu unterstützen, beruflich Karriere zu machen, sowie angemessene Bedingungen zu schaffen und sicherzustellen, dass Frauen in jedem Alter die gleichen Möglichkeiten wie Männer in Bezug auf Ausbildung, berufliches Weiterkommen, Neuqualifizierung und Umschulung haben; betont, dass es wichtig ist, dass Maßnahmen, die auf die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt abzielen, der möglichen Schutzbedürftigkeit von Frauen in Führungspositionen Rechnung tragen; fordert die Kommission insbesondere auf, Maßnahmen gegen Mobbing am Arbeitsplatz zu fördern[31];
43. weist darauf hin, dass Frauen 52 % der europäischen Gesamtbevölkerung ausmachen, aber nur ein Drittel der Selbständigen oder aller Unternehmensgründer in der EU; betont die Wichtigkeit von Förderprogrammen für Unternehmerinnen sowie für Frauen in der Wissenschaft und fordert die EU auf, diese konkreter zu unterstützen; fordert die Kommission auf, Vorschläge zu analysieren und zu erarbeiten, wie das Interesse von Frauen an der Gründung eines Unternehmens geweckt werden kann; betont, dass potenzielle Unternehmerinnen, Wissenschaftlerinnen und Akademikerinnen auf Förderprogramme und Finanzierungsmöglichkeiten aufmerksam gemacht werden sollten; bestärkt die Mitgliedstaaten darin, Maßnahmen und Aktionen zur Unterstützung und Beratung von Frauen, die eine unternehmerische Tätigkeit aufnehmen wollen, zu fördern und die unternehmerische Tätigkeit von Frauen zu unterstützen, den Zugang zu Krediten und anderen Arten der Unterstützung zu vereinfachen, den Verwaltungsaufwand zu verringern sowie sonstige Hindernisse für Unternehmensgründungen von Frauen zu beseitigen;
Finanzielle Mittel
44. weist erneut darauf hin, dass weiterhin ein geschlechtsspezifisches Lohngefälle existiert, das in den letzten Jahren kaum abgenommen hat; betont, dass das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen auf die unzureichende Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt, die vertikale und horizontale Geschlechtersegregation und die häufig schlechtere Bezahlung in Branchen mit übermäßig hohem Frauenanteil zurückzuführen ist; fordert die Kommission auf, die Umsetzung der Richtlinie 2006/54/EU zu überwachen und gezielte Maßnahmen sowohl legislativer als auch nicht-legislativer Art vorzuschlagen, im Rahmen derer die strukturellen Lohnunterschiede berücksichtigt werden, um Lohntransparenz sicherzustellen, Sanktionen verhängen zu können und auf dieser Weise das geschlechtsspezifische Lohngefälle zu verringern, und einen jährlichen Fortschrittsbericht zu diesem Thema vorzulegen; fordert die Mitgliedstaaten auf, das Potenzial der neuesten Richtlinie über die Vergabe öffentlicher Aufträge als ein Instrument zur Förderung und Verbesserung der Politik des Gender Mainstreaming anzuerkennen, indem sie in Erwägung ziehen, auf der Grundlage bestehender Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zur Gleichbehandlung und Gleichstellung von Frauen und Männern Bedingungen festzulegen, die gegebenenfalls Voraussetzung für die Vergabe öffentlicher Aufträge sind; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, zu prüfen, ob die Sozialklauseln im öffentlichen Auftragswesen potenziell als Instrument zur Unterstützung von Maßnahmen der sozialen Inklusion genutzt werden könnten; weist darauf hin, dass bei der Umsetzung dieses Vorschlags das Wettbewerbsrecht der EU geachtet werden muss;
45. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, bei der Ausgestaltung ihrer Steuerpolitik, der Systeme der sozialen Sicherung und der öffentlichen Dienstleistungen demografische Entwicklungen und die Veränderungen in Größe und Zusammensetzung der Haushalte zu berücksichtigen;
46. fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung der Armut, die vor allem alleinerziehende Frauen trifft und die durch die Krise weiter verschärft wurde und vermehrt zu sozialer Ausgrenzung führt, zu unterstützen;
47. fordert die Kommission auf, als zentrale Strategie zur stärkeren Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt die Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, die Strukturfonds verstärkt für Investitionen in die öffentliche Kinder- und Altenbetreuung einzusetzen;
48. bekräftigt, dass die Richtlinie 2006/54/EG in der geltenden Fassung nicht wirksam genug ist, um dem geschlechtsspezifischen Lohngefälle entgegenzuwirken und das Ziel der Gleichstellung der Geschlechter in Beschäftigung und Beruf zu verwirklichen; fordert die Kommission nachdrücklich zur unverzüglichen Überarbeitung dieser Richtlinie auf;
49. vertritt die Auffassung, dass im Rahmen der Strategien und Instrumente zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, wie der Jugendgarantie und der Beschäftigungsinitiative für junge Menschen, die besonderen Bedürfnisse von jungen Menschen berücksichtigt werden müssen, um ihnen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen; verweist darauf, dass der Anteil der jungen Frauen, die weder in Arbeit noch in Ausbildung sind, höher ist als der der jungen Männer; fordert außerdem die nach Geschlecht aufgeschlüsselte Erhebung von Daten im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit, damit maßgeschneiderte, faktengestützte Strategien entwickelt werden können;
50. fordert die Kommission auf, sowohl das im Jahr 2014 beschlossene Investitionspaket als auch die Jugendgarantie deutlicher auf die spezifische Situation und die spezifischen Bedürfnisse von Mädchen und Frauen auszurichten;
51. betont, dass der Austausch von Beispielen für bewährte Verfahren und Initiativen zur Entwicklung derselben wichtig ist, um Tendenzen einer Dequalifizierung von Frauen entgegenzuwirken, ihre Qualifikationen weiterzuentwickeln oder ihnen die Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen zu ermöglichen, damit sie wieder auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen können, nachdem sie sich eine bestimmte Zeit lang ausschließlich der Betreuung von Kindern oder anderen Familienmitgliedern gewidmet haben; betont außerdem, dass die Anerkennung von Diplomen und Qualifikationen verbessert werden muss, um zu verhindern, dass die Kompetenzen hoch qualifizierter Frauen ungenutzt bleiben, was oft auf Migrantinnen zutrifft,
Gesundheit
52. fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten bei der Bereitstellung von qualitativ hochwertigen und leicht zugänglichen Diensten mit angemessener geografischer Streuung in den Bereichen sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte, sichere und legale Abtreibung und Verhütung sowie allgemeine Gesundheitsversorgung zu unterstützen;
53. fordert die Kommission nachdrücklich auf, sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte in ihre nächste EU-Gesundheitsstrategie aufzunehmen, um die Gleichstellung von Frauen und Männern sicherzustellen und die nationalen Maßnahmen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte zu ergänzen;
54. fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Anstrengungen auf die Verhütung sexuell übertragbarer Krankheiten und Methoden der Prävention sowie auf Vorbeugungs- und Forschungsmaßnahmen zur Verbesserung der Früherkennung von Krankheiten wie frauenspezifischer Krebserkrankungen (Brust-, Gebärmutterhals- und Eierstockkrebs) im Rahmen regelmäßiger gynäkologischer Kontrolluntersuchungen zu konzentrieren;
55. bekräftigt seine an die Kommission und die Weltgesundheitsorganisation gerichtete Forderung, Störungen der Geschlechtsidentität von der Liste der psychischen Störungen und Verhaltensstörungen zu streichen und in den Verhandlungen über die 11. Revision der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-11) eine nicht pathologisierende Neueinstufung sicherzustellen sowie zu gewährleisten, dass Geschlechtsvarianz in der Kindheit nicht pathologisiert wird;
56. fordert die Kommission angesichts der Bedeutung der sexuellen und reproduktiven Rechte auf, Modelle für bewährte Verfahren für die Sexualerziehung junger Menschen in ganz Europa zu entwickeln;
57. betont, dass die Kommission eine Gleichstellungskontrolle durchführen muss, damit sich die Gesundheitspolitik der EU und EU-geförderte Forschungsvorhaben zunehmend mit der gesundheitlichen Situation von Frauen und Frauendiagnostik befassen;
58. betont die Wichtigkeit von Sensibilisierungskampagnen für geschlechtsspezifische Krankheitssymptome sowie für Geschlechterrollen und Stereotype, die Einfluss auf die Gesundheit haben, und fordert die Kommission auf, geschlechterdifferenzierte Forschungsprogramme finanziell zu unterstützen;
59. fordert die Kommission auf, bei den Mitgliedstaaten anzuregen, die (medizinische) Unterstützung von Fruchtbarkeit zu fördern und der Diskriminierung beim Zugang zu Fruchtbarkeitsbehandlungen und assistierter Reproduktion ein Ende zu setzen; betont in diesem Zusammenhang auch, dass es wichtig ist, Adoptionen zu unterstützen, und dass Kinder ein Recht haben, ihre Eltern zu kennen;
60. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Sexualerziehungsprogramme an Schulen durchzuführen und sicherzustellen, dass junge Menschen Zugang zu Beratung und zu Verhütungsmitteln haben;
Wissen, Bildung und Medien
61. fordert die Kommission auf, Anreize für die Durchführung von Schulungen in den Mitgliedstaaten zu schaffen, in denen Fachleute den kritischen Umgang mit den Medien vermitteln, um so die Hinterfragung von Stereotypen und Strukturen sowie den Austausch von Beispielen für bewährte Verfahren zur Überprüfung von bisher verwendeten Unterrichtsmaterialien auf rollenstereotype Darstellungsweisen zu fördern; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, Programme zur Sensibilisierung für Stereotype, Sexismus und traditionelle Geschlechterrollen im Bildungs- und Medienbereich zu unterstützen sowie Kampagnen zur Förderung positiver weiblicher und männlicher Rollenbilder durchzuführen; unterstreicht in diesem Zusammenhang, dass die Bekämpfung von Mobbing und Vorurteilen gegenüber LGBTI-Personen in Schulen, seien es Schülerinnen und Schüler, Eltern oder Lehrkräfte, Teil der Bemühungen der EU zur Bekämpfung von Geschlechterstereotypen sein sollte; betont in diesem Zusammenhang, dass dem Lehrpersonal geschlechtergerechte Lehrmethoden zur Verfügung stehen müssen, damit es die Vorteile von Gleichstellung sowie einer vielfältigen Gesellschaft deutlich machen kann;
62. fordert die Mitgliedstaaten und insbesondere ihre Medienaufsichtsbehörden auf, darauf zu achten, welcher Platz – sowohl quantitativ als auch qualitativ – Frauen gewidmet wird, und ein ausgewogenes, nicht stereotypes Frauenbild zu fördern, welches der Würde der Frauen, ihren vielfältigen Rollen und ihrer Identität gerecht wird, und sicherzustellen, dass die kommerziellen audiovisuellen Medien und insbesondere die internetgestützten Medien, die sich oft gegen Frauen und Mädchen richten, weder Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts noch frauenverachtende Darstellungen beinhalten; betont, dass die Mitgliedstaaten auch den Zugang von Frauen zu einer Beschäftigung im Medienbereich und insbesondere zu Führungspositionen verbessern sollten; fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten dafür zu sensibilisieren, dass öffentlich-rechtliche Medien bei der Darstellung von Vielfalt eine Vorbildrolle einnehmen müssen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sich stärker dafür einzusetzen, dass die sexistischen Stereotypen in den Medien verschwinden, und verweist auf wichtige Maßnahmen, die in dem 2013 vom Europäischen Parlament angenommenen Bericht über den Abbau von Geschlechterstereotypen in der EU enthalten sind;
63. weist auf die entscheidende Rolle hin, die der Bildung und der Selbstbestimmung bei der Bekämpfung von Geschlechterstereotypen und der Beseitigung von Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts zukommt, sowie auf ihre positiven Auswirkungen für Frauen sowie für die Gesellschaft und die Wirtschaft im Allgemeinen; hebt hervor, dass es außerordentlich wichtig ist, diese Werte bereits in jungen Jahren zu vermitteln und am Arbeitsplatz und in den Medien Sensibilisierungskampagnen durchzuführen, in denen die Rolle der Männer bei der Förderung der Gleichstellung, die gleichberechtigte Aufteilung familiärer Verpflichtungen sowie die Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben aufgezeigt wird;
64. betont, dass die Wahrung der Gleichstellung der Geschlechter als ein Kriterium für alle von der EU finanzierten Programme in den Bereichen Kultur, Bildung und Forschung gelten sollte, und fordert die Kommission auf, Geschlechterforschung als spezifischen Bereich in das Programm Horizont 2020 aufzunehmen;
65. beauftragt die Kommission mit der Durchführung einer Studie über die alltäglichen Auswirkungen der Darstellung der Geschlechter in der Öffentlichkeit, den Medien und Bildungseinrichtungen mit besonderem Schwerpunkt auf Mobbing an Schulen, Hassreden und geschlechtsspezifischer Gewalt;
66. fordert die Kommission auf, Kampagnen und Initiativen zur Förderung der aktiven Beteiligung der Bürger an der Gesellschaft zu unterstützen, die sich speziell an Frauen und Migrantinnen richten;
67. fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten bei der Einrichtung von Lehrstühlen für Geschlechterstudien und feministische Forschung zu unterstützen;
Globaler Blick
68. fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass bei der europäischen Entwicklungszusammenarbeit ein auf den Menschenrechten basierender Ansatz verfolgt wird, wobei die Gleichstellung von Frauen und Männern, Bildung für Frauen, die Bekämpfung jeglicher Form von Gewalt gegen Frauen und die Abschaffung der Kinderarbeit besonders zu berücksichtigen sind; unterstreicht, dass der universelle Zugang zur Gesundheit, insbesondere zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit und zu den damit verbundenen Rechten, ein grundlegendes Menschenrecht ist, und betont das Recht, freiwillig Familienplanungsdienste aufzusuchen und sich auch im Hinblick auf eine sichere und legale Abtreibung betreuen zu lassen sowie Informationen und Aufklärung zur Verringerung der Mütter- und Säuglingssterblichkeit und zur Beseitigung aller Formen geschlechtsspezifischer Gewalt, einschließlich der weiblichen Genitalverstümmelung, von Kinder-, Früh- und Zwangsehen, Genderzid, Zwangssterilisation und Vergewaltigung in der Ehe, zu erhalten;
69. unterstreicht, dass es unbedingt erforderlich ist, die Geschlechterperspektive in alle Bestandteile von Programmen zur Ernährungssicherung aufzunehmen, da 80 % der Landwirtschaft in Afrika von Frauen betrieben wird;
70. fordert die Kommission auf, sich im Rahmen der Erweiterungs- und Nachbarschaftspolitik und im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit, der Handelsbeziehungen sowie der diplomatischen Beziehungen für die Einführung eines Standards einzusetzen, der die Rechte der Frau als ein Menschenrecht festlegt und zu seiner Einhaltung verpflichtet, und diese Einhaltung zu einem Bestandteil der strukturierten Dialoge in allen EU-Partnerschaften und bilateralen Verhandlungen macht; betont, dass die partizipative Zusammenarbeit mit allen Akteuren, vor allem mit Frauenrechtsorganisationen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Verbänden der Kommunal- und Regionalverwaltungen, im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit wesentlich ist; fordert die Kommission nachdrücklich auf, anzuerkennen, dass mit der Positionierung von Mädchen an der Spitze der globalen Entwicklung die Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden, dass die Menschenrechte von Mädchen geachtet, gefördert und eingehalten werden, und fordert, die „Girl Declaration“ und ihre Ziele in den Mittelpunkt der Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter nach 2015 zu stellen; unterstreicht die Bedeutung der Durchführung von Informations- und Aufklärungskampagnen in Gemeinschaften, in denen geschlechtsspezifische Menschenrechtsverletzungen begangen werden;
71. fordert die Kommission auf, die Erstellung eines Aktionsplans auf der Grundlage der Resolutionen 1325 und 1820 des UN-Sicherheitsrates über Frauen, Frieden und Sicherheit durch die Mitgliedstaaten zu fördern; erinnert die internationale Gemeinschaft daran, dass Frauen und Mädchen, insbesondere vor als Kriegswaffe eingesetzter Vergewaltigung und vor Zwangsprostitution, geschützt werden müssen; verurteilt nachdrücklich die noch immer als Kriegswaffe eingesetzte sexuelle Gewalt gegen Frauen; betont, dass noch mehr getan werden muss, um die Achtung des Völkerrechts, den Schutz der Opfer und den Zugang zu ärztlicher und psychologischer Hilfe für Frauen und Mädchen, die im Rahmen von Konflikten missbraucht worden sind, sicherzustellen;
72. fordert eindringlich, dass die Bereitstellung humanitärer Hilfe durch die EU und ihre Mitgliedstaaten nicht von anderen Partnergebern auferlegten Einschränkungen unterliegen sollte, was notwendige ärztliche Behandlungen betrifft, wozu auch der Zugang zu sicheren Abtreibungen für Frauen und Mädchen gehört, die in bewaffneten Konflikten Opfer von Vergewaltigung geworden sind;
73. betont, dass eine geschlechterdifferenzierte Asyl- und Migrationspolitik, die Anerkennung von drohender Genitalverstümmelung als Asylgrund und die Entwicklung entsprechender Leitlinien sowie die Koordinierung von Beispielen für bewährte Verfahren wesentlich sind; betont hierbei die Unerlässlichkeit eines individuellen Aufenthaltsrechts, da ansonsten, insbesondere im Hinblick auf Migrantinnen in Fällen von häuslicher Gewalt, ein Machtungleichgewicht gegeben ist; fordert die Kommission auf, konkrete Maßnahmen zu bewerten und festzulegen, mit denen die Stärkung und uneingeschränkte Achtung der Rechte von Asylbewerberinnen während des gesamten Asylverfahrens sichergestellt werden kann;
74. fordert die Kommission auf, geschlechtsspezifische Daten zu sammeln, um eine Folgenabschätzung für Frauen in den Bereichen Klima-, Umwelt- und Energiepolitik durchzuführen;
75. weist darauf hin, dass zwar Berater für Geschlechterfragen an den Krisenbewältigungsoperationen sowohl militärischen als auch zivilen Charakters, an denen die EU beteiligt ist, teilnehmen, aber der Anteil von Frauen, die an Operationen und Missionen beteiligt sind, auf allen Entscheidungsebenen und bei Friedensverhandlungen und Verhandlungen zum Wiederaufbau dennoch weiter erhöht werden muss; besteht darauf, dass für jede Mission eine spezifische Strategie im Bereich der Rechte von Mädchen und Frauen und der Gleichstellung der Geschlechter angenommen werden sollte; ist außerdem der Ansicht, dass ein besonderes Kapitel zur Gleichstellung der Geschlechter in den nächsten Aktionsplan des EAD für Menschenrechte aufgenommen werden muss; betont in diesem Zusammenhang, dass eine kontinuierliche und intensive Zusammenarbeit zwischen dem Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter und dem Europäischen Auswärtigen Dienst wesentlich ist;
Institutionelle Mechanismen und Gender Mainstreaming
76. fordert die Kommission auf, die Verwendung von Gender Mainstreaming, Gender Budgeting und Gender Impact Assessment in allen Bereichen und im Falle eines jeden Legislativvorschlags auf allen Regierungsebenen zu fördern und so für konkrete Ziele im Bereich der Gleichstellung zu sorgen; fordert den Rechnungshof auf, auch die Geschlechterperspektive in die Bewertung des EU-Haushalts zu integrieren; fordert die Mitgliedstaaten auf, auch den Gleichstellungsaspekt in ihre Haushalte aufzunehmen, um die Regierungsprogramme und -politik, ihre Auswirkungen auf die Zuweisung von Mitteln und ihren Beitrag zur Gleichstellung von Frauen und Männern zu überprüfen;
77. fordert die Kommission ferner auf, die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, Frauenrechtsorganisationen und Sozialpartnern zu fördern;
78. betont die Bedeutung einer angemessenen Finanzierung der nationalen Stellen für Gleichstellung und zur Bekämpfung von Diskriminierung; fordert die Kommission daher auf, die Wirksamkeit der nationalen Beschwerdestellen und -verfahren im Zusammenhang mit der Umsetzung der Richtlinien über die Gleichstellung der Geschlechter genau zu überwachen; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auch auf, die Umsetzung der Europäischen Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene und die Kontinuität der Tätigkeit nichtstaatlicher Organisationen, insbesondere von Frauenrechtsorganisationen und anderen mit Fragen der Geschlechtergleichstellung befassten Organisationen, durch angemessene und vorhersehbare finanzielle Förderung zu unterstützen; fordert an dieser Stelle außerdem dazu auf, das Daphne-Programm weiterhin finanziell zu unterstützen sowie sein Profil beizubehalten, um es vor allem Frauenrechtsorganisationen vor Ort in den Mitgliedstaaten weiterhin zu ermöglichen, gegen Gewalt an Frauen zu arbeiten;
79. betont die Bedeutung der partnerschaftlichen Zusammenarbeit der Kommission und des Parlaments und schlägt deshalb vor, dass das Mitglied der Kommission mit Zuständigkeit für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung dem Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter in mündlicher und schriftlicher Form einen jährlichen Fortschrittsbericht – sowohl aus dem Blickwinkel der Kommission als auch aus dem Blickwinkel der Mitgliedstaaten unter Verfolgung eines länderbezogenen Ansatzes bei der Berichterstattung mit spezifischen Informationen zu jedem Mitgliedstaat – über die in der Strategie festgelegten Ziele vorlegt;
80. fordert die Kommission auf, mit dem Europäischen Parlament und dem Rat zusammenzuarbeiten und ein jährliches EU-Gipfeltreffen zur Gleichstellung der Geschlechter und zu den Rechten der Frau einzuberufen, auf dem die erzielten Fortschritte festgestellt und die gemachten Zusagen erneuert werden;
81. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
- [1] ABl. L 181 vom 29.6.2013, S. 4.
- [2] ABl. L 224 vom 6.9.2003, S. 1.
- [3] ABl. L 315 vom 14.11.2012, S. 57.
- [4] ABl. L 338 vom 21.12.2011, S. 2.
- [5] ABl. L 101 vom 15.4.2011, S. 1.
- [6] ABl. L 180 vom 15.7.2010, S. 1.
- [7] ABl. L 68 vom 18.3.2010, S. 13.
- [8] ABl. L 204 vom 26.7.2006, S. 23.
- [9] ABl. L 348 vom 28.11.1992, S. 1.
- [10] ABl. C 130 vom 30.4.2011, S. 4.
- [11] Anhang zu den Schlussfolgerungen des Rates vom 7. März 2011.
- [12] ABl. C 166 vom 3.7.1995, S. 92.
- [13] ABl. C 320 E vom 15.12.2005, S. 247.
- [14] ABl. C 348 E vom 21.12.2010, S. 11.
- [15] ABl. C 341E vom 16.12.2010, S. 35.
- [16] Angenommene Texte, P7_TA(2011)0085.
- [17] Angenommene Texte, P7_TA(2012)0069.
- [18] Angenommene Texte, P7_TA(2015)0050.
- [19] Angenommene Texte, P7_TA(2013)0375.
- [20] Angenommene Texte, P7_TA(2013)0074.
- [21] ABl. C 236 E vom 12.8.2011, S. 79.
- [22] Angenommene Texte, P7_TA(2013)0073.
- [23] Angenommene Texte, P7_TA(2013)0045.
- [24] Angenommene Texte, P7_TA(2012)0225.
- [25] Angenommene Texte, P7_TA(2013)0488.
- [26] Angenommene Texte, P7_TA(2014)0126.
- [27] Angenommene Texte, P7_TA(2014)0128.
- [28] Kommission, „Report on Progress on equality between women and men 2012“ (Fortschrittsbericht zur Gleichstellung von Frauen und Männern 2012), (SWD(2013) 171), S. 8.
- [29] Gewalt gegen Frauen: eine EU-weite Erhebung. Ergebnisse auf einen Blick - Bericht der FRA, S. 83-84 und 92-93.
- [30] Gewalt gegen Frauen: eine EU-weite Erhebung. Ergebnisse auf einen Blick - Bericht der FRA, S. 87.
- [31] Gewalt gegen Frauen: eine EU-weite Erhebung. Ergebnisse auf einen Blick – Bericht der FRA, S. 96.
BEGRÜNDUNG
Dieser Bericht wird aus europäischer und globaler Perspektive in einem entscheidenden Moment vorgelegt: dem Jahr 2015. In diesem Jahr werden, im Rahmen des zwanzigsten Jahrestags der Verabschiedung der Ziele der Pekinger Aktionsplattform und des Auslaufens der Millenniums-Entwicklungsziele, zahlreiche Evaluierungen der Fortschritte bei der Gleichstellung zwischen Frauen und Männern in der ganzen Welt vorgenommen. Hier wird noch einmal deutlich, dass die faktische Gleichstellung der Geschlechter, die alle Lebensbereiche betrifft, lediglich langsam vorankommt. Dies unterstreicht auch der Gender Equality Index des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen, bei dem die EU auf einen Durchschnittswert von 54 von 100 möglichen Punkten kommt. Vom Recht auf Unversehrtheit und ein Leben in Würde über eine bessere Aufteilung von Pflege- und Betreuungsarbeit bis zur vollkommenen Ausschöpfung von Talenten und Qualifizierungen sind also auch innerhalb der EU noch nicht alle Ziele auf dem Weg zur tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter erreicht.
Das Hauptziel der europäischen Politik zur Gleichstellung der Geschlechter in den nächsten fünf Jahren sollte es sein, effiziente und kohärente Strategien zu entwickeln, durch die alle Formen von Diskriminierung von Frauen und Männern in ihrer Vielfalt beseitigt werden. Frauen wie Männer müssen sich sicher sein, dass sie nicht auf Grund ihrer Ethnizität, ihrer Klasse, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Geschlechtsidentität, einer Behinderung, ihrer Religion, ihrer Staatsbürgerschaft oder ihres Alters benachteiligt werden. Außerdem müssen in hohem Maße Mehrfachdiskriminierungen betrachtet werden.
Die bereits seit Jahrzehnten immer wieder bekräftigten Ziele der Gleichstellung werden durch die anhaltende Finanzkrise und Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung in den Mitgliedstaaten abgeschwächt. Dies könnte durch einen effektiven, zielgerichteten und sinnvollen Mitteleinsatz und die Anwendung des Gender Mainstreaming bei der Konzipierung von Programmen und bei stetiger Evaluierung jedoch bereits im Vorfeld verhindert werden. Frauen würden so nicht überproportional stark belastet.
Die Berichterstatterin ist der Ansicht, dass die wirtschaftlichen, sozialen und beschäftigungspolitischen Ziele Europas nur dann erreicht werden können, wenn auch die Gleichstellung der Geschlechter vollends verwirklicht wurde: Gleichstellung muss daher als ein strategisches und universelles Ziel begriffen werden. Im Kontext der Krise und permanent drohender Rückschritte muss dies auch durch die Verabschiedung der neuen Strategie der Europäischen Kommission erneut bekräftigt werden.
Gewalt gegen Frauen
Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist eine schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte. Sie ist gleichzeitig ein Ausdruck der Ungleichheit zwischen den Geschlechtern, die wiederum Konsequenzen in Bezug auf die tatsächliche Gleichstellung hat. Nur wer gewaltfrei lebt, kann tatsächlich an der Gesellschaft teilhaben und Dinge bewegen. Gewalt gegen Frauen, in ihren unterschiedlichsten Formen, die von häuslicher Gewalt und Vergewaltigung über Belästigung am Arbeitsplatz bis hin zur sexuellen Ausbeutung, Zwangsprostitution, Zwangspornographie und Zwangssterilisation gehen, findet täglich inmitten unserer Gesellschaft statt.
• Eine von drei Frauen in der EU hat nach dem Alter von 15 Jahren einmal in ihrem Leben physische und/oder sexuelle Gewalt erfahren.[1]
Die Berichterstatterin fordert daher ein entschiedenes Vorgehen der EU und unterstreicht erneut die Wichtigkeit der Ratifizierung der Istanbul-Konvention sowie die Einführung eines einheitlichen rechtlichen Rahmens zur Prävention und Bekämpfung von Gewalt an Mädchen und Frauen. Jungen und Männer müssen zudem in Zukunft stärker in den Kampf gegen Gewalt an Frauen einbezogen werden.
Das Paket von Legislativvorschlägen, das den grenzübergreifenden Schutz von Verbrechensopfern innerhalb der EU regelt, kann bereits als ein großer Erfolg im Bereich der Gewaltbekämpfung gewertet werden. Aber auch hier muss die Implementierung durch die Mitgliedstaaten weiterhin überwacht werden.
Arbeit und Zeit
In den letzten Jahren haben sich die geschlechtsspezifischen Unterschiede in Bezug auf Beschäftigung, Arbeitslosigkeit, Löhne und Armut verringert. Dies ist jedoch vorrangig der allgemeinen Verschlechterung der Situation durch die Krise geschuldet. Durch das Ziel der Strategie Europa 2020 einer Erwerbsquote von 75 % aller potentiell Erwerbstätigen in der EU wird zudem die Verteilung nach Geschlecht verschleiert.
• Derzeit sind laut Angaben der Europäischen Kommission 74,2 % der Männer, aber nur 62,5 % der Frauen erwerbstätig.
Die tatsächliche Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt ist also nach wie vor nicht erreicht. Frauen arbeiten zudem häufiger in prekären Arbeitsverhältnissen, geprägt durch befristete Verträge und einen niedrigen Lohn. Strukturen und Stereotype sorgen nach wie vor für eine starke geschlechtsspezifische horizontale und vertikale Segregation des Arbeitsmarkts, und das geschlechtsspezifische Lohngefälle von derzeit 16,4 % wird im Alter zu einem geschlechtsspezifischen Rentengefälle von 39 %. Oftmals sind Frauen in Teilzeit beschäftigt, wobei Vollzeit gewünscht wäre; sie sind außerdem nach wie vor für die meiste Haus- und Betreuungsarbeit zuständig. Dies lässt ihnen weniger Zeit, einer anderen Erwerbstätigkeit nachzugehen, und auch der Wiedereinstieg nach der Elternzeit fällt häufig sehr schwer. Viele Strategien zur Vereinbarkeit versuchen diesem Problem mit der Auslagerung von Betreuungs- und Hausarbeit zu begegnen, was wiederum zu einer Ausbeutung von überwiegend Frauen auf dem Grauen Arbeitsmarkt sowie zu einer Ethnisierung der Pflege führen kann.
Die Berichterstatterin fordert die Kommission auf, konkrete Ziele und Sanktionen in Bezug auf die Reduktion des geschlechtsspezifischen Lohngefälles zu prüfen. Um eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erreichen, müssen darüber hinaus Männer stärker in Betreuungs- und Haushaltsarbeiten eingebunden werden.
Gestaltungskraft
Die Möglichkeit des Einflusses und die Veränderung der Strukturen der Gesellschaft sind durch die fehlende Teilhabe von Frauen an Entscheidungsprozessen, eine Auswirkung der Gläsernen Decke, enorm begrenzt.
• Laut Angaben der Europäischen Kommission sind nur 5 % der Vorstandsvorsitzenden in der EU Frauen.
Die EU sollte sich dafür einsetzen, dass Frauen sowohl in politischen als auch in sozialen, kirchlichen, kulturellen, medialen, wissenschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Entscheidungsprozessen ihrem Anteil innerhalb der Gesellschaft gemäß vertreten sind. In Anbetracht der Vorbildfunktion der EU-Institutionen fordert die Berichterstatterin die Kommission auf, sich für eine paritätische Repräsentation beider Geschlechter in allen Institutionen der EU einzusetzen.
Im EU-Durchschnitt sind darüber hinaus nur 18,6 % der Mitglieder in Aufsichtsräten Frauen, weshalb es von äußerster Wichtigkeit ist, die Verhandlungen um die Richtlinie zu Frauen in Führungspositionen (COM(2012) 614 final, 2012/0299(COD)) voranzutreiben und sie in einem nächsten Schritt auch auf die Vorstände auszuweiten.
Finanzielle Mittel
Derzeit wird das weibliche Gesicht der Armut in Europa zwar vermehrt diskutiert, aber leider nach wie vor von der Gesellschaft geduldet. Durch steuerliche Fehlanreize, den Zweitverdienerinnenstatus der Frau, Segregation, Lohnungleichheit und die lückenhafte Erwerbsbiographie wird die wirtschaftliche Armut im Arbeitsleben auch zu einer Armut im Alter, die sich durch das geschlechtsspezifische Rentengefälle ausdrückt. Besonders hoch ist dieses Risiko für Alleinerziehende, denen auch der Zugang zu finanziellen Dienstleistungen wie Krediten erschwert wird. Die Krise hat diese Situation zudem noch weiter verschärft. Die von den Regierungen angeordneten Sparmaßnahmen, Lohnstopps und -kürzungen sowie Einstellungsstopps und Personalabbau im öffentlichen Sektor, Rentenreformen, Kürzungen und Begrenzungen pflegebezogener sowie familienbezogener Leistungen und die Erhöhung der Gebühren für öffentlich subventionierte Dienstleistungen, wie zum Beispiel Krippen, treffen gerade junge Frauen stärker als Männer. Ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit – eine notwendige Grundlage für die tatsächliche Gleichstellung – sowie ihre Teilhabe am öffentlichen Leben sind so äußerst gefährdet.
Gesundheit
Die derzeitigen, rückwärtsgewandten Tendenzen in der europäischen Gesellschaft wirken sich auch auf die Gesundheit und die damit verbundenen Rechte von Frauen und Männern aus. Für ein verantwortungsvolles und sicheres Sexualleben muss jedoch der Zugang zu Information und Vorsorge sowie zu sicherer, effektiver und erschwinglicher Verhütung, sicherer und legaler Abtreibung und Sterilisation sowie die Unterstützung bei Adoption gesichert sein.
Des Weiteren ist es wichtig, die Hintergründe für die unterschiedliche Lebenserwartung von Frauen und Männern zu beleuchten. Eine geschlechtergerechte Forschung kann dazu beitragen, den Einfluss der Geschlechtsrolle auf die Gesundheit sichtbar zu machen und zu verändern.
Wissen, Bildung und Medien
• Betrachtet man die Nachrichten innerhalb der EU, stellt sich heraus, dass nur 24 % der Menschen, über die berichtet wird, weiblich sind.
Rollen, die über Bildungsmaterialien und Inhalte in unseren Schulen und anderen Bildungseinrichtungen vermittelt werden, haben nicht nur Einfluss auf die tatsächliche Leistung selbst, sondern auch darauf, für welchen Weg wir uns danach entscheiden. Diese Stereotypen werden zudem durch die stereotype und auch sexualisierte Repräsentation von Frauen in den Medien noch weiter verstärkt. Nur wenn bereits in der Bildung von Mädchen und Jungen mit der Hinterfragung traditioneller Geschlechtsrollen und Strukturen begonnen wird, werden auch beide dieselben Chancen auf ein selbstbestimmtes und erfülltes Leben haben können.
Hierbei müssen nicht nur Mädchen und Frauen in all ihren Entscheidungen und Wegen bestärkt werden, sondern es muss auch, wie in Horizont 2020 festgelegt, die hohe Zahl der männlichen Schulabbrecher weiter reduziert werden.
Globaler Blick
Die Strategie zur Gleichstellung darf sich jedoch nicht nur nach innen richten. Die EU hat die Verpflichtung, dieses Recht auch in ihren Beziehungen zu anderen Ländern immer wieder zu unterstreichen und seine Weiterentwicklung zu unterstützen. Eine Studie von UN Women zeigt, dass durch die Auswirkungen von nicht nachhaltiger Entwicklung die Ungerechtigkeiten zwischen den Geschlechtern intensiviert werden, da Mädchen und Frauen stärker von wirtschaftlichen, sozialen und die Umwelt betreffenden Krisen getroffen werden. Es ist daher wichtig, dass diese speziellen Auswirkungen auf Frauen tiefergreifend untersucht werden.
Die Ächtung und Bekämpfung von sexueller Gewalt in Krisen- und Kriegssituationen, von Genitalverstümmelungen, zu frühen Ehen sowie Zwangsehen muss intensiviert werden. Der Zugang zu Besitz, natürlichen Ressourcen und Erbe ist vielen Frauen auf dieser Welt nach wie vor verwehrt, und auch der Zugang zu Bildung ist noch nicht selbstverständlich. Die Berichterstatterin sieht hier die Möglichkeit der Förderung von Gleichberechtigung durch die Einführung eines Standards bei Nachbarschaftspolitik und Entwicklungszusammenarbeit, Handelsbeziehungen und diplomatischen Beziehungen von Seiten der EU. Dieser Standard muss die Einhaltung der Rechte der Frauen gewährleisten. Des Weiteren muss die EU Frauen unterstützen, um ihre paritätische Teilhabe an Friedensverhandlungen und Demokratisierungsprozessen voranzutreiben.
Institutionelle Mechanismen und Gender Mainstreaming
Ungeachtet der Bemühungen der Kommission und der Mitgliedstaaten wird das Konzept des Gender Mainstreaming weder stetig noch in allen Bereichen angewendet. Würden politische Maßnahmen sowie die Haushalte der Union und der Mitgliedstaaten mit Hilfe des Gender Budgeting und der Folgenabschätzung der Auswirkungen auf die Geschlechter geschlechtsspezifisch ausgearbeitet, könnte die Politik der EU gerechter, sozialer und effizienter gestaltet werden. Eine verbindliche Evaluierung durch jährliche Fortschrittsberichte könnte den Europäischen Institutionen und den Mitgliedstaaten bei der Anpassung und Verbesserung dieser Maßnahmen helfen.
- [1] Gewalt gegen Frauen: eine EU-weite Erhebung. Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, März 2014.
MINDERHEITENANSICHT
gestützt auf Artikel 52 Absatz 3 seiner Geschäftsordnung,
Beatrix VON STORCH
Den Bericht "Strategie für die Gleichstellung Beitrag 2015" lehne ich ab. Der Report verlangt unter anderem die Anerkennung von Abtreibung als Menschenrecht. Abgesehen davon, dass nach geltendem deutschen Strafrecht Abtreibung eine Straftat darstellt, bei der (nur) in engen Ausnahmefällen von Strafe abgesehen wird, fällt das Thema Abtreibung nicht in den Zuständigkeitsbereich der EU. Ich lehne die in dem Bericht geforderte Frauenquote für Aufsichtsräte, Vorstände und Parlamente (!) strikt ab. Ebenso lehne ich es ab, dass die EU die Gewährung von Entwicklungshilfe an die Umsetzung von Maßnahmen zur Förderung der Abtreibung in den Entwicklungsländern koppelt. Das Parlament hat auch keine Befugnis, die Mitgliedstaaten dazu aufzufordern Programme für Sexualerziehung an Schulen einzuführen. In der Sache lehne ich diese Sexualisierungsprogramme ab und rechtlich fällt Bildungspolitik ebenfalls in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Dies sind nur wenige der Gründe, für die ich diesen Bericht ablehne. Es gibt zahlreiche weitere...
STELLUNGNAHME des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (20.4.2015)
für den Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter
zu der Strategie der EU für die Gleichstellung von Frauen und Männern nach 2015
(2014/2152(INI))
Verfasserin der Stellungnahme: Agnieszka Kozłowska-Rajewicz
VORSCHLÄGE
Der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten ersucht den federführenden Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:
1. stellt fest, dass die Arbeit, die es zur Beseitigung der verschiedenen Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen noch zu verrichten gilt, in erster Linie vom Streben nach sozialer Gerechtigkeit und gesellschaftlichem Zusammenhalt geleitet ist; weist darauf hin, dass es durch eine bessere Eingliederung der Frauen – die 60 % der Hochschulabsolventen stellen – in den Arbeitsmarkt möglich wäre, den wirtschaftlichen und demografischen Herausforderungen der Europäischen Union wirksam zu begegnen;
2. hebt hervor, dass der Weltwirtschaft im vergangenen Jahrzehnt 27 % des BIP-Wachstums pro Kopf aufgrund des geschlechtsspezifischen Gefälles auf dem Arbeitsmarkt entgangen sind und dass eine Beseitigung des geschlechtsspezifischen Gefälles in der Beschäftigung zu einer BIP-Steigerung von 15 bis 45 % in den EU-Mitgliedstaaten führen könnte.
3. ist der Auffassung, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern das soziale und wirtschaftliche Wohlergehen steigert und daher nicht nur zum Nutzen der Frauen, sondern der Gesellschaft insgesamt ist; weist darauf hin, dass es für eine höhere Beteiligung von Frauen in allen Bereichen des Arbeitsmarkts unerlässlich ist, die Geschlechterstereotype zu beseitigen; fordert die EU auf, bei der Bekämpfung von Geschlechterstereotypen insbesondere in den Bereichen Bildung, Arbeit und Fortbildung eine Vorreiterrolle einzunehmen; betont, dass die neue Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern laut den Unionsverträgen auf den weiteren Abbau von Ungleichheiten abzielen sollte;
4. betont, dass die Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern für den Zeitraum nach 2015 Vorschläge für Maßnahmen enthalten sollte, um a) das Lohngefälle zwischen Frauen und Männern zu verringern, b) die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen zu steigern, c) den Zugang zum Arbeitsmarkt und den beruflichen Aufstieg für Frauen zu verbessern, d) die Gleichstellung in Führungspositionen grundlegend zu erhöhen und e) diskriminierende geschlechtsspezifische Strukturen und Praktiken zu überwinden;
5. weist darauf hin, dass vorläufig noch immer 25 % der Frauen in die Kategorie der unentgeltlich mithelfenden Familienangehörigen fallen und daher keine direkte Vergütung für ihre Tätigkeit erhalten, und dass es in Branchen, in denen im Allgemeinen schlechte Bezahlung, lange Arbeitszeiten und oftmals informelle Beschäftigungsregelungen an der Tagesordnung sind, eine klare Diskriminierung von Frauen gibt, was sich darin manifestiert, dass Frauen weniger finanzielle, soziale und strukturelle Gewinne erzielen, als eine männliche Arbeitskraft in der Regel erhalten würde; weist darauf hin, dass für Frauen nach wie vor merkliche Einschränkungen bei der Erwerbsbeteiligung bestehen und Frauen in der EU durchschnittlich 16,4 % weniger als Männer verdienen; weist angesichts dieser Frauen diskriminierenden Strukturen und Praktiken darauf hin, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Bereichen – darunter Zugang zu Beschäftigung, beruflicher Aufstieg, Trennung von Beruf und Privatleben und Förderung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für gleiche Arbeit – herbeigeführt werden muss;
6. fordert die Mitgliedstaaten auf, die uneingeschränkte Nutzung von Tarifverhandlungen im privaten und öffentlichen Sektor umfassend zu stärken und zu achten, da diese für die Regulierung der Arbeitsbeziehungen, die Bekämpfung von Lohndiskriminierung und die Förderung der Gleichheit unbedingt nötig sind;
7. betont, dass es bei der Beseitigung der Gewalt gegen Frauen um die Wahrung der Menschenrechte geht, und dass sich sowohl die direkten als auch die indirekten Kosten der Gewalt gegen Frauen und der häuslichen Gewalt negativ auf den Arbeitsmarkt und die Wirtschaft auswirken; vertritt die Auffassung, dass die Gewalt gegen Frauen ein Hindernis für Frauen bei der Teilhabe am Gesellschaftsleben und der uneingeschränkten Ausschöpfung ihres Potenzials auf dem Arbeitsmarkt ist und sich negativ auf ihre Leistung am Arbeitsplatz und ihre Lebensqualität auswirkt; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die wirtschaftlichen und sonstigen Auswirkungen der Gewalt gegen Frauen anzuerkennen, indem sie einschlägige nach Geschlechtern aufgeschlüsselte Daten erheben; betont, dass es wirksamer Maßnahmen zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen bedarf; ist der Auffassung, dass die Beendigung der Gewalt gegen Frauen in der Strategie für den Zeitraum nach 2015 ein vorrangiges Thema sein sollte;
8. betont, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern ein grundlegendes, in den Verträgen verankertes Recht ist, das aber in der Union bei Weitem noch nicht erreicht ist; ist der Ansicht, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt in Verbindung mit hochwertigen Arbeitsplätzen eine Voraussetzung für das Erreichen des im Rahmen der Strategie Europa 2020 angestrebten Ziels einer Erwerbsquote von 75 % und unerlässlich für die Erhaltung zukunftsfähiger Rentensysteme ist; fordert daher die Aufnahme von für Frauen und Männer gleichermaßen ehrgeizigen Erwerbszielen in die Strategie Europa 2020, denen in allen Bereichen des Europäischen Semesters Rechnung getragen werden sollte;
9. betont, dass erschwingliche, zugängliche und hochwertige Kinderbetreuung eine wichtige Voraussetzung für die Gleichstellung von Frauen und Männern sowie für die Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt ist; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Erfüllung der Barcelona-Ziele zur Kinderbetreuung zur vorrangigen Aufgabe in der neuen Strategie zur Gleichstellung von Frauen und Männern zu erklären; hebt hervor, dass diese Ziele ursprünglich für das Jahr 2010 festgelegt wurden, von den meisten Mitgliedstaaten bislang jedoch noch nicht erreicht worden sind;
10. betont, dass sich die Unterschiede in Bezug auf Erwerbsquote und Entlohnung zwischen Männern und Frauen in den letzten Jahren zwar leicht verringert haben, dies jedoch nicht auf eine Verbesserung der Lage der Frauen zurückzuführen ist, sondern vielmehr darauf, dass die Erwerbsquoten und Lohnniveaus der Männer im Zuge der Krise zurückgegangen sind;
11. weist insbesondere darauf hin, dass sich die Kürzungen im Bereich der Gemeinwohldienstleistungen zur Betreuung von Kindern und älteren Menschen vor allem auf Frauen auswirken;
12. betont, dass das Wirtschaftswachstum und die Wettbewerbsfähigkeit in der EU davon abhängig sind, ob es gelingt, die Lücke zwischen dem Bildungsniveau von Frauen (60 % der Hochschulabsolventen in Europa sind Frauen) und ihrer Teilhabe und Stellung auf dem Arbeitsmarkt zu schließen; hebt hervor, dass sämtliche Formen der horizontalen und vertikalen Segregation bekämpft werden müssen, die die Beschäftigung von Frauen in einigen Sektoren behindern und dazu führen, dass Frauen von höheren Positionen in der Unternehmenshierarchie ausgeschlossen werden; betont, dass bestehende Rechtsvorschriften, in denen positive Maßnahmen vorgesehen sind, insbesondere im öffentlichen Sektor die Gleichstellung von Frauen und Männern auf der Einstiegsebene verbessert haben, aber auf alle Karrierestufen erweitert werden sollten;
13. betont, dass die Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt einer der Hauptgründe für die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern ist und dass Chancengleichheit im Arbeitsleben und die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen entscheidende Bedeutung haben; hebt die ungleiche und prekäre Position von Frauen aus Minderheiten oder mit Migrationshintergrund beim Zugang zur Bildung und zum Arbeitsmarkt hervor; fordert die Kommission auf, im Rahmen ihrer Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern eindeutige Maßnahmen zur Bekämpfung von auf geschlechtsspezifischer und Geschlechtsidentität beruhender Diskriminierung, was etwa Einstellung, gleiche Bezahlung und Renten betrifft, vorzuschlagen; stellt fest, dass einer Studie der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) zufolge 30 % der Transgender-Arbeitssuchenden ungeachtet der EU-Rechtsvorschriften zum Schutz von Individuen vor Diskriminierung bei der Beschäftigung diskriminiert werden[1]; hebt hervor, dass dies einen Verstoß gegen die Charta der Grundrechte der Europäischen Union darstellt; fordert die Kommission daher auf, die Wirksamkeit der nationalen Beschwerdestellen und -verfahren im Zusammenhang mit der Umsetzung der Richtlinien über die Gleichstellung der Geschlechter genau zu überwachen;
14. stellt nachdrücklich fest, dass die ungleiche Verteilung der familiären Pflichten eine der Hauptursachen für die ungleiche Stellung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt ist; weist darauf hin, dass viele Frauen nach einer Schwangerschaft nicht in die Berufstätigkeit zurückkehren; betont, dass die Vereinbarkeit beruflicher und häuslicher Pflichten eine wichtige Voraussetzung für die Gleichstellung von Frauen und Männern ist, die durch folgende Maßnahmen gefördert werden sollten:
a) Investitionen in Gemeinwohldienstleistungen zur Unterstützung der Eingliederung von Frauen in den Arbeitsmarkt, insbesondere in bezahlbare, zugängliche und hochwertige Einrichtungen zur Betreuung von Kindern (um dazu beizutragen, dass die von den Mitgliedstaaten angenommenen und in den Barcelona-Zielvorgaben formulierten Ziele erreicht werden), Menschen mit Behinderungen, Pflegebedürftigen, alten und kranken Menschen, da sich hauptsächlich Frauen um die Betreuung kümmern und sich diese unbezahlten Pflichten negativ auf ihre Bezahlung auswirken;
b) Maßnahmen zur Förderung der Beteiligung von Männern an der Haus- und Familienarbeit durch bessere Rechtsvorschriften über Elternurlaub, den beide Elternteile in Anspruch nehmen können, die jedoch starke Anreize für Väter vorsehen, z. B. nicht übertragbaren Elternurlaub, und Rechtsvorschriften über Vaterschaftsurlaub, den sowohl leibliche Väter als auch Adoptivväter in Anspruch nehmen können, wobei die Kommission und die Mitgliedstaaten diese beiden Legislativmaßnahmen und weitere Maßnahmen, mit denen Männern und insbesondere Vätern die Möglichkeit eingeräumt wird, ihr Recht auf die Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben wahrzunehmen, vorrangig behandeln sollten;
c) die Förderung flexibler Arbeitszeitregelungen, Telearbeitmöglichkeiten für Männer und Frauen und die Unterstützung von Müttern bei der Auffrischung ihrer beruflichen Kompetenzen in Form von Weiterbildung und Schulungen nach einer Unterbrechung der Berufstätigkeit;
d) die Förderung positiver Modelle eines ausgewogenen Verhältnisses von Berufs- und Privatleben für Frauen und Männer in Unterrichtsmaterialien in Schulen in allen Stufen;
betont, dass Fortschritte bei der Verwirklichung einer gerechten und gleichmäßigen Aufteilung dieser Verpflichtungen eine Veränderung der Denkweise erfordern; fordert die Kommission auf, diese Probleme in der neuen Strategie zur Gleichstellung von Frauen und Männern zu behandeln;
15. vertritt die Auffassung, dass es dringend eines gemeinsamen Standpunkts im Rat zur Überarbeitung der Vorschlags für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (KOM(2008)0637) bedarf, um sicherzustellen, dass es nicht zu ungerechten Entlassungen von Arbeitnehmerinnen während der Schwangerschaft kommt;
16. betont, dass die Feminisierung der Armut Ergebnis von verschiedenen Faktoren ist, zu denen die Unterbrechung der Berufstätigkeit von Frauen, das Lohn- und Pensionsgefälle zwischen Männern und Frauen (16.4 % bzw. 39 %) Ungleichheiten aufgrund des Geschlechts bei der Laufbahnentwicklung, die Tatsache, dass Frauen häufig mit atypischen Arbeitsverträgen (Teilzeitverträge, Interimsverträge, Null-Stunden-Verträge) beschäftigt sind, das Fehlen eines Sozialversicherungsstatus von Partnern, die Selbstständigen helfen, und die Armut in Haushalten, die von alleinerziehenden Müttern versorgt werden, gehören; betont, dass die Verringerung der Armut bis zum Jahr 2020 um 20 Millionen Menschen durch Strategien zur Bekämpfung der Armut und der Diskriminierung, die auf dem Gender Mainstreaming beruhen, und durch Aktionsprogramme, in denen benachteiligte Frauen besonders berücksichtigt werden, und durch Maßnahmen zur Bekämpfung der Frauenarmut unterstützt werden, und durch die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in einkommensschwachen Branchen, in denen Frauen übermäßig vertreten sind, erreicht werden kann; betont, dass die Mehrfachdiskriminierung von Frauen aufgrund einer Behinderung, der Rasse und der ethnischen Herkunft, des sozioökonomischen Status, der Geschlechtsidentität und weiterer Faktoren zur Feminisierung der Armut beiträgt; betrachtet es als wichtig, die geschlechtsspezifischen Auswirkungen der Besteuerung und der Arbeitszeitmodelle auf Frauen und Familien zu überwachen;
17. betont, dass das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen auf die unzureichende Teilnahme der Frauen am Arbeitsmarkt, die vertikale und horizontale Geschlechtersegregation und die häufig schlechtere Bezahlung in Branchen mit übermäßig hohem Frauenanteil zurückzuführen ist; betont, dass das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor überwacht und Transparenz bei der Anerkennung des Lohngefälles zwischen Männern und Frauen am Arbeitsplatz herbeigeführt werden muss;
18. weist darauf hin, dass nur 8,9 % der geschäftsführenden Mitglieder und nur 15 % der nicht geschäftsführenden Mitglieder der Leitungsorgane von Unternehmen Frauen sind, und betont, dass Transparenz und eine ausgewogenere Vertretung von Frauen und Männern auf der Grundlage von denselben und objektiven Kriterien bei der Einstellung und Beförderung zur Besetzung von Führungspositionen in allen Bereichen geschaffen werden muss, um gegen die „gläserne Decke“ vorzugehen, die in fast allen Mitgliedstaaten besteht; ist der Auffassung, dass die Strategie der EU für die Gleichstellung von Frauen und Männern nach 2015 einen diesbezüglichen Aktionsplan vorsehen sollte;
19. ist der Ansicht, dass insbesondere in den Bereichen allgemeine und berufliche Bildung, wozu auch die Hochschulbildung gehört, Initiativen und Maßnahmen ergriffen werden müssen, um der stereotypen Wahrnehmung der Frauenbeschäftigung entgegenzuwirken; betont, dass das Unternehmertum von Frauen, insbesondere von Müttern, und Karrieremöglichkeiten für Frauen in der Wissenschaft und im IKT-Bereich unterstützt werden müssen; betrachtet es als besonders wichtig, dass Frauen ermutigt werden, ein Studium in den Bereichen Wissenschaften, Technik, Ingenieurwissenschaft und Mathematik zu absolvieren, und dass Frauen in Branchen mit hohem Wachstum tätig sind, insbesondere in FuE, da dadurch das Wirtschaftswachstum und die Wettbewerbsfähigkeit in Europa in erheblichem Maße angekurbelt würde;
20. betont, dass transparente Verfahren für die Ernennung von Frauen als nicht geschäftsführende Mitglieder von Leitungsorganen von an der Börse geführten Unternehmen unterstützt werden müssen; fordert den öffentlichen und den privaten Sektor auf, freiwillige Regelungen zu prüfen, um Frauen in Führungspositionen zu fördern, und fordert den Europäischen Rat auf, nach der ersten Lesung der Richtlinie über Frauen in Leitungsorganen im EP endlich einen gemeinsamen Standpunkt einzunehmen;
21. betont, dass sich das hohe Niveau nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit und die Scheinselbstständigkeit, die weite Teile der weiblichen Bevölkerung – insbesondere Hausangestellte – betreffen, nachteilig auf das Einkommen und die soziale Sicherheit von Frauen auswirken, die Sozialstandards beim Gesundheitsschutz und der Sicherheit am Arbeitsplatz schwächen und das BIP in der gesamten EU senken; fordert, dass Verfahren zur Förderung und zur Erleichterung des Übergangs von einer informellen zu einer formellen Wirtschaft geschaffen werden; verweist darauf, dass die Einrichtung einer europäischen Plattform zur Stärkung der Zusammenarbeit bei der Prävention und Abschreckung von nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit diesbezüglich eine entscheidende Hebelwirkung erzeugt;
22. fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen um die Bekämpfung nicht angemeldeter und prekärer Beschäftigung, zu der auch „Minijobs“ und falsche Teilzeittätigkeiten gehören, zu verstärken und dafür zu sorgen, dass allen Beschäftigten ein angemessener Sozialschutz gewährt wird; bedauert, dass atypische Beschäftigungsverhältnisse missbraucht werden, um sich der Erfüllung der Beschäftigungs- und Sozialschutzverpflichtungen zu entziehen;
23. empfiehlt, das Arbeits- und Familienrecht in Bezug auf Alleinerziehende und LGBT-Eltern auszubauen angesichts der sich mit der Zeit wandelnden Zusammensetzung von Familien und des sich wandelnden Familienbegriffs;
24. vertritt die Auffassung, dass im Rahmen der Strategien und Instrumente zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, wie der Jugendgarantie und der Beschäftigungsinitiative für junge Menschen, die besonderen Bedürfnisse von jungen Menschen berücksichtigt werden müssen, um ihnen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen; verweist darauf, dass der Anteil derjenigen, die weder in Arbeit noch in Ausbildung sind (NEET) bei den jungen Frauen höher ist als bei den jungen Männern; fordert außerdem die nach Geschlecht aufgeschlüsselte Erhebung von Daten im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit, damit maßgeschneiderte, faktengestützte Strategien entwickelt werden können;
25. fordert die Mitgliedstaaten auf, das Potenzial der neuesten Richtlinie über die Vergabe öffentlicher Aufträge als ein Instrument zur Förderung und Verbesserung der Politik des Gender Mainstreaming anzuerkennen und in Erwägung zu ziehen, auf der Grundlage bestehender Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zur Gleichbehandlung und Gleichstellung von Frauen und Männern festzulegen, dass die Einhaltung der Anforderungen gegebenenfalls Voraussetzung für öffentliche Aufträge ist; weist darauf hin, dass diese Idee unter Achtung des Wettbewerbsrechts der EU weiterverfolgt werden muss.
ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS
Datum der Annahme |
16.4.2015 |
|
|
|
|
Ergebnis der Schlussabstimmung |
+: –: 0: |
38 6 9 |
|||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder |
Laura Agea, Tiziana Beghin, Brando Benifei, Mara Bizzotto, Vilija Blinkevičiūtė, David Casa, Ole Christensen, Martina Dlabajová, Elena Gentile, Arne Gericke, Danuta Jazłowiecka, Rina Ronja Kari, Jan Keller, Ádám Kósa, Agnieszka Kozłowska-Rajewicz, Jean Lambert, Jérôme Lavrilleux, Patrick Le Hyaric, Jeroen Lenaers, Verónica Lope Fontagné, Javi López, Thomas Mann, Anthea McIntyre, Elisabeth Morin-Chartier, Georgi Pirinski, Terry Reintke, Maria João Rodrigues, Claude Rolin, Anne Sander, Sven Schulze, Siôn Simon, Jutta Steinruck, Romana Tomc, Ulrike Trebesius, Ulla Tørnæs, Renate Weber, Tatjana Ždanoka, Jana Žitňanská, Inês Cristina Zuber |
||||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter |
Georges Bach, Elmar Brok, Lampros Fountoulis, Sergio Gutiérrez Prieto, Eva Kaili, Dominique Martin, Joëlle Mélin, Neoklis Sylikiotis, Ivo Vajgl |
||||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 200 Abs. 2) |
Amjad Bashir, Enrique Calvet Chambon, Tania González Peñas, Maria Grapini, Ivan Jakovčić |
||||
- [1] http://fra.europa.eu/en/survey/2012/eu-lgbt-survey.
ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS
Datum der Annahme |
6.5.2015 |
|
|
|
|
Ergebnis der Schlussabstimmung |
+: –: 0: |
20 12 3 |
|||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder |
Daniela Aiuto, Maria Arena, Catherine Bearder, Beatriz Becerra Basterrechea, Malin Björk, Vilija Blinkevičiūtė, Anna Maria Corazza Bildt, Viorica Dăncilă, Iratxe García Pérez, Anna Hedh, Mary Honeyball, Teresa Jiménez-Becerril Barrio, Elisabeth Köstinger, Agnieszka Kozłowska-Rajewicz, Angelika Mlinar, Angelika Niebler, Maria Noichl, Marijana Petir, Terry Reintke, Liliana Rodrigues, Jordi Sebastià, Michaela Šojdrová, Ernest Urtasun, Ángela Vallina, Beatrix von Storch, Anna Záborská, Jana Žitňanská, Inês Cristina Zuber |
||||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter |
Rosa Estaràs Ferragut, Ildikó Gáll-Pelcz, Constance Le Grip, Georg Mayer, Branislav Škripek, Monika Vana, Julie Ward |
||||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 200 Abs. 2) |
Isabella Adinolfi |
||||