EMPFEHLUNG zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss des Abkommens – im Namen der Europäischen Union – zwischen der Europäischen Union und Tuvalu über die Befreiung von der Visumpflicht für Kurzaufenthalte

15.11.2016 - (09764/2016 – C8-0268/2016 – 2016/0100(NLE)) - ***

Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres
Berichterstatterin: Mariya Gabriel

Verfahren : 2016/0100(NLE)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A8-0333/2016
Eingereichte Texte :
A8-0333/2016
Aussprachen :
Angenommene Texte :

ENTWURF EINER LEGISLATIVEN ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss des Abkommens – im Namen der Europäischen Union – zwischen der Europäischen Union und Tuvalu über die Befreiung von der Visumpflicht für Kurzaufenthalte

(09764/2016– C8-0268/2016 – 2016/0100(NLE))

(Zustimmung)

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf den Entwurf eines Beschlusses des Rates (09764/2016),

–  unter Hinweis auf den Entwurf eines Abkommens zwischen der Europäischen Union und Tuvalu über die Befreiung von der Visumpflicht für Kurzaufenthalte (09760/2016),

–  unter Hinweis auf das vom Rat gemäß Artikel 77 Absatz 2 Buchstabe a und Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer v des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterbreitete Ersuchen um Zustimmung (C8-0268/2016),

–  gestützt auf Artikel 99 Absatz 1 Unterabsätze 1 und 3 und Absatz 2 sowie auf Artikel 108 Absatz 7 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf die Empfehlung des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A8-0333/2016),

1.  erteilt seine Zustimmung zu dem Abschluss des Abkommens;

2.  beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und Tuvalus zu übermitteln.

KURZE BEGRÜNDUNG

Kontext der Beziehungen und allgemeine Bestimmungen des Abkommens

Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Tuvalu sind durch das als „Cotonou-Abkommen“ bezeichnete Partnerschaftsabkommen zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im Karibischen Raum und im Pazifischen Ozean einerseits und der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten andererseits geregelt.

Im Rahmen der Änderung der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 durch die Verordnung Nr. 509/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates wurde Tuvalu in den Anhang II übernommen, der die Liste der Drittländer enthält, deren Staatsangehörige von der Pflicht, beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten im Besitz eines Visums zu sein, befreit sind. Die geänderte Verordnung (EG) Nr. 539/2001 gilt in allen Mitgliedstaaten, außer in Irland und im Vereinigten Königreich.

Nach dem Erlass besagter Verordnung am 20. Mai 2014 hat der Rat am 9. Oktober 2014 einen Beschluss angenommen, mit dem er die Kommission ermächtigte, Verhandlungen über den Abschluss des bilateralen Abkommens zwischen der Europäischen Union und Tuvalu aufzunehmen. Die Verhandlungen wurden am 19. November 2014 aufgenommen und am 8. Oktober 2015 abgeschlossen. Das Abkommen wurde am 1. Juli 2016 in Brüssel unterzeichnet. Seit diesem Zeitpunkt wird das Abkommen – bis zur Zustimmung des Europäischen Parlaments – vorläufig angewendet. Der Rat beschließt am 12. Juli 2016, das Parlament um Zustimmung zu ersuchen.

Das Abkommen sieht für die Bürger der Europäischen Union und die Bürger Tuvalus die Befreiung von der Visumpflicht vor, wenn sie für höchstens 90 Tage in einem Zeitraum von 180 Tagen in das Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei reisen. Die Visumfreiheit gilt für alle Personengruppen (Inhaber eines normalen Passes oder eines Diplomaten-, Dienst-/Amts- oder Sonderpasses) und für alle Reisezwecke außer für Aufenthalte zu Erwerbszwecken.

Begründung der Berichterstatterin

Dieses Abkommen über die Befreiung von der Visumpflicht für Kurzaufenthalte ist ein Ergebnis der Vertiefung der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Tuvalu – was im Rahmen des Cotonou-Abkommens politisch sehr bedeutsam ist – sowie ein zusätzliches Mittel zur Stärkung der wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen und zur Intensivierung des politischen Dialogs über verschiedene Fragen, einschließlich der Menschenrechte und Grundfreiheiten.

Die Berichterstatterin stellt fest, dass das Abkommen über die Befreiung von der Visumpflicht positive Auswirkungen haben kann, indem es die Reisebedingungen für Unternehmer vereinfacht, Investitionen erleichtert und den Fremdenverkehr ankurbelt. Darüber hinaus dürften die direkten Kontakte zwischen den EU-Bürgern und den Bürgern Tuvalus gefördert werden.

Die Wirtschaft Tuvalus stützt sich in erster Linie auf den Dienstleistungssektor (über 60 % des BIP), einschließlich der Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Internet, dazu gehört u. a. der Kauf von Lizenzen für die Verwendung des Domain-Namens .tv, was für den Staat eine wichtige Einnahmequelle darstellt. Die Landwirtschaft und die Fischerei zeichnen für mehr als 20 % des BIP verantwortlich. Die Lizenzen für den Fischfang sind eine wichtige Einnahmequelle für das Land. Der Fremdenverkehr ist mit weniger als 2 000 Reisenden pro Jahr, die hauptsächlich aus den anderen Ländern des pazifischen Raums kommen, nur in sehr begrenztem Maße entwickelt. Tuvalu ist auch nach wie vor von internationaler Entwicklungshilfe abhängig, und zwischen den Inseln des Archipels bestehen immer noch erhebliche wirtschaftliche Ungleichheiten. Die EU führt derzeit Verhandlungen über ein allgemeines Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit 14 Ländern im Pazifischen Ozean, zu denen der Staat Tuvalu gehört. Das Abkommen über die Befreiung von der Visumpflicht ist ein zusätzlicher Beweis für unser Engagement in dieser Region für eine engere Partnerschaft.

Politisch gesehen ist Tuvalu ein stabiles und demokratisches parlamentarisches System, das Teil des Commonwealth ist. Die beiden wichtigsten Themen des politischen Dialogs zwischen der Union und Tuvalu betreffen einerseits den Umweltschutz und den Klimawandel und andererseits die Verteidigung der Menschenrechte und die Gleichstellung von Männern und Frauen. Tuvalu gehört zu den ärmsten Ländern des pazifischen Raums und ist mit am meisten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Der Zusammenhang zwischen Klimawandel und Menschenrechten ist daher besonders Gegenstand gemeinsamer Tätigkeiten und Untersuchungen. Das Abkommen stellt außerdem ein positives Zeichen der Unterstützung für dieses Land dar und bietet die Möglichkeit, einen ausgewogenen, regelmäßigen und eingehenden politischen Dialog über diese Fragen zu führen, die für die Union nach wie vor prioritär sind.

Was die Mobilität betrifft, ist der Anteil der negativ beschiedenen Visaanträge tuvaluischer Staatsangehöriger sowie der Bürger der anderen Inselstaaten des pazifischen Raums den verfügbaren Daten zufolge sehr gering. Der Antrag auf Ausstellung eines Visums für die Bürger Tuvalus (vor dem vorläufigen Inkrafttreten des Abkommens) ist angesichts der geografischen Entfernung der Schengen-Staaten jedoch sehr kompliziert. 2014 und 2015 wurden keine Staatsangehörigen Tuvalus im Hoheitsgebiet der EU aufgegriffen, die sich irregulär dort aufgehalten hatten; es gab keine Einreiseverweigerungen an den Außengrenzen der Europäischen Union oder Rückführungsentscheidungen. Außerdem wurde kein Asylantrag von Staatsangehörigen dieses Landes gestellt. Außerdem sind die Migrationsströme stärker auf Australien und Neuseeland ausgerichtet; dies gilt auch für die Migration im Zusammenhang mit dem Klimawandel und dessen Auswirkungen auf Inselstaaten wie Tuvalu. Das Land stellt daher keinerlei Bedrohung in Bezug auf irreguläre Migration oder Migrationsströmungen dar, weder im Bereich der Sicherheit noch im Bereich der öffentlichen Ordnung.

Abschließend betont die Berichterstatterin die nicht zu vernachlässigende Bedeutung, die der Befreiung von der Visumpflicht für die Annäherung der Völker in Europa und im Pazifischen Ozean zukommt. Mit dem Abkommen über die Befreiung von der Visumpflicht können die Bürger nicht nur in vollem Umfang Nutzen aus der Partnerschaft AKP-EU ziehen, sondern auch im Rahmen von erschwinglichen und mit wenig Aufwand zu organisierenden Reisen daran teilhaben.

Die Berichterstatterin begrüßt in diesem Zusammenhang die Rolle der Mitglieder der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU, die in hohem Maße zum Abschluss dieses Abkommens beigetragen haben, das im Übrigen ihre Teilnahme an den Sitzungen der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU erleichtern wird.

Durchführung und Begleitung des Abkommens

Hinsichtlich der Durchführung und Begleitung des Abkommens legt die Berichterstatterin der Kommission nahe, die möglichen Entwicklungen bei den Kriterien zu beobachten, die ursprünglich dazu geführt haben, dass das Land aus Anhang I in den Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 509/2014 überführt wurde. Zu diesen Kriterien gehören nicht nur die irreguläre Einwanderung, die öffentliche Ordnung und die Sicherheit, sondern auch die Außenbeziehungen der Union mit dem betreffenden Drittland, vor allem aber die Erwägungen im Zusammenhang mit der Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten.

Außerdem legt die Berichterstatterin der Kommission und den Behörden von Tuvalu nahe, darauf zu achten, dass die Gegenseitigkeit der Befreiung von der Visumpflicht in vollem Umfang gewährleistet ist, was die Gleichbehandlung aller Bürger ermöglichen muss, insbesondere aller Bürgern der Union.

Im Übrigen wird die Europäische Union im gemischten Ausschuss für die Verwaltung des Abkommens (Artikel 6) lediglich durch die Kommission vertreten. Als direkt von den europäischen Bürgern gewähltes Organ und Verteidiger der Demokratie, der Menschenrechte und der grundlegenden Prinzipien der Europäischen Union könnte das Europäische Parlament an der Arbeit des gemischten Ausschusses beteiligt werden. Bei künftigen Abkommen sollte die Kommission die Zusammensetzung der gemischten Ausschüsse für die Verwaltung also durchaus nochmal überprüfen.

Als bedenklich ist zudem die Praxis zu bewerten, dass Abkommen über die Befreiung von der Visumpflicht unterzeichnet und vorläufig angewandt werden, bevor das Europäische Parlament seine Zustimmung erteilt hat. Durch diese Praxis dürfte der Spielraum des Europäischen Parlaments eingeschränkt werden, was umso problematischer ist, als das Parlament über die Fortschritte der bilateralen Verhandlungen nicht zeitnah unterrichtet wird.

**

Sonderbestimmungen

Der besonderen Stellung des Vereinigten Königreichs und Irlands wird in den Erwägungsgründen des abgeschlossenen Abkommens Rechnung getragen. Das Vereinigte Königreich und Irland nehmen somit an dem abgeschlossenen Abkommen nicht teil, und dessen Bestimmungen gelten in diesen Ländern nicht.

In einer gemeinsamen Erklärung zum Abkommen wird zudem auf die enge Assoziierung Norwegens, Islands, der Schweiz und Liechtensteins bei der Umsetzung, Anwendung und Erweiterung des Schengen-Besitzstands verwiesen. In der Erklärung wird den Behörden dieser Länder nahegelegt, möglichst bald bilaterale Abkommen mit Tuvalu über die Befreiung von der Visumpflicht für Kurzaufenthalte unter ähnlichen Bedingungen abzuschließen, wie sie in diesem Abkommen vorgesehen sind.

Das Abkommen enthält Bestimmungen zu seinem räumlichen Geltungsbereich: Im Falle Frankreichs und der Niederlande gelten die Bestimmungen des Abkommens nur für die europäischen Gebiete dieser beiden Mitgliedstaaten.

**

Abschließend empfiehlt die Berichterstatterin den Mitgliedern des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, diesen Bericht zu unterstützen, und dem Europäischen Parlament, seine Zustimmung zu erteilen.

VERFAHREN DES FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSSES

Titel

Abschluss des Abkommens zwischen der Europäischen Union und Tuvalu über die Befreiung von der Visumpflicht für Kurzaufenthalte

Bezugsdokumente - Verfahrensnummer

09764/2016 – C8-0268/2016 – COM(2016)01902016/0100(NLE)

Datum der Anhörung / des Ersuchens um Zustimmung

12.7.2016

 

 

 

Federführender Ausschuss

Datum der Bekanntgabe im Plenum

LIBE

12.9.2016

 

 

 

Mitberatende Ausschüsse

Datum der Bekanntgabe im Plenum

AFET

12.9.2016

 

 

 

Nicht abgegebene Stellungnahme(n)

Datum des Beschlusses

AFET

24.5.2016

 

 

 

Berichterstatter

Datum der Benennung

Mariya Gabriel

23.5.2016

 

 

 

Prüfung im Ausschuss

26.5.2016

12.10.2016

8.11.2016

 

Datum der Annahme

8.11.2016

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

43

4

0

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Martina Anderson, Gerard Batten, Malin Björk, Michał Boni, Caterina Chinnici, Rachida Dati, Tanja Fajon, Mariya Gabriel, Kinga Gál, Ana Gomes, Nathalie Griesbeck, Jussi Halla-aho, Sophia in ‘t Veld, Barbara Kudrycka, Marju Lauristin, Juan Fernando López Aguilar, Roberta Metsola, Claude Moraes, Péter Niedermüller, Judith Sargentini, Birgit Sippel, Csaba Sógor, Helga Stevens, Traian Ungureanu, Bodil Valero, Udo Voigt, Beatrix von Storch, Josef Weidenholzer, Cecilia Wikström, Kristina Winberg, Tomáš Zdechovský

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter

Vilija Blinkevičiūtė, Kostas Chrysogonos, Carlos Coelho, Anna Maria Corazza Bildt, Pál Csáky, Miriam Dalli, Daniel Dalton, Teresa Jiménez-Becerril Barrio, Ska Keller, Miltiadis Kyrkos, Jeroen Lenaers, Ulrike Lunacek, Andrejs Mamikins, Axel Voss

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 200 Abs. 2)

Agnieszka Kozłowska-Rajewicz, Maria Noichl

Datum der Einreichung

15.11.2016

NAMENTLICHE SCHLUSSABSTIMMUNG IM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS

43

+

ALDE

Nathalie Griesbeck, Cecilia Wikström, Sophia in 't Veld

ECR

Daniel Dalton, Jussi Halla-aho, Helga Stevens

GUE

Martina Anderson, Malin Björk, Kostas Chrysogonos

PPE

Michał Boni, Carlos Coelho, Anna Maria Corazza Bildt, Pál Csáky, Rachida Dati, Mariya Gabriel, Kinga Gál, Teresa Jiménez-Becerril Barrio, Agnieszka Kozłowska-Rajewicz, Barbara Kudrycka, Jeroen Lenaers, Roberta Metsola, Csaba Sógor, Traian Ungureanu, Axel Voss, Tomáš Zdechovský

S&D

Vilija Blinkevičiūtė, Caterina Chinnici, Miriam Dalli, Tanja Fajon, Ana Gomes, Miltiadis Kyrkos, Marju Lauristin, Juan Fernando López Aguilar, Andrejs Mamikins, Claude Moraes, Péter Niedermüller, Maria Noichl, Birgit Sippel, Josef Weidenholzer

VERTS/ALE

Ska Keller, Ulrike Lunacek, Judith Sargentini, Bodil Valero

4

-

EFDD

Gerard Batten, Kristina, Winberg, Beatrix von Storch

NI

Udo Voigt,

 

0

 

 

Erklärung der benutzten Zeichen:

+  :  dafür

-  :  dagegen

0  :  Enthaltung