BERICHT über den Antrag auf Aufhebung der Immunität von Mylène Troszczynski
12.6.2017 - (2017/2019(IMM))
Rechtsausschuss
Berichterstatter: Tadeusz Zwiefka
VORSCHLAG FÜR EINEN BESCHLUSS DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
über den Antrag auf Aufhebung der Immunität von Mylène Troszczynski
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf den am 1. Dezember 2016 vom Minister für Justiz der Französischen Republik übermittelten und am 16. Januar 2017 im Plenum bekannt gegebenen Antrag auf Aufhebung der Immunität von Mylène Troszczynski im Rahmen einer gerichtlichen Voruntersuchung, die vom Staatsanwalt von Bobigny wegen öffentlicher Verleumdung einer Person oder einer Gruppe von Personen wegen ihrer Herkunft oder ihrer Zugehörigkeit oder ihrer Nichtzugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe, Nation, Rasse oder Religion sowie Aufstachelung zum Hass und zur Gewalt gegen eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Herkunft oder ihrer Zugehörigkeit oder ihrer Nichtzugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe, Nation, Rasse oder Religion eingeleitet wurde,
– nach Anhörung von Mylène Troszczynski gemäß Artikel 9 Absatz 6 seiner Geschäftsordnung,
– gestützt auf die Artikel 8 und 9 des Protokolls (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union und auf Artikel 6 Absatz 2 des Aktes vom 20. September 1976 zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments,
– unter Hinweis auf die Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12. Mai 1964, 10. Juli 1986, 15. und 21. Oktober 2008, 19. März 2010, 6. September 2011 und 17. Januar 2013[1],
– unter Hinweis auf Artikel 26 der Verfassung der Französischen Republik in der durch das Verfassungsgesetz Nr. 95‑880 vom 4. August 1995 geänderten Fassung,
– gestützt auf Artikel 5 Absatz 2, Artikel 6 Absatz 1 und Artikel 9 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Rechtsausschusses (A8-0218/2017),
A. in der Erwägung, dass der Staatsanwalt von Bobigny beantragt hat, im Zusammenhang mit Verfahren wegen der Veröffentlichung eines Bildes im Twitter-Konto von Mylène Troszczynski am 23. September 2015, wobei das Bild vollverschleierte Frauen darstellte, die augenscheinlich vor der Familienausgleichskasse (CAF) Schlange standen, versehen mit dem Kommentar „CAF in Rosny-Sous-Bois am 9.12.14. Die Vollverschleierung gilt als gesetzlich verboten ...“, die Immunität von Mylène Troszczynski, Mitglied des Europäischen Parlaments und Mitglied des Regionalrats der Picardie, aufzuheben;
B. in der Erwägung, dass das streitgegenständliche Bild tatsächlich eine Fotomontage war, die anhand eines in London aufgenommenen Fotos erstellt wurde, das bereits vom Inhaber eines anderen Twitter-Kontos benutzt worden war, und in der Erwägung, dass sich im Rahmen der Voruntersuchungen ergab, dass nicht Mylène Troszczynski diejenige war, die die Botschaft ins Internet gestellt hatte, sondern ihr Assistent, der den Sachverhalt einräumte;
C. in der Erwägung, dass der Staatsanwalt darauf hingewiesen hat, dass von einer Verantwortung von Mylène Troszczynski wegen ihrer Stellung als Verantwortliche für die Veröffentlichung über ihr Twitter-Konto ausgegangen werden könne;
D. in der Erwägung, dass Mylène Troszczynski das Bild umgehend aus ihrem Twitter-Konto entfernte, als sie feststellte, dass es sich um eine Fotomontage handelte;
E. in der Erwägung, dass der Antrag auf Aufhebung der Immunität von Mylène Troszczynski in Zusammenhang mit einer mutmaßlichen Straftat der öffentlichen Verleumdung einer Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Herkunft oder ihrer Zugehörigkeit oder ihrer Nichtzugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe, Nation, Rasse oder Religion (strafbar nach den Artikeln 23, 29 Absatz 1, 32 Absätze 2 und 3, 42, 43 und 48-6 des Gesetzes vom 29. Juli 1881) und der Beteiligung an einer Straftat der Aufstachelung zur Diskriminierung, zum Hass und zur rassistischen Gewalt, um die es in den laufenden Ermittlungen geht, (strafbar nach den Artikeln 24 Absätze 8, 10, 11 und 12, 23 Absatz 1 und 42 des Gesetzes vom 29. Juli 1881 sowie Artikel 131-26 Absätze 2 und 3 des Strafgesetzbuchs) steht;
F. in der Erwägung, dass gemäß Artikel 9 des Protokolls (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union Mitgliedern des Europäischen Parlaments im Hoheitsgebiet ihres eigenen Staates die den Parlamentsmitgliedern zuerkannte Unverletzlichkeit zusteht;
G. in der Erwägung, dass gemäß Artikel 26 der französischen Verfassung kein Mitglied des Parlaments wegen der in Ausübung seines Mandates geäußerten Meinungen oder vorgenommenen Abstimmungen verfolgt, Gegenstand einer Fahndung sein, verhaftet, in Haft gehalten oder verurteilt werden darf und kein Mitglied des Parlaments ohne die Genehmigung des Präsidiums der Kammer, der es angehört, wegen eines Verbrechens oder eines Vergehens verhaftet oder anderweitig seiner Freiheit beraubt oder in seiner Freiheit eingeschränkt werden darf;
H. in der Erwägung, dass der Umfang der Immunität, der den Mitgliedern des französischen Parlaments gewährt wird, dem Umfang der Immunität entspricht, der den Mitgliedern des Europäischen Parlaments gemäß Artikel 8 des Protokolls (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union gewährt wird; in der Erwägung, dass der Gerichtshof der Europäischen Union festgestellt hat, dass die Äußerung eines Mitglieds des Europäischen Parlaments nur dann unter die Immunität fallen kann, wenn sie in Ausübung seines Amtes erfolgt, was nichts anderes bedeutet, als dass ein Zusammenhang zwischen der erfolgten Äußerung und der parlamentarischen Tätigkeit bestehen muss; in der Erwägung, dass solch ein Zusammenhang unmittelbar und offenkundig sein muss;
I. in der Erwägung, dass die Vorwürfe nicht in Zusammenhang mit der Stellung von Mylène Troszczynski als Mitglied des Europäischen Parlaments stehen, sondern vielmehr Tätigkeiten regionaler Art betreffen, da sich das montierte Bild und die Kommentare darauf bezogen, was angeblich entgegen dem französischen Recht in Rosny-Sous-Bois geschah;
J. in der Erwägung, dass es bei der Beschuldigung nicht um eine in Ausübung des Amtes von Mylène Troszczynski als Mitglied des Europäischen Parlaments erfolgte Äußerung oder abgegebene Stimme im Sinne von Artikel 8 des Protokolls (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union geht;
K. in der Erwägung, dass kein Verdacht auf fumus persecutionis vorliegt, d. h. einen offensichtlichen Versuch, die parlamentarische Arbeit von Mylène Troszczynski zu verhindern, der hinter der gerichtlichen Voruntersuchung stehen könnte, die infolge einer Anzeige wegen öffentlicher Verleumdung einer Behörde, erstattet von der Familienausgleichskasse von Seine-Saint-Denis, vertreten durch ihren Hauptgeschäftsführer, eingeleitet wurde;
1. beschließt, die Immunität von Mylène Troszczynski aufzuheben;
2. beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss und den Bericht seines zuständigen Ausschusses unverzüglich dem Minister für Justiz der Französischen Republik und Mylène Troszczynski zu übermitteln.
- [1] Urteil des Gerichtshofs vom 12. Mai 1964, Wagner/Fohrmann und Krier, 101/63, ECLI:EU:C:1964:28; Urteil des Gerichtshofs vom 10. Juli 1986, Wybot/Faure und andere, 149/85, ECLI:EU:C:1986:310; Urteil des Gerichts vom 15. Oktober 2008, Mote/Parlament, T‑345/05, ECLI:EU:T:2008:440; Urteil des Gerichtshofs vom 21. Oktober 2008, Marra/De Gregorio und Clemente, C‑200/07 und C‑201/07, ECLI:EU:C:2008:579; Urteil des Gerichts vom 19. März 2010, Gollnisch/Parlament, T‑42/06, ECLI:EU:T:2010:102; Urteil des Gerichtshofs vom 6. September 2011, Patriciello, C‑163/10, ECLI: EU:C:2011:543; Urteil des Gerichts vom 17. Januar 2013, Gollnisch/Parlament, T‑346/11 und T‑347/11, ECLI:EU:T:2013:23.
BEGRÜNDUNG
I. SACHLAGE
In der Plenarsitzung vom 16. Januar 2017 gab der Präsident bekannt, dass er am 1. Dezember 2016 ein Schreiben des Ministers für Justiz der Französischen Republik erhalten habe, in dem die Aufhebung der Immunität von Mylène Troszczynski beantragt werde.
Gemäß Artikel 9 Absatz 1 der Geschäftsordnung hat der Präsident diesen Antrag an den Rechtsausschuss überwiesen.
Am 23. September 2015 wurde in dem Twitter-Konto von Mylène Troszczynski ein Bild veröffentlicht, das vollverschleierte Frauen darstellte, die augenscheinlich vor der Familienausgleichskasse (CAF) Schlange standen, versehen mit dem Kommentar „CAF in Rosny-Sous-Bois am 9.12.14. Die Vollverschleierung gilt als gesetzlich verboten ...“, wobei das streitgegenständliche Bild tatsächlich eine Fotomontage war, die anhand eines in London aufgenommenen Fotos erstellt wurde, das bereits vom Inhaber eines anderen Twitter-Kontos benutzt worden war. Als Mylène Troszczynski feststellte, dass es sich um eine Fotomontage handelte, entfernte sie das Bild umgehend aus ihrem Twitter-Konto.
Im Rahmen der Voruntersuchungen ergab sich anschließend, dass nicht Mylène Troszczynski diejenige war, die die streitgegenständliche Botschaft ins Internet gestellt hatte, sondern ihr Assistent, der den Sachverhalt einräumte. Der Staatsanwalt wies darauf hin, dass von einer Verantwortung von Mylène Troszczynski wegen ihrer Stellung als Verantwortliche für die Veröffentlichung über ihr Twitter-Konto ausgegangen werden könne.
Daraufhin leitete der Staatsanwalt von Bobigny eine gerichtliche Voruntersuchung gegen Mylène Troszczynski wegen Aufstachelung zum Hass und zur Gewalt gegen eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Herkunft oder ihrer Zugehörigkeit oder ihrer Nichtzugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe, Nation, Rasse oder Religion und wegen öffentlicher Verleumdung ein.
II. RECHTSLAGE
a) Europäisches Recht
Protokoll (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union im Anhang zum Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union
Artikel 8
Wegen einer in Ausübung ihres Amtes erfolgten Äußerung oder Abstimmung dürfen Mitglieder des Europäischen Parlaments weder in ein Ermittlungsverfahren verwickelt noch festgenommen oder verfolgt werden.
Artikel 9
Während der Dauer der Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments
a) steht seinen Mitgliedern im Hoheitsgebiet ihres eigenen Staates die den Parlamentsmitgliedern zuerkannte Unverletzlichkeit zu,
b) können seine Mitglieder im Hoheitsgebiet jedes anderen Mitgliedstaats weder festgehalten noch gerichtlich verfolgt werden.
Die Unverletzlichkeit besteht auch während der Reise zum und vom Tagungsort des Europäischen Parlaments.
Bei Ergreifung auf frischer Tat kann die Unverletzlichkeit nicht geltend gemacht werden; sie steht auch nicht der Befugnis des Europäischen Parlaments entgegen, die Unverletzlichkeit eines seiner Mitglieder aufzuheben.“
Akt vom 20. September 1976 zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments
Artikel 6 Absatz 2
Die Mitglieder des Europäischen Parlaments genießen die Vorrechte und Befreiungen, die nach dem Protokoll vom 8. April 1965 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften für sie gelten.
Urteil des Gerichtshofs vom 6. September 2011, Patriciello, Rechtssache C‑163/10
Art. 8 des dem EUV, dem AEUV und dem EAG-Vertrag beigefügten Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union ist dahin auszulegen, dass eine von einem Europaabgeordneten außerhalb des Europäischen Parlaments abgegebene Erklärung, die in seinem Herkunftsmitgliedstaat zu einer strafrechtlichen Verfolgung wegen falscher Anschuldigung geführt hat, nur dann eine in Ausübung seines parlamentarischen Amtes erfolgte Äußerung darstellt, die unter die in dieser Vorschrift vorgesehene Immunität fällt, wenn sie einer subjektiven Beurteilung entspricht, die in einem unmittelbaren und offensichtlichen Zusammenhang mit der Ausübung dieses Amtes steht. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, festzustellen, ob diese Voraussetzungen im Ausgangsverfahren vorliegen.
b) Französisches Recht
Französische Verfassung
Artikel 26
Kein Mitglied des Parlaments darf wegen der in Ausübung seines Mandates geäußerten Meinungen oder vorgenommenen Abstimmungen verfolgt, Gegenstand einer Fahndung sein, verhaftet, in Haft gehalten oder verurteilt werden.
Kein Mitglied des Parlaments darf ohne die Genehmigung des Präsidiums der Kammer, der es angehört, wegen eines Verbrechens oder eines Vergehens verhaftet oder anderweitig seiner Freiheit beraubt oder in seiner Freiheit eingeschränkt werden. Diese Genehmigung ist nicht erforderlich bei Begehung eines Verbrechens oder Vergehens auf frischer Tat oder bei endgültiger Verurteilung.
Die Inhaftierung, die freiheitsberaubenden oder ‑einschränkenden Maßnahmen oder die Verfolgung eines Mitglieds des Parlaments werden für die Dauer der Sitzungsperiode ausgesetzt, wenn die Kammer, der es angehört, dies verlangt.
Die betreffende Kammer tritt unmittelbar von Rechts wegen zu zusätzlichen Sitzungen zusammen, um gegebenenfalls die Anwendung des obigen Absatzes zu ermöglichen.
Französisches Strafgesetzbuch
Artikel 131-26
Die Aberkennung staatsbürgerlicher, bürgerlicher und familiärer Rechte betrifft
(…)
2. das passive Wahlrecht;
3. das Recht, eine gerichtliche Funktion auszuüben oder Gerichtssachverständiger zu sein, sowie das Recht, eine Partei vor Gericht zu vertreten oder ihr vor Gericht beizustehen;
(…)
Gesetz vom 29. Juli 1881 über die Pressefreiheit
Artikel 23
Gegen Personen, die entweder durch Reden, Schreien oder Bedrohungen in öffentlichen Räumen oder anlässlich öffentlicher Versammlungen oder durch schriftliche oder gedruckte Äußerungen, Zeichnungen, Gravuren, Malereien, Embleme, Bilder oder andere Schrift-, Sprach- oder Bildträger, die verkauft, in Verkehr gebracht, zum Verkauf angeboten oder in öffentlichen Räumen oder anlässlich öffentlicher Versammlungen ausgestellt werden, oder durch öffentlich angebrachte Plakate oder Aushänge oder durch ein anderes Instrument der öffentlichen Wiedergabe auf elektronischem Weg den bzw. die Täter unmittelbar dazu aufgestachelt haben, eine als Verbrechen oder Vergehen geltende Handlung zu begehen, werden Strafen für als an einer solchen Handlung beteiligte Personen verhängt, falls die Veranlassung zur tatsächlichen Begehung einer Handlung geführt hat.
Diese Bestimmung gilt auch, wenn die Veranlassung nur zu einem versuchten Vergehen gemäß Artikel 2 des Strafgesetzbuchs geführt hat.
Artikel 29
Der Vorwurf oder die Beschuldigung einer Handlung, der bzw. die die Ehre oder das Ansehen der Person oder Stelle schädigt, die dieser Handlung beschuldigt wird, stellt eine Verleumdung dar. Die unmittelbare Veröffentlichung oder Veröffentlichung mittels Wiedergabe dieses Vorwurfs oder dieser Beschuldigung ist strafbar, selbst wenn sie in zweifelnder Weise erfolgt oder sich auf eine nicht ausdrücklich genannte Person oder Stelle bezieht, diese jedoch anhand der Ausdruckweise der betreffenden Reden, Schreie, Bedrohungen, schriftlichen oder gedruckten Äußerungen, Plakate oder Aushänge identifiziert werden können.
Bei beleidigenden und verachtungsvollen Äußerungen oder Beschimpfungen, die nicht die Beschuldigung einer Handlung enthalten, handelt es sich um Beleidigungen.
Artikel 32
(…)
Eine mit diesen Hilfsmitteln begangene Verleumdung gegenüber einer Person oder einer Gruppe von Personen wegen ihrer Herkunft oder ihrer Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe, Nation, Rasse oder Religion wird mit einer Haftstrafe von einem Jahr sowie einer Geldstrafe von 45 000 EUR oder einer dieser Strafen geahndet.
(…)
Artikel 42
Die Strafen, mit denen über die Presse begangene Verbrechen und Vergehen geahndet werden, werden gegen die nachstehend aufgeführten Personen als Haupttäter in der folgenden Reihenfolge verhängt:
1. Leitende Herausgeber von Publikationen oder Herausgeber, unabhängig von ihrem Beruf oder ihrem Titel, sowie in den Fällen gemäß Artikel 6 Absatz 2 die Mitherausgeber der Publikation;
2. mangels dieser die Verfasser;
3. mangels Verfasser die Druckereien;
4. mangels Druckereien die Verkäufer, Verteiler und für die Plakate und Aushänge verantwortlichen Personen.
In den Fällen gemäß Artikel 6 Absatz 2 gilt die subsidiäre Haftung der in den Absätzen 2, 3 und 4 dieses Artikels genannten Personen, als gäbe es keinen leitenden Herausgeber der Publikation, sofern entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes kein Mitherausgeber der Publikation benannt wurde.
Artikel 43
Werden die leitenden Herausgeber oder Mitherausgeber der Publikation oder die Herausgeber belangt, so werden die Täter als an der Tat beteiligte Personen strafrechtlich verfolgt.
Dies gilt gegebenenfalls genauso und in jedem Fall für Personen, auf die möglicherweise Artikel 121‑7 des Strafgesetzbuchs Anwendung findet. Dieser Artikel kann nicht auf Druckereien im Zusammenhang mit dem Druck angewandt werden, außer in dem Fall und unter den Bedingungen gemäß Artikel 431‑6 des Strafgesetzbuchs zu Menschenansammlungen oder, in Ermangelung eines Mitherausgebers der Publikation, in dem in Artikel 6 Absatz 2 genannten Fall.
Druckereien können jedoch als an der Tat beteiligte Personen strafrechtlich verfolgt werden, wenn gerichtlich festgestellt wurde, dass der leitende Herausgeber oder Mitherausgeber der Publikation strafrechtlich nicht haftbar ist. In diesem Fall wird binnen drei Monaten ab der Tat oder spätestens binnen drei Monaten ab der gerichtlichen Feststellung, dass der leitende Herausgeber oder Mitherausgeber der Publikation nicht haftbar ist, die strafrechtliche Verfolgung aufgenommen.
Artikel 48
(…)
6. Bei Verleumdung gegenüber Einzelpersonen gemäß Artikel 32 und bei Beleidigung gemäß Artikel 33 Absatz 2 erfolgt die strafrechtliche Verfolgung nur auf Anzeige der verleumdeten oder beleidigten Person. Die strafrechtliche Verfolgung kann jedoch nur von Amts wegen durch die Staatsanwaltschaft erfolgen, wenn die Verleumdung oder Beleidigung gegen eine Person oder eine Gruppe von Personen aufgrund ihrer Herkunft oder ihrer Zugehörigkeit oder ihrer Nichtzugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe, Nation, Rasse oder Religion gerichtet war. Die strafrechtliche Verfolgung kann auch von Amts wegen durch die Staatsanwaltschaft erfolgen, wenn die Verleumdung oder Beleidigung gegen eine Gruppe von Personen aufgrund ihres Geschlechts, ihrer geschlechtlichen Orientierung oder ihrer Behinderung gerichtet war; dies gilt auch, wenn die Verleumdungen oder Beleidigungen gegen einzelne Personen gerichtet waren, sofern diese einverstanden waren;
(…)
Artikel 24
(…)
Gegen Personen, die mit einem der in Artikel 23 genannten Hilfsmittel zur Diskriminierung, zum Hass oder zur Gewalt gegenüber einer Person oder einer Gruppe von Personen wegen ihrer Herkunft oder ihrer Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe, Nation, Rasse oder Religion aufgestachelt haben, werden eine Haftstrafe von einem Jahr sowie eine Geldstrafe von 45 000 EUR oder eine dieser Strafen verhängt.
(…)
Bei einer Verurteilung wegen einer in den beiden vorstehenden Absätzen genannten Handlung kann das Gericht außerdem Folgendes anordnen:
1. den Entzug der in Artikel 131‑26 Absätze 2 und 3 des Strafgesetzbuchs genannten Rechte für eine Dauer von bis zu fünf Jahren, es sei denn, der Täter wird aufgrund von Artikel 42 und Artikel 43 Absatz 1 dieses Gesetzes oder aufgrund von Artikel 93‑3 Absätze 1–3 des Gesetzes Nr. 82‑652 vom 29. Juli 1982 über audiovisuelle Kommunikation haftbar gemacht;
2. die öffentliche Meldung oder Verbreitung des verkündeten Urteils unter den Bedingungen gemäß Artikel 131‑35 des Strafgesetzbuchs;
3. einen Einbürgerungskurs gemäß Artikel 131‑5‑1 des Strafgesetzbuchs.
Artikel 23
Gegen Personen, die entweder durch Reden, Schreien oder Bedrohungen in öffentlichen Räumen oder anlässlich öffentlicher Versammlungen oder durch schriftliche oder gedruckte Äußerungen, Zeichnungen, Gravuren, Malereien, Embleme, Bilder oder andere Schrift-, Sprach- oder Bildträger, die verkauft, in Verkehr gebracht, zum Verkauf angeboten oder in öffentlichen Räumen oder anlässlich öffentlicher Versammlungen ausgestellt werden, oder durch öffentlich angebrachte Plakate oder Aushänge, oder durch ein anderes Instrument der öffentlichen Wiedergabe auf elektronischem Weg den bzw. die Täter unmittelbar dazu veranlasst haben, eine als Verbrechen oder Vergehen geltende Handlung zu begehen, werden Strafen für als an einer solchen Handlung beteiligte Personen verhängt, falls die Veranlassung zur tatsächlichen Begehung einer Handlung geführt hat.
(…)
III. ANMERKUNGEN/GRÜNDE
Der Umfang der Immunität, der den Mitgliedern des französischen Parlaments gewährt wird, entspricht dem Umfang der Immunität, der den Mitgliedern des Europäischen Parlaments gemäß Artikel 8 des Protokolls (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union gewährt wird.
Außerdem hat der Gerichtshof der Europäischen Union festgestellt, dass die Äußerung eines Mitglieds des Europäischen Parlaments nur dann unter die Immunität fallen kann, wenn sie in Ausübung seines Amtes erfolgt. Es muss also ein unmittelbarer und offenkundiger Zusammenhang zwischen der erfolgten Äußerung und der parlamentarischen Tätigkeit bestehen.
In diesem Fall stehen die Vorwürfe augenscheinlich nicht in Zusammenhang mit den Tätigkeiten von Mylène Troszczynski als Mitglied des Europäischen Parlaments, sondern betreffen vielmehr Tätigkeiten regionaler Art, da sich das montierte Bild und die Kommentare darauf bezogen, was angeblich entgegen dem französischen Recht in Rosny-Sous-Bois geschah, und es geht nicht um eine in Ausübung des Amtes von Mylène Troszczynski als Mitglied des Europäischen Parlaments erfolgte Äußerung oder Abstimmung im Sinne von Artikel 8 des Protokolls (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union.
Schließlich konnten keine Verdachtsmomente auf fumus persecutionis festgestellt werden, d. h. einen offensichtlichen Versuch, die parlamentarische Arbeit von Mylène Troszczynski zu verhindern, der hinter der gerichtlichen Voruntersuchung stehen könnte, die infolge einer Anzeige wegen öffentlicher Verleumdung einer Behörde, erstattet von der Familienausgleichskasse von Seine-Saint-Denis, eingeleitet wurde.
IV. SCHLUSSFOLGERUNGEN
Angesichts der vorstehenden Erwägungen sowie gemäß Artikel 9 der Geschäftsordnung empfiehlt der Rechtsausschuss dem Parlament nach Prüfung der dafür und dagegen sprechenden Gründe, die Immunität von Mylène Troszczynski aufzuheben.
ANGABEN ZUR ANNAHME IM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS
Datum der Annahme |
12.6.2017 |
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Ergebnis der Schlussabstimmung |
+: –: 0: |
13 2 2 |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder |
Joëlle Bergeron, Jean-Marie Cavada, Laura Ferrara, Lidia Joanna Geringer de Oedenberg, Mary Honeyball, Sajjad Karim, Sylvia-Yvonne Kaufmann, Gilles Lebreton, António Marinho e Pinto, Emil Radev, Julia Reda, Evelyn Regner, Pavel Svoboda, Axel Voss |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter |
Antanas Guoga, Heidi Hautala, Virginie Rozière, Kosma Złotowski |
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