BERICHT über die Verbesserung der Schuldentragfähigkeit von Entwicklungsländern

28.3.2018 - (2016/2241(INI))

Entwicklungsausschuss
Berichterstatter: Charles Goerens


Verfahren : 2016/2241(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A8-0129/2018
Eingereichte Texte :
A8-0129/2018
Angenommene Texte :

ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

über die Verbesserung der Schuldentragfähigkeit von Entwicklungsländern

(2016/2241(INI))

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf den Abschnitt zum Thema Schulden und Schuldentragfähigkeit in der Aktionsagenda von Addis Abeba (S. 33–35),

–  unter Hinweis auf die Berichte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen vom 22. Juli 2014, vom 2. August 2016 und vom 31. Juli 2017 über die Tragfähigkeit der Auslandsverschuldung und Entwicklung,

–  unter Hinweis auf die Grundsätze der Handels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen (UNCTAD) für eine verantwortungsvolle staatliche Kreditvergabe und -aufnahme,

–  unter Hinweis auf den Fahrplan der UNCTAD für tragfähige Mechanismen zur Umwandlung von Staatsschulden (Roadmap towards Sustainable Sovereign Debt Workouts – April 2015),

–  unter Hinweis auf die operativen Leitlinien der G20 für tragfähige Finanzierung (Operational Guidelines for Sustainable Financing),

–  unter Hinweis auf die Resolution 68/304 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 9. September 2014 mit dem Titel „Auf dem Weg zur Schaffung eines multilateralen Rechtsrahmens für Verfahren zur Umstrukturierung von Staatsschulden“,

–  unter Hinweis auf die Resolution 69/319 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 10. September 2015 zu den Grundsätzen für Verfahren zur Umstrukturierung von Staatsschulden,

–  unter Hinweis auf die Leitprinzipien für Auslandsschulden und Menschenrechte des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Mai 2015 zur Entwicklungsfinanzierung und insbesondere auf die Ziffern 10, 26, 40, 46 und 47[1],

–  unter Hinweis auf die Berichte der Forschungs- und Beratungseinrichtung „Global Financial Integrity“, die Schätzungen zu Ausmaß und Zusammensetzung der illegalen Kapitalströme enthalten,

–  unter Hinweis auf das belgische Gesetz vom 12. Juli 2015 zur Bekämpfung der Tätigkeit von Geierfonds (Moniteur belge vom 11. September 2015),

–  gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Entwicklungsausschusses (A8-0129/2018),

A.  in der Erwägung, dass die Lösung der Staatsschuldenkrise der Entwicklungsländer ein wichtiges Element der internationalen Zusammenarbeit darstellt und zur Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung in den Entwicklungsländern beitragen kann;

B.  in der Erwägung, dass für die Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung in den Entwicklungsländern umfangreiche Investitionen getätigt werden müssen und dass sich die derzeitige Finanzierungslücke schätzungsweise auf jährlich etwa 2,5 Billionen USD beläuft[2];

C.  in der Erwägung, dass Kredite eine der möglichen Quellen der Entwicklungsfinanzierung sind; in der Erwägung, dass Kredite einen verantwortungsvollen Umgang und Planbarkeit erfordern; in der Erwägung, dass die Kreditkosten vollständig durch die Rendite gedeckt werden müssen und die mit der Verschuldung verbundenen Risiken genau bewertet und entsprechende Vorkehrungen getroffen werden müssen;

D.  in der Erwägung, dass die Schuldenkrise der Entwicklungsländer in den 1980er und 1990er Jahren sowie eine umfangreiche Kampagne für den Schuldenerlass dazu geführt haben, dass der IWF und die Weltbank die Initiative für hochverschuldete arme Länder (HIPC) und die Multilaterale Entschuldungsinitiative (MDRI) auf den Weg gebracht haben, damit die betroffenen Länder der Verwirklichung der Millenniumsentwicklungsziele näher kommen können;

E.  in der Erwägung, dass die Initiativen HIPC und MDRI nicht ausreichen, um die Schuldenkrise zu beenden;

F.  in der Erwägung, dass sich durch diese Initiativen und den Boom der Rohstoffpreise die finanzielle Situation zahlreicher Entwicklungsländer verbessert hat und die seit der Finanzkrise 2008 außergewöhnlich niedrigen Zinsen ebenfalls zu einer besseren Schuldentragfähigkeit beigetragen haben; in der Erwägung, dass die Rohstoffpreise jedoch seit 2008 sinken; in der Erwägung, dass in verarmten Ländern eine neue Schuldenkrise ausgebrochen ist und Mosambik, Tschad, Kongo und Gambia zahlungsunfähig sind;

G.  in der Erwägung, dass durch sinkende Rohstoffpreise und schwankende Kapitalströme ausgelöste Schuldenkrisen eine anhaltende Bedrohung für die Schuldentragfähigkeit darstellen, insbesondere der Entwicklungsländer, die nach wie vor von Rohstoffausfuhren abhängig sind;

H.  in der Erwägung, dass die Zahl der Entwicklungsländer gestiegen ist, deren Verschuldung nach Einschätzung des IWF und der Weltbank nicht tragfähig ist bzw. die ein hohes oder mittleres Risiko aufweisen, und dass mittlerweile die meisten Länder mit geringem Einkommen einer dieser Kategorien zuzuordnen sind;

I.  in der Erwägung, dass nach Angaben des IWF der mittlere Schuldenstand in den Ländern in Afrika südlich der Sahara stark gestiegen ist, und zwar von 34 % des BIP im Jahr 2013 auf 48 % im Jahr 2017;

J.  in der Erwägung, dass mehrere Länder, darunter Äthiopien, Ghana und Sambia, eine Verschuldung von mindestens 50 % des BIP aufweisen, was angesichts des niedrigen Steueraufkommens in den meisten afrikanischen Ländern einer erheblichen Schuldenlast entspricht;

K.  in der Erwägung, dass der Schuldendienst im Verhältnis zu den Staatsausgaben seit 2013 erheblich gestiegen ist und dadurch die Möglichkeiten für öffentliche Investitionen enorm eingeschränkt werden;

L.  in der Erwägung, dass sich das weltweite Umfeld für die öffentlichen Schulden in den vergangenen Jahrzehnten mit dem Auftreten privater Investoren sowie Chinas, die nunmehr als zentrale Akteure agieren, grundlegend verändert hat;

M.  in der Erwägung, dass sich die Zusammensetzung der Staatsverschuldung der Entwicklungsländer insofern geändert hat, als private Gläubiger und Handelsbedingungen immer wichtiger werden und die Risiken durch die Volatilität der Finanzmärkte zunehmen, was Auswirkungen auf die Schuldentragfähigkeit hat; in der Erwägung, dass bei Krediten in der Nationalwährung zwar das Wechselkursrisiko entfällt, sich diese Option aber als nachteilig oder unmöglich erweisen kann, wenn es an nationalem Kapital fehlt;

N.  in der Erwägung, dass die Schuldentragfähigkeit von Einbrüchen beim internationalen Tauschverhältnis (Termes of Trade), Naturkatastrophen oder von Menschenhand verursachte Katastrophen, ungünstige Entwicklungen und die Volatilität der internationalen Finanzmärkte sowie durch eine unverantwortliche Kreditvergabe und -aufnahme, Missmanagement bei den öffentlichen Finanzen, Veruntreuung von Geldern und Korruption bedroht wird; in der Erwägung, dass sich mit einer besseren Mobilisierung inländischer Ressourcen zahlreiche Möglichkeiten ergeben, die Schuldentragfähigkeit zu verbessern;

O.  in der Erwägung, dass der Ausbau der steuerbehördlichen Kapazitäten und der verstärkte Wissenstransfer an die Partnerländer unterstützt werden müssen;

P.  in der Erwägung, dass die Grundsätze der UNCTAD für eine verantwortungsvolle staatliche Kreditvergabe und -aufnahme und die operativen Leitlinien der G20 für tragfähige Finanzierung zwar als nützlicher Beitrag für die Festlegung eines Regelungsrahmens anzusehen sind, vor allem aber gegen unverantwortliche Praktiken vorgegangen werden muss, indem transparente Regeln eingeführt, verbindliche und durchsetzbare Abschreckungsmaßnahmen ergriffen und in begründeten Fällen Sanktionen verhängt werden;

Q.  in der Erwägung, dass die Schuldentragfähigkeit der Länder nicht nur von ihrem Schuldenstand, sondern auch von anderen Faktoren abhängt, etwa den von ihnen bereitgestellten expliziten und impliziten Finanzsicherheiten (Eventualverbindlichkeiten); in der Erwägung, dass öffentlich-private Partnerschaften häufig mit entsprechenden Garantien einhergehen und daher möglicherweise die große Gefahr besteht, dass Bankenrettungen notwendig sein werden;

R.  in der Erwägung, dass sich die Analyse der Schuldentragfähigkeit nicht allein auf wirtschaftliche Erwägungen wie die Aussichten für das Wirtschaftswachstum des Schuldnerlands und seine Schuldendienstfähigkeit konzentrieren darf, sondern auch die Auswirkungen der Schuldenlast auf die Fähigkeit des Landes zur Wahrung sämtlicher Menschenrechte berücksichtigt werden müssen;

S.  in der Erwägung, dass der zunehmende Einsatz von öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) in Entwicklungsländern im Rahmen der Investitionsoffensive der EU für Drittländer und der „Compact with Africa“-Initiative der G20 zur weiteren Verschuldung der Staaten beitragen könnte; in der Erwägung, dass ÖPP-Investoren durch bilaterale Investitionsverträge und insbesondere die darin vorgesehenen Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investoren und Staaten geschützt sind, die es ihnen ermöglichen, gerichtlich gegen die Aufnahmestaaten zu vorzugehen;

T.  in der Erwägung, dass sogenannte Diktatorenschulden, die von Regimen für Korruptions- oder sonstige illegale Geschäfte aufgenommen werden – was den Gläubigern bekannt ist –, eine erhebliche Belastung für die Bevölkerungen und insbesondere die am meisten gefährdeten Bevölkerungsteile darstellen;

U.  in der Erwägung, dass bei der Kreditvergabe an die Regierungen von Entwicklungsländern Transparenz herrschen muss, damit sichergestellt werden kann, dass der Rechenschaftspflicht bei der Kreditvergabe Folge geleistet wird; in der Erwägung, dass die verantwortungslose Vergabe von Krediten an Mosambik durch mangelnde Transparenz wesentlich begünstigt wurde, wodurch Kredite ohne eingehende Prüfung der Rückzahlungsfähigkeit des Landes vergeben und anschließend vor den Finanzmärkten und der mosambikanischen Bevölkerung verschleiert wurden;

V.  in der Erwägung, dass sogenannte Diktatorenschulden definiert werden als Schulden, die ein Regime aufnimmt, um Machenschaften zu finanzieren, die den Interessen der Bürger zuwiderlaufen – was den Gläubigern bekannt ist –, und dass es sich dabei um persönliche Schulden der Machthaber handelt, die sie bei Gläubigern aufgenommen haben, denen ihre Absichten sehr wohl bekannt sind; in der Erwägung, dass über diesen Begriff jedoch aufgrund der hartnäckigen Weigerung einiger Gläubiger keine Einigkeit herrscht;

W.  in der Erwägung, dass die Mobilisierung inländischen Kapitals durch Steuerhinterziehung und schädlichen Steuerwettbewerb sowie insbesondere durch die Verlagerung von Gewinnen transnationaler Unternehmen behindert wird; in der Erwägung, dass die Initiative der OECD zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS) eine begrüßenswerte, aber unzureichende Reaktion auf dieses Phänomen ist; in der Erwägung, dass unter dem Dach der Vereinten Nationen ein zwischenstaatliches Gremium für die Zusammenarbeit in Steuerangelegenheiten geschaffen werden muss, um es Entwicklungsländern zu ermöglichen, gleichberechtigt an der weltweiten Reform der bestehenden internationalen Steuervorschriften teilzunehmen, wie dies in der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Juli 2016 zu Steuervorbescheiden und anderen Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung[3] gefordert wird;

X.  in der Erwägung, dass sich die illegalen Kapitalströme der Entwicklungs- und Schwellenländer schätzungsweise auf 1 Billion USD pro Jahr belaufen und in diesen Ländern kontinuierlich einen Abfluss inländischer Ressourcen bewirken, die insbesondere für die Verwirklichung der Entwicklungsziele benötigt würden; in der Erwägung, dass diese Ströme zu einer Kreditaufnahme im Ausland führen und die Fähigkeit zur Rückzahlung der Schulden beeinträchtigen;

Y.  in der Erwägung, dass mit Blick auf die Umsetzung der Agenda 2030 und der Aktionsagenda von Addis Abeba neue Finanzierungsmöglichkeiten für die Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung in Erwägung gezogen werden müssen, etwa die Einführung einer Finanztransaktionssteuer und einer Devisentransaktionssteuer; in der Erwägung, dass sich den Schätzungen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) zufolge durch eine Devisentransaktionssteuer in Höhe von 0,1 Prozent die Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung in sämtlichen Ländern mit niedrigem Einkommen (LIC) und Ländern mit mittlerem Einkommen, untere Einkommenskategorie (LMIC), problemlos finanzieren ließe[4];

Z.  in der Erwägung, dass gegen illegale Finanzströme vorgegangen werden muss, um sie bis 2030 endgültig zu beseitigen, insbesondere durch die Bekämpfung der Steuerhinterziehung und den Ausbau der internationalen Zusammenarbeit durch Maßnahmen zur Erleichterung der Offenlegung von Steuerdaten gegenüber den zuständigen Behörden und zur Förderung der Steuertransparenz in Herkunfts- und Zielländern;

AA.  in der Erwägung, dass sich die bestehenden Regelungen für zahlungsunfähige Staaten grundlegend von den Insolvenzverfahren für Unternehmen, die dem jeweiligen nationalen Recht unterstehen, unterscheiden, da kein Anspruch auf ein unparteiisches Gerichtsverfahren geltend gemacht werden kann; in der Erwägung, dass der IWF, dessen Auftrag in der Sicherung der Stabilität des internationalen Finanzsystems besteht, kurzfristige Kredite ausreicht, die an Bedingungen geknüpft sind und in Tranchen ausgezahlt werden; in der Erwägung, dass der Pariser Club der Gläubigerstaaten nur über Schuldenerlasse entscheidet, die sich auf die offizielle bilaterale Kreditvergabe durch seine Mitglieder beziehen; in der Erwägung, dass der Londoner Club der privaten Gläubiger nur über Geschäftsbankdarlehen seiner Mitglieder entscheidet; in der Erwägung, dass es kein ständiges Forum für koordinierte Entscheidungen über Umschuldungen für überschuldete Länder durch alle Gläubiger gibt;

AB.  in der Erwägung, dass der IWF nach wie vor das wichtigste Forum für die Erörterung von Fragen im Zusammenhang mit der Umstrukturierung von Staatsschulden ist und erheblichen Einfluss auf die EU und ihre Mitgliedstaaten hat;

AC.  in der Erwägung, dass Geierfonds, die notleidenden Schuldner im Visier haben und eine Umstrukturierung von deren Schulden behindern, keine rechtliche und gerichtliche Unterstützung für ihre destruktiven Tätigkeiten erhalten dürfen und dass diesbezüglich zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen sind;

AD.  in der Erwägung, dass Schuldenerlasse Ländern mit geringem Einkommen zwar neue Möglichkeiten verschafft haben, es sich dabei jedoch um einmalige Maßnahmen zur Wiederherstellung der Schuldentragfähigkeit handelt, mit denen die Ursachen für die Anhäufung nicht tragfähiger Schulden nicht beseitigt werden, und dass Herausforderungen wie Korruption, schwache Institutionen und die Anfälligkeit für externe Schocks vorrangig in Angriff genommen werden müssen;

1.  hebt hervor, dass die Möglichkeit einer verantwortungsvollen und planbaren Kreditaufnahme eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, dass die Entwicklungsländer eine würdevolle Zukunft haben; weist darauf hin, dass andererseits ein tragfähiger Schuldenstand eine Voraussetzung für die Verwirklichung der Agenda 2030 ist; stellt jedoch fest, dass die Fremdfinanzierung lediglich eine ergänzende Option und die zweite Wahl gegenüber Instrumenten, die keine Schulden generieren – wie Steuer- und Zolleinnahmen oder die öffentliche Entwicklungshilfe –, darstellen sollte, da die Fremdfinanzierung das inhärente und erhebliche Risiko von Krisen birgt, das die Einrichtung geeigneter Institutionen zur Prävention und Bewältigung von Schuldenkrisen erfordert;

2.  weist darauf hin, dass die Entwicklungsländer durch den Zugang zu den internationalen Finanzmärkten die Möglichkeit erhalten, Mittel zur Verwirklichung der Entwicklungsziele zu beschaffen;

3.  stellt mit Besorgnis fest, dass die Kreditvergabe an arme Länder seit 2008 massiv zugenommen hat; befürchtet, dass ein neuer Kreislauf von Schuldenkrisen beginnt; betont, dass mehr Transparenz, eine bessere Regulierung der Kreditgeber sowie Steuergerechtigkeit notwendig sind und Maßnahmen ergriffen werden müssen, damit die Länder ihre Abhängigkeit von Rohstoffausfuhren verringern können;

4.  weist darauf hin, dass die Kreditaufnahme ein wichtiges Mittel zur Förderung von Investitionen ist, die für eine nachhaltige Entwicklung und die Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele von entscheidender Bedeutung sind;

5.  vertritt die Ansicht, dass die Kreditaufnahme untrennbar mit anderen Formen der Entwicklungsfinanzierung verbunden ist, wozu insbesondere Einnahmen aus dem Handel, Steuereinnahmen, Überweisungen von Migranten in die Entwicklungsländer sowie die öffentliche Entwicklungshilfe gehören; weist erneut darauf hin, dass insbesondere die Mobilisierung inländischen Kapitals durch Besteuerung die wichtigste Einnahmequelle für die Finanzierung einer nachhaltigen Entwicklung darstellt; fordert die EU daher nachdrücklich auf, ihre Unterstützung für den Kapazitätsaufbau in den Entwicklungsländern auszubauen, um illegale Finanzströme einzudämmen, ein effizientes, progressives und transparentes Steuersystem entsprechend den Grundsätzen der guten Regierungsführung zu fördern und ihre Unterstützung zur Bekämpfung von Korruption und zur Wiederbeschaffung gestohlener Vermögenswerte zu verstärken;

6.  zeigt sich besorgt über die erhebliche Zunahme der privaten als auch der öffentlichen Verschuldung in vielen Entwicklungsländern und deren negative Folgen auf die Finanzierungskapazitäten für Investitionen in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Wirtschaft, Infrastruktur und Klimaschutz;

7.  weist darauf hin, dass die in den überschuldeten Staaten durchgeführten Strukturanpassungsprogramme der 1990er Jahre die Entwicklung der sozialen Grundversorgung erheblich belastet und die Fähigkeit der Staaten zur Ausübung hoheitlicher Aufgaben, die zur Wahrung der Sicherheit unabdingbar sind, untergraben haben;

8.  hebt hervor, dass Schuldenerlassmaßnahmen die Grundversorgung und die Achtung sämtlicher Menschenrechte, insbesondere der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte, sowie die Entwicklung im Empfängerstaat nicht beeinträchtigen dürfen;

9.  vertritt die Auffassung, dass die Verantwortung für die übermäßige Zunahme der (Auslands-)verschuldung eines Staates zwar in erster Linie bei den politischen Entscheidungsträgern liegt, dass aber Schuldner und Gläubiger gemeinsam die Verantwortung für die Vermeidung und Bewältigung nicht tragbarer Schuldensituationen übernehmen müssen; betont, dass generell Schuldner und Gläubiger gemeinsam dafür verantwortlich sind, Schuldenkrisen durch eine verantwortungsvollere Kreditvergabe und -aufnahme zu verhindern und zu bewältigen;

10.  weist darauf hin, dass die Mischfinanzierung zu einer Schuldenblase, insbesondere in den Ländern in Afrika südlich der Sahara und im karibischen Raum, führen kann, in deren Folge diesen Ländern kaum Einnahmen bleiben, die sie für den Schuldendienst aufwenden können; fordert die Geber daher auf, den Großteil ihrer Unterstützung für die am wenigsten entwickelten Länder (LDC) in Form von Zuschüssen zu leisten; wiederholt, dass Entscheidungen darüber, ob Mischfinanzierungen in Form von ÖPP in Entwicklungsländern gefördert werden sollen, nur nach einer sorgfältigen Analyse dieser Konstrukte, insbesondere mit Blick auf Entwicklung und finanziellen Zusätzlichkeit, Transparenz und Rechenschaftspflicht – sowie der bisherigen Erfahrungen getroffen werden sollte; fordert, dass bei der Überarbeitung des Europäischen Fonds für nachhaltige Entwicklung (EFSD) klare Kriterien zur Schuldentragfähigkeit Berücksichtigung finden;

11.  betont, dass Schutzmechanismen festgelegt werden müssen, um zu verhindern, dass Eventualverbindlichkeiten von Regierungen die Schuldentragfähigkeit von Entwicklungsländern untergraben; fordert insbesondere die multilateralen Entwicklungsbanken nachdrücklich auf, ÖPP-Projekte einer Ex-ante-Folgenabschätzung zum Haushaltsrisiko zu unterziehen (wobei sämtliche während der Laufzeit von ÖPP-Projekten entstehenden Haushaltsrisiken zu berücksichtigen sind), damit die Schuldentragfähigkeit der Entwicklungsländer nicht beeinträchtigt wird; vertritt die Ansicht, dass der IWF und die Weltbank sämtliche Kosten von ÖPP in ihre Analyse der Schuldentragfähigkeit einfließen lassen sollten;

12.  ist der Auffassung, dass die derzeit geltenden Vorschriften bzw. Instrumente entweder unzulänglich oder – in unterschiedlichem Maße – nicht hinreichend verbindlich sind;

13.  fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, aktiv gegen Steuerparadiese, Steuerhinterziehung und illegale Finanzströme vorzugehen, die nur noch zur weiteren Verschuldung der Entwicklungsländer beitragen, und mit den Entwicklungsländern zusammenzuarbeiten, um aggressive Steuerhinterziehungspraktiken zu bekämpfen, sowie nach Mitteln und Wegen zur Unterstützung der Entwicklungsländer zu suchen, damit diese dem Druck widerstehen, in einen Steuerwettbewerb einzutreten, welcher der Mobilisierung nationaler Ressourcen zugunsten der Entwicklung schaden würde;

14.  ist der Auffassung, dass Gläubiger bei der behördlichen Feststellung einer Veruntreuung öffentlicher Geldern Warnmaßnahmen ergreifen und, falls diese nicht wirksam sind, Sanktionen verhängen sollten, die eine Aussetzung der Kredite oder sogar eine Rückzahlung vor Ablauf der bei deren Vergabe vereinbarten Frist umfassen;

15.  ruft die Kommission und die Mitgliedstaaten dazu auf, die Entwicklungsländer dabei zu unterstützen, die Daten zu ihrer Staatsverschuldung öffentlich verfügbar zu machen, und eine gesellschaftliche Aufklärung über diesen Bereich zu fördern, da der Zivilgesellschaft in Entwicklungsländern nur selten detaillierte Informationen über den Stand der öffentlichen Finanzen zur Verfügung stehen;

16.  fordert die Ausarbeitung von Rechtsvorschriften, mit denen die Vergabe von Krediten an offenkundig korrupte Regierungen verhindert und Gläubiger, die an diese wissentlich Kredite vergeben, sanktioniert werden;

17.  fordert die Kommission auf, in Abstimmung mit allen wichtigen internationalen Akteuren sowie den betroffenen Ländern eine echte Strategie zur Bekämpfung der übermäßigen Verschuldung der Entwicklungsländer in Form eines Weißbuchs auszuarbeiten, die eine multilaterale Herangehensweise unter Angabe der Rechte, Pflichten und Zuständigkeiten aller beteiligten Akteure umfasst und in der geprüft wird, welche institutionellen Strukturen am besten geeignet wären, um für einen gerechten und tragfähigen Ansatz in der Schuldenproblematik zu sorgen; fordert die Ausarbeitung eines Verhaltenskodex für den Bereich der Kreditverwaltung, der für institutionelle, politische und private Interessenträger gilt;

18.  stellt fest, dass die meisten Ziele für nachhaltige Entwicklung mit den Menschenrechten zusammenhängen und damit selbst ein Ziel der Armutsbekämpfung darstellen, während die Rückzahlung von Schulden nur ein Mittel zum Zweck ist;

19.  unterstützt die Leitprinzipien für Auslandsschulden und Menschenrechte des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte, denen zufolge das Recht auf die Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung über der Pflicht zur Schuldenrückzahlung stehen sollte; fordert die Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf, die systematische Bewertung der Folgen bezüglich der Menschenrechte im Rahmen der von Internationalem Währungsfonds und Weltbank durchgeführten Bewertungen zur Schuldentragfähigkeit zu fördern;

20.  fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, diesen Grundsätzen zu folgen, wenn sie bilateral Kredite vergeben und wenn sie in internationalen Finanzinstitutionen auftreten;

21.  stellt fest, dass Kreditgeber die Bewertungen des IWF und der Weltbank zur Schuldentragfähigkeit für gewöhnlich als Richtschnur für ihre Kreditvergabe verwenden; betont, dass eine Auseinandersetzung mit den Schwachstellen dieser Bewertungen erforderlich ist, was insbesondere für die Überwachung der privaten Auslandsschulden und die mangelnde Berücksichtigung der Menschenrechte gilt;

22.  fordert die Interessenträger im Bereich der Entwicklung auf, die Folgen des Schuldendienstes auf die Finanzierungskapazitäten hochverschuldeter Länder unter Berücksichtigung der Ziele für nachhaltige Entwicklung zu bewerten, zumal in diesem Bereich bis 2030 Ergebnisse zu verzeichnen sein und die Ziele Vorrang vor den Rechten derjenigen Gläubiger haben müssen, die wissentlich Kredite an korrupte Regierungen vergeben;

23.  unterstützt die Empfehlung der UNCTAD, einen Fonds zur Stabilisierung der Rohstoffpreise für Afrika aufzulegen, um der Gefahr vorzubeugen, dass aufgrund von sinkenden Rohstoffpreisen Kredite aufgenommen werden müssen;

24.  fordert die Mitgliedstaaten und andere Gläubigerländer auf, verstärkt Finanzierungsmittel für Investitionen zur Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung bereitzustellen und ihr langjähriges Versprechen, öffentliche Entwicklungshilfe in Höhe von 0,7 % ihres BIP zu leisten, zu halten; fordert sie auf, diese Finanzierung in Form von Zuschüssen anstatt von Krediten zu gewähren, wenn Bewertungsberichten zufolge die Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung durch schwindende Staatsfinanzen dauerhaft aufs Spiel gesetzt wird; fordert die Gläubigerländer darüber hinaus nachdrücklich auf, neue innovative und diversifizierte Finanzierungsquellen zur Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung zu schaffen, etwa Devisentransaktionssteuern oder Finanztransaktionssteuern, die insbesondere bei einer Finanzkrise zur Schuldentragfähigkeit eines Landes beitragen können;

25.  betrachtet die Überarbeitung der Meldekriterien für die öffentliche Entwicklungshilfe durch den OECD-Entwicklungsausschuss mit Sorge, insbesondere im Hinblick auf privatwirtschaftliche Instrumente, da erweiterte Meldekriterien Anreize für die Verwendung bestimmter Hilfsformen, vor allem Kredite und Bürgschaften, schaffen; weist darauf hin, dass die diesbezüglichen Diskussionen zwar noch laufen, es Gebern jedoch derzeit bereits gestattet ist, bestimmte Kredite und Bürgschaften als öffentliche Entwicklungshilfe zu melden, ohne dass hierfür ein allgemein anerkanntes Regelwerk gilt; betont, dass es notwendig ist, Schutzvorkehrungen bezüglich Transparenz und Verschuldung zu treffen;

26.  betont, dass die Transparenz gefördert werden sollte, damit die Rechenschaftspflicht der betreffenden Akteure gestärkt wird; hebt hervor, wie wichtig es ist, sowohl Daten als auch Verfahren zur Umwandlung von Staatsschulden auszutauschen;

27.  unterstützt die Grundsätze, die die Handels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen für eine verantwortungsvolle Politik im Bereich der Kreditvergabe festgelegt hat und in denen vor allem die gemeinsame Verantwortung von Gläubigern und Kreditnehmern herausgestellt wird (Grundsätze der UNCTAD für eine verantwortungsvolle staatliche Kreditvergabe und -aufnahme), fordert die Europäische Union zur Umsetzung dieser Grundsätze auf und hebt hervor, dass die parlamentarische Kontrolle der öffentlichen Finanzierung unerlässlich ist; vertritt die Ansicht, dass die Grundsätze der UNCTAD für eine verantwortungsvolle staatliche Kreditvergabe und -aufnahme in rechtsverbindlichen und durchsetzbaren Instrumente umgesetzt werden sollten;

28.  ist der Auffassung, dass Transparenz und Rechenschaftspflicht unerlässlich sind, um eine verantwortungsvolle staatliche Kreditvergabe und -aufnahme zu begünstigen; fordert die Mitgliedstaaten der Europäischen Union daher auf, auf den im Rahmen der Aktionsagenda von Addis Abeba sowie der operativen Leitlinien der G20 für tragfähige Finanzierung gemachten Zusagen aufzubauen und Kreditgeber verstärkt für ihre Kredite verantwortlich zu machen, und zwar auf der Grundlage der bestehenden Grundsätze für Transparenz und Rechenschaftspflicht, die in der mineralgewinnenden Industrie (IETA) gelten, und die öffentliche Verfügbarkeit von Daten zur Staatsverschuldung, darunter zu Eventualverbindlichkeiten, zu unterstützen, die in einem öffentlichen Zentralregister zusammengestellt werden sollten; fordert die Mitgliedstaaten auf, systematisch Informationen zu ihrer Vergabe von Krediten an Entwicklungsländer zu veröffentlichen;

29.  betont, dass international verbindliche Vorschriften festgelegt werden müssen, um gegen sogenannte Diktatorenschulden und illegitime Schulden vorzugehen; vertritt daher die Ansicht, dass Umschuldungen mit einer unabhängigen Schuldenprüfung einhergehen sollten, damit illegitime Kredite bzw. sogenannte Diktatorenkredite von anderen Krediten unterschieden werden können; hebt hervor, dass illegitime Kredite und sogenannte Diktatorenkredite gekündigt werden sollten;

30.  bedauert, dass sich die Mitgliedstaaten 2015 entsprechend dem gemeinsamen Standpunkt des Rates 11705/15 vom 7. September 2015 geweigert haben, die Resolution 69/319 der Generalversammlung der Vereinten Nationen über Grundsätze für Verfahren zur Umstrukturierung von Staatsschulden zu billigen, obwohl diese am 10. September 2015 in der Generalversammlung der Vereinten Nationen mit der Mehrheit der Stimmen angenommen wurde;

31.  betont, dass auf der Ebene des IWF und im Kontext der Vereinten Nationen ergriffenen Maßnahmen abgestimmt und die Standpunkte der Mitgliedstaaten unbedingt zu koordiniert werden sollten;

32.  betont, dass Schuldenkrisen gerecht, zügig und nachhaltig bewältigt werden müssen, wozu ein internationaler Mechanismus zur Schuldumwandlung einzurichten ist, der auf dem Fahrplan der UNCTAD zur Umwandlung von Staatsschulden und der Idee der sogenannten Stiglitz-Kommission zur Schaffung eines Internationalen Umschuldungsgerichts beruht;

33.  fordert die Mitgliedstaaten auf, im Sinne des in der Resolution 69/319 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 10. September 2015 vorgesehenen Auftrags zu handeln und

a)  einen Frühwarnmechanismus einzurichten, in dessen Rahmen eine allgemeine Verschlechterung der Schuldentragfähigkeit gemeldet wird, was dazu beitragen würde, Risiken und Schwachstellen hochverschuldeter Länder frühzeitig zu erkennen;

b)  in Abstimmung mit dem IWF einen multilateralen Rechtsrahmen für eine geordnete und planbare Umstrukturierung von Staatsschulden zu schaffen, um zu verhindern, dass die Schulden untragbar werden, und um die Planbarkeit für Investoren zu verbessern, und zu fordern, dass die Entwicklungsländer in den Beschlussorganen der internationalen Finanzinstitutionen ausgewogen vertreten sind;

c)  sicherzustellen, dass die EU die Entwicklungsländer dabei unterstützt, Korruption, kriminelle Aktivitäten, Steuerhinterziehung und Geldwäsche zu bekämpfen;

34.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, in internationalen Foren und mit der Privatwirtschaft zusammenzuarbeiten, um einen Regelungsrahmen – wie etwa den derzeit von einigen Finanzinstitutionen diskutierten Pakt für transparente Kreditvergabe (Transparent Lending Covenant) – auszuarbeiten, mit dem dafür gesorgt wird, dass mit Blick auf die Bedingungen und Eigentumsverhältnisse von Krediten an Entwicklungsländer uneingeschränkte Transparenz herrscht;

35.  bedauert, dass auf Staaten wie Tunesien Druck ausgeübt wird, damit sie keine öffentlichen Prüfungen der Herkunft und der Bedingungen ihrer Kredite durchführen; fordert die EU auf, mit anderen Gebern und internationalen Institutionen wie dem IWF zusammenzuarbeiten, um das Recht von Staaten auf die Durchführung öffentlicher Schuldenprüfungen zu schützen und zu fördern;

36.  fordert nachdrücklich, eine Vorschrift für den Fall einer drohenden Zahlungsunfähigkeit zu erlassen, der zufolge ein Gläubiger den kreditnehmenden Staat nicht länger gerichtlich belangen kann, wenn der betreffende Kredit nicht ordnungsgemäß von seinem nationalen Parlament genehmigt wurde;

37.  fordert die Mitgliedstaaten auf, eine auf die Initiative der Kommission zurückgehende Verordnung zu verabschieden, die sich an das belgische Gesetz zur Bekämpfung der Spekulation von Geierfonds auf Schulden anlehnt;

38.  fordert institutionelle und private Gläubiger auf, im Falle einer Naturkatastrophe oder einer akuten humanitären Krise, einschließlich des einmaligen Massenzustroms von Einwanderern, einem Schuldenmoratorium zuzustimmen, damit der kreditnehmende Staat sämtliche Mittel für eine Rückkehr zur Normalität aufwenden kann;

39.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

  • [1] ABl. C 353 vom 27.9.2016, S. 2.
  • [2]  Weltinvestitionsbericht 2014 – Investitionen in die Ziele für nachhaltige Entwicklung: ein Aktionsplan (World Investment Report 2014 – Investing in the SDGs: An Action Plan), UNCTAD 2014, S. 140–145.
  • [3]  Angenommene Texte, P8_TA(2016)0310.
  • [4]  Erneute Überprüfung der Schuldentragfähigkeit in Afrika (Revisiting Debt Sustainability in Africa), Hintergrunddokument zum Bericht über die wirtschaftliche Entwicklung in Afrika der UNCTAD von 2016: Schuldendynamik und Entwicklungsfinanzierung in Afrika (Debt Dynamics and Development Finance in Africa).

BEGRÜNDUNG

Schulden können vorteilhaft, aber auch verhängnisvoll sein. Sie sind dann von Vorteil, wenn das kreditfinanzierte Objekt nach der Rückzahlung noch genutzt werden kann. Schädlich sind Schulden hingegen, wenn mit den geliehenen Geldern Konsumausgaben finanziert werden oder wenn die Mittel von Korruption aufgezehrt werden. Schulden werden für Investitionen in dauerhafte Anlagen gemacht, Konsumausgaben werden mit Barmitteln bestritten – diese Verhaltensrichtlinie sollte sowohl für Privatpersonen als auch für Wirtschaftsakteure bzw. politische Entscheidungsträger gelten. Eine leichtfertige Verschuldung führt dazu, dass künftige Generationen die Last der Rückzahlung tragen. Eine bedenkenlose Kreditvergabe wiederum trägt dazu bei, dass die Sparer und auch die Kreditnehmer unverantwortliche Risiken eingehen.

Mit diesem Bericht soll kein weiterer Zustandsbericht zu der Verschuldung der Entwicklungsländer vorgelegt werden. Vielmehr sollen der EU einige grundlegende Regeln an die Hand gegeben werden, mit denen das Problem übermäßiger Schulden zwar nicht beseitigt werden kann, aber doch zumindest weitere Exzesse vermieden werden könnten. Zu diesem Zweck müssen die verschiedenen Hauptbestandteile in ihrem Zusammenspiel betrachtet werden. Sinnvoll wäre es, anschließend alle institutionellen, politischen und privaten Interessenträger zur Annahme eines Verhaltenskodex zu bewegen, damit dafür gesorgt werden kann, dass die Kreditaufnahme der Lösung eines Problems dient und nicht den Beginn einer fatalen Abwärtsspirale markiert, die in wirtschaftlichem Niedergang, sozialem Elend, Sicherheitsproblemen und sonstigen Regierungskrisen in den Entwicklungsländern endet.

Die Union steht dabei an vorderster Front und ist bestrebt, ihr auswärtiges Handeln in den Dienst der Förderung der Demokratie, der Achtung des Völkerrechts und der Menschenrechte zu stellen und dabei auf eine ausgewogene Partnerschaft zu setzen und das Ziel zu verfolgen, der Armut ein Ende zu setzen. Erst kürzlich hat sie im Rahmen ihrer Strategie für 2030 den Zielen für nachhaltige Entwicklung absolute Priorität eingeräumt.

Die Union ist weltweit der wichtigste Akteur im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit und hat Maßstäbe für alle anderen in diesem Bereich tätigen Länder gesetzt – aber auch sie kann ihre Arbeit noch verbessern. Dank ihrer herausragenden Rolle kann sie sich für ein multilaterales Vorgehen dort einsetzen, wo die Bündelung aller Anstrengungen einen echten Mehrwert generieren kann.

Daher müssen die Kommission und die Mitgliedstaaten der EU gemeinsam eine neue Ausrichtung für die öffentliche Entwicklungshilfe vorgeben, bei der insbesondere die Vergabe von Krediten an Entwicklungsländer besser geregelt werden sollte. Die Kreditvergabe an unter Korruption leidende Staaten, in denen die Bereitstellung von Mitteln in erster Linie dazu dient, die Kleptokraten an der Spitze des Staates zu bereichern, ist nicht nur für die Gläubiger ein Armutszeugnis, sondern auch für die Kreditnehmer. Eine Regierung, die ohne Zustimmung ihres Parlaments Kredite aufnimmt, weicht der öffentlichen Debatte aus und ignoriert die tatsächlichen Erwartungen ihrer Bevölkerung. Wer dessen ungeachtet an einen solchen Staat Kredite vergibt und sich somit möglicherweise an der Veruntreuung öffentlicher Gelder mitschuldig macht, sollte künftig nicht mehr darauf zählen können, dass seine Forderungen auch im Fall einer drohenden Zahlungsunfähigkeit des kreditnehmenden Staates gesichert sind. Die Vorschriften in unseren Mitgliedstaaten müssen in diesem Sinne angepasst werden.

Zugleich sollte die Umstrukturierung von Schulden selbst für die Union nicht länger ein Tabu sein. Mit der Annahme der Resolution A/RES/70/1 haben die Vereinten Nationen den Zielen für nachhaltige Entwicklung absoluten Vorrang eingeräumt. Lässt man zu, dass Länder leichtfertig Kredite aufnehmen oder ebenso bedenkenlos vergeben, kann es äußerst schwierig werden, dieser Verpflichtung gerecht zu werden. Im Rahmen der multilateralen Zusammenarbeit können ebenfalls wichtige Aspekte ermittelt werden, die dazu beitragen, Lösungen für prekäre Verhältnisse, extreme Armut und Unsicherheit zu finden, die auf eine erdrückende Staatsverschuldung zurückzuführen sind. Die UNCTAD nimmt in diesen Fragen eine Vorreiterrolle ein, und der vorliegende Bericht greift die Lösungsansätze auf, die sie in ihrem Bericht über die Grundsätze für eine verantwortungsvolle staatliche Kreditvergabe und -aufnahme formuliert hat. Das Elend, in dem sich stark verschuldete Entwicklungsländer derzeit befinden, ist kein unabwendbares Schicksal.

Die Union und die Mitgliedstaaten sind in der Lage, die Verantwortlichkeiten aller an der Kreditvergabe an Staaten beteiligten Parteien neu zu bestimmen. Der vorliegende Bericht enthält in diesem Sinne folgende Empfehlungen: Es ist von der Vergabe von Krediten abzusehen, die keinerlei Wirkung auf die Entwicklung haben. Die Parlamente der Schuldnerländer sollten über die Kreditaufnahme entscheiden. Finanzierungsformen ist Vorrang einzuräumen, die keine Last für künftige Generationen bedeuten. Eine Einigung auf ein Verfahren im Falle der Zahlungsunfähigkeit von Staaten ist erforderlich. Ferner muss das Recht auf Entwicklung der Bürger in den Entwicklungsländern Vorrang vor der Schuldenbeitreibung haben.

Für die Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung bis 2030 bleiben nur noch zwölf Jahre – zwölf Jahre, um den Erwartungen gerecht zu werden, die durch den neuen Europäischen Konsens über die Entwicklungspolitik geweckt wurden. Kurz gesagt, sollte sich die Union also von einer Politik abwenden, die Gläubiger und Emittenten von Staatsanleihen aus der Verantwortung entlässt und die Opfer der Schuldenkrisen die Zeche zahlen lässt.

ANGABEN ZUR ANNAHME IM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS

Datum der Annahme

20.3.2018

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

17

9

0

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Beatriz Becerra Basterrechea, Ignazio Corrao, Mireille D’Ornano, Nirj Deva, Charles Goerens, Enrique Guerrero Salom, Maria Heubuch, György Hölvényi, Teresa Jiménez-Becerril Barrio, Stelios Kouloglou, Linda McAvan, Norbert Neuser, Vincent Peillon, Cristian Dan Preda, Lola Sánchez Caldentey, Elly Schlein, Eleni Theocharous, Paavo Väyrynen, Bogdan Brunon Wenta

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter

Agustín Díaz de Mera García Consuegra, Frank Engel, Cécile Kashetu Kyenge, Maria Noichl, Adam Szejnfeld, Rainer Wieland

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 200 Abs. 2)

Jill Evans

NAMENTLICHE SCHLUSSABSTIMMUNG IM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS

17

+

ALDE

Beatriz Becerra Basterrechea, Charles Goerens, Paavo Väyrynen

ECR

Nirj Deva

EFDD

Ignazio Corrao, Mireille D'Ornano

GUE/NGL

Stelios Kouloglou, Lola Sánchez Caldentey

S&D

Enrique Guerrero Salom, Cécile Kashetu Kyenge, Linda McAvan, Norbert Neuser, Maria Noichl, Vincent Peillon, Elly Schlein

VERTS/ALE

Jill Evans, Maria Heubuch

9

-

ECR

Eleni Theocharous

PPE

Agustín Díaz de Mera García Consuegra, Frank Engel, György Hölvényi, Teresa Jiménez-Becerril Barrio, Cristian Dan Preda, Adam Szejnfeld, Bogdan Brunon Wenta, Rainer Wieland

0

0

 

 

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Letzte Aktualisierung: 13. April 2018
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