BERICHT über die Kontrolle der Anwendung des Rechts der Europäischen Union in den Jahren 2017, 2018 und 2019

17.12.2020 - (2019/2132(INI))

Rechtsausschuss
Berichterstatterin: Sabrina Pignedoli


Verfahren : 2019/2132(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A9-0270/2020
Eingereichte Texte :
A9-0270/2020
Aussprachen :
Abstimmungen :
Angenommene Texte :

ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zu der Kontrolle der Anwendung des Rechts der Europäischen Union in den Jahren 2017, 2018 und 2019

(2019/2132(INI))

Das Europäische Parlament,

 gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union (EUV), insbesondere auf die Artikel 2 und 3,

 unter Hinweis auf die Jahresberichte der Kommission über die Kontrolle der Anwendung des Rechts der Europäischen Union in den Jahren 2017, 2018 und 2019 (COM(2018)0540, COM(2019)0319 und COM(2020)0350),

 unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen mit dem Titel „Die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit in der Union: Ein Konzept für das weitere Vorgehen“ (COM(2019)0343),

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. Juni 2018 zu der Kontrolle der Anwendung des Rechts der Europäischen Union im Jahr 2016[1],

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. Juni 2016 zu einer offenen, effizienten und unabhängigen Verwaltung der Europäischen Union[2],

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Januar 2013 mit Empfehlungen an die Kommission zu einem Verwaltungsverfahrensrecht der Europäischen Union[3],

 unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 21. Dezember 2016 mit dem Titel „EU-Recht: Bessere Ergebnisse durch bessere Anwendung“ (C(2016)8600),

 unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 2. April 2012 mit dem Titel „Aktualisierung der Mitteilung über die Beziehungen zu Beschwerdeführern in Fällen der Anwendung von Unionsrecht“ (COM(2012)0154),

 unter Hinweis auf die Interinstitutionelle Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat der Europäischen Union und der Kommission vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung,

 unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen mit dem Titel „Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2020: Die Lage der Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union“ (COM(2020)0580);

 unter Hinweis auf den Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat gemäß Artikel 10 des Rahmenbeschlusses 2008/841/JI des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität (COM(2016)0448),

 unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat und den Rat mit dem Titel „Neunter Bericht über die Fortschritte auf dem Weg zu einer wirksamen und nachhaltigen Sicherheitsunion“ (COM(2017)0407),

 unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission (vierte Geldwäscherichtlinie), geändert durch die Richtlinie (EU) 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung sowie zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU (fünfte Geldwäscherichtlinie),

 unter Hinweis auf die Analyse Nr. 07/2018 des Europäischen Rechnungshofs mit dem Titel „Anwendung des Unionsrechts in der Praxis: Die Aufsichtsverantwortung der Europäischen Kommission gemäß Artikel 17 Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union (Landscape-Analyse)“,

 unter Hinweis auf die Analyse Nr. 02/2020 des Europäischen Rechnungshofs mit dem Titel „Gesetzgebung in der Europäischen Union nach fast 20 Jahren ‚besserer Rechtsetzung‘“;

 gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

 unter Hinweis auf die Stellungnahmen des Ausschusses für konstitutionelle Fragen und des Petitionsausschusses,

 unter Hinweis auf den Bericht des Rechtsausschusses (A9‑0270/2020),

A. in der Erwägung, dass es gemäß Artikel 4 Absatz 3 EUV sowie gemäß Artikel 288 Absatz 3 AEUV und Artikel 291 Absatz 1 AEUV in erster Linie den Mitgliedstaaten obliegt, das Unionsrecht ordnungsgemäß und in der dafür vorgesehenen Frist umzusetzen, anzuwenden und durchzuführen und geeignete Rechtsbehelfe zur Verfügung zu stellen, um in den in den Kompetenzbereich der EU fallenden Bereichen einen wirksamen Rechtsschutz sicherzustellen; in der Erwägung, dass die EU-Rechtsvorschriften nur insoweit wirksam sind, als sie einerseits rechtzeitig und auf vollständige und akkurate Weise in nationales Recht umgesetzt und andererseits darin ordnungsgemäß angewandt werden, was notwendig ist, damit alle europäischen Bürger die Vorteile der politischen Maßnahmen der EU und die Unternehmen im gesamten Binnenmarkt gleiche Bedingungen erhalten; in der Erwägung, dass in den EU-Rechtsvorschriften die Grundsätze der loyalen Zusammenarbeit, der begrenzten Einzelermächtigung, der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit geachtet werden sollten;

B. in der Erwägung, dass die Bedeutung des aktiven Beitrags der nationalen Parlamente für das ordnungsgemäße Funktionieren der EU und die Sicherstellung der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips gemäß dem in Protokoll 2 zum AEUV über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit festgelegten Verfahren anerkannt werden muss; in der Erwägung, dass wir im Rechtsetzungsverfahren auch weiterhin eine engere Zusammenarbeit mit den nationalen Parlamenten fördern sollten; in der Erwägung, dass im Jahr 2019 insgesamt 159 Berichte und keine mit Gründen versehenen Stellungnahmen übermittelt wurden, wobei in den vergangenen neun Jahren insgesamt 4 918 Berichte und 439 mit Gründen versehene Stellungnahmen übermittelt wurden; in der Erwägung, dass das Verfahren der „gelben Karte“ bislang lediglich dreimal ausgelöst wurde, während das Verfahren der „orangefarbenen Karte“ noch nie zum Einsatz kam;

C. in der Erwägung, dass der Dialog zwischen den Organen der EU und den nationalen Behörden seit 2014 maßgeblich dazu beigetragen hat, 90 % der Vertragsverletzungsverfahren ohne Beteiligung des Gerichtshofs abzuschließen; in der Erwägung, dass Vertragsverletzungsverfahren als letztes Mittel angewendet werden sollten; in der Erwägung, dass die EU-Rechtsvorschriften in einer Weise formuliert werden sollten, die die Umsetzung in nationales Recht erleichtert;

D. in der Erwägung, dass „EU-Pilotverfahren“ eingeführt wurden, um potenzielle Verstöße gegen das Unionsrecht in geeigneten Fällen durch einen strukturierten Problemlösungsdialog zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten rasch und in einem frühen Stadium zu beheben; in der Erwägung, dass der Rückgriff auf derartige Verfahren seit 2017 zurückgeht, da festgestellt wurde, dass sie eine zusätzliche bürokratische Ebene in dem gesamten Verfahren darstellen, ohne jedoch einen echten Mehrwert zu liefern; in der Erwägung, dass die Kommission noch nicht auf die wiederholten Forderungen des Parlaments reagiert hat, über eingeleitete EU-Pilot- und Vertragsverletzungsverfahren auf dem Laufenden gehalten zu werden, insbesondere wenn diese auf Petitionen zurückgehen;

E. in der Erwägung, dass die Kommission 2016 beschlossen hat, bei ihrer Arbeit an Fällen von Vertragsverletzungen und Beschwerden den schwerwiegendsten Verstößen gegen die EU-Rechtsvorschriften, die die Interessen von Bürgern und Unternehmen erheblich beeinträchtigen, Vorrang einzuräumen, und dass die Kommission diesen neuen, gezielteren Ansatz im Jahr 2017 zum ersten Mal angewandt hat;

F. in der Erwägung, dass mit Vertragsverletzungsverfahren und anderen Maßnahmen, mit denen die Umsetzung und Einhaltung der Rechtsvorschriften gefördert werden, dafür gesorgt wird, dass EU-Bürger und ‑Unternehmen nicht durch die verspätete oder unvollständige Umsetzung oder nicht ordnungsgemäße Anwendung des Unionsrechts durch die Mitgliedstaaten beeinträchtigt werden; in der Erwägung, dass Vertragsverletzungsverfahren insofern ungerecht sind, als letztendlich die Bürger für die Kosten, die durch die unvollständige Umsetzung oder nicht ordnungsgemäße Anwendung des Unionsrechts durch die Mitgliedstaaten entstehen, aufkommen; in der Erwägung, dass eine wirksamere interinstitutionelle Zusammenarbeit sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene wünschenswert ist und dass neue Mechanismen eingeführt oder die bestehenden Mechanismen überarbeitet werden sollten, um die ordnungsgemäße Anwendung der EU-Rechtsvorschriften zu gewährleisten;

G. in der Erwägung, dass die Achtung der Rechtsstaatlichkeit ein Eckpfeiler der Demokratie und die Grundlage der Grundrechte ist; in der Erwägung, dass die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit eine Voraussetzung für die Achtung aller aus den Verträgen und dem Sekundärrecht abgeleiteten Rechte und Pflichten ist; in der Erwägung, dass die EU bei der Klärung von Fragen der Rechtsstaatlichkeit, wo immer sie auftreten, eine Rolle zu spielen hat; in der Erwägung, dass nationale Gerichte in den Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die im Unionsrecht vorgesehenen Rechte und Pflichten wirksam durchgesetzt werden; in der Erwägung, dass unabhängige und wirksame Justizsysteme in den Mitgliedstaaten die Grundlage für gegenseitiges Vertrauen sind, das das Fundament für den gemeinsamen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, ein investitionsfreundliches Umfeld, die Nachhaltigkeit eines langfristigen Wachstums und den Schutz der finanziellen Interessen der EU bildet;

H. in der Erwägung, dass der Schutz der Grundrechte und der bürgerlichen Freiheiten, unabhängige und unparteiische Gerichte, die freie Meinungsäußerung, Medienpluralismus und die Unabhängigkeit der Medien vor politischem Einfluss oder Druck, die Achtung der Rechtmäßigkeit durch subnationale Einrichtungen sowie die Bekämpfung der Korruption und der Unterwanderung der legalen Wirtschaft durch die organisierte Kriminalität grundlegende Voraussetzungen für die Gleichbehandlung vor dem Gesetz, den Schutz der Bürgerrechte, die Verhinderung von Missbrauch und die Gewährleistung der Rechenschaftspflicht von Personen, die öffentliche Ämter innehaben, sind; in der Erwägung, dass Freiheit, Pluralismus und Unabhängigkeit der Medien wesentliche Bestandteile des Rechts auf freie Meinungsäußerung sind, und in der Erwägung, dass unabhängigen und freien Medien gemäß der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und dem EUV in demokratischen Gesellschaften eine entscheidende Rolle zukommt; in der Erwägung, dass Desinformationskampagnen, die darauf abzielen, die Öffentlichkeit über die Aktivitäten der EU in die Irre zu führen, auch auf die Maßnahmen abzielen, die ergriffen werden, um die ordnungsgemäße Anwendung des Unionsrechts in den Mitgliedstaaten sicherzustellen;

I. in der Erwägung, dass gemäß Artikel 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union jede Form der Diskriminierung, einschließlich der Diskriminierung aufgrund einer Behinderung, verboten ist; in der Erwägung, dass zahlreiche Rechtsakte, die auf die konkrete Umsetzung dieses Grundprinzips abzielen, in mehreren Mitgliedstaaten immer noch nicht ordnungsgemäß umgesetzt werden;

G. in der Erwägung, dass Europol festgestellt hat, dass zwischen 0,7 % und 1,28 % des jährlichen Bruttoinlandsprodukts der EU für verdächtige Finanztätigkeiten wie Geldwäsche verwendet werden, und in der Erwägung, dass die Kommission wegen mangelhafter Umsetzung der Geldwäscherichtlinien, insbesondere der vierten und fünften Geldwäscherichtlinie, Vertragsverletzungsverfahren gegen die meisten Mitgliedstaaten eingeleitet hat;

K. in der Erwägung, dass einige Mitgliedstaaten Programme eingeführt haben, durch die Unionsbürgerschaften direkt oder indirekt verkauft werden, und in der Erwägung, dass ernsthafte Bedenken dahingehend geäußert wurden, dass derartige Programme missbraucht werden könnten, was zu Sicherheitsproblemen und mangelnder Transparenz führen könnte, wodurch wiederum das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Werte und Grundsätze der EU untergraben wird und Terrorismus, organisierte Kriminalität und Geldwäsche begünstigt werden;

L. in der Erwägung, dass dem Bericht der Kommission zufolge der Rahmenbeschluss 2008/841/JI des Rates zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität[4] in Bezug auf die Leitung einer kriminellen Vereinigung oder die Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung auf der Grundlage einer einheitlichen Definition einer derartigen Vereinigung nicht für das erforderliche Mindestmaß an Angleichung sorgt; in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten gemäß dem Rahmenbeschluss nicht verpflichtet sind, das Konzept einer kriminellen Vereinigung in ihre nationalen Rechtsvorschriften aufzunehmen, sondern weiterhin auf das bestehende nationale Strafrecht zurückgreifen und dabei die allgemeinen Vorschriften in Bezug auf die Beteiligung an bestimmten Straftaten und die Vorbereitung derartiger Straftaten anwenden können, und in der Erwägung, dass sich infolgedessen weitere Unterschiede bei der Umsetzung des Rahmenbeschlusses in der Praxis ergeben könnten;

M. in der Erwägung, dass die Flüchtlingskrise gezeigt hat, dass das Gemeinsame Europäische Asylsystem dringend reformiert werden muss und die Belastungen besser zwischen den Mitgliedstaaten verteilt werden müssen; in der Erwägung, dass sich die obligatorischen Mechanismen für die Notfall-Umsiedlung von Asylbewerbern aus Italien und Griechenland als ineffektiv erwiesen haben, insbesondere, da sie schwerwiegende physische und psychische Folgen für Minderjährige und vor allem unbegleitete Minderjährige nach sich ziehen; in der Erwägung, dass die Kommission Vertragsverletzungsverfahren gegen die Tschechische Republik, Polen und Ungarn eingeleitet hat, da sich diese Länder geweigert haben, Umsiedlungsbeschlüssen nachzukommen;

N. in der Erwägung, dass die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen gemäß dem Schengener Grenzkodex nur unter außergewöhnlichen Umständen und als letztes Mittel zulässig ist; in der Erwägung, dass zahlreiche Mitgliedstaaten die Grenzkontrollen ungerechtfertigterweise beibehalten und damit gegen die Bestimmungen verstoßen haben; in der Erwägung, dass die Kommission es nicht für angebracht hielt, Vertragsverletzungsverfahren gegen diese Staaten einzuleiten;

O. in der Erwägung, dass Freiheit, Pluralismus und Unabhängigkeit der Medien wesentliche Bestandteile des Rechts auf freie Meinungsäußerung sind, und in der Erwägung, dass den Medien gemäß der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und dem EUV in demokratischen Gesellschaften eine entscheidende Rolle zukommt;

P. in der Erwägung, dass die Richtlinie 2014/59/EU zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen darauf abzielt, den durch die Auswirkungen von Wirtschaftskrisen verursachten Schaden für die öffentlichen Haushalte zu begrenzen, wobei die Auswirkungen von Bankausfällen auf Anteilseigner, Inhaber von Schuldverschreibungen und Kontoinhaber mit einem Guthaben von mehr als 100 000 EUR durch Bail-ins begrenzt werden; in der Erwägung, dass die Kontoinhaber und damit die Sparer aufgrund der Bestimmungen der Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und insbesondere aufgrund des darin vorgesehenen Bail-ins Gefahr laufen, für die Misswirtschaft, die den Bankenausfall verursacht hat, aufkommen zu müssen;

Q. in der Erwägung, dass die Kommission 2019 ihre Überwachung der Umsetzung der Eigenkapitalrichtlinie IV, der Richtlinie über Einlagensicherungssysteme, der Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und der Richtlinie über den Rang unbesicherter Schuldtitel in der Insolvenzrangfolge durch die Mitgliedstaaten fortgesetzt hat; in der Erwägung, dass 2019 Vertragsverletzungsverfahren gegen zwölf Mitgliedstaaten eingeleitet wurde, da sie nicht die zur vollständigen Umsetzung der Richtlinie über den Rang unbesicherter Schuldtitel in der Insolvenzrangfolge erforderlichen Maßnahmen ergriffen hatten;

1. begrüßt die Jahresberichte der Kommission über die Anwendung des Rechts der Europäischen Union in den Jahren 2017, 2018 und 2019, einschließlich der länderspezifischen Berichte; erkennt an, dass der Jahresbericht der Kommission, das Petitionsrecht und die Europäische Bürgerinitiative wertvolle Instrumente sind, um die Rechtsetzungsinstanzen der EU in die Lage zu versetzen, mögliche Probleme zu ermitteln; begrüßt die von der Kommission gegebene Zusage, den Beiträgen von Bürgern, Unternehmen und anderen Interessenträgern zur Aufdeckung von Verstößen gegen das EU-Recht große Bedeutung beizumessen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, die öffentliche Debatte über ihre Jahresberichte zu verstärken;

2. stellt fest, dass in zahlreichen Petitionen Bedenken der Bürger über mutmaßliche Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten vorgebracht werden, und begrüßt, dass sich die Bürger in die Ausübung ihrer Rechte einbringen; ist der Ansicht, dass die Überwachung von entscheidender Bedeutung ist, wenn es darum geht, Risiken für die Rechtsstaatlichkeit und die Rechte und Freiheiten der EU-Bürger zu ermitteln und auszuschließen, bevor eine formelle Reaktion erforderlich wird; begrüßt in diesem Zusammenhang den ersten Jahresbericht der Kommission zur Rechtsstaatlichkeit als neues präventives Instrument und Teil des neuen jährlichen europäischen Rechtsstaatlichkeitsmechanismus; bekräftigt seine Unterstützung für die Einrichtung eines EU-Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte, der durch eine interinstitutionelle Vereinbarung geregelt werden sollte;

3.  weist darauf hin, dass das Parlament jährlich zahlreiche Petitionen von beunruhigten Bürgern erhält, die ihre Unzufriedenheit mit dem Stand der Umsetzung des EU-Rechts in den Mitgliedstaaten zum Ausdruck bringen; ist insbesondere besorgt über die Praxis, zahlreiche Petenten an andere Stellen zu verweisen; bekräftigt seine Besorgnis darüber, dass diese Vorgehensweise bei den Bürgern den Eindruck erwecken kann, sie fänden bei den EU-Organen kein Gehör; hebt hervor, dass die Zivilgesellschaft und andere Akteure, insbesondere Hinweisgeber, bei der Kontrolle der Anwendung des EU-Rechts und der Berichterstattung darüber eine wichtige Funktion erfüllen;

4. ist besorgt darüber, dass die Kommission 2019 insgesamt 797 neue Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat, und damit mehr als 2018 (644) und 2017 (716); ist außerdem besorgt darüber, dass die Kommission im Jahr 2019 insgesamt 316 mit Gründen versehene Stellungnahmen übermittelt hat, gegenüber 157 im Jahr 2018 und 275 im Jahr 2017; stellt jedoch fest, dass 2019 noch 1 564 Vertragsverletzungsverfahren anhängig waren, was einen leichten Rückgang gegenüber den 1 571 Verfahren, die Ende 2018 anhängig waren, und einen leichten Anstieg gegenüber den 1 559 Verfahren, die 2017 anhängig waren, darstellt; begrüßt, dass die Zahl der noch nicht abgeschlossenen Verfahren in Bezug auf die Nichteinhaltung der Umsetzungsfrist im Jahr 2019 auf 599 zurückgegangen ist, was einem Rückgang um 21 % gegenüber der Zahl der Ende 2018 noch offenen Verfahren (758) entspricht;

5. hebt die entscheidende Rolle des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) als einziger Institution hervor, die für die Entscheidung über die Gültigkeit des Unionsrechts zuständig ist und damit dessen korrekte Auslegung und Anwendung durch die Organe der EU und die Mitgliedstaaten sicherstellt; weist darauf hin, dass das Vorabentscheidungsverfahren ein grundlegender Mechanismus des Unionsrechts ist, der bei der Klärung der Frage hilft, wie das Unionsrecht auszulegen und anzuwenden ist; legt den einzelstaatlichen Gerichten nahe, bei Zweifeln den EuGH anzurufen und dadurch Vertragsverletzungsverfahren vorzubeugen;

6. weist darauf hin, dass im Jahr 2019 Vertragsverletzungsverfahren in den folgenden wichtigsten Politikbereichen eingeleitet wurden (in der Reihenfolge der jeweiligen Anzahl der Rechtssachen): Umwelt, Binnenmarkt, Industrie, Wirtschaft und KMU, Mobilität und Verkehr; stellt mit Bedauern fest, dass das Umweltrecht im Jahr 2019 die meisten Probleme bei der Umsetzung und Durchsetzung hervorgerufen hat, während der Bereich Umwelt bei der Zahl der neuen Vertragsverletzungsverfahren im Jahr 2018 noch an dritter Stelle rangierte;

7. stellt fest, dass diesen Berichten zufolge die meisten Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit der Umsetzung in nationales Recht in jenen Jahren in den Bereichen Umwelt, Mobilität, Verkehr und Binnenmarkt eingeleitet wurden;

8. betont, dass eine mangelnde Durchsetzung nicht nur die Effizienz des Binnenmarkts untergräbt, sondern sich auch unmittelbar auf die Rechte des Einzelnen und somit auf die Glaubwürdigkeit und das Ansehen der Europäischen Union auswirkt; ist der Auffassung, dass die hohe Anzahl der Vertragsverletzungsverfahren zeigt, dass die fristgerechte, ordnungsgemäße und wirksame Anwendung der EU-Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten nach wie vor eine große Herausforderung und vorrangige Aufgabe darstellt; fordert die Kommission auf, mehr Informationen über die Kriterien bereitzustellen, die im Rahmen des ab 2017 geltenden neuen methodischen Ansatzes angewandt werden, der darauf abzielt, die schwerwiegendsten Fälle von Vertragsverletzungen und Beschwerden im Zusammenhang mit dem EU-Recht zu ermitteln; bedauert, dass die steigende Zahl von Verfahren dazu geführt hat, dass die Zeit, die die Untersuchung potenzieller Verstöße gegen das EU-Recht durchschnittlich in Anspruch nimmt, seit 2017 kontinuierlich gestiegen ist; fordert die Kommission auf, die durchschnittliche Dauer der Bearbeitung von Beschwerden und Vertragsverletzungsverfahren zu verkürzen; fordert die Kommission auf, gegebenenfalls die Zeit, die erforderlich ist, um einen Mitgliedstaat gemäß Artikel 258 AEUV und Artikel 260 AEUV vor den Gerichtshof zu bringen, drastisch zu verkürzen;

9. nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, dass die durchschnittliche Umsetzungszeit in der EU gestiegen ist, wobei die Umsetzung von Richtlinien in nationales Recht im Jahr 2019 drei Monate länger dauerte als im Jahr 2018; fordert eine angemessene Zeitplanung der Gesetzgebungsverfahren, damit ausreichend Zeit für die Umsetzung bleibt; betont, dass die EU-Rechtsvorschriften klar und verständlich formuliert werden müssen, wobei die Grundsätze der Rechtsklarheit, der Transparenz und der Rechtssicherheit zu achten sind; fordert eine angemessene Ex-ante- und Ex-post-Folgenabschätzung des EU-Rechts; weist erneut darauf hin, dass diejenigen Rechtsvorschriften, die zu den schwerwiegendsten Vertragsverletzungsverfahren führen, das Ergebnis der Umsetzung von Richtlinien sind; weist erneut darauf hin, dass Verordnungen in allen Mitgliedstaaten unmittelbare Geltung haben und zwingend anzuwenden sind; fordert daher die Kommission auf, soweit wie möglich auf Verordnungen zurückzugreifen, wenn sie in Betracht zieht, Legislativvorschläge vorzulegen;

10. unterstreicht ferner die Kontrollfunktion des Parlaments, wenn es darum geht, die Kommission mithilfe von Petitionen und Anfragen auf Mängel bei der Durchführung des EU-Rechts in den Mitgliedstaaten aufmerksam zu machen; bestärkt die Kommission darin, ihre Aufsicht über die Art und Weise, wie das EU-Recht in den Mitgliedstaaten angewandt wird, entsprechend der „Landscape-Analyse“ des Europäischen Rechnungshofs weiter zu verbessern; betont, dass ein frühzeitiger enger und strukturierter Dialog zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten von entscheidender Bedeutung für die wirksame und ordnungsgemäße Anwendung des EU-Rechts ist und außerdem maßgeblich dazu beiträgt, die Probleme im Zusammenhang mit der Überregulierung im Rahmen der Umsetzung und Anwendung des EU-Rechts anzugehen; weist erneut darauf hin, dass eine gemeinsame Datenbank und eine gemeinsame Website für alle Schritte des Gesetzgebungsverfahrens eingerichtet werden müssen, um die Diskussionen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens transparenter zu gestalten; fordert die Kommission auf, die Einhaltung in den verschiedenen Politikbereichen konsequenter zu fördern und, soweit möglich und angemessen, Präventivinstrumente zu stärken, etwa indem Umsetzungspläne, Fahrpläne, erläuternde Dokumente und spezielle Websites erstellt und bewährte Verfahren ausgetauscht werden, die die Mitgliedstaaten dabei unterstützen sollen, Probleme bei der Umsetzung zu erkennen und sie in einer frühen Phase des jeweiligen Vertragsverletzungsverfahrens zu beheben, und die ihnen dabei helfen, gemeinsame Lösungen zu finden und so dafür zu sorgen, dass die Effektivität der EU-Rechtsvorschriften verbessert wird;

11. würdigt die von der Kommission geleistete Arbeit und erkennt an, dass sie das Subsidiaritätsprinzip achtet; unterstreicht die entscheidende Rolle der nationalen Parlamente und gegebenenfalls der Regionalparlamente bei der prälegislativen Prüfung von Entwürfen von EU-Rechtsvorschriften; stellt fest, dass die bestehenden Formen der Zusammenarbeit mit den nationalen Parlamenten verbessert werden könnten; bedauert die derzeitige Struktur des Verfahrens für den Mechanismus der Subsidiaritätskontrolle, durch die die für EU-Angelegenheiten zuständigen Ausschüsse der nationalen Parlamente gezwungen werden, übermäßig viel Zeit für technische und rechtliche Bewertungen aufzuwenden und gleichzeitig enge Fristen einzuhalten; schlägt vor, dass diese Mechanismen überarbeitet werden, um sie funktionsfähiger und wirksamer zu machen und die Entwicklung eines stärker politisch ausgerichteten Ansatzes für die Subsidiaritätskontrolle in der gesamten EU zu ermöglichen; schlägt vor, den Europäischen Ausschuss der Regionen, der die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften vertritt, stärker in die Subsidiaritätskontrolle einzubeziehen;

12. ist äußerst besorgt darüber, dass zahlreiche Mitgliedstaaten die Geldwäscherichtlinien (vierte und fünfte Geldwäscherichtlinie) noch nicht umgesetzt haben; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, diese Richtlinien zügig und ordnungsgemäß umzusetzen; begrüßt, dass die Kommission die Mitteilung mit dem Titel „Wege zu einer besseren Umsetzung des Rechtsrahmens der EU für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung“ angenommen hat, die zusammen mit einer Reihe von Berichten die europäischen und nationalen Behörden dabei unterstützen kann, besser gegen Geldwäsche, einschließlich des Risikos der Terrorismusfinanzierung, vorzugehen;

13. ist besorgt über die Auswirkungen bestimmter Investitions- und Staatsbürgerschaftsprogramme, die einige EU-Mitgliedstaaten kürzlich angenommen haben; fordert die Kommission auf, Rechtsvorschriften einzuführen, mit denen derartige Praktiken verboten werden;

14. bedauert die Inkohärenz und Unzulänglichkeit der europäischen Rechtsvorschriften zur Bekämpfung der grenzübergreifenden organisierten Kriminalität, etwa des Drogenhandels oder des Menschenschmuggels; fordert die Kommission auf, die ordnungsgemäße Umsetzung des Rahmenbeschlusses zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität weiterhin zu überwachen und dabei die ihr durch die Verträge übertragenen Durchsetzungsbefugnisse zu nutzen; fordert die Kommission auf, einen Legislativvorschlag für eine Richtlinie auf der Grundlage von Artikel 83 Absatz 1 AEUV zur Überarbeitung des Rahmenbeschlusses 2008/841/JI des Rates zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität vorzulegen, einschließlich einer Aktualisierung der Definitionen von Straftatbeständen, um den grenzübergreifenden Charakter krimineller Vereinigungen ausdrücklich hervorzuheben, was in den Berichten der zuständigen europäischen Agenturen, insbesondere Europol und Eurojust, wiederholt betont wurde, wobei dies auch höhere Strafen und die Aufnahme des Straftatbestands einer kriminellen Vereinigung umfasst, die nach dem Vorbild der Mafia durch Einschüchterungstaktiken, die Vereinigung mit der bewussten Absicht, Straftaten zu begehen, und die Fähigkeit zur Einflussnahme auf öffentliche Einrichtungen gekennzeichnet ist; ist der Ansicht, dass in diesem Zusammenhang auch allgemeine europäische Rechtsvorschriften über den Schutz derjenigen, die sich für eine Zusammenarbeit mit der Justiz entscheiden, wünschenswert wären;

15. betont, dass Rechtsvorschriften vonnöten sind, die es den Strafverfolgungsbehörden ermöglichen, wirksam gegen illegal erworbene Vermögenswerte vorzugehen, indem verhindert wird, dass Kriminelle aus ihren Straftaten Profit schlagen und diese Erträge dann wieder in die legale Wirtschaft investieren oder zur Finanzierung weiterer krimineller Aktivitäten verwenden; stellt fest, dass die europäischen Rechtsvorschriften trotz des bevorstehenden Inkrafttretens der Verordnung (EU) 2018/1805 unzulänglich sind; begrüßt daher die Zusage der Kommission, den gesamten Rechtsrahmen für die Sicherstellung und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten in der EU zu überprüfen und den etwaigen Bedarf an weiteren gemeinsamen Regeln zu analysieren, insbesondere im Hinblick auf die Aspekte der Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten auch ohne rechtskräftige Verurteilung sowie die Verwaltung derartiger Vermögenswerte;

16. begrüßt die Bemühungen der Kommission, die vollständige Umsetzung der Richtlinien über Verfahrensrechte im europäischen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts weiter zu überwachen; betont jedoch seine Besorgnis über die anhaltenden Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Richtlinie 2012/29/EU über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten; betont seine Besorgnis in Bezug auf die Vertragsverletzungsverfahren, die gegen verschiedene Mitgliedstaaten wegen mangelnder Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/800 über Verfahrensgarantien in Strafverfahren für Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren sind, eingeleitet wurden;

17. betont, dass die Steuergesetzgebung der EU verbessert werden muss, um die Steuersysteme transparenter, rechenschaftspflichtiger und wirksamer zu machen sowie unlauteren Wettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten und die Verbreitung sogenannter Steueroasen einzuschränken; ist der Ansicht, dass eine gerechte Besteuerung und die entschlossene Bekämpfung von Steuerbetrug, Steuerhinterziehung, aggressiver Steuerplanung und Geldwäsche in der Politik der EU eine zentrale Rolle spielen müssen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ein wettbewerbsfähiges, faires und robustes Besteuerungssystem zu entwickeln, das für das digitale Zeitalter und neue Geschäftsmodelle gerüstet ist;

18. bedauert, dass die Kommission nicht beschlossen hat, Vertragsverletzungsverfahren gegen die Mitgliedstaaten einzuleiten, die gegen die Schengen-Bestimmungen verstoßen haben;

19. kritisiert die Mitgliedstaaten dafür, dass sie sich nicht solidarisch gezeigt und sich nicht an der Umsiedlung von Asylsuchenden beteiligt haben;

20. fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die europäischen Rechtsvorschriften zur Bekämpfung von schwerer Kriminalität und Terrorismus umzusetzen; weist insbesondere darauf hin, dass die Kommission in mehreren Mitgliedstaaten Mängel bei der Umsetzung der Richtlinie ((EU) 2017/541) zur Terrorismusbekämpfung festgestellt hat; stellt fest, dass die meisten Mitgliedstaaten, gegen die die Kommission im Jahr 2019 Vertragsverletzungsverfahren aufgrund der mangelnden Umsetzung der Richtlinie ((EU) 2016/681) über Fluggastdatensätze eingeleitet hat, die Kommission inzwischen darüber in Kenntnis gesetzt haben, dass die für eine erfolgreiche Umsetzung erforderlichen Maßnahmen verabschiedet wurden;

21. fordert die Organe der EU auf, bei all ihren Entscheidungen, Maßnahmen und Strategien für die vollständige Einhaltung der Charta der Grundrechte zu sorgen, damit Medienpluralismus und Medienfreiheit durchgehend gewahrt werden; ist besorgt über die Medienlandschaft in der EU; verurteilt alle Praktiken, die darauf abzielen, Journalisten einzuschüchtern oder zu bedrohen; bekräftigt in diesem Zusammenhang seine Forderung an die Kommission, einen umfassenden Vorschlag für einen Rechtsakt vorzulegen, der darauf abzielt, in der gesamten EU Mindeststandards gegen strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung (sogenannte SLAPP-Klagen) festzulegen; fordert die Kommission auf, Maßnahmen einzuführen, mit denen verhindert wird, dass das Justizsystem missbraucht wird, um Journalisten einzuschüchtern oder ihnen zu schaden;

22. verurteilt die wachsende Zahl von Desinformationskampagnen, die darauf abzielen, die Öffentlichkeit über die Aktivitäten der EU in die Irre zu führen, und die auch auf die Maßnahmen abzielen, die ergriffen werden, um die ordnungsgemäße Anwendung des EU-Rechts in den Mitgliedstaaten sicherzustellen; fordert die Kommission auf, diesem Phänomen entgegenzuwirken, da es darauf abzielt, den demokratischen Prozess und das Vertrauen der Bürger in die demokratischen Institutionen der EU zu untergraben; fordert die Kommission auf, ein klares, umfassendes und breit gefächertes Maßnahmenpaket umzusetzen, um die Verbreitung und die Auswirkungen von Desinformation im Internet in Europa zu bekämpfen und den Schutz der europäischen Werte und demokratischen Systeme sicherzustellen;

23. ist besorgt über die gravierenden Lücken bei der Anwendung der EU-Energie- und Umweltvorschriften, insbesondere in Bezug auf die Abfallbewirtschaftung und ‑entsorgung, die Energieeffizienz, den Verlust an biologischer Vielfalt, die übermäßige Ausbeutung von natürlichen Ressourcen und Schutzgebieten, die unzureichende Behandlung von kommunalem Abwasser und die Luftverschmutzung, was auch schwerwiegende Folgen für die Gesundheit der Menschen hat; stellt mit Besorgnis fest, dass 19 Vertragsverletzungsverfahren wegen nicht ordnungsgemäßer Umsetzung der Bestimmungen der Umwelthaftungsrichtlinie anhängig sind, die für die ordnungsgemäße Anwendung des Verursacherprinzips und die Haftung für Umweltschäden im Allgemeinen von wesentlicher Bedeutung ist;

24. weist insbesondere darauf hin, dass die Mehrheit der Mitgliedstaaten fortwährend und systematisch gegen europäische Normen über Grenzwerte für Luftschadstoffe verstößt; betont, dass die Verschlechterung der Ökosysteme und der Verlust an biologischer Vielfalt in der gesamten EU ein schwerwiegendes Problem darstellen; fordert die Kommission, ein neues Gesetz über die Wiederherstellung von Ökosystemen vorzuschlagen, das auf den bereits in der Habitat-Richtlinie und anderen EU-Rechtsvorschriften verankerten bestehenden Verpflichtungen aufbaut und über diese hinausgeht; fordert die Kommission auf, wirksam sicherzustellen, dass sämtliche EU-Umweltrichtlinien in allen Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der in ihrer Mitteilung mit dem Titel „EU-Recht: Bessere Ergebnisse durch bessere Anwendung“ festgelegten Prioritäten umgehend, uneingeschränkt und ordnungsgemäß umgesetzt werden;

25. hebt hervor, dass es für die Bürger und Unternehmen schwierig ist, die ihnen nach dem Unionsrecht zustehenden Rechte leicht und umfassend zu verstehen, da es an einem in der gesamten Europäischen Union geltenden kohärenten und umfassenden Katalog kodifizierter Regeln für eine gute Verwaltung fehlt; hebt daher hervor, dass die Kodifizierung der Regeln für eine gute Verwaltung in Form einer Verordnung, in der die einzelnen Aspekte der Verwaltungsverfahren – darunter Meldungen, verbindliche Fristen, das Recht, gehört zu werden, und das Recht einer jeden Person auf Akteneinsicht – dargelegt sind, bedeuten würden, dass die Rechte der Bürger und die Transparenz gestärkt werden; ist der Ansicht, dass eine derartige Verordnung die Wirksamkeit, Effizienz und Kapazität der öffentlichen Verwaltungen und Dienste steigern und in dieser Hinsicht dem Investitions- und Reformbedarf in der gesamten Europäischen Union Rechnung tragen würde;

26. bekräftigt seine Forderung, dass nach Maßgabe von Artikel 298 AEUV eine Verordnung für eine offene, effiziente und unabhängige Verwaltung der EU angenommen wird, und stellt fest, dass die Kommission keinen Vorschlag vorgelegt hat, um dieser Forderung des Parlaments zu entsprechen; fordert die Kommission daher erneut auf, einen Legislativvorschlag für ein europäisches Verwaltungsverfahrensrecht vorzulegen und dabei die bislang vom Parlament in diesem Bereich unternommenen Schritte zu berücksichtigen;

27. stellt fest, dass die Umsetzung, Durchführung und Überwachung der EU-Rechtsvorschriften über den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts besonders mangelhaft ist, obwohl die Kommission und der Rat im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens nachdrücklich auf die große Dringlichkeit dieser Vorschläge pochen; fordert die Kommission und die nationalen Behörden auf, die Anwendung des EU-Rechts in diesem Bereich proaktiv und umfassend zu überwachen und durchzusetzen;

28. ist sich bewusst, dass Bürger und Unternehmer über Fragen, die sich aus der täglichen Anwendung des EU-Rechts ergeben, informiert werden müssen, um die ordnungsgemäße Anwendung des EU-Rechts und das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts sicherzustellen; fordert eine stärkere Zusammenarbeit in diesem Bereich, auch durch den Dienst SOLVIT;

29. bedauert den anhaltenden Mangel an Homogenität zwischen den Mitgliedstaaten bei der wirksamen Umsetzung der Rechtsvorschriften zum Aufbau einer sozialen und integrativen Europäischen Union und zum Vorgehen gegen sämtliche Formen der Diskriminierung gefährdeter Gruppen; ist besorgt über die schwerwiegenden Mängel und Verzögerungen bei der Anwendung des Unionsrechts im Rahmen der Europäischen Säule sozialer Rechte, insbesondere im Hinblick auf die Anwendung der Rechtsvorschriften über den Schutz von Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz, der Arbeitszeitrichtlinie und der Rechtsvorschriften über die Gleichbehandlung und gleiche Entlohnung von Frauen und Männern; hebt hervor, dass der EuGH das Konzept des gleichen Entgelts für gleiche Arbeit breit auslegt, und fordert die Kommission auf, mehr gegen Diskriminierung und das geschlechtsspezifische Lohngefälle auf europäischer Ebene zu unternehmen;

30. fordert die Kommission auf, sicherzustellen, dass die COVID-19-Pandemie von den Mitgliedstaaten nicht als Vorwand für eine nicht ordnungsgemäße Anwendung des Unionsrechts benutzt wird und dass sämtliche Verzögerungen bei der Umsetzung von Richtlinien in nationale Rechtsordnungen hinreichend begründet werden;

31. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Ausschuss der Regionen, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


 

 

 

STELLUNGNAHME DES AUSSCHUSSES FÜR KONSTITUTIONELLE FRAGEN (28.10.2020)

für den Rechtsausschuss

zur Kontrolle der Anwendung des Rechts der Europäischen Union in den Jahren 2017, 2018 und 2019

(2019/2132(INI))

Verfasser der Stellungnahme: Pedro Silva Pereira

 

 

VORSCHLÄGE

Der Ausschuss für konstitutionelle Fragen ersucht den federführenden Rechtsausschuss, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:

1. begrüßt die Jahresberichte der Kommission über die Kontrolle der Anwendung des EU-Rechts; ist der Ansicht, dass diese Berichte entscheidende Instrumente sind, um die demokratische Kontrolle der ordnungsgemäßen Umsetzung und Anwendung des EU-Rechts sicherzustellen; hält eine solche Kontrolle als Mittel für unerlässlich, Risiken für die Rechtsstaatlichkeit zu ermitteln, bevor sie einen Punkt erreichen, an dem eine förmliche Reaktion erforderlich ist;

2. fordert die Kommission nachdrücklich auf, die öffentliche Debatte über ihren Jahresbericht über die Kontrolle der Anwendung des Rechts der Europäischen Union zu verstärken; betont, dass diese öffentliche Debatte für eine möglichst breite Beteiligung der Bürger geöffnet werden muss, und stellt fest, dass die Zivilgesellschaft auch im Rahmen der Konferenz zur Zukunft Europas einbezogen werden könnte;

3. ersucht die Kommission darum, die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung und Durchführung der EU-Rechtsvorschriften durch Initiativen zum Aufbau institutioneller und administrativer Kapazitäten weiter zu unterstützen;

4. betont die Bedeutung der Rechtsstaatlichkeit als einer Voraussetzung für die ordnungsgemäße Kontrolle der Anwendung des EU-Rechts; betont seine große Besorgnis über die generellen Mängel bei der Anwendung des Rechtsstaatsprinzips in einer Reihe von Mitgliedstaaten, die im Bericht der Kommission über die Rechtsstaatlichkeit von 2020 dargelegt werden; fordert den Rat dringend auf, mit dem Parlament auf eine Einigung über den Vorschlag der Kommission für eine Verordnung über den Schutz des Haushalts der Union im Falle von generellen Mängeln in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip in den Mitgliedstaaten hinzuarbeiten (COM(2018)0324);

5. betont, dass die Gewährleistung der Einhaltung des EU-Rechts von wesentlicher Bedeutung für die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen ist; betont die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Verbesserung der Mechanismen, mit denen sichergestellt werden soll, dass die Rechtsetzung in voller Übereinstimmung mit den Verträgen erfolgt, insbesondere mit den Grundsätzen der begrenzten Einzelermächtigung, der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit gemäß Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union (EUV), dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit gemäß Artikel 13 EUV und dem Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz gemäß Artikel 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (die „Charta“); unterstreicht ferner die Tatsache, dass die Wirksamkeit der Rechtsakte der EU – die davon abhängt, dass sie korrekt und zeitnah umgesetzt werden – den Eckpfeiler der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäßen Anwendung des Rechts bildet;

6. betont, dass die Normen der Europäischen Union klar und verständlich formuliert werden müssen, wobei die Grundsätze der Rechtsklarheit, der Transparenz und der Rechtssicherheit zu achten sind; betont, dass im Unionsrecht klar festgelegt werden muss, welche Rechte und Pflichten es für seine Adressaten, insbesondere für die EU-Organe und die Mitgliedstaaten, mit sich bringt; schlägt vor, nicht rechtsverbindliche Leitfäden als mögliches Mittel zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung zu prüfen; bedauert die Unstimmigkeiten bei der Anwendung und Auslegung des EU-Rechts, die auf fehlerhafte Übersetzungen von Rechtstexten zurückzuführen sind; fordert die Kommission daher auf, sich verstärkt darum zu bemühen, dass angenommene EU-Rechtsvorschriften korrekt übersetzt werden; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, bei der Umsetzung von EU-Recht den Dialog und den Austausch bewährter Verfahren fortzusetzen und zu intensivieren, um den Mangel an Klarheit und Transparenz bei der Rechtsetzung zu beheben;

7. erinnert daran, dass die Anwendung des EU-Rechts die uneingeschränkte Achtung der gemeinsamen Werte, einschließlich der Grundrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit gemäß Artikel 2 EUV, einschließt; betont seine Besorgnis angesichts der sich verschlechternden Lage in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit in einigen Mitgliedstaaten, wie im Bericht der Kommission über die Rechtsstaatlichkeit 2020 beschrieben; bekräftigt seine Unterstützung für die Einrichtung eines EU-Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte, der durch eine interinstitutionelle Vereinbarung zwischen den drei Organen geregelt werden, aus einem jährlichen Überwachungszyklus für die Werte der Union bestehen und alle Aspekte von Artikel 2 EUV abdecken sollte; ist der Ansicht, dass die in den Verträgen vorgesehenen verfügbaren Instrumente verbessert werden sollten, und schlägt vor, dass diese Frage auf der Konferenz zur Zukunft Europas behandelt wird;

8. unterstreicht die entscheidende Rolle der nationalen Parlamente und gegebenenfalls der regionalen Parlamente bei der prälegislativen Kontrolle von Entwürfen von EU-Rechtsvorschriften, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass es diese Rolle den Mitgliedstaaten ermöglicht, die Qualität und Schnelligkeit ihrer Umsetzung zu verbessern; stellt fest, dass die bestehenden Formen der Zusammenarbeit mit den nationalen Parlamenten, wie interparlamentarische Delegationen oder Verfahren, bei denen die nationalen Parlamente in den Informationsaustausch über die Schaffung und Anwendung des Unionsrechts einbezogen werden, verbessert werden könnten; schlägt vor, dass Möglichkeiten zur Verbesserung der Zusammenarbeit bei der Anwendung des Unionsrechts sowie bei der Rechtsetzung und der Umsetzung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Subsidiarität auf der Konferenz zur Zukunft Europas erörtert werden sollten; ist der Auffassung, dass Versuche, die verfassungsmäßige Integrität der Mitgliedstaaten zu untergraben, einen Verstoß gegen EU-Recht darstellen;

9. fordert Verbesserungen des EU-Gesetzgebungsprozesses, der sich auf Transparenz und Rechenschaftspflicht bei der Ausarbeitung von Rechtsvorschriften stützt, gegebenenfalls zusammen mit der Beteiligung der Zivilgesellschaft;

10. erinnert an den in den EU-Verträgen verankerten Grundsatz der Transparenz sowie das Recht der EU-Bürger auf Zugang zur Justiz und auf gute Verwaltung gemäß den Artikeln 41 und 47 der Charta; stellt fest, dass die Bürger diesen Rechten und Grundsätzen zufolge über einen angemessenen Zugang zu den Entwürfen der sie betreffenden Rechtsakte verfügen müssen; besteht darauf, dass die Mitgliedstaaten diesen Rechten und Grundsätzen auch dann höchste Bedeutung beimessen sollten, wenn sie Entwürfe von Rechtsakten zur Umsetzung von EU-Recht vorlegen;

11. erinnert an die Bemühungen der EU-Organe, eine gemeinsame Datenbank und eine gemeinsame Website für alle Teile des Gesetzgebungsverfahrens einzurichten, bedauert jedoch, dass diese Bemühungen noch nicht zum Ziel geführt haben; ist der Ansicht, dass die bestehenden und künftigen Datenbanken und Websites die geeigneten Beiträge aller beteiligten Parlamente ermöglichen sollten;

12. bekräftig seine in seiner Entschließung vom 17. Januar 2019 zur strategischen Untersuchung OI/2/2017 der Bürgerbeauftragten zur Transparenz der Diskussionen im Rahmen des Rechtsetzungsverfahrens in den vorbereitenden Gremien des Rates der EU geäußerte Ansicht; fordert den Rat nachdrücklich auf, eindeutige und öffentlich einsehbare Kriterien für die Kennzeichnung von Dokumenten mit dem Vermerk „LIMITE“ auszuarbeiten sowie den „LIMITE“-Status von Dokumenten frühzeitig vor dem endgültigen Erlass eines Rechtsakts und sogar vor den informellen Verhandlungen in Trilogen systematisch zu überprüfen;

13. betont, dass der ordnungsgemäßen Umsetzung und Durchführung des Unionsrechts auf der Grundlage von Artikel 197 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) eine überragende Bedeutung zukommt, da sie in der gemeinsamen Verantwortung der Mitgliedstaaten und der Organe und Einrichtungen der Union liegen; fordert eine angemessene Ex-ante- und Ex-post-Folgenabschätzung des EU-Rechts, auch in Bezug auf Nachhaltigkeit und soziale, ökologische und geschlechterspezifische Fragen im Einklang mit der Zusage des Europäischen Parlaments und des Rates gemäß der Interinstitutionellen Vereinbarung (IIV) über bessere Rechtsetzung;

14. betont, dass die Mitgliedstaaten in der Lage sein müssen, das Unionsrecht ordnungsgemäß in ihr eigenes Rechtssystem umzusetzen; fordert in diesem Zusammenhang eine angemessene Zeitplanung der Gesetzgebungsverfahren, damit ausreichend Zeit für die Umsetzung bleibt;

15. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, gemeinsam und konsequent gegen die Probleme im Zusammenhang mit der Überregulierung während der Umsetzung und Anwendung des EU-Rechts vorzugehen, da diese Praxis den Bürgern, Unternehmen und Verwaltungen unnötige Belastungen auferlegt, zu Fehleinschätzungen der Legislativtätigkeit der EU führt und einer ungerechtfertigten EU-Skepsis bei den Bürgern Vorschub leistet; erinnert in diesem Zusammenhang an die Bestimmungen der IIV über bessere Rechtsetzung, wonach nationale Maßnahmen, die nicht in engem Zusammenhang mit den betreffenden Rechtsvorschriften der Union stehen, von den Mitgliedstaaten klar angegeben und dokumentiert werden müssen, während Elemente, die in keiner Weise mit diesen Rechtsvorschriften der Union in Zusammenhang stehen, entweder durch den/die Umsetzungsakt (e) oder durch damit verbundene Dokumente identifizierbar gemacht werden sollten; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, regelmäßig Informationen über die Dokumentation von Maßnahmen zur (Vermeidung von) Überregulierung bereitzustellen;

16. stellt fest, dass es im Bereich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts insbesondere an der Umsetzung, Anwendung und Überwachung des EU-Rechts mangelt, was im Gegensatz zu dem großen Nachdruck steht, mit dem Gesetzgebungsvorschläge in diesem Bereich von der Kommission und dem Rat während des Gesetzgebungsprozesses der EU häufig vorangetrieben werden; fordert die Kommission und die nationalen Behörden auf, die Anwendung des EU-Rechts in diesem Bereich proaktiv und umfassend zu überwachen und durchzusetzen;

17. ist sich der Tatsache bewusst, dass Bürger und Unternehmer für die ordnungsgemäße Anwendung des EU-Rechts und das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts über Fragen informiert werden müssen, die sich aus der täglichen Anwendung des EU-Rechts ergeben; fordert eine stärkere Zusammenarbeit in diesem Bereich, auch durch den SOLVIT-Dienst;

18. betont, wie wichtig ein fruchtbarer Dialog zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten in der vorprozessualen Phase ist;

19. unterstreicht die wichtige Rolle, die auch die Sozialpartner, Gleichstellungsstellen und Organisationen der Zivilgesellschaft bei der Überwachung und Förderung wirksamer Rechtsbehelfe im Rahmen des EU-Rechts spielen; empfiehlt der Kommission, das Bewusstsein für die Rechte der Bürger und Unternehmen im Rahmen des EU-Rechts zu schärfen und die Beschwerdeführer weiter zu unterstützen, indem sie ihr Verständnis der vorgerichtlichen Verfahren verbessert; fordert die Kommission als Hüterin der Verträge nachdrücklich auf, in Fällen, in denen ein möglicher Verstoß gegen EU-Recht von Bürgern oder Organisationen der Zivilgesellschaft ordnungsgemäß zur Sprache gebracht wird, geeignete Untersuchungen einzuleiten;

20. unterstreicht die wichtige Rolle von Hinweisgebern bei der Überwachung der ordnungsgemäßen Anwendung des Unionsrechts; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Mindestschutzvorschriften der EU umzusetzen, die im März 2019 vereinbart und im Oktober 2019, zwei Jahre früher als geplant, förmlich angenommen wurden; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, den durch die Richtlinie belassenen Spielraum für einen möglichst breiten Anwendungsbereich zu nutzen und denjenigen eine finanzielle Entschädigung anzubieten, die wegen ihrer Meldung von Verstößen gegen das Unionsrecht Nachteile erleiden;

21. nimmt zur Kenntnis, dass die Zahl der neuen Vertragsverletzungsverfahren, die 2018 eingeleitet wurden, im Vergleich zu 2017 um 10 % zurückgegangen ist und dass die Zahl der neuen Vertragsverletzungsverfahren im Jahr 2019 gestiegen ist; stellt fest, dass nach der Aufschlüsselung der neuen Vertragsverletzungsverfahren, die Ende 2017, 2018 und 2019 eingeleitet wurden, die wichtigsten Politikbereiche, in denen die meisten Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit der Umsetzung eingeleitet wurden, Umwelt, Mobilität und Verkehr, Binnenmarkt, Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmärkte waren;

22. bedauert, dass die Zahl der Vertragsverletzungsverfahren in Bezug auf Rechtsvorschriften im Zusammenhang mit dem EU-Binnenmarkt seit Dezember 2017 um 20 % gestiegen ist, und fordert die Mitgliedstaaten auf, das EU-Recht schneller und sorgfältiger umzusetzen; begrüßt den stetigen Rückgang der neuen Fälle verspäteter Umsetzung in den Jahren 2017, 2018 und 2019; nimmt allerdings mit Besorgnis zur Kenntnis, dass der EU-Durchschnitt bei der Umsetzungszeit gestiegen ist, da die Umsetzung von Richtlinien in nationales Recht im Jahr 2019 drei Monate länger gedauert hat als im Jahr 2018; bedauert, dass trotz der jüngsten Fortschritte die zeitnahe und korrekte Anwendung des EU-Rechts in einer Reihe von Mitgliedstaaten weiterhin Anlass zur Sorge gibt;

23. fordert die Kommission auf, ihre Rolle als Hüterin der Verträge als zentral zu betrachten und mit Vertragsverletzungsverfahren zu reagieren, wo immer dies notwendig ist, um die ordnungsgemäße Anwendung des Unionsrechts zu verteidigen, damit die Rechtssicherheit für EU-Bürger und -Unternehmen gewährleistet ist;

24. nimmt die Tatsache zur Kenntnis, dass die Kommission das EU-Pilot-Verfahren nicht mehr als Standardplattform für den Dialog mit den Mitgliedstaaten über mutmaßliche Verstöße gegen das EU-Recht nutzt, da man sich bewusst wurde, dass das Verfahren eine zusätzliche bürokratische Ebene ohne einen echten Mehrwert geschaffen hat; erinnert daran, dass die Beilegungsquote für im Rahmen des EU-Pilotverfahrens aufgeworfene Fälle in den Jahren 2017 und 2019 bei 77 % und 2018 bei 73 % lag;

25. erinnert daran, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) als einzige Institution dazu berufen ist, über die Gültigkeit von Rechtsakten der EU-Organe zu entscheiden; erinnert ferner an die Rolle des EuGH bei der Gewährleistung der korrekten Auslegung und Anwendung des EU-Rechts im Zusammenhang mit der Umsetzung des Austrittsabkommens und den künftigen Beziehungen zum Vereinigten Königreich.

ANGABEN ZUR ANNAHME IM MITBERATENDEN AUSSCHUSS

Datum der Annahme

28.10.2020

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

22

5

1

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Gerolf Annemans, Gabriele Bischoff, Damian Boeselager, Fabio Massimo Castaldo, Leila Chaibi, Włodzimierz Cimoszewicz, Pascal Durand, Daniel Freund, Charles Goerens, Esteban González Pons, Sandro Gozi, Brice Hortefeux, Laura Huhtasaari, Giuliano Pisapia, Paulo Rangel, Antonio Maria Rinaldi, Domènec Ruiz Devesa, Jacek Saryusz-Wolski, Helmut Scholz, Pedro Silva Pereira, Antonio Tajani, László Trócsányi, Mihai Tudose, Guy Verhofstadt, Loránt Vincze, Rainer Wieland

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter

Angel Dzhambazki, Niklas Nienaß

 


NAMENTLICHE SCHLUSSABSTIMMUNG IM MITBERATENDEN AUSSCHUSS

22

+

GUE/NGL

Leila Chaibi, Helmut Scholz

NI

Fabio Massimo Castaldo

PPE

Esteban González Pons, Brice Hortefeux, Paulo Rangel, Antonio Tajani, Loránt Vincze, Rainer Wieland

RENEW

Pascal Durand, Charles Goerens, Sandro Gozi, Guy Verhofstadt

S&D

Gabriele Bischoff, Włodzimierz Cimoszewicz, Giuliano Pisapia, Domènec Ruiz Devesa, Pedro Silva Pereira, Mihai Tudose

VERTS/ALE

Damian Boeselager, Daniel Freund, Niklas Nienaß

 

5

-

ECR

Angel Dzhambazki, Jacek Saryusz Wolski

ID

Gerolf Annemans, Laura Huhtasaari, Antonio Maria Rinaldi

 

1

0

PPE

László Trócsányi

 

 


 

 

STELLUNGNAHME DES PETITIONSAUSSCHUSSES (25.9.2020)

für den Rechtsausschuss

zur Kontrolle der Anwendung des Rechts der Europäischen Union in den Jahren 2017, 2018 und 2019

(2019/2132(INI))

Verfasser der Stellungnahme: Domènec Ruiz Deves

 

 

VORSCHLÄGE

Der Petitionsausschuss ersucht den federführenden Rechtsausschuss, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:

1. hebt hervor, dass das in Artikel 44 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und Artikel 227 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verankerte Recht, eine Petition an das Europäische Parlament zu richten, eines der grundlegenden Rechte der EU-Bürger ist; hebt die große Bedeutung von Petitionen als Mittel zur Einbindung der Bürger und Einwohner in die Aktivitäten der Union hervor, da diese den Bürgern die einfachste Möglichkeit bieten, sich an die Organe der EU zu wenden, um ihre Bedenken über etwaige Verletzungen ihrer Rechte, die fehlerhafte Anwendung des EU-Rechts oder Verstöße gegen dieses und über mögliche Lücken im Besitzstand der Union zum Ausdruck zu bringen; erinnert daran, dass das Petitionsrecht den Grundstein der partizipativen Demokratie und der Unionsbürgerschaft bildet und dass es in dieser Eigenschaft – auch unter gebührender Achtung des Zwecks von Artikel 11 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) – dazu beiträgt, die Kluft zwischen den Bürgern und den politischen Institutionen zu überbrücken, indem es die aktive Beteiligung und das Engagement der Bürger in der politischen Debatte auf EU-Ebene fördert, und ist der Ansicht, dass die Konferenz über die Zukunft Europas zu einer stärkeren Bürgerbeteiligung führen sollte; fordert die Kommission auf, sich dazu zu verpflichten, von Petenten geforderte Maßnahmen aktiv voranzutreiben, um echte Veränderungen im Leben der Bürger herbeizuführen;

2. erinnert daran, dass die effektive, gleiche und einheitliche Anwendung des EU-Rechts eine Grundvoraussetzung für die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit ist, bei der es sich gemäß Artikel 2 EUV um einen der Werte handelt, auf die sich die Union und ihre Mitgliedstaaten gründen; stellt fest, dass in zahlreichen Petitionen Bedenken der Bürger über mögliche Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten vorgebracht werden, und begrüßt, dass sich die Bürger in die Ausübung ihrer Rechte einbringen; hebt hervor, dass – wie aus den eingegangenen Petitionen und dem Eurobarometer Spezial 489 hervorgeht – die Nichteinhaltung der Rechtsstaatlichkeit durch beispielsweise subnationale Stellen das Leben der Bürger unmittelbar beeinträchtigt; fordert die Kommission auf, unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips die in ihrer Mitteilung von 2019 mit dem Titel „Die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit in der Union – Ein Konzept für das weitere Vorgehen“ (COM(2019)0343) gegebenen Zusagen einzuhalten, um eine Kultur der Achtung der Rechtsstaatlichkeit zu fördern, die Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden zu stärken und den derzeitigen Bedrohungen in der Union mit einer effektiven gemeinsamen Antwort zu begegnen; erinnert die Kommission daran, dass die zur Sicherstellung der wirksamen Durchsetzung des bestehenden EU-Rechts geleistete Arbeit gleichbedeutend mit den Arbeiten zur Entwicklung neuer Rechtsvorschriften ist; weist darauf hin, dass in Artikel 4 EUV festgelegt ist, dass die Union die Gleichheit der Mitgliedstaaten vor den Verträgen und deren grundlegende politische und verfassungsmäßige Strukturen achtet, und dass sie ferner die grundlegenden staatlichen Funktionen der Mitgliedstaaten achtet, insbesondere die Wahrung der territorialen Unversehrtheit, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der nationalen Sicherheit;

3. betont, dass eine mangelnde Umsetzung nicht nur die Effizienz des Binnenmarkts untergräbt, sondern sich auch unmittelbar auf die Rechte des Einzelnen und somit negativ auf die Glaubwürdigkeit und das Ansehen der Union auswirkt; stellt mit Besorgnis den wachsenden Populismus und Euroskeptizismus fest und fordert die Kommission daher auf, ihre Bemühungen zum Schutz der Integrität der Rechtsordnung der EU zu verstärken; betont in diesem Zusammenhang, dass die Umsetzung und Durchsetzung auf der Aufteilung der vertraglich übertragenen Zuständigkeiten fußt und dass die Mitgliedstaaten und die Kommission daher gemeinsam dafür zuständig sind, die EU-Rechtsvorschriften um- und durchzusetzen, wobei die Kommission die oberste Hüterin der Verträge ist; weist gleichzeitig darauf hin, dass gemäß der Interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung aus dem Jahr 2016 alle Organe der Union gemeinsam dafür zuständig sind, die Um- und Durchsetzung der EU-Rechtsvorschriften sicherzustellen;

4. hebt die große Bedeutung von Effizienz, Transparenz und Rechenschaftspflicht bei der Ausarbeitung und Umsetzung der EU-Rechtsvorschriften durch die Organe der EU hervor; weist darauf hin, dass das Europäische Parlament das unmittelbar von den Bürgern gewählte Organ ist, und erinnert in Anbetracht seiner höchst wichtigen Kontrollfunktion an die Rechenschaftspflicht der Kommission gegenüber dem Europäischen Parlament, insbesondere im Rahmen des Petitionsausschusses; verweist ferner auf die bedeutende Kontrollfunktion des Parlaments, wenn es darum geht, die Kommission im Rahmen von Petitionen auf Mängel bei der Umsetzung des EU-Rechts in den Mitgliedstaaten aufmerksam zu machen; fordert die Kommission erneut auf, größere Transparenz an den Tag zu legen sowie die bestehenden Überwachungsmechanismen und Instrumente zur regelmäßigen Bewertung wirksam einzusetzen und weiter zu verbessern; fordert die Kommission auf, im Rahmen ihrer Funktion als Hüterin der Verträge von den genannten Mechanismen und Instrumenten Gebrauch zu machen, um die korrekte und fristgerechte Umsetzung des EU-Rechts ordnungsgemäß zu überwachen und zu bewerten, und dabei die in Artikel 298 AEUV und in den Artikeln 41 und 47 der EU-Charta der Grundrechte niedergelegten Rechte der EU-Bürger auf eine gute Verwaltung und einen wirksamen Rechtsschutz uneingeschränkt zu achten; stellt fest, dass die Entwürfe von Gesetzgebungsakten im Einklang mit diesen Rechten und Grundsätzen für Menschen mit Behinderungen zugänglich gemacht werden sollten;

5. betont, dass sich die wirksame Umsetzung des EU-Rechts positiv auf die Glaubwürdigkeit der EU-Organe auswirkt; ist daher der Ansicht, dass der Jahresbericht der Kommission, das Petitionsrecht und die Europäische Bürgerinitiative wichtige Instrumente sind, um die Rechtsetzungsinstanzen der EU in die Lage zu versetzen, mögliche Lücken zu ermitteln;

6. weist darauf hin, dass der Petitionsausschuss jährlich zahlreiche Petitionen von beunruhigten Bürgern erhält, die ihre Unzufriedenheit mit dem Stand der Umsetzung des EU-Rechts in den Mitgliedstaaten zum Ausdruck bringen, und dass die meisten dieser Petitionen an die Kommission weitergeleitet werden, damit sie eingehend geprüft werden; begrüßt, dass sich die Kommission in das Verfahren einbringt; hält es für wichtig, dass die Mitglieder des Europäischen Parlaments die Ergebnisse und Empfehlungen hinterfragen können, und betont, dass die Zuständigkeitsbereiche der EU beachtet werden sollten;

7. begrüßt die von der Kommission in ihrem Jahresbericht 2017 über die Kontrolle der Anwendung des EU-Rechts (COM(2018)0540) unmissverständlich gegebene Zusage, den Beiträgen von Bürgern, Unternehmen und anderen Interessenträgern zur Aufdeckung von Verstößen gegen das EU-Recht große Bedeutung beizumessen; nimmt in diesem Zusammenhang zur Kenntnis, dass sich die Kommission darum bemüht, die Auswirkungen von Petitionen auf ihre Durchsetzungsmaßnahmen in Politikfeldern wie Umwelt, Migration, Besteuerung und Binnenmarkt deutlich zu machen; betont jedoch, dass sich ein Großteil der eingegangenen Petitionen auf Verletzungen und eine fehlerhafte Anwendung des EU-Rechts in diesen Bereichen und auch in zahlreichen anderen Tätigkeitsbereichen bezieht; bedauert, dass keine Zahlen darüber vorliegen, wie viele Petitionen von der Kommission bearbeitet werden und wie viele Petitionen die Einleitung von EU-Pilot- und -Vertragsverletzungsverfahren nach sich ziehen;

8. begrüßt in diesem Zusammenhang, dass in den Berichten für 2018 und 2019 mehr Transparenz an den Tag gelegt wurde und zusätzliche Informationen über die Zahl der von der Kommission bearbeiteten Petitionen und über die entsprechenden Folgemaßnahmen offengelegt wurden; stellt jedoch fest, dass die Kommission in den meisten Fällen weder eine Untersuchung eingeleitet noch weitere Maßnahmen ergriffen hat; ist in diesem Zusammenhang insbesondere besorgt über die Praxis, zahlreiche Petenten an andere Stellen auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene zu verweisen; weist darauf hin, dass diese Praxis der neuen Durchsetzungspolitik der Kommission entspricht, die diese in ihrer Mitteilung von 2016 mit dem Titel „EU-Recht: Bessere Ergebnisse durch bessere Anwendung“ (C(2016)8600) angekündigt hat und die darauf abzielt, die Bürger auf die nationale Ebene zu verweisen, wenn Beschwerden oder Petitionen keine Grundsatzfragen oder systematischen Verstöße gegen das EU-Recht betreffen und im Rahmen anderer Mechanismen zufriedenstellend bearbeitet werden können; bekräftigt, dass es den diesbezüglich festgelegten Ansatz nach wie vor ablehnt, und fordert die Kommission auf, Untersuchungen einzuleiten, wenn mögliche Verstöße gegen das EU-Recht festgestellt wurden; fordert die Kommission auf, Petitionen wirksamer zu bearbeiten, indem sie auf diese umgehend und umfassend reagiert, und mit den Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten, um Petitionen im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip effektiv nachzukommen; fordert die Kommission auf, neue Mechanismen zur Verkürzung der Reaktionszeit bei der Bearbeitung von Petitionen zu erarbeiten; hält die Antworten der Kommission, in denen sie lediglich darauf hinweist, dass sie keine Befugnis hat, weitere Maßnahmen auf EU-Ebene zu ergreifen, für unzureichend;

9. bekräftigt seine Besorgnis darüber, dass diese Vorgehensweise bei den Bürgern den Eindruck erwecken kann, sie fänden bei den EU-Organen kein Gehör, und sie letztendlich ihres rechtlichen Schutzes berauben kann, falls sich ein Rechtsbehelf auf EU-Ebene aufgrund der nationalen Gegebenheiten oder der Art der betroffenen Interessen als wirksamer erweist; betont, dass die Vorgehensweise der Kommission zu Enttäuschung bei den Bürgern führt, die sich zum Schutz ihrer Rechte auf die EU und insbesondere die Kommission als Hüterin der Verträge nach Artikel 17 EUV verlassen; fordert, dass die genannte Durchsetzungspolitik überprüft wird, um sicherzustellen, dass sie keinesfalls die Bearbeitung bestimmter Fälle beeinträchtigt, die auf EU-Ebene besser und wirksamer gelöst werden könnten; hält dies für nicht hinnehmbar und fordert die Kommission nachdrücklich auf, darzulegen, wie sie die Kluft zwischen den Erwartungen der Bürger und den Tatsachen hinsichtlich der Möglichkeit, auf EU-Ebene einen Rechtsbehelf zu erlangen, schließen will, und zu erläutern, inwieweit ihre Vorgehensweise mit ihrer Rolle als Hüterin der Verträge und ihren Überwachungsfunktionen nach Artikel 17 Absatz 1 EUV vereinbar ist;

 

10. weist erneut darauf hin, dass der Petitionsausschuss eine erhebliche Zahl von Petitionen von Bürgern erhält, die aufgrund von Entscheidungen nationaler Gerichte benachteiligt werden; betont, dass das Recht auf ein faires Verfahren ein Grundrecht ist und von den Justizbehörden in allen Mitgliedstaaten zu wahren ist;

11. fordert die Kommission auf, die Petitionen mit Bezug auf die Rechte von Menschen mit Behinderungen sorgfältig zu prüfen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, in Anbetracht der im Jahr 2018 zahlreich eingegangenen Petitionen zu nicht vorschriftsmäßigen Deponien, unzureichender Behandlung von kommunalem Abwasser oder Luftverschmutzung in bestimmten Gebieten für eine wirksame Um- und Durchsetzung des EU-Umweltrechts zu sorgen;

12. nimmt zur Kenntnis, dass die Zahl der bei der Kommission eingegangenen neuen Beschwerden 2017 und 2018 den höchsten Stand seit 2011 erreicht hat und 2018 mit 3 850 neuen Beschwerden ein Rekord erreicht worden ist, während 2019 3 525 neue Beschwerden eingegangen sind; begrüßt die zunehmende Teilhabe und Stärkung der Bürger – wie aus den zahlreichen Beschwerden und Petitionen ersichtlich – im Prozess der Überwachung der Anwendung und Durchsetzung des EU-Rechts; stellt jedoch fest, dass – wie auch bei den Petitionen – 2017, 2018 und 2019 im Verhältnis zu der Gesamtzahl der eingegangenen Beschwerden nur sehr wenige Beschwerden Untersuchungen nach sich gezogen haben; fordert eine transparentere Umsetzung der Durchsetzungspolitik; fordert die Kommission auf, bei der Einholung von Informationen und der Reaktion auf die Bedenken der Bürger entschlossener vorzugehen, um insbesondere gegen die Kultur des „Brüssel ist an allem schuld“ anzugehen;

13. hebt hervor, dass die Sozialpartner, die Organisationen der Zivilgesellschaft, die europäischen Bürger und andere Interessenträger bei der Kontrolle und der Meldung von Unzulänglichkeiten bei der Umsetzung und Anwendung des EU-Rechts durch die Mitgliedstaaten eine wichtige Funktion erfüllen; begrüßt daher das verstärkte Bewusstsein der Bürger im Zusammenhang mit der Überprüfung von EU-Rechtsvorschriften, einschließlich der tragenden Rolle von Hinweisgebern sowohl in der Privatwirtschaft als auch im öffentlichen Dienst; betont, dass von Rechts wegen die EU-Bürger zeitnah, klar, leicht zugänglich und transparent darüber informiert werden müssen, ob und welche nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung von EU-Recht erlassen wurden und welche nationalen Behörden sicherstellen müssen, dass diese Vorschriften ordnungsgemäß umgesetzt werden;

14. hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass es unerlässlich ist, auch in Zukunft eine engere Zusammenarbeit zu fördern und die Beziehungen zu den nationalen Parlamenten im Rechtsetzungsprozess zu stärken; betont, dass Verzögerungen bei der Umsetzung der Rechtssicherheit abträglich sind; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, stärker gegen eine verspätete und fehlerhafte Umsetzung von Richtlinien vorzugehen, um die vollumfängliche Um- und Durchsetzung des EU-Rechts sicherzustellen und damit für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu sorgen; betont, wie wichtig auf Petitionen zurückgehende Informationsreisen in Mitgliedstaaten sind, nicht nur, um die Bearbeitung von Petitionen zu verbessern, sondern auch als einzigartiges Mittel, um mehr Bürgernähe herzustellen und zu zeigen, dass die Sorgen der Bürger ernst genommen werden; fordert die Kommission daher nachdrücklich auf, die Berichte über Informationsreisen des Parlaments und seine Entschließungen, die auf Petitionen zurückgehen, angemessen zu berücksichtigen;

15. bedauert, dass die Kommission trotz ihrer Bemühungen der letzten Jahre um eine erhöhte Transparenz ihrer Überwachungs- und Durchsetzungsmaßnahmen (etwa im Wege einer zentralen Plattform mit Informationen über Verstöße) noch nicht auf die wiederholten Forderungen des Parlaments reagiert hat, regelmäßig über jedes eingeleitete EU-Pilot- und -Vertragsverletzungsverfahren – insbesondere dann, wenn diese Verfahren aus Petitionen hervorgehen – informiert zu werden; hält es für geboten, regelmäßig über die Entwicklungen von Vertragsverletzungsverfahren im Zusammenhang mit laufenden Petitionen informiert zu werden, wobei die Vertraulichkeitsanforderungen nach Maßgabe der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) einzuhalten sind; bedauert das weiterhin mangelnde Engagement seitens der Kommission bei der Reaktion auf die in EU-Pilotverfahren vorgebrachten Bedenken; weist die Kommission auf die hohen Erwartungen der Bürger an die Transparenz ihrer Überwachungstätigkeiten hin; fordert die Kommission deshalb mit Nachdruck auf, diese Informationen im Geiste einer loyalen Zusammenarbeit rechtzeitig an das Parlament weiterzuleiten, damit dieses gemäß Artikel 14 EUV die Exekutive kontrollieren kann und damit letztendlich die Legitimität und die Rechenschaftspflicht der Durchsetzungsmaßnahmen der Kommission gestärkt werden, Vertrauen in das EU-Projekt aufgebaut wird und letztlich die Legitimität des EU-Pilotverfahrens gestärkt wird;

16. betont, dass ein frühzeitiger enger und strukturierter Dialog zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten von entscheidender Bedeutung für die wirksame und ordnungsgemäße Anwendung des EU-Rechts ist; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, das EU-Pilotverfahren zur Problemlösung zu verbessern und wieder verstärkt davon Gebrauch zu machen, da dieser Mechanismus darauf abzielt, in einer erheblichen Anzahl von Fällen frühzeitig eine Lösung für mögliche Verstöße gegen das EU-Recht zu finden, ohne dass ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werden muss; weist darauf hin, dass der Zweck des EU-Pilotverfahrens gemäß der neuen von der Kommission verabschiedeten Politik zur Sicherstellung der Einhaltung des Unionsrechts nicht darin besteht, das Vertragsverletzungsverfahren in die Länge zu ziehen, sondern vielmehr darin, wirksam zur Lösung der Probleme beizutragen;

17. erinnert daran, dass sowohl der Europäische Rechnungshof in seiner Landscape-Analyse von 2018 mit dem Titel „Anwendung des Unionsrechts in der Praxis: Die Aufsichtsverantwortung der Europäischen Kommission gemäß Artikel 17 Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union“ als auch die Europäische Bürgerbeauftragte in ihrer Entscheidung mit Vorschlägen von 2017 im Anschluss an ihre strategische Untersuchung OI/5/2016/AB zur Verfahrensdauer und Transparenz der Europäischen Kommission bei der Bearbeitung von Vertragsverletzungsbeschwerden die Kommission aufgefordert hat, dafür Sorge zu tragen, dass die den Vertragsverletzungsverfahren vorausgehenden Vorverfahren unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips und des Grundsatzes der Gleichbehandlung rascher, transparenter und gerechter bearbeitet werden;

18. fordert die Kommission auf, Diskriminierungen zu untersuchen, die aufgrund der Amtssprache(n) eines Mitgliedstaats in Schulen und öffentlichen Verwaltungen in Regionen mit mehr als einer Amtssprache praktiziert werden, da dadurch die Freizügigkeit behindert und gegen die Binnenmarktvorschriften verstoßen wird (Artikel 26 Absatz 2 AEUV).


ANGABEN ZUR ANNAHME IM MITBERATENDEN AUSSCHUSS

Datum der Annahme

19.2.2020

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

27

0

2

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Alex Agius Saliba, Andris Ameriks, Anna-Michelle Asimakopoulou, Alexander Bernhuber, Ryszard Czarnecki, Eleonora Evi, Agnès Evren, Mario Furore, Gianna Gancia, Radan Kanev, Frédérique Ries, Alfred Sant, Massimiliano Smeriglio, Yana Toom, Loránt Vincze, Thomas Waitz, Tatjana Ždanoka

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter

Isabel Benjumea Benjumea, Jarosław Duda, Angel Dzhambazki, Ádám Kósa, Maite Pagazaurtundúa, Anne-Sophie Pelletier, Andrey Slabakov, Ramona Strugariu, Rainer Wieland

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 209 Abs. 7)

Clara Aguilera, Estrella Durá Ferrandis, Mounir Satouri

 


 

NAMENTLICHE SCHLUSSABSTIMMUNG IM MITBERATENDEN AUSSCHUSS

27

+

ECR

Ryszard Czarnecki, Angel Dzhambazki, Andrey Slabakov

NI

Eleonora Evi, Mario Furore

PPE

Anna-Michelle Asimakopoulou, Isabel Benjumea Benjumea, Alexander Bernhuber, Jarosław Duda, Agnès Evren, Radan Kanev, Ádám Kósa, Loránt Vincze, Rainer Wieland

RENEW

Maite Pagazaurtundúa, Frédérique Ries, Ramona Strugariu, Yana Toom

S&D

Alex Agius Saliba, Clara Aguilera, Andris Ameriks, Estrella Durá Ferrandis, Alfred Sant, Massimiliano Smeriglio

VERTS/ALE

Mounir Satouri, Thomas Waitz, Tatjana Ždanoka

 

0

-

 

 

 

2

0

GUE/NGL

Anne-Sophie Pelletier

ID

Gianna Gancia

 

Erklärung der benutzten Zeichen:

+ : dafür

- : dagegen

0 : Enthaltung

 

 

 


 

ANGABEN ZUR ANNAHME IM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS

Datum der Annahme

10.12.2020

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

20

5

0

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Gunnar Beck, Geoffroy Didier, Angel Dzhambazki, Ibán García Del Blanco, Jean-Paul Garraud, Esteban González Pons, Sergey Lagodinsky, Gilles Lebreton, Karen Melchior, Jiří Pospíšil, Franco Roberti, Marcos Ros Sempere, Stéphane Séjourné, Raffaele Stancanelli, Adrián Vázquez Lázara, Axel Voss, Marion Walsmann, Tiemo Wölken

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter

Daniel Buda, Pascal Durand, Heidi Hautala, Emmanuel Maurel, Sabrina Pignedoli, Bettina Vollath

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 209 Abs. 7)

Juan Ignacio Zoido Álvarez

 


 

NAMENTLICHE SCHLUSSABSTIMMUNG IM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS

20

+

EPP

Daniel Buda, Geoffroy Didier, Esteban González Pons, Jiří Pospíšil, Axel Voss, Marion Walsmann, Juan Ignacio Zoido Álvarez

S&D

Ibán García Del Blanco, Franco Roberti, Marcos Ros Sempere, Tiemo Wölken, Bettina Vollath

RENEW

Pascal Durand, Karen Melchior, Stéphane Séjourné, Adrián Vázquez Lázara

VERTS/ALE

Heidi Hautala, Sergey Lagodinsky

GUE/NGL

Emmanuel Maurel

NI

Sabrina Pignedoli

 

5

-

ID

Gunnar Beck, Jean-Paul Garraud, Gilles Lebreton

ECR

Angel Dzhambazki, Raffaele Stancanelli

 

0

0

 

 

 

Erklärung der benutzten Zeichen:

+ : dafür

- : dagegen

0 : Enthaltung

 

 

Letzte Aktualisierung: 8. Januar 2021
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