BERICHT über den Antrag auf Aufhebung der Immunität von Valter Flego
24.2.2021 - (2020/2054(IMM))
Rechtsausschuss
Berichterstatter: Andrzej Halicki
VORSCHLAG FÜR EINEN BESCHLUSS DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
über den Antrag auf Aufhebung der Immunität von Valter Flego
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf den Antrag des Präsidenten des Rates des Gespanschaftsgerichts Rijeka, Republik Kroatien, vom 19. Februar 2020 auf Aufhebung der Immunität von Valter Flego im Zusammenhang mit einem Strafverfahren vor dem Gespanschaftsstrafgericht Rijeka, der am 26. März 2020 im Plenum bekannt gegeben wurde,
– unter Hinweis auf den Verzicht von Valter Flego auf sein Recht auf Anhörung gemäß Artikel 9 Absatz 6 der Geschäftsordnung,
– gestützt auf die Artikel 8 und 9 des Protokolls Nr. 7 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union und auf Artikel 6 Absatz 2 des Aktes vom 20. September 1976 zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments,
– unter Hinweis auf die Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 21. Oktober 2008, 19. März 2010, 6. September 2011, 17. Januar 2013 und 19. Dezember 2019[1],
– unter Hinweis auf Artikel 75 der Verfassung der Republik Kroatien und die Artikel 23 bis 28 der Geschäftsordnung des kroatischen Parlaments,
– gestützt auf Artikel 5 Absatz 2, Artikel 6 Absatz 1 und Artikel 9 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Rechtsausschusses (A9-0023/2021),
A. in der Erwägung, dass der vorsitzende Richter des Gespanschaftsgerichts Rijeka einen Antrag auf Aufhebung der parlamentarischen Immunität von Valter Flego im Zusammenhang mit einem gegen ihn anhängigen Verfahren wegen der Straftat des Amtsmissbrauchs gemäß Artikel 291 Absatz 1 und 2 des Strafgesetzbuchs gestellt hat[2];
B. in der Erwägung, dass er in seiner Eigenschaft als Bürgermeister der Stadt Buzet (Kroatien) vom 1. April 2010 bis zum 30. Mai 2013 mutmaßlich die rechtswidrige Zahlung von Gehaltszuschlägen an sich selbst als Bürgermeister, an den stellvertretenden Bürgermeister, an den Leiter des Büros des Bürgermeisters und an drei weitere Direktoren ermöglicht hat;
C. in der Erwägung, dass Valter Flego durch die Wahl vom Mai 2019 in das Europäische Parlament gewählt wurde;
D. in der Erwägung, dass die mutmaßliche Straftat keine von Valter Flego in Ausübung seines Amtes erfolgte Äußerung oder Abstimmung gemäß Artikel 8 des Protokolls Nr. 7 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union betrifft;
E. in der Erwägung, dass Artikel 9 des Protokolls Nr. 7 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union vorsieht, dass den Mitgliedern des Europäischen Parlaments im Hoheitsgebiet ihres eigenen Staates die den Parlamentsmitgliedern zuerkannte Unverletzlichkeit zusteht;
F. in der Erwägung, dass es in Artikel 75 Absätze 2 und 3 der Verfassung der Republik Kroatien heißt,
dass kein Vertreter wegen einer im kroatischen Parlament erfolgten Meinungsäußerung oder Stimmabgabe verfolgt, inhaftiert oder bestraft werden darf und
dass ohne Zustimmung des kroatischen Parlaments kein Abgeordneter festgenommen oder ein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet werden darf;
G. in der Erwägung, dass die mutmaßliche Straftat keinen unmittelbaren oder offenkundigen Zusammenhang mit der Ausübung des Amtes von Valter Flego als Mitglied des Europäischen Parlaments hat;
H. in der Erwägung, dass allein das Parlament darüber entscheidet, ob es die Immunität im jeweiligen Fall aufhebt; in der Erwägung, dass das Parlament bei der Entscheidung über die Aufhebung der Immunität eines Mitglieds der Position dieses Mitglieds in angemessener Weise Rechnung tragen kann[3];
I. in der Erwägung, dass der Zweck der parlamentarischen Immunität darin besteht, das Parlament und seine Mitglieder vor Gerichtsverfahren zu schützen, die sich auf Tätigkeiten beziehen, die sie in Ausübung ihrer parlamentarischen Funktionen ausüben und die untrennbar damit verbunden sind;
J. in der Erwägung, dass die Straftaten, die Valter Flego vorgeworfen werden, vor seiner Wahl in das Europäische Parlament begangen worden sein sollen;
K. in der Erwägung, dass das Parlament im vorliegenden Fall keine Anzeichen von fumus persecutionis festgestellt hat, d. h. von Tatsachen, die darauf hindeuten, dass das betreffende Gerichtsverfahren in der Absicht geführt wird, die politische Tätigkeit des Mitglieds, einschließlich seiner Tätigkeit als Mitglied des Europäischen Parlaments, zu untergraben;
L. in der Erwägung, dass das Parlament nicht die Funktion eines Gerichts wahrnehmen kann, und in der Erwägung, dass ein Mitglied des Parlaments im Zusammenhang mit einem Verfahren zur Aufhebung der Immunität nicht als Angeklagter gelten darf[4];
1. beschließt, die Immunität von Valter Flego aufzuheben;
2. beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss und den Bericht seines zuständigen Ausschusses unverzüglich den kroatischen Behörden und Valter Flego zu übermitteln.
ANGABEN ZUR ANNAHME IM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS
Datum der Annahme |
23.2.2021 |
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Ergebnis der Schlussabstimmung |
+: –: 0: |
24 1 0 |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder |
Manon Aubry, Gunnar Beck, Geoffroy Didier, Pascal Durand, Ibán García Del Blanco, Jean-Paul Garraud, Esteban González Pons, Mislav Kolakušić, Sergey Lagodinsky, Gilles Lebreton, Karen Melchior, Franco Roberti, Marcos Ros Sempere, Ernő Schaller-Baross, Stéphane Séjourné, Raffaele Stancanelli, Marie Toussaint, Adrián Vázquez Lázara, Axel Voss, Marion Walsmann, Tiemo Wölken, Lara Wolters, Javier Zarzalejos |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter |
Daniel Buda, Andrzej Halicki, Emil Radev, Kosma Złotowski |
- [1] Urteil des Gerichtshofs vom 21. Oktober 2008, Marra/De Gregorio und Clemente, C-200/07 und C-201/07, EU:C:2008:579; Urteil des Gerichts vom 19. März 2010, Gollnisch/Parlament, T-42/06, EU:T:2010:102; Urteil des Gerichtshofs vom 6. September 2011, Patriciello, C-163/10, EU:C:2011:543; Urteil des Gerichts vom 17. Januar 2013, Gollnisch/Parlament, T-346/11 und T-347/11, EU:T:2013:23. Urteil des Gerichtshofs vom 19. Dezember 2019, Junqueras Vies, C-502/19, EU:C:2019:1115.
- [2] Amtsblatt der Republik Kroatien 125/11, 144/12, 56/15, 61/15, 101/17, 118/2018 und 126/2019.
- [3] Urteil des Gerichts vom 15. Oktober 2008, Mote/Parlament, T-345/05, EU:T:2008:440, Rn. 28;
- [4] Urteil des Gerichts vom 30. April 2019, Briois/Parlament, T-214/18, EU:T:2019:266.