BERICHT über den Bericht 2021 der Kommission über Serbien
17.6.2022 - (2021/2249(INI))
Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten
Berichterstatter: Vladimír Bilčík
ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
zu dem Bericht 2021 der Kommission über Serbien
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Serbien andererseits, das am 1. September 2013 in Kraft trat[1],
– unter Hinweis auf den Antrag Serbiens vom 19. Dezember 2009 auf Beitritt zur Europäischen Union,
– unter Hinweis auf die Stellungnahme der Kommission vom 12. Oktober 2011 zum Antrag Serbiens auf Beitritt zur Europäischen Union (COM(2011)0668), die Entscheidung des Europäischen Rates vom 1. März 2012 über die Verleihung des Status eines Bewerberlandes an Serbien und die Entscheidung des Europäischen Rates vom 27./28. Juni 2013 über die Aufnahme der EU-Beitrittsverhandlungen mit Serbien,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Ratsvorsitzes bei der Tagung des Europäischen Rates vom 19./20. Juni 2003 in Thessaloniki,
– unter Hinweis auf die auf dem Gipfeltreffen EU-Westbalkan am 17. Mai 2018 abgegebene Erklärung von Sofia,
– unter Hinweis auf die auf dem Gipfeltreffen EU-Westbalkan am 6. Mai 2020 abgegebene Erklärung von Zagreb,
– unter Hinweis auf die auf dem Gipfeltreffen EU-Westbalkan am 6. Oktober 2021 abgegebenen Erklärung von Brdo,
– unter Hinweis auf den am 28. August 2014 eingeleiteten Berliner Prozess und das achte Gipfeltreffen im Rahmen des Berliner Prozesses, das am 5. Juli 2021 stattfand,
– unter Hinweis auf das Gipfeltreffen vom 10. November 2020 in Sofia, die Erklärung der Staats- und Regierungschefs des Westbalkans zum gemeinsamen regionalen Markt vom 9. November 2020 und die Erklärung von Sofia zur grünen Agenda für den Westbalkan vom 10. November 2020,
– unter Hinweis auf die Resolution 1244 vom 10. Juni 1999 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, das Gutachten des Internationalen Gerichtshofs (IGH) vom 22. Juli 2010 über die Vereinbarkeit der einseitigen Unabhängigkeitserklärung des Kosovo mit dem Völkerrecht und die Resolution 64/298 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 9. September 2010, in der der Inhalt des Gutachtens des IGH zur Kenntnis genommen und die Bereitschaft der Europäischen Union begrüßt wurde, den Dialog zwischen Serbien und dem Kosovo zu fördern,
– unter Hinweis auf das erste Abkommen über die Grundsätze der Normalisierung der Beziehungen zwischen den Regierungen Serbiens und des Kosovo vom 19. April 2013 und die Abkommen vom 25. August 2015 sowie auf den laufenden, von der EU unterstützten Dialog zur Normalisierung der Beziehungen,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 5. Februar 2020 mit dem Titel „Stärkung des Beitrittsprozesses – Eine glaubwürdige EU-Perspektive für den westlichen Balkan“ (COM(2020)0057),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 6. Oktober 2020 mit dem Titel „Ein Wirtschafts- und Investitionsplan für den Westbalkan“ (COM(2020)0641) und die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen vom 6. Oktober 2020 mit dem Titel „Guidelines for the Implementation of the Green Agenda for the Western Balkans“ (Leitlinien für die Umsetzung der grünen Agenda für den Westbalkan) (SWD(2020)0223),
– unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 2021/1529 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. September 2021 zur Schaffung des Instruments für Heranführungshilfe (IPA III)[2],
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 19. Oktober 2021 mit dem Titel „Mitteilung 2021 zur Erweiterungspolitik der EU“ (COM(2021)0644) und die entsprechende Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen mit dem Titel „Serbia 2021 Report“ (Bericht 2021 über Serbien) (SWD(2021)0288),
– unter Hinweis auf die Bewertung des Wirtschaftsreformprogramms Serbiens für den Zeitraum 2021–2023 durch die Kommission vom 22. April 2021 (SWD(2021)0096) und auf die gemeinsamen Schlussfolgerungen des Wirtschafts- und Finanzdialogs zwischen der EU, dem westlichen Balkan und der Türkei, die am 12. Juli 2021 vom Rat angenommen wurden,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 29. April 2020 mit dem Titel „Unterstützung des westlichen Balkans bei der Bekämpfung von COVID-19 und beim Wiederaufbau nach der Pandemie“ (COM(2020)0315),
– unter Hinweis auf die zwölfte und dreizehnte Tagung der Beitrittskonferenz auf Ministerebene mit Serbien, die am 22. Juni und 14. Dezember 2021 stattfanden und zur Eröffnung des Clusters 4 – Grüne Agenda und nachhaltige Konnektivität – führten,
– unter Hinweis auf die Maßnahmen zur Verbesserung des Ablaufs des Wahlprozesses, die am 18. September 2021 von den Vermittlern während der zweiten Phase des vom Europäischen Parlament geleiteten parteiübergreifenden Dialogs vereinbart wurden,
– unter Hinweis auf die sechste Tagung des Stabilitäts- und Assoziationsrates EU-Serbien, die am 25. Januar 2022 in Brüssel stattfand,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 14. Dezember 2021 zur Erweiterung und zum Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess,
– unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2022/576 des Rates vom 8. April 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren[3],
– unter Hinweis auf die Resolution ES-11/1 der Generalversammlung der Vereinten Nationen zur Aggression gegen die Ukraine, die am 2. März 2022 angenommen wurde,
– unter Hinweis auf den Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofs vom 10. Januar 2022 mit dem Titel „EU-Unterstützung für die Rechtsstaatlichkeit in den Staaten des westlichen Balkans: trotz Bemühungen bestehen weiterhin grundlegende Probleme“,
– unter Hinweis auf den Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofs vom 3. Juni 2021 mit dem Titel „Desinformation und ihre Auswirkungen auf die EU: Problem erkannt, aber nicht gebannt“,
– unter Hinweis auf den zweiten Zwischenbericht der Gruppe der Staaten gegen Korruption (GRECO) des Europarates über Serbien im Rahmen der vierten Bewertungsrunde über die Einhaltung der Vorschriften, der im März 2022 angenommen wurde,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu dem Land,
– unter Hinweis auf seine Empfehlung vom 19. Juni 2020 an den Rat, die Kommission und den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zum westlichen Balkan im Anschluss an das Gipfeltreffen 2020[4],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. März 2021 zu den Berichten 2019–2020 der Kommission über Serbien[5],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Dezember 2021 zu der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität im Westlichen Balkan[6],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Dezember 2021 zu Zwangsarbeit in der Fabrik von Linglong und Umweltprotesten in Serbien[7],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. März 2022 zur Einflussnahme aus dem Ausland auf alle demokratischen Prozesse in der Europäischen Union, einschließlich Desinformation[8],
– unter Hinweis auf die Erklärung und die Empfehlungen, die auf der 13. Tagung des Parlamentarischen Stabilitäts- und Assoziationsausschusses EU-Serbien angenommen wurden, die am 28. Oktober 2021 in Brüssel und per Videokonferenz stattfand,
– unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung des zweiten Gipfeltreffens des Europäischen Parlaments und der Parlamentspräsidenten der Länder des westlichen Balkans, das vom Präsidenten des Europäischen Parlaments mit den Parlamentspräsidenten der Länder des westlichen Balkans am 28. Juni 2021 einberufen wurde,
– unter Hinweis auf die Erklärung zu den vorläufigen Ergebnissen und Schlussfolgerungen der internationalen Wahlbeobachtungsmission des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zu den vorgezogenen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in Serbien vom 3. April 2022,
– gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A9‑0178/2022),
A. in der Erwägung, dass jedes Erweiterungsland auf der Grundlage seiner eigenen Verdienste bewertet wird und dass der Zeitplan und der Fortschritt des Beitritts von der Erfüllung der Erweiterungskriterien, der Umsetzung der erforderlichen Reformen, insbesondere im Bereich der „Grundlagen“, und der Angleichung der Rechtsvorschriften bestimmt wird;
B. in der Erwägung, dass Serbien die schrittweise Annahme der Ziele und Maßnahmen der Europäischen Union während des Verhandlungsprozesses akzeptiert hat;
C. in der Erwägung, dass Demokratie, die Achtung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit die Grundwerte sind, auf die sich die EU gründet; in der Erwägung, dass nachhaltige Reformen und deren Umsetzung erforderlich sind, um die in diesen Bereichen noch bestehenden Herausforderungen zu bewältigen;
D. in der Erwägung, dass seit der Aufnahme der Verhandlungen mit Serbien 22 Kapitel eröffnet wurden, von denen zwei vorläufig geschlossen worden sind; in der Erwägung, dass die Fortschritte bei verschiedenen Verhandlungskapiteln in den letzten Jahren eher langsam verliefen; in der Erwägung, dass Serbien im Dezember 2021 den Cluster 4 – Grüne Agenda und nachhaltige Konnektivität – eröffnet hat;
E. in der Erwägung, dass Freedom House Serbien weiterhin als „teilweise freies“ Land einstuft und feststellt, dass das Land in Bezug auf seinen Demokratieindex in den letzten zehn Jahren einen der größten Rückgänge weltweit verzeichnet hat; in der Erwägung, dass die Situation der Pressefreiheit in Serbien besorgniserregend ist und dass das Land im Jahr 2021 auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen auf Platz 93 von 180 rangierte;
F. in der Erwägung, dass Serbien laut dem Evaluierungsbericht der GRECO, der am 30. März 2022 als Teil der vierten Evaluierungsrunde veröffentlicht wurde, acht der 13 GRECO-Empfehlungen zufriedenstellend umgesetzt oder zufriedenstellend behandelt hat;
G. in der Erwägung, dass die Fortschritte und das Engagement Serbiens bei den Verhandlungen mit dem Kosovo über noch ungeklärten Fragen nach wie vor ein wichtiger Maßstab für künftige Fortschritte bei den Beitrittsverhandlungen mit der EU sind;
H. in der Erwägung, dass Serbien die uneingeschränkte Integrität und Souveränität aller Nachbarländer achten und davon absehen muss, ihre innenpolitischen Angelegenheiten zu beeinflussen;
I. in der Erwägung, dass Serbien den wiederholten Aufforderungen, seine Außen- und Sicherheitspolitik mit der der EU in Einklang zu bringen, nicht nachgekommen ist und nach der russischen Invasion in der Ukraine keine Sanktionen gegen Russland verhängt hat; in der Erwägung, dass die Positionierung Serbiens in internationalen Angelegenheiten ein Hindernis für den Beitritt des Landes darstellt; in der Erwägung, dass Serbiens Außen- und Sicherheitspolitik nur in geringem Maße mit der Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der EU im Einklang steht;
J. in der Erwägung, dass Serbien in der Generalversammlung der Vereinten Nationen für die Resolutionen gestimmt hat, in denen die Aggression Russlands in der Ukraine verurteilt und gleichzeitig nachdrücklich dafür plädiert wurde, dass die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine im Einklang mit dem Völkerrecht geachtet wird;
K. in der Erwägung, dass die EU Serbien den größten finanziellen Beistand im Rahmen des IPA bietet; in der Erwägung, dass Serbien seit 2014 Gelder aus dem IPA II erhält und seit 2014 insgesamt 1 539 Mrd. EUR erhalten hat;
L. in der Erwägung, dass die EU der größte Investor und Handelspartner für Serbien ist und mit einem Anteil von 65 % an den Gesamtausfuhren und 59 % an den Gesamteinfuhren im Jahr 2020 die engsten gleichberechtigten Beziehungen zu Serbien unterhält;
M. in der Erwägung, dass die EU 3,3 Mrd. EUR bereitgestellt hat, um die Gesundheitskrise unverzüglich zu bewältigen und die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der COVID-19-Pandemie abzumildern; in der Erwägung, dass die Kommission ein Paket im Wert von 70 Mio. EUR im Rahmen des IPA II verabschiedet hat, um die Länder des westlichen Balkans dabei zu unterstützen, den Zugang zu den von den EU-Mitgliedstaaten beschafften COVID-19-Impfstoffen zu finanzieren;
N. in der Erwägung, dass die Hilfe im Rahmen des IPA III auf strengen Auflagen beruht und eine Anpassung und Aussetzung der Hilfe vorgesehen ist, sollte es in den Bereichen Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit Rückschritte geben; in der Erwägung, dass die EU im Rahmen früherer IPA-Programme zwischen 2007 und 2020 insgesamt 2,79 Mrd. EUR bereitgestellt hat;
O. in der Erwägung, dass die Lage der Frauen in Serbien Anlass zu ernster Besorgnis gibt, da die Hälfte der Frauen Opfer von Gewalt jedweder Form ist und in den letzten Jahren mehr als 300 Frauen durch geschlechtsspezifische Gewalttaten getötet wurden;
P. in der Erwägung, dass Serbien alle grundlegenden Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation ratifiziert hat;
Engagement für den EU-Beitritt
1. bringt seine Unterstützung für die künftige Mitgliedschaft Serbiens in der EU zum Ausdruck und weist erneut darauf hin, dass eine glaubwürdige Erweiterungsperspektive politischen Willen, nachhaltige Anstrengungen und unumkehrbare Reformen in allen Bereichen, insbesondere im Zusammenhang mit der Rechtsstaatlichkeit, sowie ein unerschütterliches Bekenntnis zu europäischen Standards und Werten erfordert; fordert die serbischen Behörden auf, die notwendigen Reformen tatsächlich durchzuführen und das Land wieder auf den richtigen Weg in Richtung EU-Integration zu bringen und so die europäischen Bestrebungen Serbiens zu erfüllen;
2. betont, dass die Fortschritte im Beitrittsprozess ergebnis- und reformorientiert sind und auf der weiteren Angleichung an die Rechtsstaatlichkeit, die verantwortungsvolle Staatsführung, die Grundrechte und die Achtung der europäischen Rechte und Werte beruhen; betont die Beziehungen zwischen den Völkern der Europäischen Union und dem serbischen Volk;
3. begrüßt die Eröffnung des Clusters 4 im Dezember 2021; bekräftigt, dass die Fortschritte in den Kapiteln über Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte, die vollständige Angleichung an die Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU, einschließlich der Sanktionen gegen Russland, sowie die Normalisierung der Beziehungen Serbiens zum Kosovo das Tempo des Beitritts bestimmen werden;
4. nimmt die vorläufigen Schlussfolgerungen der Erklärung der internationalen Wahlbeobachtungsmission des BDIMR der OSZE zur Kenntnis, wonach bei der Parlamentswahl vom 3. April 2022 verschiedene politische Optionen aufgezeigt wurden, eine Reihe von Mängeln jedoch zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen geführt haben, wodurch die etablierten Akteure begünstigt wurden; weist in diesem Zusammenhang auf die Rolle der vom Staat geförderten Desinformationskampagnen hin, die darauf abzielen, Meinungen bei diesen Wahlen zu verändern; fordert die serbischen Behörden auf, rechtzeitig vor den nächsten Wahlen alle Empfehlungen des BDIMR im vollen Umfang umzusetzen; betont, dass zivilgesellschaftliche Organisationen mit Fachwissen über Wahlen weiterhin an diesem Prozess beteiligt werden sollten;
5. begrüßt die höhere Wahlbeteiligung bei der Wahl am 3. April 2022 und die Rückkehr zu einer pluralistischeren Nationalversammlung, in der zahlreiche Parteien fortan nationale Minderheiten vertreten; bedauert das stark polarisierte politische Umfeld des Wahlkampfs, das durch das Fehlen gleicher Wettbewerbsbedingungen, einen eingeschränkten Medienpluralismus und durch weit verbreiteten Druck auf die Wähler gekennzeichnet war; bedauert, dass der Missbrauch öffentlicher Ämter durch Mitglieder der Regierungspartei während des gesamten Wahlkampfs ein anhaltendes Problem blieb;
6. verurteilt die Angriffe auf Mitglieder der Opposition, Journalisten, Mitglieder von zivilgesellschaftlichen Organisationen und Mitglieder der verschiedenen Wahlbeobachtungsmissionen sowie andere Vorfälle, die die Integrität des Wahlprozesses untergraben haben; verurteilt den gewaltsamen Angriff auf Pavle Grbović, einen der Oppositionsführer, und fordert die Behörden auf, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen;
7. bringt seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass die Wahlkommission der Republik und die Wahlkommission Belgrads bei der Festlegung und Mitteilung der Wahlergebnisse wenig Eigeninitiative gezeigt haben; ist besorgt darüber, dass die vollständigen vorläufigen Ergebnisse der Kommunalwahlen in Belgrad erst mehr als zwei Wochen nach der Wahl veröffentlicht wurden; stellt fest, dass dies zu einer Verschlechterung des Vertrauens der Bürger in die Unabhängigkeit der Wahlverwaltung führen könnte; bedauert die unklare Mitteilung der Wahlkommission der Republik über die vorläufigen Wahlergebnisse nach der Schließung der Wahllokale;
8. bedauert, dass die Fragen im Zusammenhang mit der Genauigkeit des einheitlichen Wählerverzeichnisses nicht im Vorfeld dieses Wahlzyklus gelöst wurden, was Raum für seinen Missbrauch ließ;
9. fordert die neue Mehrheit auf, die vormals angenommenen politischen Entscheidungen über den Beitritt des Landes zur EU zu achten und die Angleichung Serbiens an die europäischen Strategien und Werte zu beschleunigen; fordert eine Verteilung der parlamentarischen Ämter, die dem politischen Pluralismus in der Nationalversammlung Rechnung trägt; stellt fest, dass – abgesehen von einer Ausnahme – jedes serbische Parlament in den letzten zehn Jahren vorzeitig aufgelöst wurde und dass jede weitere unnötige vorgezogene Wahl der politischen Stabilität nicht zuträglich wäre; hebt seine Bereitschaft hervor, die Arbeit mit der Nationalversammlung und ihren Fraktionen im Rahmen des interparteilichen Dialogs fortzusetzen, und betont zugleich, dass klare politische Entscheidungen über die strategische Ausrichtung Serbiens erforderlich sind;
10. bedauert zutiefst, dass sich Serbien den EU-Sanktionen nach der russischen Invasion der Ukraine nach wie vor nicht angeschlossen hat; betont, dass Serbien eines der wenigen europäischen Länder ist, die sich nicht den Sanktionen der EU gegen Russland angeschlossen haben; fordert die neu gewählten Staatsorgane auf, sich rasch und unmissverständlich zu den Werten, Standards und Regeln der EU zu bekennen und sich dringend den Entscheidungen und Standpunkten der EU in der Außen- und Sicherheitspolitik sowie rasch und vollständig den gegen Russland und Belarus verhängten restriktiven Maßnahmen, darunter die Sanktionen gegen Einzelpersonen, Gruppen und Organisationen, anzuschließen;
11. nimmt zur Kenntnis, dass Serbien die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine unterstützt und in der Generalversammlung der Vereinten Nationen für die Verurteilung der russischen Invasion gestimmt sowie den Ausschluss Russlands aus dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen am 7. April 2022 unterstützt hat; stellt fest, dass die serbischen Vertreter gleichzeitig vermieden haben, an der Abstimmung über den Ausschluss Russlands aus dem Europarat teilzunehmen;
12. bekräftigt, dass die Angleichung an die GASP der EU wichtig ist, die als Voraussetzung für den Beitrittsprozess zunehmend zu einem integralen Bestandteil der serbischen Außenpolitik werden muss; äußert sich besorgt über die niedrige Angleichungsquote in Serbien, die die niedrigste in der Region ist; bedauert gelegentliche Erklärungen von führenden Politikern, die die außenpolitische Ausrichtung Serbiens infrage stellen; hebt jedoch hervor, dass der Impuls, der vom dem neuen Mandat nach der Wahl vom 3. April 2022 in Serbien ausgeht, die Möglichkeit eröffnet, wichtige Fortschritte in Richtung der EU-Perspektive des Landes zu erzielen; fordert die politischen Kräfte in Serbien auf, ihre Kooperationsbeziehungen zu autoritären politischen Parteien in Russland auszusetzen;
13. empfiehlt, dass weitere Verhandlungskapitel nur dann eröffnet werden sollten, wenn Serbien die dafür notwendigen Maßnahmen ergreift, auch in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit;
14. fordert Serbien auf, seine wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Russland zu überdenken, und bedauert die Fortsetzung der Flüge zwischen Belgrad und Moskau zu einer Zeit, in der der EU-Luftraum für Flüge von und nach Russland geschlossen ist;
15. stellt fest, dass die Rüstungsausgaben Serbiens zwischen 2015 und 2021 um 70 % gestiegen sind, und zwar hauptsächlich infolge von Waffenkäufen aus Belarus, Russland und China; äußert seine Besorgnis über die enge Zusammenarbeit mit der Russischen Föderation in militärischen Fragen; fordert Serbien nachdrücklich auf, seine Beziehungen zu Russland im Bereich der Verteidigungspolitik zu überdenken und jede militärische Zusammenarbeit mit Russland, wie das „regionale humanitäre Zentrum“ in Niš, zu beenden; ist ferner besorgt über die zunehmende Zusammenarbeit Serbiens mit China, einschließlich der Installation eines aus China gekauften Massenüberwachungssystems in Belgrad, der jüngsten Lieferung eines Boden-Luft-Raketensystems, des Erwerbs von in China hergestellten militärischen Waffen und Ausrüstung sowie gemeinsamer Übungen mit chinesischen Sicherheitskräften auf serbischem Gebiet;
16. bringt seine Besorgnis angesichts der Vorwürfe zum Ausdruck, wonach Mitglieder der russischen Opposition in Belgrad von den serbischen Behörden abgehört worden seien und das Material anschließend an die russischen Sicherheitsdienste weitergegeben worden sei; betont, dass jede Zusammenarbeit, die zu autoritären und antidemokratischen Praktiken in Russland oder Serbien beitragen würde, den künftigen Beziehungen zwischen der EU und Serbien schaden würde;
17. äußert sich weiterhin besorgt über die Einrichtung der Arbeitsgruppe zur Bekämpfung von „Farbrevolutionen“ durch die serbische und russische Regierung, deren Zweck und Ziele nach wie vor unklar sind;
18. begrüßt, dass im Vorfeld der Wahlen im April 2022 als Ergebnis des vom Europäischen Parlament unterstützten interparteilichen Dialogs Maßnahmen angenommen wurden, um die Wahlbedingungen und den Medienraum zu verbessern; nimmt die Fortschritte bei der Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen zur Kenntnis und fordert eine weitere Stärkung des Medienpluralismus und des gleichberechtigten Zugangs zu den Medien; bedauert, dass viele Maßnahmen mit Verzögerung und ohne Beteiligung aller einschlägigen Akteure umgesetzt wurden; bedauert, dass keine ambitionierteren Maßnahmen, die zu wesentlicheren Verbesserungen der Wahlbedingungen hätten führen können, angenommen wurden;
19. begrüßt die Entscheidung der außerparlamentarischen Opposition, an den Wahlen im April 2022 teilzunehmen; bekräftigt, dass die einzige Möglichkeit, eine politische Vertretung zu garantieren, darin besteht, sich an politischen Prozessen und Wahlprozessen zu beteiligen; fordert alle politischen Akteure auf, sich weiterhin an diesen Prozessen zu beteiligen und zusammenzuarbeiten, um die Wahlbedingungen und die Umsetzung der Wahlvorschriften weiter zu verbessern; fordert alle politischen Akteure auf, im Einklang mit den Grundsätzen der Transparenz, der Rechenschaftspflicht und der Inklusivität zu handeln; fordert die neu gewählte Nationalversammlung auf, den derzeitigen Impuls zu nutzen und die Arbeit in Bezug auf die umfassende legislative Kontrolle der Arbeit der Regierung aufzunehmen;
20. erklärt erneut seine Unterstützung für die Arbeit von europäischen politischen Stiftungen bei der Stärkung demokratischer Prozesse in Serbien und der Förderung einer neuen Generation politischer Führungspersonen;
21. äußert seine Besorgnis über die sehr begrenzte Sichtbarkeit der europäischen Integrationsprozesse in Serbien; bekräftigt seine Aufforderung an Serbien, die Kommission, den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) und die EU-Mitgliedstaaten, eine aktivere und wirksamere Kommunikationsstrategie über die Vorteile der EU-Erweiterung und über die durch EU-Mittel gewährte Unterstützung zu verfolgen und das positive Beispiel der Nachbarländer Serbiens, die bereits EU-Mitgliedstaaten sind, hervorzuheben;
22. äußert seine Besorgnis darüber, dass die öffentliche Unterstützung für eine EU-Mitgliedschaft in Serbien deutlich geringer ist als in der übrigen Region und dass laut den jüngsten Umfragen eine Mehrheit der serbischen Bürger gegen einen Beitritt zur Europäischen Union ist; fordert die politische Führung Serbiens auf, ihr Engagement für die Werte der EU in der öffentlichen Debatte aktiver und eindeutiger zu kommunizieren und die serbischen Bürger über die großen Städte hinaus auf die greifbaren Vorteile eines EU-Beitritts anzusprechen; wiederholt seine Besorgnis über die Rolle der öffentlich finanzierten Medien bei der Verbreitung von EU-feindlicher Rhetorik; fordert die neue Nationalversammlung auf, die europäische Zukunft Serbiens – unter anderem durch ihre eigene strategische Kommunikation – zu unterstützen; bekräftigt die Bereitschaft des Europäischen Parlaments, sich gemeinsam mit serbischen Abgeordneten an Kommunikationsmaßnahmen zu beteiligen, um die EU und Serbien einander näher zu bringen; fordert bestimmte Regierungsbeamte auf, die gegen die EU gerichtete Desinformationskampagne nicht länger zu unterstützen;
23. begrüßt die Tatsache, dass die EU-Mitgliedschaft nach wie vor das strategische Ziel Serbiens ist, bedauert jedoch, dass es in vielen Bereichen der Reformagenda Serbiens an Fortschritten mangelt und dass es sogar zu Rückschritten in Fragen gekommen ist, die für den EU-Beitritt von grundlegender Bedeutung sind;
24. stellt fest, dass die Annahme der neuen Methodik für Beitrittsverhandlungen zu keiner erheblichen Beschleunigung des EU-Beitrittsverfahrens Serbiens geführt hat, und fordert ihre vollständige Umsetzung; fordert das Kommissionsmitglied für Nachbarschaft und Erweiterung nachdrücklich auf, im Rahmen des Beitrittsprozesses Serbiens vorausschauender vorzugehen, insbesondere in Bezug auf die grundlegenden Freiheiten, die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit sowie die Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität; äußert seine Besorgnis über öffentliche Behauptungen, wonach das Kommissionsmitglied für Nachbarschaft und Erweiterung einige Fragen der Rechtsstaatlichkeit in den Beitrittsländern herunterspielt, und ermutigt die Kommission, den diesbezüglichen Forderungen des Parlaments gebührend nachzukommen;
25. bedauert, dass der Prozess der europäischen Integration in Serbien nicht ausreichend transparent ist, da wichtige Dokumente wie die Berichte über die Umsetzung des Nationalen Programms zur Übernahme des Besitzstands der Union seit Jahren nicht veröffentlicht wurden;
26. hebt hervor, dass die EU der größte Handelspartner von Serbien ist, was die gegenseitigen, auf Vertrauen beruhenden Beziehungen und die Aussicht auf Mitgliedschaft stärkt, und bedauert daher die Tatsache, dass die serbische Regierung zeitweise mehr Wert auf ihre Beziehungen zu China und Russland als auf die zur EU gelegt hat;
27. nimmt die Initiative des französischen EU-Ratsvorsitzes zur Kenntnis, eine Konferenz EU-Westbalkan zu organisieren, und hofft, dass sie dazu genutzt wird, den Erweiterungsprozess zu beleben und den Ländern des Westbalkans eine klare Beitrittsperspektive zu geben; sieht dem Ratsvorsitz der Tschechischen Republik und damit einer weiteren Unterstützung der Erweiterungspolitik der EU erwartungsvoll entgegen; begrüßt den Beitrag Serbiens zur Konferenz zur Zukunft Europas in Form von 52 Empfehlungen;
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit
28. fordert die neu gewählte Mehrheit nachdrücklich auf, ihren Arbeitsschwerpunkt darauf zu legen, strukturelle Mängel anzugehen und konkrete und fassbare Ergebnisse in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit, Grundrechte, Meinungsfreiheit, Medienfreiheit, Bekämpfung von Korruption und Desinformation sowie Funktionieren der demokratischen Institutionen und öffentlichen Verwaltung vorzulegen; ist besorgt darüber, dass die mangelnde Aufsicht über die Exekutive und das Fehlen einer sinnvollen öffentlichen Konsultation in mehreren Fällen die Qualität der Gesetzgebung beeinträchtigt und zu Verzerrungen bei der Gewaltenteilung geführt haben; fordert Serbien auf, die Gewaltenteilung im Einklang mit seiner Verfassung und den demokratischen Normen vollständig umzusetzen; betont, dass es der Einrichtung von Kontrollmechanismen bedarf, um eine übermäßige Konzentration der politischen Macht zu verhindern, und weist darauf hin, dass unabhängige Medien ein Eckpfeiler einer gesunden demokratischen Debatte sind;
29. begrüßt die jüngsten Änderungen der Verfassung nach dem Referendum im Januar 2022, mit denen die Unabhängigkeit des Justizsystems gestärkt werden soll; betont, dass der Reformprozess zur Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz fortgesetzt werden sollte, insbesondere durch Gesetzesänderungen, die eine wirksame Umsetzung dieser Verfassungsänderungen im Einklang mit bewährten europäischen Verfahren und den Empfehlungen der Venedig-Kommission ermöglichen, und zwar auf transparente und integrative Weise; bedauert den anhaltenden Druck auf die Justiz und verurteilt die öffentliche Leugnung internationaler Urteile in Bezug auf Kriegsverbrechen; fordert die neu gewählte Mehrheit auf, vorrangig die Garantien für die Unabhängigkeit und Effizienz der Justiz zu stärken; hebt hervor, dass es zusätzlicher Maßnahmen bedarf, um die Unabhängigkeit der Justiz im Einklang mit den jüngsten Verfassungsänderungen umfassend sicherzustellen;
30. hebt die Vorteile des Prozesses der Dezentralisierung hervor und fordert eine Stärkung der Kompetenzen der Autonomen Provinz Vojvodina; weist darauf hin, dass das Gesetz über die finanzielle Unterstützung für die autonome Provinz Vojvodina gemäß der serbischen Verfassung bis Ende 2008 hätte verabschiedet werden müssen, und fordert die künftige Regierung auf, die Angelegenheit ohne weiteren Aufschub der Nationalversammlung vorzulegen;
31. stellt fest, dass einige Verbesserungen in der Arbeit der Nationalversammlung erfolgt sind, insbesondere die geringere Nutzung von Dringlichkeitsverfahren und die Annahme eines neuen Verhaltenskodexes für die Mitglieder der Nationalversammlung, der in Zusammenarbeit mit GRECO ausgearbeitet wurde; ist jedoch besorgt darüber, dass in den parlamentarischen Debatten – auch von Regierungsvertretern – noch immer hetzerische Äußerungen getätigt werden, die sich gegen politische Gegner, die Zivilgesellschaft, die Medien und Vertreter anderer Institutionen richten, die divergierende politische Ansichten äußern; fordert die neue Nationalversammlung auf, solche Praktiken nicht zu dulden und ihren Verhaltenskodex wirksam durchzusetzen; hofft, dass die negativen Praktiken, die in früheren Nationalversammlungen gang und gäbe waren, einschließlich des übermäßigen Nutzung von Dringlichkeitsverfahren und Verschleppungstaktiken, nicht wieder vorkommen werden, und fordert die Regierung auf, regelmäßiger an den Sitzungen der Nationalversammlung teilzunehmen;
32. bedauert, dass die Arbeit der Nationalversammlung durch das Fehlen einer echten politischen Debatte zwischen Mehrheits- und Oppositionsparteien behindert wurde; betont, dass ein parteiübergreifender Konsens über EU-bezogene Reformen enorm wichtig ist, damit die Fortschritte des Landes auf seinem Weg in die EU sichergestellt werden; ist besorgt darüber, dass die Nationalversammlung ihrer Aufsichtsfunktion nicht nachkommt und dass die legislative Agenda ausschließlich von der Exekutive diktiert wird; fordert die neue parlamentarische Führung und die neuen parlamentarischen Fraktionen auf, sich auf konstruktive Debatten in der Nationalversammlung zum Wohle der Bürger zu konzentrieren;
33. bringt seine Zufriedenheit darüber zum Ausdruck, dass die Minderheitsparteien und ‑koalitionen in der neuen serbischen Nationalversammlung von insgesamt 13 Vertretern der bosnischen, ungarischen und kroatischen nationalen Gemeinschaften vertreten sein werden; ist besorgt darüber, dass Roma nicht ihren eigenen Vertreter in der Nationalversammlung haben werden;
34. fordert die serbische Nationalversammlung auf, dafür zu sorgen, dass unabhängige Regulierungsstellen in die Lage versetzt werden, ihre Aufsichtsaufgaben wirksam wahrzunehmen, indem sie die Umsetzung der Ergebnisse und Empfehlungen der unabhängigen Regulierungsstellen unterstützt und überwacht;
35. bekräftigt seine Besorgnis über die nur geringen Fortschritte bei der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität sowie über mehrere öffentlichkeitswirksame Korruptionsskandale, die auf mögliche Verbindungen zwischen Staatsbeamten und der organisierten Kriminalität hinweisen; fordert Serbien auf, seine Bemühungen zur wirksamen Bewältigung dieser Probleme zu intensivieren; fordert die staatlichen Stellen auf, laufende Ermittlungen und Verfahren nicht zu kommentieren und keinen Druck auf die Justiz auszuüben;
36. begrüßt den zweiten Zwischenbericht der GRECO über Serbien im Rahmen der vierten Bewertungsrunde über die Einhaltung der Vorschriften, der sich mit der Korruptionsprävention in Bezug auf Mitglieder der Nationalversammlung, Richter und Staatsanwälte befasst und zu dem Schluss kommt, dass Serbien acht der dreizehn Empfehlungen des Berichts über die vierte Bewertungsrunde zufriedenstellend umgesetzt bzw. gehandhabt hat; fordert, dass die noch ausstehenden Empfehlungen umgesetzt werden; nimmt den Erlass eines neuen Gesetzes zur Verhinderung von Korruption zur Kenntnis, das vor Kurzem im Einklang mit den Empfehlungen der GRECO geändert wurde;
37. fordert Serbien nachdrücklich auf, überzeugende Ergebnisse zu erzielen, einschließlich einer überzeugenden Erfolgsbilanz der wirksamen Ermittlungen im Bereich der Korruptionsbekämpfung, insbesondere in Fällen mit hohem öffentlichen Interesse, und seine Erfolgsbilanz bei Ermittlungen in Korruptionsfällen auf hoher Ebene, die die Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten umfassen sollte, zu verbessern; stellt mit Besorgnis fest, dass in den Fällen Krušik und Telekom Srbija keine Informationen zu förmlichen Ermittlungen verfügbar sind; stellt fest, dass der Fall Jovanjica in zwei separaten Anklagen verhandelt wird und dass in investigativen Medien neue Fälle von Korruption auf hoher Ebene aufgedeckt wurden, insbesondere die sogenannten Pandora-Papiere;
38. bekräftigt seine Forderung nach Gerechtigkeit im Hinblick auf die rechtswidrige Zerstörung von Privateigentum im Stadtviertel Savamala in Belgrad; nimmt die Vorwürfe des verurteilten Polizeibeamten zur Kenntnis, wonach er gezwungen war, die alleinige Verantwortung für den gesamten Fall zu übernehmen; bekräftigt seine Besorgnis darüber, dass dieser Fall in den nächsten Jahren verjährt sein könnte; fordert die Behörden nachdrücklich auf, den Fall umfassend zu untersuchen und alle verantwortlichen Personen strafrechtlich zu verfolgen;
39. fordert die Behörden nachdrücklich auf, alle mutmaßlichen Verbindungen zu der kriminellen Vereinigung von Belivuk zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen; ist besorgt über die jüngsten Anschuldigungen, wonach Darko Saric eine internationale kriminelle Vereinigung betrieben hat, während er sich in Serbien in Haft befand;
40. betont, dass das IPA III die Anpassung oder auch Aussetzung von Mitteln ermöglicht, wenn es einen erheblichen Rückgang oder bleibenden Mangel an Fortschritten bei Grundlagen gibt, einschließlich der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität sowie der Medienfreiheit; fordert in diesem Zusammenhang die EU und die Länder des Westbalkans auf, einen Rahmen für eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) und den Ländern des Westbalkans zu schaffen, damit die EUStA ihre Zuständigkeiten im Bereich der IPA III-Mittel in den Ländern des Westbalkans wirksam ausüben kann;
41. begrüßt die Annahme von Änderungen am Gesetz über den freien Zugang zu Informationen von öffentlichem Interesse, mit denen den Forderungen nach mehr Transparenz bei der Politikgestaltung entsprochen wird, wodurch Bürgern ermöglicht wird, Informationen von öffentlichem Interesse ohne unnötige Hindernisse zu erhalten, und fordert, dass es zügig umgesetzt wird;
42. stellt fest, dass die Strategie für die Entwicklung der Zivilgesellschaft angenommen wurde, bedauert jedoch, dass es keinen begleitenden Aktionsplan gibt; fordert die Kommission und den EAD auf, die enge Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft und den Medien in Serbien fortzusetzen und deren Tätigkeiten zu unterstützen; weist erneut darauf hin, dass eine starke und unabhängige Zivilgesellschaft ein wesentlicher Bestandteil jeder Demokratie ist; fordert die serbischen Behörden auf, die Zivilgesellschaft in die Politikgestaltung und die Entscheidungsfindung einzubeziehen, davon abzusehen, jedwede Kritik durch die Zivilgesellschaft als ausländische Einflussnahme zurückzuweisen, und ein Klima zu fördern, das die Arbeit aller Organisationen der Zivilgesellschaft fördert, damit sie ohne Angst vor Einschüchterung oder sogar Kriminalisierung arbeiten können;
43. fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Empfehlungen des Sonderberichts 01/2022 des Europäischen Rechnungshofs umzusetzen, um eine wirksame rechtsstaatliche Wirkung der EU-Finanzhilfe in den Ländern des westlichen Balkans sicherzustellen, insbesondere durch die Entwicklung von Leitlinien für die Anwendung der Bestimmungen im Rahmen des IPA III zu der Anpassung und einer strengeren parlamentarischen Kontrolle der Mittel; fordert die Kommission auf, die Finanzierung enger mit den Fortschritten im Bereich der Rechtsstaatlichkeit zu verknüpfen, zivilgesellschaftliche Organisationen und unabhängige Medienunternehmen stärker zu unterstützen und die Berichterstattung und Überwachung von Projekten zu verbessern, wie es das Parlament wiederholt gefordert hat; fordert in diesem Zusammenhang, für eine bessere Koordinierung der von internationalen Gebern unterstützten Programme zur Rechtsstaatlichkeit zu sorgen;
44. bedauert, dass bestimmte Teile der ehemaligen jugoslawischen historischen Archive nach wie vor nicht verfügbar sind; fordert die Behörden erneut auf, den Zugang zu diesen Archiven zu erleichtern, insbesondere zu denen des früheren jugoslawischen Geheimdienstes (UDBA) und des Sicherheitsdienstes der Jugoslawischen Volksarmee (KOS), um eine umfassende Untersuchung und Aufarbeitung der Straftaten der Zeit des Kommunismus zu ermöglichen und den Aussöhnungsprozess zu erleichtern, und fordert, dass diese Archive den entsprechenden Regierungen der Nachfolgestaaten auf deren Anfrage zurückgegeben werden;
45. fordert Serbien auf, seine Pflichten zu achten und mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (IStGHJ) und dem Internationalen Residualmechanismus für die Ad-hoc-Strafgerichtshöfe (IRMCT) zusammenzuarbeiten und alle ihrer Beschlüsse umzusetzen;
Grundfreiheiten und Menschenrechte
46. verurteilt die Einschränkungen der Freiheit und Unabhängigkeit der Medien und den Missbrauch der Medien durch die regierende Mehrheit, um einen unlauteren politischen Vorteil zu erlangen, politische Gegner anzugreifen und Desinformationen zu verbreiten; betont die negativen Auswirkungen dieser Beschränkungen auf die demokratischen Prozesse im Land; stellt fest, dass der Wettbewerb in der Medienbranche der Medienvielfalt zugutekommt;
47. begrüßt die Bemühungen der Regierung, ihre Medienstrategie umzusetzen, aber bedauert zugleich die Vorgehensweise, die deutlich macht, dass die Behörden ihre Umsetzung absichtlich verzögern; stellt fest, dass zusätzliche Schritte unternommen werden sollten, um die Medienfreiheit weiter zu stärken, und fordert die serbischen Behörden auf, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um die Meinungsfreiheit, die Unabhängigkeit der Medien und die Medienvielfalt sicherzustellen;
48. weist darauf hin, dass der Missbrauch öffentlicher Gelder für den Erwerb von Eigentum an Medienunternehmen als einer der wichtigsten Mechanismen der Vereinnahmung von Medien in Serbien angesehen wird; weist erneut darauf hin, dass Informationen zu Eigentumsverhältnissen von Medien für die Öffentlichkeit zugänglich sein sollten, und fordert mehr Transparenz in Bezug auf die Eigentumsverhältnisse im Medienbereich und die Finanzierung der Medien sowie die Schaffung eines Umfelds, in dem unabhängige und investigative Medien Zugang zu Finanzmitteln haben und sicher arbeiten können; fordert eine verstärkte Transparenz der öffentlichen Finanzierung von Medien;
49. stellt fest, dass in jüngster Zeit mehrere Wahlen von Mitgliedern der Regulierungsbehörde für elektronische Medien (REM) sowie von Mitgliedern des Verwaltungsrats der Rundfunk- und Fernsehanstalt Serbiens im Juni 2021 als umstritten angesehen wurden; nimmt mit Besorgnis einige öffentliche Bewertungen zur Kenntnis, wonach die Entscheidungsfindung in der REM politisch voreingenommen ist; nimmt die neue offene Aufforderung zur Zuteilung nationaler Fernsehfrequenzen und ‑lizenzen zur Kenntnis und betont, dass es wichtig ist, dass ein faires und transparentes Verfahren durchgeführt wird; ist weiterhin besorgt über Probleme in Verbindung mit der Medienkonzentration im Fall Telekom Srbija; betont, dass es wichtig ist, die Funktionsweise und Unabhängigkeit der REM gemäß den Empfehlungen des parteiübergreifenden Dialogs zu verbessern, um den Medienpluralismus zu stärken und die Medienstrategie umzusetzen;
50. nimmt die unverhältnismäßige Sichtbarkeit zur Kenntnis, die Drittländern durch Serbien gegeben wird, und stellt fest, dass bestimmte Medienunternehmen die Hauptquelle der gegen die EU gerichteten und prorussischen Narrative in Serbien sind;
51. bedauert die anhaltenden physischen Angriffe, Einschüchterungen, Hetze und politischen Verleumdungen gegen Journalisten und die Zivilgesellschaft, auch durch Mitglieder des Parlaments und Regierungsbeamte; fordert die Behörden auf, alle Fälle solcher Angriffe zu untersuchen, die Täter angemessen zu bestrafen und die Sicherheit von Journalisten und Menschenrechtsverteidigern zu verbessern; ist besorgt darüber, dass Menschenrechtsverteidiger, investigative Journalisten, Medienunternehmen und Organisationen der Zivilgesellschaft, die der Politik der Regierung kritisch gegenüberstehen, kontinuierlich diskreditiert und ins Visier genommen werden; fordert Serbien auf, die Menschenrechtsinstitutionen zu stärken, ihre Unabhängigkeit zu garantieren, ihnen die erforderlichen finanziellen und personellen Ressourcen zuzuweisen und dafür zu sorgen, dass ihre Empfehlungen zeitnah weiterverfolgt werden;
52. fordert die serbischen Behörden auf, die vollständige finanzielle und operative Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden für elektronische Kommunikation und Postdienste (RATEL) und für elektronische Medien (REM) im Einklang mit dem Besitzstand der EU sicherzustellen; fordert weitere Fortschritte bei der Umsetzung des Aktionsplans auf der Grundlage der Medienstrategie ohne Verzögerungen und auf transparente und inklusive Weise;
53. fordert die allgemeine Achtung des Grundrechts auf friedliche Versammlungen und fordert die Strafverfolgungsbeamten auf, von der Anwendung übermäßiger Gewalt abzusehen; verurteilt die Gewalt von Gruppen von Extremisten und Hooligans bei friedlichen Protesten, wie z. B. im November 2021 bei den Protesten gegen das Wandbild von Ratko Mladić in Belgrad und im Dezember 2021 bei den Umweltprotesten in Šabac und Belgrad; ist nach wie vor besorgt über die Berichte, nach denen die Polizei ihre schützende Funktion während dieser Umweltproteste nicht ausgeübt hat; fordert die Regierung auf, die Entfernung von Wandbildern, die verurteilte Kriegsverbrecher verherrlichen, sicherzustellen, und fordert eine wirksame Untersuchung der Angriffe gegen Demonstranten, einschließlich etwaiger betroffener öffentlicher Bediensteter; fordert eine umfassende Untersuchung etwaiger Verbindungen zwischen Hooligans und der Polizei; bedauert, dass eine Reihe von Bürgern mit Anschuldigungen wegen Fehlverhaltens konfrontiert war; fordert, dass diese unverhältnismäßigen Einschränkungen des Rechts auf friedliche Versammlung beendet werden;
54. begrüßt die Verabschiedung des Gesetzes über die Gleichstellung der Geschlechter und die Änderungen des Gesetzes über das Verbot der Diskriminierung und fordert die Regierung auf, dafür zu sorgen, dass die Gesetze umgehend umgesetzt werden; bekräftigt, dass Koordinierung, eine wirksame institutionelle Struktur und Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft erforderlich sind, um die Situation der Menschenrechte und politischen Freiheiten von Frauen und schutzbedürftigen Gruppen zu verbessern; fordert Serbien auf, die Gleichstellung der Geschlechter und die Situation der Rechte von Frauen zu verbessern, unter anderem durch eine durchgängige Berücksichtigung der Geschlechtergleichstellung und eine vermehrte Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft, insbesondere mit Frauenorganisationen;
55. begrüßt die Verabschiedung einer neuen Strategie gegen Gewalt gegen Frauen und gegen häusliche Gewalt; betont jedoch, dass sie umgesetzt und verbessert werden muss, und fordert ein kohärentes politisches Konzept für die Umsetzung des Übereinkommens von Istanbul auf der Grundlage der Priorisierung und Zuweisung ausreichender Ressourcen zur Verhinderung geschlechtsbezogener Gewalt, zum Schutz von Opfern von Straftaten und zur Strafverfolgung der Täter;
56. bedauert, dass die Nationalversammlung in der vorangegangenen Wahlperiode das Gesetz über gleichgeschlechtliche Partnerschaften, das vom Ministerium für Menschenrechte und Minderheitenrechte und sozialen Dialog ausgearbeitet wurde, nicht verabschiedet hat; fordert die neue und stärker pluralistische Nationalversammlung auf, dies zu tun;
57. fordert die serbischen Behörden auf, ihre Anstrengungen zu verstärken, um die diskriminierungsfreie Behandlung ethnischer, religiöser und geschlechtlicher Minderheiten und anderer schutzbedürftiger Gruppen sicherzustellen und die Umsetzung einer positiven Agenda zu diesem Thema weiterzuführen in vollem Einklang mit den Prinzipien und Rechtsvorschriften der EU; fordert die Behörden nachdrücklich auf, die Ermittlungen und die Verurteilungen bei hassmotivierten Verbrechen aktiv voranzutreiben; verurteilt den von einigen Regierungsbeamten und Politikern verbreiteten ethnischen Hass;
58. fordert Serbien auf, dafür zu sorgen, dass Minderheiten Chancengleichheit erhalten, vor allem in der Bildung, die Verwendung von Minderheitensprachen, den Zugang zu Medien und religiösen Diensten in Minderheitensprachen und die angemessene Vertretung im politischen und kulturellen Leben, in öffentlichen Medien, in der Verwaltung und in der Justiz sicherzustellen, eine positive Atmosphäre für die Bildung in Minderheitensprachen zu schaffen und mehr Lehrbücher in Minderheitensprachen zu drucken; fordert Serbien auf, das Kulturerbe, die Sprachen und die Traditionen seiner nationalen Minderheiten zu schützen und zu fördern; fordert Serbien auf, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die Zusammensetzung auf allen Ebenen der Regierung die nationale Zusammensetzung der Bevölkerung in ihren jeweiligen Gebieten widerspiegelt;
59. verurteilt die manipulative Zersplitterung von Minderheiten und ist besorgt darüber, dass die serbischen Behörden nicht bereit sind, das zwischenstaatliche Abkommen über den Schutz von Minderheiten konsequent und vollständig umzusetzen; stellt fest, dass mehr getan werden muss, um die Rechtsvorschriften über Antidiskriminierung aktiv umzusetzen;
60. begrüßt den Einsatz der serbischen Behörden für die Unterstützung der Organisation der EuroPride in Belgrad als zentrales Moment für die LGBTI+-Gemeinschaft in Serbien und in der Region; fordert die Regierung und die Polizeikräfte auf, für eine reibungslose Planung und Organisation des Programms, die Sicherheit und das Wohlergehen der Teilnehmenden zu sorgen; fordert verstärkte Maßnahmen zur Bekämpfung von Belästigung, Hasspropaganda und Hassverbrechen gegen LGBTI+-Personen;
61. bekräftigt seine Verurteilung der mutmaßlichen Zwangsarbeit, der Verletzung von Menschenrechten und des Menschenhandels, von denen rund 500 vietnamesische Staatsangehörige auf der Baustelle der chinesischen Linglong-Fabrik in Serbien betroffen sind; nimmt zur Kenntnis, dass erste Schritte ergriffen und Prüfungen durchgeführt wurden, und fordert die serbischen Behörden auf, den Fall zu untersuchen und für die Einhaltung der Arbeitnehmerrechte von Bürgern und Einwohnern zu sorgen; fordert Serbien auf, Verbesserungen bei der Angleichung an das Arbeitsrecht der EU vorzunehmen, und den einschlägigen Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation, die von Serbien ratifiziert wurden, zu entsprechen; betont, dass die Arbeits- und Umweltrechtsvorschriften Serbiens auch für chinesische Unternehmen, die in dem Land tätig sind, gelten sollten;
62. bedauert die Abschiebung eines bahrainischen Staatsangehörigen in sein Heimatland trotz einer einstweiligen Anordnung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, wonach seine Auslieferung aufgeschoben werden sollte; weist darauf hin, dass Serbien die Grundrechte aller Menschen in seinem Hoheitsgebiet achten muss; fordert die serbischen Behörden mit Nachdruck auf, ihren internationalen Verpflichtungen nachzukommen und alle Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte uneingeschränkt durchzusetzen und umzusetzen;
63. weist auf die Bedeutung der Zusammenarbeit mit der EU bei der Bekämpfung des Menschenhandels und der Schleusung von Migranten über die sogenannten „Balkanroute“ hin; begrüßt die Zusammenarbeit Serbiens mit seinen Nachbarn und Mitgliedstaaten der EU bei der Steuerung der Migration und betont dabei, dass es notwendig ist, die Menschenrechte und internationale Standards und Grundsätze umfassend zu achten;
64. ist zutiefst besorgt über die Verbreitung von Desinformationen über die russische Aggression gegen die Ukraine, unter anderem über Medienunternehmen, die der Regierung nahestehen; fordert die serbischen Behörden auf, entschlossene Schritte zur Bekämpfung von Desinformation zu unternehmen und die am häufigsten verbreiteten Falschmeldungen zu bekämpfen; fordert Serbien und die Kommission auf, die Infrastruktur zur Bekämpfung von Desinformation, russischer Propaganda und anderen hybriden Bedrohungen zu stärken und faktengestützte Reaktionen auf kurz- und langfristige Desinformationsbedrohungen im Westbalkan zu fördern; betont, dass alle politischen Führungspersönlichkeiten die Verantwortung tragen, die Verbreitung böswilliger Desinformation über die russische Aggression gegen die Ukraine zu unterbinden; stellt fest, dass eine tolerante Haltung gegenüber böswilligen äußeren Einflüssen ernste negative Folgen für die Aussichten Serbiens auf einen Beitritt zur EU haben kann;
65. ist besonders besorgt über die Falschmeldungen, die vom Kreml ausgehen und über Sputnik Serbien und andere inländische Anbieter verbreitet werden; fordert die serbischen Behörden auf, sich an die EU-Sanktionen zu halten und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, damit Russia Today und Sputnik Serbien keine Falschmeldungen und Desinformation mehr verbreiten können; ist zutiefst besorgt, dass die von der Regierung finanzierte oder unterstützte Boulevardpresse und einige Fernsehsender mit nationaler Reichweite zu den Hauptquellen von Desinformation zählen; bedauert, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk seit Beginn des grundlosen Einmarschs Russlands in die Ukraine russischer Propaganda-Ausdrücke wie „Sonder-Militäroperation“ bedient;
66. ist sehr beunruhigt darüber, dass die EU-Beitrittsländer des Westbalkans von Angriffen in Form ausländischer Einflussnahme und Desinformationskampagnen aus Russland und China besonders hart getroffen werden; ist besorgt angesichts des Umstands, dass Serbien und Ungarn Russland und China bei ihren geopolitischen Zielen helfen; fordert den EAD auf, eine proaktivere Haltung einzunehmen, bei der der Schwerpunkt darauf liegt, die Glaubwürdigkeit der EU in der Region zu stärken und Überwachungstätigkeiten durch die Task Force für strategische Kommunikation (StratCom) auszuweiten, um einen Schwerpunkt auf grenzüberschreitende Desinformationsbedrohungen, die von den Ländern des westlichen Balkans und ihren Nachbarländern ausgehen, zu legen;
67. betont, dass der Dialog mit der serbischen Zivilgesellschaft und der Privatwirtschaft wichtig ist, um Maßnahmen zur Verhinderung von Desinformation in Serbien wie auch in der Region zu koordinieren; stellt in diesem Zusammenhang fest, dass Serbien von einer stärkeren Beteiligung an Sachverständigengruppen der Agentur der Europäischen Union für Cybersicherheit (ENISA) profitieren würde;
68. würdigt die Arbeit der StratCom Task Force des EAD für die westlichen Balkanstaaten, die damit betraut wurde, für eine koordinierte und kohärente Kommunikation der EU zu sorgen, Resilienz aufzubauen und gegen Desinformation und Informationsmanipulation, die sich gegen die EU richtet, vorzugehen; fordert eine Verstärkung der strategischen Kommunikationsmaßnahmen und die Aufstockung des Personals, einschließlich der möglichen Schaffung einer Stelle für regionale strategische Kommunikation in der Region des westlichen Balkans;
Aussöhnung und gutnachbarschaftliche Beziehungen
69. begrüßt die Beteiligung Serbiens an regionalen Kooperationsmechanismen und fordert es auf, mehr Anstrengungen in die Verbesserung bilaterale Beziehungen zu anderen Erweiterungsländern und benachbarten EU-Mitgliedstaaten zu investieren; begrüßt seine Entscheidung, etwa 600 000 COVID-19-Impfdosen an die Region zu spenden, u. a. an Nordmazedonien, Montenegro und Bosnien und Herzegowina; fordert das Land auf, auf allen Ebenen tätigt zu werden, um die Aussöhnung zu fördern und gutnachbarschaftliche Beziehungen zu verbessern, bilaterale Vereinbarungen umzusetzen und ausstehende bilaterale Probleme mit seinen Nachbarn zu lösen, insbesondere im Hinblick auf die Festlegung des Grenzverlaufs, Fragen der Rechtsnachfolge, die Rückgabe von Kulturgütern und die Öffnung der Militärarchive;
70. hebt das Engagement Serbiens in der Arbeit mit Nachbarländern zur Bekämpfung des Problems von vermissten Personen hervor und betont, dass die Aussöhnung mit Nachbarländern eine Voraussetzung für die Normalisierung der regionalen Beziehungen ist; erklärt sich besorgt über den Erlass des Gesetzes für das Kulturerbe; fordert die vollständige Achtung des Kulturerbes und die Förderung von Zusammenarbeit im Bereich Kultur und weist erneut darauf hin, dass es wichtig ist, die Sprachen nationaler Minderheiten in Serbien im Einklang mit den Rechtsvorschriften und den bilateralen Vereinbarungen mit Nachbarländern zu schützen;
71. begrüßt die Forderungen der serbischen Behörden nach der Wiederaufnahme der Tätigkeit der Institutionen Bosniens und Herzegowinas durch die bosnischen Serben;
72. bekräftigt seine uneingeschränkte Unterstützung für den von der EU unterstützten Dialog zwischen Belgrad und Pristina und würdigt die Arbeit des EU-Sonderbeauftragten für den Dialog zwischen Belgrad und Pristina, Miroslav Lajčák; bekräftigt, dass ein konstruktives Engagement sowohl der serbischen als auch der kosovarischen Staatsorgane wichtig ist, um ein umfassendes rechtsverbindliches Abkommen über die Normalisierung der Beziehungen auf der Grundlage der gegenseitigen Anerkennung zu erreichen, das für beide Länder von entscheidender Bedeutung ist, um auf ihrem jeweiligen Weg nach Europa voranzukommen, und das zur regionalen Stabilität und zum regionalen Wohlstand beitragen wird; fordert die Achtung und gutgläubige und rechtzeitige vollständige Umsetzung aller in der Vergangenheit getroffenen Vereinbarungen zwischen Belgrad und Priština, einschließlich des Verbands / der Gemeinschaft der Gemeinden mit serbischer Bevölkerungsmehrheit;
73. fordert den EAD auf, einen Mechanismus zur Überwachung und Überprüfung der Umsetzung aller bereits getroffenen Vereinbarungen einzurichten und dem Europäischen Parlament regelmäßig über den aktuellen Stand der Dinge Bericht zu erstatten; fordert Akteure der EU auf, lokale Behörden in der Arbeit hin zu dem Verband / der Gemeinschaft der Gemeinden mit serbischer Bevölkerungsmehrheit als Teil einer gemeinsamen Vereinbarung zu unterstützen;
74. fordert ein verstärktes aktives und konstruktives Engagement für den von der EU unterstützten Dialog; fordert die Regierungen Serbiens und des Kosovo nachdrücklich auf, von allen Aktivitäten abzusehen, die das Vertrauen zwischen den Parteien untergraben und die konstruktive Weiterführung des Dialogs gefährden könnten; fordert erneut, dass die Qualität des Dialogprozesses durch die Beteiligung von Frauen, durch mehr Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit und durch eine sinnvolle Einbeziehung der Zivilgesellschaft verbessert wird;
75. fordert die serbischen und kosovarischen Behörden auf, persönliche Kontakte zwischen den lokalen Gemeinschaften zu fördern, um den Dialog, auch auf nichtstaatlicher Ebene, zu stärken; würdigt die Kultur- und Jugendinitiativen wie das jährliche grenzüberschreitende Kunstfestival „Mirëdita, Dobar Dan!“, mit dem die Zusammenarbeit zwischen Kosovo-Albanern und Serben gefördert wird;
76. fordert sowohl Serbien als auch das Kosovo auf, bei den Themen der vermissten Personen und der Gerechtigkeit für Kriegsverbrechen, die während des Jugoslawien-Kriegs in den 1990er Jahren begangen wurden, die Bemühungen zu verstärken und Lösungen zu finden; fordert die Regierung auf, sich auch im Rahmen des Dialogs zwischen Belgrad und Pristina mit diesen Themen zu befassen und eine Zusammenarbeit zwischen Serbien und dem Kosovo aufzunehmen; fordert die serbischen und kosovarischen Regierungen auf, nachhaltigen Lösungen für die Stromversorgung im Norden des Kosovo zu finden;
77. bedauert die Entscheidung der Regierung des Kosovo, einen Vorschlag von internationalen Mediatoren abzulehnen, der es ermöglicht hätte, die Stimmzettel der Wahlberechtigten einzusammeln, um ihnen die Teilnahme an dem Verfassungsreferendum am 16. Januar 2022 und an der serbischen Wahl am 3. April 2022 auf dem Gebiet des Kosovo zu ermöglichen, wie es zuvor praktiziert worden war;
78. bedauert die auf Destabilisierung ausgerichteten Maßnahmen im September 2021 an der Grenze im Norden des Kosovo und fordert Belgrad und Pristina auf, alle Probleme im Wege eines Dialogs zu lösen; bedauert, dass in der Arbeitsgruppe, die beauftragt wurde, eine Lösung für die Verwendung der Kfz-Kennzeichen zu finden, keine Einigung erzielt wurde; fordert beide Parteien auf, so bald wie möglich eine dauerhafte Lösung im Rahmen des von der EU unterstützten Dialogs zu finden, durch die die Normalisierung der wirtschaftlichen und politischen Beziehungen gefördert wird; bedauert, dass Beamte in mehreren Fällen nicht in die Hoheitsgebiete des Kosovo oder Serbiens einreisen durften; fordert beide Parteien auf, bei allen Reisen dafür zu sorgen, dass sie dem Prozess der Normalisierung förderlich sind;
79. nimmt die Beschwerden ethnischer Albaner aus dem Preševo-Tal zur Kenntnis, denen es verweigert wurde, an ihrem Wohnort zu wählen, und die offenbar aus dem Personenstandsregister gestrichen und so durch die serbischen Behörden ihrer grundlegenden und politischen Rechte beraubt wurden; ist zutiefst besorgt über Behauptungen und Studien, die darauf hinweisen, dass die serbischen Behörden das Gesetz über den Aufenthalt von Bürgern und die „Passivierung“ (pasiviziranje) von Wohnadressen von Bürgern albanischer Volkszugehörigkeit, die in Südserbien leben, auf systematische und diskriminierende Weise missbrauchen; fordert eine unabhängige und gründliche Untersuchung dieser Vorwürfe und fordert die serbischen Behörden auf, alle diskriminierenden Praktiken und gezielten Angriffe einzustellen;
80. begrüßt die Annahme der nationalen Strategie zur Verfolgung von Kriegsverbrechen für den Zeitraum 2021–2026 und den kürzlich erfolgten Beginn der Arbeit verschiedener Gremien und Meldemechanismen im Zusammenhang mit ihrer Arbeit; betont, dass die transparente und inklusive Umsetzung der Strategie wichtig ist; fordert die serbischen Behörden nachdrücklich auf, entschlossen gegen die Verherrlichung verurteilter Kriegsverbrecher vorzugehen und jede spaltende Rhetorik und alle Handlungen einzustellen, die die Integrität der Länder in der Nachbarschaft untergraben und die regionale Stabilität und Versöhnung bedrohen; fordert die serbischen Behörden nachdrücklich auf, ein echtes Engagement für die Untersuchung zu zeigen und die Kriegsverbrechen vor Gericht zu bringen; weist erneut darauf hin, dass in Europa kein Platz für das Leugnen von Völkermorden ist;
81. betont, dass die regionale Zusammenarbeit in den Bereichen Kriegsverbrechen und vermisste Personen sehr wichtig ist, und fordert die serbischen Behörden auf, alle Formen der Hetze, Einschüchterungskampagnen und die öffentliche Billigung und Leugnung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschheit und Kriegsverbrechen zu verurteilen; bedauert, dass einige serbische Behörden und einige serbische Politiker den Völkermord von Srebrenica weiterhin leugnen; fordert die serbischen Behörden auf, für die Fortsetzung von Gerichtsverfahren wegen Kriegsverbrechen zu sorgen, unter anderem auf lokaler Ebene, und Gerechtigkeit für die Opfer zu erreichen, indem sie Gerichtsurteile wegen Kriegsverbrechen anerkennen und respektieren, gegen die Straflosigkeit bei Kriegsverbrechen vorgehen, Fälle von vermissten Personen untersuchen, Grabstätten untersuchen und inländische Staatsanwälte dabei unterstützen, die Täter vor Gericht zu bringen;
82. verurteilt die zunehmende Präsenz verurteilter Kriegsverbrecher wie Veselin Šljivančanin, Dragoljub Ojdanić und Nikola Šainović in den Medien, die zur Verbreitung von Hass und Intoleranz gegenüber nationalen Minderheiten in Serbien genutzt wird;
83. fordert die EU und ihre Verbündeten auf, die Arbeit an der Aussöhnung weiter zu verstärken; begrüßt das erneute Engagement der EU-Verbündeten, insbesondere die Ernennung von Sondergesandten der USA, des Vereinigten Königreichs und Deutschlands für den westlichen Balkan, und fordert, dass sie eng mit dem Sondergesandten der EU zusammenarbeiten und sich mit ihm abstimmen, um die Hebelwirkung zu stärken und kohärente Beratung und Unterstützung bereitzustellen;
84. bekräftigt seine Unterstützung für die Initiative zur Einrichtung der regionalen Kommission zur Wahrheitsfindung in Bezug auf Kriegsverbrechen und andere schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen im Gebiet des ehemaligen Jugoslawien;
85. begrüßt den Beginn der Umsetzung einer roamingfreien Zone auf dem gesamten Westbalkan ab dem 1. Juli 2021, mit der die Konnektivität verbessert wird und die den Bürgern und Unternehmen in der Region spürbare und konkrete Vorteile bringt; begrüßt die Annahme der Erklärung von Brdo, die von Beamten der EU und führenden Politikern der Länder des westlichen Balkans unterzeichnet wurde und in der die Bedeutung dieser Errungenschaft anerkannt wird; fordert den Rat und die Kommission nachdrücklich auf, mit den Behörden der Länder des westlichen Balkans dabei zusammenzuarbeiten, die Roaminggebühren im Westbalkan und in der Europäischen Union abzuschaffen;
86. fordert die serbischen Behörden nachdrücklich auf, die Schaffung eines gemeinsamen regionalen Marktes im Rahmen des Berliner Prozesses als Sprungbrett auf dem Weg zum EU-Beitritt eindeutig zu unterstützen; betont, dass alle regionalen Programme der wirtschaftlichen Zusammenarbeit im Westbalkan inklusiv und für alle sechs Länder akzeptabel sein sollten, wobei eine gleichberechtigte Zusammenarbeit zwischen allen sechs Ländern eingeführt und gleichzeitig die weitere Angleichung an die Standards und den Besitzstand der EU verstärkt werden sollte;
Sozioökonomische Reformen
87. begrüßt die Fortschritte bei der Entwicklung einer funktionierenden Marktwirtschaft, obwohl der Staat nach wie vor stark präsent ist, und die Tatsache, dass die Auswirkungen der COVID-19-Krise auf die Wirtschaft unter anderem durch rechtzeitige fiskalische und monetäre Unterstützungsmaßnahmen erfolgreich abgefedert wurden; fordert die serbischen Behörden dennoch auf, gezielte pandemiebezogene Unterstützung für schutzbedürftige Haushalte und Unternehmen zu leisten; weist darauf hin, dass die EU Serbien weiterhin wesentliche Unterstützung für seine sozioökonomische Erholung und die Deckung des unmittelbaren medizinischen Bedarfs geleistet hat, darunter zusätzliche Unterstützung in Höhe von 10 Mio. EUR;
88. stellt mit Besorgnis fest, dass keiner der im vorangegangenen Bericht von Investigativjournalisten angeführten Vorwürfe der Manipulation von COVID-19-Statistiken durch die Regierung für politische Zwecke untersucht wurde; betont, dass Vertrauen und Transparenz bei den Bemühungen der Regierung im Kampf gegen COVID-19 von besonderer Bedeutung sind, und fordert die serbische Regierung daher nachdrücklich auf, den Bürgern alle einschlägigen Statistiken zur Verfügung zu stellen;
89. stellt fest, dass der Arbeitsmarkt trotz Verbesserungen noch immer unter Strukturproblemen sowie unter demographischen und migrationsbedingten Herausforderungen leidet; fordert Serbien auf, die Stellung der Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern und die allgemeine und berufliche Bildung stärker auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes abzustimmen, insbesondere im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung und im Zusammenhang mit dem ökologischen und digitalen Wandel;
90. ist zutiefst besorgt über die sozioökonomische Lage in mehreren Bezirken Südserbiens; fordert die serbische Regierung auf, alle Anschuldigungen bezüglich des Einsatzes von Sozialhilfeinstrumenten zu untersuchen, um Druck auf die Wähler auszuüben, insbesondere auf schutzbedürftige Gruppen und Angehörige der Roma-Minderheit; fordert die serbische Regierung auf, auf die Herausforderungen der Armut und der Arbeitslosigkeit in diesen und anderen Teilen des Landes zu reagieren und dafür zu sorgen, dass die Beschäftigungs- und Sozialpolitik mit ausreichenden finanziellen und institutionellen Ressourcen ausgestattet ist;
91. fordert Serbien auf, seine Kapazitäten zur Bereitstellung von Statistiken zu erhöhen und im Einklang mit den höchsten internationalen Standards und unter Beteiligung unabhängiger Beobachter die Volkszählung durchzuführen;
92. ist zutiefst besorgt über die Entvölkerung und die anhaltende Abwanderung des serbischen Humankapitals; begrüßt die Initiativen und innovativen Ansätze der Regierung Serbiens, um diesen Trends, einschließlich des demografischen Wandels, entgegenzuwirken, indem durch eine Reihe gezielter branchenübergreifender Maßnahmen gegen demografische Bedrohungen mit internationalen Organisationen zusammengearbeitet wird, da der stetige Bevölkerungsrückgang nach wie vor eine zentrale Herausforderung für die wirtschaftliche Entwicklung darstellt; fordert die neue Regierung auf, der Jugendpolitik mehr Aufmerksamkeit zu schenken; stellt fest, dass weitere Anstrengungen zur sozioökonomischen Weiterentwicklung der Grenzregionen erforderlich sind, um dem dortigen Bevölkerungsschwund vorzubeugen; weist erneut darauf hin, dass für diesen Zweck auf IPA III-Programme für grenzübergreifende Zusammenarbeit zurückgegriffen werden könnte;
93. begrüßt die Durchführung von Programmen, um kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) zu unterstützen, insbesondere die Senkung der Kreditkosten für KMU; fordert Serbien auf, die verbleibenden Mängel zu beheben, darunter ein instabiles Unternehmensumfeld und unlauterer Wettbewerb; begrüßt das Engagement Serbiens im Prozess der regionalen Marktintegration auf dem westlichen Balkan, die gefolgt von einer weiteren wirtschaftlichen Integration in den EU-Binnenmarkt die erforderlichen Investitionen anziehen und neue Chancen für Bürger und Unternehmen schaffen wird;
94. bekräftigt erneut seine Besorgnis über die wachsende Abhängigkeit Serbiens von chinesischen Investitionen und die Höhe der Kredite, die Serbien an China zurückzahlen wird; fordert die serbischen Behörden nachdrücklich auf, die Transparenz und die Einhaltung der Anforderungen an die Umweltverträglichkeitsprüfung bei chinesischen, russischen und sonstigen Auslandsinvestitionen nichtdemokratischer Staaten, die aus bilateralen Abkommen über strategische Zusammenarbeit resultieren, in stark umweltschädliche Industrien zu verbessern; bedauert, dass kürzlich chinesische Raketensysteme nach Serbien geliefert wurden;
95. betont, dass die Länder des westlichen Balkans in den Mittelpunkt der Global-Gateway-Initiative der EU gestellt werden müssen und dass für eine transparente und nachhaltige Alternative zu den Investitionen und Krediten aus China und von anderen autoritären Regimen gesorgt werden muss;
96. nimmt zur Kenntnis, dass die Änderungen des Enteignungsgesetzes zurückgenommen wurden, und fordert eine breitere öffentliche Debatte über dieses Thema;
97. begrüßt die Verbesserungen bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, fordert jedoch eine verbesserte Erfolgsbilanz bei Ermittlungen in Fällen von Geldwäsche; weist darauf hin, dass Infrastruktur und Bauwesen bedeutende illegale Geldquellen sind, und bestärkt Serbien darin, das Risiko illegaler Finanzströme im Baugewerbe zu minimieren und Steuerhinterziehung und Korruption in der Infrastrukturbranche zu verringern; fordert Serbien auf, dafür zu sorgen, dass die Empfehlungen der Arbeitsgruppe „Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung“ nach Treu und Glauben umgesetzt werden;
98. äußert seine Besorgnis über die mangelnden Fortschritte im Fall der „Liste“, der einen Missbrauch des Rechtsrahmens durch staatliche Behörden darstellt, um bestimmte Organisationen der Zivilgesellschaft und regierungskritische Medien ins Visier zu nehmen; fordert die für die Verhinderung von Geldwäsche zuständige Abteilung des serbischen Finanzministeriums erneut auf, diese Problematik umfassend zu untersuchen;
99. weist auf die Bedingungen hin, an die die Finanzierung im Rahmen des IPA III und des Wirtschafts- und Investitionsplans für den Westbalkan geknüpft ist; stellt fest, dass das IPA III und der Wirtschafts- und Investitionsplan wichtig für die Unterstützung des Reformprozesses, des ökologischen Wandels, nachhaltiger Vernetzung, des Humankapitals, der Wettbewerbsfähigkeit und des inklusiven Wachstums sowie für die Intensivierung der regionalen und grenzüberschreitenden Zusammenarbeit sind;
Umwelt, Energie und Verkehr
100. begrüßt die konkreten Schritte, die unternommen wurden, um die Nutzung von Kohlekraftwerken auslaufen zu lassen; ist äußerst besorgt, dass Serbien trotz der derzeitigen klima- und umweltpolitischen Herausforderungen weiterhin in ein neues Kohlekraftwerk investiert; fordert die Behörden nachdrücklich auf, einen nationalen integrierten Energie- und Klimaschutzplan zu verabschieden, der mit dem Null-Emissionsziel des europäischen Grünen Deals für 2050 und der Grünen Agenda für die westlichen Balkanstaaten im Einklang steht;
101. fordert die nationalen Behörden auf, das Gesetz über die Nutzung erneuerbarer Energiequellen rasch umzusetzen, und fordert eine breitere öffentliche Debatte über die Energiewende und den laufenden Bau von Dutzenden kleiner Wasserkraftwerke;
102. fordert Serbien auf, die Anstrengungen zu verstärken, um seine Energieversorgung und seinen Energiemix insgesamt zu diversifizieren sowie insbesondere seine Abhängigkeit von Russland zu verringern, Investitionen aufzustocken und die Energieinfrastruktur zu modernisieren, um den notwendigen Übergang von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energiequellen zu vollziehen; betont in diesem Zusammenhang, wie wichtig der Bau der Verbindungsleitung mit Bulgarien ist; fordert die Kommission nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass die IPA-Mittel in vollem Einklang mit dem Übereinkommen von Paris und den Dekarbonisierungszielen der EU zum Aufbau einer klimaneutralen Wirtschaft in Serbien beitragen, und die notwendige technische Unterstützung zu leisten, um dieses Ziel zu erreichen;
103. betont, dass sich mangelnde Effizienz in der Energiewirtschaft entscheidend auf die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit des Landes insgesamt auswirkt, und fordert das Land auf, einen gezielten Übergang zu einer grünen Kreislaufwirtschaft zu verfolgen, indem die Nutzung fossiler Energiequellen schrittweise eingestellt und die Recyclingquote von Ressourcen und Materialien erheblich erhöht wird;
104. stellt mit Besorgnis fest, dass der Vertrag zur Gründung der Energiegemeinschaft konsequent nicht eingehalten und konsequent gegen ihn verstoßen wird, und fordert Serbien auf, den Empfehlungen des Vertrags zur Gründung der Energiegemeinschaft zu folgen und seine Tätigkeiten im Energiebereich in Einklang mit dem dritten Energiepaket und der Energiepolitik der EU zu bringen;
105. bekräftigt erneut seine Besorgnis über die hohe Luftverschmutzung und fordert die Behörden nachdrücklich auf, die Umsetzung der Luftqualitätspläne zu beschleunigen; bedauert, dass mehrere Orte und Gegenden in Serbien, insbesondere Belgrad, Smederevo, Bor und Kolubara und Tamnava, in Bezug auf die Luftqualität häufig auf der Liste der weltweit am stärksten verschmutzten Gebiete stehen; fordert die Behörden nachdrücklich auf, rasch Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität zu ergreifen, insbesondere in Großstädten und Industriegebieten; betont, dass nachhaltige Lösungen gefunden werden müssen und der Einsatz von Braunkohle und anderer energiearmer Kohle bei der Stromerzeugung und Wärmegewinnung eingeschränkt werden muss;
106. ist zutiefst besorgt über von China finanzierte Projekte zur Kohleverstromung und ihre Auswirkungen auf die Umwelt und die Luftqualität; stellt fest, dass der Beschlussfassungsprozess für das Programm zum Schutz der Luft derzeit läuft, und begrüßt die Zahlung von Kleinzuschüssen an Gemeinden zur Verbesserung der Luftqualität und der Abfallbewirtschaftung und zur Finanzierung von Projekten zur Verringerung der Luftverschmutzung in Serbien;
107. bekräftigt sein Bedauern über das Ausbleiben von Maßnahmen gegen die Verschmutzung des Flusses Dragovištica durch die in der Region betriebenen Bergwerke und über die negativen Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung und die Umwelt vor Ort;
108. hebt hervor, dass die Rechtsvorschriften über die Abfallbewirtschaftung sowie deren Umsetzung und Durchsetzung verbessert und die Einführung und Umsetzung von Maßnahmen der Abfallhierarchie und der Kreislaufwirtschaft beschleunigt werden müssen;
109. nimmt die Rücknahme der Explorationsgenehmigungen für das Projekt zur Lithiumgewinnung und ‑verarbeitung in Westserbien zur Kenntnis; fordert die serbischen Behörden auf, bei diesem Verfahren vollständige Transparenz walten zu lassen, und fordert, dass eine umfassende Folgenabschätzung durchgeführt wird, einschließlich öffentlicher Konsultationen mit den betroffenen lokalen Gemeinschaften, wenn Genehmigungen erteilt werden;
110. äußert sich zutiefst besorgt über schwerwiegende Probleme im Hinblick auf Korruption und die Rechtsstaatlichkeit bei Umweltfragen und über den allgemeinen Mangel an Transparenz sowie Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfungen bei Infrastrukturprojekten; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass bei den Verhandlungen über den Beitritt zur EU das Cluster 4 (Grüne Agenda und nachhaltige Konnektivität) eröffnet wurde; fordert, den im Rahmen von Umweltprotesten geäußerten berechtigten Bedenken Rechnung zu tragen und sie bei den Verhandlungen anzugehen;
111. fordert, dass die Gesamtfläche des serbischen Hoheitsgebiets, die Schutz genießt, vergrößert wird und dass für eine Umsetzung von Maßnahmen und eine angemessene Finanzierung des Naturschutzes gesorgt wird; fordert die konsequente Anwendung des Gesetzes über den Naturschutz und des Gesetzes über die Nutzung erneuerbarer Energiequellen, um schädliche Projekte in Schutzgebieten zu stoppen;
112. begrüßt die Annahme des Abfallbewirtschaftungsprogramms und stellt fest, dass der Aktionsplan für das Abfallbewirtschaftungsprogramm für den Zeitraum 2022 bis 2024 derzeit öffentlich vorgestellt wird; weist darauf hin, dass das Umweltinformationssystem in Betrieb genommen wurde, sodass die Bürger Umweltprobleme melden können;
113. fordert eine Überprüfung aller bisher gebauten kleinen Wasserkraftwerke, um zu klären, ob die Rechtsvorschriften und Verfahren bei der Erteilung der Genehmigungen ordnungsgemäß eingehalten wurden; fordert in allen Fällen, in denen wie im Fall Rakita eindeutig gegen das Gesetz verstoßen wurde, sofortige Maßnahmen zur Rückführung der Flüsse in den Zustand, in dem sie sich vor dem Bau der kleinen Wasserkraftwerke befanden; fordert die Beseitigung von Anlagen, durch die Küsten, Seen, Wasserläufe und Grundwasser gefährdet werden; betont, dass jedes Projekt, das die Wasserressourcen gefährdet, beaufsichtigt werden muss und in die Liste der Projekte aufgenommen werden sollte, für die eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist; fordert, die Privatisierung des Instituts für Wasserwirtschaft „Jaroslav Černi“ zu überdenken;
114. begrüßt die Fortschritte Serbiens bei der Reform seines Eisenbahnnetzes; fordert Serbien auf, dafür zu sorgen, dass Investitionen in seine Verkehrsinfrastruktur mit der Strategie der EU für nachhaltige und intelligente Mobilität im Einklang stehen und der serbischen Wirtschaft größtmöglichen Nutzen bringen;
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115. beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Präsidenten des Europäischen Rates, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Präsidenten, der Regierung und der Nationalversammlung von Serbien zu übermitteln.
ANGABEN ZUR ANNAHME IM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS
Datum der Annahme |
14.6.2022 |
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Ergebnis der Schlussabstimmung |
+: –: 0: |
50 5 3 |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder |
Alexander Alexandrov Yordanov, François Alfonsi, Maria Arena, Petras Auštrevičius, Traian Băsescu, Anna Bonfrisco, Susanna Ceccardi, Katalin Cseh, Kinga Gál, Giorgos Georgiou, Raphaël Glucksmann, Klemen Grošelj, Bernard Guetta, Peter Kofod, Dietmar Köster, Andrius Kubilius, David Lega, Leopoldo López Gil, Antonio López-Istúriz White, Claudiu Manda, Lukas Mandl, Thierry Mariani, David McAllister, Vangelis Meimarakis, Sven Mikser, Francisco José Millán Mon, Javier Nart, Matjaž Nemec, Demetris Papadakis, Tonino Picula, Giuliano Pisapia, Thijs Reuten, Nacho Sánchez Amor, Jacek Saryusz-Wolski, Sergei Stanishev, Tineke Strik, Dominik Tarczyński, Viola Von Cramon-Taubadel, Isabel Wiseler-Lima, Salima Yenbou, Bernhard Zimniok |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter |
Vladimír Bilčík, Corina Crețu, Angel Dzhambazki, Nicolaus Fest, Arba Kokalari, Andrey Kovatchev, Karsten Lucke, Erik Marquardt, Marisa Matias, Alessandra Moretti, Paulo Rangel, Javier Zarzalejos |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 209 Abs. 7) |
Asim Ademov, Stéphane Bijoux, Andor Deli, Liudas Mažylis, Bettina Vollath |
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NAMENTLICHE SCHLUSSABSTIMMUNG IM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS
50 |
+ |
ECR |
Angel Dzhambazki, Jacek Saryusz-Wolski, Dominik Tarczyński |
ID |
Anna Bonfrisco, Susanna Ceccardi |
PPE |
Asim Ademov, Alexander Alexandrov Yordanov, Traian Băsescu, Vladimír Bilčík, Arba Kokalari, Andrey Kovatchev, Andrius Kubilius, David Lega, Leopoldo López Gil, Antonio López-Istúriz White, David McAllister, Lukas Mandl, Liudas Mažylis, Vangelis Meimarakis, Francisco José Millán Mon, Paulo Rangel, Isabel Wiseler-Lima, Javier Zarzalejos |
RENEW |
Petras Auštrevičius, Stéphane Bijoux, Katalin Cseh, Klemen Grošelj, Bernard Guetta, Javier Nart, Salima Yenbou |
S&D |
Maria Arena, Corina Crețu, Raphaël Glucksmann, Dietmar Köster, Karsten Lucke, Claudiu Manda, Sven Mikser, Alessandra Moretti, Matjaž Nemec, Demetris Papadakis, Tonino Picula, Giuliano Pisapia, Thijs Reuten, Nacho Sánchez Amor, Sergei Stanishev, Bettina Vollath |
VERTS/ALE |
François Alfonsi, Erik Marquardt, Tineke Strik, Viola Von Cramon-Taubadel |
5 |
- |
ID |
Nicolaus Fest, Thierry Mariani, Bernhard Zimniok |
NI |
Andor Deli, Kinga Gál |
3 |
0 |
ID |
Peter Kofod |
THE LEFT |
Giorgos Georgiou, Marisa Matias |
Erklärung der benutzten Zeichen:
+ : dafür
- : dagegen
0 : Enthaltung
- [1] ABl. L 278 vom 18.10.2013, S. 16.
- [2] ABl. L 330 vom 20.9.2021, S. 1.
- [3] ABl. L 111 vom 8.4.2022, S. 1.
- [4] ABl. C 362 vom 8.9.2021, S. 129.
- [5] ABl. C 494 vom 8.12.2021, S. 172.
- [6] Angenommene Texte, P9_TA(2021)0506.
- [7] Angenommene Texte, P9_TA(2021)0511.
- [8] Angenommene Texte, P9_TA(2022)0064.