BERICHT über die Anwendung der die nationalen Parlamente betreffenden Vertragsbestimmungen

11.12.2023 - (2023/2084(INI))

Ausschuss für konstitutionelle Fragen
Berichterstatter: Paulo Rangel


Verfahren : 2023/2084(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A9-0429/2023
Eingereichte Texte :
A9-0429/2023
Angenommene Texte :

BEGRÜNDUNG – ZUSAMMENFASSUNG DER FAKTEN UND ERKENNTNISSE

Einleitung

14 Jahre nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon erachtet es der Ausschuss für konstitutionelle Fragen (AFCO) für notwendig, einen Initiativbericht zur Bewertung der „Anwendung der die nationalen Parlamente betreffenden Vertragsbestimmungen“ zu erstellen.

Anhand dieses Berichts sollen die Nutzung der derzeitigen Mechanismen für die Beteiligung der nationalen Parlamente am europäischen politischen Prozess und die künftigen Perspektiven für die Weiterentwicklung dieser Beteiligung bewertet werden. Auf der Grundlage dieser Bewertung wird anschließend geprüft, wie diese Mechanismen verbessert werden könnten, damit die nationalen Parlamente insgesamt enger in den Integrationsprozess eingebunden werden. In den Bericht fließen auch die Debatten und Empfehlungen ein, die seit der Annahme des vorherigen Umsetzungsberichts stattgefunden haben, etwa die Konferenz zur Zukunft Europas und die Taskforce für Subsidiarität, Verhältnismäßigkeit und „Weniger, aber effizienteres Handeln“.

I. Die primäre Aufgabe nationaler Parlamente: die Kontrolle der europäischen Politik durch die Beauftragung ihrer eigenen Regierungen, die im Rat und im Europäischen Rat vertreten sind

Der Vertrag von Lissabon wird deswegen auch der Vertrag der Parlamente genannt, weil durch ihn dem Europäischen Parlament viel mehr Befugnisse zugewiesen wurden und darin die eigene verfassungsrechtliche Rolle der nationalen Parlamente im EU-Rahmen anerkannt wird. Diese Aspekte spielen eine wesentliche Rolle bei der Gewährleistung der demokratischen Legitimität der Europäischen Union, der Förderung von deren Pluralismus und Vielfalt und der Gewährleistung ihrer verfassungsmäßigen Arbeitsweise.

Die nationalen Parlamente werden – sowohl von politischen Akteuren auf den verschiedenen Regierungsebenen als auch von Wissenschaftlern – als wichtige Akteure angesehen, die zur Stärkung der demokratischen Grundlage des Projekts EU beitragen. Insbesondere die aktive Mitwirkung der nationalen Parlamente in Angelegenheiten der EU und die verstärkte Kontrolle der nationalen Regierungen durch die nationalen Parlamente tragen entscheidend dazu bei, die demokratische Rechenschaftspflicht und die Legitimität des institutionellen Systems der EU sicherzustellen. Allerdings könnte die Handlungsfähigkeit der nationalen Parlamente – obwohl sie im Text der Verträge berücksichtigt sind – im Hinblick auf EU-Fragen noch verbessert werden. Die nationalen Parlamente sind bereit, in EU-Fragen eine aktivere Rolle zu spielen, indem sie nicht nur in Fragen der Subsidiarität, sondern verstärkt auch inhaltlich in die Politik und Gesetzgebung der EU einbezogen werden. Immer häufiger kommt zur Sprache, dass die nationalen Parlamente Gelegenheit erhalten sollten, sich während des gesamten Entscheidungsverfahrens einzubringen.

Damit die Organe demokratisch arbeiten können, müssen sie die Möglichkeit haben, die Entscheidungsträger zur Rechenschaft zu ziehen. Diesbezüglich weist das institutionelle System der EU eine Besonderheit auf: Der Rat der Europäischen Union gehört sowohl zur gesetzgebenden Gewalt (Gesetzgeber) als auch als Organ, das sich aus nationalen Führungskräften zusammensetzt, zur ausführenden Gewalt. Diese Hybridstruktur erschwert die politische Kontrolle, die über ihn ausgeübt werden kann, da die Vorrechte des Europäischen Parlaments begrenzt sind. In diesem Zusammenhang spielen die nationalen Parlamente dank der Kontrolle, die sie, wie im Vertrag vorgesehen, über die Europapolitik ihrer nationalen Regierungen ausüben, eine wesentliche Rolle bei der Sicherstellung des demokratischen Funktionierens der Union.

 

Diese Kontrolle wird jedoch durch die mangelnde Transparenz der Arbeit des Rates erschwert, die trotz einiger Verbesserungen nach wie vor vorherrscht. Der Zugang zu Informationen, der eine Voraussetzung für die Ausübung politischer Kontrolle über die nationale Regierung ist, ist natürlich und vor allem eine Frage nationaler Vorschriften und Gepflogenheiten, und bei diesen bestehen zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten erhebliche Unterschiede. Es könnten jedoch gemeinsame Mindestvorschriften gefördert werden, um für mehr Transparenz der Tätigkeit des Rates gegenüber den nationalen Parlamenten zu sorgen. Diese Transparenz sollte insbesondere für die nationalen Abstimmungen im Rat gelten, die öffentlich sein sollten, und vorzugsweise für die Tagungen des Rates, die in Zukunft öffentlich sein sollten. Der wirksamste Weg, über den die nationalen Parlamente die Europapolitik ihrer Regierungen entsprechend überwachen könnten, bestünde darin, das Agieren und das Abstimmungsverhalten der Mitgliedstaaten im Rat zu begleiten.

 

II. Der besondere verfassungsrechtliche Beitrag der nationalen Parlamente zur EU-Ebene: die Schaffung eines europäischen politischen Raums

Es ist nur folgerichtig, wenn nun im Vertrag von Lissabon ein engerer Austausch zwischen den nationalen Parlamenten und den EU-Organen gefordert wird, denn es wird von ihnen erwartet, dass sie einen größeren Beitrag leisten als das, was sich dann über ihre jeweilige Exekutive (in Form ihrer Äußerungen und ihres Stimmverhaltens) im Rat und im Europäischen Rat manifestiert. Es gibt eine echte verfassungsrechtliche „differentia specifica“ zwischen der Teilhabe der nationalen Parlamente am politischen Geschehen der EU und der Beteiligung der nationalen Regierungen im zuvor erwähnten Rat und Europäischen Rat. Während die Regierungen einen einzigen politischen Standpunkt vertreten, der in der Unteilbarkeit ihres jeweiligen Abstimmungsverhaltens erkennbar wird, kommen in den nationalen Parlamenten gerade die Pluralität und innere Vielfalt zum Ausdruck (unbeschadet der strengen Befolgung des dort zum Ausdruck gebrachten Willens der jeweiligen Mehrheit). Der besondere Beitrag, den die nationalen Parlamente zur europäischen Ebene leisten können, ist genau diese Darstellung der Vielfalt der nationalen Vorstellungen (in proportionaler Vertretung). Bisher wurde jedoch noch wenig unternommen, um die Aufmerksamkeit auf die unersetzbare verfassungsmäßige Aufgabe der nationalen Parlamente im politischen Leben Europas zu lenken. Diese Aufgabe hilft dabei, auf europäischer Ebene einen wahren politischen und einen authentischen öffentlichen Raum zu schaffen. Tatsächlich kann die Minderheitenmeinung in einem nationalen Parlament mit dem mehrheitlichen Standpunkt in einem anderen nationalen Parlament übereinstimmen, und der Austausch zwischen beiden ist ein Zeichen für eine sich allmählich bildende europäische politische Bühne. Ein Ziel des Berichts ist es, diese Lücke zu schließen. In erster Linie soll die Vertretung einer internen Pluralität durch die Delegationen der nationalen Parlamente bei allen gemeinsamen Veranstaltungen gemäß dem Proporz der Fraktionen gefördert werden. Daneben soll es aber auch Minderheitenfraktionen, die eine Minderheitenmeinung vertreten, gestattet sein, ihre von den begründeten Stellungnahmen abweichenden Ansichten darzulegen, ohne dass die Zusagen entsprechend der angenommenen Stellungnahmen nach dem Mehrheitswillen untergraben werden.

III. Für eine umfassende interinstitutionelle Zusammenarbeit: die Entwicklung eines europäischen politischen Raums

Die Schaffung einer europäischen politischen Bühne wird natürlich durch die Unterstützung bereits bestehender Initiativen aller Art gefördert. Tatsächlich hat sich die laufende Zusammenarbeit zwischen den EU-Organen und den nationalen Parlamenten im vergangenen Jahrzehnt erheblich verbessert.

Zwar ist diese Zusammenarbeit eng verknüpft mit dem Dialog zwischen den nationalen Gesetzgebern selbst, es besteht jedoch nach wie vor Verbesserungspotenzial. In erster Linie sollten Anstrengungen unternommen werden, um den bestehenden Rahmen der Beziehungen zwischen der EU und den nationalen Parlamenten zu vereinfachen, so auch die Konferenz der Präsidenten der Parlamente der EU, die COSAC, die Interparlamentarische Konferenz über Stabilität, wirtschaftspolitische Koordinierung und Steuerung in der EU, den Gemeinsamen parlamentarischen Kontrollausschuss für Europol, die interparlamentarischen Ausschusssitzungen und die gemeinsamen parlamentarischen Treffen, um nur einige zu nennen. Die Ausarbeitung eines ausschussbasierten Ansatzes wäre in dieser Hinsicht äußerst wertvoll.

Die interparlamentarische Zusammenarbeit muss zeitlich und inhaltlich besser koordiniert und organisiert werden, um zu verhindern, dass es bei dieser Zusammenarbeit zu Ermüdungserscheinungen kommt. Außerdem bedarf es einer besseren Zusammenarbeit zwischen den nationalen Parlamenten/Kammern selbst, damit sie die bestehenden Mechanismen zur Mitsprache bei EU-Angelegenheiten ausloten können. Ein ausschussbasierter Ansatz bei der interparlamentarischen Zusammenarbeit scheint die bevorzugte Option zu sein.

Es sollte eine „Europäische Woche“ organisiert werden, die in den 27 nationalen Parlamenten gleichzeitig stattfindet und an der Mitglieder der Kommission, Mitglieder des Europäischen Parlaments und Minister der amtierenden Ratspräsidentschaft teilnehmen und mit den nationalen und gegebenenfalls den regionalen Abgeordneten über europäische Angelegenheiten debattieren. Die „Europäische Woche“ würde – ebenfalls ohne das hoheitliche Vorrecht der einzelnen Parlamente zu berühren – eine Reform der „Geschäftsordnungen“ der nationalen Parlamente und des Europäischen Parlaments nach sich ziehen.

IV. Die Rolle der nationalen Parlamente in Bezug auf die Kontrolle der Subsidiarität

Die nationalen Parlamente sind sich dessen bewusst, dass dies eine der wichtigsten verfassungsrechtlichen Befugnisse ist, und stimmen bei der Bewertung einer gewissen Drosselung der Funktionsweise des Frühwarnsystems überein, durch das ein Verfahren der „gelben“ oder der „orangefarbenen Karte“ ausgelöst werden kann.

Begründete Stellungnahmen der nationalen Parlamente scheinen den Gesetzgebungsprozess der EU nicht zu verlangsamen oder aufzuhalten, vor allem weil diese Stellungnahmen binnen acht Wochen ab der Vorlage des Legislativvorschlags der Kommission abgegeben werden sollten. Diese Frist ist jedoch ein einschränkender Faktor, der die nationalen Parlamente davon abhält, begründete Stellungnahmen abzugeben, und wird daher von allen maßgeblichen Akteuren des Prozesses als unzureichend angesehen, insbesondere aufgrund der Verzögerungen bei der Übermittlung einzelner Elemente komplexer Legislativpakete an die nationalen Parlamente und der üblichen Ferienzeiten, wenn in den meisten nationalen Parlamenten keine Sitzungen stattfinden. Sie kann jedoch nicht ohne eine Änderung des Vertrags geändert werden. Im letzten Umsetzungsbericht wurde die Einführung einer technischen Mitteilungsfrist vorgeschlagen, wodurch sich die Frist von acht Wochen de facto verlängern würde. In der Folge hat die Kommission 2019 begonnen, bei der Festlegung der achtwöchigen Frist für die Übermittlung von begründeten Stellungnahmen durch die nationalen Parlamente wenigstens die Feiertage zu Jahresende auszunehmen. Dennoch muss bei den Debatten über mögliche Vertragsänderungen eine Verlängerung der Frist, wie sie die nationalen Parlamente fordern, in Betracht gezogen werden.

Die nationalen Parlamente und die EU-Organe scheinen das Subsidiaritätsprinzip unterschiedlich auszulegen, was sich auf die Umsetzung des Frühwarnsystems auswirken kann, da dessen Wirksamkeit beeinträchtigt wird. Diese Realität wird auch in den Empfehlungen der Konferenz zur Zukunft Europas sichtbar, die verschiedene Vorschläge vorgelegt hat. Daher würde die Herausbildung eines gemeinsamen Verständnisses des Subsidiaritätsprinzips, das die Kriterien des ursprünglich dem Vertrag von Amsterdam beigefügten Protokolls über die Subsidiarität und die Verhältnismäßigkeit, die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sowie die eigene Praxis der Kommission einschließt, dazu beitragen, mehr Klarheit über die Anwendbarkeit und Bewertung des Prinzips zu schaffen. Mit diesem gemeinsamen Verständnis könnte auch versucht werden, die Unterscheidung zwischen Subsidiarität im engeren und im weiteren Sinn, wobei letzteres auch begrenzte Einzelermächtigung und Verhältnismäßigkeit umfasst, zu thematisieren, indem auf eine allzu restriktive Sichtweise auf das Subsidiaritätsprinzip verzichtet wird.

 

Ein Verfahren der „grünen Karte“, das im Bericht von 2018 angesprochen wird, wurde während der Konferenz zur Zukunft Europas ebenfalls diskutiert; dabei wurde im Rahmen der Maßnahme 40(2) vorgeschlagen, den nationalen Parlamenten (und Regionalparlamenten mit Gesetzgebungsbefugnissen) die Möglichkeit einzuräumen, auf europäischer Ebene eine Gesetzgebungsinitiative einzubringen. Diese Maßnahme der Konferenz zur Zukunft Europas würde eine Vertragsänderung erfordern. Auch wenn die Rolle nationaler Parlamente innerhalb der Europäischen Union außer Frage steht, sollte hervorgehoben werden, dass sie keine „dritte Kammer“ im institutionellen Gefüge der Union sind und ihnen daher auch kein unmittelbares Initiativrecht eingeräumt werden sollte. Wie im letzten Umsetzungsbericht dargelegt wurde, würden einer solchen Neuerung zwangsläufig in dreifacher Hinsicht Grenzen gesetzt: Es kann sich nicht um eine echte Gesetzgebungsinitiative handeln, weil dieses Recht ausschließlich der Kommission vorbehalten ist (weder das Parlament noch der Rat können derzeit Gesetze initiieren, auch wenn dem Europäischen Parlament bei einer künftigen Vertragsänderung das Initiativrecht zugestanden werden sollte). Sie darf nicht zur Aufhebung geltender EU-Rechtsvorschriften dienen, da sie andernfalls wie eine umgekehrte rote Karte wirken würde, und schließlich sollte sie nicht das Recht auf Änderung von EU-Rechtsvorschriften beinhalten, denn dadurch wären das Europäische Parlament und der Rat ihrer Befugnisse beraubt, über die sie nach Maßgabe der Verträge verfügen. Die Idee ist daher sehr lobenswert, da sie das richtige Verständnis von Subsidiarität widerspiegelt, und zwar insofern, als dies bedeutet, dass die nationalen Parlamente anerkennen, dass bestimmte Angelegenheiten in die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union fallen. Sobald die Neuerung in vollem Maße wirksam ist, soll es ein Vorschlagsrecht geben, das, ähnlich wie bei parallelen Mechanismen, dazu führen könnte, dass die Kommission, sobald eine Schwelle hinsichtlich der Unterstützung durch die nationalen Parlamente überschritten wird, im Falle einer Ablehnung zu einer begründeten Antwort verpflichtet ist. Zunächst soll es außerdem der Unterstützung durch das Europäische Parlament bedürfen.


 

ANLAGE: EINRICHTUNGEN ODER PERSONEN, VON DENEN DER BERICHTERSTATTER BEITRÄGE ERHALTEN HAT

Der Berichterstatter erklärt unter seiner ausschließlichen Verantwortung, dass er keine Beiträge von Einrichtungen oder Personen erhalten hat, die gemäß Anlage I Artikel 8 der Geschäftsordnung in dieser Anlage aufgeführt werden müssen.

 

 

 


 

ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zur Anwendung der die nationalen Parlamente betreffenden Vertragsbestimmungen

(2023/2084(INI))

Das Europäische Parlament,

 gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union (EUV), insbesondere auf Artikel 5 zur begrenzten Einzelermächtigung und zur Subsidiarität, Artikel 10 Absatz 1 zur repräsentativen Demokratie, Artikel 10 Absatz 2 zur Vertretung der Unionsbürger, Artikel 10 Absatz 3 zum Recht der Unionsbürger, am demokratischen Leben der Union teilzunehmen, Artikel 10 Absatz 4 zur Rolle der europäischen politischen Parteien, Artikel 11 zur partizipativen Demokratie, Artikel 12 zur Rolle der nationalen Parlamente, Artikel 48 Absatz 3 zum ordentlichen Änderungsverfahren und Artikel 48 Absatz 7 („Überleitungsklausel“),

 unter Hinweis auf das dem Vertrag von Amsterdam beigefügte Protokoll Nr. 1 über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union[1] sowie auf das dem Vertrag von Lissabon beigefügte Protokoll Nr. 2 über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit[2],

 gestützt auf Artikel 15 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und die Artikel 41 und 42 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

 unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 7. Mai 2009 zu der Entwicklung der Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten im Rahmen des Vertrags von Lissabon[3], vom 16. April 2014 zu den Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten[4] und vom 19. April 2018 zu der Anwendung der die nationalen Parlamente betreffenden Bestimmungen des Vertrags[5],

 unter Hinweis auf den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Statut und die Finanzierung europäischer politischer Parteien und europäischer politischer Stiftungen (COM(2021)0734),

 unter Hinweis auf den Jahresbericht der Kommission 2018 vom 11. Juli 2019 über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit und die Beziehungen zu den nationalen Parlamenten (COM(2019)0333), den Jahresbericht 2019 vom 30. Juni 2020 (COM(2020)0272), den Jahresbericht 2020 vom 23. Juli 2021 (COM(2021)0417) und den Jahresbericht 2021 vom 1. August 2022 (COM(2022)0366),

 unter Hinweis auf die Jahresberichte der Direktion des Europäischen Parlaments für die Beziehungen zu den nationalen Parlamenten, insbesondere auf den Bericht 2022 über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten der EU,

 unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 20. Januar 2021 zur Kontrolle der Anwendung des Rechts der Europäischen Union in den Jahren 2017, 2018 und 2019[6] und vom 19. Mai 2022 zu dem Bericht der Kommission über die Rechtsstaatlichkeit 2021[7],

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. Juni 2021 zum Thema „Regulatorische Eignung der Unionsvorschriften und Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit – Bericht über bessere Rechtsetzung 2017, 2018 und 2019“[8],

 unter Hinweis auf den Bericht der Taskforce für Subsidiarität, Verhältnismäßigkeit und „Weniger, aber effizienteres Handeln“ vom 10. Juli 2018 mit dem Titel „Aktive Subsidiarität – eine neue Arbeitsweise“[9],

 unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 15. Januar 2020 zum Standpunkt des Europäischen Parlaments zur Konferenz über die Zukunft Europas[10] und vom 4. Mai 2022 zu den Folgemaßnahmen zu der Konferenz zur Zukunft Europas[11],

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. Juni 2022 zu der Forderung nach einem Konvent zur Überarbeitung der Verträge[12],

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 22. November 2023 zu Vorschlägen des Europäischen Parlaments zur Änderung der Verträge[13],

 unter Hinweis auf Artikel 13 des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (SKS-Vertrag), in dem die Organisation interparlamentarischer Konferenzen festgeschrieben ist, um die Haushaltspolitik und andere von diesem Vertrag erfasste Angelegenheiten zu diskutieren,

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. März 2023 zum Europäischen Semester für die wirtschaftspolitische Koordinierung 2023[14],

 unter Hinweis auf die abschließende Erklärung des Vorsitzes im Anschluss an die Konferenz der Präsidenten der Parlamente der Europäischen Union vom 24. und 25. April 2023 in Prag[15],

 unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der Plenarsitzung der LXIX. Konferenz der Ausschüsse für Unionsangelegenheiten der Parlamente der Europäischen Union (COSAC) vom 14. bis 16. Mai 2023 in Stockholm[16],

 unter Hinweis auf die Erklärung von Léon zum Parlamentarismus, die auf der Konferenz zur Feier des Internationalen Tages des Parlamentarismus – Stärkung der Parlamente zur Förderung der Demokratie vom 30. Juni bis 1. Juli 2023 in Léon angenommen wurde[17],

 gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung sowie auf Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe e und Anlage 3 des Beschlusses der Konferenz der Präsidenten vom 12. Dezember 2002 zum Verfahren für die Genehmigung der Ausarbeitung von Initiativberichten,

 unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für konstitutionelle Fragen (A9‑0429/2023),

A. in der Erwägung, dass die aktive Mitwirkung der nationalen Parlamente in Angelegenheiten der EU und die verstärkte Kontrolle der nationalen Regierungen durch die nationalen Parlamente entscheidend dazu beitragen, die demokratische Rechenschaftspflicht und die Legitimität des institutionellen Systems der EU sicherzustellen;

B. in der Erwägung, dass die nationalen Parlamente „aktiv zur guten Arbeitsweise der Union” beitragen (Artikel 12 EUV) und gemeinsam mit dem Europäischen Parlament eine wesentliche Rolle dabei spielen, die demokratische Legitimität des Projekts EU zu stärken, das Vertrauen der Bürger zu festigen und zur Beständigkeit und Resilienz des europäischen Projekts beizutragen;

C. in der Erwägung, dass die derzeitigen Instrumente für die Mitwirkung der nationalen Parlamente in Angelegenheiten der EU sowohl bei den Entscheidungsträgern als auch in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt sind; in der Erwägung, dass das Bewusstsein für diese Instrumente geschärft werden muss;

D. in der Erwägung, dass die parlamentarische Rechenschaftspflicht und Kontrolle der nationalen Regierungen im Rahmen der europäischen Angelegenheiten, die auf den einzelnen nationalen Gepflogenheiten beruht, der Grundstein der Rolle der nationalen Parlamente im Rahmen der geltenden europäischen Verträge ist;

E. in der Erwägung, dass diese Rechenschaftspflicht und diese Kontrolle durch mehr Transparenz im Rat, insbesondere im Hinblick auf das Abstimmungsverhalten und die Standpunkte der Mitgliedstaaten, unterstützt werden können; in der Erwägung, dass die nationalen Parlamente und das Europäische Parlament mehr Druck auf den Rat ausüben sollten, damit dieser transparenter handelt und während des gesamten Gesetzgebungsprozesses verstärkt rechenschaftspflichtig ist; in der Erwägung, dass der Zugang zu Dokumenten anderer Organe der EU es den nationalen Parlamenten außerdem ermöglicht, eine angemessene Kontrolle auszuüben;

F. in der Erwägung, dass durch mangelnde Transparenz in den Rechtsetzungs- und Beschlussfassungsverfahren der EU die Gefahr besteht, dass die Vorrechte der nationalen Parlamente gemäß den Verträgen und den einschlägigen Protokollen sowie insbesondere ihre Rolle bei der Kontrolle ihrer nationalen Regierungen, wie sie im Rat vertreten sind, geschwächt werden;

G. in der Erwägung, dass der parlamentarische Pluralismus die Debatte auf europäischer Ebene bereichert und daher für die Union und die Vertretung der parlamentarischen Minderheiten in europäischen Angelegenheiten von großem Nutzen ist und dazu beiträgt, ein Gegengewicht zu den Mehrheiten in den einzelnen Parlamenten zu schaffen, wobei diese Mehrheiten uneingeschränkt und entsprechend ihrem Proporz geachtet werden; in der Erwägung, dass die Ansichten und die Vertretung nationaler parlamentarischer Minderheiten auf EU-Ebene berücksichtigt werden sollten und sie sich unter anderem bei einem künftigen Prozess zur Überarbeitung der EU-Verträge als nützlich erweisen könnten, wobei die Zuständigkeiten der nationalen Parlamente in Bezug auf ihre Vertretung zu beachten sind;

H. in der Erwägung, dass gemäß dem Protokoll Nr. 2 (Artikel 6) nationale Parlamente regionale Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen konsultieren können, dass jedoch die Rolle regionaler Parlamente weitgehend von nationalen Modalitäten abhängt und sehr häufig nur beratender Natur ist; in der Erwägung, dass die Kommission, der Rat, die Mitgliedstaaten und ihre nationalen Parlamente der Rolle der regionalen Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen Rechnung tragen und deren Beteiligung fördern sollten, insbesondere wenn regionale ausschließliche Zuständigkeiten betroffen sein könnten;

I. in der Erwägung, dass viele Mitglieder des Ausschusses der Regionen ein auf Regionalwahlen beruhendes Mandat innehaben; in der Erwägung, dass eine Debatte über die Rolle des Ausschusses der Regionen bei der Einbindung der regionalen Parlamente in den allgemeinen Integrationsprozess und bei der Stärkung der europäischen Demokratie geführt werden könnte;

J. in der Erwägung, dass die nationalen Parlamente und ihre Rolle innerhalb des institutionellen Rahmens der EU in einer Reihe von Vorschlägen thematisiert wurden, die in dem Bericht über das abschließende Ergebnis der Konferenz zur Zukunft Europas vorgelegt wurden; in der Erwägung, dass die Erfahrung im Zusammenhang mit der Konferenz zur Zukunft Europas die fruchtbare Allianz zwischen den nationalen Parlamenten und dem Europäischen Parlament aufgezeigt hat;

K. in der Erwägung, dass die nationalen Parlamente bei jeder Überarbeitung der europäischen Verträge eine Rolle spielen, insbesondere bei dem Ziel, die parlamentarische Dimension und das demokratische Leben der EU zu stärken; in der Erwägung, dass das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom 9. Juni 2022 einen Konvent zur Überarbeitung der Verträge gefordert hat;

L. in der Erwägung, dass ein europäischer öffentlicher Raum durch eine Reihe von Foren zu Europafragen gefördert werden könnte und dass solche Foren durch eine gemeinsame „Europäische Woche“ gestärkt werden könnten, in der Mitglieder nationaler und regionaler parlamentarischer Kammern gleichzeitig mit Mitgliedern der Kommission, Mitgliedern des Europäischen Parlaments und Ministern der amtierenden Ratspräsidentschaft über europäische Angelegenheiten debattieren; in der Erwägung, dass die Entwicklung eines echten europäischen öffentlichen Raums auch von einer stärkeren Sensibilisierung und der Beteiligung der Bürger sowie von einem Dialog mit den Bürgern profitieren würde;

M. in der Erwägung, dass die Einbindung der nationalen Parlamente in Angelegenheiten der EU auch thematisch, auf Ausschussebene oder ad hoc ausgeweitet werden sollte; in der Erwägung, dass das Format interparlamentarischer Ausschusssitzungen weiter ausgefeilt werden sollte;

N. in der Erwägung, dass die nationalen Parlamente daran interessiert sind, stärker in den Kern der Politik und der Gesetzgebung der EU einbezogen zu werden, nicht nur im Rahmen des Frühwarnsystems, das ausschließlich die Subsidiarität betrifft;

O. in der Erwägung, dass durch die Durchsetzung des Rechts der nationalen Parlamente, auf der Grundlage des Frühwarnsystems die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips zu prüfen, die Einbeziehung der nationalen Parlamente in den Entscheidungsprozess der EU gestärkt wurde;

P. in der Erwägung, dass durch die begründeten Stellungnahmen nationaler Parlamente der europäische Gesetzgebungsprozess gestärkt wird, indem geprüft wird, ob das Subsidiaritätsprinzip eingehalten wird; in der Erwägung, dass sich die in Artikel 4 des Protokolls Nr. 1 festgelegte Frist von acht Wochen für die zeitnahe Überwachung der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips als ungeeignet erwiesen hat und im Rahmen der nächsten Überarbeitung des Vertrags verlängert werden sollte;

Q. in der Erwägung, dass die europäischen politischen Parteien eine entscheidende Rolle dabei spielen, die Kluft zwischen der EU und den nationalen Parlamenten zu überbrücken; in der Erwägung, dass regulatorische Hindernisse einem engeren Zusammenspiel von europäischen politischen Parteien und nationalen Parteien im Weg stehen; in der Erwägung, dass innovative und stärkere Instrumente für die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Parlamenten und dem Europäischen Parlament in Betracht gezogen werden können, darunter auch ein intensiverer Dialog unter den politischen Familien und Fraktionen;

R. in der Erwägung, dass im Umsetzungsbericht 2018 empfohlen wird, den nationalen Parlamenten die Möglichkeit einzuräumen, der Kommission unter angemessener Berücksichtigung ihres Initiativrechts konstruktive Vorschläge zur Prüfung zu unterbreiten;

S. in der Erwägung, dass im Zuge der Konferenz zur Zukunft Europas die Empfehlung ausgesprochen wurde, dass nationalen Parlamenten und Regionalparlamenten mit Gesetzgebungsbefugnissen die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, auf europäischer Ebene eine Gesetzgebungsinitiative einzubringen, ein Instrument, das es ihnen ermöglichen würde, der Kommission – unter angemessener Berücksichtigung ihres Initiativrechts – konstruktive Vorschläge zur Prüfung zu unterbreiten, nachdem sie zuvor die Unterstützung des Parlaments eingeholt haben; in der Erwägung, dass das Ziel, ein vollwertiges Initiativrecht für das Europäische Parlament zu erreichen, während der laufenden Wahlperiode mehrfach hervorgehoben wurde;

T. in der Erwägung, dass das Parlament in seiner Entschließung vom 9. Juni 2022 die Einführung eines allgemeinen direkten legislativen Initiativrechts für das Europäische Parlament gefordert hat; in der Erwägung, dass nach der Gewährung dieses Rechts Verfahren der „grünen Karte“ an das Parlament gerichtet sein sollten;

U. in der Erwägung, dass die Einführung eines Verfahrens der „roten Karte“ nicht als geeignetes, konstruktives Instrument im Hinblick auf das Ziel betrachtet werden kann, die nationalen Parlamente verstärkt in den europäischen Integrationsprozess einzubeziehen;

V. in der Erwägung, dass IPEX, eine Plattform für den ständigen Informationsaustausch unter den nationalen Parlamenten sowie zwischen den nationalen Parlamenten und den EU-Organen, im Einklang mit der digitalen Strategie weiter ausgebaut werden sollte; in der Erwägung, dass das Europäische Parlament dabei eine wichtige unterstützende Funktion innehat;

W. in der Erwägung, dass die nationalen Parlamente in den Bereichen Freiheit, Sicherheit und Justiz gemäß den Artikeln 70, 85 und 88 AEUV über einschlägige Zuständigkeiten verfügen und im Hinblick auf die Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union in Zukunft daher eine wichtige Rolle spielen sollten, auch indem sie sich auf die Interparlamentarische Konferenz (IPK) zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und zur Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GASP/GSVP) stützen, die gemäß Artikel 10 des Protokolls Nr. 1 eingerichtet wurde;

Kontrolle der Regierungstätigkeit im Bereich europäische Angelegenheiten

1. vertritt die Ansicht, dass die Durchsetzung der im Vertrag von Lissabon festgeschriebenen Rechte und Pflichten der nationalen Parlamente zur Stärkung ihrer Rolle im konstitutionellen Rahmen der EU beigetragen hat, wodurch für mehr Pluralismus, demokratische Legitimität und eine bessere Arbeitsweise der Union gesorgt wird;

2. ist der Auffassung, dass die Rechenschaftspflicht der nationalen Regierungen gegenüber den nationalen Parlamenten, die in Artikel 10 Absatz 2 EUV anerkannt wird, den Grundstein für die Rolle der nationalen parlamentarischen Kammern in der Europäischen Union bildet; ist der Ansicht, dass die nationalen Parlamente Partner bei der Wahrung des institutionellen Gleichgewichts der EU sind; legt den nationalen Parlamenten nahe, ihre europäische Funktion umfassend auszuüben, um den Inhalt der politischen Maßnahmen auf EU-Ebene insbesondere durch die Kontrolle ihrer nationalen Regierungen, die als Mitglieder des Europäischen Rates handeln, unmittelbar zu beeinflussen und zu kontrollieren; fordert die Mitglieder der nationalen und regionalen Parlamente auf, bei ihrer Entscheidungsfindung das europäische Bewusstsein zu stärken und die direkten Auswirkungen der EU-Politik auf ihre Wähler anzuerkennen; lobt die guten Erfahrungen mit der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Parlamenten und dem Europäischen Parlament und ist der Ansicht, dass die nationalen Parlamente und das Europäische Parlament das Potenzial haben, bei der Gestaltung einer stärkeren parlamentarischen Dimension der EU natürliche Verbündete zu sein;

3. fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür Sorge zu tragen, dass die nationalen Parlamente ausreichend Zeit, die Kapazitäten und Ressourcen sowie den erforderlichen Zugang zu Informationen erhalten, um ihrer verfassungsmäßigen Rolle gerecht zu werden, wonach sie die Tätigkeit der nationalen Regierungen auf europäischer Ebene kontrollieren und ihr somit Legitimität verleihen; verweist auf die Bedeutung des Zugangs zu Informationen und erkennt an, dass der Rat die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen für seine Dokumente treffen und gleichzeitig dafür sorgen muss, dass die nationalen Parlamente in der Lage sind, demokratische Kontrolle über ihre Regierung auszuüben, unter anderem über den Zugang zur Gesetzesdatenbank des Rates, wobei auch die Vertraulichkeit uneingeschränkt zu wahren ist;

4. vertritt die Ansicht, dass die Transparenz der Arbeitsweisen und der Beschlussfassungsverfahren der Organe der EU eine Voraussetzung dafür darstellt, dass die nationalen Parlamente ihre in den Verträgen festgeschriebene institutionelle Rolle wirksam wahrnehmen können; fordert daher, dass das Abstimmungsverhalten und die Standpunkte der Mitgliedstaaten im Rat öffentlich bekannt gemacht werden; fordert die nationalen Parlamente außerdem auf, ihre jeweiligen Zuständigkeiten in vollem Umfang wahrzunehmen, unter anderem, indem sie ihre interne Organisation, ihre Zeitplanung und ihre Geschäftsordnung entsprechend anpassen; verpflichtet sich und fordert die nationalen Parlamente auf, innovativere und stärkere Instrumente für die Zusammenarbeit auf politischer und administrativer Ebene einzuführen, unter anderem intensivere Formen des Austauschs und des Dialogs mit den europäischen politischen Familien und Fraktionen;

5. tritt für einen intensiveren politischen Dialog zwischen den Organen der EU und den nationalen Parlamenten ein und weist darauf hin, dass Beschlüsse im Einklang mit den verfassungsmäßigen Zuständigkeiten, den EU-Verträgen und dem Besitzstand der Union getroffen werden müssen und dass dabei die eindeutige Abgrenzung der jeweiligen Zuständigkeiten für die Beschlussfassung der lokalen, regionalen, einzelstaatlichen und europäischen Gremien berücksichtigt werden muss;

6. stellt fest, dass die Abstimmung des Europäischen Semesters auf die Zeitpläne der nationalen Parlamente zudem zur Koordinierung der Wirtschaftspolitik beitragen könnte, und betont, dass die Befugnis zur Selbstverwaltung und die spezifischen Geschäftsordnungen der jeweiligen parlamentarischen Kammern bei dieser Abstimmung jedoch nicht missachtet werden dürfen;

7. fordert, dass die nationalen Parlamente eine stärkere Rolle bei der Umsetzung eines nationalen Zeitraums für einen haushalts- und wirtschaftspolitischen Dialog spielen sollen, in dessen Rahmen die nationalen Parlamente zusammenarbeiten, das Europäische Semester erörtern und zu ihm beitragen könnten, indem sie ihren Regierungen im Hinblick auf ihre Beziehungen zur Kommission und zum Rat ein Mandat erteilen;

Entwicklung eines europäischen öffentlichen Raums

8. betont, dass der Grundsatz der Verhältniswahl von Mitgliedern verschiedener Parteien in dieser Hinsicht von Bedeutung ist; empfiehlt daher, dass die Delegationen der nationalen Parlamente, die mit den EU-Organen interagieren, die politische Vielfalt widerspiegeln sollten;

9. stellt fest, dass in den Stellungnahmen der nationalen Parlamente, die im Rahmen des Frühwarnsystems sowie anderweitig abgegeben werden, die verbindlichen Ansichten der parlamentarischen Mehrheiten zum Ausdruck gebracht werden könnten; unterstützt jedoch die Überlegung, dass die parlamentarischen politischen Minderheiten auf nationaler Ebene die Möglichkeit erhalten sollen, abweichende Ansichten zu äußern, die dann in die Anhänge derartiger Stellungnahmen aufgenommen werden könnten;

10. ist der Ansicht, dass die Zusammenarbeit mit den nationalen Parlamenten indirekt gestärkt werden kann, indem die europäischen politischen Parteien aufgewertet werden; bekräftigt seine seit langem erhobene Forderung, es diesen Parteien zu ermöglichen, sich aktiv in den politischen Bereichen der Mitgliedstaaten zu engagieren und ihre Mitgliedsparteien zu unterstützen, wenn EU-Fragen auf dem Spiel stehen; fordert den raschen Abschluss der Neufassung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 über das Statut und die Finanzierung europäischer politischer Parteien und europäischer politischer Stiftungen[18], um es den europäischen politischen Parteien zu ermöglichen, beim Wahlkampf für die Europawahl und bei Kampagnen für Referenden zu EU-Fragen ihre Mitgliedsparteien zu unterstützen;

11. ist der Ansicht, dass die Einrichtung einer jährlichen Europäischen Woche es den Mitgliedern des Europäischen Parlaments, den Mitgliedern der Kommission und den Ministern der amtierenden Ratspräsidentschaft ermöglichen würde, vor allen nationalen und gegebenenfalls regionalen Parlamenten aufzutreten, um gemeinsam mit den nationalen Abgeordneten die europäische Agenda zu diskutieren und zu erläutern; schlägt vor, eine Diskussion über die Ausarbeitung einer gemeinsamen politischen Erklärung oder eines Rahmenabkommens zwischen den nationalen Parlamenten und dem Europäischen Parlament über die Organisation der vorgeschlagenen Europäischen Woche anzustoßen, um einen kohärenteren Rahmen für die Zusammenarbeit auf politischer, institutioneller und administrativer Ebene zu schaffen; vertritt die Auffassung, dass bei der vorgeschlagenen Europäischen Woche Lehren aus aktuellen und früheren Foren gezogen werden sollten, etwa aus der parlamentarischen Woche, die im Rahmen der Konferenz zum Europäischen Semester und der Interparlamentarischen Konferenz über Stabilität, wirtschaftspolitische Koordinierung und Steuerung in der Europäischen Union stattfindet, sowie aus der Konferenz zur Zukunft Europas; vertritt außerdem die Ansicht, dass Treffen der politischen Familien und Plattformen zwischen und innerhalb der nationalen und der europäischen Fraktionen im Rahmen der interparlamentarischen Zusammenarbeit in der EU durch eine echte politische Debatte auf europäischer Ebene einen Mehrwert erbringen könnten;

12. hält eine stärkere Einbindung der nationalen Parlamente von Bewerberländern für ein wesentliches Instrument, um die Erweiterungsstrategie der EU zum Erfolg zu führen; schlägt vor, Vertreter der nationalen Parlamente von Bewerberländern in die vorgeschlagene Europäische Woche einzubeziehen;

Unterstützung der Reform des Frühwarnsystems

13. hebt hervor, dass das wichtigste Vorrecht der nationalen Parlamente, das durch den Vertrag von Lissabon eingeführt wurde, darin besteht, dass sie in den Anfangsphasen der Gesetzgebungsverfahren der EU überprüfen können, ob das Subsidiaritätsprinzip eingehalten wird;

14. stellt fest, dass Verfahren wie die „gelbe“ oder die „orangefarbene“ Karte nicht in großem Umfang genutzt werden; schlägt vor, dass sich alle Organe der EU und alle Mitgliedstaaten auf eine gemeinsame Linie in Bezug auf die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit einigen, die ursprünglich dem Vertrag von Amsterdam beigefügt sind und sich auf die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sowie auf die eigene Praxis der Kommission stützen; vertritt die Auffassung, dass die Entwicklung dieser gemeinsamen Linie alle Elemente der Subsidiarität umfassen sollte und durch neue Instrumente der Zusammenarbeit gefördert werden könnte;

15. nimmt die von den nationalen Parlamenten vorgetragene Forderung nach einer Verlängerung der ihnen für die Abgabe einer begründeten Stellungnahme gemäß Artikel 3 des Protokolls Nr. 1 eingeräumten Frist von acht Wochen zur Kenntnis; betont jedoch, dass im Rahmen der geltenden Verträge keine derartige Verlängerung vorgesehen ist; stellt fest, dass die Kommission 2019 begonnen hat, bei der Festlegung der achtwöchigen Frist für die Übermittlung von begründeten Stellungnahmen durch die nationalen Parlamente wenigstens die Feiertage zu Jahresende auszunehmen; vertritt daher die Auffassung, dass bei der nächsten Überarbeitung des Vertrags die Einführung eines Zeitraums von zwölf Wochen geprüft werden sollte;

16. fordert die nationalen Parlamente auf, begründete Stellungnahmen regionaler Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen in ihre endgültigen begründeten Stellungnahmen aufzunehmen, die an die Präsidenten des Parlaments, des Rates und der Kommission übermittelt werden, wenn regionale ausschließliche Zuständigkeiten betroffen sind;

17. schlägt vor, ein manchmal als Verfahren der „grünen Karte“ bezeichnetes System einzurichten, bei dem mindestens ein Drittel der nationalen Parlamente die Kommission oder das Europäische Parlament – nachdem letzterem ein allgemeines unmittelbares Initiativrecht eingeräumt wurde – auffordern kann, Vorschläge vorzulegen, um die europäische Debatte positiv zu beeinflussen; schlägt diesbezüglich vor, dass die Kommission oder das Europäische Parlament über die Befugnis verfügen könnte, diese Vorschläge entweder zu übernehmen oder eine förmliche Antwort zu übermitteln, in der die Gründe dafür dargelegt werden, dies nicht zu tun; weist darauf hin, dass ein derartiges Verfahren nicht aus einem Initiativrecht oder dem Recht, Rechtsvorschriften zurückzuziehen oder zu ändern, bestehen kann, da dadurch die „Unionsmethode“ und die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen der nationalen und der europäischen Ebene untergraben würden und somit gegen die Verträge verstoßen würde;

Umsetzung des Rechts auf Information

18. weist nachdrücklich darauf hin, dass die nationalen Parlamente gemäß Artikel 12 EUV und dem Protokoll Nr. 1 das Recht haben, unmittelbar von den Organen der EU unterrichtet zu werden; schlägt vor, das Recht auf Information auch auf Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen auszuweiten;

19. empfiehlt den nationalen Parlamenten, die Plattform IPEX rechtzeitig einzusetzen, um dafür zu sorgen, dass der nationale Kontrollmechanismus frühzeitig eingeleitet wird; empfiehlt, IPEX als Kanal für den systematischen Austausch von Informationen und die frühzeitige Anmeldung von Bedenken im Hinblick auf die Subsidiarität zu nutzen; begrüßt die aktualisierte Fassung der IPEX-Leitlinien, die auf der Sitzung der Generalsekretäre im Februar 2023 angenommen wurde und die neue Version der Plattform IPEX sowie die Möglichkeiten und Instrumente erläutert, die diese neue Version bietet;

Auf dem Weg zu einer besseren interinstitutionellen Zusammenarbeit

20. nimmt die bestehende Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten in der COSAC, in der Interparlamentarischen Konferenz für die GASP sowie im Rahmen von Artikel 13 des SKS-Vertrags zur Kenntnis; nimmt ferner neuere Formen der interparlamentarischen Zusammenarbeit zur Kenntnis, etwa den Gemeinsamen parlamentarischen Kontrollausschuss für Europol und die Interparlamentarische Ausschusssitzung zur Bewertung der Tätigkeiten von Eurojust; betont, dass diese Zusammenarbeit auf der Grundlage der Grundsätze des Konsenses, des Austauschs von Informationen und der Konsultation ausgebaut werden sollte, damit die nationalen Parlamente ihre jeweiligen Regierungen und Verwaltungen kontrollieren;

21. betont mit Nachdruck, dass der derzeitige Rahmen für die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den nationalen Parlamenten vereinfacht und harmonisiert werden könnte, damit er effizienter und wirksamer wird; fordert in diesem Zusammenhang eine Überprüfung des Zusammenwirkens der Europäischen Union und der nationalen Parlamente ihrer Mitgliedstaaten über die bestehenden Plattformen und Foren, um diese Beziehungen zu stärken und an die aktuellen Bedürfnisse anzupassen; regt an, dass die Organe der EU und die regionalen Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen sich aktiver einbringen und direkt miteinander interagieren, wobei die Rolle und die Zuständigkeiten der nationalen Parlamente in vollem Umfang geachtet werden;

22. weist darauf hin, dass die Stärkung des politischen und fachlichen Dialogs zwischen den parlamentarischen Ausschüssen sowie zwischen den Fraktionen – sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene – ein äußerst konstruktiver Schritt hin zu einer umfassenden interparlamentarischen Zusammenarbeit wäre; schlägt diesbezüglich vor, auf nationaler Ebene mehr Bewusstsein für mögliche Kooperationsinstrumente zu schaffen; schlägt daher vor, im Hinblick auf dieses Ziel zusätzliche Mittel bereitzustellen, um unter anderem die Nutzung von Videokonferenzen, den Austausch von Personal oder Pilotprojekte zu finanzieren;

23. erkennt die Bedeutung der in den Artikeln 9 und 10 des Protokolls Nr. 1 vorgesehenen interparlamentarischen Ausschusssitzungen sowie den bereichsspezifischen Erfolg einer „Ausschussmethode“ bei der interparlamentarischen Zusammenarbeit an; vertritt die Ansicht, dass die interinstitutionelle Zusammenarbeit verbessert werden könnte, wenn den interparlamentarischen Ausschusssitzungen von den Mitgliedern des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente mehr Bedeutung beigemessen würde und wenn diese bereit wären, enger zusammenzuarbeiten; ist der Auffassung, dass die Geschäftsordnung geändert werden könnte, um stärkere Formen der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Parlamenten und dem Europäischen Parlament unter uneingeschränkter Wahrung ihrer institutionellen Zuständigkeiten und deren Verteilung zu regeln;

24. empfiehlt, dass die nationalen Parlamente an der Weiterentwicklung der GSVP in vollem Umfang beteiligt werden; vertritt die Auffassung, dass eine solche Beteiligung in enger Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament, in Einklang mit Artikel 10 des Protokolls Nr. 1 und unter uneingeschränkter Achtung der Bestimmungen der nationalen Verfassungen bezüglich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik gefördert werden sollte; fordert die nationalen Parlamente auf, eingehendere Überlegungen zu den Prioritäten hinsichtlich der Verteidigungsfähigkeiten auf EU-Ebene anzustellen, unter anderem im Rahmen gemeinsamer interparlamentarischer Treffen von Vertretern der nationalen Parlamente und Mitgliedern des Europäischen Parlaments, im Rahmen der Interparlamentarischen Konferenz zur GASP/GSVP sowie im Wege des politischen Dialogs;

 

25. weist darauf hin, wie wichtig es ist, die Zusammenarbeit und den Dialog zwischen den nationalen Parlamenten und dem Europäischen Parlament hinsichtlich des Untersuchungsrechts zu fördern;

°

° °

26. beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.


 

ANGABEN ZUR ANNAHME IM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS

Datum der Annahme

7.12.2023

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

17

1

2

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Gerolf Annemans, Damian Boeselager, Włodzimierz Cimoszewicz, Salvatore De Meo, Charles Goerens, Sandro Gozi, Max Orville, Antonio Maria Rinaldi, Domènec Ruiz Devesa, Jacek Saryusz-Wolski, Helmut Scholz, Pedro Silva Pereira, Sven Simon, Guy Verhofstadt, Rainer Wieland

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter

Mercedes Bresso, Christian Doleschal, Pascal Durand, Maite Pagazaurtundúa

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 209 Abs. 7)

Javier Zarzalejos

 


 

NAMENTLICHE SCHLUSSABSTIMMUNG IM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS

17

+

PPE

Salvatore De Meo, Christian Doleschal, Sven Simon, Rainer Wieland, Javier Zarzalejos

Renew

Sandro Gozi, Max Orville, Maite Pagazaurtundúa, Guy Verhofstadt

S&D

Gabriele Bischoff, Mercedes Bresso, Włodzimierz Cimoszewicz, Pascal Durand, Domènec Ruiz Devesa, Pedro Silva Pereira

The Left

Helmut Scholz

Verts/ALE

Damian Boeselager

 

1

-

ECR

Jacek Saryusz-Wolski

 

2

0

ID

Gerolf Annemans, Antonio Maria Rinaldi

 

Erklärung der benutzten Zeichen:

+ : dafür

- : dagegen

0 : Enthaltung

Letzte Aktualisierung: 12. Januar 2024
Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen