Entschließungsantrag - B10-0023/2024Entschließungsantrag
B10-0023/2024

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Lage in Venezuela

16.9.2024 - (2024/2810(RSP))

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Kommission
gemäß Artikel 136 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Dolors Montserrat, Esteban González Pons, Gabriel Mato, Sebastião Bugalho, Antonio López‑Istúriz White
im Namen der PPE-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B10-0023/2024

Verfahren : 2024/2810(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B10-0023/2024
Eingereichte Texte :
B10-0023/2024
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B10‑0023/2024

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage in Venezuela

(2024/2810(RSP))

Das Europäische Parlament,

 unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Venezuela,

 unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und andere Menschenrechtsverträge und -instrumente der Vereinten Nationen,

 unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte,

 unter Hinweis auf die Erklärungen der unabhängigen internationalen Ermittlungsmission der Vereinten Nationen betreffend die Bolivarische Republik Venezuela vom 31. Juli und 12. August 2024,

 unter Hinweis auf die Erklärung des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 3. September 2024 zum „Klima der Angst“ in Venezuela,

 unter Hinweis auf die Erklärung des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 29. Juli 2024 zur Präsidentschaftswahl in Venezuela,

 unter Hinweis auf die vom Hohen Vertreter am 4. und 24. August 2024 im Namen der EU abgegebenen Erklärungen zu den Entwicklungen nach der Wahl,

 unter Hinweis auf den von der Abteilung für Wahlkooperation und Wahlbeobachtung des Sekretariats der Organisation Amerikanischer Staaten für die Stärkung der Demokratie erstellten Bericht vom 30. Juli 2024 über die Präsidentschaftswahl in Venezuela,

 unter Hinweis auf die Erklärung des Carter-Zentrums vom 30. Juli 2024 zu der Wahl in Venezuela,

 unter Hinweis auf das von dem Regime Nicolás Maduros und dem venezolanischen Oppositionsbündnis Plataforma Unitaria im Oktober 2023 unterzeichnete Teilabkommen über die Förderung der politischen Rechte und Wahlgarantien für alle (Abkommen von Barbados),

 gestützt auf Artikel 136 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass die Wahl im Jahr 2024 in Venezuela eine einzigartige Gelegenheit geboten hätte, von einer korrupten Autokratie zu einer Demokratie zurückzukehren, wenn alle Punkte des Abkommens von Barbados eingehalten worden wären; in der Erwägung, dass die Bürgerrechte und die politischen Rechte in Venezuela nach wie vor verletzt werden;

B. in der Erwägung, dass die anhaltende sozioökonomische, politische und humanitäre Krise, die durch Hyperinflation, zunehmende Hungersnot, Krankheiten, weitverbreitete Korruption, Kriminalität und Straflosigkeit, eklatante Menschenrechtsverletzungen sowie steigende Sterblichkeitsraten gekennzeichnet ist, zu einer Massenauswanderung von mehr als 7,7 Millionen Menschen aus Venezuela geführt hat, die der Gewaltherrschaft entkommen wollten;

C. in der Erwägung, dass die Vertreter des Maduro-Regimes und des Oppositionsbündnisses der Plataforma Unitaria am 17. Oktober 2023 in Venezuela zwei Abkommen unterzeichnet haben, die als Barbados-Abkommen bekannt sind und unter anderem die Förderung der politischen Rechte, Wahlgarantien für alle, die Achtung des Rechts jedes politischen Akteurs, seinen Kandidaten für die Präsidentschaftswahl frei auszuwählen, und die Freilassung politischer Gefangener betrafen; in der Erwägung, dass die Abkommen wichtige Themen wie etwa die Möglichkeit der Teilnahme internationaler Beobachter am Wahlprozess umfassten; in der Erwägung, dass die Abkommen als erster Schritt auf dem Weg zu freien und fairen Wahlen in Venezuela unterzeichnet wurden;

D. in der Erwägung, dass die Information der Öffentlichkeit, das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung sowie das Recht, sich friedlich zu versammeln, immer wieder systematisch eingeschränkt worden sind und diese Einschränkungen insbesondere Regimekritiker, Gewerkschafter, Menschenrechtsverteidiger und die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft betreffen; in der Erwägung, dass politische Gefangene nicht freigelassen wurden, obwohl dies eine ausdrückliche Bedingung des Barbados-Abkommens ist;

E. in der Erwägung, dass María Corina Machado im Jahr 2023 bei der Vorwahl innerhalb der Plataforma Unitaria mit 92,35 % der Stimmen zur Kandidatin der Opposition gewählt wurde; in der Erwägung, dass das Maduro-Regime sie aus willkürlichen und politisch motivierten Gründen von der Kandidatur ausschloss, was einen eklatanten Verstoß gegen das Barbados-Abkommen darstellt; in der Erwägung, dass María Corina Machado nach ihrem Ausschluss die Einheit der demokratischen Opposition des Regimes aufrechterhielt, indem sie eine neue Kandidatin, nämlich Corina Yoris, unterstützte, der die Kandidatur jedoch ebenfalls versagt wurde; in der Erwägung, dass letztlich Edmundo González Urrutia als Kandidat der demokratischen Opposition antrat;

F. in der Erwägung, dass im Vorfeld der Wahl zahlreiche Unregelmäßigkeiten und Verstöße gemeldet wurden, darunter der Ausschluss von etwa 16 politischen Parteien, Hindernisse bei der Registrierung von Präsidentschaftskandidaten, unzureichende Fristen für die Wählerregistrierung und zu wenige Registrierungsstellen, eine nur geringfügige Unterrichtung der Bevölkerung, die Blockierung von im Ausland wohnhaften Wählern sowie Angriffe auf Mitglieder des Wahlkampfteams von María Corina Machado und Inhaftierungen von diesem Team angehörenden Personen;

G. in der Erwägung, dass der vom Regime kontrollierte Nationale Wahlrat (Consejo Nacional Electoral – CNE) die an die EU gerichtete Einladung zur Wahlbeobachtung zurückzog; in der Erwägung, dass zahlreichen internationalen Delegationen, die von der demokratischen Opposition des Regimes, dem Comando Nacional de Campaña Con VZLA, eingeladen worden waren, die Einreise in das Land verweigert wurde bzw. sie aus dem Land ausgewiesen wurden, darunter eine aus Mitgliedern einer Fraktion des Europäischen Parlaments bestehende Delegation und fünf frühere Präsidenten aus Lateinamerika;

H. in der Erwägung, dass das venezolanische Volk am Tag der Wahl trotz der ständigen Bemühungen des Regimes, den Wahlprozess zu konterkarieren, zu großen Teilen an der Wahl teilnahm und damit einen außerordentlichen Bürgersinn und Sinn für Demokratie unter Beweis stellte; in der Erwägung, dass vielfach berichtet wurde, dass inländischen Beobachtern sowie Wahlzeugen der Oppositionsparteien der Zutritt zu vielen Wahllokalen erschwert wurde; in der Erwägung, dass zudem berichtet wurde, dass mittels vom Regime eingerichteter Kontrollstellen in zahlreichen Wahllokalen Druck auf die Wähler ausgeübt wurde;

I. in der Erwägung, dass den wenigen glaubwürdigen Wahlbeobachtungsmissionen, denen es gelungen ist, die Wahl zu beobachten – nämlich Teams der Vereinten Nationen und des Carter-Zentrums –, zufolge die Präsidentschaftswahl 2024 in Venezuela nicht den internationalen Standards für die Integrität von Wahlen genügte und nicht als demokratisch angesehen werden kann, sie selbst die von dem vom Regime kontrollierten CNE verkündeten Wahlergebnisse weder überprüfen noch bestätigen können und das Versäumnis der Wahlbehörde, nach Wahllokalen aufgeschlüsselte Ergebnisse zu veröffentlichen, einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Wahlrechtsprinzipien darstellt; in der Erwägung, dass in dem Bericht der Sachverständigengruppe der Vereinten Nationen festgestellt wurde, dass die vorzeitige Verkündung eines Wahlsiegers bei modernen demokratischen Wahlen ohnegleichen sei und dass es bei der Wahl grundlegend an Transparenz und Integrität gefehlt habe; in der Erwägung, dass die Wahl weder frei noch fair war;

J. in der Erwägung, dass sich der vom Regime kontrollierte CNE nach dem Ende der Abstimmung weigerte, die offiziell dokumentierten Auszählungsergebnisse zu veröffentlichen, und die Wahlergebnisse fälschte, wobei er Maduro unrichtigerweise zum Sieger erklärte; in der Erwägung, dass es der demokratischen Opposition des Regimes gelungen ist, 83,5 % der amtlichen Wahlakten zu sichten, und sie glaubhaft nachweisen konnte, dass Edmundo González Urrutia die Wahl mit 67,08 % der abgegebenen Stimmen gewonnen hat;

K. in der Erwägung, dass nach der Wahl im ganzen Land friedliche Proteste stattfanden, die sich gegen die vom Maduro-Regime verbreitete Falschdarstellung richteten; in der Erwägung, dass auf diese Proteste mit extremer Gewalt und Repression reagiert wurde, was zu mehr als 20 Todesfällen sowie mehr als 2 400 Festnahmen und Fällen von Verschwindenlassen führte, wobei hiervon auch etwa 120 Kinder betroffen waren;

L. in der Erwägung, dass María Corina Machado aus Angst vor Repressalien durch das Maduro-Regime gezwungen war, unterzutauchen, und dass Edmundo González Urrutia nach Erlass eines Haftbefehls gegen ihn sowie ernsthaften Morddrohungen gegen ihn und seine Angehörigen ins Exil gezwungen wurde;

1. erkennt Edmundo González Urrutia als rechtmäßigen und demokratisch gewählten Präsidenten Venezuelas an; erkennt außerdem María Corina Machado als Anführerin der demokratischen Kräfte in Venezuela an, da sie im Jahr 2023 bei der Vorwahl innerhalb der Plataforma Unitaria mit 92,35 % der Stimmen gewählt wurde;

2. fordert alle EU-Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, Edmundo González Urrutia als rechtmäßigen und demokratisch gewählten Präsidenten Venezuelas anzuerkennen;

3. verurteilt aufs Schärfste den Wahlbetrug, der von dem vom Regime kontrollierten CNE arrangiert wurde, der sich trotz wiederholter Aufforderungen seitens der internationalen Gemeinschaft weigerte, das offizielle Ergebnis unter Veröffentlichung der Wahlakte jedes Wahllokals bekannt zu geben, und lehnt diesen Wahlbetrug uneingeschränkt ab;

4. unterstützt uneingeschränkt die Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs und der unabhängigen Ermittlungsmission der Vereinten Nationen zu den vom venezolanischen Regime ausgehenden umfangreichen Verbrechen und Repressionen und fordert die EU auf, die aktuell im Rahmen des Römischen Statuts geprüften Ermittlungen zu den mutmaßlichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu unterstützen, damit die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden können;

5. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, einen internationalen Haftbefehl gegen Nicolás Maduro wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu beantragen und dies mit all den schweren Menschenrechtsverletzungen zu begründen, die er begangen hat;

6. verurteilt aufs Schärfste die Ermordungen, Schikanen, Rechtsverletzungen und Festnahmen, mit denen gegen die demokratische Opposition des Regimes und das venezolanische Volk vorgegangen wird; fordert die sofortige und bedingungslose Freilassung aller aus politischen Gründen und willkürlich inhaftierten Personen, insbesondere Minderjähriger;

7. weist darauf hin, dass die EU ihre Sanktionen gegen Mitglieder des CNE als Geste des guten Willens im Mai 2024 aufgehoben hat; betont, dass diese Maßnahme keine positiven Auswirkungen hervorgerufen hat; fordert, dass die betreffenden Sanktionen gegen die Mitglieder des CNE wiedereingesetzt werden; fordert ferner, dass gezielte Sanktionen gegen Nicolás Maduro, seinen engsten Führungskreis und die dazugehörigen Familien verhängt werden, wobei hierzu auch Jorge Rodríguez und all jene gehören sollten, die für Menschenrechtsverletzungen im Land verantwortlich sind;

8. verurteilt die Entscheidung des CNE, die an die EU gerichtete Einladung, eine Wahlbeobachtungsmission zu entsenden, zurückzuziehen; verurteilt ferner die Entscheidung des Regimes, den von der demokratischen Opposition, Comando Nacional de Campaña Con VZLA, zum Wahltag eingeladenen internationalen Beobachtern die Einreise zu verweigern bzw. sie auszuweisen;

9. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit der rechtmäßige und demokratisch gewählte Präsident sein Amt am 10. Januar 2025 im Einklang mit der venezolanischen Verfassung antreten kann;

10. fordert die regionalen Akteure nachdrücklich auf, größtmöglichen Druck auf das Maduro-Regime und den engsten Führungskreis Maduros auszuüben, damit sie den demokratischen Willen des venezolanischen Volkes gelten lassen und Edmundo González Urrutia als rechtmäßigen und demokratisch gewählten Präsidenten Venezuelas anerkennen; ist davon überzeugt, dass eine erneute massenhafte Auswanderung in die anderen Länder der Region folgen wird, wenn am 10. Januar 2025 keine friedliche Machtübergabe und keine Wiederherstellung der Demokratie erfolgt, wobei der Exodus mit jenem vergleichbar sein wird, der zur Folge hatte, das in den letzten Jahren fast 8 Millionen Venezolaner aus dem Land geflohen sind;

11. beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik sowie den Teilnehmern des Gipfeltreffens der Union und der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten, der Parlamentarischen Versammlung Europa-Lateinamerika, der Organisation Amerikanischer Staaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen und den Behörden des venezolanischen Regimes zu übermitteln.

Letzte Aktualisierung: 18. September 2024
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