ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu dem Weißbuch zur Zukunft der europäischen Verteidigung
5.3.2025 - (2025/2565(RSP))
gemäß Artikel 136 Absatz 2 der Geschäftsordnung
Reinier Van Lanschot, Mārtiņš Staķis, Ville Niinistö, Damian Boeselager, Hannah Neumann, Maria Ohisalo, Sergey Lagodinsky, Virginijus Sinkevičius
im Namen der Verts/ALE-Fraktion
Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B10-0146/2025
B10‑0147/2025
Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Weißbuch zur Zukunft der europäischen Verteidigung
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zum Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine,
– unter Hinweis auf seine Empfehlung vom 8. Juni 2022 an den Rat und den Vizepräsidenten der Kommission / Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zur Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU nach dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine[1],
– unter Hinweis auf die Charta der Vereinten Nationen,
– unter Hinweis auf den vom Rat am 21. März 2022 angenommenen Strategischen Kompass für Sicherheit und Verteidigung,
– unter Hinweis auf den Bericht von Sauli Niinistö, Sonderberater der Kommissionspräsidentin, vom 30. Oktober 2024 mit dem Titel „Safer Together – Strengthening Europe’s Civilian and Military Preparedness and Readiness“ (Gemeinsam für mehr Sicherheit – Stärkung der zivilen und militärischen Vorsorge und Reaktionsfähigkeit Europas),
– gestützt auf Artikel 136 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass das für Verteidigung und Weltraum zuständige Kommissionsmitglied und die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik von der Präsidentin der Europäischen Kommission damit beauftragt wurden, ein Weißbuch zur Zukunft der europäischen Verteidigung vorzulegen;
B. in der Erwägung, dass das Parlament und Fachleute seit mehr als zehn Jahren ein Weißbuch zur Verteidigung fordern;
C. in der Erwägung, dass der Strategische Kompass zum größten Teil vor dem 24. Februar 2022 ausgearbeitet und ausgehandelt wurde; in der Erwägung, dass der Strategische Kompass eine sehr breit angelegte Strategie ist, die wenig Orientierungshilfe in Bezug auf die dringende Notwendigkeit bietet, Verteidigungsbereitschaft herzustellen und Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeiten bereitzustellen, um sich auf den vordringlichsten militärischen Eventualfall vorzubereiten;
D. in der Erwägung, dass die parlamentarische Kontrolle der europäischen Verteidigung dringend gestärkt werden muss, um eine solide demokratische Grundlage für diesen äußerst wichtigen Politikbereich zu gewährleisten;
E. in der Erwägung, dass die Akteure der europäischen Verteidigungsindustrie nicht nur vor Herausforderungen stehen, sondern seit Februar 2022 auch von einer deutlich gestiegenen Nachfrage nach Verteidigungsgütern profitieren konnten, was insbesondere bei Generalunternehmern zu Rekordgewinnen geführt hat;
F. in der Erwägung, dass innovative Start-up-Unternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die in den Bereichen Verteidigung und Güter mit doppeltem Verwendungszweck tätig sind, verglichen mit Generalunternehmern bislang nicht in vergleichbarer Weise in der Lage waren, von entsprechenden EU-Mitteln oder Aufträgen und finanzieller Unterstützung vonseiten der nationalen Regierungen zu profitieren;
G. in der Erwägung, dass die Anstrengungen der EU-Mitgliedstaaten bei den Militärausgaben zusammengenommen jene Russlands bereits übersteigen, es allerdings an Größenvorteilen und fokussierter Ausrichtung mangelt, was ihnen zum Nachteil gereicht und deutlich macht, dass es nicht nur neuer Investitionen, sondern auch mehr Effizienz und einer Straffung der Militärausgaben bedarf;
H. in der Erwägung, dass die zahlreichen konkreten Empfehlungen aus dem Niinistö-Bericht als Richtschnur für die Arbeit an dem Weißbuch dienen sollten, zumal in dem Bericht ein umfassender und ganzheitlicher Ansatz für Krisenvorsorge und Reaktionsfähigkeit dargelegt wird, der alle zivilen und militärischen Aspekte umfasst; in der Erwägung, dass in dem Bericht betont wird, dass die EU über keinen Plan dahingehend verfügt, was im Falle eines bewaffneten Angriffs auf einen Mitgliedstaat zu tun ist, und dass es ihr derzeit an den übergreifenden Kapazitäten mangelt, um alle benötigten EU-Ressourcen in koordinierter Weise über institutionelle und operative Einzelsysteme hinweg zusammenzuführen;
I. in der Erwägung, dass hybride Bedrohungen so konzipiert sind, dass sie in der Grauzone zwischen Frieden und Krieg wirken und konventionelle und unkonventionelle Methoden wie Sabotage, Spionage und politische Unterwanderung miteinander verbinden, um die Stabilität und Widerstandsfähigkeit der EU zu untergraben; in der Erwägung, dass Cyberangriffe zu einem zentralen Element dieser Kampagnen geworden sind, wobei die zunehmende Digitalisierung kritischer Bereiche wie Gesundheitsversorgung, Finanzen und Energie ausgenutzt wird, um sich durch Kettenreaktionen fortsetzende Ausfälle auszulösen, die schwerwiegende wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen haben können; in der Erwägung, dass diese Vorgehensweise durch Informationsmanipulation und Einflussnahme aus dem Ausland ergänzt wird, indem Desinformation und Propaganda verbreitet werden, um das Vertrauen in demokratische Institutionen zu untergraben und eine Polarisierung der öffentlichen Meinung herbeizuführen; in der Erwägung, dass die zunehmende Komplexität, Häufigkeit und Intensität dieser Bedrohungen deutlich machen, dass es dringend notwendig ist, wirksame Lösungen zum Schutz der Sicherheit und Widerstandsfähigkeit der EU zu finden und umzusetzen;
J. in der Erwägung, dass der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ein Weckruf für die EU ist und eine unmittelbare Bedrohung für die europäische und globale Sicherheitsordnung sowie für die Sicherheit der EU und ihrer Mitgliedstaaten darstellt; in der Erwägung, dass durch diesen Konflikt aufgezeigt wird, dass die Mitgliedstaaten dringend eine gemeinsame Betrachtungsweise in Bezug auf Bedrohungen festlegen und echte Solidarität mit den Mitgliedstaaten an den Außengrenzen zeigen müssen;
K. in der Erwägung, dass die Fähigkeit der EU, als Reaktion auf Bedrohungen von außen entschlossene Maßnahmen zu ergreifen, in der Vergangenheit wiederholt durch das Erfordernis der Einstimmigkeit beeinträchtigt wurde, wobei bestimmte Mitgliedstaaten kritische Militärhilfe für die Ukraine blockiert oder hinausgezögert und somit die europäische Sicherheit untergraben haben;
L. in der Erwägung, dass die Trump-Regierung eine Normalisierung der Beziehungen zu Russland anregt und damit gedroht hat, das US-Militär vom europäischen Kontinent abzuziehen; in der Erwägung, dass die amerikanische Regierung offenbar kein verlässlicher Bündnispartner innerhalb der NATO mehr ist, was sich negativ auf die kollektive territoriale Verteidigung ihrer Mitglieder auswirkt;
1. betont, wie gravierend die Bedrohungen für die Sicherheit des europäischen Kontinents sind, die ein seit dem Zweiten Weltkrieg ungekanntes Maß erreicht haben; ist zutiefst besorgt über die Zunahme geopolitischer Bruchlinien, die auch innerhalb des Westens zu beobachten sind, sowie über neue und erneuerte imperialistische Dominanzbestrebungen autoritärer Mächte, systemische Rivalität zwischen Großmächten, nationalistischen Unilateralismus und die vorrangige und zunehmende Anwendung von Zwang und Gewalt durch bestimmte Staaten und nichtstaatliche Akteure zwecks Verfolgung ihrer politischen und wirtschaftlichen Interessen oder der Beendigung von Streitigkeiten;
2. weist darauf hin, dass die EU ein Friedensprojekt ist und sich um Frieden und Stabilität bemühen und gleichzeitig Aggressionen verurteilen sollte; betont, dass die EU die Ukraine unterstützen und selbst widerstandsfähiger werden muss, wenn Frieden und Stabilität erreicht werden sollen;
3. ist der Ansicht, dass der Angriffskrieg gegen die Ukraine Teil des Plans Putins war, die euroatlantische Sicherheitsarchitektur umzugestalten, und dass dieser Plan dank der heldenhaften Verteidigung durch das ukrainische Volk vereitelt wurde;
4. betont, dass die von Russland gegen kritische europäische Infrastrukturen verübten Sabotageakte und die von Russland ausgehende Manipulation von EU- und NATO-Staaten und seine dortige Einmischung deutlich zugenommen haben; betont, dass Experten der Ansicht sind, dass Russland seine aggressiven Handlungen ausweiten und in den kommenden Jahren auch EU-Mitgliedstaaten mit konventionellen Streitkräften angreifen könnte;
5. bedauert, dass der Präsident der Vereinigten Staaten angeregt hat, dass die USA versuchen könnten, Grönland zu annektieren, was gegen das Völkerrecht verstoßen, zu beträchtlicher Instabilität für die grönländische Regierung und Bevölkerung sowie für die gesamte Region führen sowie eine weitere Verschlechterung der Beziehungen innerhalb der NATO nach sich ziehen würde;
6. fordert die EU daher auf, ihre Bemühungen zu verstärken, um Einfluss auf den Verlauf des Krieges Russlands gegen die Ukraine zu nehmen und die Voraussetzungen für einen gerechten, umfassenden und dauerhaften Frieden zu den Bedingungen der Ukraine zu schaffen; betont, dass die wirksamsten und kosteneffizientesten Investitionen in die europäische Sicherheit kurz- und mittelfristig sind, Russland in der Ukraine zu besiegen und für den zukünftigen Erfolg der Ukraine zu sorgen;
7. fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, der Ukraine in möglichst großen Mengen und so schnell wie möglich mehr Waffen und Munition zur Verfügung zu stellen, um das Land in die Lage zu versetzen, sein Hoheitsgebiet zu befreien und Russland von weiteren Angriffen abzuhalten;
8. fordert, dass es zu einem wesentlichen und strukturellen Bestandteil des Weißbuchs gemacht wird, die Finanzmittel für die militärische Unterstützung der Ukraine rasch und in erheblichem Umfang aufzustocken; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Direktinvestitionen in die Kapazitäten der ukrainischen Verteidigungsindustrie zu erhöhen, um sie in die Lage zu versetzen, wesentliche Verteidigungsgüter vor allem in den Bereichen Drohnen, Luftabwehrsysteme, Artillerie und Langstreckenfeuerfähigkeiten in großen Mengen zu produzieren (dänisches Modell); empfiehlt, das Unterstützungsinstrument für die Ukraine als Teil des Programms für die Europäische Verteidigungsindustrie (EDIP) mit spezifischen Haushaltsmitteln in Höhe von mehreren Milliarden Euro auszustatten, die genau diesem Zweck vorbehalten sind; betont, dass legale Wege geprüft werden müssen, um die eingefrorenen Vermögenswerte russischer Einzelpersonen und der russischen Zentralbank im Einklang mit dem Völkerrecht als Finanzhilfen für die Ausgaben der Ukraine im Zusammenhang mit ihren Bedürfnissen in den Bereichen Verteidigung und Resilienz sowie für ihren Wiederaufbau zu verwenden; verurteilt das Veto, das die ungarische Regierung gegen die Europäische Friedensfazilität (EFF) eingelegt hat und durch das mehr als 6 Mrd. EUR blockiert werden und die EFF fast nutzlos wird; betont ferner, dass dringend auch die Möglichkeit geprüft werden muss, eine alternative Ad-hoc-Regelung für diejenigen europäischen Länder zu schaffen, die die Ukraine militärisch unterstützen und diese Hilfe gemeinsam finanzieren wollen;
9. fordert, dass in das Weißbuch ein Plan aufgenommen wird, in dem beschrieben wird, wie es gelingen kann, die ukrainische Verteidigungsindustrie auf schnellstem und effizientestem Wege in die technologische und industrielle Basis der europäischen Verteidigung (EDTIB) zu integrieren; weist erneut darauf hin, dass das Ukraine-Instrument des EDIP dringend angemessen finanziert werden muss; empfiehlt ferner, Kriegsversicherungen für kritische EDTIB-Projekte in der Ukraine bereitzustellen; empfiehlt, dass Beamte des ukrainischen Verteidigungsministeriums mit Beobachterstatus regelmäßig in Sitzungen der einschlägigen Ratsformationen einbezogen werden;
10. erwartet, dass im Weißbuch zur EU-Verteidigung ein neuer Rahmen und das Ausmaß festlegt werden, in dem die EU Verteidigungsbereitschaft erreichen muss, und dass die EU mit Blick auf die gravierendsten militärischen Eventualfälle in die Lage versetzt wird, potenzielle Aggressoren abzuschrecken, sich zu verteidigen und diejenigen NATO-Bündnispartner, die auch EU-Mitgliedstaaten sind, dabei zu unterstützen, zu einem verlässlichen europäischen Block in der NATO zu werden;
11. betont, dass es an der Zeit ist, das Weißbuch zu nutzen, um klar zu definieren, was unter einer echten europäischen Verteidigungsunion zu verstehen ist; weist darauf hin, dass die Annahme des Strategischen Kompasses lediglich eine Ausgangsbasis war, an die jedoch mit seiner Umsetzung und einer Aktualisierung, bei der den Zielen der Abschreckung und der Verteidigungsbereitschaft Rechnung getragen wird, weiter angeknüpft werden muss;
12. bedauert die Zurückhaltung des Rates und der EU-Mitgliedstaaten, wenn es darum geht, tiefgreifende strukturelle Herausforderungen der verteidigungsindustriellen Landschaft Europas zu bewältigen, und missbilligt den mangelnden Ehrgeiz, was die Zusammenarbeit zwischen ihren Streitkräften auf EU-Ebene betrifft; fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Kräfte zu bündeln und einen Quantensprung hin zu einem sehr ambitionierten und umfassenden Rahmen für die Verteidigung zu unterstützen;
13. begrüßt grundsätzlich die Ankündigungen der Kommissionspräsidentin vom 4. März 2025 zu einer „ReArm Europe“-Initiative; betont allerdings, dass mit den geplanten Investitionen der mangelnden Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten entgegengewirkt werden sollte, wobei hierzu auch Maßnahmen gehören, die die vollständige Interoperabilität gewährleisten und die gemeinsame Beschaffung zur Regel machen;
14. fordert die Kommission, die Vizepräsidentin der Kommission und Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, das Weißbuch zu nutzen, um einen umfassenden Rahmen zu formulieren, der mindestens die folgenden zentralen Bestandteile umfasst:
a) eine genaue Beschreibung der Szenarien, in denen die EU und ihre Mitgliedstaaten Sicherheits- und militärische Instrumente einsetzen würden, wobei die neuesten Risiko- und Bedrohungsanalysen einbezogen werden und die Bandbreite von den extremsten militärischen Eventualfällen bis hin zur Krisenbewältigung im Ausland reicht,
b) Elemente einer Militärdoktrin, mit denen die militärischen Aufgaben im Zusammenhang mit den verschiedenen Szenarien ausführlich beschrieben werden, wobei dies auch für die Zusammenarbeit mit der NATO gilt und hierzu insbesondere genauere Umsetzungsmodalitäten und Routineübungen für Szenarien nach Artikel 42 Absatz 7 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) erforderlich sind,
c) überarbeitete und angepasste militärische Kernziele, die eng mit dem NATO-Verteidigungsplanungsprozess abgestimmt werden, und eine genaue Beschreibung der erforderlichen Quantität und Qualität in Bezug auf die Angehörigen der Streitkräfte, einschließlich des Ausbildungsbedarfs und der wichtigsten militärischen Fähigkeiten, die vollständig auf das neue Truppenmodell der NATO abgestimmt sind, was die NATO-Mitglieder, die gleichzeitig EU-Mitgliedstaaten sind, betrifft, wie strategische Enabler, aber auch Munitionsbestände, damit die derzeitigen Zielvorgaben im Bereich des Aufbaus von Streitkräften erreicht werden können,
d) Vorschläge für Strukturen für die Zusammenarbeit der Streitkräfte, die über Ad-hoc-Vereinbarungen hinausgehen, wie EU-Gefechtsverbände, einschließlich einer verstärkten Schnelleingreifkapazität, multinational besetzter strategischer Enabler (nach dem Modell des luftgestützten Warn- und Kontrollsystems AWACS) auf EU-Ebene und zusätzlicher ständiger multinationaler Militäreinheiten, die über ausreichende Fähigkeiten verfügen, um Abschreckung und Verteidigung zu ermöglichen,
e) eine Beschreibung der wichtigsten Parameter, die für die Schaffung eines effizienten und wettbewerbsfähigen Binnenmarkts für Verteidigung erforderlich sind, der den Mitgliedstaaten dabei helfen würde, die für eine vollständige Verteidigungsbereitschaft erforderlichen Kernziele im Bereich der Fähigkeiten zu erreichen und unsere engsten Verbündeten wie die Ukraine auszurüsten;
15. betont, dass die EU in Bezug auf Sicherheit und Verteidigung einen ganzheitlichen und horizontalen Ansatz verfolgen muss, indem sie den vielen gesellschaftlichen und systemischen Herausforderungen, denen sie gegenübersteht, wie etwa dem Klimawandel, Rechnung trägt; betont, dass eine Folgenabschätzung in Bezug auf die derzeitigen und künftigen politischen Maßnahmen der EU erforderlich ist, um zu ermitteln, wie sie die Sicherheit und Verteidigung der EU auch im Wege anderer strategischer Ziele der Union und insbesondere des Übergangs zu einer grünen, digitalen und gerechten Wirtschaft besser unterstützen können;
16. stellt fest, dass geopolitische Umwälzungen, die durch neuerliche, groß angelegter Kriege in unserer Nachbarschaft verstärkt werden, die Sicherheit der EU und ihrer Bürgerinnen und Bürger bedroht haben und weiterhin bedrohen, dass es keine Option ist, so weiterzumachen wie bisher, und dass die EU und ihre Mitgliedstaaten die Zusammenarbeit ihrer Streitkräfte und ihrer Verteidigungsindustrie auf EU-Ebene zur Regel machen müssen, um den Bedrohungen begegnen zu können und eine fähigkeitsbasierte EU-Verteidigungsunion zu schaffen, die Bedrohungen und Angriffe auf die Sicherheit der EU bewältigen kann;
17. ist der festen Überzeugung, dass bei der Umsetzung von Artikel 42 Absatz 7 EUV substanziellere Fortschritte erzielt werden müssen und dass ein Plan in Bezug auf die Frage erforderlich ist, wie diese Solidaritätspolitik im Weißbuch unter Beachtung des besonderen Charakters der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten umgesetzt werden kann;
18. besteht darauf, dass für eine bessere Zusammenarbeit und Koordinierung gesorgt wird, indem geprüft wird, ob die EU und das Vereinigte Königreich willens sind, im Bereich der Sicherheit engere Partner zu werden; fordert nachdrücklich, dass ein europäischer Sicherheitsrat eingerichtet wird, der Maßnahmen zwischen gleich gesinnten Ländern koordiniert, die bereit sind, bei der europäischen Zusammenarbeit und Integration im Bereich der Verteidigung eine Vorreiterrolle zu übernehmen; fordert, dass dieser europäische Sicherheitsrat als Grundlage für eine neue europäische Verteidigungsunion dient, in der gleich gesinnte Mitgliedstaaten und strategische Partner zusammenkommen, die eine gemeinsame Vorstellung von Sicherheit haben und einander vertrauen;
19. ist der Ansicht, dass aktuelle Strategiepapiere, Legislativvorschläge und Studien, wie etwa der Strategische Kompass, die Europäische Industriestrategie für den Verteidigungsbereich und der Niinistö-Bericht, endlich ein konkretes und umfassendes Zukunftsbild der europäischen Verteidigung einschließlich spezifischer Ziele, Vorgaben und Fahrpläne hervorbringen sollten, das mit dem Weißbuch begründet werden sollte;
20. fordert die EU auf, die Instrumente der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) besser mit Instrumenten der inneren Sicherheit zu verknüpfen sowie die Zusammenarbeit im Bereich der Güter mit doppeltem Verwendungszweck und die zivil-militärische Zusammenarbeit auf EU-Ebene zu stärken;
21. unterstützt nachdrücklich die zahlreichen guten Empfehlungen aus dem Niinistö-Bericht; unterstützt uneingeschränkt das in dem Bericht formulierte Ziel, das Maß an Vorsorge in der EU nicht auf das zu beschränken, was politisch opportun ist, sondern das in Angriff zu nehmen, was erforderlich ist, um die heftigsten Szenarien zu bewältigen; hält die Strategie für eine krisenfeste Union für sehr wichtig, um einer umfassenden Krisenvorsorge der EU den Weg zu bereiten, wobei hierzu auch gehört, auf EU-Ebene wichtige gesellschaftliche und staatliche Funktionen festzulegen, für diese Funktionen Grundanforderungen für die Vorsorge auf EU-Ebene zu entwickeln und die Kohärenz der sektorspezifischen Krisenpläne auf EU-Ebene sicherzustellen; befürwortet insbesondere diejenigen Empfehlungen aus dem Niinistö-Bericht, die darauf abzielen, die Bürgerinnen und Bürger in Anlehnung an das finnische Konzept der totalen Verteidigung in die Lage zu versetzen, die Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft zu stärken;
22. fordert die EU auf, eine EU-Risikobewertung auszuarbeiten, um branchenübergreifende Bedrohungen sowie jene Gefahren zu ermitteln, denen die EU als Ganzes ausgesetzt ist, und spricht sich dafür aus, den Grundsatz der „integrierten Krisenvorsorge“ EU-weit zu verankern; besteht darauf, dass entsprechend dem Vorschlag von Sauli Niinistö für künftige Folgenabschätzungen eine verbindliche Sicherheits- und Krisenvorsorgeprüfung und für geltende Rechtsvorschriften Stresstests entwickelt werden; ist der Ansicht, dass geprüft werden muss, ob es spezifische Herausforderungen gibt, durch die die zeitnahe Fertigstellung von Projekten beeinträchtigt wird, die für eine wirksame militärische Abschreckung und für die rasche Bereitstellung von Fähigkeiten an der Ostflanke im Zuge eines militärischen Eventualfalls als entscheidend erachtet werden;
23. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Umsetzbarkeit eines EU-Rechtsakts zur Krisenvorsorge zu prüfen, um die Bemühungen der EU und der Mitgliedstaaten nach Möglichkeit aufeinander abzustimmen;
24. fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, eine umfassende EU-Bereitschaftsübung zu organisieren und durchzuführen, um die Entscheidungsfindung auf hoher Ebene und die operative Koordinierung zu testen;
25. fordert, dass bei der GSVP die Sicherheit des Menschen im Vordergrund steht und der Agenda für Frauen, Frieden und Sicherheit unbedingt Rechnung getragen wird; betont, dass weitere multilaterale Rahmen, mit denen eine friedliche und stabile Zukunft angestrebt wird, wichtig sind;
26. fordert die Mitgliedstaaten auf, darauf hinzuwirken, dass die Einstimmigkeitsregel in der Außen- und Sicherheitspolitik im Rat abgeschafft wird; fordert, dass Artikel 46 Absatz 6 EUV geändert wird, um die Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit anstelle der Einstimmigkeit zu ermöglichen, wenn es um die Verwaltung der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit geht, wobei Beschlüsse, die dazu führen, dass militärische Missionen oder Operationen mit einem Exekutivmandat im Rahmen der GSVP eingerichtet werden, weiterhin einstimmig gefasst werden müssen;
27. empfiehlt, die Aufsichts- und Kontrollfunktion des Parlaments entsprechend der erweiterten Verteidigungsfunktion der Europäischen Union zu stärken, u. a. durch delegierte Rechtsakte für die Arbeitsprogramme im Rahmen laufender und künftiger Programme der Verteidigungsindustrie sowie durch Instrumente, die es ermöglichen, die Durchführung – und insbesondere die von der Kommission festgelegten Prioritäten in Bezug auf Projekte zu vorrangigen Fähigkeiten – zu kontrollieren; fordert, dass ein Vertreter des Parlaments für den im EDIP vorgeschlagenen neuen Ausschuss für die industrielle Bereitschaft im Verteidigungsbereich benannt wird, für den derzeit keiner vorgesehen ist;
28. ist der Auffassung, dass sich die EU ein klares Bild von der tatsächlichen Lücke zwischen den angestrebten Fähigkeiten und den vorhandenen Verteidigungsfähigkeiten der Mitgliedstaaten machen muss; betont, dass die Produktion in der Verteidigungsindustrie gesteigert werden muss und dass die Produktionseinheiten in ständiger Bereitschaft sein müssen, damit auf Angriffe aus dem Ausland oder auf spezifische Bedürfnisse strategischer Partner reagiert werden kann;
29. ist der Auffassung, dass regelmäßige Bedrohungsanalysen unerlässlich sind, und empfiehlt, deren Planungszyklus mit vergleichbaren regelmäßigen Bedrohungsanalysen innerhalb der NATO und mit wichtigen Partnern, die nicht der NATO angehören, abzustimmen;
30. bekräftigt seine Forderung, die Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO zu vertiefen, um eine stärker europäisch ausgerichtete NATO zu schaffen, insbesondere indem der Strategische Kompass der EU und das Strategische Konzept der NATO sowie der Fähigkeitenentwicklungsplan der EU und die Fähigkeitsziele im Rahmen des Verteidigungsplanungsprozesses der NATO vollständig aufeinander abgestimmt werden, mit Ausnahme der Bereiche, die ausschließlich für die EU von besonderem Interesse sind; empfiehlt, einen ständigen Vertreter der EU bei der NATO zu ernennen, der auch im Militärausschuss vertreten sein sollte, um den Austausch von Informationen über die jeweiligen militärischen Operationen zu ermöglichen;
31. fordert die EU auf, Lücken und Defizite bei den kritischen Verteidigungsfähigkeiten zu beseitigen und den Schwerpunkt auf spezifische Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse zu legen, die für einen einzelnen Mitgliedstaat zu kostspielig sind, darunter vor allem strategische Enabler und große Vorräte an kritischen Ausrüstungsgütern mit Blick auf einen echten europäischen Mehrwert, die innerhalb eines EU-Rahmens am effizientesten über ein haushaltsexternes Sonderinstrument beschafft und verwaltet werden könnten; empfiehlt insbesondere, folgende Fähigkeiten zu schaffen:
a) integrierte Luftabwehr- und Langstreckenangriffssysteme, idealerweise indem die NATO-Initiative „European Sky Shield Initiative“ (ESSI), die derzeit entwickelt wird, auf den „European Long Range Strike Approach“ (ELSA) abgestimmt wird,
b) Unterdrückung der feindlichen Luftverteidigung (SEAD),
c) Streitkraft für den Einsatz von Drohnen mehrerer Typen (RPAS),
d) elektronische Kampfführung,
e) defensive und offensive Cybersysteme,
f) luftgestütztes Warn- und Kontrollsystem (AWACS), Luftbetankung und Langstreckentransport,
g) Kommando-, Kontroll-, Kommunikations- und Computerkapazitäten (C4) sowie Nachrichten-, Überwachungs- und Aufklärungskapazitäten (ISR) und weltraumgestützte Fähigkeiten, die für die Frühwarnung, Navigation, Beobachtung und Kommunikation entscheidend sind,
h) bodengebundenes Hauptkampfsystem (MGCS),
i) Luftkampfsystem FCAS (Future Combat Air System);
32. fordert die EU und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, von einem „bedarfsgerechten“ Ansatz zu einem „bestandsbezogenen“ Ansatz mit verbindlichen Zielvorgaben für kritische Verteidigungsgüter überzugehen; weist darauf hin, dass die sozial und ökologisch nachhaltige Versorgung mit relevanten Rohstoffen sichergestellt und Maßnahmen zur Schließung von Produktions- und Arbeitsmarktlücken ergriffen werden müssen; betont, dass es dringend notwendig ist, die Produktion und Lagerung von Munition und anderen Produkten im Verteidigungsbereich sicherheitsrelevanter zu gestalten, indem Pläne für ein stärker dezentralisiertes und widerstandsfähigeres Netz und gemeinsame Lagerbestände entwickelt werden, die auf „Pools für die Bereitschaft“ in den Regionen aufbauen, die einer höheren Bedrohungsstufe und dem Risiko eines groß angelegten konventionellen Krieges ausgesetzt sind;
33. fordert die EU auf, ihre Instrumente dringend an die neuen Gegebenheiten anzupassen, indem sie Verwaltungskapazitäten schafft, um im Kriegsfall oder bei anderen Krisen größeren Ausmaßes wesentlich schneller handeln zu können; betont, dass dies durch die Entwicklung und Einführung verbindlicher Vorschriften erreicht werden kann, die in Notsituationen eingesetzt werden können, um verwaltungstechnische und rechtliche Verfahren zu beschleunigen, sowie durch Maßnahmen auf der Seite der Zulieferer in der Lieferkette, um die Produktion und Lieferung von militärischen Gütern bzw. den Bau von Infrastrukturprojekten für die europäische Mobilität zu beschleunigen, die als wesentlich für die Verteidigung erachtet werden;
34. fordert die EU nachdrücklich auf, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um Ressourcen und Fachwissen im Bereich der Cybersicherheit zu bündeln, und stellt fest, dass einzelne Mitgliedstaaten in diesem Bereich nur über begrenzte Kapazitäten verfügen; spricht sich nachdrücklich für die Entwicklung eines einheitlichen europäischen Konzepts für Cyberstreitkräfte aus; besteht ferner darauf, dass umgehend gemeinsame europäische Cyberfähigkeiten entwickelt werden, um den gemeinsamen Herausforderungen, denen sich alle Mitgliedstaaten angesichts der sich rasch verändernden Bedrohungslage gegenübersehen, wirksam zu begegnen und so die kollektive Widerstandsfähigkeit und die strategische Autonomie der EU im digitalen Bereich zu stärken;
35. fordert die EU auf, mithilfe des Weißbuchs einen Entwurf auszuarbeiten, mit dem unnötige nationale regulatorische Hindernisse, die die militärische Mobilität behindern, beseitigt werden können, ohne dabei die öffentliche Sicherheit zu gefährden; ist der Auffassung, dass die Begriffsbestimmung der militärischen Mobilität auf Infrastrukturanlagen mit doppeltem Verwendungszweck Anwendung finden sollte, die alle logistischen Aspekte der Mobilität abdecken, und dass bei den Bestimmungen betreffend die Finanzierung von Projekten mit doppeltem Verwendungszweck, insbesondere auf der Ebene der EU, geeignete Kriterien angewandt werden sollten; betont, dass erhebliche Investitionen in die militärische Mobilitätsinfrastruktur erforderlich sind, um die Lufttransportkapazitäten zu verbessern und Lager, Depots, Häfen, Luft-, See- und Schienenverkehrsmittel, Schienenstrecken, Eisenbahnstationen, Wasserstraßen, Straßen und Brücken auszubauen;
36. bekräftigt seine uneingeschränkte Unterstützung dafür, dass die EU-Schnelleingreifkapazität spätestens Mitte 2025 volle Einsatzfähigkeit erreicht, was bedeutet, dass mindestens 5 000 Einsatzkräfte für Rettungs- und Evakuierungsaufgaben, Schnelleingreif- und Stabilisierungsoperationen oder die vorübergehende Verstärkung von Missionen zur Verfügung stehen müssen; empfiehlt, die EU-Schnelleingreifkapazität zu einer ständigen multinationalen Truppe mit eigenen strategischen Enablern und Befehls- und Kontrollbefugnissen auszubauen und sich dabei auf Lehren aus dem Scheitern der Ad-hoc-Gefechtsverbände der EU zu stützen;
37. fordert die Hohe Vertreterin und die Vizepräsidentin auf, mit den Mitgliedstaaten Gespräche über die Schaffung zusätzlicher ständiger multinationaler Einheiten aufzunehmen, um der veränderten Bedrohungslage für die EU seit dem Beschluss über die Einrichtung der Schnelleingreifkapazität Rechnung zu tragen, insbesondere angesichts der jüngsten Annäherung Trumps an Putin und der Äußerungen zu Grönland, wodurch noch deutlicher geworden ist, dass Europa über eine wirksame Abschreckung und Verteidigung verfügen muss, um auch den extremsten militärischen Unwägbarkeiten begegnen zu können;
38. empfiehlt, das bestehende Eurokorps in ein verstärktes multinationales Korps umzuwandeln, das über eigene strategische Enabler und Befehls- und Kontrollbefugnisse verfügt und dem nationale Brigaden mit standardisierter, gemeinsam beschaffter Ausrüstung dauerhaft zugeordnet werden können; betont, dass ein derartiges multinationales europäisches Korps den kleineren Mitgliedstaaten bei der Erfüllung ihrer derzeitigen Zielvorgaben im Bereich des Aufbaus von Streitkräften helfen, der Industrie durch standardisierte und umfangreiche Ausrüstungsaufträge eine einheitliche Nachfrage bieten und die Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeit der EU und der Beitrittsländer stärken könnte;
39. empfiehlt die Schaffung gemeinsam bemannter und eigener strategischer Enabler auf der Ebene der EU nach dem Vorbild der AWACS der NATO, die für einzelne Mitgliedstaaten zu kostspielig sind, für die Sicherheit der EU als Ganzes jedoch unverzichtbar sind;
40. fordert die Umwandlung des Europäischen Lufttransportkommandos in eine „EU-Luftflotte zur Krisenreaktion“, bestehend aus militärischen Transportflugzeugen, die auf europäischer Ebene bereitgehalten und den Mitgliedstaaten für die Verlegung von Ausrüstung oder Truppen, für Räumungen im Notfall oder zivile Sicherheitsmissionen zur Verfügung gestellt werden;
41. bekräftigt seine Forderung, dass der Militärische Planungs- und Durchführungsstab (MPCC) über angemessene Räumlichkeiten, ausreichend Personal, verbesserte Planungs-, Führungs- und Kontrollkapazitäten sowie über wirksame Kommunikations- und Informationssysteme verfügen muss;
42. fordert, dass in dem Aktionsplan zum Weißbuch ein ambitionierteres Konzept für die militärische Ausbildung sowie entsprechende Planungs-, Befehls- und Kontrollelemente auf der Ebene der EU aufgenommen werden, darunter ein voll ausgerüsteter und personell gut besetzter MPCC; ist der Auffassung, dass die EU die Ausbildung der ukrainischen Streitkräfte entsprechend den Bedürfnissen der Ukraine ausweiten, ein höheres Maß an operativer Koordinierung zwischen den Einheiten ermöglichen, einen möglichst wirksamen Streitkräfteaufwuchs erreichen und die Voraussetzungen dafür schaffen muss, dass die europäischen Streitkräfte die Erfahrungen der ukrainischen Streitkräfte nutzen können;
43. fordert die Mitgliedstaaten der EU nachdrücklich auf, sich auf eine gemeinsame und eindeutige mittel- und langfristige Perspektive für die europäische Verteidigungsindustrie zu verständigen, die dazu beiträgt, die Kernziele im Bereich der Fähigkeiten zu erreichen;
44. betont, dass die Art und Weise, wie Programme für die Verteidigungsindustrie in der gesamten EU umgesetzt werden, dringend geändert werden muss; hält es für wesentlich, die Arbeitsprogramme mit den überarbeiteten Kernzielen in Einklang zu bringen, um sich auf die dringendsten und militärisch wichtigsten Fähigkeitslücken konzentrieren zu können; betont, dass es wichtig ist, von der sehr breiten Streuung der knappen Finanzmittel abzurücken und weitere „Doppelbeschaffungen“ oder ähnliche Redundanzen auf der Ebene der EU zu verhindern, die zu einem hohen Maß an Doppelarbeit in Europa und zu einer geringen Effizienz der nach wie vor durch Fragmentierung gekennzeichneten industriellen Basis der Verteidigung führen würden;
45. betont, dass Fähigkeiten und Ressourcen ausgebaut werden müssen und der Fragmentierung des Verteidigungsmarkts entgegengewirkt werden muss, indem ein Verteidigungsbinnenmarkt mit verbindlichen gemeinsamen Regeln geschaffen wird, mit denen ein lauterer Wettbewerb und die vollständige Interoperabilität von Verteidigungsgütern sichergestellt werden; teilt die in Mario Draghis Bericht über die Zukunft der europäischen Wettbewerbsfähigkeit zum Ausdruck gebrachte Auffassung, dass die EU dringend die Wettbewerbsfähigkeit in diesem Bereich auf verschiedene Weise stärken muss, z. B. durch Verschmelzungen (nach dem Vorbild bewährter Verfahren wie bei Airbus) und durch mehr Wettbewerb zwischen traditionell national ausgerichteten Verteidigungsunternehmen, und dass sie Anreize für die EU-Verteidigungsindustrie beschließen muss, damit ausreichend öffentliche und private Investitionen in Sicherheit und Verteidigung getätigt werden;
46. ist der Ansicht, dass das Weißbuch auf der Europäischen Industriestrategie für den Verteidigungsbereich (EDIS) und insbesondere auf dem Programm für die Europäische Verteidigungsindustrie (EDIP) aufbauen sollte und dass in diesem Rahmen auch ein Konzept für einen Eventualfallplan für die wirtschaftliche Zusammenarbeit in Kriegszeiten entwickelt werden sollte, damit sie darauf vorbereitet ist, dass im Fall großer Sicherheitskrisen die Mitgliedstaaten einander gegenseitige Unterstützung leisten können, und dass die Kommunikation in der Wirtschaft in Kriegszeiten vertieft werden sollte, damit frühzeitig vor harten Bedrohungen, hybriden Bedrohungen und Cyberbedrohungen gewarnt werden kann;
47. betont, dass es von vorrangiger Bedeutung ist, einen einheitlichen europäischen Verteidigungsmarkt zu schaffen, da die EU durch die Fragmentierung und den Mangel an Wettbewerbsfähigkeit daran gehindert wird, mehr Verantwortung als Sicherheitsgarant zu übernehmen; bedauert, dass es trotz der Programme der EU für die Verteidigungsindustrie und der Aufstockung der nationalen Verteidigungshaushalte nicht gelungen ist, die Zusammenarbeit auf der Ebene der EU im Bereich der Verteidigungsindustrie ausreichend zu verstärken und die Mitgliedstaaten in die Lage zu versetzen, ihre eigenen im Rahmen der Europäischen Verteidigungsagentur (EDA) für 2007 festgelegten Kooperationsziele zu erreichen; weist erneut drauf hin, dass die europäische Zusammenarbeit seit dem 24. Februar 2022 stagniert und der Anteil im Bereich der Forschung und Entwicklung von 14 % im Jahr 2022 auf 6 % im Jahr 2023 sank und im Bereich der gemeinsamen Beschaffung im Jahr 2023 bei 18 % lag, wobei die EDA keine Daten für 2023 vorlegen konnte, jedoch betonte, dass es einen „vorübergehenden Rückgang“ gegeben habe; betont, dass dringend untersucht werden muss, warum die Mitgliedstaaten zögern, auf der Ebene der EU zusammenzuarbeiten und diese Zusammenarbeit als zentrales Instrument für Verteidigungsinvestitionen zu nutzen;
48. unterstützt nachdrücklich die Idee, die Zusammenarbeit auf der Ebene der EU zur Regel in der europäischen Verteidigungsindustrie zu machen und sich zu konkreten numerischen Zielen für die Zusammenarbeit, wie sie im EDIS vorgestellt werden, zu verpflichten, deren Schwerpunkte insbesondere auf der gemeinsamen Beschaffung (mindestens 40 % bis 2030), dem Handel innerhalb der EU (mindestens 35 % bis 2030) und der Beschaffung von in der EU hergestellten Verteidigungsgütern (mindestens 50 % bis 2030 und 60 % bis 2035) liegen;
49. fordert die Kommission und den Rat nachdrücklich auf, sich mit der doppelten Herausforderung der gemeinsamen Herstellung militärischer Ausrüstung und ihrer wirksamen Nutzung in allen Mitgliedstaaten zu befassen; fordert eine umfassende Strategie, mit der sichergestellt wird, dass die Interoperabilität verbessert wird, indem vereinbarte zivile und militärische Normen, darunter die Standardisierungsübereinkommen der NATO, im Rahmen der EU-Programme für die Verteidigungsindustrie gefördert werden; fordert, dass die Finanzierung bestehender und künftiger Instrumente verbindlich an die Normierung und Konvergenz der Zertifizierung durch die NATO-Mitgliedstaaten geknüpft wird und dass die derzeitigen Normen präzisiert werden; fordert die Kommission auf, konkrete Pläne vorzulegen, damit Hindernisse bei der Interoperabilität beseitigt und gemeinsam hergestellte Verteidigungsgüter von allen teilnehmenden Mitgliedstaaten wirksam genutzt werden können;
50. weist mit Nachdruck darauf hin, dass die im EDIP beschriebenen europäischen Verteidigungsprojekte von gemeinsamem Interesse unerlässlich sind, wenn es um die Verteidigungsbereitschaft und Krisenvorsorge Europas geht; ist der Auffassung, dass mit diesen Projekten die industriellen und technologischen Kapazitäten gefördert werden sollten, die auf den gemeinsamen Prioritäten im Bereich der Verteidigungsfähigkeit beruhen und die nicht allein umgesetzt werden können, wie es bei den strategischen Enablern der Fall ist; empfiehlt, dass das für Verteidigung zuständige Kommissionsmitglied auf der Grundlage der Kernziele im Bereich der Fähigkeiten einen genauen Produktionsplan aufstellt, in dem die entsprechenden quantifizierten Ziele nicht nur für die strategischen Enabler, sondern auch für den dringendsten Bedarf an Großgeräten wie MGCS, FCAS, ESSI und ELSA festgelegt sind, die dann gemeinsam beschafft und über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg instand gehalten werden, um Größenvorteile und Interoperabilität so effizient und rasch wie möglich zu erreichen;
51. ist der Ansicht, dass eine wettbewerbsfähige und widerstandsfähige europäische Verteidigungsindustrie auch zu einer Umstrukturierung der Industrielandschaft führen wird, u. a. durch Fusionen, wodurch auch die Zahl der parallelen Programme, mit denen finanzielle Ressourcen verschwendet werden, verringert würde, sowie zu einer besseren regionalen Verteilung der Produktionsstandorte; ist der Ansicht, dass die europäische Verteidigungspolitik das Wachstum von Exzellenzzentren in der EU fördern sollte, auch nach den Kriterien Dezentralisierung, Sicherheit und Resilienz; betont, dass Start-ups, Scale-ups und KMU in diesem Sektor massiv gefördert werden müssen, und zwar vorrangig und als strukturelles Element des Teils des Weißbuchs, der sich auf den Binnenmarkt für Verteidigung bezieht; betont, dass bei etablierten oder systemrelevanten Akteuren im Verteidigungssektor öffentliche Investitionen mit zusätzlichen Schutzvorkehrungen einhergehen sollten, um sicherzustellen, dass öffentliche Gelder reinvestiert und nicht zur Erzielung von Gewinnen für ihre Anteilseigner eingesetzt werden, beispielsweise durch Steuern auf unerwartete Gewinne;
52. ist der Ansicht, dass regionale EDTIB-Cluster geschaffen werden sollten, in denen Forschungs-, Entwicklungs-, Produktions- und Wartungseinrichtungen zusammengeführt werden, um so auf regionaler Ebene Größenvorteile zu erzielen und Schwerpunktbereiche der technologischen Spezialisierung zu schaffen; fordert, dass diese Cluster strategisch über die gesamte EU verteilt werden, um in Krisenzeiten eine fortlaufende Produktion zu ermöglichen und die wirtschaftlichen Chancen zugunsten von KMU und Mitgliedstaaten mit einer relativ kleinen Verteidigungsindustrie gleichmäßiger zu verteilen; fordert, dass diese Cluster mit der im EDIP vorgeschlagenen Struktur für ein europäisches Rüstungsprogramm in Einklang gebracht werden;
53. fordert mehr Kohärenz bei der Unterstützung von Unternehmen durch den Abbau von unnötigem Verwaltungsaufwand und Bürokratie sowie einen wesentlich leichteren Zugang für Unternehmen mit geringer und mittlerer Marktkapitalisierung im Verteidigungssektor;
54. fordert eine umfassende Strategie für die Nutzung bestehender Instrumente wie der Eigenkapitalfazilität für den Verteidigungsbereich und neuer Initiativen wie des EDIP-Fonds zur Beschleunigung der Transformation der Lieferketten im Verteidigungsbereich; fordert konkrete Zusagen zur Aufstockung der Mittel pro KMU, wobei Transparenz und Rechenschaftspflicht sichergestellt sein müssen; fordert die Einführung solider Überwachungsmechanismen, um sicherzustellen, dass die Mittel die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der KMU fördern, ohne den Markt zu verzerren; fordert ferner eine regelmäßige Berichterstattung über die Auswirkungen und die Wirksamkeit dieser Finanzierungsinstrumente bei der Unterstützung von Start-ups und KMU in den Bereichen Verteidigung und Güter mit doppeltem Verwendungszweck;
55. fordert die Kommission auf, einen Nachfolger für den Europäischen Verteidigungsfonds zu konzipieren, mit dem gemeinsame Forschung und Innovation entlang der gesamten Lieferkette unterstützt und die Voraussetzungen für die Bewältigung technologischer Herausforderungen und die Bereitstellung europäischer Lösungen für Lücken bei wichtigen Fähigkeiten geschaffen werden; fordert die Einrichtung einer Agentur der Kommission mit besonderem Schwerpunkt auf Forschung und Entwicklung zu Gütern mit potenziell doppeltem Verwendungszweck nach dem Vorbild des US-amerikanischen Instituts zur Erforschung zukunftsorientierter Projekte für die Verteidigung (DARPA); betont, dass auf EU-Ebene ein Schwerpunkt auf die Unterstützung der disruptivsten und innovativsten Technologien gelegt werden muss, und zwar durch die Schaffung eines zentralen Forschungs-, Entwicklungs- und Testzentrums für neue bahnbrechende Verteidigungstechnologien, das auch zur wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit beitragen würde, indem es Industrie, Regierungen und Fachleute zusammenbringt; betont, dass diese Einrichtung eine Kultur der Risikobereitschaft fördern und von ihrer Konzeption her sehr flexibel sein sollte; regt an, dass sich die Mittelzuweisung in einem ersten Schritt auf eine begrenzte Anzahl kritischer Projekte konzentrieren sollte, darunter dekarbonisierte Verteidigung und neuartige Abschreckungsfähigkeiten;
56. fordert die Stärkung der Energieresilienz und der Aspekte des Klimaschutzes und des grünen Wandels im Rahmen des Nachfolgefonds des Europäischen Verteidigungsfonds sowie die Sicherung der Klimaverträglichkeit und die Dekarbonisierung (sowohl hinsichtlich der Anpassung an den Klimawandel als auch der Minderung seiner Folgen) der EU-Verteidigung durch entsprechende Gestaltung und über alle fünf Dimensionen hinweg: Einsatz, Planung und Entwicklung von Fähigkeiten, Einbeziehung mehrerer Interessengruppen, Führung und FuE zugunsten der Leistungsfähigkeit der militärischen Fähigkeiten, der Widerstandsfähigkeit der Streitkräfte und somit der Wettbewerbsfähigkeit der EDTIB;
57. ist fest davon überzeugt, dass im Rahmen der Instrumente auf EU-Ebene die Unterstützung für KMU und Start-ups in den Bereichen Verteidigung und Güter mit doppeltem Verwendungszweck Priorität haben und massiv ausgebaut werden sollte; betont, dass KMU und Start-ups dabei unterstützt werden müssen, erfolgreich getestete Prototypen auf den Markt zu bringen und deren Produktion auszuweiten; betont, dass die derzeitige Finanzierungslücke in Bezug auf diese wichtigen Schritte zur Stärkung der EDTIB geschlossen werden muss, auch in enger Zusammenarbeit mit der technologischen und industriellen Basis der Verteidigung der Ukraine;
58. besteht darauf, dass Hindernisse für den Markteintritt von Verteidigungsgütern in der gesamten EU beseitigt werden müssen, indem die Richtlinien über die Verbringung von Verteidigungsgütern und die Beschaffung von Verteidigungsgütern überarbeitet werden; fordert die Kommission auf, Maßnahmen für einen besseren Marktzugang, eine reibungslosere grenzüberschreitende Zusammenarbeit und mehr Versorgungssicherheit vorzuschlagen, unter anderem durch eine Harmonisierung der nationalen Ausfuhrregelungen;
59. betont, dass eine wirksame Rüstungspolitik auf EU-Ebene entwickelt werden muss, die die Schaffung einer funktionierenden und effektiven Außenhandelsdimension im Einklang mit den geltenden acht Kriterien des Gemeinsamen Standpunkts des Rates zu Waffenausfuhren[2] umfasst, die darauf abzielt, Partner zu unterstützen, die von aggressiven autoritären Regimen bedroht werden, und Waffenlieferungen an undemokratische aggressive Regime und solche Regime zu verhindern, die diese nach Maßgabe der einschlägigen internationalen Menschenrechtsnormen und des humanitären Völkerrechts illegal einsetzen; betont, dass die sehr enge und nationale Auslegung von Artikel 346 des Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in dieser Hinsicht überwunden werden muss;
60. fordert die Mitgliedstaaten auf, sich aktiv an einem Mechanismus zur Priorisierung von Bestellungen von Verteidigungsgütern zu beteiligen, der auf einer Bestandsaufnahme der Sicherheits- und Verteidigungsfähigkeiten basiert, um Aufträge, Verträge und die Einstellung von Beschäftigten in Notsituationen ihrer Wichtigkeit nach zu behandeln;
61. ist der festen Überzeugung, dass die Politik der EU in Bezug auf den europäischen Verteidigungsmarkt vorrangig auf Europa ausgerichtet sein muss, weil dies zum Schutz des europäischen Know-hows strategisch geboten ist; betont, dass sich der Grundsatz der Präferenz für Europa in den Vorschriften der EU im Bereich Verteidigung in Form von klaren und eindeutigen Förderkriterien niederschlagen muss; unterstreicht jedoch, dass Ausnahmen für militärische Notfälle und für Projekte, die für die Sicherstellung der Verteidigungsbereitschaft von entscheidender Bedeutung sind, in diese Kriterien aufgenommen werden sollten;
62. fordert ein Krisenreaktionsinstrument zur Sicherung der europäischen Souveränität nach dem Vorbild des US-amerikanischen „Defense Production Act“, damit die EU über ein Instrument verfügt, das in Kriegs- oder Krisensituationen aktiviert werden kann, um schnell reagieren zu können; fordert, dass ein solches Instrument die folgenden Schlüsselkomponenten umfasst:
a) gemeinsame Beschaffung bestimmter Verteidigungsgüter,
b) Priorisierung der Bereitstellung kritischer Materialien und Priorisierung von Bestellungen für bestimmte Lieferketten wie Artilleriemunition,
c) Beschleunigung der administrativen und rechtlichen Verfahren für die Verlegung militärischer Ausrüstung und Truppen und, soweit möglich, für den Bau von (Infrastruktur-)Projekten, die für die militärische Mobilität oder andere prioritäre Bereiche der militärischen Einsatzbereitschaft von entscheidender Bedeutung sind, wobei die Umgehung von Umweltschutzbestimmungen zu verhindern und die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen sind;
63. bedauert die mangelnde Bereitschaft der Mitgliedstaaten, in die Zusammenarbeit auf EU-Ebene zu investieren, und fordert sie nachdrücklich auf, die Ziele der EU in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung zu erreichen; hebt hervor, dass die Kosten dessen, auf die extremsten militärischen Unwägbarkeiten nicht vorbereitet zu sein, viel höher wären als die Kosten einer entschlossenen Vorsorge durch die EU; weist darauf hin, dass die aggregierten Verteidigungsausgaben der EU unzureichend sind und dass nur sehr wenige Mitgliedstaaten ihre nationalen Verteidigungsausgaben mit anderen Mitgliedstaaten koordinieren oder gar bündeln und dass nur wenig in europäische Kooperationsprojekte investiert wird; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, konkrete Mittel und Wege zu erarbeiten und zu vereinbaren, mit denen kurzfristig und auf lange Sicht öffentliche und private Investitionen ermöglicht werden;
64. stellt fest, dass sich die Lücke bei den Verteidigungsausgaben für das nächste Jahrzehnt nach Angaben der Kommissionspräsidentin derzeit auf 500 Mrd. EUR beläuft, dass aber Sachverständige davon ausgehen, dass dieser Betrag erheblich steigen muss, wenn die EU ihre eigenen militärischen Fähigkeiten entwickeln muss; betont, dass der EU-Haushalt allein die Lücke nicht schließen kann, aber eine wichtige Rolle spielen muss;
65. unterstreicht, dass eine Erhöhung der Investitionen in die Verteidigung nicht mit anderen Prioritäten für öffentliche Investitionen konkurrieren sollte, darunter Sozialausgaben, territorialer Zusammenhalt und Klimaschutz, die alle für unsere europäische Sicherheit von Bedeutung sind; bekräftigt, dass der wirksamste Weg, diese Prioritäten beizubehalten, darin besteht, neue Investitionen für die Verteidigung freizusetzen, anstatt bereits zweckgebundene Mittel umzuwidmen; weist ferner darauf hin, dass die Finanzierungsausrichtungen in einem gesamtgesellschaftlichen Resilienzkonzept verankert sein sollten und daher der weitgehenden Unterstützung durch die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union bedürfen und dass diese Unterstützung langfristig nachhaltig sein muss;
66. lehnt jeden Vorschlag ab, der darauf abzielt, kohäsionspolitische Mittel von ihren langfristigen Zielen abzuziehen, und weist darauf hin, dass nur die Stärkung des sozialen und wirtschaftlichen Gefüges Europas und die Verringerung der territorialen Ungleichheit zu einer ausgewogenen Entwicklung und Stabilität aller Regionen der EU beitragen und letztlich die Fähigkeit der EU stärken werden, sich gegen Desinformation und Einflussnahme aus dem Ausland zu verteidigen;
67. unterstützt die Ankündigung der Kommissionspräsidentin, ein neues Finanzierungsinstrument der EU zu schaffen, um die Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, ihre Verteidigungsausgaben durch Darlehen zu erhöhen, die durch den EU-Haushalt abgesichert sind; nimmt die Absicht zur Kenntnis, ein solches neues Instrument gemäß Artikel 122 AEUV einzurichten; weist darauf hin, dass das Aufbauinstrument der EU, mit dem verschiedenen EU-Programmen aufgenommene Mittel zugewiesen wurden, durch eine Verordnung des Rates gemäß Artikel 122 AEUV eingerichtet wurde, während zahlreiche EU-Programme, denen die Mittel zugewiesen wurden, darunter die Aufbau- und Resilienzfazilität, im Mitentscheidungsverfahren auf der Grundlage von Artikel 175 AEUV angenommen wurden; fordert die Kommission auf, eine ähnliche rechtliche Struktur zu wählen, die das ordentliche Gesetzgebungsverfahren achtet und die demokratische Legitimität jedes neuen EU-Finanzierungsinstruments für Verteidigung sicherstellt;
68. begrüßt die weitere Ausweitung der Förderfähigkeitskriterien der Europäischen Investitionsbank-Gruppe (EIB-Gruppe) auf Güter mit doppeltem Verwendungszweck; begrüßt die Strategische Europäische Sicherheitsinitiative der EIB-Gruppe aus dem Jahr 2022, mit der Innovationen im Bereich der Technologien mit doppeltem Verwendungszweck unterstützt werden sollen; betont, dass sich die Investitionen der EIB auf innovative Projekte konzentrieren sollten, nicht jedoch auf Verbrauchsgüter wie Munition; betont, dass ein stärkeres Engagement der EIB im Verteidigungssektor die Investitionen von Geschäftsbanken in diesem Bereich fördern kann; fordert die EIB-Gruppe auf, die Auswirkungen der Ausweitung ihrer neuen Strategie für Güter mit doppeltem Verwendungszweck zu überprüfen, und besteht darauf, dass eine weitere Ausweitung der Kreditvergabe in diesem Sektor nur dann erfolgen sollte, wenn dies keine negativen Auswirkungen auf die Gesamtfinanzierungskosten der Bank oder ihre Investitionspipeline oder auf den Beitrag zur Finanzierung der Investitionen hat, die erforderlich sind, damit die EU ihre Klimaziele erreichen kann;
69. ist der Ansicht, dass ergänzend zur gemeinsamen Verschuldung weitere Darlehen für Verteidigungszwecke in einer separaten Bank abgewickelt werden sollten, da Investitionen in die Verteidigung grundsätzlich nicht als Investitionen in Umwelt, Soziales und Corporate Governance betrachtet werden können; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten daher auf, dringend eine neue Verteidigungsbank nach dem Vorbild der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung einzurichten, die sich mit der globalen Perspektive der Sicherung von Verteidigungskrediten befassen und gleichzeitig andere Investitionen schützen und die Beteiligung von Verbündeten ermöglichen könnte;
70. nimmt die Ankündigung der Kommissionspräsidentin zur Aktivierung der Ausweichklausel für Verteidigungsausgaben zur Kenntnis; betont, dass die Ausweichklausel angesichts anderer dringender politischer Prioritäten so angewandt werden muss, dass eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben nicht zu Kürzungen in anderen Bereichen führt und an die Bedingung geknüpft ist, dass sie für die Entwicklung gemeinsamer EU-Projekte ausgegeben wird, einschließlich Infrastrukturen mit doppeltem Verwendungszweck wie den Schienenverkehr, Satellitensysteme und widerstandsfähige Stromnetze;
71. betont, dass der derzeitige politische Kontext zeigt, dass den Regierungen durch den kürzlich angenommenen EU-Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung die finanziellen Mittel genommen werden, die sie benötigen, um auf aktuelle und neue Herausforderungen zu reagieren; betont, dass die Priorisierung eines Politikbereichs gegenüber einem anderen die zahlreichen Krisen, mit denen die EU konfrontiert ist, eher verschärft als abmildert; fordert eine Überarbeitung des haushaltspolitischen Rahmens der EU, um die langfristige Finanzierungssicherheit sicherzustellen, die für Investitionen in die Förderung eines gerechten Übergangs, den Ausbau der europäischen Produktionskapazitäten im Verteidigungsbereich und die Entwicklung von Infrastrukturen mit doppeltem Verwendungszweck erforderlich ist, wodurch ein wirklich koordiniertes Vorgehen der EU in der Investitionspolitik gefördert wird;
72. beharrt darauf, dass dringender Bedarf nicht bis zum nächsten mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) aufgeschoben werden kann; ist der Ansicht, dass, solange sich die Mitgliedstaaten weigern, mehr Mittel für einen höheren Gesamthaushalt der EU bereitzustellen, was auch die Schaffung neuer Eigenmittel einschließt, und angesichts des Erfordernisses der Einstimmigkeit zur Änderung sowohl der MFR-Verordnung[3] als auch des Eigenmittelbeschlusses des Rates[4] sowie angesichts der Dringlichkeit unverzüglich Lösungen für alternative Finanzierungsmöglichkeiten in Betracht gezogen werden müssen, darunter:
a) die dringende Einleitung einer Diskussion im Hinblick auf die Einrichtung einer weiteren außerbudgetären Finanzfazilität[5], die Teile der nationalen Verteidigungshaushalte auf EU-Ebene in ausreichendem Maße bündeln und europäisieren und den gesamten Lebenszyklus militärischer Fähigkeiten – von der gemeinsamen FuE und der gemeinsamen Beschaffung bis hin zu gemeinsamer Wartung, Ausbildung und Versorgungssicherheit – abdecken würde und die wie die derzeitige außerbudgetäre Europäische Friedensfazilität (EFF) Drittländern wie Norwegen und dem Vereinigten Königreich offensteht; betont daher, dass die Entscheidungs- und Aufsichtsverfahren gegenüber dem derzeitigen Governance-Modell der EFF verbessert werden müssen,
b) die Ausstellung von EU-Risikogarantien durch die Kommission zur Senkung der Zinssätze für Teilnehmer an Projekten auf EU-Ebene, die für die Verteidigungsbereitschaft als entscheidend eingestuft werden,
c) ein neues EU-Schuldenprogramm nach dem Vorbild von NextGenerationEU, das durch echte Eigenmittel gestützt wird, um die aufgenommenen Mittel zurückzuzahlen,
d) die Schaffung neuer echter EU-Eigenmittel zur Schaffung zusätzlicher Einnahmenströme zur Finanzierung sicherheits- und verteidigungsbezogener Investitionen auf EU-Ebene,
e) eine stärkere Mobilisierung von Eigen- und Privatkapital; bekräftigt daher seine Forderung nach mehr privaten Investitionen in die Verteidigung der EU,
f) die Schaffung spezifischer Finanzprodukte, damit private Banken mehr in den Verteidigungssektor investieren,
g) die Entwicklung von Notfallverfahren für Projekte, die als Reaktion auf größere Krisen oder Kriege eingerichtet werden;
73. ist der Ansicht, dass im nächsten MFR mehr Mittel für die gemeinsame Sicherheit bereitgestellt und für mehr Flexibilität gesorgt werden sollte, um auf unvorhergesehene Krisen und Notfälle zu reagieren;
74. begrüßt die im jüngsten Niinistö-Bericht enthaltenen Vorschläge zur Finanzierung der europäischen Verteidigung; unterstützt die Einrichtung einer Fazilität zur Verteidigung Europas und einer Fazilität zur Sicherung Europas; begrüßt und unterstützt ebenfalls den Vorschlag, ein auf dem Modell von InvestEU basierendes Investitionsgarantieprogramm mit einer offenen Architektur einzurichten, um Investitionen des Privatsektors anzustoßen und einen „Europäischen Standard für Anleihen im Bereich der Krisenvorsorge“ herauszugeben;
75. besteht darauf, dass robuste Mechanismen eingeführt werden, um die effiziente Nutzung knapper EU-Haushaltsmittel sicherzustellen und Doppelarbeit bei Verteidigungsprojekten zu verhindern; fordert eine umfassende Überprüfung der derzeitigen Aufsichtsverfahren und die Entwicklung eines transparenten Rahmens für die Überwachung und Bewertung der Wirksamkeit von EU-finanzierten Verteidigungsinitiativen;
76. beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Mitglied der Kommission für Verteidigung und Weltraum, der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsidentin der Kommission, dem Rat und der Kommission zu übermitteln.
- [1] ABl. C 493 vom 27.12.2022, S. 136.
- [2] Gemeinsamer Standpunkt 2008/944/GASP des Rates vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern, ABl. L 335 vom 13.12.2008, S. 99, ELI: http://data.europa.eu/eli/compos/2008/944/oj.
- [3] Verordnung (EU, Euratom) 2020/2093 des Rates vom 17. Dezember 2020 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2021 bis 2027, ABl. L 433I vom 22.12.2020, S. 11, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2020/2093/oj.
- [4] Beschluss (EU, Euratom) 2020/2053 des Rates vom 14. Dezember 2020 über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union und zur Aufhebung des Beschlusses 2014/335/EU, Euratom, ABl. L 424 vom 15.12.2020, S. 1, ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2020/2053/oj.
- [5] Im Einklang mit Ziffer 1 Buchstabe m seiner Empfehlung vom 8. Juni 2022 an den Rat und den Vizepräsidenten der Kommission / Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zur Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU nach dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine (ABl. C 493 vom 27.12.2022, S. 136).