ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
24.10.2005
eingereicht gemäß Artikel 115 der Geschäftsordnung
von Raül Romeva i Rueda, Alyn Smith, Hélène Flautre und Bernat Joan i Marí
im Namen der Verts/ALE-Fraktion
zu den Menschenrechten in der Westsahara
B6‑0566/2005
Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Menschenrechten in der Westsahara
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zur Westsahara,
– unter Hinweis auf den Jahresbericht über die Menschenrechte in der Welt im Jahr 2004 und die Menschenrechtspolitik der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf die Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zur Westsahara und insbesondere die vom 28. April 2005,
– unter Hinweis auf die Verlängerung des Mandats der MINURSO bis zum 31. Oktober 2005 gemäß der Resolution 1598 (2005) des Sicherheitsrates vom 28. April 2005,
– unter Hinweis auf den letzten Bericht des Generalsekretärs über die Westsahara an den Sicherheitsrat (April 2005),
– unter Hinweis auf die jüngsten Nominierungen eines Sonderbeauftragten und eines persönlichen Beauftragten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für die Westsahara,
– gestützt auf Artikel 115 seiner Geschäftsordnung,
A. zutiefst besorgt über die jüngsten Berichte von Amnesty International und der Weltorganisation gegen Folter (OMTC), die auf schwere Verletzungen der Menschenrechte gegenüber der Bevölkerung der Sahraouis hinweisen,
B. in der Erwägung, dass 151 Sahraouis-Kriegsgefangene noch in Marokko inhaftiert sind, und insbesondere besorgt über die Haftbedingungen von 37 politischen Sahraoui-Häftlingen und vor allem der Menschenrechtsaktivisten Aminattou Haidar und Ali Salem Tamek,
C. in der Erwägung, dass die Untersuchungen der Kommission für Gerechtigkeit und Aussöhnung („Instance Equité et Réconciliation“) betreffend die in den illegalen Haftanstalten verstorbenen Personen die Gräber von 50 Personen zutage gefördert haben, die Opfer des gewaltsam verursachten Verschwindens wurden, darunter eine große Anzahl von Sahraouis,
D. in der Erwägung, dass die Polisario-Front im August 2005 die 404 letzten marokkanischen Kriegsgefangenen freigelassen hat, von denen einige seit über 20 Jahren inhaftiert waren,
E. in der Erwägung, dass die marokkanischen Behörden echte Schwierigkeiten damit haben, mit den Migrationsströmen Richtung Europa fertig zu werden; daher in der Erwägung, dass Marokko nicht allein auf dieses Migrationsphänomen reagieren kann und dass ein gemeinsames Vorgehen betreffend die legale Asyl- und Einwanderungspolitik von den Mitgliedstaaten der Union und den betroffenen Partnerländern im Mittelmeerraum rasch in die Wege geleitet werden muss;
F. zutiefst besorgt über die wiederholten Menschenrechtsverletzungen gegenüber Migranten und Asylbewerbern im Mittelmeerraum und über die humanitäre Situation dieser Personen, die insbesondere über Marokko wandern, um in die Vorposten Europas zu gelangen; insbesondere besorgt über die massiven Ausweisungen und Konvois von Migranten, die an die Grenzen Algeriens und Mauretaniens verbracht wurden,
G. besorgt über die Informationen über die Abzweigung der humanitären Hilfe für die Bevölkerung in den Lagern von Tindouf einerseits und über Mängel in der Beförderungs- und Verteilerkette dieser Hilfe andererseits,
1. fordert die marokkanischen Behörden auf, der Sahraoui-Bevölkerung die uneingeschränkte Ausübung der Grundfreiheiten zuzusichern, wie sie in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und den internationalen Übereinkommen definiert werden; ersucht die marokkanischen Behörden nachdrücklich, das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die Folter vollständig zu respektieren;
2. fordert in diesem Zusammenhang die Kommission und den Rat auf, die Einhaltung dieser Übereinkommen im Rahmen der Durchführung des Aktionsplans EU-Marokko und im Rahmen des Unterausschusses „Menschenrechte“ aufmerksam zu verfolgen;
3. fordert die marokkanischen Behörden auf, die politischen Sahraoui-Häftlinge gemäß dem humanitären Völkerrecht freizulassen;
4. fordert Marokko und die Polisario-Front auf, voll und ganz mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) zusammenzuarbeiten, um das Schicksal der Personen zu klären, die seit dem Beginn des Konflikts als vermisst gemeldet wurden;
5. fordert Algerien auf, dem UNHCR den Zugang zu den Lagern in Tindouf zu gewährleisten, um es ihm zu ermöglichen, seine humanitäre Aufgabe zu erfüllen und die Bevölkerung dieser Lager zu zählen;
6. fordert die Parteien und die Staaten der Region erneut auf, weiterhin voll und ganz mit den Vereinten Nationen zusammenzuarbeiten, um den derzeitigen Engpass zu überwinden und auf eine politische Lösung hinzuarbeiten;
7. nimmt die Resolution 1598 (2005) des Sicherheitsrats zur Kenntnis, die seine Entschlossenheit bekräftigt, den Parteien bei der Herbeiführung einer gerechten, dauerhaften und für beide Seiten annehmbaren politischen Lösung behilflich zu sein, die die Selbstbestimmung des Volkes der Westsahara vorsieht;
8. ersucht den neuen persönlichen Beauftragten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, vor seinem Ausschuss und seinen Unterausschüssen sowie seiner Maghreb-Delegation Bericht zu erstatten;
9. ersucht die marokkanischen und algerischen Behörden nachdrücklich, die Genfer Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge im Rahmen ihrer Asyl- und Einwanderungspolitik voll und ganz zu achten, insbesondere den Grundsatz der Nichtzurückweisung, das Recht, einen Asylantrag zu stellen, und die Verpflichtung, keine Massenausweisungen vorzunehmen ; fordert ferner Marokko auf, dem UNHCR und den NRO einen freien Zugang zu den Flüchtlingslagern zu gewährleisten;
10. fordert gleichzeitig die Mitgliedstaaten und die Partnerländer im Mittelmeerraum auf, ein gemeinsames Vorgehen betreffend die legale Asyl- und Einwanderungspolitik zu beschließen; fordert ferner den Rat und die Kommission auf, diese Frage in einem multilateralen Rahmen zu behandeln, der insbesondere die direkt betroffenen afrikanischen Staaten umfasst;
11. ist der Auffassung, dass das neue, kürzlich zwischen der Europäischen Union und Marokko geschlossene Fischereiabkommen keinesfalls Fischereitätigkeiten der Europäischen Union in den Gewässern der Westsahara umfassen soll, wie dies im vorangegangenen Abkommen (1994-1999) der Fall war und zu negativen Auswirkungen betreffend die Lebensmittelsicherheit führte;
12. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, den Generalsekretären der Vereinten Nationen und der Afrikanischen Union sowie der marokkanischen Regierung und der Polisario-Front zu übermitteln.