ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
29.3.2006
gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung
von Fiona Hall, Thierry Cornillet und Marios Matsakis
im Namen der ALDE-Fraktion
zum Weltgesundheitstag
B6‑0236/2006
Entschließung des Europäischen Parlaments zum Weltgesundheitstag
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf den Weltgesundheitstag am 7. April 2006, der den Fachkräften im Gesundheitswesen gewidmet sein wird,
– unter Hinweis auf das Jahrzehnt der Fachkräfte im Gesundheitswesen (2006-2015), das am Weltgesundheitstag beginnen wird,
– in Kenntnis der am 12. Dezember 2005 angenommenen Mitteilung der Kommission über die EU-Strategie über Maßnahmen zur Bekämpfung des akuten Fachkräftemangels im Gesundheitswesen der Entwicklungsländer,
– unter Hinweis auf das im Dezember 2004 in Abuja abgehaltene hochrangige Forum zu den Milleniums-Entwicklungszielen im Gesundheitswesen und dessen Schlussfolgerungen,
– unter Hinweis auf die Milleniums-Entwicklungsziele, auf das Gipfeltreffen zu den Fortschritten bei der Umsetzung der Milleniums-Entwicklungsziele im September 2005 in New York und die Schlussfolgerungen dieses Gipfeltreffens,
– in Kenntnis der im Dezember 2005 von der Kommission, vom Rat und vom Parlament unterzeichneten Erklärung zur Entwicklungspolitik,
– unter Hinweis auf den am 7. Dezember 2005 veröffentlichten Bericht der Weltbank über die Gesundheitsversorgung mit dem Titel „Reaching the Poor: What Works, What Doesn't and Why“,
– in Kenntnis der im Juni 2001 auf der Sondersitzung der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UNGASS) angenommenen Verpflichtungserklärung zu HIV/Aids und des bevorstehenden hochrangigen Treffens zu deren umfangreicher Überarbeitung im Juni 2006,
– gestützt auf Artikel 103 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass es in vielen Teilen der Entwicklungsländer einen gravierenden Fachkräftemangel im Gesundheitswesen gibt, wobei eine Migration sowohl aus ärmeren Regionen als auch innerhalb ärmerer Regionen stattfindet,
B. in der Erwägung, dass der Personalmangel im Gesundheitswesen ein akutes Problem darstellt, das nicht nur die Entwicklungsländer betrifft, sondern auch für Europa und alle anderen Staaten der Welt ein Besorgnis erregender Zustand ist,
C. in der Erwägung, dass der gestiegene Bedarf an Gesundheitspersonal in den Industrieländern aufgrund der Überalterung der Bevölkerung Ärzte und Krankenschwestern aus Entwicklungsländern angezogen hat, wodurch sich der bestehende Fachkräftemangel im Gesundheitswesen in diesen Ländern noch weiter verschärft hat,
D. in der Erwägung, dass die Europäische Union eine wichtige Rolle dabei spielen muss, darauf hinzuwirken, dass auf internationaler Ebene schnellstmöglich eine Lösung für dieses Problem gefunden wird,
E. in der Erwägung, dass HIV/Aids, Mararia und andere Krankheiten zu einer steigenden Erkrankungsrate in der Gesellschaft im Allgemeinen und in den Entwicklungsländern im Besonderen beigetragen haben,
F. in der Erwägung, dass jüngste Untersuchungen der Weltbank zeigen, dass die für die Gesundheitsversorgung bereitgestellten Mittel die Ärmsten in der Gesellschaft oftmals nicht erreichen,
G. in der Erwägung, dass das Gesundheitspersonal in den Industrieländern, und insbesondere in den Entwicklungsländern, vielfach einem erhöhten Risiko einer Infektion oder der Aufnahme toxischer Wirkstoffe ausgesetzt ist,
H. in der Erwägung, dass die Fachkräfte im Gesundheitswesen in den Entwicklungsländern sich zuweilen inmitten eines Krieges oder innerer Unruhen befinden können und häufig mit Gewalt und Einschüchterung konfrontiert sind,
I. in der Erwägung, dass die Ausbildung des medizinischen Personals in den Entwicklungsländern aufgrund mangelnder natürlicher Ressourcen und eines mangelnden politischen Willens oft unzureichend ist,
J. in der Erwägung, dass Kriege in den Entwicklungsländern schwere Krisensituationen hervorrufen, die eine große Zahl von besonders ausgebildeten Fachkräften im Gesundheitswesen erforderlich machen,
K. in der Erwägung, dass das Gesundheitspersonal in den Entwicklungsländern ein solides System der medizinischen Grundversorgung, einschließlich angemessener Einrichtungen mit der entsprechenden technischen und pharmazeutischen Unterstützung, benötigt, um effizient arbeiten zu können,
L. in der Erwägung, dass die kontinuierliche medizinische Fortbildung, die Qualitätssicherung und die Berufshaftpflichtversicherung für medizinisches Personal in der medizinischen Praxis von Fachkräften des Gesundheitswesens in den Industrieländern von wesentlicher Bedeutung sind,
1. begrüßt die Mitteilung der Kommission vom Dezember 2005 über eine Strategie über Maßnahmen zur Bekämpfung des akuten Fachkräftemangels im Gesundheitswesen der Entwicklungsländer und unterstützt voll und ganz ihre Behauptung, dass „Fortschritte auf dem Weg zur Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele [...] ohne erhöhte Investitionen in Gesundheitspersonal kaum zu erzielen sein [dürften]“ sowie ihre klare Zusage, partnerschaftlich mit den Entwicklungsländern im Hinblick auf Entwicklungsstrategien zusammenzuarbeiten;
2. begrüßt die Veranstaltung des Weltgesundheitstages am 7. April, dessen Schwerpunkt auf dem Fachkräftemangel im Gesundheitswesen liegt und der eine Gelegenheit bietet, an die schreckliche Lage der fünf bulgarischen Krankenschwestern und des palästinensischen Arztes zu erinnern, denen in Tripolis die Todesstrafe droht;
3. bekräftigt, dass der akute Personalmangel im Gesundheitswesen ein Problem von grundlegender Bedeutung ist, das die Europäische Union aufgrund ihrer herausragenden Rolle und ihres Engagements auf diesem vorrangigen Gebiet auf europäischer und internationaler Ebene umgehend angehen muss;
4. erinnert an die seit langem vorgebrachte Forderung des Parlaments, 20% der für die Entwicklungsländer vorgesehenen Mittel für die medizinische Grundversorgung und Grundbildung einzusetzen;
5. anerkennt die dringende Notwendigkeit, die Harmonisierung der Geberhilfe – innerhalb der EU als auch weltweit – zu verbessern, und stimmt zu, dass die an ausreichend klare Leistungsindikatoren gebundene Budgethilfe ein wirksames Instrument sein kann, um sowohl die Harmonisierung zu verbessern als auch die Kalkulierbarkeit zu erhöhen;
6. fordert, dass ausreichende Mittel für Projekte zur Förderung der reproduktiven Gesundheit bereitgestellt werden, und verurteilt die so genannte „Global Gag Rule“ (Mexiko-City-Politik), durch die US-amerikanische Mittel für derartige Projekte blockiert sind;
7. anerkennt, dass eine der Hauptursachen für diese problematische Lage in den Entwicklungsländern die Migration von Fachkräften im Gesundheitswesen ist, die von reicheren Ländern (insbesondere in der EU und in den USA) angeworben werden, und fordert die EU auf, auf die Ausarbeitung eines globalen Verhaltenskodexes für eine an ethischen Grundsätzen orientierte Rekrutierung zu drängen;
8. vertritt die Auffassung, dass der erste Schritt bei der Bekämpfung dieses Trends darin besteht, Ausbildungsmöglichkeiten und bessere Arbeitsbedingungen für die Fachkräfte im Gesundheitswesen in den betroffenen Gebieten zu bieten, Anreize dafür zu schaffen, dass sie an den Orten arbeiten, an denen sie am meisten gebraucht werden, und sie mit Impfstoffen zum Schutz vor potenziellen Pandemien auszustatten;
9. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Kohärenz der Entwicklungspolitik umfassend umzusetzen, zu der sie sich in der Erklärung zur Entwicklungspolitik verpflichtet haben, indem sie sicherstellen, dass sich die Migrationspolitik nicht dadurch nachteilig für die Entwicklungsländer auswirkt, dass wichtiges Gesundheitspersonal aus den ärmsten Ländern aktiv angeworben wird;
10. unterstreicht hingegen, dass die Abwanderung von Fachkräften im Gesundheitswesen am besten bekämpft werden kann, indem für wichtiges Gesundheitspersonal berufliche Aufstiegsmöglichkeiten geschaffen werden, damit sie in ihren Heimatländern bleiben; fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und die Regierungen der Entwicklungsländer auf, in die Ausbildung von wichtigen Fachkräften des Gesundheitswesens zu investieren;
11. drängt die Kommission und die Mitgliedstaaten, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um zu gewährleisten, dass die für die Gesundheit bereitgestellten Mittel die Ärmsten in den Entwicklungsländern erreichen; betont, dass der Zugang zu medizinischer Versorgung in ländlichen und entlegenen Gebieten dringend notwendig ist;
12. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Partnerschaften mit Krankenhäusern in den Entwicklungsländern zu entwickeln und die Zusammenarbeit über Videokonferenzen zu fördern, durch die relativ kleine und entlegene Krankenhäuser in den Genuss von hochkarätigem Fachwissen und Beratung durch andere Krankenhäuser oder Länder kommen können, und die Entwicklung einer medizinischen Grundversorgung aktiv zu unterstützen;
13. fordert, dass in allen EU-Mitgliedstaaten eine effiziente Personalbedarfsplanung in Bezug auf die Fachkräfte im Gesundheitswesen durchgeführt wird, damit die Binnennachfrage gedeckt wird und die negativen Auswirkungen für ihre Nachbarn, die afrikanischen Staaten und andere betroffene Länder, minimiert werden;
14. ist davon überzeugt, dass die EU zur Behebung des Fachkräftemangels im Gesundheitswesen in mehreren Mitgliedstaaten in erster Linie die Zahl ihrer Fachkräfte aus der EU aufrechterhalten und erhöhen muss, indem sie eine Reihe von Maßnahmen ergreift, wie etwa die Förderung der beruflichen Mobilität in der EU, die Schaffung besserer Arbeitsbedingungen, eine verstärkte Unterstützung in Form von Investitionen in Ausbildung und die Ausarbeitung wirksamer Anreizsysteme, die auf Untersuchungen, Analysen und Konsultationen der Fachkräfte im Gesundheitswesen beruhen müssen;
15. unterstreicht, dass es erforderlich ist, einen wirksamen Impfstoff gegen Malaria zu entwickeln, und dass dieser Prozess durch internationale Partnerschaften zwischen dem privaten und dem öffentlichen Sektor beschleunigt werden kann,
16. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungschefs der Mitgliedstaaten, den Regierungschefs aller Entwicklungsländer und Dr. Lee Jong-wook, dem Generalsekretär der Weltgesundheitsorganisation, zu übermitteln.