Entschließungsantrag - B6-0465/2006Entschließungsantrag
B6-0465/2006

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

4.9.2006

eingereicht im Anschluss an die Anfrage zur mündlichen Beantwortung B6‑0427/2006
gemäß Artikel 108 Absatz 5 der Geschäftsordnung
von Caroline Lucas, Pierre Jonckheer, Alain Lipietz und Frithjof Schmidt
im Namen der Verts/ALE-Fraktion
zur Aussetzung der Verhandlungen über die Entwicklungsagenda von Doha (DDA)

Verfahren : 2006/2615(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B6-0465/2006
Eingereichte Texte :
B6-0465/2006
Angenommene Texte :

B6‑0465/2006

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Aussetzung der Verhandlungen über die Entwicklungsagenda von Doha (DDA)

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere dessen Artikel 36, 27 und 133,

–  in Kenntnis der Doha-Ministererklärung der Welthandelsorganisation (WTO) vom 14. November 2001,

–  in Kenntnis der Ministererklärung der Welthandelsorganisation (WTO) von Hongkong vom 18. Dezember 2005,

–  gestützt auf Artikel 108 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass das Hauptziel der Entwicklungsagenda von Doha in wirtschaftlichen Fortschritten der Entwicklungsländer besteht und dass sich alle Seiten in den Verhandlungen von diesem Ziel leiten lassen müssen, damit echte und nachhaltige Ergebnisse in Bezug auf die Entwicklung erreicht werden können; in der Erwägung, dass die Ergebnisse der Verhandlungen in Form von echten wirtschaftlichen Vorteilen vor allem den am wenigsten entwickelten Ländern zugute kommen müssen, damit die Verwirklichung der Millennium-Entwicklungsziele vorankommt,

B.  in der Erwägung, dass den meisten Untersuchungen, einschließlich Studien der Weltbank, zufolge die Verhandlungspositionen der Industrieländer unter den WTO-Mitgliedern insbesondere seit der WTO-Ministerkonferenz von Hongkong im Dezember 2005 dazu geführt haben, dass die entwicklungsbezogenen Elemente in der Entwicklungsagenda von Doha erheblich abgenommen haben,

C.  in der Erwägung, dass der Marktzugang von qualitativen Faktoren im Hinblick auf den Verbrauch von Ressourcen, die Produktionsstandards sowie die Verarbeitungs- und Herstellungsmethoden abhängig sein sollte, damit eine nachhaltige Entwicklung gewährleistet ist,

D.  in der Erwägung, dass in den Verhandlungen über die Entwicklungsagenda von Doha seit deren Schaffung im Herbst 2001 keinerlei Fortschritte mit Blick auf die qualitativen Faktoren bei den Verhandlungen über den Marktzugang zu verzeichnen waren,

E.  in der Erwägung, dass durch das Auslaufen des Mandats der USA (Trade Promotion Authority) im Juni 2007 unangemessener Druck auf die WTO-Mitgliedstaaten ausgeübt wird, die inhaltlichen Verhandlungen bis zum Sommer 2006 abzuschließen,

F.  in der Erwägung, dass die WTO als Organisation, die vom Engagement ihrer Mitglieder abhängig ist, ihre Grundsätze der demokratischen Entscheidungsfindung uneingeschränkt achten, alle Seiten in den Verhandlungsprozess einbeziehen und die Zustimmung aller Mitglieder zu den Ergebnissen garantieren muss,

1.  nimmt zur Kenntnis, dass die WTO-Mitglieder nicht in der Lage waren, die Verhandlungen innerhalb des festgelegten Zeitrahmens abzuschließen, was vorläufig zur formalen Aussetzung der Verhandlungen geführt hat;

2.  betrachtet die Verzögerung beim Abschluss der Doha-Runde als Chance, die entwicklungsbezogenen Elemente und den Ansatz in den Verhandlungen neu zu prüfen, damit gewährleistet ist, dass die Entwicklungsagenda schließlich zu echten und nachhaltigen wirtschaftlichen Vorteilen, insbesondere für die Entwicklungsländer, führt, die seit dem Abschluss der Uruguay-Runde wirtschaftliche Verluste hinnehmen mussten;

3.  fordert die WTO-Mitglieder auf, über einige der grundlegenden Annahmen des Verhandlungsrahmens der Entwicklungsagenda neu nachzudenken, die die Verhandlungen unnötig kompliziert gestalten und die Erzielung von Ergebnissen erschweren, insbesondere das Konzept des Gesamtpakets, die Überfrachtung der Verhandlungsagenda durch die Einbeziehung von Fragen, die über den Handel mit Waren hinausgehen, sowie die gegenwärtige Einstufung der Mitgliedstaaten nach ihrer wirtschaftlichen Leistung;

4.  fordert die Kommission und die anderen Industrieländer der G6 auf, die Verhandlungen über den Marktzugang von Agrarerzeugnissen und über Agrarbeihilfen nicht länger von Zugeständnissen der Entwicklungsländer bei den Verhandlungen über den Marktzugang für Nichtagrarprodukte und das GATS abhängig zu machen; betont, dass in sämtlichen dieser Verhandlungen unabhängig voneinander und aus sich heraus ausgewogene und entwicklungsorientierte Ergebnisse erzielt werden müssen, damit die Entwicklungsagenda von Doha erfolgreich abgeschlossen werden kann;

5.  warnt die Mitglieder der G6 und den Generaldirektor der WTO und Vorsitzenden des Ausschusses für Handelsgespräche TNC, Pascal Lamy, davor, die gegenwärtige Aussetzung der formalen Verhandlungen auszunutzen, indem informelle Gespräche zwischen den Mitgliedern der G6 geführt werden, über die der Gesamtheit der WTO-Mitglieder keine Rechenschaft abgelegt werden muss; verweist auf die Geschichte der Entwicklungsagenda von Doha, in der eine zunehmende Diversifizierung der Wirtschafts- und Entwicklungsinteressen der WTO-Mitglieder stattgefunden hat, die nicht darin ihren Niederschlag finden darf, dass ein exklusiver Klub von Mitgliedern allein die Entscheidungen trifft; betont, dass die Bewahrung der demokratischen Grundsätze der WTO eine Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss der Doha-Runde darstellt;

6.  warnt Kommission und Rat sowie die USA davor, die Bedeutung des multilateralen Handelssystems zu untergraben, das das wichtigste Instrument zur Erzielung einer ausgewogenen und nachhaltigen globalen wirtschaftlichen Entwicklung darstellt, indem auf bilaterale oder regionale Handelsvereinbarungen zurückgegriffen wird, die nur auf der Grundlage nationaler wirtschaftlicher Interessen getroffen werden;

7.  betont sein vorrangiges Interesse daran, dass die Doha-Runde zu einem Ergebnis geführt wird, das wirklich dazu geeignet ist, die Armut zu bekämpfen und eine nachhaltige Entwicklung zu gewährleisten, und fordert alle WTO-Mitglieder auf, ohne Zeitdruck auf dieses Ziel hinzuarbeiten;

8.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission, den Parlamenten der WTO-Mitgliedstaaten, dem Generaldirektor der WTO und dem Präsidenten der Interparlamentarischen Union zu übermitteln.