ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
4.9.2006
gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung
von João de Deus Pinheiro, José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra, Elmar Brok, Charles Tannock, Tokia Saïfi, Bogusław Sonik und Rodi Kratsa-Tsagaropoulou
im Namen der PPE-DE-Fraktion
zur Lage im Nahen Osten
B6‑0486/2006
Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage im Nahen Osten
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Lage im Libanon und im Nahen Osten,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Partnerschaft Europa-Mittelmeer,
– in Kenntnis der Erklärung seiner Konferenz der Präsidenten vom 20. Juli 2006,
– in Kenntnis der Ergebnisse der internationalen Libanon-Konferenz vom 26. Juli 2006 in Rom,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 1. und 25. August 2006,
– unter Hinweis auf die Resolutionen des UN-Sicherheitsrates Nr. 1559 vom 2. September 2004 und 1701 vom 11. August 2006,
– gestützt auf Artikel 103 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
1. ist nach wie vor äußerst beunruhigt über die humanitären und ökologischen Folgen der militärischen Eskalation und bedauert die damit verbundenen Todesopfer und das menschliche Leid unter der Zivilbevölkerung im Libanon und in Israel sowie unter den Soldaten und UN-Beobachtern und die massive Zerstörung von Infrastruktureinrichtungen;
2. begrüßt die Entscheidung, am 31. August in Stockholm eine internationale Geberkonferenz einzuberufen, um Mittel zur Linderung des menschlichen Leids aufzubringen;
3. begrüßt den Beschluss der libanesischen Regierung, ihre Truppen im Südlibanon zu stationieren, und das Einverständnis der israelischen Armee mit einem Rückzug hinter die Blaue Linie, wie in der Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrates vorgesehen; begrüßt ferner die nachdrückliche Unterstützung der libanesischen Regierung für eine Stärkung der UNIFIL;
4. begrüßt das Ergebnis der Sondertagung des Rates Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen vom vergangenen Freitag, insbesondere die uneingeschränkte Unterstützung des Rates für die Umsetzung der Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrates und die Zusage der Mitgliedstaaten, etwa 7.000 Mann für die maximal 15.000 Soldaten starke UNIFIL-Truppe zu entsenden;
5. begrüßt die anhaltenden Bemühungen der Europäischen Union um eine dauerhafte Lösung des Konflikts; unterstreicht in diesem Zusammenhang, wie wichtig es ist, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit einer Stimme sprechen;
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6. fordert beide Seiten – die Hisbollah und Israel – auf, die von den Vereinigten Staaten und Frankreich vermittelte UN-Waffenstillstandsvereinbarung (Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrates), die am 14. August in Kraft getreten und bislang weitgehend eingehalten worden ist, vollständig zu respektieren und die Übergriffe gegen die Zivilbevölkerung endgültig einzustellen;
7. wiederholt die Forderung nach sofortiger Freilassung der entführten israelischen Soldaten und der von Israel inhaftierten Mitglieder der palästinensischen Regierung sowie der Mitglieder des Palästinensischen Legislativrates;
8. nimmt die Forderung des UN-Hochkommissars für Menschenrechte zur Kenntnis, die Frage zu untersuchen, ob im Verlauf des Konflikts das Völkerrecht verletzt wurde;
9. wiederholt die von seiner Konferenz der Präsidenten am 20. Juli und 1. August erhobene Forderung nach baldigen humanitären Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft und einer Rückkehr zur Achtung des Völkerrechts; betont jedoch, dass eine umfassende politische Lösung gefunden werden muss, um den Konflikt gemäß den Resolutionen 1701 und 1559 des UN-Sicherheitsrates endgültig beizulegen;
10. betont, dass diese Lösung zur Entwaffnung der Hisbollah führen sollte, wozu auch Maßnahmen zur Verhinderung von Waffenlieferungen in den Libanon gehören müssen, ferner zu einer endgültigen Festlegung der Grenzen zwischen dem Libanon und Israel, wobei dem gesamten Libanon, einschließlich Südlibanon, volle territoriale Integrität, Souveränität und politische Unabhängigkeit zugestanden werden sollte;
11. unterstützt das der UNIFIL übertragene Mandat, wie es in den Ziffern 11, 14 und 16 der Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrates verankert wurde, und fordert die Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf, der UNIFIL die erforderlichen Truppen und sonstigen logistischen Einrichtungen zur Verfügung zu stellen, um den Erfolg dieser Mission zu gewährleisten; bekräftigt erneut seine Unterstützung für die Entsendung einer starken internationalen Stabilisierungstruppe unter Aufsicht der Vereinten Nationen und fordert den Rat auf, konkrete Maßnahmen zu treffen; hätte sich jedoch eine stärkere Rolle für die Europäische Union gewünscht;
12. begrüßt den Standpunkt der EU und ihre wichtige Rolle bei der grundlegenden Unterstützung der UNIFIL-Truppe im Rahmen ihres Mandats; fordert die beteiligten Parteien auf, ihre besondere Unterstützung den christlichen Gemeinschaften zukommen zu lassen, die trotz ihrer historischen Präsenz in der Region sehr stark unter der derzeitigen Krise leiden;
13. begrüßt die Tatsache, dass die Mitgliedstaaten auf der Tagung des Rates Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen vom 25. August angekündigt haben, den Kern der erweiterten UNIFIL-Truppe zu stellen; drängt darauf, dass die Stationierung der Truppen so bald wie möglich beginnt;
14. unterstreicht die führende Rolle von Frankreich und Italien; unterstützt uneingeschränkt die Entscheidung, dass Frankreich bis Februar 2007 den Oberbefehl behalten und dann Italien die Kontrolle vor Ort übernehmen wird; betont, dass jedoch eine Überschneidung der Befehlsstrukturen vermieden werden muss;
15. unterstreicht jedoch die Bedeutung einer klaren und angemessenen Definition des Mandats, der Struktur und der Zuständigkeiten der UNIFIL, nötigenfalls durch eine neue Resolution des UN-Sicherheitsrates, in der man die Lehren aus früheren Friedenseinsätzen der UN, insbesondere in Bosnien und Herzegowina, ziehen sollte;
16. unterstreicht die Verpflichtung beider Seiten, unter Achtung des Völkerrechts den Zugang und sichere Wege für Vertriebene, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und den Nachschub zu gewährleisten; verweist in diesem Zusammenhang auf die besonderen Bedürfnisse der noch immer sehr großen und potenziell verwundbaren Gruppe von Zuwanderern aus Entwicklungsländern und ihren Angehörigen;
17. unterstreicht die Notwendigkeit, ausreichende Soforthilfemittel für die Opfer der Krise bereitzustellen; fordert die Kommission, die Haushaltsbehörde und die Mitgliedstaaten auf, alternative Möglichkeiten einer Finanzierung über die bereits zugewiesenen Mittel hinaus ins Auge zu fassen;
18. unterstreicht die Notwendigkeit, Maßnahmen gegen die Verschmutzung in bestimmten Gebieten und insbesondere gegen die verheerende Auswirkung der Ölpest vor der libanesischen Küste zu treffen; fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, im Rahmen des Protokolls der Barcelona-Konvention zur Vermeidung und Beseitigung von Verschmutzung und unter Einsatz des Regionalen Interventionszentrums für die Verschmutzung des Mittelmeeres (REMPEC), die im Rahmen des Aktionsplans für das Mittelmeer (MAP) tätig ist, Unterstützung zu leisten und entsprechende Maßnahmen zu treffen;
19. unterstreicht die entscheidende Rolle, die die EU beim Wiederaufbau der sozialen Infrastruktur und der sozialen Einrichtungen spielen kann, um den Stabilisierungsprozess, insbesondere im Süden des Libanon, zu stärken;
20. unterstreicht die Notwendigkeit einer Demokratisierung der politischen Systeme in Syrien und im Iran, einschließlich der Herstellung angemessener bürgerlicher und politischer Freiheiten, die derzeit erheblich eingeschränkt sind;
21. betont, dass durch die derzeitige Krise der Nahost-Friedensprozess wieder ganz oben auf der internationalen Agenda steht; fordert die internationale Gemeinschaft auf, diese Gelegenheit zu nutzen und eine internationale Friedenskonferenz – wie die Madrider Konferenz von 1991 – einzuberufen, um alle beteiligten Parteien an einen Tisch zu bringen und den Konflikt ein für allemal zu lösen; fordert nachdrücklich, dass der Ministerrat diesbezüglich eine führende Rolle übernimmt;
22. fordert den Iran und Syrien mit Nachdruck auf, eine konstruktive Rolle, insbesondere bei der Umsetzung der Resolutionen 1559 und 1701, zu übernehmen; fordert insbesondere Syrien auf, die Kontrollen an der libanesisch-syrischen Grenze auf seiner Seite entsprechend der UN-Resolution Nr. 1701 zu verstärken, die die Nachbarländer verpflichtet, Waffenlieferungen an nichtstaatliche Gebilde zu verhindern; erinnert alle UN-Mitgliedstaaten daran, dass die Resolution Nr. 1701 des UN-Sicherheitsrates den Verkauf von Waffen an libanesische Milizen verbietet, und zeigt sich besorgt darüber, dass der Hisbollah neue russische Hightech-Waffen zur Verfügung gestellt wurden, die zu einer Eskalation des Konflikts führten;
23. unterstreicht den potenziell wichtigen Beitrag Syriens im Hinblick auf einen souveränen Libanon und eine Stabilisierung der Region;
24. fordert Israel auf, seine Luft- und Seeblockade gegen den Libanon aufzuheben, sobald sich die verstärkte UNIFIL-Truppe vor Ort befindet;
25. unterstreicht die Notwendigkeit, die libanesische Regierung sowie die politischen Institutionen und die Verwaltung des Landes vollständig zu unterstützen, um ihren wirksamen Beitrag zur Stabilisierung der Demokratie sowie zum Wiederaufbau zu gewährleisten;
26. beschließt, eine Delegation des EP (fact-finding mission) in den Libanon und nach Israel zu entsenden, um die Lage vor Ort zu überwachen, und dabei den humanitären und politischen Bedingungen besondere Beachtung zu schenken; ist der Auffassung, dass sich diese Delegation des EP und die Delegation der Parlamentarischen Versammlung Europa-Mittelmeer gegenseitig über ihre Aktivitäten unterrichten sollten;
27. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.