Entschließungsantrag - B6-0528/2006Entschließungsantrag
B6-0528/2006

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

18.10.2006

eingereicht im Anschluss an die Anfragen zur mündlichen Beantwortung B6‑0433/2006, B6-0434/2006 und B6‑0436/2006
gemäß Artikel 108 Absatz 5 der Geschäftsordnung von
Karin Jöns und Martin Schulz im Namen der PSE-Fraktion,
Hans-Gert Pöttering, John Bowis, Ria Oomen-Ruijten, Anna Záborská und Marie Panayotopoulos-Cassiotou im Namen der PPE-DE-Fraktion,
Elizabeth Lynne und Marios Matsakis im Namen der ALDE-Fraktion,
Hiltrud Breyer und Raül Romeva i Rueda im Namen der Verts/ALE-Fraktion,
Adamos Adamou, Ilda Figueiredo und Eva-Britt Svensson im Namen der GUE/NGL-Fraktion,
Adriana Poli Bortone, Liam Aylward, Konrad Szymański und Alessandro Foglietta im Namen der UEN-Fraktion,
Kathy Sinnott im Namen der IND/DEM-Fraktion
zu Brustkrebs in der erweiterten Europäischen Union

Verfahren : 2006/2611(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B6-0528/2006
Eingereichte Texte :
B6-0528/2006
Angenommene Texte :

B6‑0528/2006

Entschließung des Europäischen Parlaments zu Brustkrebs in der erweiterten Europäischen Union

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf Artikel 152 des EG-Vertrags in der durch den Vertrag von Nizza geänderten Fassung,

–  unter Hinweis auf Artikel 35 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union[1],

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 5. Juni 2003 zu Brustkrebs[2],

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Februar 2003 zu der Mitteilung der Kommission über Maßnahmen der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit Brustimplantaten[3],

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 4. Oktober 2001 zu der Patentierung der Gene BRCA1 und BRCA2 („Brustkrebsgene“)[4],

–  unter Hinweis auf die Empfehlung des Rates zur Krebsfrüherkennung vom 2. Dezember 2003[5],

–  unter Hinweis auf die vierte Auflage der „Europäischen Leitlinien zur Qualitätssicherung bei der Brustkrebsvorsorge und -diagnose“ der Europäischen Kommission von April 2006[6],

–  unter Hinweis auf das Treffen des „IARC Cancer Control Forum“, bestehend aus den Direktoren der nationalen Krebsforschungsinstitute, vom 17. bis 19. Juli 2006 beim Internationalen Krebsforschungszentrum (IARC) in Lyon,

–  unter Hinweis auf den Workshop „Notwendigkeit europäischer Richtlinien für die Pflege bei Brustkrebs“ vom 17. Oktober 2006 im Europäischen Parlament,

–  gestützt auf Artikel 108 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass Brustkrebs die häufigste Krebserkrankung bei Frauen ist und jährlich 275.000 Frauen in der Europäischen Union an Brustkrebs erkranken[7],

B.  in der Erwägung, dass immer mehr jüngere Frauen an Brustkrebs erkranken, dass 35 % der an Brustkrebs erkrankten Frauen unter 55 Jahre alt sind und dass 12 % der Brustkrebsfälle sogar Frauen unter 45 Jahren betreffen[8],

C.  in der Erwägung, dass Brustkrebs die Todesursache Nummer 1 bei Frauen zwischen 35 und 59 Jahren ist[9] und jährlich 88.000 Frauen in der Europäischen Union an Brustkrebs sterben[10],

D.  in der Erwägung, dass Brustkrebs die insgesamt zweithäufigste Krebserkrankung ist, auch Männer an Brustkrebs erkranken und in der Europäischen Union jährlich etwa 1.000 Männer an Brustkrebs sterben[11],

E.  in der Erwägung, dass junge, an Brustkrebs erkrankte Frauen in besonderem Maße von Problemen wie der Reintegation in den Arbeitsmarkt und einer mangelnden finanziellen Absicherung betroffen sind und dass sie sich zudem mit ganz spezifischen Problemen der Lebensplanung wie Unfruchtbarkeit in Folge hormoneller Behandlung oder einer Diagnose während der Schwangerschaft konfrontiert sehen,

F.  in der Erwägung, dass die Mortalitätsrate bei Brustkrebs zwischen den Mitgliedstaaten der EU der 25 laut WHO um über 50 % schwankt und die Mastektomierate zwischen den Mitgliedstaaten selbst bei Brustkrebs im frühen Stadium um bis zu 60 % differiert[12],

G.  in der Erwägung, dass die Ursachen für Brustkrebs umfassender untersucht werden müssen, insbesondere die Rolle von schädlichen Chemikalien und Umweltbelastungen, der Ernährung, des Lebensstils und genetischer Faktoren sowie von deren Wechselwirkungen,

H.  unter Hinweis darauf, dass Mammographie-Screening laut WHO die Brustkrebssterblichkeit bei Frauen zwischen 50 und 69 Jahren um bis zu 35 % senken kann und erste Studien darauf hinweisen, dass Screening auch bei Frauen zwischen 40 und 49 Jahren zu einer Senkung der Sterblichkeitsrate beitragen kann,[13]

I.  in der Erwägung, dass die EU-Leitlinien für Mammographie-Screening 1992 erstmals vorgelegt wurden, dass Mammographie-Screening bisher aber nur in 11 Mitgliedstaaten der EU flächendeckend angeboten wird (Belgien, Estland, Finnland, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Schweden, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn und Vereinigtes Königreich),

J.  unter Hinweis darauf, dass selbst in oben genannten Mitgliedstaaten mit flächendeckendem Screening dieses oft nicht entsprechend den EU-Leitlinien populationsbezogen durchgeführt wird und vielen weiteren Qualitätskriterien nicht entspricht und dass die EU-Leitlinien in den neuen Mitgliedstaaten bisher kaum bekannt sind,

K.  in der Erwägung, dass eine flächendeckende Versorgung mit interdisziplinären Brustzentren gemäß den in den EU-Leitlinien empfohlenen hohen Standards nur in einem einzigen Mitgliedstaat (Vereinigtes Königreich) und dort auch nicht in vollem Umfang gewährleistet ist,

L.  unter Hinweis darauf, dass eine qualitätsgesicherte Brustkrebsversorgung mittel- und langfristig zu Kosteneinsparungen im Gesundheitssystem führt, da unnötige Untersuchungen und Behandlungen vermieden werden können, Mammakarzinome frühzeitiger erkannt und somit weniger kostenintensive Operationen und Folgebehandlungen nötig werden,

M.  unter Hinweis darauf, dass in der vierten Auflage der „Europäischen Leitlinien zur Qualitätssicherung bei der Brustkrebsvorsorge und -diagnose“ (2006) der Einsatz von zwei Brustkrankenschwestern pro Brustzentrum empfohlen wird[14], dass es für dieses Berufsbild aber bisher keine allgemein anerkannten Ausbildungsmerkmale gibt,

N.  unter Hinweis darauf, dass die in den EU-Leitlinien geforderte Spezialisierung des gesamten medizinischen Personals für die Qualität von Früherkennung und Behandlung entscheidend ist, und in der Erwägung, dass entsprechende Weiterbildungsangebote in den Mitgliedstaaten der EU mit dem Europäischen Sozialfonds und in den Beitrittsländern mit den Vorbeitrittsfonds gefördert werden können,

O.  in der Erwägung, dass der Europäische Fonds für regionale Entwicklung in den neuen Mitgliedstaaten zum Aufbau von Gesundheitsinfrastrukturen und damit auch zur Implementierung von Mammographie-Screening und spezialisierten Brustzentren eingesetzt werden kann und dass dies auch in den Beitrittsländern mit den Vorbeitrittsfonds möglich ist,

P.  in der Erwägung, dass mit der Lissabon-Strategie eine Beschäftigungsquote für Frauen von 60 % im Jahr 2010 angestrebt wird, und unter Hinweis darauf, dass neueste Studien zeigen, dass ein Fünftel der ehemaligen Krebspatienten/innen nicht in den Beruf zurückkehren, obwohl sie als beschäftigungsfähig gelten[15] und sich Frauen, die in den Beruf zurückkehren, trotzdem oft mit Einkommenskürzungen konfrontiert sehen[16],

1.  fordert die Europäische Kommission auf, den von ihm in der Entschließung vom 5. Juni 2003 für 2006 erbetenen Fortschrittsbericht über die von den Mitgliedstaaten getroffenen Maßnahmen zur Senkung der Sterblichkeitsraten bei Brustkrebs bald vorzulegen;

2.  fordert die Kommission auf, den Bericht über die Durchführung der Programme zur Krebsfrüherkennung gemäß der Empfehlung des Rates vom 2. Dezember 2003 im Laufe des Jahres 2007 vorzulegen;

3.  wiederholt seine Aufforderung an die Mitgliedstaaten, flächendeckend Mammographie-Screening einzuführen, bei dem allen Frauen zwischen 50 und 69 Jahren ein den EU-Leitlinien entsprechendes Mammographie-Screening im Abstand von zwei Jahren angeboten wird, um so eine deutliche Senkung der Brustkrebssterblichkeit zu erreichen;

4.  erwartet von den Mitgliedstaaten eine bessere Informationspolitik in Bezug auf die Bedeutung von Mammographie-Screening, um die Akzeptanz und die Teilnehmerrate unter den Frauen zu erhöhen;

5.  fordert die Kommission auf, Studien zu unterstützen, welche die Bedingungen erforschen, unter denen Mammographie-Screening auch für Frauen, die älter als 69 Jahre sind, von Nutzen sein könnte;

6.  fordert die Mitgliedstaaten auf, bis 2016 eine flächendeckende Versorgung mit interdisziplinären Brustzentren nach EU-Leitlinien sicherzustellen, da eine Behandlung in interdisziplinären Brustzentren nachweislich die Überlebenschancen verbessert und die Lebensqualität erhöht, und fordert die Kommission auf, hierzu alle zwei Jahre einen Fortschrittsbericht vorzulegen;

7.  fordert die Kommission auf, aktuelle und verlässliche Daten über die Situation von an Brustkrebs erkrankten Frauen vorzulegen und in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit von nationalen Krebsregistern in allen Mitgliedstaaten aufmerksam zu machen;

8.  dringt darauf, die künftige Finanzierung des Europäischen Krebsnetzwerks sicherzustellen, damit die Arbeiten an EU-Leitlinien für das Berufsbild der Brustkrankenschwester und für ein Zertifizierungsprotokoll von Brustzentren entsprechend den von der Kommission bereits festgelegten Prinzipien und Verfahren für die Überprüfung der Konformität abgeschlossen werden können;

9.  fordert die verstärkte Förderung der Forschung zur Brustkrebsprävention unter Einbeziehung der Auswirkungen von schädlichen Chemikalien und Umweltbelastungen, der Ernährung, des Lebensstils und genetischer Faktoren sowie von deren Wechselwirkungen und fordert, den Zusammenhang zwischen Brustkrebs und potenziellen Risikofaktoren wie Tabak, Alkohol und Hormonen weiter zu erforschen;

10.  fordert die Kommission auf, die finanzielle Förderung der Weiterentwicklung von blutbasierten Tests (Biomarker-Tests) innerhalb des Siebten Forschungsrahmenprogramms zu gewährleisten;

11.  erwartet, dass die Kommission die Entwicklung nebenwirkungsarmer Therapien sowie eine umfassende Ursachenfoschung im Siebten Forschungsrahmenprogramm fördert und zur Sicherstellung der unabhängigen wissenschaftlichen Forschung im Brustkrebsbereich beiträgt;

12.  fordert die Kommission auf, im Rahmen des Siebten Forschungsrahmenprogramms technisch-physikalische Aspekte und Alternativen zu konventionellen Formen der Mammographie, wie zum Beispiel die digitale Mammographie, weiter zu erforschen;

13.  fordert die Kommission zur Ausarbeitung einer Charta zum Schutz der Rechte von Brustkrebspatienten/innen sowie chronisch Kranker am Arbeitsplatz auf, um Unternehmen dazu anzuhalten, Patienten/innen während der Behandlung die Ausübung der Beschäftigung zu ermöglichen und sie nach der Behandlung wieder in den Arbeitsmarkt zu reintegrieren;

14.  fordert die Mitgliedstaaten auf, Informations- und Beratungsstellen zu erblichem Brustkrebs zu errichten, und fordert die Kommission auf, hierzu alle zwei Jahre einen Fortschrittsbericht vorzulegen;

15.  fordert die Mitgliedstaaten auf, den Problemen junger Frauen mit Brustkrebs durch die Bereitstellung spezifischer Informationen besondere Aufmerksamkeit zu schenken;

16.  fordert die Kommission auf, die neuen Mitgliedstaaten und die Beitrittsländer darauf hinzuweisen, dass der Europäische Fonds für regionale Entwicklung sowie die Vorbeitrittsfonds zur Schaffung von Infrastrukturen im Gesundheitsbereich eingesetzt werden können;

17.  fordert die Mitgliedstaaten auf, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, das medizinische Personal über den Europäischen Sozialfonds gemäß EU-Leitlinien weiterzuqualifizieren;

18.  fordert die Kommission auf, eine führende Rolle bei der weltweiten Kooperation im Kampf gegen Brustkrebs im Zusammenspiel mit anderen internationalen Partnern (WHO, IARC, IAEO usw.) einzunehmen und die „Europäischen Leitlinien zur Qualitätssicherung bei der Brustkrebsvorsorge und -diagnose“ auch über die europäischen Grenzen hinaus zu verbreiten;

19.  fordert die Kommission auf, die „Europäischen Leitlinien zur Qualitätssicherung bei der Brustkrebsvorsorge und -diagnose“ nicht nur in gedruckter Form zur Verfügung zu stellen, sondern auch zur Ansicht und zum Herunterladen ins Internet zu stellen;

20.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.