ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
24.11.2006
gemäß Artikel 108 Absatz 5 der Geschäftsordnung
von Jean-Marie Cavada
im Namen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres
zu den Fortschritten der EU bei der Schaffung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (Artikel 2 und 39 des EU-Vertrags)
B6‑0625/2006
Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Fortschritten der EU bei der Schaffung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (Artikel 2 und 39 des EU-Vertrags)
Das Europäische Parlament,
– gestützt auf Artikel 2 des EU-Vertrags, wonach die Union sich das Ziel setzt, sich als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu erhalten und weiterzuentwickeln,
– gestützt auf Artikel 39 eben dieses Vertrages, wonach das Europäische Parlament einmal jährlich eine Aussprache über die Fortschritte in den in diesem Titel genannten Bereichen führt,
– unter Hinweis auf die Antworten des Rates während der Aussprache vom 27. September 2006 über die mündliche Anfrage (B6-0428/2006) sowie auf die von der Kommission vorgelegten Mitteilungen, in denen der Stand der Umsetzung des Haager Programms und dessen Zukunftsperspektiven dargelegt werden,
– unter Hinweis auf die Aussprachen während des gemeinsam mit dem finnischen Parlament veranstalteten parlamentarischen Treffens am 2. und 3. Oktober 2006,
– gestützt auf Artikel 108 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass das Bedürfnis der europäischen Bürger nach mehr Freiheit, Sicherheit und Recht in der Union im Zeitalter der Globalisierung immer stärker wird in einer Welt, in der es ständig Krisen und Spannungen gibt, in der das wirtschaftliche Gefälle immer mehr zunimmt und die Migrationsströme ständig steigen, in der es zu ideologischen und kulturellen Konfrontationen kommt, die eine steigende Zahl von Menschen betreffen, und in der es Bedrohungen ungeahnter Tragweite durch Terroristen gibt,
B. in der Erwägung, dass die Europäische Union sieben Jahre nach den Schlussfolgerungen von Tampere keine kohärente Einwanderungspolitik hat und dass vor allem eine Politik für die legale Zuwanderung fehlt,
C. die Tatsache zur Kenntnis nehmend, dass diese Faktoren des Drucks von außen
- –1999 vom Europäischen Rat bei der Annahme des ersten Programms von Tampere nicht berücksichtigt werden konnten, und dass sie bei der Festlegung des Haager Programms im November 2004 nur unzureichend berücksichtigt wurden;
- –auf der Ebene der einzelnen Mitgliedstaaten bereits unkontrollierbar sind und von der Union selbst ohne eine besser strukturierte Zusammenarbeit mit dem Europarat und dessen mit der Förderung der Rechtsstaatlichkeit und dem Schutz der Grundrechte befassten Organen[1] nur schwer kontrolliert werden können, wenn die Union sich nicht bald mit den erforderlichen Mitteln ausstattet und sich gegenüber anderen internationalen Organisationen wie z.B. den Vereinten Nationen[2] bzw., auf regionaler Ebene, der Afrikanischen Union in Bezug auf die Migrations- und Entwicklungspolitik, oder auf dem europäischen Kontinent als glaubwürdiger Gesprächspartner erweist, was die Politik im Zusammenhang mit dem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts betrifft,
D. unter Hinweis darauf, dass die EU in Ermangelung eines kohärenten Besitzstandes und eines gemeinsam mit den Mitgliedstaaten vertretenen Standpunktes nicht in der Lage ist, in den Bereichen des Europäischen Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts den Standpunkt von Drittländern, auch nicht von ihren Bündnispartnern, z.B. die Position der USA, maßgeblich zu beeinflussen, und dass dies nicht nur ihre Glaubwürdigkeit beeinträchtigen kann, sondern sie auch überdies politisch und strategisch in die Defensive zwingt gegenüber diesen Ländern,
E. in der Erwägung, dass diese strategische Schwäche auf der Ebene der EU nicht nur darauf zurückzuführen ist, dass diese Politikbereiche erst vor kurzem auf EU-Ebene verlagert wurden[3], sondern vor allem darauf, dass der Transfer im Rahmen der Verträge von Maastricht und Amsterdam erfolgt ist, unter großem Vorbehalt der Mitgliedstaaten, und dass der Übergang zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, das bereits für 1993 vorgesehen war, erst 1999, mit begrenzten Fortschritten, 2001, 2004 und schließlich 2005 mit der (teilweisen) Aktivierung der in Artikel 67 EGV vorgesehenen „Passerelle“-Regelung im Rahmen des Haager Plans stattgefunden hat,
F. unter Hinweis darauf, dass noch heute die Tatsache, dass eine Vielzahl von Rechtsgrundlagen für ein einziges politisches Ziel, die Zunahme der Konflikte und der Rechtsmittel zur Einschränkung der Tragweite der Befugnisse der Institutionen, die Einstimmigkeitsregel und vor allem das Fehlen einer echten demokratischen und gerichtlichen Kontrolle dazu führen, dass die derzeitige Situation der politischen Umsetzung des dritten Pfeilers nur in sehr geringem Maße im Einklang steht mit der Achtung der Grundsätze der EU, auf die sie sich erklärtermaßen stützt (Artikel 6 VEU),
G. warnend vor den Risiken, sich außerhalb des Rahmens der europäischen Verträge mit Themen zu befassen, die bereits Gegenstand von Vorschlägen seitens der europäischen Institutionen sind; in der Hoffnung, dass eine offene Debatte auf der Grundlage der loyalen Zusammenarbeit zwischen den europäischen Institutionen und unter Beteiligung der einzelstaatlichen Parlamente über die Aufnahme des Vertrags von Prüm in den Gemeinschaftsvertrag eingeleitet wird, damit das Europäische Parlament eine demokratische Kontrolle ausüben kann,
H. mit der Feststellung, dass die Mitgliedstaaten die ersten sind, die sich dieser aus demokratischer, rechtlicher und sogar funktionaler Sicht defizitären Situation bewusst sind, und dass sie sich bei der Unterzeichnung des Verfassungsvertrags verpflichtet haben, ab November 2006 das verbindlich zu machen, was im Vertrag von Maastricht lediglich ein dem Rat zugestandenes Recht war,
I. in der Überzeugung, dass die Aktivierung der in Artikel 67 EGV und 42 VEU vorgesehenen „Passerelle“-Regeln nicht nur der derzeitigen verfassungsrechtlichen Situation entspricht, sondern auch mit der künftigen verfassungsrechtlichen Situation kompatibel ist, und dass der Rat diese daher auch gemäß Artikel 18 des Wiener Übereinkommens aktivieren sollte, der die Parteien dazu verpflichtet, loyal zusammenzuarbeiten, um die für die künftige Ratifizierung günstigsten Bedingungen zu schaffen,
J. unter Befürwortung des Vorschlags der Kommission, im Laufe des Jahres 2007 die in den Artikeln 67 EGV (unter Abschaffung der Einschränkungen für die Rechtsprechung des Gerichtshofes in Bezug auf die Themen im Zusammenhang mit Titel IV des EGV) und Artikel 42 VEU vorgesehenen „Passerelle“-Klauseln zu aktivieren, wie dem Europäischen Rat vom Europäischen Parlament bereits am 14.10.2004 empfohlen[4],
K. unter Hinweis darauf, dass die Aktivierung der „Passerelle“-Klausel dem Rat die Möglichkeit lässt, über sein Abstimmungsverfahren zu entscheiden, und dass in diesem Zusammenhang mehrere Lösungen gefunden werden könnten, um in bestimmten Fällen und/oder für bestimmte Zeiträume die Einstimmigkeit beizubehalten, vorausgesetzt, dass in jedem Fall in allen Bereichen, die die Rechte der Bürger der Europäischen Union betreffen, die Mitentscheidung des Europäischen Parlaments gewährleistet wird, da das Europäische Parlament zumindest so ausschlaggebend wie der kleinste Mitgliedstaat sein dürfte,
L. in der Erwägung, dass die auf der Grundlage der bestehenden Verträge aktivierten „Passerelle“-Klauseln bereits jetzt dem vom Verfassungsvertrag auferlegten Rahmen entsprechen und nicht über das hinausgehen dürfen, was dieser vorsieht (z.B. im Bereich der Quoten bei der Einwanderungspolitik),
M. in der Erwägung, dass ebenfalls unbedingt festzulegen ist, wohin die „Passerelle“ tendieren sollten, und dass, wenn den bestehenden Verträgen keine neue Ziele hinzugefügt werden können, es zweckmäßiger wäre, in den kommenden zwei Jahren eine Konsolidierung/Vereinfachung des Besitzstandes der Union im Bereich des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts vorzusehen, so wie dieser sich nach und nach im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten gebildet hat, insbesondere seit dem Vertrag von Maastricht; unter Hinweis darauf, dass bei einer solchen Konsolidierung und Vereinfachung zahlreiche Unstimmigkeiten beseitigt und die Besitzstände der verstärkten Zusammenarbeit so weit wie möglich verallgemeinert werden sollten (siehe Schengen),
N. in Kenntnis der nachdrücklichen Forderung nach einer Verbesserung der praktischen Zusammenarbeit schon jetzt im Rahmen der derzeit geltenden Verträge, die von den Bürgern und den in diesem Bereich tätigen Personen und auch vom Rat erhoben wird, in dem bis heute eine Einigung nicht besteht, die ihm echte Fortschritte bei dieser Zusammenarbeit ermöglichen würde,
O. in der Erwägung, dass die neuen Mitgliedstaaten, die die Kriterien von Schengen erfüllen und in der Lage sind, dem System beizutreten, nicht ungerechtfertigterweise für erhebliche Verzögerungen bei der Umsetzung des SIS II (Schengener Informationssystem der zweiten Generation) bestraft werden dürfen,
P. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament große Schnelligkeit und Kompromissbereitschaft an den Tag gelegt hat, als es in erster Lesung eine Einigung über die drei Legislativtexte erzielt hat, die das Paket über die Rechtsgrundlage von SIS II ausmachen,
1. fordert die Kommission auf, dem Rat 2007 den Vorschlag für einen Beschluss zur Aktivierung von Artikel 42 VEU vorzulegen, mit dem die Bestimmungen über die polizeiliche (einschließlich EUROPOL) und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (einschließlich EUROJUST) in den Gemeinschaftsrahmen übertragen werden sollen;
2. fordert den Rat auf,
- –dringend und entsprechend der Stellungnahme des Europäischen Parlaments den Vorschlag für einen Beschluss auf der Grundlage von Artikel 67 Absatz 2 EGV anzunehmen, was die Aufhebung der Einschränkungen der Befugnisse des Gerichtshofs im Rahmen des Titels IV des EGV betrifft, und alles zu unternehmen, um die Bearbeitung von Vorabentscheidungsverfahren in den für den Raum der Sicherheit, der Freiheit und des Rechts relevanten Bereichen zu beschleunigen, und
- –für eine Ausweitung des Verfahrens der Mitentscheidung mit dem Parlament und der qualifizierten Mehrheit im Rat in allen Fällen zu sorgen, in denen dies gemäß den geltenden Verträgen möglich ist, wie die legale Einwanderung oder die Eingliederung von Drittstaatsangehörigen, wie dies unter dem niederländischen Ratsvorsitz im Jahre 2004 vorgesehen wurde;
3. fordert den Europäischen Rat auf, dem Rat und der Kommission folgende Leitlinien an die Hand zu geben:
- a)Neuausrichtung der europäischen Rechtsvorschriften an der grundlegenden Forderung, bei den Grundrechten in der Union ein hohes Schutzniveau zu gewährleisten, und keine Beschränkung auf die grenzüberschreitenden Fragen, wenn es um die Rechte des Individuums geht; ist der Auffassung, dass das EP in diesem Zusammenhang das Fachwissen der künftigen Agentur für Grundrechte nutzen und deren Unterstützung genießen sollte;
- b)Eintreten für verstärkten Schutz der Gründungsprinzipien der EU (Artikel 6 VEU) sowie der Frühwarnmechanismen und der Sanktionen gemäß Artikel 7 VEU; die Rechtsprechung der europäischen Gerichte, der Verfassungsgerichte und die auf der Ebene des Europarates und vom EP eingeleiteten Untersuchungen zeigen hinreichend, dass sich die Mitgliedstaaten sowie die Organe der EU ständig um die Einhaltung dieser Prinzipien bemühen müssen, und dass sich die Organe der EU öffentlich bekannte Maßstäbe für die Verbesserung der Qualität der Justiz und der polizeilichen Zusammenarbeit setzen müssen; in diesem Kontext müsste die Aktivierung des Frühwarnmechanismus gemäß Artikel 7 Absatz 1 VEU den normalen Maßnahmen zugerechnet werden, die notwendig sind, um ein hohes Niveau des Schutzes der Grundsätze gemäß Artikel 6 VEU zu gewährleisten;
- c)Erfüllung der Forderung nach einer effektiven Verbesserung der praktischen Zusammenarbeit durch die Stärkung und Angleichung der Befugnisse, über die derzeit Eurojust und seine nationalen Mitglieder verfügen, insbesondere über die Einräumung einer effektiven Befugnis zur Abstimmung der Ermittlungen und Verfahren, einer Befugnis zur Einleitung von Verfahren und zur Teilnahme an der Lösung von Kompetenzkonflikten, sowie über die Übertragung der Befugnis an Europol, Ermittlungen und operative Maßnahmen zu organisieren und zu koordinieren, die gemeinsam mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten oder im Rahmen gemeinsamer Ermittlungsgruppen durchgeführt werden; die nationalen Parlamente und das Europäische Parlament müssten alljährlich eine Debatte über die bei dieser Art von Tätigkeiten aufgetretenen Probleme und erreichten Fortschritte führen und prüfen, ob Anpassungen auf der Ebene der nationalen und europäischen Rechtsvorschriften erforderlich sind;
- d)Verhinderung der Schaffung eines Überwachungsstaats durch die europäischen Rechtsvorschriften und die strikte Beschränkung der Einmischung des Staates in die Ausübung der Freiheiten des Einzelnen, die im Übrigen einer regelmäßigen Überprüfung unter Beteiligung des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente unterzogen werden muss;
- e)Beseitigung der derzeitigen auf der Ebene des europäischen Rechts bestehenden Schwachstellen bei der Verarbeitung vertraulicher Daten, wenn diese von den Institutionen der EU gespeichert werden; daraus folgende Änderung von Artikel 9 der Verordnung 1049/01 und Einrichtung eines Ausschusses zur Kontrolle vertraulicher Tätigkeit im EP;
- f)Förderung der Durchsetzung der Grundsätze/Empfehlungen des Generalsekretärs des Europarates in Anwendung von Artikel 52 EMRK durch Annahme von Empfehlungen des Rates, soweit die parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste betroffen ist (siehe insbesondere die künftigen Empfehlungen des mit der Prüfung des Themas „Flüge der CIA“ befassten parlamentarischen Ausschusses);
4. fordert den Rat auf, dem Europäischen Parlament so bald wie möglich die Linie vorzulegen, die es im Zusammenhang mit dem Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates über den Schutz personenbezogener Daten, die im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen verarbeitet werden, einzuschlagen gedenkt; warnt vor der Gefahr, diesen Vorschlag seiner Substanz zu berauben und erinnert an die Zusagen des Rates, was die politische Einbeziehung des EP bei der Annahme dieses Rahmenbeschlusses betrifft;
5. legt den nationalen Parlamenten nahe, möglichst bald die Auswirkungen auf nationaler Ebene zu prüfen, die die neuen Bestimmungen haben werden, die vom Rat im Bereich des Datenschutzes und der Umsetzung des Grundsatzes der Verfügbarkeit und des Verbunds von Datenbanken geplant werden, in denen Daten zu Sicherheitszwecken verarbeitet werden; erklärt jetzt schon, dass es bereit ist, die Ergebnisse einer solchen Prüfung in den Stellungnahmen zu berücksichtigen, die es gegenüber dem Rat zu diesen Fragen abgeben wird;
6. fordert die Kommission mit Nachdruck auf, jährlich einen Bericht über die Tätigkeiten der Gruppe der für die Grundrechte zuständigen Kommissionsmitglieder zu veröffentlichen; fordert die Kommission ebenfalls nachdrücklich auf, so bald wie möglich einen Überblick über die von der oben genannten Gruppe in den letzten zweieinhalb Jahren durchgeführten Tätigkeiten und Beschlüsse vorzulegen;
7. erachtet es als wesentlich, dass die Institutionen der EU in so sensiblen Politikbereichen wie denen im Zusammenhang mit den Grundrechten, der Einwanderung und der Erhöhung der Sicherheit nicht an die Stelle der Mitgliedstaaten treten, sondern ergänzend eingreifen; ist der Auffassung, dass gewährleistet werden müsste, dass die Vergemeinschaftung der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen mit einem gewissen Recht auf Einsichtnahme einhergeht,
- a)– sowohl was das derzeitige legislative Initiativrecht der Mitgliedstaaten betrifft (Der Rat könnte sich dazu verpflichten, die Kommission gemäß Artikel 208 EGV zu ersuchen, in den von einem Viertel der Mitgliedstaaten angegebenen Bereichen Legislativvorschläge vorzulegen),
- b)– als auch um die einzelstaatlichen Parlamente in die Lage zu versetzen, zu den entsprechenden Vorschlägen im Bereich des Europäischen Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts Stellung zu beziehen; weist darauf hin, dass diesen derzeit eine Frist von sechs Wochen eingeräumt wird, bis der Rat über einen gegebenen Vorschlag entscheidet; ist der Auffassung, dass das Europäische Parlament sich verpflichten könnte, vor dieser Frist nicht zu einer Einigung mit dem Rat in erster Lesung zu gelangen;
8. wiederholt die Forderung, auf EU-Ebene eine gewisse Kohärenz bei den legislativen Befugnissen aufrechtzuerhalten, indem zum Beispiel vorgesehen wird, dass die Rechtsvorschriften über die Einwanderung sich nicht nur auf die illegale Einwanderung beschränken, sondern auch die legale Einwanderung abdecken;
9. ist, was das Interimsabkommen über Fluggastdaten (PNR) mit den Vereinigten Staaten betrifft, tief besorgt über das Schreiben der USA, in welchem diese das Abkommen auslegen, und das zeigt, dass die Auslegung durch die Behörden der Vereinigten Staaten weit über den Inhalt des Abkommens hinausgeht, insbesondere in Bezug auf den Zweck des Abkommens, den Zugang der Agenturen und Organe der USA zu den PNR-Daten und die Zahl der Datenfelder, die eingesehen werden können;
10. fordert den Rat mit Nachdruck auf, den Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates über bestimmte Verfahrensrechte in Strafverfahren innerhalb der Europäischen Union (KOM (2004)0328) unverzüglich anzunehmen und in diesem Zusammenhang den Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 12.4.2005 (T6 0091/2005) gebührend zu berücksichtigen;
11. bekräftigt die in Tampere 1999 erkannte Notwendigkeit,
- –den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung zu verallgemeinern und diesen zum Eckstein des EU-Rechts zu machen,
- –später den Zugang zum Recht zu verbessern, wie dies durch die Vorschriften im Bereich der Mediation in Zivilsachen, der geringfügigen Forderungen und dem Mahnverfahren vorgesehen ist,
- –Maßnahmen der Rechtsangleichung nur nach einer Folgenabschätzung im Bereich der Grundrechte vorzusehen und die nationalen Parlamente daran zu beteiligen;
12. hält es für notwendig, dass die Mitgliedstaaten sogar im Falle der Vergemeinschaftung des dritten Pfeilers und unbeschadet der Rechte der Kommission der Europäischen Gemeinschaften nach wie vor das Recht haben sollten, sich gegenseitig zu helfen und zu kontrollieren, wie dies bereits bei der Zusammenarbeit im Rahmen des Schengen-Übereinkommens und bei der Bekämpfung des Terrorismus der Fall ist;
13. unterstützt die kürzlich erfolgte Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, in der diese die Absicht äußert, ein System zur Bewertung der Politiken des Europäischen Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts einzuführen, und weist darauf hin, dass diese Bewertung
- a)– Gegenstand einer jährlichen Mitteilung an das Europäische Parlament sein müsste, damit dieses gemäß den Verträgen und unter Einbeziehung der einzelstaatlichen Parlamente darüber beraten kann,
- b)– die Vertreter der Bürgergesellschaft und der akademischen Welt bei der Bewertung der Auswirkungen der Strategien und der Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Europäischen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts verstärkt einbeziehen müsste;
14. ist schließlich der Auffassung, dass die schönsten Ziele bloße Lippenbekenntnisse bleiben, wenn sie nicht mit entsprechenden Humanressourcen und Finanzmitteln ausgestattet werden, d.h.:
- a)dass auf EU-Ebene der Grundsatz der Solidarität und der loyalen Zusammenarbeit, einschließlich der finanziellen Zusammenarbeit, zwischen den Mitgliedstaaten umgesetzt wird,
- b)dass die Befugnisse der europäischen Agenturen (Europol, Eurojust, Frontex, Olaf, CEPOL, ...) angepasst werden, damit sie in der Lage sind, die von den Mitgliedstaaten festgelegten strategischen Prioritäten auf EU-Ebenen durchzusetzen,
- c)dass Möglichkeiten geschaffen werden, zivile Krisensituationen mit internationaler Tragweite zu vermeiden bzw. zu bewältigen, zumal in diesem Zusammenhang auf der Ebene der Kommission der Europäischen Gemeinschaften und des Generalsekretariats des Rates inzwischen ein gewisses Fachwissen zur Verfügung steht, was die Bündelung von Humanressourcen und technischen und finanziellen Mitteln innerhalb kürzester Zeit betrifft;
15. fordert die Kommission auf, sich zu verpflichten, den Prozess der Umsetzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation zu beschleunigen, das Europäische Parlament über die Entwicklung des Prozesses zu unterrichten und die Begründungen für die Verzögerungen vorzulegen, die bereits festgestellt wurden sowie für die Verzögerungen, die in Zukunft möglicherweise festgestellt werden;
16. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Europäischen Rat, dem Rat, der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
- [1] Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Generalsekretär des Europarates, Kommissar für Menschenrechte.
- [2] Insbesondere gegenüber dem Sicherheitsrat und dessen Komitees zur Bekämpfung des Terrorismus, dem Rat für die Grundrechte und den Fachagenturen, die die Maßnahmen der EU im Bereich der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts auf unterschiedliche Weise beeinflussen können.
- [3] Auch wenn die ersten Bemühungen, einen europäischen Rechtsraum zu schaffen, bereits auf das Jahr 1975 zurückgehen, als eine erste Welle von Terroranschlägen den Kontinent überrollte.
- [4] empfiehlt dem Europäischen Rat und dem Rat, sich bei der Festlegung der Zukunft des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts von drei allgemeinen Forderungen leiten zu lassen: a) Stärkung der Legitimität des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts: - indem sie beschließen, im Geiste der Verfassung und der für die Umsetzung des Vertrags von Nizza bereits getroffenen Vereinbarungen zum Mitentscheidungsverfahren mit dem Parlament überzugehen, die qualifizierte Mehrheit im Rat anzuwenden sowie die Kontrolle des Gerichtshofs in den Bereichen des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts auszuweiten, in erster Linie auf die Maßnahmen im Bereich der Einwanderung (Artikel 67 des EG-Vertrags) und in zweiter Linie auf die Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und der internationalen Kriminalität (Artikel 42 des EU-Vertrags); (...)