ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
6.12.2006
gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung
von Paavo Väyrynen und Margarita Starkevičiūtė
im Namen der ALDE-Fraktion
zu dem Gipfeltreffen EU-Russland
B6‑0639/2006
Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Gipfeltreffen EU-Russland
Das Europäische Parlament,
– in Kenntnis des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen Union und Russland, das 1997 in Kraft trat und 2007 ausläuft,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Russland und insbesondere auf den Bericht von Cecilia Malmström, der am 26. Mai 2005 angenommen wurde,
– in Kenntnis des Ergebnisses des 8. Gipfeltreffens EU-Russland am 24. November 2006 in Helsinki und des Gipfels zur Nördlichen Dimension, der zur gleichen Zeit stattfand,
– gestützt auf Artikel 103 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass sich die Europäische Union weiterhin für eine weitere Vertiefung und einen weiteren Ausbau der strategischen Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und Russland einsetzt,
B. in der Erwägung, dass das derzeitige Partnerschafts- und Kooperationsabkommen EU-Russland 2007 ausläuft und dass während des Gipfeltreffens EU-Russland Verhandlungen über ein neues Abkommen aufgenommen werden sollten,
C. in der Erwägung, dass die Europäische Union in der Lage sein sollte, ihre Kräfte zu bündeln und in ihren Beziehungen zu Russland mit einer Stimme zu sprechen,
D. in der Erwägung, dass den Beziehungen zu Russland gegenseitige Interessen und gemeinsame Werte zugrunde liegen müssen,
E. in der Erwägung, dass in Russland, in der Europäischen Union und andernorts große Besorgnis über Demokratie und Menschenrechte in Russland sowie über das Unvermögen der russischen Polizei und der russischen Justizbehörden herrscht, die für politische Morde Verantwortlichen dingfest zu machen,
F. in der Erwägung, dass Russland mit der Begründung, es sei besorgt über Verstöße gegen veterinärrechtliche Bestimmungen sowie Einfuhren von Fleisch aus Drittstaaten, am 10. November ein neues Embargo gegen die Einfuhr von polnischen Fleisch- und Geflügelprodukten verhängt hat; in der Erwägung, dass Russland am 24. November die Einfuhr von Fisch aus der Europäischen Union verboten hat,
G. in der Erwägung, dass die Abwicklung der Formalitäten beim Grenzübertritt an den Grenzen zwischen der Europäischen Union und Russland sehr langsam erfolgt, was an einigen Grenzübergängen untragbare Lkw-Schlangen verursacht,
1. bringt seine fortgesetzte Unterstützung für den Ausbau der Beziehungen zu Russland innerhalb einer strategischen Partnerschaft zum Ausdruck, die über Handels- und Wirtschaftsbeziehungen hinaus geht und auch das Ziel umfasst, international zusammenzuarbeiten;
2. weist darauf hin, dass den Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Russland gegenseitige Interessen und gemeinsame Werte zugrunde liegen müssen; demokratischen Grundsätzen und den Menschenrechten muss im neuen Rahmenabkommen somit eine zentrale Rolle zukommen;
3. hebt die Bedeutung von Einigkeit und Solidarität unter den Mitgliedstaaten der Europäischen Union in ihren Beziehungen zu Russland hervor; begrüßt daher die gemeinsame Linie der Europäischen Union, die auf dem inoffiziellen Gipfel von Lahti festgelegt wurde und die es der Union ermöglichte, bei ihren Treffen mit Präsident Wladimir Putin in Lahti und Helsinki mit einer Stimme zu sprechen;
4. begrüßt die offenen Diskussionen über Demokratie und die Menschenrechte auf den beiden Gipfeltreffen; hebt jedoch hervor, dass die aktuelle Lage in Russland Anlass zu großer Besorgnis in Bezug auf die Achtung der Menschenrechte, der Demokratie und der freien Meinungsäußerung sowie auf die Rechte der Bürgergesellschaft und von Einzelpersonen gibt, das Vorgehen der Behörden in Frage zu stellen und sie für ihr Vorgehen verantwortlich zu machen;
5. unterstützt die von der Union geäußerte große Besorgnis über die Ermordung von Anna Politkowskaja und andere Fälle von politisch motivierten Gewalttaten; fordert den Rat und die Kommission auf, ihre Autorität einzusetzen, um die russische Regierung zu bewegen, sich bereit und in der Lage zu zeigen, bei der Suche nach den Mördern mitzuwirken, und ihrer Pflicht nachzukommen, diesen Teufelskreis zu durchbrechen;
6. begrüßt den intensivierten Dialog zwischen der Europäischen Union und Russland über Energiefragen; weist darauf hin, dass eine Zusammenarbeit bei der Energiepolitik auf den Grundsätzen der Energiecharta beruhen muss und dass diese auch in das neue Rahmenabkommen zwischen der Europäischen Union und Russland aufgenommen werden müssen, um transparente und gerechte gegenseitige Investitionsbedingungen, einen gleichberechtigten Zugang und einen geregelten Markt zu gewährleisten;
7. begrüßt die kürzlich abgegebenen Erklärungen der russischen Behörden über die Zuverlässigkeit der Energiepartnerschaft EU-Russland, in deren Rahmen sie betonten, dass Europa „niemals einen verlässlicheren Energieversorger als Russland haben“ werde, ist jedoch besorgt über den Mangel an Investitionen auf dem russischen Energiesektor, einschließlich dem Bereich der Energieeffizienz, was dazu führen könnte, dass die Versorgung in Russland selbst knapp und es für Russland schwierig wird, seine Exportverpflichtungen zu erfüllen; äußert seine Besorgnis darüber, dass Russland seinen Energiesektor als außenpolitisches Instrument einsetzt;
8. begrüßt das in Helsinki unterzeichnete Abkommen, aufgrund dessen Russland die Gebühren für Luftfahrtunternehmen der Europäischen Union, die Sibirien überfliegen, allmählich abschaffen wird, so dass der seit 20 Jahren andauernde Streit beigelegt wird, und das den Luftfahrtunternehmen der Europäischen Union den Weg für die Ausdehnung ihres Streckennetzes auf Zielorte in Asien ebnen wird; stellt fest, dass durch dieses Abkommen auch eines der letzten Hindernisse für den Beitritt Russlands zur Welthandelsorganisation (WTO) beseitigt wird, wodurch sich neue Möglichkeiten für eine verstärkte Zusammenarbeit und Handelstätigkeit zwischen der Europäischen Union und Russland eröffnen werden;
9. begrüßt den erfolgreichen Abschluss des Gipfels zur Nördlichen Dimension, der gleichzeitig mit dem Gipfeltreffen EU-Russland stattfand und an dem Russland, die Europäische Union, Norwegen und Island teilnahmen; hofft, dass sich das Rahmendokument zur Nördlichen Dimension, das dabei angenommen wurde, als gute Grundlage erweisen wird, um die regionale und grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Russland zu vertiefen;
10. bedauert, dass es während des Gipfeltreffens unterlassen wurde, die Verhandlungen für das neue Rahmenabkommen zwischen der Europäischen Union und Russland einzuleiten, und ermutigt die finnische und die deutsche Ratspräsidentschaft, weiterhin darauf hinzuarbeiten, dass das Verhandlungsmandat so bald wie möglich angenommen wird, damit die Verhandlungen unverzüglich beginnen können; unterstreicht, dass bei der Ratifizierung und Umsetzung der Grenzabkommen zwischen Russland und Estland bzw. Lettland weitere Fortschritte erzielt werden müssen;
11. äußert Besorgnis darüber, dass vor kurzem vorgenommene Änderungen an Teil IV des russischen Zivilkodex für Rechte an geistigem Eigentum nicht die für die WTO (TRIPS) erforderlichen Normen und noch viel weniger die tieferen Verpflichtungen im Rahmen einer strategischen Partnerschaft erfüllen;
12. weist darauf hin, dass die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Russland auf der Grundlage des bestehenden Partnerschaftsabkommens – das fortgesetzt werden kann und muss, bis das neue Abkommen angewandt werden kann – erweitert und intensiviert werden kann;
13. fordert den Rat und die Kommission auf, ihre Anstrengungen zu verdoppeln, um die Probleme an den Grenzübergängen zwischen der Europäischen Union und Russland zu lösen; weist darauf hin, dass zusätzliche Grenzübergangskapazitäten errichtet werden müssen, um den zunehmenden Warenstrom zu bewältigen; fordert die russischen Behörden eindringlich auf, die Wartezeit an den Grenzen zu verkürzen, indem die Kontrollen rascher durchgeführt und zum Teil vom Grenzbereich weg an weiter entfernte Orte verlegt werden;
14. bringt seine Solidarität mit Polen im aktuellen Handelsstreit mit Russland zum Ausdruck; fordert die Kommission auf, beim Abbau der bestehenden Hindernisse für Fleischausfuhren Polen jede nur erdenkliche Unterstützung zukommen zu lassen; fordert ein entschlossenes Vorgehen gegen die russischen Beschränkungen für die Einfuhr von Fischprodukten aus der Europäischen Union;
15. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und Russlands zu übermitteln.