Entschließungsantrag - B6-0275/2007Entschließungsantrag
B6-0275/2007

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

4.7.2007

eingereicht im Anschluss an Erklärungen des Rates und der Kommission
gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung
von Francis Wurtz, Kyriacos Triantaphyllides und Luisa Morgantini
im Namen der GUE/NGL-Fraktion
zur Lage im Nahen Osten

Verfahren : 2007/2560(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B6-0275/2007
Eingereichte Texte :
B6-0275/2007
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Angenommene Texte :

B6‑0275/2007

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage im Nahen Osten

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zum Nahen Osten,

–  unter Hinweis auf den Bericht seiner Delegation für die Beziehungen zum Palästinensischen Legislativrat im Zuge des Besuchs dieser Delegation im April und Mai 2007 in Palästina und die in diesem Bericht enthaltenen Schlussfolgerungen,

–  unter Hinweis auf die Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und insbesondere dessen Resolutionen 242 (1967), 338 (1973), 425 (1978), 478 (1980), 1373 (2001) und 1397 (2002),

–  unter Hinweis auf die Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen 181 (1947), 194 (1948), 3236 (1974), ES 10/15 (2004),

–  in Kenntnis des Abschlussberichts von Alvaro de Soto, UN-Sonderkoordinator für den Nahost-Friedensprozess und persönlicher Vertreter des Generalsekretärs bei der Organisation zur Befreiung Palästinas (PLO) und der Palästinensischen Autonomiebehörde, vom Mai 2007,

–  in Kenntnis der Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs vom 9. Juli 2004, mit der die Mauer als illegal deklariert wurde,

–  in Kenntnis der Wiederbelebung der Arabischen Friedensinitiative aus dem Jahre 2002 anlässlich des Gipfeltreffens von Riad,

–  in Kenntnis der Gedenkfeiern vom 5. Juni 2007 zu den Kriegshandlungen des Jahres 1967 und der 40 Jahre währenden israelischen Besetzung von palästinensischem Hoheitsgebiet, einschließlich Ost-Jerusalems, der Golan-Höhen und der Shebaa-Siedlungen,

–  gestützt auf Artikel 103 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass es der internationalen Gemeinschaft bisher nicht gelungen ist, ein Ende der bereits seit 1967, also seit 40 Jahren, andauernden Besatzung zu erreichen,

B.  in der Erwägung, dass die Europäische Union durch ihre Übernahme der Strategie des Weißen Hauses und die Anwendung von zweierlei Maß historische Gelegenheiten wie den Friedensplan der Arabischen Liga von 2002, die erfolgreiche Demokratisierung Palästinas oder erst jüngst die Bildung einer eine letzte Chance bietenden Regierung der nationalen Einheit versäumt hat und damit eine große Verantwortung für die Krise in der Region trägt, wie der Abschlussbericht des UN-Sonderkoordinators für den Nahost-Friedensprozess eindeutig zeigt,

C.  in der Erwägung, dass die Regierung der nationalen Einheit, die nach dem Abkommen von Mekka vom 8. Februar 2007 gebildet wurde, von Präsident Abbas nach dem Militärputsch der Hamas im Gaza-Streifen entlassen wurde, und dass gleichzeitig der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde den Notstand erklärte und eine Notstandsregierung unter Ministerpräsident Fayyad berief,

D.  in der Erwägung, dass die humanitäre Krise im Gaza-Streifen ein äußerst besorgniserregendes Ausmaß erreicht hat, sowie in der Erwägung, dass die Isolierung des Gaza-Streifens weiterhin dramatische politische und humanitäre Auswirkungen hat,

E.  in der Erwägung, dass die Politik der „vollendeten Tatsachen“, die die Besatzung, Teilung, Annektierung und Fragmentierung des Palästinensergebietes verschärft, die Gründung eines palästinensischen Staates unmöglich macht, was jede Hoffnung auf Frieden in der Region zunichte macht,

F.  in der Erwägung, dass das Westjordanland und der Gaza-Streifen eine politische, geografische und wirtschaftliche Einheit bilden,

G.  in Erwägung der besorgniserregenden Verschlechterung der Lage im Libanon, die durch den Angriff auf die UNIFIL, der sechs Tote gefordert hat, die Ermordung des Abgeordneten Walid Eido und die Zusammenstöße im palästinensischen Flüchtlingslager Nahr el Bared verdeutlicht wird,

H.  in Erwägung der Polarisierung der Positionen im Libanon, insbesondere im Anschluss an die Resolution 1757 des UN-Sicherheitsrates vom 30. Mai 2007, durch die der Sondergerichtshof eingesetzt wurde, der die Verfahren gegen die Mörder des ehemaligen libanesischen Ministerpräsidenten Rafic Hariri durchführen soll,

1.  betont die gravierende und direkte Verantwortung der Völkergemeinschaft für die Verschärfung der politischen und humanitären Lage im besetzten palästinensischen Gebiet, wie im Abschlussbericht des UN-Sonderkoodinators für den Nahost-Friedensprozess vermerkt, und fordert die Europäische Union auf, dringend die Lehren aus diesem gravierenden Misserfolg zu ziehen und tiefgreifende strategische Reformen unter strikter Wahrung des Völkerrechts vorzunehmen;

2.  verurteilt die 40-jährige Besatzung des Gaza-Streifens und des Westjordanlands, einschließlich Ostjerusalems, sowie der Golan-Höhen und der Shebaa-Farmen; unterstreicht, dass die derzeitige Krise nur beendet und Frieden und Stabilität erreicht werden können, wenn ein Rückzug aus den seit 1967 besetzten Gebieten erfolgt und eine endgültige, gerechte und dauerhafte Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts erreicht wird, die nur die Zwei-Staaten-Lösung durch die Gründung eines palästinensischen Staates in den Grenzen von 1967 mit Ostjerusalem als Hauptstadt sein kann, einschließlich einer umfassenden Regelung für alle palästinensischen Flüchtlinge auf der Grundlage der UN-Resolution 194; hebt hervor, dass dies die Zerstörung der Mauer und der Siedlungen, die nach dem Völkerrecht beide illegal sind, und die Freilassung aller arabischen und palästinensischen politischen Gefangenen erfordert;

3.  ist äußerst besorgt wegen der jüngsten Vorfälle im Gaza-Streifen; verurteilt die mit militärischen Mitteln vollzogene Übernahme der Kontrolle des Gaza-Streifens durch die Hamas; betont, dass die Aussetzung der direkten Hilfe und die Weigerung, die Regierung der nationalen Einheit anzuerkennen, unmittelbar dazu beigetragen haben, die Spannungen zu verschärfen und die palästinensischen Institutionen, insbesondere die Sicherheitsdienste, zu schwächen, was zu der derzeitigen katastrophalen Situation führte, die sogar die Existenz der Palästinensischen Autonomiebehörde bedroht;

4.  unterstützt die Anstrengungen der Palästinensischen Autonomiebehörde und ihres Präsidenten Mahmoud Abbas zur Bewältigung der politischen und humanitären Krise; betont, dass die politischen Spaltungen möglichst rasch überwunden werden müssen, um die Aussichten auf die Gründung eines palästinensischen Staates nicht noch weiter zu verringern; fordert den Präsidenten und alle Parteien auf, alle gewünschten Maßnahmen zu ergreifen, um dies zu erreichen;

5.  unterstützt den Appell des Exekutivkomitees der PLO zugunsten von Neuwahlen; fordert die Völkergemeinschaft auf, sich zu verpflichten, die Ergebnisse dieser Wahlen anzuerkennen und zu respektieren;

6.  ist äußerst besorgt über die humanitäre Lage im Gaza-Streifen; hebt hervor, dass die Isolierung des Gaza-Streifens nur zu mehr Chaos führen und die dort herrschende humanitäre Krise verstärken kann; fordert die Öffnung der Grenzübergänge zum Gaza-Streifen und die Bereitstellung einer humanitären Soforthilfe; fordert die Europäische Union, Israel und Ägypten auf, alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um unverzüglich den Grenzübergang von Rafah wieder zu eröffnen, insbesondere, da 4 000 Palästinenser dort unter mehr als dramatischen Bedingungen ausharren;

7.  bedauert nachdrücklich die jüngste Militärintervention der israelischen Armee im Gaza-Streifen und in Nablus und verurteilt sie; fordert die israelische Regierung auf, alle ihre militärischen Operationen gegen die palästinensische Bevölkerung im Gaza-Streifen und im Westjordanland und ihre illegale Politik außergerichtlicher Hinrichtungen unverzüglich einzustellen; befürwortet den Aufruf zu einem sofortigen, gleichzeitigen, umfassenden und gegenseitigen Waffenstillstand; unterstützt die Forderung von Präsident Abbas, entlang der grünen Linie im Gaza-Streifen und im Westjordanland eine internationale Beobachtungs- und Schutztruppe unter der Aufsicht der Vereinten Nationen im Rahmen einer allgemeinen politischen Strategie zu entsenden, die auf die Wiederbelebung des Friedensprozesses abzielt;

8.  nimmt Kenntnis von den begrenzten Ergebnissen des Gipfeltreffens von Sharm-El-Sheikh; vermerkt die zum Teil erfolgte Überweisung der von Israel illegal einbehaltenen palästinensischen Steuern; fordert Israel auf, ohne Vorbedingungen die gesamten, der Palästinensischen Autonomiebehörde geschuldeten Steuer- und Zolleinnahmen zu überweisen; fordert Israel auf, unverzüglich den Bau der Mauer und die Anlage von Siedlungen sowie alle Maßnahmen auszusetzen, die auf die Annektierung von Ostjerusalem abzielen; fordert Israel außerdem auf, die Beschränkungen der Freizügigkeit und des freien Warenverkehrs aufzuheben und eine Großzahl palästinensischer Häftlinge ohne Unterscheidung aufgrund ihrer politischen Zugehörigkeit freizulassen, darunter in erster Linie führende Politiker und Abgeordnete, vor allem Aziz Dweik, Präsident des Palästinensischen Legislativrates, und Marwan Barghouti, der erste Abgeordnete, der nach dem Ausbruch der Intifada inhaftiert wurde;

9.  unterstützt die Zusage von Präsident Abbas, die wieder aufgenommene direkte Hilfe unterschiedslos für alle Palästinenser im Gaza-Streifen und im Westjordanland bereitzustellen; fordert die Europäische Union auf, die Umsetzung dieser Zusage nicht zu behindern; hebt hervor, dass finanzielle Unterstützung nicht ausreicht, sondern dass eine politische Unterstützung des palästinensischen Volkes und der Palästinensischen Autonomiebehörde dringend notwendig ist, um einen existenzfähigen Staat in den Grenzen von 1967 zu erreichen;

10.  betont, dass Verhandlungen über einen endgültigen Status möglichst rasch aufgenommen werden sollten; fordert die Europäische Union diesbezüglich auf, einen Beitrag zur Einberufung einer internationalen Nahost-Friedenskonferenz ohne Ausgrenzungen oder Vorbedingungen zu leisten, um ein regionales Friedensabkommen auf der Grundlage der UN-Resolutionen zu erreichen;

11.  verweist in diesem Zusammenhang auf den wertvollen Beitrag der arabischen Friedensinitiative, die eine authentische Gelegenheit bietet, einen dauerhaften und umfassenden Frieden in der Region zu begründen; fordert die arabischen Länder auf, eine aktive Rolle bei der Regelung des Konflikts und der derzeitigen Krise zu übernehmen; fordert die israelische Regierung auf, die durch diese Initiative gebotene Gelegenheit zu nutzen; betont allerdings, dass diese Gelegenheit, wenn sie nicht unverzüglich ergriffen wird, ungenutzt verstreichen könnte, was dramatische Konsequenzen für alle Völker in der Region hätte;

12.  begrüßt die Freilassung des Journalisten Alan Johnston;

13.  fordert die unverzügliche Freilassung der drei israelischen Soldaten;

14.  fordert die Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf, wieder einen diesen Namen verdienenden Dialog mit Syrien aufzunehmen, um eine globale Regelung der Konflikte zu erreichen und die regionale Stabilität sicherzustellen;

15.  ist besorgt wegen der Risiken einer Verschärfung der politischen Spaltung und ihrer Konsequenzen im Libanon sowie für Frieden und Stabilität in der Region, und fordert alle betroffenen Parteien im Libanon auf, die interne politische Krise durch einen Dialog beizulegen;

16.  verurteilt den Angriff, der am 24. Juni 2007 den Tod von sechs Soldalten der UN-Friedenstruppe verursacht hat;

17.  unterstreicht, dass allein durch die Stationierung von Truppen unter Aufsicht der UNO im Südlibanon ohne einen politischen Prozess die Krise nicht dauerhaft beigelegt werden kann und die UNIFIL gravierenden Risiken ausgesetzt wird; fordert den Rat auf, gegenüber dem Parlament seine politische Strategie und die politischen Initiativen darzulegen, die er plant, um eine dauerhafte Lösung für das Problem zu finden; fordert, dass der Hohe Vertreter für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik dem Parlament diesbezüglich möglichst rasch Bericht erstattet;

18.  verurteilt die Angriffe und die Vorgehensweise der Fatah Al-Islam und ihre Infiltrierung der Flüchtlingslager, die die palästinensischen Flüchtlinge zu den Hauptopfern der Auseinandersetzungen gemacht hat; betont, dass dieser Notstand wiederum die Notwendigkeit verdeutlicht, eine gerechte und umfassende Regelung für die palästinensischen Flüchtlinge auf der Grundlage der UN-Resolution 194 zu erreichen;

19.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Parlamenten und Regierungen Israels, des Libanon, Syriens, der Palästinensischen Autonomiebehörde, dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Russland und den Vereinigten Staaten sowie dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zu übermitteln.