ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
12.11.2007
gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung
von Roberta Angelilli und Cristiana Muscardini
im Namen der UEN-Fraktion
zur Anwendung der Richtlinie 2004/38/EG über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten
B6‑0463/2007
Entschließung des Europäischen Parlaments zur Anwendung der Richtlinie 2004/38/EG über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten
Das Europäische Parlament,
– gestützt auf Artikel 2 Spiegelstrich 1 des EU-Vertrags,
– gestützt auf Artikel 103 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die Freizügigkeit eine der im Gemeinschaftsrecht verankerten Grundfreiheiten ist und das Recht der Unionsbürger beinhaltet, zum Zweck der Arbeitsaufnahme in einen anderen EU-Mitgliedstaat zu ziehen und sich dort unter bestimmten Bedingungen mit ihren Familienangehörigen niederzulassen,
B. in der Erwägung, dass die Abschaffung der Mobilitätshindernisse zwischen Mitgliedstaaten eine Priorität der erneuerten Lissabon-Strategie darstellt,
C. in der Erwägung, dass es den Mitgliedstaaten der EU verboten ist, jegliche direkte oder indirekte diskriminierende Maßnahme aufgrund der Staatsangehörigkeit gegen Wanderarbeitnehmer aus der EU und ihre Familien zu verhängen,
D. in der Erwägung, dass die Wanderarbeitnehmer der EU und ihre Familien nicht nur im Bereich der Beschäftigung, sondern auch auf der Ebene der Sozialwohnungen, Steuervorteile und Sozialleistungen das Recht auf Gleichbehandlung besitzen,
E. in der Erwägung, dass unter Wahrung des Rechts auf Gegenseitigkeit sowohl die Rechte derjenigen, die sich in einem Mitgliedstaat niederlassen, als auch die Rechte der Bürger des Aufnahmemitgliedstaats geschützt werden müssen,
F. in der Erwägung, dass zu den Zwecken einer ausgewogenen Anwendung der dieser Entschließung zugrunde liegenden Rechtsvorschrift in den von Wanderungsbewegungen betroffenen Gebieten auch die Themen, die die Achtung der persönlichen Sicherheit sowohl der Migranten als auch der einheimischen Bürger betreffen, in Angriff genommen werden sollten,
G. in der Erwägung, dass das Ziel der Richtlinie darin besteht, für die Unionsbürger ein echtes Mittel zur Integration in die Gesellschaft des Aufnahmemitgliedstaats zu schaffen, und dass zwecks einer ausgewogenen Anwendung dieser Rechtsvorschrift die Unionsbürger nicht nur die ihnen durch den Vertrag eingeräumten Rechte und Freiheiten in Anspruch nehmen können, sondern darüber hinaus auch die mit der Wahrnehmung dieser Rechte verbundenen Formalitäten erfüllen müssen, was besonders das europäische Recht und das Recht des Aufnahmestaats betrifft;
H. in der Erwägung, dass der Beitrittsvertrag die Möglichkeit vorsieht, eine in drei Phasen (2 + 3 + 2 Jahre) gegliederte Übergangsregelung bis zur Freizügigkeit der Arbeitnehmer aus der EU einzuführen, um übermäßige Störungen des wirtschaftlichen und sozialen Gefüges der Mitgliedstaaten zu vermeiden,
Allgemeine Grundsätze
1. erachtet den Ansatz der Richtlinie 2004/38/EG hinsichtlich der Unterscheidung des Aufenthaltsrechts bis zu drei Monaten und für mehr als drei Monate als angemessen;
2. erachtet die Regelung der Bedingungen, unter denen Unionsbürger und ihre Familienangehörigen das Recht auf Freizügigkeit und Aufenthalt innerhalb des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten genießen, als angemessen;
3. weist darauf hin, dass der Mitgliedstaat jederzeit Ausweisungen aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit aufgrund des persönlichen Verhaltens der betreffenden Person verfügen kann;
4. ist der Auffassung, dass es möglich sein muss, den sich als Gast aufhaltenden Unionsbürger, der Verhaltensweisen an den Tag legt, die geeignet sind, den Schutz der Menschenwürde oder der Grundrechte des Menschen oder die öffentliche Sicherheit zu beeinträchtigen, auszuweisen und den Behörden des Herkunftslands zu überstellen;
5. weist darauf hin, dass Artikel 7 der Richtlinie 2004/38/EG für jeden Unionsbürger das Recht vorsieht, sich für einen Zeitraum von über drei Monaten im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufzuhalten, wenn er nachweist, dass er Arbeitnehmer oder Selbstständiger im Aufnahmemitgliedstaat ist, oder für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende (aus rechtmäßigen Einkünften stammende) Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügt;
6. weist darauf hin, dass gemäß Artikel 8 der Richtlinie 2004/38/EG die Mitgliedstaaten keinen festen Betrag für die Existenzmittel festlegen dürfen, die sie als ausreichend betrachten, sondern dass dieser Betrag in keinem Fall über dem Schwellenbetrag, unter dem der Aufnahmemitgliedstaat seinen Staatsangehörigen Sozialhilfe gewährt, oder, wenn dieses Kriterium nicht anwendbar ist, über der Mindestrente der Sozialversicherung des Aufnahmemitgliedstaats liegen darf;
7. weist darauf hin, dass der Mitgliedstaat von dem Unionsbürger verlangen kann, dass er seine Anwesenheit im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats innerhalb eines angemessenen und nicht diskriminierenden Zeitraums meldet und dass die Nichterfüllung dieser Meldepflicht mit Sanktionen geahndet werden kann;
8. weit darauf hin, dass gemäß Artikel 27 Absatz 4 der Richtlinie 2004/38/EG der Mitgliedstaat, der den Reisepass oder Personalausweis ausgestellt hat, den Inhaber des Dokuments, der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit aus einem anderen Mitgliedstaat ausgewiesen wurde, ohne jegliche Formalitäten wieder einreisen lassen muss, selbst wenn der Personalausweis oder Reisepass ungültig geworden ist oder die Staatsangehörigkeit des Inhabers bestritten wird;
Recht auf Aufenthalt bis zu drei Monaten
9. bekräftigt, dass Unionsbürger im Besitz eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses sein müssen, um das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten wahrzunehmen;
10. ist der Auffassung, dass Personen, die ihr Aufenthaltsrecht ausüben, auch während der Anfangsphase ihres Aufenthalts die Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats nicht unangemessen in Anspruch nehmen sollten;
Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate
11. unterstreicht, dass das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen auf Aufenthalt für einen Zeitraum von über drei Monaten den in der Richtlinie 2004/38/EG festgelegten Bedingungen unterliegen muss;
12. betont, dass gemäß der Richtlinie Personen, die ihr Aufenthaltsrecht ausüben, die Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats nicht unangemessen in Anspruch nehmen sollten; ist daher der Auffassung, dass das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen auf Aufenthalt für einen Zeitraum von über drei Monaten den in der Richtlinie 2004/38/EG festgelegten Bedingungen unterliegen muss;
13. erachtet es als notwendig, dass der Aufnahmemitgliedstaat von sich als Gast aufhaltenden Unionsbürgern für Aufenthalte von über drei Monaten verlangen kann, dass sie sich bei den zuständigen Behörden anmelden, und weist darauf hin, dass der Mitgliedstaat von dem Betroffenen verlangen kann, dass er seine Anwesenheit im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats meldet;
14. weist ferner darauf hin, dass die Anmeldung bei den zuständigen Behörden das Recht auf eine Anmeldebescheinigung nach sich zieht, die unverzüglich ausgestellt wird und den Namen und die Anschrift der die Anmeldung vornehmenden Person sowie den Zeitpunkt der Anmeldung enthält;
15. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten zu einer uneingeschränkten und rigorosen Anwendung der in der Richtlinie 2004/38/EG enthaltenen Vorschriften für einen Aufenthalt von Unionsbürgern über drei Monate hinaus auf, sofern die unverzichtbare Voraussetzung eines Arbeitsplatzes oder ausreichender Existenzmittel erfüllt ist;
16. hält es für wichtig, die Zusammenarbeit zwischen den Herkunfts- und Aufnahmestaaten wirksam zu gestalten, um eine bessere Überwachung des Personenverkehrs auf europäischer Ebene zu ermöglichen;
17. begrüßt die den Mitgliedstaaten durch die Richtlinie 2004/38/EG eingeräumte Möglichkeit, nach drei Monaten die Ausweisung des sich als Gast aufhaltenden Unionsbürgers zu verfügen, sobald nachgewiesen ist, dass die Erwerbstätigkeit nicht mehr besteht oder keine ausreichenden Existenzmittel vorliegen, wie sie in Artikel 7 Buchstabe a, b, c und d vorgeschrieben sind;
18. ist der Auffassung, dass solche Ausweisungen innerhalb einer bestimmten Frist erfolgen müssen, wobei von Fall zu Fall die spezielle persönliche Situation der betroffenen Person bewertet werden muss;
Im Beitrittsvertrag vorgesehene Übergangsmaßnahmen für den Zugang von Wanderarbeitnehmern
19. ist der Auffassung, dass die Einwanderung aus den neuen Mitgliedstaaten häufig den Wirtschaften der Mitgliedstaaten nützt, da sie dazu beitragen kann, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu verbessern, die Schwarzarbeit zu verringern und das Wirtschaftswachstum zu erhöhen;
20. bekräftigt das Recht der Staaten, vor der vollständigen Anwendung der gemeinschaftlichen Regelung für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer diese in den jeweiligen Beitrittsverträgen vorgesehenen Übergangsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen, die den freien Verkehr der Arbeitnehmer aus, zu und zwischen den neuen Mitgliedstaaten regeln;
21. weist auf die Bedeutung der für jeden Mitgliedstaat bestehenden Möglichkeit hin, sich auf die so genannte Schutzklausel zu berufen, wenn die Öffnung des Arbeitsmarktes für Arbeitnehmer eines bestimmten Mitgliedstaats einen übermäßigen und untragbaren Strom von Bürgern mit schwerwiegenden Folgen für den Arbeitsmarkt auslöst oder entsprechende Risiken bestehen;
22. begrüßt die Möglichkeit, eine Überarbeitung der Richtlinie 2004/38/EG in dem Artikel 5 Absatz 5 betreffenden Teil in dem Sinne vorzunehmen, dass der Mitgliedstaat verpflichtet wird, den sich als Gäste aufhaltenden Bürgern die Meldung ihrer Anwesenheit und die Frist, innerhalb derer diese Meldung vorzulegen ist, vorzuschreiben; erachtet es ferner als notwendig, die Mitgliedstaaten dazu zu verpflichten, bei Nichteinhaltung der Vorschriften für die Vorlage der Meldung der Anwesenheit im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats Sanktionen vorzuschreiben;
23. ist der Auffassung, dass die Nichterfüllung des Schengener Besitzstands und der Rechtsvorschriften, die den Aufenthalt für mehr als drei Monate regeln, durch die neuen Mitgliedstaaten einen Grund für eine Aussetzung des Verfahrens zur Anpassung an den Schengen-Raum darstellt;
24. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Beitrittsländer und der Beitrittskandidaten zu übermitteln.