Entschließungsantrag - B6-0489/2007Entschließungsantrag
B6-0489/2007

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

21.11.2007

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Kommission
gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung
von Helmuth Markov, Vittorio Agnoletto, Luisa Morgantini, Jens Holm, Gabriele Zimmer und Miguel Portas
im Namen der GUE/NGL-Fraktion
zu Wirtschaftspartnerschaftsabkommen

Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B6-0489/2007
Eingereichte Texte :
B6-0489/2007
Abstimmungen :
Angenommene Texte :

B6‑0489/2007

Entschließung des Europäischen Parlaments zu Wirtschaftpartnerschaftsabkommen

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission zu Wirtschaftspartnerschaftsabkommen vom 23. Oktober 2007 (KOM(2007)0635),

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen vom 19. November 2007 in Bezug auf die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA),

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der Minister der Gruppe afrikanischer, karibischer und pazifischer Länder (AKP) zum Abschluss ihres Treffens in Brüssel vom 8.-9. November 2007,

–  gestützt auf Artikel 103 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass das Hauptziel einer AKP-EU-Partnerschaft darin bestehen sollte, die Entwicklung der AKP-Länder zu fördern, damit diese ihre riesigen armutsbedingten Probleme lösen, ihre wirtschaftlichen Stärken entwickeln und sich so unter fairen Bedingungen in die Weltwirtschaft integrieren können,

B.  in der Erwägung, dass viele AKP-Regierungen erklärt haben, die Unterzeichnung der auf Gegenseitigkeit abzielenden Freihandelsabkommen, wie die mit der Europäischen Union ausgehandelten WPA, stellten trotz mancher Sicherheitsklauseln und einiger asymmetrischer Vorkehrungen eine überaus ernsthafte Bedrohung nicht nur für ihre Industrialisierung, ihre Landwirtschaft und ihre Nahrungsmittelsicherheit dar, sondern auch für den Großteil der Einnahmen, mit denen sie öffentliche Dienstleistungen bestreiten,

C.  unter Hinweis auf den Bericht der UNCTAD vom September 2007, in dem erklärt wird, dass das langfristige Wachstum wettbewerbsfähiger Industriezweige in Entwicklungsländern häufig durch Nord-Süd-Abkommen beeinträchtigt wird,

D.  in der Erwägung, dass, nachdem die wichtigsten Instrumente zur Stabilisierung der Rohstoffpreise außer Kraft gesetzt wurden, wie erst kürzlich das Zuckerabkommen, die vorgeschlagenen WPA in ihrer derzeitigen Form eine weitere Kehrtwende darstellen, d. h. weg von einer AKP-EU-Beziehung, die auf Entwicklung basiert, hin zu einer AKP-EU-Beziehung, die sich auf die Anwendung neo-liberaler Politik und die Sicherung des Marktzugangs für die EU konzentriert,

E.  im Bedauern darüber, dass die Kommission der WTO bislang noch nicht den Vorschlag unterbreitet hat, das System der Handelspräferenzen beizubehalten, trotz der Tatsache, dass die Entwicklung zu den erklärten Zielen der WTO gehört und sich eine Allianz aus den 27 EU-Mitgliedstaaten und den 79 AKP-Ländern für die Beibehaltung des allgemeinen Präferenzsystems finden würde,

F.  unter Ablehnung des Drucks, den die Kommission ausübt, damit ab 1. Januar 2008 Zölle auf viele Exporte von AKP-Staaten, die nicht zu den am wenigsten entwickelten Ländern gehören, erhoben werden, sofern keine WPA in Kraft sind, was das Wohlergehen und den Lebensunterhalt von Millionen Arbeitnehmern in den AKP-Staaten gefährden würde,

G.  in der Erwägung, dass die Kommission Jahre gebraucht hat, um die Forderungen der AKP-Länder nach Aushandlung eines Entwicklungskapitels bei den Verhandlungen über die WPA überhaupt erst einmal zu prüfen, und dass sogar Kommissionsmitglied Mandelson erst kürzlich die Auffassung geäußert hat, die Mitgliedstaaten müssten deutlicher herausstellen, wie hoch der Anteil zusätzlicher Hilfe sei, die für den Handel der AKP-Länder zugesagt wird,

H.  unter besonderem Hinweis darauf, dass in der Erklärung von Kapstadt gefordert wurde, die Verhandlungen sollten offen und transparent strukturiert sein und den Unterschieden zwischen den beiden Verhandlungsseiten bei den Ressourcen und bei der Entwicklung sollte Rechnung getragen werden,

I.  unter Hinweis darauf, dass das Europäische Parlament und die Paritätische Parlamentarische Versammlung AKP-EU darauf bestanden haben, dass kein AKP-Land nach 2007 schlechter gestellt sein darf als bei der jetzigen Regelung,

J.  nach wie vor sehr besorgt über die Ankündigung der Kommission, sie werde mit einigen Ländern der Region Verhandlungen führen und andere ausschließen, weil sie mit einer solchen Vorgehensweise die Regionen spaltet, anstatt die regionale Integration zu stärken,

K.  in der Erwägung, dass das derzeitige Verhalten der Verhandlungsführer auf Seiten der Kommission und ihr Beharren auf die Öffnung der AKP-Märkte die traditionell guten Beziehungen zwischen den AKP-Ländern und der EU beeinträchtigt und die Aussicht auf ein potenzielles Bündnis beider Partner bei künftigen internationalen Verhandlungen schmälert,

1.  warnt vor den ungeheuren sozialen und ökologischen Folgen der derzeitigen Richtung der WPA-Verhandlungen, bei denen es um den gegenseitigen Marktzugang und nicht um Entwicklung geht, und lehnt es ab, dass Druck auf die AKP-Regionen ausgeübt wird, damit sie die WPA übereilt unterzeichnen, indem ihnen damit gedroht wird, dass ab Januar 2008 die Präferenzhandelsabkommen auslaufen; gesteht ein, dass keines der Verhandlungsteams der AKP-Länder in der Lage ist, derzeit ein WPA abzuschließen;

2.  nimmt die Ankündigung der Kommission vom 23. Oktober 2007 und den Beschluss des Rates Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen vom 19. November 2007 zur Kenntnis, den Verhandlungsstandpunkt der EU in Bezug auf Wirtschaftspartnerschaften mit den AKP-Ländern erheblich zu ändern;

3.  fordert die Kommission eindringlich auf, der WTO unverzüglich mitzuteilen, dass die Verhandlungen (wie übrigens auch die Doha-Entwicklungsagenda) nicht zum Abschluss gebracht worden sind und dass die EU ihr System der Handelspräferenzen um mindestens zwei weitere Jahre für alle AKP-Länder verlängert;

4.  ist der Auffassung, dass die Federführung bei den Verhandlungen über die EU-AKP-Partnerschaftsabkommen bei dem für Entwicklung zuständigen Kommissionsmitglied und seinen Dienststellen liegen muss, in Kooperation mit dem Kommissionsmitglied für Handel;

5.  fordert die Kommission eindringlich auf, anzuerkennen, dass die AKP-Staaten viel mehr Zeit brauchen, um die Auswirkungen der vorgeschlagenen Abkommen in vollem Umfang zu bewerten, und dass sie angesichts der Tatsache, dass die Verhandlungen überhaupt erst in den zwei letzten Jahren ernsthaft geführt wurden, auch mehr Zeit brauchen, um das einzubringen, was sie selbst beisteuern können;

6.  fordert die Kommission mit Nachdruck auf, die Singapur-Themen ebenso wie die Privatisierung von Dienstleistungen aus den Verhandlungen auszuklammern und nicht darauf zu beharren, dass für diese Länder dieselben internationalen Instrumente im Bereich des Rechts an geistigem Eigentum gelten wie für die Industrieländer, ohne auch nur im Entferntesten das Ungleichgewicht zu berücksichtigen, das zwischen den Ländern des Südens und des Nordens in Bezug auf die Inhaberschaft von Patenten besteht, und dass erstere ihren Technologierückstand aufholen müssen;

7.  betont, dass die Kommission ihre Zusagen, die sie den AKP-Ländern in Artikel 37 Absatz 6 des Abkommens von Cotonou gegeben hat, einhalten muss und gewährleisten sollte, dass für diejenigen Länder, die kein WPA unterzeichnen, einschließlich der am wenigsten entwickelten Länder, ein neuer Rahmen für den Handel bereitgestellt wird, der mit der jetzigen Situation vergleichbar ist; nimmt ferner zur Kenntnis, dass die Kommission kürzlich angekündigt hat, sie könne einigen Ländern wie den Seychellen und anderen, die nicht am Abschluss von WPA interessiert sind, ASP+ gewähren;

8.  ist der Auffassung, dass alle bereits vereinbarten Abkommen, unabhängig davon, ob es sich um Interimsvorkehrungen oder um umfassende WPA handelt, gewährleisten müssen, dass es keinem Land nach Auslaufen der Verhandlungsfrist schlechter geht als jetzt, wie das Europäische Parlament wiederholt gefordert hat;

9.  lehnt jeden Versuch der Kommission ab, mit einzelnen Ländern Verhandlungen zu führen und die subregionale Einheit dadurch aufzubrechen; fordert die Kommission auf, der Stärkung echter regionaler Märkte Vorrang einzuräumen, und betont, wie wichtig die regionale Integration von AKP-Ländern ist;

10.  fordert die AKP- und die EU-Behörden auf, die Ratifizierung des 10. Entwicklungsfonds dringend in Angriff zu nehmen, ohne dass irgendeine Bedingung in Bezug auf die WPA-Verhandlungen daran geknüpft wird; bedauert, dass die Verzögerungen bei der Ratifizierung und Umsetzung des 10. EEF vermutlich dazu führen werden, dass die jährlichen Mittelzuteilungen für die Hilfen für AKP-EU-Kooperationsaktivitäten in den ersten 15 Jahren des Cotonou-Abkommens gekürzt werden;

11.  bedauert, dass trotz der nachdrücklichen Forderungen des EP in dieser Beziehung keine spezifischen Instrumente entwickelt wurden, mit denen die besonderen Rechte von Frauen und Mädchen gewährleistet und gefördert werden, und dass es im Verhandlungsprozess für WPA keinerlei Gender-Mainstreaming gegeben hat;

12.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der AKP-Länder, der Kommission der Afrikanischen Union sowie dem Generalsekretär der UNCTAD zu übermitteln.