Entschließungsantrag - B6-0510/2007Entschließungsantrag
B6-0510/2007

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

5.12.2007

eingereicht im Anschluss an die Anfrage zur mündlichen Beantwortung B6‑0382/2007
gemäß Artikel 108 Absatz 5 der Geschäftsordnung
von Pedro Guerreiro, Helmuth Markov, Jacky Hénin, Roberto Musacchio, Marco Rizzo, Willy Meyer Pleite und Ilda Figueiredo
im Namen der Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke
zu Textilien und Bekleidung

Verfahren : 2007/2664(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B6-0510/2007
Eingereichte Texte :
B6-0510/2007
Angenommene Texte :

B6‑0510

Entschließung des Europäischen Parlaments zu Textilien und Bekleidung

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf das Auslaufen der Vereinbarung (Memorandum of Understanding) über die Ausfuhr bestimmter Textil- und Bekleidungswaren aus China in die Länder der Europäischen Union am 31. Dezember 2007 und die fortschreitende vollständige Liberalisierung des Textil- und Bekleidungshandels,

–  unter Hinweis auf die Einführung einer Überwachung nach dem System der doppelten Kontrolle für Einfuhren aus China – durch die Zollbehörden der Mitgliedstaaten und die chinesischen Behörden – nur für acht der in der Vereinbarung vorgesehenen 10 Kategorien im Laufe des Jahres 2008,

–  gestützt auf Artikel 108 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die Abschaffung der Quoten im Textil- und Bekleidungssektor schwerwiegende soziale Auswirkungen gehabt und dabei hauptsächlich Regionen betroffen hat, in denen dieser Wirtschaftszweig die meisten seiner Unternehmen und Arbeitnehmer, mehrheitlich Frauen, konzentriert und in denen das Lohnniveau weiterhin niedrig ist,

B.  in der Erwägung, dass die am stärksten von der Vernichtung von Arbeitsplätzen in der Textil- und Bekleidungsindustrie betroffenen Regionen in der Europäischen Union die am meisten benachteiligten Regionen sind – sowohl was Beschäftigung, Produktion als auch Wohlstand anbelangt – und dass der fehlende Schutz dieses Produktionssektors nur dazu führt, dass seine sozioökonomische Anfälligkeit und die territorialen Ungleichgewichte innerhalb der EU zunehmen,

C.  in der Erwägung, dass in den letzten 15 Jahren die Verlagerung einer großen Zahl von Unternehmen in mehreren Mitgliedstaaten zu beobachten war, die ihre Produktion in andere Regionen, insbesondere nach Nordafrika und nach Asien, verlagert haben und Arbeitslosigkeit und ernsthafte sozioökonomische Krisen hinterlassen haben,

D.  in der Erwägung, dass die Textil- und Bekleidungsindustrie ziemlich uneinheitlich ist und eine Produktionskette mit Verzweigungen in andere Sektoren bildet, in denen ein weit gespanntes Netz von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) – häufig als Zulieferer – vorherrscht,

E.  in der Erwägung, dass die Textil- und Bekleidungsindustrie derzeit mehr als 2,6 Millionen Arbeitnehmer beschäftigt und EU-weit mehr als 230 Milliarden Euro umsetzt, wodurch sie in einigen Mitgliedstaaten, vor allem in Portugal, von erheblichem Gewicht für das BIP und die Beschäftigung ist,

F.  in der Erwägung, dass das angekündigte Ende der Vereinbarung zwischen der EU und der Volksrepublik China schwerwiegende Folgen für die benachteiligten Regionen haben wird und zu einer Senkung des regionalen Pro-Kopf-BIP beitragen kann, eine Situation, die eine angemessene Reaktion erfordert,

G.  in der Erwägung, dass die Unternehmensstruktur des Sektors, obwohl es große Unternehmen gibt, die eine erhebliche Zahl von Arbeitnehmern beschäftigen und einen hohen Umsatz machen, von Kleinst- und Kleinunternehmen – in einigen Fällen mit umfangreichen Investitionen in die Technologie – dominiert wird,

H.  in der Erwägung, dass keine wirksamen Maßnahmen ergriffen wurden, um die Textil- und Bekleidungsindustrie in der EU vor den bereits vorhersehbaren Folgen des Beitritts Chinas zur WTO im Jahr 2000 zu schützen, wie auch in den Jahren danach bis heute keine Maßnahmen zur industriellen und kommerziellen Aufwertung getroffen wurden, die die auf das Textil- und Bekleidungsgewerbe festgestellten Auswirkungen auf ein Minimum reduzieren,

I.   in der Erwägung, dass die WTO-Mitglieder Schutzmaßnahmen in Form von mengenmäßigen Exportbeschränkungen für Erzeugnisse aus der Volksrepublik China beschließen können, falls es bis Ende 2008 zu einer Marktverzerrung kommen sollte,

1.  betont, dass die so genannte Überwachung nach dem System der doppelten Kontrolle nur dann Sinn macht, wenn gewährleistet ist, dass sich die 2005 entstandene Situation, nämlich eine exponentielle Zunahme von Einfuhren in die EU, nicht wiederholen wird;

2.  hebt hervor, dass es neben der geplanten Überwachung nach dem System der doppelten Kontrolle notwendig ist, neue Schutzmaßnahmen anzuwenden, insbesondere in von den Mitgliedstaaten anzugebenden Kategorien, um zu ermöglichen, dass die Beschäftigung in diesem Sektor und seine Tätigkeit für die EU erhalten und gefördert werden;

3.  unterstreicht, dass einige Länder mit erheblichem Gewicht im Welthandel für Textilien und Bekleidung Schutzmaßnahmen bis Ende 2008 beschlossen haben, weshalb nicht zu verstehen ist, warum die EU nicht genauso gehandelt hat;

4.  zeigt sich besorgt angesichts der von Kommissionsmitglied Mandelson angekündigten Absichten der Kommission, die handelspolitischen Schutzinstrumente (TDI) im Sinne des Interesses der Unternehmen, die ihre Produktion in Länder verlagert haben, in denen die Produktionskosten aufgrund der niedrigen Löhne und der geringen Sozial- und Umweltstandards niedriger sind, zu überprüfen; betont, dass die TDI ein grundlegendes Instrument zur Bekämpfung von unlauteren Handelspraktiken, insbesondere in der Textil- und Bekleidungsindustrie, darstellen;

5.  unterstreicht, dass es sich um einen für die EU strategischen Sektor mit großem Zukunftspotential handelt, der auch zur tatsächlichen Verwirklichung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts beitragen kann;

6.  bekräftigt erneut, dass die EU den Sektor als Produktionskette sowohl auf nationaler als auch auf Gemeinschaftsebene und über die von den Mitgliedstaaten auf den Weg gebrachten Maßnahmen hinaus unterstützen muss;

7.  hält es für die Erhaltung der Arbeitsplätze und für die Entwicklung und Modernisierung der Textil- und Bekleidungsindustrie in der EU u.a. für nötig

  • -mit dem auf niedrigen Löhnen, geringen Qualifikationen und der Unsicherheit der Arbeitsplätze basierenden Modell zu brechen;
  • -die Anhebung des Ausbildungs- und Qualifikationsniveaus der in diesem Sektor Beschäftigten zu fördern;
  • -Maßnahmen zu fördern, die auf die Anhäufung von Problemen und das Ausmaß der Schwierigkeiten von durch Arbeitslosigkeit betroffenen Familien, die auf die Vernichtung von Arbeitsplätzen und die Schließung oder Verlagerung von Unternehmen zurückzuführen sind, reagieren;
  • -die Gebiete und Teilsektoren, die unmittelbar oder potentiell von der Schließung und der anschließenden Arbeitslosigkeit bedroht sind, zu evaluieren, damit präventive und differenzierte Maßnahmen auf den Weg gebracht werden können;
  • -die Finanzierungsmittel und -bedingungen zu verstärken und an die Bedürfnisse von kleinsten, kleinen und mittleren Textilunternehmen anzupassen, insbesondere an diejenigen, die unter Kapitalmangel und strukturellen Ungleichgewichten leiden;

8.  fordert die Kommission auf, eine neue internationale Handelspolitik zu definieren, um das Überleben und die Entwicklung ihrer Industrien und von Arbeitsplatz schaffenden Wirtschaftstätigkeiten, insbesondere im Textil- und Bekleidungsgewerbe, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, den Schutz und den Ausbau der sozialen Rechte und einen wirksamen Umweltschutz zu ermöglichen;

9.  hält es für erforderlich, dass die Mitgliedstaaten handelspolitische Maßnahmen beschließen können, um den Schutz der durch eine ungünstige Wirtschaftskonjunktur betroffenen Sektoren zu sichern;

10.  unterstreicht, dass sich die Textil- und Bekleidungsindustrie in der EU im Rahmen ihrer Modernisierung ständigen Herausforderungen gegenüber gesehen hat und deshalb einer Gemeinschaftsunterstützung bedarf, die der Schaffung von Mehrwert, der Innovation in Mode und in Design und der Produktqualität förderlich ist;

11.  wiederholt seinen Vorschlag zur Auflage eines finanziell angemessen ausgestatteten Gemeinschaftsprogramms für die Textil- und Bekleidungsindustrie, vor allem für die von dem Sektor abhängigen benachteiligten Regionen, zur Unterstützung der Forschung, der Innovation, der Berufsbildung und der KMU sowie eines Gemeinschaftsprogramms, das Anreize für die Schaffung von Marken und die externe Werbung für die Erzeugnisse des Sektors, insbesondere auf internationalen Messen, bietet;

12.  beharrt darauf, dass die zu unterstützende Modernisierung und Förderung des Sektors als Querschnittsziele für die politischen Maßnahmen der EU, insbesondere in ihrer Strukturpolitik, betrachtet werden müssen, für die angemessene Finanzmittel bereitzustellen sind;

13.  betont, dass es für die Sicherung der Modernisierung der Textil- und Bekleidungsindustrie von zentraler Bedeutung ist, Forschung und Innovation in diesem Sektor durch Anreize und spezifische Hilfsprogramme der Gemeinschaft anzuregen, um die KMU zu unterstützen, in direkte F&E und in nicht-technologische Innovation zu investieren;

14.  ersucht die Kommission, in das 7. F&E-Rahmenprogramm ein Konzept für die KMU einzubringen und dazu beizutragen, die Schwierigkeiten beim Transfer von F&E auf die Unternehmen - unabhängig von ihrer jeweiligen Größe - zu überwinden;

15.  fordert die Kommission auf, die Auswirkung der neuen Politik für chemische Stoffe (REACH) auf den Textil- und Bekleidungssektor, konkret auf die KMU, sorgfältig zu prüfen und Vorschläge anzunehmen, so dass die importierten Erzeugnisse gegenüber den in der EU hergestellten Produkten nicht im Vorteil sind;

16.  fordert die regionalen und nationalen Behörden auf, in enger Zusammenarbeit mit den wirtschaftlichen und sozialen Akteuren lokale Strategiepläne in den Gebieten auszuarbeiten, in denen die Textil- und Bekleidungsindustrie besonders stark vertreten ist;

17.  hält es für wichtig, Studien, Projekte und Investitionen zu verwirklichen, die die Ansiedlung anderer Industriebranchen, einschließlich Zulieferer für das Textil- und Bekleidungsgewerbe, mit einem größeren Mehrwert, mehr Technologie und Innovation zu fördern, die die notwendige industrielle Diversifizierung in Regionen mit einer hohen Konzentration des Textil- und Bekleidungsgewerbes ermöglichen;

18.  beharrt auf der Notwendigkeit, auf EU-Ebene einen Regelungsrahmen zu schaffen, um Unternehmensverlagerungen innerhalb und außerhalb der EU zu sanktionieren; ist der Auffassung, dass die Gewährung von staatlichen Beihilfen an Unternehmen auf nationaler und europäischer Ebene an langfristige Verpflichtungen von Seiten der Unternehmen in Bezug auf regionale Entwicklung und Beschäftigung geknüpft sein muss und dass keinerlei Beihilfe gewährt werden darf, die möglicherweise für Unternehmensverlagerungen verwendet wird; fordert, dass die Rolle der Vertreter der Arbeitnehmer im Verwaltungsrat der Unternehmen und bei die Unternehmensstruktur betreffenden Managemententscheidungen gestärkt wird;

19.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, darauf hinzuarbeiten, alle Subventionen und Beihilfen für Unternehmen, die ihren Betrieb verlagern, zu streichen und einen Mechanismus zur Rückerstattung der Beihilfen für diejenigen Unternehmen, die ihre Produktion verlagert haben, vorzusehen;

20.  fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, Maßnahmen zur Bekämpfung der Markenpiraterie und des Schmuggels zu ergreifen, und verlangt die Einführung von spezifischen Kontrollen beim Zoll, um Produkte mit falschen Ursprungsbescheinigungen oder Produkte, die gegen die Bestimmungen zum Markenschutz verstoßen, zu ermitteln;

21.  ist der Ansicht, dass in Bezug auf die Einfuhren aus Drittländern verbindliche Regeln für die Angabe der Ursprungsbezeichnung der Textil- und Bekleidungserzeugnisse angewendet werden müssen; fordert vom Rat die Annahme des Vorschlags für eine Verordnung zum „made in“;

22.  verlangt von der Kommission die Anfertigung einer Studie über die Auswirkung der Aufwertung des Euro auf die Textil- und Bekleidungsexporte der EU;

23.  verlangt von der Kommission die Anfertigung einer Studie über die Auswirkung der schrittweisen Liberalisierung des Sektors im Rahmen der WTO auf den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt, insbesondere in den benachteiligten und von dem Sektor in starkem Maße abhängigen Regionen;

24.  verlangt von der Kommission die Anfertigung einer Studie über die Verteilung des Mehrwerts auf die einzelnen Teile der Wertschöpfungskette des Sektors, insbesondere der eingeführten Erzeugnisse;

25.  verlangt von der Kommission die Anfertigung einer Studie über die Auswirkung der Verlagerung der Produktion von Textilien und Bekleidung der EU nach Nordafrika und insbesondere der Schaffung des so genannten „Marktes Europa-Mittelmeer“ auf die Beschäftigung und auf die sozioökonomische Lage der Regionen, in denen sich der Sektor konzentriert;

26.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie den nationalen Regierungen und Parlamenten zu übermitteln.