ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
6.12.2007
gemäß Artikel 108 Absatz 5 der Geschäftsordnung
von Jean-Marie Cavada
im Namen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres
zur Bekämpfung des Terrorismus
B6‑0514/2007
Entschließung des Europäischen Parlaments zur Bekämpfung des Terrorismus
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates in Brüssel vom 25./26. März 2004 und besonders die Erklärung des Europäischen Rates vom 25. März 2004 zur Bekämpfung des Terrorismus, die eine Solidaritätsklausel enthält,
– unter Hinweis auf den Bericht mit dem Titel 'Alliance of Civilisations' (Allianz der Zivilisationen), der dem UN-Generalsekretär am 13. November 2006 vorgelegt wurde,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. Februar 2007 zur behaupteten Nutzung europäischer Staaten durch die CIA für die Beförderung und das rechtwidrige Festhalten von Gefangenen[1],
– gestützt auf Artikel 108 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in Erwägung folgender Gründe:
- –Der Terrorismus stellt eine allgemeine Bedrohung der Sicherheit aller Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union dar und muss deshalb rigoros und unter sorgfältigster Achtung der Grundrechte bekämpft werden.
- –Gemäß den Artikeln 2 und 6 des EU-Vertrags soll die EU in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, auf denen sie beruht, ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts sein; gemäß Artikel 29 des EU-Vertrags verfolgt die Union das Ziel, den Bürgern […] ein hohes Maß an Sicherheit zu bieten, besonders durch die Verhütung und Bekämpfung des Terrorismus.
- –Die EU hat großes Interesse daran, nach den Anschlägen des 11. September 2001, des 11. März 2004 und des 7. Juli 2005 und zu einer Zeit, zu der die terroristische Bedrohung globale Ausmaße angenommen hat und daher eine globale Antwort erfordert, die Errungenschaften und Perspektiven der Antiterror-Politik der EU einer Bewertung zu unterziehen.
- –Die Europäische Union ist entschlossen, den Terrorismus in allen seinen Dimensionen zu bekämpfen, unabhängig davon, ob er innerhalb oder außerhalb ihrer Grenzen entsteht oder agiert. Sie respektiert dabei jedoch die durch das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Menschenrechte vorgegebenen Grenzen, und insbesondere bei der Bekämpfung des Terrorismus darf es keine Bereiche geben, in denen die Grundrechte nicht geachtet werden.
- –Jede Einschränkung der Grundrechte und Grundfreiheiten zum Zwecke der Terrorismusbekämpfung in einer demokratischen Gesellschaft muss in ihrer Dauer und ihrem Umfang begrenzt, rechtsgültig, einer umfassenden demokratischen und gerichtlichen Kontrolle unterworfen sowie notwendig und verhältnismäßig sein.
- –Der Terrorismus lässt zwar nicht ausrotten, aber die Terrorgefahr kann verringert werden, indem man bei den Ursachen des Terrorismus ansetzt.
B. im Bedauern darüber, dass die Europäischen Institutionen auf den außerordentlichen Druck infolge der Terroranschläge reagiert haben, indem sie Rechtsakte angenommen haben, die nicht ausreichend mit dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten erörtert wurden und gegen das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren, Datenschutzbestimmungen und das Recht auf den Zugang zu Dokumenten der Europäischen Institutionen, die im Zusammenhang mit der Terrorismusbekämpfung stehen, verstoßen und folglich zu Recht vom Europäischen Gerichtshof für ungültig erklärt wurden,
C. eingedenk besonders der Opfer des Terrorismus und ihrer leidvollen Erfahrungen und in der Erwägung, dass sich die EU besonders für ihre Rechte einsetzen und den Maßnahmen für ihren Schutz und ihre Anerkennung Vorrang geben sollte; in dem Bewusstsein, dass die Macht der Terroristen in dem Maße schwindet, in dem die Opfer zu Wort kommen und die Gesellschaft ihnen Gehör schenkt,
D. besorgt über die weitreichenden Konsequenzen des Einsatzes umfassender Datenbanken für Einwanderung und Asyl auf EU-Ebene bei der Terrorismusbekämpfung und besonders darüber, dass den Polizei- und Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Europol bei der Erfüllung ihrer Aufgaben im Zusammenhang mit der Prävention, Aufdeckung und Untersuchung terroristischer und sonstiger schwerwiegender Straftaten unter bestimmten Voraussetzungen Zugang zu Eurodac gewährt werden soll, wie in den Schlussfolgerungen des Rates „Justiz und innere Angelegenheiten“ vom Juni 2007 gefordert wurde,
E. im Bewusstsein der Tatsache, dass die Bekämpfung des Terrorismus eine sehr komplexe Angelegenheit ist und mehr denn je eine auf mehreren Ebenen angesiedelte und multidisziplinäre Vorgehensweise erfordert, wie sie auf internationaler Ebene bereits konzipiert wurde
- –im Rahmen der UN-Strategie zur Bekämpfung des Terrorismus vom 8. September 2006[2] sowie des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung des Terrorismus vom Mai 2005[3],
- –vom Europäischen Rat, der im Dezember 2005 seine Strategie zur Bekämpfung des Terrorismus[4] angenommen hat, bedauerlicherweise jedoch ohne angemessene Beteiligung des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente,
- –und von der Kommission, die am 6. November 2007 das Gesetzgebungspaket zur Terrorismusbekämpfung vorgelegt hat,
F. in der Erwägung, dass jeder einzelne Aspekt der europäischen Strategie – Prävention, Schutz, Verfolgung und Reaktion – die umfassende Beteiligung des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente verlangt, die umfassend und regelmäßig durch zweijährliche Bewertungen der Kommission informiert und in die Lage versetzt werden sollten, die reale Effizienz und die tatsächlichen Auswirkungen – einschließlich der Auswirkungen auf die Grundrechte – der ergriffenen Maßnahmen, die tatsächlichen Kosten der Initiativen sowie die Frage zu prüfen, ob die ursprünglichen Ziele erreicht wurden,
G. im Bedauern darüber, dass es in hohem Maße an Transparenz, demokratischer Überwachung, Rechenschaftspflicht und gerichtlicher Kontrolle mangelt, und in Kenntnis der Tatsache, dass die europäischen Institutionen und Agenturen, wie Europol und Eurojust, erst damit beginnen, die für ihre Tätigkeit notwendigen Informationen auf strukturiertere Weise zu sammeln,
H. empört über die Weigerung einiger europäischer Regierungen und des Rates, zu den Vorwürfen des Machtmissbrauchs unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung Stellung zu nehmen, besonders im Fall außerordentlicher Auslieferungen und so genannter „Black Sites“ unter Federführung der CIA,
I. in der Überzeugung, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Nachrichten- und Sicherheitsdiensten einer eingehenderen und systematischeren Kontrolle unterliegen muss,
J. tief besorgt über die Tendenz zur Zweckentfremdung vieler Maßnahmen, die im Namen der Terrorismusbekämpfung eingeführt wurden, in der Praxis aber für eine ganze Reihe anderer Zwecke benutzt werden,
K. unter Hinweis darauf, dass in der europäischen Strategie zur Terrorismusbekämpfung den Ursachen des Terrorismus und der Rolle, die die Europäische Union dabei spielt, erheblich mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muss,
L. daran erinnernd, dass die Reform der Verträge es möglich machen sollte, auch die Rolle der Europäischen Union bei der Bekämpfung von Terrorismus auf transparente, einfachere und besser nachprüfbare Weise zu definieren, die Solidarität der Mitgliedstaaten zu stärken und das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente in die Bewertung der den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts betreffenden Politiken einzubeziehen; im Bedauern darüber, dass es für diese Politiken auf europäischer Ebene keine umfassende justizielle Kontrolle von Rechtsvorschriften geben wird, die vor Inkrafttreten des Reformvertrags angenommen wurden,
1. begrüßt die Annahme des Reformvertrags und fordert die Mitgliedstaaten auf, den Vertrag zu ratifizieren, da damit die Charta der Grundrechte, die die notwendige Ergänzung der europäischen Strategie zur Bekämpfung des Terrorismus darstellt, verbindlich wird;
Hinsichtlich der „Prävention“:
2. ist der Auffassung, dass die EU Maßnahmen auf europäischer, nationaler und lokaler Ebene unterstützen sollte, durch die die gewalttätige Radikalisierung verhindert werden soll, indem die Integration von Menschen durch interkulturellen Dialog und die Förderung der Demokratie und der Menschenrechte als unserer Gesellschaft zu Grunde liegende universelle Werte unter Vermeidung politischer Ausgrenzung gefördert werden soll; ist außerdem der Auffassung, dass die Bekämpfung einer gewalttätigen Radikalisierung, einschließlich der Aufwiegelung zur Begehung von Gewalttaten, notwendig ist;
3. ist ferner davon überzeugt, dass ein wesentlicher Baustein zur Verhinderung des Terrorismus in einer Entwicklungshilfepolitik der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten liegt, die sich auch als Sicherheitspolitik begreift. ist der Auffassung, dass das Fördern von Zivilgesellschaften und der Beitrag zur Förderung des sozialen Friedens und Wohlstandes geeignet ist, Menschen Perspektiven aufzuzeigen und die Verbreitung fundamentalistischer Ideologien zu begrenzen; erachtet es deswegen als notwendig, im Rahmen der Entwicklungshilfepolitik deutlich stärker als bisher den Aufbau u. a. von Bildungs-, Gesundheits- und sozialen Sicherungssystemen in den Ländern, die vermehrt als Ursprungsländer terroristischer Aktivitäten identifiziert worden sind, voranzubringen;
4. hält es in diesem Sinne für wünschenswert, dass die Europäische Union bewährte Methoden und ihre Verbreitung innerhalb der EU fördert, und stellt fest, dass das Europäische Parlament in Kürze diesbezügliche Empfehlungen unter Berücksichtigung der Beiträge des Rates und der Kommission vorlegen wird;
5. vertritt die Ansicht, dass Fälle wie die Weigerung des Obersten Gerichtshofs der USA, sich mit der Beschwerde im Fall Khalid Al-Masri zu befassen, besonders bei muslimischen Minderheiten in Europa den Eindruck verstärken, dass bei den Anti-Terror-Maßnahmen mit zweierlei Maß gemessen wird; fordert deshalb die Europäische Union auf, sich entschiedener, im Inneren wie auch im internationalen Kontext, dafür einzusetzen, dass das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit gewahrt wird, besonders indem sie ihre eigenen Bürger bei der Strafverfolgung in Drittstaaten, von der Bürger mit muslimischem Hintergrund unverhältnismäßig oft betroffen sind, verteidigt;
6. vertritt die Ansicht, dass die Verhütung des Terrorismus eine Außenpolitik der EU verlangt, die sich für Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Menschenrechte sowohl in unserer unmittelbaren Nachbarschaft als auch darüber hinaus einsetzt;
7. betont die Bedeutung der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit auf EU-Ebene, besonders was den Austausch von Informationen und Analysen anbelangt, und fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Zusammenarbeit mit der Koordinierung und Unterstützung von Europol zu verstärken;
8. vertritt die Ansicht, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten, um die Wirksamkeit der EU-Strategie zur Terrorismusbekämpfung zu vergrößern, ein ständiges Netz für den Informationsaustausch zwischen den zentralen europäischen Stellen zur Terrorismusbekämpfung einrichten sollten;
9. betont die Notwendigkeit, nachrichtendienstliche Erkenntnisse sowohl auf EU-Ebene als auch zwischen den Diensten der Mitgliedstaaten auszutauschen und auf EU-Ebene einheitliche Bestimmungen zu schaffen, um die notwendige demokratische und parlamentarische Prüfung und Kontrolle zu gewährleisten;
Hinsichtlich des „Schutzes“:
10. betont die Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit Drittstaaten bei der Prävention und Bekämpfung des Terrorismus und betont, dass die USA auf diesem Gebiet ein wichtiger Partner ist; vertritt die Ansicht, dass zwischen der EU und den USA im Rahmen eines internationalen Abkommens ein gemeinsamer rechtlicher Rahmen für die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit und den Schutz der Grundrechte, besonders persönlicher Daten, vereinbart werden sollte, der eine ausreichende demokratische und parlamentarische Kontrolle auf nationaler und EU-Ebene sicherstellt;
11. ist der Auffassung, dass es, um die Bürger, die Grundrechte, die Menschenrechte, die Demokratie und die Infrastruktur zu schützen und die EU weniger anfällig für Terrorangriffe zu machen, auch durch eine Verbesserung der Sicherheit der Grenzen, des Verkehrs und wichtiger Infrastruktureinrichtungen, von entscheidender Bedeutung ist, dass die EU
- (a)europaweit und in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten
- –ein Frühwarnsystem für Naturkatastrophen oder von Menschen herbeigeführte Katastrophen, das auch auf den nationalen Sicherheitssystemen aufbaut und 7 Tage in der Woche und 24 Stunden am Tag funktionsfähig ist,
- –eine Karte kritischer und strategischer Infrastruktureinrichtungen und -netzwerke unter Berücksichtigung der künftigen Richtlinie über die Ermittlung und Ausweisung kritischer europäischer Infrastrukturen und die Bewertung der Notwendigkeit, ihren Schutz zu verbessern, erstellt,
- –einen wirksamen Solidaritätsmechanismus zwischen den Mitgliedstaaten entwickelt, der den direkten Zugang zu eingeschränkt verfügbaren Ressourcen auf nationaler Ebene (so genannte „Assets“ wie Impfstoffe oder hoch entwickelte Technologien), ermöglichen würde,
- (b)die Datenbanken im Rahmen von SIS II und VIS voll funktionsfähig macht, wozu auch Bestimmungen über den Zugang der Strafverfolgungsbehörden gehören; weist darauf hin, dass diese Datenbanken nicht primär dem Zweck der Strafverfolgung dienen und dass der Zugang zum Zwecke der Strafverfolgung deshalb auf konkrete Fälle beschränkt wurde, wo dies in einer demokratischen Gesellschaft notwendig und verhältnismäßig ist; ist der Auffassung, dass die massive Sammlung von personenbezogenen Daten und Datenverarbeitung zum Zwecke der Erstellung von Profilen durch Techniken der Datendurchsuchung, wie das in dem vor kurzem vorgelegten Vorschlag für eine Richtlinie über ein PNR-System der EU geplant wird, auf europäischer Ebene nicht zulässig ist;
- (c)durch ihre Mitgliedstaaten die Arbeit der Nachrichtendienste besser koordiniert und darauf hinwirkt, dass bestehende Hindernisse, die dem Austausch gewonnener Erkenntnisse im Wege stehen, wie z.B. mangelndes Vertrauen, zügig abgebaut werden, da einzelne Wissensinseln und die informationelle Abschottung nationaler Nachrichtendienste dem gemeinschaftlichen Ansatz in der Terrorismusbekämpfung widersprechen:
- (d)die Rechtsvorschriften zur Terrorismusbekämpfung strafft und sie klarer, übersichtlicher und besser anwendbar gestaltet,
12. betont, dass eine Überwachung des Internet, um Terroranschläge zu verhindern, unter keinen Umständen eine Einschränkung freier Meinungsäußerungen beinhalten darf, die nicht zu terroristischen Handlungen aufrufen und bei denen davon auszugehen ist, dass sie für sich genommen nicht zu solchen Handlungen führen;
13. erinnert den Rat an seine Versprechen gegenüber dem Europäischen Parlament und fordert ihn auf, endlich den Rahmenbeschluss über den Schutz personenbezogener Daten, die im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen verarbeitet werden, anzunehmen, wodurch ein angemessenes Datenschutzniveau geschaffen würde, sowie den Rahmenbeschluss über bestimmte Verfahrensrechte in Strafverfahren innerhalb der Europäischen Union anzunehmen, bevor er weitere Maßnahmen im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Terrorismus einführt;
14. weist darauf hin, dass der hauptsächliche Zweck von Eurodac als Datenbank der ersten Säule darin besteht, die Durchführung der Dublin-II-Verordnung zur Bestimmung des für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständigen Mitgliedstaats zu erleichtern, und dass jeder Vorschlag, Eurodac zu einem Instrument zu machen, das Sicherheitsmaßnahmen und Strafermittlungszwecken dient, gemäß dem EU-Recht und internationalem Recht kaum zulässig wäre;
15. stellt mit Besorgnis fest, dass der Zugang von Strafverfolgungsbehörden und Europol zur Eurodac-Datenbank zur Stigmatisierung, Diskriminierung und möglichen Gefährdung von Asylbewerbern führen könnten,
16. vertritt die Ansicht, dass jede Form des „Profiling“ im Rahmen von Antiterrormaßnahmen unannehmbar ist, und hält es für unannehmbar, dass die EU das Projekt eines eigenen PNR-Systems verfolgt, ohne dass eine vollständige Bewertung des Übereinkommens zwischen der EU und den USA sowie zwischen der EU und Kanada über ein solches System vorgenommen wurde, besonders was seine Auswirkungen auf die Verringerung der Bedrohung und die Erhöhung der Sicherheit sowie auf die Privatsphäre und die bürgerlichen Freiheiten und Rechte anbelangt;
17. äußert Sorge darüber, dass der Zugang von Strafverfolgungsbehörden und Europol zur Eurodac-Datenbank die Wirksamkeit des Haupteinsatzzwecks dieser Datenbank vermindern könnte;
Hinsichtlich der „Verfolgung“:
18. fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, ihre Zweifel und Bedenken zu überwinden und die justizielle und polizeiliche Zusammenarbeit auf EU-Ebene bei der Bekämpfung des Terrorismus zu verstärken; fordert, unverzüglich über die Wirksamkeit der derzeitigen Zusammenarbeit informiert zu werden sowie darüber, welche Ergebnisse das System der gegenseitigen Bewertung zwischen den Mitgliedstaaten und den Europäischen Institutionen erbracht hat;
19. betont die Notwendigkeit, die Koordinierung und die operationelle Rolle von Eurojust und Europol zu verstärken, die als wichtige Instrumente für eine echte und wirksame Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung auf EU-Ebene anzusehen sind; betont gleichzeitig die Notwendigkeit, eine umfassende demokratische Kontrolle auf EU-Ebene zu gewährleisten;
20. bekräftigt entschieden die Notwendigkeit, im Rahmen der dritten Säule einen Rahmenbeschluss zum Datenschutz anzunehmen, der für die EU-Bürger ein hohes Maß an Garantien gewährleistet, wie es derzeit auf EU-Ebene nicht gegeben ist;
21. ersucht aus diesem Grund
- (a)die Kommission, dem Europäischen Parlament bis zum Ende des Jahres die Antworten auf die Fragenkataloge über die Umsetzung der Rechtsvorschriften zur Bekämpfung des Terrorismus auf nationaler Ebene, insbesondere des Rahmenbeschlusses zu Terrorismus und zum Europäischen Haftbefehl, über die Richtlinie über Vorratsspeicherung von Daten und ihre Auswirkungen auf die Grundrechte sowie über Unterschiede bei der Umsetzung in den Mitgliedstaaten zusammen mit einer Einschätzung und Vorschlägen hinsichtlich der Frage, wie eine bessere Umsetzung und ein besserer Einsatz bestehender Rechtsvorschriften über die Bekämpfung des Terrorismus gewährleistet werden kann, zu übermitteln;
- (b)die Kommission, das Europäische Parlament darüber zu informieren, ob alle Rechtsakte zur Terrorismusbekämpfung in den Mitgliedstaaten umgesetzt wurden, und, falls dies nicht der Fall ist, dem Parlament mitzuteilen, welche Länder mit der Umsetzung im Rückstand sind und aus welchen Gründen;
- (c)die Kommission, eine umfassende Bewertung der Folgen der Antiterror-Gesetze durchzuführen, indem sie die Wirksamkeit der betreffenden Rechtsakte bemisst und die positiven und negativen Auswirkungen dieser Rechtsakte ermittelt, sowohl was den Sicherheitsaspekt als auch was die Bürgerrechte betrifft;
- (d)die Kommission, das Europäische Parlament darüber zu informieren, ob alle Rechtsvorschriften, die die Rechte der Bürger beschneiden, diesen die Möglichkeit geben, ihre Daten zu berichtigen, die Fakten anzufechten und Beschwerde betreffend die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen einzureichen;
- (e)den Koordinator für Terrorismusbekämpfung, dem Europäischen Parlament bis Juni 2008 einen Bericht über die Wirksamkeit der von den Mitgliedstaaten, Europol und Eurojust ergriffenen Maßnahmen vorzulegen; vertritt die Ansicht, dass unbedingt auch geprüft werden muss, welche Maßnahmen für die Zusammenarbeit zwischen einer begrenzten Zahl von Mitgliedstaaten am besten geeignet wären, und welche Maßnahmen von allen Mitgliedstaaten in Einklang mit dem Solidaritätsprinzip ergriffen werden sollten;
- (f)den Rat, den Empfehlungen des Europäischen Parlaments zum Auslieferungsprogramm der CIA zu folgen;
- (g)die Kommission und den Rat, die vom Europäischen Parlament wiederholt beantragte Untersuchung über Unternehmen durchzuführen, die von Drittstaaten (besonders den USA) gezwungen werden, ihre Kundendaten an die Behörden zu übermitteln;
22. fordert Rat und Kommission auf, bei der Entwicklung eines echten Feedback-Mechanismus betreffend die Wirksamkeit der europäischen und einzelstaatlichen Maßnahmen in diesem Bereich zusammenzuarbeiten und in diesem Sinne neutrale Indikatoren für die Entwicklung der terroristischen Bedrohung der EU zu definieren (beispielsweise Zahl der Ermittlungs- und Gerichtsverfahren, Analyse möglicher regionaler Krisen, Beispiele für erfolgreiche bzw. missglückte Zusammenarbeit usw.), um dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten zumindest ein klareres Bild von der Wirksamkeit und möglichen Mängeln oder positiven Aspekten der in diesen Bereichen verfolgten Politik zu vermitteln;
23. schlägt vor, dass die Mitgliedstaaten ihre Ressourcen im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit konzentrieren und anstelle des bisher favorisierten technischen Ansatzes die Bedeutung persönlicher und personeller Zusammenarbeit hervorheben; ist der Auffassung, dass in diesem Zusammenhang der Austausch nationaler Einsatzkräfte verstärkt gefördert und der Abbau von Hindernissen, z.B. diejenigen sprachlicher Natur etwa durch Sprachkurse, vorrangig betrieben werden sollten; ist ferner der Auffassung, dass polizeiliche Schulungsmaßnahmen der europäischen demographischen Realität anzupassen sind, so dass z.B. Kenntnisse über den Islam und muslimische Gepflogenheiten künftig zum vermittelten Ausbildungsstoff gehören,
24. stellt fest, dass die Kommission neue Maßnahmen ergriffen hat, darunter besonders eine Änderung des Rahmenbeschlusses zum Terrorismus und ein Vorschlag für ein PNR‑System der EU; äußert den Wunsch, diese Maßnahmen aufmerksam zu prüfen, und gibt erneut seiner Sorge über den Vorschlag für ein PNR-System der EU Ausdruck, besonders was die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des vorgeschlagenen Datendurchsuchungssystems anbelangt, auf dem es offenbar basiert;
25. fordert die Kommission und den Rat auf, die bereits existierenden Instrumente zur grenzübergreifenden Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten, wie den Europäischen Haftbefehl, besser zu nutzen;
26. erinnert die Kommission an die Notwendigkeit, das politische Vorgehen an der Realität auszurichten; fordert die Kommission in diesem Sinne auf, dafür Sorge zu tragen, dass alle künftigen Vorschläge zur Terrorismusbekämpfung mit einer eingehenden Folgenabschätzung oder Bewertung einhergehen, die die Notwendigkeit und Nützlichkeit der geplanten Maßnahmen belegen;
27. betont die Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit Drittstaaten bei der Prävention und Bekämpfung des Terrorismus und weist darauf hin, dass die USA auf diesem Gebiet ein wichtiger Partner ist; vertritt die Ansicht, dass zwischen der EU und den USA im Rahmen eines internationalen Abkommens ein gemeinsamer rechtlicher Rahmen für die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit unter besonderer Beachtung des Schutzes der Grundrechte, besonders persönlicher Daten, vereinbart werden sollte, der eine ausreichende demokratische und parlamentarische Kontrolle auf nationaler und EU-Ebene sicherstellt;
28. ist besorgt über das reflexhafte Verhalten der Mitgliedstaaten in der Anti-Terror-Gesetzgebung, bei der vielfach dem Willen, ein politisches Signal zu senden, gegenüber einer ernsthaften und gewissenhaften Auseinandersetzung mit den Grenzen des Machbaren und Sinnvollen – hierunter fällt auch die zunehmend mangelhafte Berücksichtigung rechtsstaatlicher Prinzipien wie u. a. des Verhältnismäßigkeitsprinzips und der Unschuldsvermutung – der Vorrang gegeben wird;
Hinsichtlich der „Reaktion“:
29. hält es für überaus wichtig, dass die Mitgliedstaaten im Fall eines Terrorangriffs echte Solidarität zeigen, indem sie insbesondere die EU-Länder, die keine ausreichenden menschlichen, finanziellen oder technischen Ressourcen zur Bewältigung der Folgen, zur Koordinierung der Reaktion und zur Unterstützung der Opfer haben, bei der Bewältigung und Minderung der Folgen eines Terrorangriffs umfassend unterstützen;
30. verweist auf die Notwendigkeit des Einvernehmens zwischen allen demokratischen Kräften bei der Bekämpfung des Terrorismus;
31. erachtet es als von zentraler Bedeutung, als Reaktion auf Terroranschläge die notwendigen, wirksamen und verhältnismäßigen Instrumente zur Unterstützung der Bekämpfung des Terrorismus auf allen Ebenen geschaffen werden; hält es für ebenso wichtig, dass Rechtsstaatlichkeit, die Rechte der Bürger, die Verfahrensgarantien und rechtlichen Garantien der Verdächtigten und die demokratische Kontrolle und Prüfung aller auf europäischer Ebene wie auch in den Beziehungen zu Drittstaaten erlassenen einschlägigen Gesetze in allen ihren Aspekten zu schützen bzw. zu garantieren;
32. fordert nachdrücklich, dass die Kommission einen Vorschlag vorlegt, der darauf gerichtet ist, die parlamentarische Kontrolle der gemeinsamen und koordinierten geheimdienstlichen Aktivitäten auf EU-Ebene zu gewährleisten;
Hinsichtlich der „Wurzeln“ des Terrorismus:
33. fordert den Rat und die Kommission auf, einen Aktionsplan zur Verbreitung der Demokratie in der Welt aufzustellen und die wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit mit den islamischen Staaten zu verstärken, indem sie
- (a)durch Studentenaustausch und andere Bildungsformen Demokratiebewegungen unterstützen,
- (b)den Studentenaustausch und andere Bildungsformen fördern,
- (c)Medienanstalten finanzieren, die demokratische Gedanken verbreiten und terroristische Machenschaften und deren Unterstützer aufdecken;
34. fordert die Kommission auf, Maßnahmen festzulegen, um den Schutz und die Unterstützung der Opfer des Terrorismus zu gewährleisten, auch durch Förderung des Austauschs bewährter Methoden und einheitlicher Garantien auf EU-Ebene;
Hinsichtlich der Notwendigkeit einer intensiveren und wirksameren interparlamentarischen Zusammenarbeit bei der neuen Antiterror-Strategie:
35. vertritt die Ansicht, dass das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente schon nach der Unterzeichnung der Verträge zur Änderung des EG- und EU-Vertrags eine gemeinsame Bewertung der europäischen Antiterror-Strategie vornehmen sollten, um eine neue Form eines „hochrangigen Dialogs“ in dieser Frage vorzubereiten und die Vertreter der Bürgerinnen und Bürger auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene in diesen einzubinden;
Zusammenarbeit mit Kommission und Rat
36. vertritt angesichts der Tatsache, dass der Vertrag von Lissabon voraussichtlich im Jahr 2009 in Kraft treten wird und dass die EU-Institutionen schon 2008 die Voraussetzungen für sein Inkrafttreten schaffen sollten, die Ansicht, dass Vorschläge, für die künftig das Mitentscheidungsverfahren gilt und deren Behandlung nicht vor Inkrafttreten des neuen Vertrags abgeschlossen sein wird, im Jahr 2008 so behandelt werden sollten, als ob sie bereits dem Mitentscheidungsverfahren unterlägen;
37. nimmt das neue Paket mit Vorschlägen für Rechtsakte zur Terrorismusbekämpfung zur Kenntnis, das den Rahmenbeschluss des Rates über die Verwendung der Flugpassagierdaten (PNR) für Strafverfolgungszwecke, die Richtlinie über Sprengstoffe und den Bewertungsbericht über die Durchführung des Rahmenbeschlusses zur Terrorismusbekämpfung umfasst; ist entschlossen, diese Vorschläge einer tatsachengestützten kritischen Bewertung zu unterziehen;
38. ist der Ansicht, dass der Koordinator der EU für die Bekämpfung des Terrorismus eine wesentliche Rolle in der gemeinschaftlichen Vorgehensweise haben sollte und dass seine bestehenden Kompetenzen ihm nicht die hierfür notwendigen Handlungsspielräume eröffnen;
39. erwartet, dass in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament eine Strategie zur Anti-Terrorpolitik der EU entwickelt wird, die nicht nur einen ganzheitlichen Ansatz und roten Faden erkennen lässt, sondern vor allen Dingen eine Unterteilung in kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen vornimmt;
***
40. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Europarat sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
- [1] Angenommene Texte, P6_TA(2007)0032.
- [2] Siehe http://www.un.org/terrorism/strategy-counter-terrorism.htmlhttp://www.un.org/terrorism/strategy-counter-terrorism.html
- [3] Siehe: http://conventions.coe.int/Treaty/Commun/QueVoulezVous.asp?NT=196&CM=2&DF=&CL=ENG
- [4] Siehe http://register.consilium.eu.int/pdf/en/05/st14/st14469-re04.en05.pdf.