ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
17.9.2008
gemäß Artikel 108 Absatz 5 der Geschäftsordnung
von Wolf Klinz, Sophia in’t Veld und Anne Laperrouze
im Namen der ALDE-Fraktion
zur Steuerung der Energiepreisentwicklung
Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B6-0428/2008
B6‑0431/2008
Entschießung des Europäischen Parlaments zur Steuerung der Energiepreisentwicklung
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 22. September 2005 zum Erdölpreis und zur Energieabhängigkeit,
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommision über Maßnahmen gegen die steigenden Ölpreise (KOM(2008)348 endg.),
– in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates vom 19./20. Juni 2008 zum Ölpreis,
– unter Hinweis auf die Vereinbarung des informellen Rates Wirtschaft und Finanzen vom 12./13. September 2008,
– gestützt auf Artikel 108 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die Ölpreise in diesem Sommer real so stark wie nie zuvor angestiegen sind, die Preise für andere Energieprodukte ebenfalls gestiegen sind und die Treibstoffpreise für die Verbraucher dem Trend des Rohölpreises gefolgt sind; in der Erwägung, dass der schwache Dollar zum Anstieg der Ölpreise beigetragen hat,
B. in der Erwägung, dass die Ölpreise Schätzungen zufolge mittel- bis langfristig hoch bleiben könnten und dass sich dies negativ auf die Inflation und das Wachstum der Wirtschaft in der EU auswirkt,
C. in der Erwägung, dass das höhere Energiepreisniveau die Kaufkraft der EU-Bürger aushöhlt, wobei die Haushalte mit den niedrigsten Einkommen sowie die energieintensiven Industriezweige am stärksten unter den Folgen zu leiden haben,
D. in der Erwägung, dass der sprunghafte Anstieg der Energiepreise von einer ganzen Reihe komplexer Faktoren beeinflusst wird: strukturelle Verlagerungen der Ölversorgung und ‑nachfrage, schrumpfende Zahl und Größe neuer Ölfelder, begrenzte Ausweitung der Ölförderung, geopolitische Faktoren, weniger Investitionen in technologischen Fortschritt, hohe Investitionskosten und Mangel an qualifizierten Arbeitskräften in den wichtigsten Ölförderländern; in der Erwägung, dass bei einigen Erdöl produzierenden Ländern eine Tendenz zur Instrumentalisierung ihrer Rohstoffquellen für politische Zwecke besteht,
E. in der Erwägung, dass mehr Transparenz und eine häufigere Veröffentlichung der Daten über kommerziell nutzbare Ölvorräte für ein effizientes Funktionieren der Ölmärkte wichtig sind,
F. in der Erwägung, dass die Investoren wegen der derzeitigen finanziellen Turbulenzen nach alternativen Investitionen gesucht haben, und dass dies kurzfristig zu einer verstärkten Volatilität der Preise beigetragen hat,
G. in der Erwägung, dass die Wirtschaft der EU nach wie vor stark von Ölimporten abhängig ist und dass potenzielle neue Ölfelder größenteils „unkonventionelle Lagerstätten“ sind, deren Erschließung höhere Investitionen erfordert,
1. ist besorgt über den Anstieg der Energiepreise, vor allem wegen der negativen Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft und ihre Wettbewerbsfähigkeit, die die Erreichung der Ziele der Lissabon-Strategie behindern;
2. unterstreicht, dass Maßnahmen getroffen werden müssen, die es der Wirtschaft der EU ermöglichen, weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben und sich an das durch den Ölpreis veränderte Umfeld anzupassen; fordert ein starkes politisches Engagement für den Übergang zu einer EU-Wirtschaft mit geringem CO2-Ausstoß, die Förderung von Energieeffizienz, eine forcierte Diversifizierung der Energieversorgung und die Verringerung der Abhängigkeit vom Import fossiler Brennstoffe;
3. unterstützt die Entscheidung des Europäischen Rates, wonach die Belastungen der ärmsten Haushalte kurzfristig mit gezielten Maßnahmen abgemildert werden sollen; würde diesbezüglich für die Schaffung von Anreizen zum Energiesparen plädieren; vertritt jedoch die Auffassung, dass Maßnahmen, die einen Anstieg der Inflationsrate bewirken, hier nicht in Frage kommen, weil sie die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beeinträchtigen können;
4. befürwortet Maßnahmen, durch die energieintensive Sektoren bei der Umstellung unterstützt werden; fordert die Kommission jedoch auf, die Wirksamkeit dieser Maßnahmen zu überwachen, und im Falle einer Wettbewerbsverzerrung geeignete Gegenmaßnahmen zu treffen; fordert die Kommission auf, für die Einhaltung der in der EU geltenden Wettbewerbsregeln zu sorgen und sich dabei besonders auf die Untersuchung und Bekämpfung wettbewerbswidriger Verhaltensweisen im Erdöl-, Erdgas- und Stromsektor zu konzentrieren;
5. ist der Auffassung, dass die EIB eine bedeutendere Rolle bei der Bereitstellung von Mitteln zur Finanzierung von Projekten in den Bereichen Energieeffizienz, erneuerbare Energien und F&E spielen sollte, mit besonderem Schwerpunkt auf KMU;
6. fordert die Kommission auf, ihren Vorschlag für eine Richtlinie über Energiesteuern vorzulegen, nachdem sie sorgfältig geprüft hat, welche Auswirkungen die steuerlichen Maßnahmen auf die Inflation, auf neue Investitionen in die Ölförderung und auf den Übergang zu einer Wirtschaft mit geringem CO2-Ausstoß haben könnten;
7. hält mehr Transparenz und zuverlässigere Daten über die Erdölmärkte und kommerzielle Ölvorräte für überaus wichtig; misst der Erweiterung des Wissensstands über die Preisentwicklung bei Ölprodukten große Bedeutung bei; fordert, dass die Europäische Stelle zur Beobachtung des Energiemarktes der Kommission im Rahmen der Beratung und der Erarbeitung von Maßnahmen zur Erhöhung der Transparenz mehr Einfluss erhält; fordert eine rechtzeitige Überarbeitung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften über Erdölnotvorräte;
8. bekräftigt die Bedeutung einer gemeinsamen Energiepolitik und der Versorgungssicherheit in der EU; ist in diesem Zusammenhang überzeugt, dass die EU beim Energiedialog mit den wichtigsten Öllieferanten die Führung übernehmen sollte; begrüßt den Gedanken, ein hochrangiges Gipfeltreffen der Erdöl produzierenden Länder und der Verbraucherländer in die Wege zu leiten;
9. fordert die Unternehmen in der EU auf, stärker vorausschauend zu handeln und sich im Hinblick auf Know-how und ingenieurtechnische Kompetenzen bei neuen Technologien die Spitzenposition zu sichern, um ihre Schlüsselrolle als Partner der wichtigsten Erdölförderländer zu behaupten;
10. fordert die Mitgliedstaaten auf, die in Reaktion auf den Anstieg der Energiepreise erarbeiteten politischen Maßnahmen aufeinander abzustimmen; fordert die Kommission auf, eine Analyse vorzulegen, die sich auf die politischen Maßnahmen stützt, die sich in den Mitgliedstaaten bewährt haben, wenn es darum ging, auf die durch die hohen Energiepreise bedingten Herausforderungen zu reagieren;
11. weist darauf hin, dass im Europäischen Rat in der Frage der grundlegenden nächsten Schritte bei der Gestaltung des Energiebinnenmarkts dringend eine Einigung erzielt werden muss, um in der EU die Widerstandsfähigkeit gegenüber Ölpreisschwankungen und die Versorgungssicherheit zu erhöhen; bekräftigt seine Unterstützung für die fortgesetzte Liberalisierung des Energiemarkts der EU;
12. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.