Entschließungsantrag - B6-0442/2008Entschließungsantrag
B6-0442/2008

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

17.9.2008

eingereicht im Anschluss an Erklärungen des Rates und der Kommission
gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung
von Baroness Nicholson of Winterbourne
im Namen der ALDE-Fraktion
zu der Vorbereitung des Gipfels EU-Indien (Marseille, 29. September 2008)

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B6-0426/2008

Verfahren : 2008/2627(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B6-0442/2008
Eingereichte Texte :
B6-0442/2008
Angenommene Texte :

B6‑0442/2008

Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Vorbereitung des Gipfels EU-Indien (Marseille, 29. September 2008)

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf den neunten Gipfel EU-Indien, der am 29. September 2008 in Marseille stattfinden wird,

–  in Kenntnis der Mitteilung der Kommission „Eine strategische Partnerschaft zwischen der EU und Indien”[1],

–  unter Hinweis auf den gemeinsamen Aktionsplan EU-Indien, der am 7. September 2005 auf dem sechsten Gipfel EU-Indien in Delhi angenommen wurde,

–  unter Hinweis auf den Vorschlag für die Aushandlung eines neuen Partnerschafts- und Kooperationsabkommens mit Indien,

–  unter Hinweis auf den Beginn der Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Indien im Jahr 2006,

–  gestützt auf Artikel 103 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass dieser Gipfel eine neue Phase in den Beziehungen zwischen der EU und Indien darstellen und die Erörterung regionaler Fragen, die sowohl für die EU als auch für Indien von Interesse sind, sowie großer globaler Herausforderungen – wie Klimawandel, Energiesituation und weltweite Lebensmittellage – fördern sollte,

B.  in der Erwägung, dass der Gipfel zu der Annahme einer Neufassung des gemeinsamen Aktionsplans führen sollte, um die im Jahr 2004 geschaffene strategische Partnerschaft neuen gemeinsamen Anliegen anzupassen,

C.  in der Erwägung, dass der Gipfel eine Gelegenheit bietet, den 2007 begonnenen Verhandlungen über den Abschluss eines Seeverkehrsabkommens und eines Freihandelsabkommens mit Indien neuen Schwung zu verleihen,

D.  in der Erwägung, dass die EU der wichtigste Handelspartner Indiens und einer der größten Investoren in mehreren Sektoren ist, die für das weitere Wachstum der indischen Wirtschaft von ausschlaggebender Bedeutung sind (Energie, Verkehr, Telekommunikation),

E.  in der Erwägung, dass gerade ein Freihandelsabkommen mit Indien ausgehandelt wird, das jedoch 2008 voraussichtlich nicht mehr abgeschlossen werden kann, da insbesondere in den Bereichen öffentliches Auftragswesen und Dienstleistungen noch Meinungsverschiedenheiten bestehen,

F.  in der Erwägung, dass Indien gegenwärtig eine Reihe innenpolitischer Krisen bewältigen muss, wie z. B. die politisch-religiösen Spannungen in Jammu and Kaschmir, eine Reihe von Bombenanschlägen, die von Extremisten verübt wurden, kollektive Gewalt gegenüber konvertierten Christen in Orissa sowie Naturkatastrophen im Nordosten des Landes,

G.  in der Erwägung, dass Indien bei der Sicherung der Versorgung seiner Bevölkerung mit Lebensmitteln zwar erhebliche Fortschritte gemacht hat, dass aber dennoch weite Teile der Bevölkerung nicht über Lebensmittel in ausreichenden Mengen verfügen; in der Erwägung, dass Armut nach wie vor ein Problem darstellt, da knapp ein Drittel der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze lebt,

H.  in der Erwägung, dass die EU und Indien die weltweit größten Demokratien und offene Gesellschaften sind,

I.  in der Erwägung, dass Indien und Pakistan seit Anfang 2004 einen kontinuierlichen Dialog führen, mit dem einige der Streitigkeiten zwischen beiden Ländern beendet werden sollen,

1.  bekundet seine Absicht, zu einer weiteren Vertiefung der Beziehungen zwischen der EU und Indien sowie zu einer Verbesserung der strategischen Partnerschaft EU-Indien beizutragen;

2.  befürwortet nachdrücklich engere Beziehungen zwischen der EU und Indien und ist der Ansicht, dass gegenseitiger Respekt und Partnerschaft ihren besten Ausdruck im offenen Dialog über alle Fragen finden; begrüßt die Bereitschaft Indiens, Verhandlungen über ein neues Partnerschafts- und Kooperationsabkommen mit der EU aufzunehmen; vertritt die Auffassung, dass der zügige Abschluss eines solchen Abkommens die Qualität der Beziehungen zwischen beiden Seiten verbessern wird;

3.  begrüßt die Überprüfung des gemeinsamen Aktionsplanes aus dem Jahr 2005 und hofft, dass klare Schwerpunkte und Fristen für die vereinbarten Tätigkeiten gesetzt werden;

4.  ist ernsthaft besorgt über das Scheitern der WTO-Gespräche, die im Juli stattgefunden haben, da dies einen erfolgreichen Abschluss der Doha-Entwicklungsagenda gefährden und somit das multilaterale Handelssystem beeinträchtigen könnte; fordert Indien und die EU als Schlüsselmitglieder der WTO deshalb dringend dazu auf, eine führende Rolle bei den Bemühungen um einen erfolgreichen Abschluss der Gespräche noch vor Jahresende einzunehmen, damit die Doha-Entwicklungsrunde im Jahr 2009 mit einem Ergebnis abgeschlossen werden kann, das ihrem Namen gerecht wird;

5.  bringt nach der jüngsten Krise in Ossetien seine allgemeine Besorgnis über die zunehmenden Gefahren einer neuen Polarisierung zum Ausdruck und fordert Indien – angesichts seiner historischen Rolle als blockfreies Land und seiner wachsenden wirtschaftlichen Macht – dazu auf, angemessene Initiativen zu ergreifen und eine Strategie der Friedenskonsolidierung zu starten, um seine Rolle als einer der Hauptakteure auf der internationalen Bühne zu untermauern;

6.  ist der Auffassung, dass die Welt durch internationale Beziehungen, die auf Multilateralismus und der Achtung des Völkerrechts beruhen, sicherer gemacht werden kann, und fordert die EU und Indien auf, den Multilateralismus in den internationalen Beziehungen, für den beide eintreten, in die Praxis umzusetzen und einen Mechanismus der gemeinsamen Konsultation zu schaffen;

7.  bedauert den Ausbruch von Unruhen in Kaschmir im August 2008 und empfiehlt, dass die Behörden alle notwendigen Schritte unternehmen, um die Gewalt einzudämmen, damit in Kaschmir schnellstmöglich Wahlen in einem stabilen Umfeld stattfinden können;

8.  empfiehlt, dass die indische Regierung und die Regierung des Bundesstaates Orissa die Gewalttätigkeiten unterbinden, und verweist in diesem Zusammenhang auf die aus den einschlägigen, von Indien ratifizierten internationalen Menschenrechtsinstrumenten erwachsende Verpflichtung, zu gewährleisten, dass sich ähnliche Gewalttätigkeiten wie jene zur Unterdrückung der Emanzipierungsbestrebungen der Dalit nicht wiederholen;

9.  betont, dass die zunehmende Umweltzerstörung in Indien ein immer größeres Problem darstellt und dass es besonders dringend ist, die Zusammenarbeit zwischen der EU und Indien in diesem Bereich voranzubringen, während Indien seine Bedürfnisse und Ziele auf dem Gebiet der Entwicklung auf vernünftige Weise und im Einklang mit einer nachhaltigen Entwicklung weiterverfolgt;

10.  fordert insbesondere die Kommission, die Mitgliedstaaten und Indien dazu auf, die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien zu verstärken;

11.  betont, dass die Ernährungssicherheit in Indien nach wie vor eine Frage von großer Relevanz ist; fordert die indische Regierung auf, die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage zu schließen, indem die einheimische Getreideerzeugung beschleunigt wird, öffentliche und private Investitionen gefördert sowie neue Technologien verwendet und verschiedene Sorten angebaut werden;

12.  ist tief besorgt über die gewaltigen Flutschäden im Nordosten Indiens, von denen insbesondere der Bundesstaat Bihar, aber auch die Nachbarländer Nepal und Bangladesch betroffen sind; bedauert die Tatsache, dass diese Katastrophe zahlreiche Opfer gefordert hat und mehr als eine Million Menschen obdachlos wurden; begrüßt die von der EU gewährte Soforthilfe, ist jedoch der Ansicht, dass ein Betrag von einer Million Euro angesichts des Ausmaßes der Überschwemmungen und der verursachten Schäden unzureichend ist und erheblich erhöht werden muss; fordert die indische Regierung und die internationale Gemeinschaft zu weiterer Soforthilfe auf;

13.  begrüßt die Errichtung des „Indian Wildlife Crime Control Bureau”, ist jedoch nach wie vor tief besorgt über die bedauernswerte Lage, in der sich der Wildtiger befindet, und fordert Indien auf, Tiger vor dem Verlust ihrer Lebensräume und vor illegalem Handel durch länderübergreifende kriminelle Netzwerke zu schützen; fordert spezifische Hilfe vonseiten der EU für diese Schutzbemühungen, und zwar in Form von Know-how und finanzieller Unterstützung;

14.  begrüßt die Tatsache, dass die strategische Partnerschaft die Ausweitung und Institutionalisierung des Menschenrechtsdialogs vorsieht;

15.  begrüßt im Hinblick auf die Achtung der Menschenrechte die Zusammenarbeit Indiens mit dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, bedauert jedoch, dass Indien das Internationale Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe noch nicht ratifiziert hat; fordert die indische Regierung auf, die Todesstrafe unverzüglich abzuschaffen, indem sie ein Moratorium für die Vollstreckung der Todesstrafe verhängt; ermutigt die indische Regierung, das Zusatzprotokoll zu dem Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau zu unterzeichnen und zu ratifizieren; fordert Indien auf, dem Internationalen Strafgerichtshof beizutreten;

16.  unterstützt die Bemühungen der indischen Regierung, dem Entstehen interethnischer, interreligiöser und interkultureller Spannungen, die das jahrhundertealte Erbe von Toleranz und Zusammenleben gefährden würden, vorzubeugen;

17.  bedauert die Serie von Anschlägen, die Indien sowohl auf eigenem Hoheitsgebiet als auch in Afghanistan in jüngster Zeit getroffen hat, insbesondere den Bombenanschlag vom 13. September in der indischen Hauptstadt, bei dem mindestens 18 Menschen ums Leben gekommen sind und der von einer militanten Gruppe verübt wurde; äußert seine Besorgnis darüber, dass die langanhaltende Gewalt in der Himalaya-Region Kaschmir, dem einzigen Bundesstaat mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung, sich nun auszubreiten scheint;

18.  begrüßt, dass die Gruppe der Kernmaterial-Lieferländer das Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten und Indien über die zivile Nutzung der Atomkraft gebilligt hat (und dass Indien einseitig erklärt hat, seinen Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Nichtverbreitung nachkommen zu wollen und an seinem freiwilligen Moratorium für alle Kernwaffentests festzuhalten);

19.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie der Regierung und dem Parlament von Indien zu übermitteln.