Entschließungsantrag - B6-0537/2008Entschließungsantrag
B6-0537/2008

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

14.10.2008

eingereicht im Anschluss an Erklärungen des Rates und der Kommission
gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung
von Paolo Costa
im Namen des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr
zur Hochsee-Piraterie

Verfahren : 2008/2635(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B6-0537/2008

B6‑0537/2008

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Hochsee-Piraterie

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung zu einer integrierten Meerespolitik für die Europäische Union (T6-0213/2008),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung zu der routinemäßigen Tötung der Zivilbevölkerung in Somalia (T6-0313/2008),

–  unter Hinweis auf die auf der Tagung des Rates in der Formation Allgemeine Angelegenheiten vom 15.09.2008 erzielten Schlussfolgerungen (13028/08),

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 26. Mai 2008,

–  unter Hinweis auf die Gemeinsame Aktion 2008/749/GASP des Rates vom 19. September 2008 betreffend die militärische Koordinierungsmaßnahme der Europäischen Union zur Unterstützung der Resolution 1816 (2008) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (EU NAVCO),

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Seeschifffahrt,

–  unter Hinweis auf die Resolution 1816(2008) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 2. Juni 2008 zur Situation in Somalia,

–  gestützt auf Artikel 103 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die Hochsee-Piraterie Menschenleben und Sicherheit in immer stärkerem Maße gefährdet, insbesondere in den Gewässern vor Somalia und am Horn von Afrika,

B.  in der Erwägung, dass der anhaltende Konflikt und die politische Instabilität in Somalia zu seeräuberischen Handlungen und bewaffneten Raubüberfällen führen,

C.  in der Erwägung, dass im vergangenen Jahr die kriminellen Übergriffe gegen gemeinschaftliche Fischerei-, Handels- und Passagierschiffe in internationalen Gewässern vor der afrikanischen Küste zugenommen haben und immer häufiger verzeichnet wurden, was das Leben der Mannschaften gefährdet und erhebliche negative Auswirkungen auf den internationalen Handel hat,

D.  in der Erwägung, dass die ungehinderte Fahrt von Schiffen, die legal Handel auf hoher See betreiben, eine unbedingte Voraussetzung für den internationalen Handel ist,

E.  in der Erwägung, dass derartige Fälle von Piraterie unmittelbar die Seeleute gefährden, deren Lebensunterhalt von der sicheren und rechtmäßigen Ausübung ihres Handels und Berufs auf See abhängt,

F.  in der Erwägung, dass Fischer aus der Europäischen Union auf hoher See gezielt von Piraten angegriffen wurden und dass die Gefahr durch Piraten eine beträchtliche Zahl von Fischereifahrzeugen aus der EU veranlasst hat, sich aus Gewässern zurückzuziehen, die mehrere hundert Kilometer von der somalischen Küste entfernt sind, oder ihre Fangtätigkeit in der Region zu reduzieren,

G.  in der Erwägung, dass mehrere Opfer von Piraterie gewöhnliche Bürger waren, die friedlich ihrer Tätigkeit an Bord von Yachten in den Gewässern um das Horn von Afrika nachgingen,

H.  in der Erwägung, dass derartige Fälle von Piraterie zum Teil eine Folge der Gewalttätigkeit und politischen Instabilität in Somalia sind, aber auch dazu und den damit verbundenen Konsequenzen für die Zivilbevölkerung von Somalia beitragen, was Gefährdung, fehlende Entwicklung sowie Unterbrechung der Nahrungsmittelhilfe und weiterer humanitärer Maßnahmen angeht,

1.  fordert die Übergangs-Bundesregierung von Somalia auf, in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen und der Afrikanischen Union Fälle von Piraterie und bewaffnete Raubüberfälle, die vor der somalischen Küste gegen Schiffe verübt werden, die im Rahmen humanitärer Hilfsleistungen eingesetzt werden, als Straftatbestände zu behandeln, die durch die Festnahme der Verantwortlichen auf der Grundlage des geltenden Völkerrechts zu ahnden sind;

2.  nimmt Kenntnis von der Gemeinsamen Aktion 2008/749/GASP des Rates, mit der eine militärische Koordinierungsmaßnahme zur Unterstützung der Resolution 1816(2008) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen mit der Bezeichnung EU NAVCO begründet wird;

3.  bedauert, dass der Rat das EP zu dem Beschluss, diese ESVP-Maßnahme einzuleiten, nicht konsultiert hat, und fordert den Rat nachdrücklich auf, es über die Tragweite dieser Aktion und die genauen Aufgaben zu informieren, die die „Koordinierungszelle der EU“ im Europäischen Rat zur Unterstützung der ESVP-Mission auf See mit der Bezeichnung EU NAVCO wahrnehmen wird;

4.  fordert den Rat auf, eindeutig zu unterscheiden zwischen dem künftigen ESVP-Mandat und den gegen Fälle von Piraterie gerichteten Maßnahmen seiner Mitgliedstaaten im Rahmen der Operation „Enduring Freedom“ am Horn von Afrika, die auf die Bekämpfung von Terrorakten abzielen; fordert klare Leitlinien für die Inhaftierung und Strafverfolgung gefangengenommener Piraten; fordert den Rat auf, eine Verwicklung der EU NAVCO in den anhaltenden Konflikt in Somalia zu vermeiden; fordert eine wirksame Koordinierung mit anderen Marineschiffen, insbesondere aus den USA und Russland, in der Region;

5.  fordert die Kommission nachdrücklich auf, sich dafür einzusetzen, dass die Rechtsinstrumente der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation gegen Piraterie und bewaffnete Raubüberfälle so bald wie möglich überprüft und aktualisiert werden;

6.  fordert die Kommission auf, Küstenstaaten zu veranlassen, das Protokoll aus dem Jahr 2005 zu dem Übereinkommen zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Seeschifffahrt zu ratifizieren;

7.  begrüßt die Absicht der Kommission, die Koordinierung mit den für die Überwachung auf See zuständigen europäischen Agenturen zu verbessern und dabei den Schwerpunkt auf die Verhütung illegaler Aktivitäten (Menschen- und Drogenhandel sowie illegale Einwanderung) mit besonderer Konzentration auf internationale Gewässer zu legen; fordert den Rat nachdrücklich auf, die Herausforderung des Terrorismus nicht dem Problem der illegalen Einwanderung und des Menschen- und Drogenhandels gleichzusetzen;

8.  begrüßt die Initiative der Kommission, Verhandlungen im Hinblick auf ein besseres Management der gemeinsamen Nutzung der Meere mit Drittländern zu fördern, und unterstützt entschieden die ausgeweitete Zusammenarbeit mit Nachbarländern zum Schutz der Meere über nationale gerichtliche Zuständigkeiten hinaus;

9.  fordert die Kommission auf, das Europäische Parlament über sämtliche Beschlüsse zu informieren, die sie gegebenenfalls über Finanzierungsvorhaben im Zusammenhang mit kritischen Seeverkehrsrouten am Horn von Afrika, in der Meerenge von Bab al Mandab und im Golf von Aden faßt;

10.  fordert die Kommission auf, zu überlegen, wie praktische Unterstützung für die Sana’a/Dar es Salaam-Agenda der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation und in diesem Zusammenhang insbesondere für die Errichtung eines Regionalen Maritimen Informationszentrums oder –systems geleistet werden könnte;

11.  fordert die Kommission auf, im Rahmen der neuen integrierten Meerespolitik zum frühestmöglichen Zeitpunkt ein Gemeinschaftssystem für wechselseitige Zusammenarbeit und Koordinierung zu schaffen, das es in internationalen Gewässern stationierten Marineschiffen unter der Flagge eines Mitgliedstaats gestatten würde, Fischfang- und Handelsschiffe aus anderen Mitgliedstaaten zu schützen;

12.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, im Rahmen der Vereinten Nationen und der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation aktiv die von mehreren Mitgliedstaaten geförderte Initiative zu unterstützen, das Recht auf Verfolgung zur See und in der Luft auf die territorialen Gewässer der Küstenstaaten auszuweiten, sofern die betroffenen Länder zustimmen, sowie ein Verfahren zur koordinierten Unterstützung gegen Fälle von Hochsee-Piraterie zu entwickeln;

13.  fordert den Rat und die Mitgliedstaaten auf, die Ziele der militärischen Koordinierungsmaßnahme der Europäischen Union zur Unterstützung der Resolution 1816(2008) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zur Bekämpfung von bewaffneten Raubüberfällen und seeräuberischen Handlungen vor den Küsten Somalias zu erläutern; bedauert, dass die Resolution 1816(2008) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen im Rahmen von Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen konzipiert wurde, da die Vereinten Nationen seeräuberische Handlungen durch diesen Ansatz problematischerweise als kriegerische Handlungen eingestuft haben; fordert den Europäischen Rat nachdrücklich auf, Piraterie als Straftatbestand im Rahmen des geltenden Völkerrechts zu behandeln;

14.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.