ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
26.3.2009
gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung
von José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra, Laima Liucija Andrikienė, John Bowis, Tunne Kelam und Eija-Riitta Korhola
im Namen der PPE-DE-Fraktion
zum internationalen Vertrag zum Schutz der Arktis
Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B6-0163/2009
B6‑0172/2009
Entschließung des Europäischen Parlaments zum internationalen Vertrag zum Schutz der Arktis
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf das Internationale Polarjahr, eine gemeinsame Initiative der Internationalen Meteorologischen Organisation und des Internationalen Wissenschaftsrates, deren Ziel es ist, für eine bessere Beobachtung und ein besseres Verständnis der Polarregionen der Erde zu sorgen,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission über die Europäische Union und die Arktis (KOM(2008)0763),
– unter Hinweis auf die Konferenz „Transatlantische Politikoptionen für die marine Arktis“ in Brüssel vom 5. März 2009
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. Oktober 2008 zu der Politik für den Arktischen Raum,
– gestützt auf Artikel 103 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. unter Hinweis darauf, dass der Arktische Raum derzeit nicht durch multilaterale Rechtsnormen und Regeln geschützt wird, vor allem weil zu keiner Zeit erwartet wurde, dass hier eine Schifffahrtsstrecke oder ein kommerziell nutzbarer Raum entstehen würde,
B. in der Erwägung, dass der Seeverkehr in arktischen Gewässern in den letzten Jahren exponentiell zugenommen hat, was durch das gestiegene Interesse an Offshore-Bohrungen, die immer häufigere Durchfahrt von Kreuzfahrtschiffen und die Aussichten, die die Nordwestpassage bietet, bedingt ist,
C. in der Erwägung, dass möglicherweise etwa 20 % der unerschlossenen Erdöl- und Erdgasreserven der Welt auf den Arktischen Raum entfallen, mit allen entsprechenden Folgen für das einzigartige Umfeld der Arktis, falls diese Reserven kommerziell erschlossen werden sollten,
D. in der Erwägung, dass die Veränderungen der Klimabedingungen in der Arktis bereits ein derartiges Maß angenommen haben, dass die Inuit-Bevölkerung beispielsweise nicht mehr in der traditionellen Weise jagen kann, weil das Eis zu dünn für ihre Schlitten geworden ist, während Wildtiere wie Eisbären, Walrösser und Füchse vom Schwund eines großen Teils ihrer Lebensräume bedroht sind,
E. in der Erwägung, dass die Tatsache, dass es in der Arktis unterschiedliche Hoheitsgebiete gibt, die Gefahr birgt, dass größerer Konflikte zwischen den einzelnen Ländern ausbrechen, die -auch militärisch - verteidigen möchten, was sie als ihre nationalen Interessen betrachten,
F. in der Erwägung, dass eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den Polar-Anrainerstaaten möglich wäre, wenn man den Raum für geopolitisch neutral erklären würde,
G. unter Hinweis darauf, dass EU-Mitgliedstaaten und über das EWR-Abkommen assoziierte Länder mehr als die Hälfte der Mitglieder des Arktischen Rates ausmachen,
1. fordert den Rat und die Kommission auf, internationale Verhandlungen mit Blick auf die Annahme eines internationalen Vertrags zum Schutz der Arktis nach dem Vorbild des bereits bestehenden Antarktis-Vertrags in die Wege zu leiten, damit die Arktis ein Raum des Friedens und der Zusammenarbeit wird, der ausschließlich friedlichen Tätigkeiten vorbehalten und frei von Auseinandersetzungen über Souveränitätsansprüche ist;
2. weist darauf hin, dass Anstrengungen unternommen werden müssen, um eine zunehmende Militärpräsenz in der Arktis zu vermeiden und eine Kooperation im Sicherheitsbereich in dem Raum zu entwickeln, damit die Arktis als Region mit geringen Spannungen erhalten bleibt und damit es möglich wird, in einem ökologisch nachhaltigen Rahmen ohne Einschränkung das Potential dieses Raums als künftiger Energie liefernder Raum zu schützen;
3. fordert die Kommission mit Nachdruck auf, dafür zu sorgen, dass die internationalen Vorschriften über die Sicherheit des Seeverkehrs in den besonders sensiblen Teilen der Region verschärft werden, indem sie geeignete Änderungen zu den Regeln der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) vorlegt und auf einen Polarkodex für die Schifffahrt in der Arktis hinarbeitet;
4. fordert die Kommission auf, Verhandlungen mit der russischen Regierung aufzunehmen, um freie Schifffahrt und freies Transitrecht zu garantieren und sicherzustellen, dass es keine diskriminierenden Praktiken gibt, insbesondere im ´Bereich der Gebühren, der verbindlichen Dienste und der Reglementierungen, damit neue Schifffahrtsrouten möglich werden;
5. fordert den Rat auf, die Arktis auf die Tagesordnung des bevorstehenden Gipfels EU-Russland zu setzen;
6. erklärt sich zutiefst besorgt über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Nachhaltigkeitsbedingungen für die indigenen Bevölkerungen in der Region unter dem Aspekt der allgemeinen Umweltsituation (schwindende Eiskappe, auftauender Permafrostboden, steigender Meeresspiegel, Überschwemmungen) und des natürlichen Lebensraums (der Schwund der Eisdecke schafft Probleme angesichts der Ernährungsweise der Eisbären) und betont, dass bei internationalen Entscheidungen über diese Probleme alle Bevölkerungsgruppen und Nationen des Arktischen Raums ohne Einschränkung beteiligt und berücksichtigt werden müssen;
7. ist der Auffassung, dass die fachübergreifende wissenschaftliche Forschung über atmosphärische Aspekte (Ozonloch oder Ozonabbau, Stürme und Windbedingungen im Nordatlantik, usw.) intensiviert werden muss, damit die globale Gefährdung der biologischen Vielfalt der Arktis und der Lebensumstände der indigenen Bevölkerungen besser angegangen und bekämpft werden kann;
8. weist darauf hin, dass Änderungen in den Eisschichten der Arktis sich auf den allgemeinen Meeresspiegel auswirken werden, wovon die Küstenstädte und die tief gelegenen Gebiete betroffen sein werden, und dass der thermische Abbau des Permafrostbodens große Reserven an gefrorenem Kohlenstoff freisetzen wird, wovon ein Teil als Methan zu einer Erhöhung des Treibhausgaseffekts führen wird; fordert die Kommission und den Rat daher auf, dafür zu sorgen, dass die Arktische Region aufgrund ihres Einflusses auf das Klima der Welt und des einzigartigen natürlichen Umfelds besonders berücksichtigt wird, wenn die EU ihren Standpunkt für die 15. Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention (COP 15) im Dezember 2009 in Kopenhagen ausarbeitet;
9. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen der Mitgliedstaaten, Norwegen, Island, Russland, Kanada und den Vereinigten Staaten sowie den Akteuren der regionalen Zusammenarbeit zu übermitteln.