Entschließungsantrag - B7-0040/2009Entschließungsantrag
B7-0040/2009

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu externen Aspekten der Energieversorgungssicherheit

14.9.2009

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Kommission
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Elmar Brok, José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra, Jacek Saryusz-Wolski, Tunne Kelam, Traian Ungureanu, Pilar del Castillo Vera, Michael Gahler, Herbert Reul, András Gyürk, Mário David, Jean-Pierre Audy, Lena Barbara Kolarska-Bobińska, Bogusław Sonik, Inese Vaidere im Namen der PPE-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B7-0040/2009

Verfahren : 2009/2532(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B7-0040/2009
Eingereichte Texte :
B7-0040/2009
Angenommene Texte :

B7‑0040/2009

Entschließungsantrag zu externen Aspekten der Energieversorgungssicherheit

Das Europäische Parlament,

- unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. September 2007 mit dem Titel „Auf dem Weg zu einer gemeinsamen europäischen Energieaußenpolitik“,

- unter Hinweis auf das am 13. Juli 2009 in Ankara unterzeichnete Regierungsabkommen zwischen Österreich, Bulgarien, Ungarn, Rumänien und der Türkei über das Gaspipelineprojekt Nabucco,

- unter Hinweis auf den Erwerb eines beträchtlichen Aktienanteils (21,2%) des ungarischen petrochemischen Unternehmens MOL, Mitglied des Nabucco-Konsortiums, durch die russische Erdöl- und Erdgasgesellschaft Surgutneftegaz,

- unter Hinweis auf das am 6. August 2009 in Ankara unterzeichnete Protokoll über die Zusammenarbeit in der Gaswirtschaft zwischen Russland und der Türkei, demzufolge die Türkei den Bau der South-Stream-Pipeline in türkischen Hoheitsgewässern vorab genehmigt und es Russland gestattet, dort Untersuchungen für die Pipeline durchzuführen,

- unter Hinweis auf die am 13. Juli 2009 von 12 EU-Unternehmen unterzeichnete Absichtserklärung zur Gründung der DESERTEC-Industrie-Initiative zur Nutzung des gewaltigen Solarenergie-Potenzials im Nahen Osten und in Nordafrika,

- unter Hinweis auf die zweite Überprüfung der Energiestrategie,

- unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/67/EG (KOM(2009)363 endgültig),

- unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Rates über die Mitteilung von Investitionsvorhaben für Energieinfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft an die Kommission und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 736/96 des Rates (KOM(2009)361 endgültig),

–   gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass die Energiesicherheit als eine wesentliche Komponente der allgemeinen Sicherheit, der Stabilität und des Wohlstands der Europäischen Union und als ein Schlüsselelement für die weitere wirtschaftliche und soziale Entwicklung in Europa angesehen werden muss, für die es jedoch immer noch keine Grundlage in den Verträgen gibt,

B.  in der Erwägung, dass die Abhängigkeit der EU von Energieimporten zur Zeit erheblich ist und unter den derzeitigen Bedingungen voraussichtlich weiter steigen wird;

C. in der Erwägung, dass trotz des Sinkens der Erdöl- und Erdgaspreise infolge der Weltfinanzkrise die langsamen Fortschritte bei der Umstellung auf nachhaltigere Brennstoffe, der Rückgang der Fördermengen aus den Öl- und Gasfeldern der Welt und der kontinuierliche Anstieg der Nachfrage zwangsläufig wieder dazu führen wird, dass sich die Lage auf den Märkten für fossile Brennstoffe wieder anspannt und die Abhängigkeit der Verbraucherländer von den Einfuhren zunimmt, sobald die Krise überwunden ist,

D. in der Erwägung, dass mehrere Mitgliedstaaten in hohem Maße von einem einzigen Erdgaslieferanten abhängig sind und ungerechtfertigte Störungen der Erdgaslieferungen zu ernsthaften Schwierigkeiten führen können, wie die letzte Gaskrise zwischen Russland und der Ukraine Anfang 2009 gezeigt hat,

E.  in der Erwägung, dass zahlreiche Mitgliedstaaten nicht über ausreichende Rohstoffvorräte zur Bewältigung von Krisensituationen verfügen,

F.  in der Erwägung, dass sich aufgrund der derzeit bestehenden und wachsenden Abhängigkeit der EU in Fragen der Energieversorgung von politisch instabilen Regionen die Bemühungen zur Sicherung der Energieversorgung, die auf die nationale Ebene beschränkt waren, als unzureichend erwiesen haben, und die langfristigen Interessen aller EU-Mitgliedstaaten nicht gewahrt werden,

G. in der Erwägung, dass sich die bestehenden Frühwarnsysteme als unzureichend für die Vorhersage der Gaskrise im Januar 2009 erwiesen haben,

H. in der Erwägung, dass vorhersehbare Gefahren für die Sicherheit der Energielieferungen weiterhin bestehen werden, solange wie sich die Energie erzeugenden und Transitländer nicht an gemeinsame und transparente Regelungen halten, wie sie im Vertrag über die Energiecharta und im Transitprotokoll festgelegt sind,

I.   in der Erwägung, dass eine enge Zusammenarbeit im Bereich der Energieversorgung eine der wirksamsten und wichtigsten vertrauensbildenden Maßnahmen in den Beziehungen zwischen der Europäischen Union und ihren Nachbarländern darstellt,

J.   in der Erwägung, dass trotz einiger bereits unternommener Schritte die Notwendigkeit besteht, eine wirklich gemeinsame Energiepolitik sowohl im Hinblick auf die Binnenmarktregulierung als auch im Hinblick auf externe Aspekte, die den politischen und wirtschaftlichen Interessen aller Mitgliedstaaten Rechnung tragen, zu schaffen,

K. unter Hinweis darauf, dass eine gemeinsame europäische Energieaußenpolitik auf der Grundlage von Solidarität, Diversifizierung, Einheit in der Verteidigung der gemeinsamen Interessen, verstärkter Zusammenarbeit mit den wichtigsten Energie erzeugenden, Transit- und Verbraucherländern Synergien schaffen könnte, mit denen sich Versorgungssicherheit für die Europäische Union erreichen lässt, und die Stärke und außenpolitische Handlungsfähigkeit der EU sowie ihre Glaubwürdigkeit als globaler Akteur stärken würde,

1.  erwartet, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten eine stärkere strategische Führungsrolle bei der Schaffung einer echten gemeinsamen europäischen Energieaußenpolitik übernehmen, wie das Europäischen Parlament in seiner Entschließung vom 26. September 2007 mit dem Titel „Auf dem Weg zu einer gemeinsamen europäischen Energieaußenpolitik“ forderte;

2.  begrüßt die Maßnahmen zur Diversifizierung und Verbesserung der Energieversorgungssicherheit der EU, wie sie von der Kommission in der zweiten Überprüfung der Energiestrategie vorgeschlagen werden; vertritt jedoch die Ansicht, dass klar definierte Prioritäten und zügiges Handeln nötig sind, um sie umzusetzen, wobei das Parlament diesbezüglich umfassend informiert werden muss;

3.  weist erneut darauf hin, dass ein gut funktionierender Energiebinnenmarkt ebenso von entscheidender Bedeutung für die Vermeidung künftiger Störungen und Krisen im Bereich der Gasversorgung ist wie die Diversifizierung der Energiequellen; hebt deshalb hervor, dass verstärkt in erneuerbare und kohlenstoffarme Energieträger und in Energieeffizienz investiert werden muss, wobei diese Investitionen einen zentralen Bestandteil des energiepolitischen Aktionsplans für den Zeitraum 2010-2014 bilden sollten;

4.  begrüßt die neuen Vorschläge für Verordnungen über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung und zu Investitionsvorhaben für Energieinfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft, die einen Beitrag zu mehr Sicherheit im Bereich der Erdgasversorgung in der Europäischen Union leisten sollen, wobei sichergestellt wird, dass die Mitgliedstaaten vorbeugend handeln, die Krisenmanagementmechanismen verbessern, und gleichzeitig die Transparenz erhöht und Bürokratie abgebaut wird;

5.  hebt hervor, dass insbesondere im südlichen Korridor dringend strategische Projekte zur Diversifizierung der Energieversorgung durchgeführt werden müssen; begrüßt in diesem Zusammenhang die Unterzeichnung des Regierungsabkommens über den rechtlichen Rahmen der Gaspipeline Nabucco durch Österreich, Bulgarien, Ungarn, Rumänien und die Türkei, das einen wichtigen Schritt hin zur Umsetzung dieses Vorhabens darstellt; hebt jedoch gleichzeitig hervor, wie wichtig eine allgemeine Regelung für die Entwicklung eines von einem bestimmten Unternehmen oder einer bestimmten Pipeline unabhängigen Korridors zur Verbindung der EU mit neuen Gasquellen im Mittleren Osten und der Region am Kaspischen Meer ist, die auf die zügige Herstellung dieser Verbindung gerichtet ist; fordert ferner die beteiligten Unternehmen und Mitgliedstaaten auf, in enger Zusammenarbeit mit der Kommission mit künftigen Lieferanten für erste Vereinbarungen über die Belieferung der Pipelines zu sorgen;

6.  fordert die Kommission auf, Unternehmen, die an der Umsetzung strategischer Vorhaben beteiligt sind oder eine Beteiligung daran anstreben, politische, rechtliche und finanzielle Unterstützung zu gewähren und die Federführung bei der Normierung von Vereinbarungen zu übernehmen, die die Entwicklung der Pipeline untermauern;

7.  sieht die Verbesserung der Verbindungen innerhalb Europas als wesentlich an, da das Schließen der vorhandenen Lücken von entscheidender Bedeutung für das wirksame Funktionieren des Binnenmarktes und die Energiesolidarität ist; begrüßt in diesem Zusammenhang die Einigung über die Finanzierung der Infrastrukturprojekte als Teil des Europäischen Konjunkturprogramms; weist jedoch nachdrücklich darauf hin, dass eine allgemeine Erhöhung der öffentlichen Ausgaben im Bereich der Energiesicherheit unerlässlich ist;

8.  fordert die Mitgliedstaaten auf, sich gegenseitig und die Kommission über strategische Entscheidungen und Abkommen zu Energieinfrastrukturprojekte zu informieren; stellt fest, dass durch die vor kurzem erzielte Einigung zum dritten Liberalisierungspaket das Verfahren betreffend Ausnahmen für neue Infrastrukturen beibehalten und der Rechtsrahmen für die Zertifizierung als Betreiber von Übertragungssystemen gegenüber Drittländern gesetzt wird;

9.  fordert die Kommission auf, unmittelbar gegen feindliche Übernahmeversuche von nicht-transparenten ausländischen Unternehmen im EU-Energiemarkt vorzugehen und konsequent die EU-Wettbewerbsvorschriften anzuwenden; äußert sich zudem besorgt über den jüngsten Erwerb einer Beteiligung an der ungarischen Energiegesellschaft MOL durch Surgutneftgaz und dessen Unfähigkeit, seine Eigentumsstrukturen und die Identität seiner endbegünstigten Eigentümer offenzulegen, was von der Regulierungsbehörde für den ungarischen Energiemarkt in Übereinstimmung mit ihren Befugnissen verlangt worden war;

10. fordert den Rat und die Kommission auf, mit den Ländern des Mittelmeerraums und Nordafrikas zusammenzuarbeiten, da diese Länder in Bezug auf die Energieressourcen ein enormes Potenzial und bedeutende Entwicklungschancen haben; ermutigt insbesondere zur Nutzung von Solar- und Windenergie in diesen Regionen; begrüßt die in letzter Zeit durch die DESERTEC-Industrie-Initiative erzielten Fortschritte zur Entwicklung des gewaltigen Solarenergiepotenzials im Nahen Osten und in Nordafrika;

11. hebt angesichts des zunehmend leichteren Zugangs zu Ressourcen infolge des Klimawandels die strategische Bedeutung der Arktis für die EU in Bezug auf Energieressourcen, Umwelt und Verkehrsfragen hervor; betont, wie wichtig die Entwicklung einer umfassenden Strategie für Zusammenarbeit im Hohen Norden ist; ist daher überzeugt, dass die EU zur Wahrung ihrer langfristigen Interessen aktiv an einer solchen Strategie beteiligte Partner aus der Region, wie Norwegen und Island, gewinnen sollte; fordert zu einer Wiederaufnahme der Überlegungen zu einer langfristigen pragmatischen EU-Politik unter Einbeziehung weiterer Akteure wie Russlands, Vereinigten Staaten und Kanadas bei den Themen Energiesicherheit, Verkehr und Umwelt, um potenzielle Konflikte in dieser sensiblen Region zu vermeiden;

12. betont, dass Fortschritte bei der Schaffung einer gemeinsamen europäischen Energiepolitik in hohem Maße vom Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon abhängen; fordert die EU und die Mitgliedstaaten mit Nachdruck auf, Maßnahmen zu ergreifen, um eine verbindliche, progressive und allumfassende Grundlage für eine gemeinsame europäische Energieversorgung und Energieversorgungssicherheit im Vertrag zu gewährleisten; fordert eine rasche Ratifizierung des Vertrags von Lissabon, der eine Solidaritätsklausel für die Energieversorgung beinhaltet und eine gemeinsame Verantwortung der EU und der Mitgliedstaaten für die Energiepolitik vorsieht, was ein Schritt in die richtige Richtung ist;

13. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.