ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Krise in der Milchwirtschaft
14.9.2009
gemäß Artikel 115 Absatz 5 der Geschäftsordnung
Albert Deß, Esther Herranz García, Elisabeth Jeggle, Georgios Papastamkos, Joseph Daul, Astrid Lulling, Mairead McGuinness, Véronique Mathieu, Sergio Paolo Francesco Silvestris, Elisabeth Köstinger, Peter Jahr, Herbert Dorfmann, Jean-Pierre Audy, Michel Dantin, Christophe Béchu, Dominique Riquet, Giovanni La Via, Czesław Adam Siekierski, Carlo Fidanza im Namen der PPE-Fraktion
Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B7-0047/2009
B7‑0053/2009
Entschließung des Europäischen Parlaments zur Krise in der Milchwirtschaft
Das Europäische Parlament,
– gestützt auf Artikel 33 des EG-Vertrags,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. Oktober 2007 zu den steigenden Futtermittel- und Lebensmittelpreisen (P6_TA(2007)0480),
– unter Hinweis auf seine Entschließung zum „Gesundheitscheck“ der GAP vom 12. März 2008 (2007/2195(INI)) (Bericht Goepel),
– unter Hinweis auf seine Entschließung zum Preisanstieg bei Lebensmitteln in der EU und in den Entwicklungsländern vom 22. Mai 2008 (P6_TA(2008)0229),
– unter Hinweis auf seine Entschließung zu den Lebensmittelpreisen in Europa vom 26. März 2009 (2008/2175(INI)) (Bericht Batzeli),
– in Kenntnis der Verordnung (EG) Nr. 72/2009 des Rates vom 19. Januar 2009 zur Anpassung der gemeinsamen Agrarpolitik durch Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 247/2006, (EG) Nr. 320/2006, (EG) Nr. 1405/2006, (EG) Nr. 1234/2007, (EG) Nr. 3/2008 und (EG) Nr. 479/2008 und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1883/78, (EWG) Nr. 1254/89, (EWG) Nr. 2247/89, (EWG) Nr. 2055/93, (EG) Nr. 1868/94, (EG) Nr. 2596/97, (EG) Nr. 1182/2005 und (EG) Nr. 315/20071,
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an den Rat zur Lage auf dem Milchmarkt 2009 (KOM(2009) 0385 endgültig),
– in Kenntnis des Vorschlags für eine Verordnung des Rates zur Abweichung von der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 (über die einheitliche GMO) hinsichtlich der Interventionszeiträume 2009 und 2010 für Butter und Magermilchpulver (KOM(2009) 0354 endgültig) und unter Hinweis auf den Bericht De Castro über diesen Vorschlag (A7-0005/2009),
– gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass es in den vergangenen zwölf Monaten zu einer dramatischen Verschlechterung der Situation auf den Milchmärkten gekommen ist und die Preise trotz Marktinterventionen und Ausfuhrbeihilfen unter 21 Cent pro Liter gefallen sind und viele Landwirte Milcherzeugnisse jetzt unterhalb der Herstellungskosten verkaufen müssen,
B. in der Erwägung, dass die Existenz zahlreicher Milchbauern in der EU ernsthaft in Gefahr ist und viele von ihnen nur überleben können, indem sie ihre persönlichen Rücklagen aufbrauchen, was eindeutig nicht nachhaltig ist,
C. in der Erwägung, dass die Weltwirtschaftskrise genau in dem Moment zu einem spürbaren Rückgang der Nachfrage für Milcherzeugnisse geführt hat, als das Angebot wegen der zunehmenden Produktion in Drittstaaten wie Neuseeland, Australien, Argentinien, Brasilien und den USA erhöht wurde,
D. in der Erwägung, dass das Parlament im Rahmen des Haushaltsverfahrens der EU die Schaffung eines speziellen EU-Milchfonds angeregt hat, um den Sektor während der schwierigen Umstrukturierung zu unterstützen,
E. in der Erwägung, dass das Parlament immer wieder auf den Unterschied zwischen den Endverbrauerpreisen für landwirtschaftliche Erzeugnisse in den Supermärkten und den Preisen für die Erzeuger hingewiesen und umfassende Untersuchungen über mögliche Marktmissbräuche gefordert hat,
F. in der Erwägung, dass die Kommission ermittelt hat, dass die Endverbraucherpreise für Milch und Käse zwischen Mai 2006 und Mai 2009 um mehr als 14 % anstiegen, während die Preise, die die Erzeuger für ihre Produkte erzielen, in einigen Mitgliedstaaten in einem Jahr um 40 % gesunken sind,
1. vertritt die Auffassung, dass angesichts der andauernden kritischen Lage auf den Milchmärkten kurz- und langfristige Gegenmaßnahmen erforderlich sind, weist darauf hin, dass die bisherigen Maßnahmen der Kommission nicht ausreichen, um die Krise dieses Sektors zu bewältigen; fordert die Kommission auf, umgehend darzulegen, welche Maßnahmen zur Stabilisierung des Marktes auf den Weg gebracht werden könnten; fordert die Kommission ferner auf, gemeinsam mit den maßgeblichen Akteuren und den Mitgliedstaaten umfassende Überlegungen zur Zukunft des Milchsektors anzustellen und dabei Möglichkeiten zur Stärkung von Managementmechanismen zur Vermeidung von Preisschwankungen zu erörtern;
2. bekräftigt seine Überzeugung, dass die Einrichtung eines EU-Milchfonds in Höhe von 600 Millionen Euro die Erzeugerorganisationen und Kooperativen unterstützen und betriebliche Investitionen, Modernisierungsmaßnahmen, Diversifizierungen, flächenbezogene Maßnahmen und Marketingmaßnahmen fördern würde; weist darauf hin, dass das Parlament bereits im Rahmen des Haushaltsverfahrens 2009 einen entsprechenden Antrag gestellt hat;
3. fordert die Kommission auf, Maßnahmen vorzuschlagen, um den Erzeugern zu helfen, den Mehrwert ihrer Produkte zu steigern, insbesondere in Sektoren, wo es kaum Produktionsalternativen gibt;
4. fordert die Kommission auf, umgehend Maßnahmen zu ergreifen, um die Nachfrage nach Milcherzeugnissen zu steigern; vertritt die Auffassung, dass eine Ausweitung des Umfangs, der Produktpalette und der finanziellen Mittel des Schulmilchprogramms ein gutes Beispiel für eine durchführbare Initiative wäre; fordert in diesem Zusammenhang eine bessere Koordinierung unter den Generaldirektionen der Kommission;
5. unterstützt den sofortigen Einsatz von Milchpuder zur Fütterung von Kälbern, um so die Nachfrage nach Milcherzeugnissen zu steigern;
6. weist darauf hin, dass eine klare Etikettierung von Substituten von Milcherzeugnissen wie Käse und sonstigen Erzeugnissen auf der Basis von nichttierischen Fetten von wesentlicher Bedeutung ist und Hinweise auf die verwendeten Inhaltsstoffe und das Herkunftsland enthalten sollten; fordert nachdrücklich, dass es sich bei als Milcherzeugnissen bezeichneten Produkten auch tatsächlich um Produkte aus Milch handelt;
7. begrüßt den Vorschlag der Kommission den Interventionszeitraum für Butter und Magermilchpulver bis zum 28. Februar 2010 auszuweiten und vertritt die Auffassung, dass die Interventionspreise zumindest kurzfristig erhöht werden sollten;
8. vertritt die Auffassung, dass Ausfuhrerstattungen für Milch und Milchprodukte weiterhin notwendig sind und dass die entsprechenden Haushaltsmittel aufgestockt werden müssen;
9. fordert eine Ausweitung der privaten Lagerhaltung auf Käseprodukte und angemessene Schritte zur effektiven Durchführung dieser Maßnahme sowie eine Ausweitung der Liste der Drittstaaten, z. B. um die USA, für die beim Export von Käseprodukten aus der EU Ausfuhrerstattungen gezahlt werden;
10. fordert die Kommission auf, langfristig und auch für die Zeit nach dem Auslaufen der Ausfuhrerstattungen zu überprüfen, wie die entsprechenden Mittel auch weiterhin für den Milchsektor verwendet werden;
11. fordert die Kommission auf, in der Landwirtschaft Exportkreditversicherungen zuzulassen, wie sie z. B. in den USA üblich sind;
12. fordert die Kommission auf, Möglichkeiten zu erörtern, um eine Vorruhestandsregelung für Milchbauern auf den Weg zu bringen, z. B. durch Mechanismen zum Rückkauf von Quoten, ähnlich wie die Rodungsregelung innerhalb der der GMO für Wein;
13. fordert die Kommission auf, innerhalb der Lieferkette bei Nahrungsmitteln auf eine transparente Preisgestaltung hinzuwirken, da sich die Endverbraucherpreise in einigen Mitgliedstaaten trotz des dramatischen Preisverfalls bei den Preisen für die Erzeuger auf einem auffallend hohen Niveau bewegen;
14. fordert die Kommission auf, unverzüglich eine Mitteilung zu den Lebensmittelpreisen in Europa vorzulegen; weist darauf hin, dass das Parlament die Kommission schon seit geraumer Zeit auffordert, mögliche Missbräuche von Marktpositionen innerhalb der Lieferkette bei Lebensmitteln zu untersuchen, insbesondere im Milchsektor; vertritt die Auffassung, dass eine solche Untersuchung überfällig ist;
15. ist der Ansicht, dass ein transparentes System zur Überwachung der Grundstoffpreise geschaffen werden muss und insbesondere die Endverbraucherpreise einer Kontrolle unterliegen müssen;
16. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission, dem Rat sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.