ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Energieversorgungssicherheit (Nabucco, Desertec)
14.9.2009
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung
Helmut Scholz, Marisa Matias im Namen der GUE/NGL-Fraktion
B7‑0059/2009
Entschließung des Europäischen Parlaments zur Energieversorgungssicherheit
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die zweite Überprüfung der Energiestrategie – EU-Aktionsplan für Energieversorgungssicherheit und –solidarität
- gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass der Zugang zu hinreichender Energieversorgung ein grundlegendes Recht aller Menschen innerhalb und außerhalb der Europäischen Union ist,
B. in der Erwägung, dass 1,6 Milliarden Menschen in der Welt keinen Zugang zu Elektrizität in ihren Wohnungen und somit keine Möglichkeit elektrischer Beleuchtung und der Nutzung von mechanischer Kraft und von Telekommunikationsmedien haben, in der Erwägung, dass der Ausbau der Energieinfrastruktur in den Entwicklungsländern ganz wesentlich ist, um die Millennium-Energieziele zu erreichen,
C. in der Erwägung, dass die Europäische Union mit über 450 Millionen Verbrauchern der zweitgrößte Energiemarkt der Welt ist und dass die Energienachfrage der Union in den meisten Bereichen weiterhin steigt und das Potenzial der Steigerung der Energieeffizienz weitgehend unausgeschöpft bleibt,
D. doch in der Erwägung, dass eine der bedeutendsten möglichen Konfliktquellen im verschärften Wettbewerb um den Zugang zu und die Kontrolle über Energieressourcen besteht und dass dieser Wettbewerb bereits die Ursache von Kriegen und gewaltsamen Auseinandersetzungen war,
E. in der Erwägung, dass die Außen- und Sicherheitspolitik der EU auch immer mehr von Energieinteressen beherrscht wird,
1. vertritt die Auffassung, dass grundlegende Rechte wie das Recht auf Wasser, Land, Energie und Gesundheit durch öffentliche Versorgungseinrichtungen gewährleistet werden und nicht von den Marktgegebenheiten abhängig sein sollten,
2. fordert die Mitgliedstaaten und die EU auf, entschiedene Anstrengungen zu unternehmen, sich von fossilen Treibstoffen unabhängig zu machen, vertritt die Auffassung, dass mehr in eine konsequentere Förderung erneuerbarer Energien, die Abkoppelung des Wirtschaftswachstums von vermehrtem Energieverbrauch, die Verbesserung der Energieeffizienz und die Förderung von Energieeinsparungen investiert werden sollte, ist der Ansicht, das dies die beste Grundlage für eine europäische Strategie der Energieversorgungssicherheit wäre;
3. fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, konsequenter Schritte im Sinne einer Entwicklung zur energieeffizientesten Wirtschaft zu unternehmen, um Aktien zur Erreichung des Ziels, die Erderwärmung auf höchstens 2°C zu beschränken, beizutragen, fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 um 60 bis 80% zu verringern, fordert die Kommission auf, in Absprache mit allen Interessengruppen mögliche Energieszenarios zu erstellen und Wege aufzuzeigen, wie diese Ziele erreicht werden können, sowie die diesen zu Grunde liegenden technischen und wirtschaftlichen Hypothesen darzulegen, hält das System des Handels mit Treibhausgasemissionszertifikaten für unzureichend, um die gesetzten Ziele zu erreichen,
4. bekräftigt das für 2020 gesteckte dreifache Ziele der Verringerung der Treibhausgasemissionen um 20% bzw. 30% im Falle eines internationalen Übereinkommens, der Verringerung des Energieverbrauchs um mindestens 20% und der Erreichung des Ziels eines Anteils von mindestens 20% erneuerbarer Energie am Endenergieverbrauch,
5. nimmt die Maßnahmen zur Diversifizierung und Verbesserung der Energieversorgungssicherheit der EU, wie sie in der zweiten Überprüfung der Energiestrategie vorgeschlagen werden, zur Kenntnis; ist der Auffassung, dass Maßnahmen zur Förderung erneuerbarer Energien, zur Abkoppelung des Wirtschaftswachstums von der Zunahme des Energieverbrauchs, zur Verbesserung der Energieeffizienz und zur Förderung von Energieeinsparungen Vorrang erhalten sollten;
6. lehnt eine EU-Außenpolitik ab, die vom Interesse bestimmt wird, Zugang zu den weltweiten Energieressourcen und ‑märkten und Kontrolle darüber zu erhalten; bekundet seine tiefe Besorgnis über die Rivalität zwischen der EU, Russland und anderen Ländern um die Gasressourcen Zentralasiens und der Region des Kaspischen Meeres;
7. betont, dass die Befriedigung der wachsenden weltweiten Energienachfrage ein gemeinsames Problem ist, das auf die internationale Gemeinschaft zukommt und zu dessen Bewältigung echte Partnerschaft und Zusammenarbeit auf der Grundlage des wechselseitigen Vorteils für alle Bürger erforderlich ist; fordert eine EU-Politik, die zu einer fairen Verteilung der Energieressourcen weltweit beiträgt;
8. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, zu einer globalen Neuausrichtung der Politik im Sinne der Energieeffizienz beizutragen und die Verbreitung erneuerbarer Energieträger weltweit zu einer Priorität ihrer Außen- und Handelspolitik zu machen; fordert die Mitgliedstaaten und die EU auf, einen entscheidenden finanziellen Beitrag zur technologischen Zusammenarbeit mit Partnern, insbesondere Entwicklungsländern, zu leisten, um Investitionen in Energieeffizienz und Technologien mit geringem CO2-Ausstoß und Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energienträger zu leisten; fordert die Mitgliedstaaten ferner auf, die Finanzierung der Forschung im Sinne der Steigerung der Energieerzeugungskapazität zu intensivieren;
9. bekundet seine Besorgnis über die verschiedenen Aspekte der weitreichenden klimarelevanten Initiative DESERTEC, die Aussichten auf eine neue Art des Energiemixes auf der Grundlage regenerativer Energiequellen macht, jedoch weiterhin einen Mangel an entwicklungsorientierten Planungsprozessen unter Beteiligung der Bevölkerung in den beteiligten Ländern aufweist und für die Bevölkerung der Region immer mehr gewissen negative Assoziationen weckt, da ihre Energieversorgungsziele nicht der Bevölkerung der Region dienen; fordert daher, dass dieses Vorhaben von einer Reihe von Maßnahmen begleitet wird, die die Entwicklung der gesamten Region auf der Grundlage eines gemeinsam ausgearbeiteten, gemeinsam beschlossenen und gemeinsam durchgeführten Plans, gewährleisten, der alle Aspekte der Entwicklung berücksichtigt, nämlich Beschaffung von Technologie und Langzeit-Entwicklungspläne mit der Sicherstellung gleicher Bildungschancen für alle und der Schaffung von Arbeitsplätzen sowohl innerhalb der EU als auch in den beteiligten Ländern;
10. unterstützt mit Nachdruck die Idee der Energie-Solidarität und der engen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Energieversorgung hält es für wichtig, das Verbundsystem innerhalb Europas zu verbessern, da es ganz wesentlich ist, dass die vorhandenen Lücken geschlossen werden, um ein effizientes Funktionieren des Binnenmarktes und der Energie-Solidarität sicherzustellen; betont, dass eine Tolerierung provozierender Aktionen durch ein benachbartes Land nicht hinnehmbar ist; fordert die Kommission und den Rat vor diesem Hintergrund auf, in Ausübung ihrer souveränen Rechte auf dem Gebiet der Energie gegen Blockadepolitik eines Mitgliedstaats unverzüglich klar Stellung zu beziehen;
11. ist der Fassung, dass die Diversifizierung der Energiequellen und Übertragungswege sowie der Energielieferanten ein wichtiges Instrument ist, um die Sicherheit der Energieversorgung für alle Länder Europas zu gewährleisten, und dass eine enge Zusammenarbeit im Bereich der Energieversorgung eine der wirksamsten und wichtigsten vertrauensbildenden Maßnahmen in den Beziehungen zwischen der Europäischen Union und ihren Nachbarländern darstellt;
12. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten zu übermitteln.