ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Informationsfreiheit in Italien
14.10.2009
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung
Guy Verhofstadt, Niccolò Rinaldi, Sonia Alfano, Luigi de Magistris, Sophia in 't Veld, Sarah Ludford, Sylvie Goulard, Renate Weber, Ivo Vajgl, Louis Michel, Olle Schmidt, Johannes Cornelis van Baalen, Anneli Jäätteenmäki, Ramon Tremosa I Balcells, Carl Haglund, Metin Kazak, Annemie Neyts-Uyttebroeck, Bill Newton Dunn, George Lyon, Gesine Meissner, Marietje Schaake, Stanimir Ilchev, Nadja Hirsch, Nathalie Griesbeck, Gerben-Jan Gerbrandy, Andrew Duff, Siiri Oviir, Kristiina Ojuland, Filiz Hakaeva Hyusmenova, Ivars Godmanis, Catherine Bearder, Giommaria Uggias, Vincenzo Iovine, Corinne Lepage, Pino Arlacchi, Jelko Kacin, Izaskun Bilbao Barandica, Riikka Manner, Sharon Bowles, Marielle De Sarnez, Jorgo Chatzimarkakis im Namen der ALDE-Fraktion
Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B7-0090/2009
B7‑0094/2009
Entschließung des Europäischen Parlaments zur Informationsfreiheit in Italien
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf den Vertrag über die Europäischen Union, insbesondere dessen Artikel 6 und 7 über die Achtung, die Förderung und den Schutz der Grundrechte, sowie unter Hinweis auf die Artikel 22,43, 49, 83, 87, 95 und 151 des EG-Vertrags,
– unter Hinweis auf Artikel 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention betreffend das Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit und das Recht auf Medienpluralität;
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2007/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit1;
– unter Hinweis auf das Arbeitsdokument der Europäischen Kommission über Medienpluralismus in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union2;
– unter Hinweis auf das von der Kommission vorgelegte ‚Konzept zum Medienpluralismus in drei Schritten‛ sowie auf die unabhängige Studie, die gemeinsam von der Katholischen Universität Löwen - ICRI, der Central European University - CMCS und der Jönköping International Business School - MMTC in Konsultation mit dem Beratungsunternehmen Ernst & Young Belgium im Namen der Kommission ausgearbeitet und im Jahr 2009 abgeschlossen wurde;
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. September 2008 zu Medienkonzentration und -pluralismus in der Europäischen Union3,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 22. April 2004 zu den Gefahren der Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit in der EU, vor allem in Italien[1],
– unter Hinweis auf die Erklärungen der Kommission und die Aussprache im Parlament vom 8. Oktober 2009;
– gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass Artikel 11 der Charta der Grundrechte und Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention, in denen Medienfreiheit und Medienpluralität als unabdingbare Grundvoraussetzung verankert sind, die Meinungsfreiheit und das Recht auf Erhalt und Weitergabe von Informationen ohne staatliche Eingriffe oder Einflussnahme mit einschließen;
B. in der Erwägung, dass die Kommission trotz wiederholter Forderungen des Parlaments nach einer Richtlinie über Informationspluralismus und Medienkonzentration diese Fragen im Rahmen der Revision der Richtlinie über 'Fernsehen ohne Grenzen' nicht aufgegriffen sondern sich vielmehr der Festschreibung eines Konzepts der drei Schritte für diesen Themenbereich gewidmet hat, und zwar auf der Grundlage eines Arbeitsdokuments (herausgegeben im Jahr 2007), der Definition von Indikatoren für den Bereich Pluralismus (enthalten in einer unabhängigen Studie, erschienen im Juli 2009) sowie einem Entwurf einer Mitteilung zu diesen Indikatoren (in Planung erst für 2010);
C. in der Erwägung, dass das Parlament die Kommission in zahlreichen Entschließungen wiederholt aufgefordert hat, Maßnahmen zu fördern, mit denen Pluralismus garantiert und das Problem der Medienkonzentration angegangen werden kann, eine dringende Mitteilung zum Schutz des Pluralismus in den Medien generell und in Bezug auf die Medienkonzentration in Mitgliedstaaten vorzulegen und das bestehende Regelwerk dringend durch einen Richtlinienvorschlag zu diesen Fragen, basierend auf der im Vertrag eindeutig gebotenen Rechtsgrundlage, zu ergänzen;
D. in der Erwägung, dass es Hinweise darauf gibt, dass der Medienpluralismus in mehreren Mitgliedstaaten bedroht ist; ferner in der Erwägung, dass ‚Freedom House‛ Italien an 73. Stelle gesetzt und ferner auf die kritische Lage in Rumänien und Bulgarien hingewiesen hat, wie aus seinem Bericht über die Pressefreiheit hervorgeht; in der Erwägung, dass der für Medienfreiheit zuständige Hohe Vertreter der OSZE ebenfalls Besorgnis über die Lage in Italien geäußert hat;
E. in der Erwägung, dass die Situation in Italien besonders alarmierend ist aufgrund des anhaltenden Interessenskonflikts zwischen Medienbesitz und politischer Kontrolle über sowohl private als auch öffentliche Medien sowie in Bezug auf die Kontrolle der Vergabe von Werbemitteln; in der Erwägung, dass die Regierung auch massiv Einfluss nimmt auf die öffentlichen Fernsehanstalten, insbesondere in Bezug auf die Programmplanung, die Ernennung von Direktoren und Redakteuren sowie die Kontakte von Journalisten, was ebenfalls zu einem Mangel an Pluralismus führt, wie von der wichtigsten Medien-Überwachungsstelle in Italien festgestellt wurde, die auch aufzeigte, dass der zweitwichtigsten Oppositionspartei zwischen Juli und September lediglich zwischen 0,01 % und 0,7 % der Sendezeit in öffentlichen Nachrichtensendungen zugesprochen wurde; in der Erwägung, dass der italienische Ministerpräsident ebenfalls gefordert hat, dass die Sprecher der Europäischen Kommission von der Bereitstellung von Informationen absehen mögen;
F. in der Erwägung, dass ein Gesetz zum Verbot der Medienberichterstattung über öffentliche Informationen im Zusammenhang mit Gerichtsverfahren diskutiert wird, das heftige Sanktionen für Journalisten und Redakteure festlegt;
1. ist überzeugt davon, dass das Recht auf Erhalt und Weitergabe von Informationen ohne behördliche Eingriffe ein Grundprinzip ist, auf dem die Europäische Union fußt, und – ebenso wie der Medienpluralismus – ein wesentliches Element der Demokratie darstellt, die beide in Artikel 11 der Charta der Grundrechte verankert sind; wiederholt, dass die Europäische Union eine politische und rechtliche Verpflichtung gegenüber ihren Bürgern hat, – innerhalb ihrer Zuständigkeitsbereiche – dafür zu sorgen, dass diese Rechte gewahrt werden; ist insbesondere besorgt über die Situation in Italien;
2. bekräftigt in diesem Zusammenhang, dass der EU-Rechtsrahmen für Medienpluralismus und Medienkonzentration immer noch unzureichend ist und dass daher für die Europäische Union die dringende Notwendigkeit besteht, ihre Kompetenz in den Bereichen Binnenmarkt, Politik im audiovisuellen Sektor, Wettbewerb, Telekommunikation, staatliche Subventionen, gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen und Grundrechte der Bürger zu nutzen, um Mindestbedingungen festzuschreiben, die alle Mitgliedstaaten einhalten müssen, wenn sie die Informationsfreiheit und ein angemessenes Maß an Medienpluralismus gewährleisten, garantieren und fördern wollen; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, die Gefahr des Bestehens von Medien-Kartellen in Italien zu untersuchen;
3. fordert die Kommission nachdrücklich auf, unter voller Einbindung des künftigen für Grundrechte zuständigen Kommissars eine Mitteilung über den Schutz des Pluralismus und über Medienkonzentration vorzulegen, damit, wie vom Parlament mehrfach gefordert, ohne weitere Verzögerungen eine Richtlinie verabschiedet werden kann;
4. fordert seinen zuständigen Ausschuss und die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte auf, diese Frage weiter zu verfolgen und dem Plenum über Informationsfreiheit, Medienkonzentration und Medienpluralismus entsprechend Bericht zu erstatten;
5. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Europarat sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
- [1] Angenommene Texte, P5_TA(2004)0373.