Entschließungsantrag - B7-0255/2010Entschließungsantrag
B7-0255/2010

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Lage in Kirgisistan

28.4.2010

eingereicht im Anschluss an Erklärungen des Rates und der Kommission
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Damien Abad, Tomasz Piotr Poręba, Jacek Olgierd Kurski, Konrad Szymański, Zbigniew Ziobro im Namen der ECR-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B7-0246/2010

Verfahren : 2010/2656(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B7-0255/2010
Eingereichte Texte :
B7-0255/2010
Aussprachen :
Angenommene Texte :

B7‑0255/2010

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage in Kirgisistan

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zu Kirgisistan, insbesondere auf seine Entschließung vom 12. Mai 2005,

–   unter Hinweis auf die vom Europäischen Rat am 21. und 22. Juni 2007 angenommene EU-Strategie für eine neue Partnerschaft mit Zentralasien,

–   unter Hinweis auf das 1999 in Kraft getretene Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und Kirgisistan,

–   unter Hinweis auf die Erklärung der Vizepräsidentin und Hohen Vertreterin, Catherine Ashton, vom 7. und 8. April 2010 zur Lage in Kirgisistan,

–   unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 26. April 2010 zu Kirgisistan,

–   gestützt auf Artikel 110 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass die EU ein eindeutiges Interesse an einem friedvollen, demokratischen und wirtschaftlich wohlhabende Kirgisistan hat; in der Erwägung ferner, dass das Bekenntnis Kirgisistans zur Rechtstaatlichkeit, zu den Menschenrechten und demokratischen Werten sowie zur Marktwirtschaft zu einer Förderung der Sicherheit und der Stabilität in Zentralasien führen wird,

B.  in der Erwägung, dass Kirgisistan als einziges Land der gesamten Region Zentralasien in besonders hohem Maße von Armut, einer mangelhaften Staatsführung, einem energischen Autoritarismus und mangelhaften oder gar völlig fehlenden rechtlichen Möglichkeiten zur Bekundung von Unzufriedenheit und zur Förderung politischer Veränderungen betroffen ist; in der Erwägung ferner, dass sich daraus ein möglicher Nährboden für radikalislamistische Untergrundbewegungen ergeben hat,

C. in der Erwägung, dass die vom Anführer der Tulpenrevolution aus dem Jahre 2005, Präsident Bakijew, gemachten Versprechen in Bezug auf Demokratie und verbesserte Staatsführung nicht eingehalten wurden, sondern vielmehr zu einem Anwachsen der Korruption und der Vetternwirtschaft und zu einer verstärkten Autokratie geführt haben,

D. in der Erwägung, dass die Kommission und der Rat dabei sind, die Strategie für Zentralasien zu überarbeiten und einen Bericht vorzubereiten, der dem Europäischen Rat auf seiner Tagung im Juni unterbreitet werden soll,

E.  in der Erwägung, dass die Proteste der Bevölkerung zu einer gewalttätigen Konfrontation führten, bei der mindestens 84 Personen getötet und mehr als 400  verletzt wurden; in der Erwägung ferner, dass Präsident Bakijew zunächst aus der Hauptstadt und später aus dem Land flüchtete und dass umgehend eine Übergangsregierung gebildet wurde, die sich aus den überwiegend prominenten Führern der ehemaligen Opposition zusammensetzt, von denen viele in der ersten Zeit nach der Tulpenrevolution 2005 machtvolle Positionen innehatten,

F.  in der Erwägung, dass Kirgisistan für die USA und Russland von besonderem Interesse ist, da das Land strategisch günstig in der Nähe von Afghanistan und neben dem Ferghana-Tal liegt, das sich geografisch, politisch und wirtschaftlich in der Mitte von Zentralasien befindet; in der Erwägung ferner, dass dem vom US-Militär betriebenen Manas Transit-Zentrum eine Schlüsselrolle im nördlichen Verteilungsnetz für den Nachschub für die NATO-Truppen in Afghanistan zukommt und auch Russland eine wichtige Militärbasis in Kirgisistan unterhält,

G. in der Erwägung, dass der geopolitische Wettbewerb in dieser Region über ein beachtliches destruktives Potenzial verfügt, sich ebenso aber auch in erheblichem Umfange mit den Interessen in Bezug auf Afghanistan und die Ausbreitung des radikalen Islamismus überschneidet, ein Umstand, der Möglichkeiten dafür bietet, diesen Wettbewerb zu verringern und eine Einigung dahingehend zu erzielen, dass eine verbesserte Staatsführung erforderlich ist,

H. in der Erwägung, dass die Präsenz der EU in Kirgisistan vor allem in Bezug auf die Bereitstellung von Unterstützung zwar erheblich ist, dennoch aber nicht ausreicht, um eine wichtigere Rolle bei der Unterstützung des Landes einzunehmen,

1.  bedauert zutiefst den Verlust von Menschenleben und gibt seiner Hoffnung Ausdruck, dass eine friedvolle Lösung des Konfliktes in Kirgisistan auf der Grundlage demokratischer Grundsätze, der Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Menschenrechte gefunden werden möge;

2.  fordert alle an dem Konflikt beteiligten Parteien auf, alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, um die Menschenrechte und die grundlegenden Freiheiten der Bevölkerung Kirgisistans zu schützen, da die Menschenrechte einen Teil jener Grundlage darstellen, auf der alle stabilen und wohlhabenden Gemeinschaften aufgebaut sind und funktionieren;

3.  begrüßt die Ankündigung der Übergangsregierung, an einer Reform der Verfassung zu arbeiten und zügig die erforderlichen Voraussetzungen für demokratische Parlamentswahlen zu schaffen; fordert die Übergangsregierung auf, zu den internationalen Verpflichtungen Kirgisistans zu stehen und sicherzustellen, dass die Wahlen frei und fair abgehalten werden;

4.  stellt fest, dass fehlende Bodenschätze und die wirtschaftliche Anfälligkeit Kirgisistans das Land in hohem Maße abhängig von auswärtiger Unterstützung machen; weist ebenso darauf hin, dass es in der Nachbarschaft des Landes an Vorbildern erfolgreicher Demokratie, ordnungsgemäß funktionierender Staatsführung und positiver gesellschaftlicher Entwicklung fehlt; schließt daraus, dass die internationale Unterstützung für das Land von entscheidender Bedeutung sein wird;

5.  betont, wie wichtig es ist, dass sich die EU gegenüber der Übergangsregierung aktiv engagiert, um Möglichkeiten zur Förderung einer gedeihlichen Staatsführung und anderer in der Strategie für Zentralasien festgehaltener politischer Ziele der EU sowie zur Erleichterung des Engagements und der Tätigkeiten internationaler Finanzinstitutionen auszuloten und diese Möglichkeiten zu nutzen;

6.  weist darauf hin, dass die Entwicklungen in Kirgisistan sowohl die regionalen und internationalen Entwicklungen beeinflussen als auch von diesen beeinflusst werden; bekundet seine Überzeugung, dass es umfangreiche Überschneidungen zwischen Russland, den USA und anderen Großmachtinteressen gibt, insbesondere in Bezug auf Afghanistan und die Zunahme des islamischen Radikalismus in dieser Region, darunter auch in Kirgisistan; vertritt die Auffassung, dass dies die Möglichkeit bieten sollte, den geopolitischen Wettbewerb zu begrenzen und nach Synergien zu suchen; bekundet seine Überzeugung, dass ein entsprechender Erfolg umfassende positive Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen und auf die internationale Sicherheit hätte; fordert deshalb die Übergangsregierung Kirgisistans und die übrigen betroffenen Akteure auf, mitzuhelfen, eine ungehinderte Nachschubroute für die NATO und die anderen internationalen Truppen für deren Mission in Afghanistan zu gewährleisten;

7.  fordert die Kommission und den Rat auf, umgehend zu prüfen, inwieweit die Voraussetzungen für den Aufbau eines international koordinierten, umfassenden und neuen Hilfsprogramms für Kirgisistan gegeben sind oder geschaffen werden können und dabei nicht zuletzt zu berücksichtigen, wie stark das derzeitige Bekenntnis der Übergangsregierung von Kirgisistan in Bezug auf Demokratie und eine transparente Staatsführung tatsächlich ist; vertritt die Auffassung, dass im Falle der Schlussfolgerung, dass offensichtlich genügend günstige Voraussetzungen vorhanden sind, die EU bei der Vorbereitung einer internationalen Geberkonferenz für Kirgisistan die Führung übernehmen sollte;

8.  fordert die Kommission und den Rat auf, dem Prozess zur Überarbeitung der Strategie für Zentralasien besondere Aufmerksamkeit zu widmen und dabei zu prüfen, inwieweit die von der Europäischen Union und von den Mitgliedstaaten ergriffenen Maßnahmen ausreichen, um ihre Zielsetzung in dieser Region in den Bereichen Sicherheit und Energiepolitik zu gewährleisten; fordert vor diesem Hintergrund die Mitgliedstaaten der Union auf, die Möglichkeit einer Aufstockung ihrer diplomatischen Vertretungen in Kirgisistan und den anderen Ländern der Region zu prüfen;

9.  fordert die Kommission auf, die Anwendung des Stabilitätsinstrumentes zu beantragen, um Vorschläge über die Neuzuteilung von Mitteln des Instrumentes der Entwicklungszusammenarbeit vorzubereiten und damit sicherzustellen, dass die Europäische Union kurz- und mittelfristig angemessen auf die neue Lage in Kirgisistan antworten kann;

10. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten, der Übergangsregierung von Kirgisistan, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Generalsekretär der OSZE und dem Generalsekretär des Europarats zu übermitteln.